Den
gegenwärtigen und künftigen
Mitbürgern und Mitbürgerinnen von
Oberhausen-Rheinhausen
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www.oberhausen-rheinhausen.de
© 2016 Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen
2. Auflage (2016)
Umschlaggestaltung, Illustration: Isabella Riffel, Gemeinde
Oberhausen-Rheinhausen
Text: Josef Rothmaier
Bilder: Theo Zieger
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783741220746
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und der Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
L iebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, liebe Leser,
„Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sondern wo man verstanden wird.“ (Christian Morgenstern)
Verstanden werden kann vielerlei Bedeutung haben, gerade in der heutigen Zeit.
Zum einen bedeutet es, dieselbe Sprache zu sprechen wie sein Gegenüber. Doch Deutsch macht nicht an Landesgrenzen halt, es kann an vielen Orten der Welt verstanden werden. Dann gibt es noch umgangssprachliche Wortschätze, die innerhalb einer Region, eines Landkreises oder Bundeslandes gesprochen werden, wie Badisch, Sächsisch oder Bayrisch. Und zu guter Letzt veränderte sich Sprache sogar ortsspezifisch, denn wo manch einer „Windbeitl“ sagt, meint der andere „Windbeutel“. Trotz dieser anscheinenden sprachlichen Barrieren versteht man sich dennoch, strengt man sich ein wenig an. Vor allem in der Fremde erhält man sich ein Stückchen Heimat, wenn man auf jemanden trifft, der denselben Dialekt spricht.
Verstanden werden bedeutet jedoch noch viel mehr als Sprache. Es bedeutet auch dieselbe Geschichte erlebt zu haben, oder ganz einfach dieselbe Geschichte zu kennen wie der andere. Heimatgeschichte trägt einen großen Teil dazu bei, das Wort „Heimat“ bei einem Menschen zu verankern. Die Geschichte des Ortes, an dem er lebt, vielleicht sogar geboren wurde, ist wichtig in vielen Lebenslagen. Woher bekam das Gasthaus zur Post seinen Namen? Wie erging es der Gemeinde in den beiden Weltkriegen? Wie oder wann entstanden die heutigen Straßennamen.
Dieses Heimatbuch entstand 1997 aus der Feder von Josef Rothmaier, fünf Jahre nach dem Eintritt in den Ruhestand. Es wurde in mühevoller Arbeit geschrieben, Bilder wurden zusammengestellt und eine Auflage von 2.000 Exemplaren gedruckt. Ende 2015 wurden die letzten Exemplare verschenkt, doch die Nachfrage blieb bestehen. So entschied man sich für eine Neuauflage des Werks, um Josef Rothmaiers heimatgeschichtliche Schilderung weitergeben zu können.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen der zweiteiligen Aufstellung der Heimatgeschichte von Oberhausen-Rheinhausen, damit auch Sie die Geschichte dieser Gemeinde verstehen und verstanden werden können.
Martin Büchner
Bürgermeister
S ehr geehrte Leser, liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger
Heimatgeschichte ist immer Teil der großen Geschichte und kann nicht losgelöst vom Geschehen in der Welt betrachtet werden. Ereignisse in entfernten Regionen haben auch immer Auswirkungen auf das Leben in unseren Dörfern und Städten. Wenn nun schon Vorgänge in anderen Teilen Europas auch bei uns spürbar wurden, so hat die unmittelbare Nähe zu Philippsburg unsere Ortsgeschichte besonders nachhaltig beeinflusst.
Heimatgeschichte von Oberhausen und Rheinhausen ist deshalb ohne Einbeziehung der Geschehnisse um die ehemalige Reichsfestung am Rhein undenkbar. Aber auch die beinahe 500-jährige Zugehörigkeit zum Bistum Speyer hat Spuren hinterlassen. Deshalb führt das Wissen um die Wechselwirkungen zwischen Ortsgeschehen, Regionalgeschehen und Weltgeschehen zu besseren Verständnis der Geschichte unserer engeren Heimat.
„Große Weltgeschichte“ vollzieht sich nicht irgendwo in einem für uns unerreichbaren Land. Gegenwärtiges Geschehen wird in jedem Ort nach einer gewissen Zeit zur Geschichte. Dabei stellt sich dann heraus, ob die Lokalgeschichte auch von überregionaler Bedeutung war. Was den Zugang zur Vergangenheit erschwert, ist die zeitliche und räumliche Distanz. Hier helfen uns Berichte von Zeitzeugen, die uns unmittelbar teilhaben lassen an den Geschehnissen von früher. Unser Interesse wird geweckt, denn wir fühlen uns in den Kreis der Handelnden mit aufgenommen. Wenn solche Quellen vorhanden waren, wurden sie in diesem heimatgeschichtlichen Lesebuch berücksichtigt.
Was die Örtlichkeiten betrifft, in denen sich „unsere Geschichte“ abspielte, so sind alle Fluren und Gewanne noch vorhanden. Wohl hat die Landschaft im Laufe der Jahrhunderte ihr Aussehen stark verändert. Aber wer es fertig bringt, die heimische Umgebung mit wissenden Augen zu betrachten, fühlt sich in ihr ganz zu Hause. Der aufmerksame Leser wird Teil dieser Heimat, weil ihn viele Wege, Gebäude und Plätze an die Geschehnisse vergangener Zeiten erinnern.
So hat der Autor, Herr Rektor a. D. Josef Rothmaier, versucht, einige Auswirkungen europäischer Geschichte auf unseren Raum ursächlich aufzuzeigen. Dem Leser soll bewusst werden, dass zeitweilig auch bei uns „Weltgeschichte“ stattfand, und dass wir in einer für die Geschichte interessanten Gegend beheimatet sind. Wenn die Art der Darstellung es noch fertig bringt, dass dieses Buch ein Lesebuch für Viele wird, ist das Ziel erreicht: Das Interesse an der großen Vergangenheit unserer Heimat zu wecken.
Die Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen als Herausgeber dieses heimatgeschichtlichen Lesebuches bedankt sich sehr herzlich bei allen, die mit dazu beigetragen haben, dass dieses Werk nach fünfjähriger Arbeit der Öffentlichkeit vorgestellt werden kann. Insbesondere gilt der Dank dem Autoren, Herrn Josef Rothmaier, Herrn Theo Zieger von den Fotofreunden Oberhausen, der für die Fotoauswahl und Gestaltung verantwortlich zeichnet, aber auch den Mitbürgerinnen und Mitbürgern für die vielfältige Unterstützung
Den Leserinnen und Lesern wünsche ich, dass sie bei der Lektüre dieses Lesebuches so gefesselt sind, wie ich es beim Lesen des Entwurfes war. Viel Spaß dabei!
Klaus-Dieter Heller
Bürgermeister a.D.
Eine Ortsgeschichte kann nicht erst mit dem Auftreten der ersten Ansiedler beginnen. Die Menschen der Vorzeit haben sich in der Regel nur dort niedergelassen, wo sie für ihr Leben gute Bedingungen vorgefunden haben. Es ist also die Natur der Landschaft, die unsere Vorfahren sesshaft werden ließ.
Diese natürlichen Gegebenheiten haben sich in vielen Millionen von Jahren herausgebildet, als noch keine Menschen auf der Erde waren. So ist auch die Oberrheinische Tiefebene entstanden, in der wir leben. Da, wo heute der Rhein fließt, befand sich der Kamm eines hohen Gebirges, das vom heutigen Basel bis zum Taunus reichte. Dieser Gebirgszug sank der Länge nach in der Mitte mehrere Hundert Meter unter den Meeresspiegel. Allmählich entstand ein etwa 300 Kilometer langer und 40 Kilometer breiter Graben, der nach und nach mit Geröll, Schutt und Wasser aus den noch verbliebenen Randgebirgen aufgefüllt wurde.
Es ist kaum zu glauben, dass der Schwarzwald und die Vogesen, aber auch der Odenwald und die Pfälzer Haardt, einmal ein zusammenhängendes, großes Gebirge waren. Die Verschiebungen in der Erdrinde dauern heute noch an. Diese Vorgänge - wenn es sich nicht gerade um Erdbeben handelt - vollziehen sich jedoch derart langsam, dass ein Menschenleben zu kurz ist, um Veränderungen dieser Art feststellen zu können.
Zeugen erdgeschichtlicher Zeit sind die bekannten Badeorte an den Rändern dieses „Grabenbruchs” mit ihren mineralhaltigen, zum Teil auch warmen Wassern. Bei uns ist es der Kies, der abgebaut wurde. Riesige Baggerseen entstanden, die nach Beendigung der Ausbeute in der Regel in Freizeitzentren umgewandelt wurden. Am Rande von lehmigen Flächen entstanden Ziegeleien, und bis in die Dreißigerjahre unseres Jahrhunderts wurde bei uns sogar Torf gestochen. Der Sand aus den Sandgruben diente zum Hausbau, und auf den großen Sandflächen der Gemarkungen konnten Tabak und Spargel angepflanzt werden.
Der Einfluss der verschiedenen Erdzeitalter auf das Leben in unserer Region zeigte sich nicht nur an den sichtbaren Veränderungen der Landschaft. Lebensräume sind mehr als nur Berge, Täler und Flüsse. In der Hauptsache sind es die klimatischen Verhältnisse, welche für bestimmte Pflanzen und Tiere mehr oder weniger günstig sind. Deshalb führten Veränderungen der jeweiligen Lebensbedingungen zum Aussterben vorhandener Arten. Die ausgedehnten Kiefernwälder der Nacheiszeit sind nicht mehr da, die ganze Vegetation hat sich verändert. Riesenhirsche, Wildpferde, Auerochsen, Säbelzahntiger und das Mammut, welche ebenfalls bei uns beheimatet waren, sind ausgestorben. Beweis für ihre Existenz sind Funde von Knochen in unseren Kiesgruben.
Wann und von wem die ersten Siedlungen gegründet wurden, wird man wohl nie mehr in Erfahrung bringen. Die Beweise, falls es solche geben sollte, schlummern noch in der Erde. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass man durch Funde den Schleier der Vergangenheit etwas lüften kann.
Hier spielt der Zufall eine große Rolle, sei es beim Bau neuer Verkehrswege, beim Erschließen neuer Baugebiete oder durch die Sanierung alter Ortskerne.
Die tiefergreifenden schweren Ackergeräte der wenigen noch verbliebenen Landwirte bringen ebenfalls historisch interessante Reste vergangener Zeiten ans Tageslicht. Luftkartographische Aufnahmen der Fluren können dabei hilfreich sein.
Auf der anderen Seite haben auch die Wissenschaftler neue Methoden entwickelt, mit deren Hilfe man das Alter von Ausgrabungen sehr genau bestimmen kann. (Radiokarbonmethode und Jahresringmethode). Und wenn, wie beim sensationellen Fund des „Gletschermannes” am 19. 09. 1991 in den Ötztaler Alpen, alle Sparten der Naturwissenschaften zusammenarbeiten, um alles über den „Ötzi” in Erfahrung zu bringen, dürfen Erkenntnisse erwartet werden, wie sie bislang noch nicht möglich waren.
Die Siedlungsgeschichte unserer Region wurde bestimmt durch den ungebändigten Rhein mit seinen vielen Nebenarmen und den verschiedenen Zuflüssen, die häufig ihren Lauf änderten. Auf einer Breite von 1 bis 2 Kilometern wurde ständig Erdmaterial angelandet oder fortgeschwemmt, besonders ausgiebig zu Zeiten hoher Niederschläge. So hat auch der nicht mehr existierende Kinzig-Murg-Fluss (auch Ostrhein genannt) in unserer Region seine Spuren hinterlassen. Übriggeblieben sind Kriegbach, Wagbach, Salbach und Pfinzbach, um nur die benachbarten Rheinzuflüsse zu nennen.
Bei uns gilt die Wagbachrinne als Abfluss von Schmelzwassern aus der Eiszeit. Sie verläuft vom Kraichgau kommend über die Gemarkung Waghäusel quer über die Waghäusler- und Adlerstraße in Richtung Osterwiesen, also in der Verlängerung der Schützenstraße. Von hier flossen die Wasser durchs Bruchgelände direkt zum Rhein. Der Verlauf dieser ehemaligen 60 bis 80 Meter breiten Wasserrinne ist heute noch zum Teil sichtbar, wenn auch durch die Bebauung Veränderungen erfolgten.
Ständige Überschwemmungen verwüsteten und veränderten die Landschaft: Schlamm, Sand und Kies blieben zurück, und es bildeten sich Moore; neue Inseln entstanden und verschwanden wieder. Nur in den Ansiedlungen auf dem Hochgestade, das bis zu 10 Meter über dem Schwemmland liegen kann, hatten die Bewohner weniger zu befürchten.
Geschichte, Zivilisation und Kultur beginnen erst mit dem Auftreten des Menschen vor einigen tausend Jahren. Zeugen der Vergangenheit sind Gegenstände, Bauwerke, Schriftgut und die mündliche Überlieferung. Schriftliche Aufzeichnungen, aus denen wir etwas über das Leben der Menschen in Mitteleuropa erfahren können, gibt es bei uns erst seit der Zeit der römischen Besatzung.
Wir lesen in Cäsars Beschreibung seiner Kämpfe im keltischen Gallien („De bello gallico”) nicht nur etwas über die verschiedenen heftigen Auseinandersetzungen und die Bewaffnung seiner Gegner. Cäsar berichtet auch interessante Dinge über die verschiedenen Völkerstämme, über ihr Zusammenleben und über den Alltag in den eroberten Provinzen. Das war um das Jahr 50 vor unserer Zeitrechnung.
Um das Jahr 100 nach Christus lebte der größte römische Geschichtsschreiber namens Cornelius Tacitus. Sein Buch über Germanien und die Germanen stellt eine wahre Fundgrube dar über das Leben unserer Vorfahren. Über frühere Zeiten sind wir leider nur auf Funde und Vermutungen angewiesen.
Die ersten Funde auf unseren Gemarkungen stammen aus der Jüngeren Steinzeit, etwa 4 000 bis 2 000 Jahre vor Christi Geburt. Die Menschen waren Sammler, Jäger und Fischer, sie lebten in Erdhöhlen oder Hütten, und ihre Werkzeuge waren aus Stein oder Knochen.
Bei uns wurden 1899 in der Sandgrube beim Rheinhäuser Friedhof prähistorische Scherben und Holzkohlen gefunden. (Die Fundstelle liegt gegenüber dem Platz der ehemaligen Ziegelei Mackle, wo heute die im Jahre 1994 gebaute Solar-Thermie-Siedlung steht). 1925 fand man im Gewann „Osterwiesen” einen Steinhammer von 9 Zentimeter Länge, dessen Schneide stark abgenützt war.1989 kamen in den Gewannen „Erlenrain” und „Letzenberg” mehrere unverzierte vorgeschichtliche Scherben ans Tageslicht.
Es besteht Grund zu der Annahme, dass auf dem „Letzenberg” eine vorgeschichtliche Siedlung existierte. Die beiden Gewanne „Letzenberg” und „Letzenbergspitzäcker” bilden - wie schon der Name sagt - eine dreieckige Hochfläche, die in den damaligen morastigen Bruch hineinragte und somit gegen Osten und Westen einen natürlichen Schutz darstellte. Den Zugang von Süden aus Richtung Waghäusel konnte man mit einem Palisadenzaun sichern.
Die günstige Lage dieses Platzes nutzten auch spätere Ansiedler, wie z. B. die Kelten, die Römer und die Germanen. Funde dieser Völkerschaften liegen ebenfalls vor.
Der Name „Letzenberg” kommt vom mittelhochdeutschen Wort „letze”, was so viel wie „Schutzwehr”, „Grenzbefestigung” oder „Hindernis” bedeutet.
Das Musterbeispiel einer steinzeitlichen Siedlung mit einer großen Befestigungsanlage entdeckte man 1884 auf dem Michaelsberg bei Untergrombach, also ganz in unserer Nähe. Man fand hier, außer Waffen und Schmuckgegenständen, auch viele Steinwerkzeuge, wie Messer, Äxte, Pflugkeile und Mühlsteine. Hier lebten Bauern in Holzhäusern mit Stallungen und Scheuern. Die Tierhaltung ist durch Knochenfunde belegt.
Die typischen Tongefäße in Glockenform sind unter den Fachleuten bekannt als „Michelsberger Kultur”. Es ist heute noch ein Rätsel, wie diese Menschen mit ihren Stein- und Holzwerkzeugen eine beinahe 2 Kilometer lange Rundbefestigung anlegen konnten, wobei etwa 10 000 Kubikmeter Erdreich bewegt werden mussten.
Die Michelsberger Fundgegenstände befinden sich in den Museen von Bruchsal, Karlsruhe und auf dem Michaelsberg selbst. Sie lassen auch Schlüsse zu auf das Leben der Steinzeitmenschen bei uns auf dem „Letzenberg”.
Wie der Mensch der Steinzeit das Metall entdeckte, bleibt ebenfalls ein Rätsel. Am wahrscheinlichsten ist die schöne Geschichte, dass einer im Orient Kupfer-Erzbrocken um seine Feuerstelle legte, um sie zu schützen. Durch die Hitze schmolz das Metall und blieb als fester Klumpen in der Asche zurück. (Der Name der Insel „Zypern” bedeutet so viel wie „Kupfer”.)
Und ein weiteres Mal scheint der Zufall mitgespielt zu haben, als einer das für Werkzeuge viel zu weiche Kupfer mit einem anderen Metall verschmolz und so eine Legierung erhielt, aus der sich brauchbare Gegenstände herstellen ließen. Die Bronze war erfunden, die aus einem Teil Zinn und neun Teilen Kupfer besteht.
Die Bronzezeit, etwa 2 000 bis 500 vor Christus, hat bei uns ebenfalls ihre Spuren hinterlassen. 1933 schreibt Professor Wahle (Denkmalpfleger) über einen Fund am Mühlweg:
”Hier sind diejenigen Gefäße und Bronzen, die wir den Urnen entnehmen, ausnahmsweise einmal einem unverbrannten Leichnam beigegeben; dazu kommt, dass uns hier die Bronze in größerem Umfang begegnet, als in den Urnengräbern, und dass die Zahl der Tongefäße entsprechend geringer ist. Es handelt sich um ein in den Kies gebettetes Skelett, an dessen Kopfende zwei Gefäße, eine bronzene Gewandnadel und ein einschneidiges Messer aus dem gleichen Metall lagen. Das Grab gehört der späteren Bronzezeit /Urnenfelderzeit an.“
In der Städtischen Sammlung der Stadt Offenburg befindet sich eine aus Oberhausen stammende Hafte aus Bronze mit einem Gürtelhaken von 7,5 Zentimetern.
Ähnliche Funde wurden auch auf den Fluren der Nachbargemeinden gemacht, so z. B. 1904 in einer Kiesgrube in der Nähe des Bahnhofs Waghäusel. In 2,5 Meter Tiefe entdeckte man ein Dolchmesser aus Bronze, das in einer Sammlung in Mannheim zu sehen ist.
Der wertvollste Gegenstand der Bronzezeit aus unserer Region stammt aus der Pfalz. 1835 hat ein Bauer auf seinem Feld bei Schifferstadt den sogenannten „Goldenen Hut” gefunden, einen Kultgegenstand, der zu den Prunkstücken des Museums in Speyer gehört.
Auch aus der Eisenzeit (ab 500 v. Chr.) liegen Funde vor. 1926 entdeckte man in 1,6 Meter Tiefe, an der Grenze des Torfvorkommens gegen den darunter liegenden Sand, drei gleichartige „Eisenluppen” von je drei Kilogramm Gewicht.
Es handelt sich hier um Roheisenstücke, die in einer zum Transport geeigneten Form gegossen wurden. Jedes der Stücke hat die Gestalt von zwei mit den Grundflächen gegeneinander gestellten vierseitigen Pyramiden, deren Spitzen lang ausgezogen sind. Die Grundfläche misst 7 mal 5 Zentimeter, die ganze Länge beträgt 37 Zentimeter. Die drei „Eisenluppen” werden im Landesmuseum in Karlsruhe aufbewahrt.
Die Fundstelle der Luppen liegt in unmittelbarer Nähe des schon seit alters her benutzten Rheinübergangs der Straße Cannstatt-Speyer. Es wird vermutet, dass diese Luppen als Weihegeschenke für die glückliche Überquerung des Rheins hier niedergelegt wurden.
1950 wurde im „Wingertsgewann”, in einer Sandgrube nahe der Kapelle beim Rheinhäuser Friedhof, eine Siedlungsgrube von 2,34 Meter Durchmesser gefunden. Daneben befand sich eine Herdgrube mit loser, durchgeglühter Steinstückung, dazu noch Asche, Holzkohle und Gefäßscherben. Hormuth, ein Mitarbeiter des Landesdenkmalamts, weist die Funde der Hallstattzeit zu.
Karl Werle, der örtliche ehrenamtliche Mitarbeiter des Landenkmalamts in Karlsruhe, entdeckte 1987 und 1988 in derselben Grube eine ganze Reihe von Gefäßscherben mit verschiedenen Verzierungen aus der gleichen Zeit. Als Besonderheit fand sich ein aus einem Knochen gearbeiteter Griff eines Messers mit in parallelen Reihen angeordneten, eingeritzten konzentrischen Kreisen. Jeder Kreis hat einen noch kleineren, konzentrischen Innenkreis. Der gemeinsame Kreismittelpunkt ist durch eine punktartige Vertiefung hervorgehoben.
Bronzezeit und Eisenzeit in Mitteleuropa wurden in der Hauptsache von den verschiedenen Stämmen der Kelten geprägt. Das Kernland der Kelten reichte von der Loire über Rhein und Donau hinweg bis an die Elbe. Die Kelten waren sesshafte Bauern und betrieben Ackerbau und Viehzucht. Der hohe Stand ihrer Kultur wird durch zahlreiche Funde auch in unserer Region belegt.
In vorhistorischer Zeit siedelten die Kelten in Spanien, Frankreich und auf den Britischen Inseln. Es gibt zurzeit noch etwa drei Millionen Menschen in Schottland, Irland, Wales und in der Bretagne, die keltisch sprechen. Reste dieser keltischen Sprache finden sich bei uns auch heute noch in vielen Namen für Flüsse, Berge, Landschaften und besonders in den Flurnamen. Selbst als die Kelten durch germanische Stämme verdrängt wurden, blieben diese alten Bezeichnungen erhalten. Nun weiß man, dass die keltischen Sprachen erst sehr spät schriftlich fixiert wurden. Die Übernahme der Orts- und Personen-Namen geschah demnach durch mündliche Überlieferung, ein Beweis für die durchgehende Besiedlung unserer Heimat seit mehr als 2 000 Jahren. Die Römer waren die ersten, die bei uns keltische Namen schriftlich festgehalten haben.
Aus der Römerzeit (50 v. Chr. bis 250 n. Chr.) mehren sich die Funde auf unseren Gemarkungen. Nachdem Cäsar die Provinz Gallien erobert hatte, überschritt er - vom Elsass kommend - den Rhein. Das ganze Rheintal wurde besetzt, also auch unsere Gegend. Mainz, das römische „Moguntiacum”, wurde die Hauptstadt der Provinz Obergermanien. Zur Sicherung gegen die Germanen errichteten die Römer eine Grenzbefestigung von 550 Kilometern Länge, den „Limes”. Er bestand zunächst nur aus einem Palisadenzaun mit einer ganzen Reihe von Beobachtungstürmen und Kastellen. Als der Druck durch die Germanen wuchs, bauten die Römer Wall und Graben festungsartig aus, und zu den Wachtürmen und Kastellen gesellten sich Ansiedlungen, die als Heerlager für die Legionäre dienten. Der Limes verlief von Bonn am Rhein über den Taunus an den Main, und von dort in Richtung Südosten an die Donau bis in die Gegend von Regensburg.
Für rasche Truppenverschiebungen war ein intaktes Netz von Straßen notwendig, welches die Garnisonsorte in Germanien miteinander verband. Die Römer befestigten die uralte am Gebirgsrand in Nord-Süd-Richtung verlaufende Heerstraße mit Steinplatten und versahen sie mit Meilensteinen. Eine weitere Straße zog sich von Heidelberg entlang dem Hochufer des Rheins nach Süden. Querverbindungen von der Rheinebene an den Neckar und an die Donau dienten dem Lokalverkehr. Speyer war der Knotenpunkt von fünf Hauptstraßen.
So führte eine Hauptstraße von der Fähre in Rheinhausen nach Osten. Heute noch wird die Hauptstraße in Rheinhausen auch „Steingasse” genannt, in Erinnerung an den von den Römern mit einem festen Untergrund versehenen Verkehrsweg. Es handelt sich hier um die von Drusus im Jahre 15 vor Christi Geburt im rätischen Krieg angelegte Straße von Italien über die Donau an den Rhein. Später ließ sein Nachfolger, Kaiser Tiberius, diese Straße befestigen.
Das Straßennetz diente nicht nur dem Militär. Für den Fernhandel und die rasche Weitergabe von Nachrichten waren gute Straßen ebenso unerlässlich. Der Anschluss nach Italien war gegeben durch Straßen von Verona über Tirol, Augsburg, Esslingen, Cannstatt, Vaihingen, Knittlingen, Bretten, Bruchsal, Speyer, Mainz, Köln und Trier. Diese Verbindungen, von Drusus und Tiberius um die Zeit der Geburt Christi eingerichtet, waren dieselben Wege, auf denen Maximilian I. im Jahre 1490 durch die Großfamilie Taxis seine Briefe von Innsbruck nach Mechelen (bei Brüssel) befördern ließ. Interessant ist auch der Vergleich des römischen Straßennetzes mit den heutigen Verkehrswegen. Auf weiten Strecken folgen Bundesstraßen, Autobahnen und Schnellbahntrassen diesen alten Militär- und Handelswegen.
Neben den Lagerdörfern für die Truppen wurden aber auch viele römische Wohnsiedlungen für Zivilisten und ehemalige Soldaten sowie mehrere hundert Gutshöfe errichtet. Schließlich musste das Militär am Limes und im Hinterland mit Lebensmitteln und anderen notwendigen Dingen versorgt werden. Es waren ausschließlich Pächter, die das kaiserliche Domänenland bebauten. Und weil sie dafür den zehnten Teil ihrer Erträge als Pacht abliefern mussten, nannten sie es „Zehntland” oder „Dekumatenland” vom lateinischen „decumates agri”.
Die römischen Bauern und Handwerker brachten ihre Kultur und neue Pflanzen mit. Von den Römern lernten unsere Vorfahren neue Methoden für die Bestellung ihrer Äcker, und wie man moderne Häuser baut. Die bislang unbekannte fabrikmäßige Herstellung von Backsteinen und Dachziegeln, von Geschirr, Werkzeugen und vielen anderen Gebrauchsgegenständen haben die Germanen ebenfalls übernommen. Römische Handelsgesellschaften lieferten Waren und Früchte aus Italien, Frankreich und Spanien. Die Römer waren es auch, die bei uns die ersten Weinberge anlegten.
Orte wie Baden-Baden, Rheinzabern in der Pfalz, Germersheim, Speyer, Worms, Ladenburg am Neckar, Heidelberg-Neuenheim, Bad Wimpfen und Stettfeld, um nur einige Ansiedlungen zu nennen, sind römischen Ursprungs.
Der römische Name für Speyer war „Noviomagus Nemetum“, zu Deutsch „Neustadt” oder „Neumarkt”, später auch „Civitas Nemetum” genannt. (Die Nemeter waren ein germanischer Volksstamm, der bereits zu Zeiten des Kaisers Augustus hier ansässig war). Der Name Speyer taucht als „Spira” erst um das Jahr 500 auf, als die Franken sich hier niederließen. Im ganzen heutigen Stadtgebiet von Speyer wurden Überreste aus der Römerzeit gefunden, wovon neben Säulen, Reliefs und Skulpturen eine große Flasche aus Glas mit Inhalt, dem sogenannten „Römerwein”, besondere Beachtung verdient. Gefunden hat man dieses Glasgefäß mit Henkeln in einem Sarkophag. Ein Besuch der örtlichen Museen in unserer Region lohnt sich.
An der Straße von Wiesental nach Hambrücken hat man 1953 im Wald die Reste eines römischen Wachturms gefunden, von dem aus die Verbindung von Offenburg nach Heidelberg und Ladenburg kontrolliert werden konnte. Etwa 200 Meter östlich der Straße am Wagbach gelegen, hatte dieses Kleinkastell die Aufgabe, für Sicherheit weit hinter dem Limes zu sorgen. Die Funde lassen auf das Jahr 78 n. Chr. schließen. Das Kastell war bis etwa 120 n. Chr. besetzt.
Als 1992 in der Nähe des Kastells eine neue Fläche für den Kiesabbau freigegeben wurde, kamen Spuren der dazu gehörenden römischen Siedlung ans Tageslicht mit Mauerwerk, Kellern und Brunnen.
Eine Menge Scherben von Keramik- und Glasgefäßen sowie Schmuckstücke aus verschiedenen Materialien wurden dem Heimatverein Wiesental vom Landesdenkmalamt zur Aufbewahrung und Ausstellung überlassen.
Auf unserer Gemarkung fand man 1992 bei der Rheinhäuser Sandgrube ebenfalls Reste eines römischen Kastells, und Luftaufnahmen lassen vermuten, dass in der Nähe des Friedhofs von Oberhausen auch noch größere Siedlungen und Gräberfelder existieren.
Während der langen Zeit des Zusammenlebens mit den Römern haben unsere Vorfahren eine große Anzahl lateinischer Wörter angenommen, die heute noch, wenn auch in abgewandelter Form, zum festen Bestand unserer Umgangssprache gehören. Sprachwissenschaftler bezeichnen sie als „Lehnwörter”. Inzwischen sind Wörter aus vielen anderen Sprachen ins Deutsche übernommen worden, ein ständiger Prozess, den jede lebendige Sprache erfährt.
Die ersten römischen Spuren bei uns kamen 1899 und 1902 ans Tageslicht, und zwar im „Holzhäufergewann” und im „Neuen Zaun” auf der Gemarkung Oberhausen. Es handelte sich um eine Reihe kleinerer römischer Gebäude am linken Ufer des alten Wagbachlaufs. Dabei wurde ein mit römischer Wandmalerei verzierter Raum freigelegt.
Es liegen auch Aufzeichnungen vor, die vom Fund eines römischen Brennofens in 2 Meter Tiefe beim Neubau des Gasthauses „Zum Engel” in Oberhausen berichten, und im gegenüber liegenden Anwesen hat man beim Kellerbau viele verzierte Tonscherben gefunden, „dass man glauben konnte, es habe dort ein Häfner gewohnt”.
Inzwischen hat Karl Werle so viele römische Gefäße und Scherben in rotem Ton („Terra sigillata”) und schwarzem Ton („Terra nigra”) gefunden, dass er auch schon die Namen der römischen Töpfer kennt, die sich auf den Gefäßen „verewigt” haben. Sie heißen: Comitalis, Firmus, Floritus, Mammilianus, und Reginus. In einigen Gärten von Oberhausen wurden schon früher „rotverzierte Schüsselchen ohne Henkel” gefunden, aber man schenkte den Funden damals wenig Beachtung.
Man könnte die Aufzählung der Funde auf unseren beiden Gemarkungen noch weiter fortsetzen, denn Karl Werle hat - wie schon sein Großvater - kistenweise Fundmaterial bei der Außenstelle Karlsruhe des Landesdenkmalamtes zwecks Erfassung und Auswertung abgegeben.
So wichtig wie das Bergen der Funde, ist auch die Beschreibung für eine umfassende Dokumentation mit genauen Angaben über den Fundort und die Fundumstände. Einträge in die Flurkarten und maßstabgerechte Zeichnungen gehören ebenfalls in die Berichte. Diese Arbeiten übernimmt seit einigen Jahren der ehrenamtlich Beauftragte für archäologische Denkmalpflege im ehemaligen Landkreis Bruchsal, Reiner Dick, aus Ubstadt-Weiher. Mehrfertigungen der in enger Zusammenarbeit mit Karl Werle entstandenen Fundberichte liegen bei der Gemeindeverwaltung zur Einsichtnahme aus.
Werle hat durch seine Tätigkeit den Beweis erbracht, dass unsere beiden Gemarkungen schon sehr früh besiedelt waren. Das ist deshalb so wichtig, weil aus den Geschichtsepochen vor den Römern keine schriftlichen Zeugnisse vorliegen.
Heutzutage werden die Bürger durch Presse, Funk und Fernsehen über aktuelle „Ausgrabungen” informiert, so dass die Archäologen Mühe haben, sich bei ihrer Arbeit der vielen Neugierigen und Schaulustigen zu erwehren. Es kommt auch öfter vor, dass Fundgegenstände, zum Leidwesen der Forscher, über Nacht verschwinden.
Die Herrschaft der Römer dauerte etwa bis zum Jahre 250 unserer Zeitrechnung. Germanische Stämme drückten von Norden her auf den Limes und überrannten ihn. Alemannen und Franken setzten sich sippenweise im Zehntland fest und gründeten neue Dörfer, wenn sie es nicht vorzogen, sich neben den verlassenen römischen Einzelgehöften anzusiedeln. Von Steinhäusern scheinen sie nicht viel gehalten zu haben. Die bereits vorhandenen größeren Ansiedlungen haben die Alemannen als Wohngemeinden gemieden. Vielleicht haben sie in den bereits bestehenden und funktionierenden Gemeinwesen um ihre Identität gefürchtet. So wurde Speyer im Jahre 275 von den Alemannen zerstört.
Es gibt Anzeichen, dass nicht alle Römer fluchtartig fortgezogen sind, als die Alemannen kamen. Hinter dem Limes verblieb auch noch eine Bevölkerung, bestehend aus Kelten und Römern, die sich den neuen Herren anpasste. Nur so ist es zu verstehen, dass die uralten Namen für Flüsse, Berge, Gewanne und Orte über all die Jahrhunderte bis in unsere Zeit weitergegeben wurden und erhalten blieben.
Die Alemannen wurden aus unserer Region nach 200-jähriger Herrschaft von den Franken vertrieben. Die Murg wurde zum Grenzfluss zwischen beiden Stämmen. Bis zum heutigen Tag ist dies auch die Sprachgrenze zwischen Fränkisch und Alemannisch.
Bemerkenswert ist, dass die Hunnen unsere Gegend nicht verschonten. Im Frühjahr 451 überquerte Attila mit seinen Truppen bei Altrip den Rhein, um nach Gallien vorzustoßen. Viele Orte wurden niedergebrannt, darunter auch die Stadt Metz. Erst auf den „Katalaunischen Feldern” in der Champagne konnte Attilas Siegeszug durch die verbündeten Römer und Westgoten gebremst werden. Nach dem Abzug der Hunnen blieb das Land im Besitz der Alemannen und Franken.
In Altlußheim hat man aus der Hunnenzeit (um 400 bis 450) ein Grab gefunden, in dem ein germanischer oder burgundischer Heerführer mit einem kostbaren hunnischen Schwert und anderen wertvollen Grabbeigaben bestattet wurde. Ein Gedenkstein erinnert heute noch daran. („Geschichte der Stadt Speyer“: Bd.I. S.169, Kohlhammer Verlag Stuttgart, 1982)
Die neuen Siedlungen bekamen die Namen von ihren Gründern, den Alemannen und den Franken. Ortsnamen auf „-ingen” gehen auf die Alemannen zurück, so zum Beispiel „Schwetzingen” nach dem Sippenältesten „Svezzo”, und „Villingen” nach dem Ahnherrn „Filo”. Ettlingen wird 788 als „Ediningen” erwähnt, und der 842 genannte Ort „Gnudelingen” ist unser heutiges „Knittlingen” bei Bretten.
Die Franken bevorzugten Ortsnamen auf „-heim”, z. B. „Mannheim”, von „Heim des Manno”. Die erste Erwähnung Mannheims erfolgte im Jahre 766 im „Codex des Klosters Lorsch”, auch „ Codex Laureshamensis” genannt. Die Endungen der Ortsnamen, an denen man die Gründer - ob Alemannen oder Franken - erkennen kann, ist aber nicht zwingend.
Beim Lorscher Codex handelt es sich um eine Sammlung von Dokumenten über Gründungen von Klöstern und Ansiedlungen, über Verpachtungen, Schenkungen, Kauf und Verkauf, über Erbschaften und Verpfändungen usw., also um ein Güterverzeichnis mit allen Einzelheiten.
Es existiert eine alte Landkarte unserer Gegend, auf der zwischen „Udenheim” (heute Philippsburg) und „Hochinheim” (heute Hockenheim) fünf weitere Orte eingezeichnet sind, von deren Existenz bisher niemand etwas zu wissen scheint, obwohl sie sich über unsere Gemarkung hinweg erstreckt haben müssen. Zwischen Speyer und Hockenheim ist es auf der Karte „Ansillenheim”, dem sich südlich davon folgende Orte anschließen: „Gemminisheim”, „Mulinheim”, „Marcbotesheim” und „Nachheim”. Die Fluren, wo sich diese Ansiedlungen befanden, könnten nur durch Grabungen genau lokalisiert werden. Solche verlassenen Siedlungsstätten werden von den Historikern als „Wüstungen” bezeichnet.
Für die Abwanderung der Bevölkerung aus diesen Orten gibt es vielfältige Gründe, z.B. verminderte Ertragsfähigkeit des Bodens infolge Änderung des Grundwasserspiegels, Klimawechsel oder die Erkenntnis, an einem ungünstigen Platz gesiedelt zu haben. Es könnte aber auch sein, dass diese Orte infolge von Epidemien oder kriegerischen Auseinandersetzungen ausgestorben sind.
Aus dem Zeitraum zwischen dem 9. Oktober 769 und dem 8. Oktober 770 datiert im Lorscher Codex eine Urkunde, die einen Gütertausch zwischen Zeutern und Marcbotesheim sowie Gemminisheim besiegelt. Die Meinung, dass sich die Siedlung Marcbotesheim auf unserer Gemarkung befunden hat, teilt auch Dr. Eugen Reinhard, einer der Autoren von Band V der amtlichen Beschreibung des Landes Baden-Württemberg, von 1976. Auf Seite 117 schreibt er, dass...
„...Oberhausen nach der topographischen Lage und dem Patrozinium wohl der Nachfolger eines alten Ortes, des 769 bis etwa 850 erwähnten Marcbotesheim ist.”
Der Autor stützt sich auf Eintragungen im Kopialbuch der Fürstbischöfe von Speyer aus dem 12. Jahrhundert.
Etwa 200 Jahre später kommen Ortsnamen auf „-hausen” in Mode. So ist es also möglich, vom Ortsnamen her, die ungefähre Gründungszeit einer Ansiedlung zu bestimmen. Unsere beiden Orte, Oberhausen und Rheinhausen, wurden somit in der Zeit um 1 000 n.Chr. gegründet. Schriftliche Beweise sind die Nennungen im Lorscher Codex, (der nicht alles erfasste), oder in anderen Dokumenten der nachfolgenden Zeit.
(Nach einem Bericht von Dr. Behrends in: „Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 1994“ Theiss-Verlag Stuttgart 1995 Seite 206 f.)
Vom März bis Oktober 1994 konnte man von der Straße nach Altlußheim aus sehen, dass in unmittelbarer Nähe des Rheindammes Erdbewegungen vorgenommen werden. Zunächst konnte sich niemand erklären, was da geschieht. Bald jedoch war zu erfahren, dass Prof. Dr. Behrends vom Landesdenkmalamt Karlsruhe im „Meerlacher Deichgewann“ in Rheinhausen archäologische Grabungen vornehmen lässt. Als Grundlage diente ihm ein Luftbild, auf dem man in den dortigen Feldern kreisförmige und rechteckige Formen erkennen konnte. Der Schluss auf ein historisches Gräberfeld lag nahe.
Das wichtigste Ergebnis war, dass es sich bei dem aus der Luft entdeckten Objekt um ein Gräberfeld aus der Merowingerzeit handelte. Auf den ersten Blick lassen sich somit die Bestattungen in das 7. Jahrhundert unserer Zeitrechnung einordnen. Genaueres wird man aber erst nach der Untersuchung der gefundenen Gegenstände sagen können.
Im Verlauf der Grabungen wurden in zwei Kreisgräben mit Durchmessern von 10 und 12 Metern insgesamt zwölf Bestattungen geborgen. Ein weiterer Kreisgraben konnte nur teilweise untersucht werden, weil er zur Hälfte vom Rheindamm bedeckt ist. Ein Grab hatte keine Beigaben, dagegen waren sieben Gräber bereits in früheren Zeiten beraubt worden. Waffen wurden in fünf Gräbern gefunden.
In dem reinen Kiesboden haben sich auch Spuren von hölzernen Grabkammern als Verfärbungen ziemlich gut erhalten. Da einige Gräber übereinander liegen, kann man davon ausgehen, dass zwischen den Toten verwandtschaftliche Beziehungen bestanden haben könnten.
Anzeichen einer dazugehörigen Siedlung hat man nicht gefunden. Die Schwierigkeit, weitere Spuren zu finden, besteht darin, dass der Rhein bis ins späte 19. Jahrhundert das Gelände ständig umgestaltet hat. Vielleicht ist die Ortschaft von dem in der Nähe vorbeiströmenden Fluss weggespült worden. Die Ausgrabungen liefern jedoch den Beweis, dass zur Zeit der Anlage der Begräbnisstätte die umliegende Landschaft trocken gewesen sein muss. Es kann als sicher angenommen werden, dass die damaligen Bewohner ihre Toten nicht in einer derart feuchten Umgebung bestattet haben.
Christus wurde zu Zeiten des Kaisers Augustus geboren. Die ersten Christengemeinden entstanden im 1. und 2. Jahrhundert unserer Zeitrechnung, vorzugsweise in Kleinasien sowie im gesamten Mittelmeerraum. Trotz der vielen planmäßigen und grausamen Verfolgungen konnte es nicht ausbleiben, dass sich im Laufe der Zeit innerhalb des römischen Machtbereichs der Glaube an Jesus Christus ausbreitete: Soldaten und Beamte, die versetzt und gegen andere ausgetauscht wurden, brachten die neue Lehre auch zu uns. Außerdem verbreiteten auch die Handelsleute die Kunde von dem neuen Glauben.
In Germanien gab es um diese Zeit eine Vielfalt von Naturreligionen. Es wurden Gottheiten in Hainen, in Höhlen, an Quellen oder auf Hügeln verehrt. Die Kelten hatten eine den indischen Brahmanen vergleichbare Priesterkaste, die Druiden, welche mittels einer Art Geheimlehre über das Volk herrschte und richtete.
Kaiser Konstantin gab im Jahre 313 ein Edikt heraus, „dass jeder die Freiheit habe, sein Herz jener Religion zuzuwenden, die er selbst für die ihm entsprechende achte” und im Jahre 391 wurde unter Kaiser Theodosius das Christentum zur Staatsreligion.
Die Angelsachsen und die Franken waren die ersten Germanen, welche das Christentum angenommen haben. In Speyer soll es bereits 346 einen Bischof namens Jesse gegeben haben. Als „Jesse Nemetum” wird er als Teilnehmer einer Synode erwähnt. Näheres über ihn ist aber nicht bekannt. Man nimmt an, dass er als Wanderbischof unterwegs war und die Gemeinden besuchte.
Die ersten Missionare kamen aus Irland, um auf dem Kontinent den Glauben zu verbreiten. Später kamen auch Franken dazu, nachdem sich der Frankenkönig Chlodwig aus dem Hause der Merowinger mit seinem Volk zum Christentum bekehrt hatte. Ganz sicher ist, dass der erste Bischof in Speyer Athanasius geheißen hat und im Jahre 610 ein neues Bistum gründete. Im süddeutschen Raum entstanden weitere Bistümer in Konstanz, Basel, Straßburg, Worms und Mainz.
Wo die erste spätromanische Bischofskirche in Speyer gestanden hat, weiß man nicht genau. Mauerreste auf dem „Germansberg” lassen vermuten, dass hier das frühchristliche Zentrum war, weil dort um diese Zeit bereits ein Kloster bestand. Unter Karl dem Großen hatte Speyer einen Dom, der sich auf dem Platz des heutigen Domes befand. Vorchristliche Kultstätten waren ein Merkurtempel bei St. German, ein Venustempel unter St. Guido, und im Dombereich ein Tempel der Göttin Diana.
Es waren Kaiser Konrad II. und seine Gemahlin Gisela, die im Jahre 1027 beschlossen, auf der Stelle des karolingischen Domes einen neuen zu bauen, der zugleich als kaiserliche Begräbnisstätte für das Geschlecht der Salier dienen sollte. Kurz darauf erfolgte die Grundsteinlegung, und man begann unverzüglich mit dem Bau.
Bereits 1041 wurde die Krypta geweiht, fünf Jahre später der Hochaltar, und schon im Jahre 1061 konnte die Domweihe vorgenommen werden. Die endgültige Fertigstellung war jedoch erst 1111, weil einige Umbauten und Anbauten notwendig waren. Außerdem mussten die Fundamente besonders verstärkt werden, weil der nahe Rhein dem Bauwerk gefährlich werden konnte.
Der Dom zu Speyer mit seinen gewaltigen Ausmaßen übertrifft alle romanischen Kirchenbauten an Größe und Bedeutung. In ihm haben acht deutsche Kaiser und Könige und vier Königinnen ihre letzte Ruhestätte gefunden. Der Speyerer Dom galt als Symbol der Macht und Herrlichkeit der deutschen Kaiser, und er stellte zugleich ein „sichtbares Zeichen Gottes unter den Menschen” dar.
Die UNESCO hat eine Liste von erhaltenswerten Kulturgütern auf der ganzen Erde herausgegeben. In diese Liste wurde 1980 der Dom zu Speyer als „Kulturerbe der Welt” aufgenommen, weil er zu den bedeutendsten und größten romanischen Bauwerken Deutschlands zählt. Seine Maße (147 m lang, im Querschiff 60 m breit, vier Türme) und die Höhe seiner Gewölbe übertreffen alles, was aus dem 11. Jahrhundert noch vorhanden ist. Die Franzosen versuchten 1689 und 1749 vergebens, dieses Bauwerk zu zerstören.
Speyer und sein Dom spielten im Mittelalter auch eine große politische Rolle: König Heinrich IV. brach hier im Jahre 1077 zu seinem schweren Gang nach Canossa auf, wo er durch Selbst-Demütigung seinen Gegner, Papst Gregor VII., zwang, ihn vom Kirchenbann zu lösen. 1146 rief der Zisterzienserabt Bernhard von Clairvaux im Dom mit seinen zündenden Predigten zur Teilnahme am Zweiten Kreuzzug auf, um das Heilige Land zu erobern. Konrad III. war von den Worten derart beeindruckt, dass er ebenfalls mitzog. Am dritten Kreuzzug nahm auch der englische König Richard I. teil, der unter dem Namen Richard Löwenherz bekannt wurde. Auf seiner Reise zurück in die Heimat wurde er von Leopold V. von Österreich gefangen genommen und 1193 in Speyer an Kaiser Heinrich VI. ausgeliefert. Dieser gab ihn gegen ein sofort zu zahlendes Lösegeld von 100 000 Pfund Silber frei. Zur Sicherheit für die Bezahlung mussten Geiseln gestellt werden. Leopold selbst kassierte dabei ebenfalls 20 000 Pfund.
Wenn jährlich Tausende von Besuchern nach Speyer kommen und in der berühmten Krypta des Domes die Kaisergräber besuchen, dann sollten wir, die wir ganz in der Nähe wohnen, die Namen der Herrscher nachschlagen können, die hier zur letzten Ruhe gebettet wurden:
Kaiser Konrad II. † 1039 | Kaiserin Gisela † 1043 |
Gründer des Domes | Gemahlin Konrads II. |
Kaiser Heinrich III. † 1056 | König Rudolf v. Habsburg † 1291 |
Sohn Konrads II. | |
Kaiser Heinrich IV. † 1106 | König Albrecht v. Österreich † 1308 |
Sohn Heinrichs III. | Sohn Rudolfs von Habsburg |
Kaiser Heinrich V. † 1125 | Kaiserin Berta † 1087 |
Sohn Heinrichs IV. | Gemahlin Heinrichs IV. |
König Philipp | König Adolf von Nassau † 1298 |
v. Schwaben † 1208 | Kaiserin Beatrix † 1184 und Tochter Agnes |
Sohn Friedrich Barbarossas | 2. Gemahlin Friedrich Barbarossas |
Im Jahr 1990 feierte die Dom- und Kaiserstadt, die auf eine reiche und stolze Vergangenheit zurückblicken kann, ihr 2.000-jähriges Jubiläum. Die Anfänge gehen zurück bis vor den Beginn unserer Zeitrechnung. Vorgeschichtliche Funde sind Zeugnisse einer frühen
Besiedlung. Dann kamen die Kelten, die Römer und nach ihnen die Alemannen und die Franken. Aus dieser Zeit stammt der Name „Spira” für Speyer.
Im Jahre 969 erhielt Bischof Ottgar von Kaiser Otto I. durch ein sogenanntes „Immunitätsprivileg” die Regierungsgewalt über die Stadt, und es wurde mit dem Bau der Stadtmauer begonnen. Den Status einer „Freien Reichsstadt” mit einem Bürgermeister und einer Vertretung der Bürgerschaft bekam Speyer 1294. Damit endete die Herrschaft der Bischöfe über die Stadt.
Speyer wurde bekannt durch das Reichskammergericht, vor allem aber durch die 50 Reichstage, die hier von 838 bis 1570 in unregelmäßigen Abständen stattfanden. In Speyer versammelten sich die weltlichen und geistlichen Würdenträger des Reiches, um bei wichtigen Angelegenheiten dem Kaiser zur Beratung zur Verfügung zu stehen. Von besonderer Tragweite waren die Entscheidungen auf den Reichstagen von 1526 und 1529, wo die endgültige Loslösung der Protestanten von der katholischen Kirche vollzogen wurde. Das Wort „protestantisch“ wurde hier in Speyer „geprägt“ und leitet sich her von der „Protestation“ der evangelischen Stände am 19. 4. 1529 gegen den alle kirchlichen Reformen verbietenden Mehrheitsbeschluss.
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