Originalausgabe April 2016


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Gehasst

ISBN 978-3-945298-62-6


"Gehasst" erschien unter dem Titel "Mein ist die Nacht" 2010 im Juhr-Verlag.


Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf - auch teilweise - nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.


Titel- und Covergestaltung: Annadel Hogen

Bildnachweis: Fotoskaufen Bildagentur: ING_19032_00315, Bigstockphoto: 70711690

Gehasst

Andreas Schmidt

Über dieses E-Book

Ein Wahnsinniger hält eine Stadt in Atem: Er missbraucht junge Frauen und tötet sie auf bestialische Weise, indem er sie zu Tode beißt. Das Ermittlerteam Franka Hahne und Michael Stüttgen ist ihm auf den Fersen, aber der mysteriöse Unbekannte entpuppt sich als Phantom, das immer neue falsche Fährten legt.

Binnen drei Tagen zieht er seine Blutspur durch die Stadt und bereitet seinen Opfern und seinen Verfolgern einen Albtraum nach dem nächsten ...

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Noch mehr Spannung

von
Andreas Schmidt

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DU. SOLLST. NICHT. TÖTEN


ISBN 978-3-945298-63-3


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20.30 Uhr

„Ich bin heute froh, wenn ich ins Bett komme“, gestand Franka ihm, als sie das Haus von Klaus Baumann erreicht hatten. Nur mit viel Überredungskunst war es Micha gelungen, sie zu dieser letzten Fahrt des Tages zu begleiten. Er hatte es sich nicht nehmen lassen, Baumanns Computer aus der IT-Abteilung zu holen, um ihn noch heute seiner rechtmäßigen Besitzerin zu übergeben.

„Klar. Lass uns die Kiste abliefern und nach Hause fahren.“ Er musterte Franka. „Kann ich heute noch mal bei dir pennen?“

„Natürlich.“ Franka stutzte. Micha war ihr sympathisch, und sie schätzte ihn als Kollegen und als Leiter der Mordkommission. Ihr Typ Mann war er allerdings nicht. Da gab es einen anderen, der ihr eher gefallen könnte. Doch Krüger war immer noch verheiratet. Dennoch würde sie seine Einladung zum Essen nicht ausschlagen.

„Hast du Sehnsucht nach mir, oder ist es mein Sofa, das es dir angetan hat?“ Franka lächelte, und erst als er das Lächeln nicht erwiderte, wurde auch sie wieder ernst. „Gibt es einen Grund dafür, dass du mit zu mir möchtest?“

„Ja, meine Heizung ist im Eimer. Und ich hatte nicht vor, morgen als Eiszapfen zum Dienst zu kommen.“

„Wenn das so ist – kein Ding.“

„Du bist ein echter Kumpel.“ Micha stieß den Wagenschlag auf und stapfte hinaus.

„Danke“, murmelte Franka. „Das ist genau das, was ich hören wollte.“ Sie richtete den Blick auf das vornehme Haus der Baumanns, das nun von Karla Baumann alleine bewohnt wurde. „Dann mal auf in den Kampf, was.“

Micha schloss den Audi ab und versenkte die Hände in den Taschen. Er umrundete den Wagen und machte sich am Kofferraum zu schaffen, um sich den Computer von Klaus Baumann unter den Arm zu klemmen. Stumm stapfte er neben Franka her. Sie erklommen die breiten Treppen, die zum Hauseingang führten, und es war ein seltsames Gefühl, hier zu sein, obwohl sie wussten, dass der Hausherr Opfer eines kaltblütigen Mordes geworden war, weil er zu viel gewusst hatte. Eine getigerte Katze streifte um das Haus. Als sie die Fremden in ihrem Territorium bemerkte, maunzte sie leise, dann ging sie auf Distanz und beobachtete Franka und Micha. Franka zögerte, dann legte sie den Finger auf den Klingelknopf, und sie lauschten dem sonoren Gong, der im Innern des Hauses ertönte. Es dauerte eine Zeit lang, bis sich Schritte näherten. Die Tür öffnete sich, und eine sichtlich verwirrte Karla Baumann stand vor ihnen. Die Haare hingen ihr strähnig ins Gesicht, das dunkle Kleid, das sie wahrscheinlich aufgrund der Trauer um ihren ermordeten Mann trug, machte einen verwahrlosten Eindruck und war fleckig. Als sie die Beamten erkannte, lächelte sie. Ihr Gesicht und die Hände waren blutverschmiert.

„Das ist schön, dass Sie hier sind.“ Es klang, als würde sie sich tatsächlich über die Besucher freuen.

„Mein Gott, ist Ihnen etwas passiert?“, rief Franka.

„Ich habe das Gleichgewicht wieder hergestellt“, erwiderte Karla Baumann im Plauderton. Ein kalter Wind pfiff um die dicken Mauern des Hauses, und Franka fröstelte.

„Es ist kalt heute Nacht, und wir haben Vollmond, sehen Sie nur.“ Ihr Blick glitt an Franka und Micha vorbei. Sekundenlang blickte sie mit einem versonnenen Lächeln auf die silbrige Scheibe des Mondes, der Franka heute besonders groß erschien. Es war, als hätte sich der Erdtrabant der Erde bis auf wenige Kilometer genähert. Sie warf Micha einen Blick zu, er nickte unauffällig, und sie kannte ihn bereits gut genug, um zu wissen, dass er ähnlich dachte wie sie. Entweder stand Karla Baumann unter einem schweren Schock, oder sie war geistig verwirrt. Die wohlhabende Witwe schien mit dem Verlust ihres Mannes noch nicht zurechtgekommen zu sein. Dennoch versetzten ihre blutverschmierten Hände und das Gesicht, das an eine schreckliche Maske erinnerte, Franka und Micha in Alarmbereitschaft.

„Kommen Sie doch herein“, flötete Karla Baumann und gab den Eingang frei. Erst jetzt bemerkte sie, dass Micha den Computer ihres Mannes mitgebracht hatte.

Micha hatte beschlossen, dass es wohl besser war, Karla Baumann zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal auf ihren Zustand anzusprechen. „Ich habe Ihnen etwas mitgebracht, das Ihrem Mann gehört. Wir haben es bei seinem Mörder gefunden.“

„Das ist ja interessant.“

Weder Frank noch Micha wussten den seltsamen Unterton in ihrer Stimme zu deuten. Sie tauschten einen Blick miteinander, bevor sie das Haus betraten. In der Halle brannte Licht, und sie sahen, dass auch die Kleidung der Hausherrin verschmutzt war und tiefrote Blutflecken aufwies.

„Ich war so frei und habe Ihnen die Arbeit abgenommen“, erklärte sie, als sie die Blicke der Beamten sah.

„Wovon reden Sie, Frau Baumann?“ Franka griff in ihre Tasche und legte eine Hand an den Griff ihrer Waffe. Hier stimmte etwas nicht, und das seltsame Verhalten und der desolate Zustand Karla Baumanns waren der Beleg dafür. Vielleicht hätten sie Verstärkung anfordern sollen. Doch es war bereits zu spät, denn wenn von Karla Baumann eine Gefahr ausging, dann waren sie ihr bereits in die Falle gegangen.

Karla Baumann begann zu sprechen. Sie senkte den Blick und spielte mit ihren schlanken Händen, an denen das verkrustete Blut klebte.

„Kötter ist tot.“

Die Kommissare schauten einander wortlos an. Und dann wieder zu Frau Baumann. „Sie sollten wissen, dass ich ein Verhältnis mit ihm hatte. Er war jung, attraktiv und … irgendwie anders. Er hat mich von der ersten Minute an in seinen Bann gezogen, und so begannen wir hinter dem Rücken meines Mannes eine Affäre. Hinzu kam, dass wir … die gleichen Neigungen hatten, wenn Sie verstehen?“

„Nein, ich verstehe gar nichts“, brauste Micha auf und fing sich dafür prompt einen bösen Blick von Franka ein. Nach den Ereignissen und dem Schlafmangel in den vergangenen Tagen lagen seine Nerven jetzt offensichtlich blank.

„Dann werde ich es Ihnen erklären. Sicherlich haben Sie schon einmal davon gehört, dass es Vampire gibt. In Wirklichkeit, nicht im Film. Und bitte halten Sie mich nicht für verrückt, das, was ich Ihnen erzähle, entspricht der Wahrheit. Wir sind es. Keine Untoten, keine Zombies oder so was. Wir sind Geschöpfe der Nacht und verzehren uns nach dem Blut der Menschen. Und Clay war einer von uns.“

„Es gibt viele Irre, die von sich behaupten, Vampire zu sein.“ Micha schüttelte den Kopf.

„Clay?“ Franka stutzte. „Sein Name ist Kai Kötter.“

Karla Baumann sprach ausschließlich mit Franka. Sie strafte Micha für sein aufbrausendes Verhalten mit Ignoranz.

„Sie irren, Frau Kommissarin. Er hieß Clay Ferguson und war Brite. Als er nach Deutschland kam, weil ihm auf der Insel die Luft zu dünn wurde, nahm er eine neue Identität an. Das ist mit den richtigen Beziehungen ein Kinderspiel, aber das muss ich Ihnen sicherlich nicht erzählen. Sie haben es schließlich täglich mit gefälschten Ausweispapieren zu tun.“

„Sie sagten, ihm wurde in Großbritannien die Luft zu dünn. Wie meinen Sie das?“

„Er hat sich auch dort seine Opfer gesucht, in einem Dorf an der Grenze zu Schottland. Die Stadt hat er bewusst gemieden. Und als sie die Hetzjagd auf ihn eröffnet hatten, zog er es vor, noch einmal neu anzufangen.“

„Wie konnte er sich hier seine Opfer suchen?“ Franka runzelte die Stirn. „Es fällt auf, wenn Frauen verschwinden und man ihre Körper ohne Blut findet.“

„Ich habe ihm den Job beim Kurierdienst besorgt; dort konnte er nachts fahren. Er hatte wechselnde Einsätze, somit ließ sich seine Spur nicht zurückverfolgen. Die Polizei stand bundesweit vor einem Rätsel, denn überall dort, wo er auf Tour war, hat er sich mit Blut versorgt. Doch seine Ansprüche wuchsen mit der Zeit, und er war ständig auf der Suche nach neuen Donaren. So nennen wir die Menschen, die wir nicht nur beißen, um ihr Blut zu trinken. Wir töten sie, um unsere Instinkte an ihnen auszuleben. Wir ernähren uns von ihrem Fleisch. Und so bat er mich um Hilfe. Gemeinsam ersannen wir einen Plan. Von mir hatte er den Schlüssel zur alten Fabrik am Wupperufer. Ich habe ihm die Kontakte zu den Frauen vermittelt, nicht Wiesinger, den können Sie laufen lassen, der ist nur eine kleine Nummer. Uns ging es um viel mehr als um erotische Fotos. Wir wollten die Opfer für uns gewinnen.“ Sie lächelte Franka und Micha entwaffnend an. „Leider ist Clay über sein Ziel hinausgeschossen. Er hat Ihnen bei der Kripo viel Arbeit gemacht, und dafür möchte ich mich aufrichtig entschuldigen. Immerhin hat er Klaus aus dem Weg geräumt, das werde ich ihm nie vergessen. Er war ein schwieriger Mann und hat mich immer für geistig krank gehalten, wenn ich ihm reinen Wein über mein wahres Leben einschenken wollte.“ Wieder ein Lächeln, das Verständnis für ihren toten Mann signalisieren sollte. Sie führte die Besucher in eine Art Wohnzimmer.

„Es hat nicht geklappt, wie es geplant war.“ Plötzlich hatte sie eine kleine Waffe in der rechten Hand. „Und dafür werde ich selbstredend die Konsequenzen ziehen. Clay ist bereits tot. Er starb so wie die Frauen vor ihm.“ Genießerisch leckte sie sich mit der Zunge über die Lippen. Sie lächelte noch ein wenig breiter, und Franka erschauderte, als sie die spitz geschliffenen Eckzähne von Karla Baumann erblickte. Sie starrte in den blassen Teint der wohlhabenden Frau, die erst vor kurzer Zeit ihren Mann verloren hatte.

Ihre Augen wirkten tot und leblos. Eiskalt. Der Blick von Karla Baumann jagte ihr einen Schauer über den Rücken.

„Der Zahnarzt hat gute Arbeit geleistet, finden Sie nicht?“

„Doch, absolut.“ Franka nickte wie in Trance.

„Dennoch ist es zu spät, neu anzufangen. Ich werde auch nicht jünger, wissen Sie.“

„Bitte lassen Sie die Waffe fallen. Frau Baumann, wir müssen Sie bitten, mit uns zu kommen.“ Micha hatte die Handschellen gezückt, die er am Gürtel seiner Hose trug. Franka zückte die Dienstwaffe und hielt die Mündung auf Karla Baumann gerichtet. Sie wollte Micha sichern, während er ihr die Handschellen anlegte.

„Wir verhaften Sie wegen Mordes an Kai Kötter alias Clay Ferguson. Das ist sicherlich ein Fall für das Bundeskriminalamt und Interpol. Sie haben eben ein Geständnis abgelegt.“

Karla Baumann lachte amüsiert, so, als hätte Franka ihr einen guten Witz erzählt. Dann schüttelte sie den Kopf. „Ich habe kein Geständnis abgelegt, ich habe Ihnen lediglich erläutert, warum Sie anscheinend erfolglos einem Phantom nachgejagt sind. Wir töten, um zu leben, wissen Sie? Da gilt das Gesetz nicht, das für normal sterbliche Menschen erdacht wurde, die sich an all die gesellschaftlichen Regeln zu halten haben, die uns als Kinder anerzogen wurden.“

Franka war sicher, dass Karla Baumann geistig verwirrt war. Sie würden sie in Sicherheitsverwahrung nehmen müssen und morgen könnte sich dann ein Polizeipsychologe um sie kümmern. Doch zunächst einmal galt es, sie mit aufs Präsidium zu nehmen. Und dafür zu sorgen, dass sie die Waffe abgab.

„Wo ist Clay jetzt?“, fragte sie, mehr, um Zeit zu gewinnen.

„Im Schlafzimmer. Er ist in meinem Bett zu meinem ganz persönlichen Donar geworden. Damit hat er zu guter Letzt auch noch seinen Sinn erfüllt. Sie können ihn gern sehen, wenn Sie wollen, aber bitte erschrecken Sie nicht: Der Anblick einer zerfleischten Kehle … aber das kennen Sie ja inzwischen.“

„Wir werden Sie jetzt wegen Mordes an Kai Kötter festnehmen.“ Franka sprach ruhig und emotionslos. Sie achtete auf jede Regung im Gesicht der offenbar verwirrten Frau. Langsam ging Micha mit den Handschellen auf sie zu. Sie hielt inne. Er zögerte. Dann hob sie die Hand mit der Pistole und hielt sie sich in die Schläfe.

„Waffe fallen lassen, verdammt noch mal!“, brüllte Micha und machte einen Satz auf Karla Baumann zu. Er ließ die Handschellen fallen und streckte sich, um die Hand, mit der die Baumann die Waffe umklammert hielt, von ihrem Körper wegzudrehen. Er riss sie dabei zu Boden, Karla Baumann zeterte hysterisch, dann sah Franka das Mündungsfeuer aufblitzen. Die beiden Körper wälzten sich übereinander.

Dann zuckten seine Mundwinkel, er drehte den Kopf in Frankas Richtung.

„Scheiße“, brummte Micha und rappelte sich umständlich auf. Am Boden sitzend betrachtete er den leblosen Körper von Karla Baumann, der es noch im Moment des Sturzes gelungen war, einen Schuss abzugeben, der ihre Schläfe getroffen hatte. Ein Einschussloch an ihrem Schädel und die leblosen Augen räumten auch die letzten Zweifel aus.

Karla Baumann hatte sich erschossen.

Micha löste die Pistole aus ihrer Hand und trat sie mit der Stiefelspitze in eine Ecke des Raumes, bevor er sich über Karla Baumann beugte, um ihren Puls zu fühlen.

Als er sich mit einem stummen Kopfschütteln zu Franka umwandte, dachte sie gar nichts mehr.

Micha stand auf und nahm mit einer Plastiktüte, die er aus der Innentasche seiner karierten Baumfällerjacke zog, die kleine Pistole von Karla Baumann auf. Franka verließ den Raum, in dem sie es nicht mehr aushielt, und suchte nach dem Schlafzimmer, wohl wissend, dass es nicht besser werden konnte. Karla Baumann hatte nicht übertrieben. Kai Kötter oder Clay Ferguson oder Dark Lord lag auf dem Bett. Sie hatte ihm eine große Bisswunde zugefügt, und nun lag er in einer großen Blutlache. Dass er nicht mehr lebte, musste Franka nicht erst überprüfen. Sein Mund stand auf, wie zu einem stummen, letzten Schrei geöffnet. Da lag er, der Mann, der innerhalb weniger Stunden und Tage vier Menschenleben ausgelöscht hatte. Das Phantom, dem sie seit Tagen hinterherjagten, war selbst zu einem Opfer geworden. Es konnte nicht mehr bestraft werden.

Befriedigung verspürte Franka nicht. Sie war nur froh, dass die Geschichte endlich vorbei war, und kehrte zu Micha zurück, der sie mit versteinerter Miene anblickte.

„Sie hat nicht gelogen, Kötter liegt tot im Bett.“ Ihre Stimme klang belegt, und sie rang sichtlich mit ihrer Fassung. Die Polizistin nahm sich nun die Freiheit, Mensch zu sein. Die Ereignisse der letzten Stunden zogen wie ein Film an ihrem geistigen Auge vorüber. Sie kämpfte mit den Tränen.

Karla Baumann, die sich bis zum letzten Augenblick ihres Lebens für eine Vampirin gehalten hatte, war tot. Sie hatte ihrem Leben ein Ende gesetzt. Kai Kötter lebte ebenfalls nicht mehr, und damit war der Fall aufgeklärt. Franka warf sich schluchzend an Michas breite Brust. In diesem Moment vergaß sie, dass sie Kommissarin war und schon so viel erlebt hatte. Sie sehnte sich einfach nach menschlicher Nähe und genoss in diesem Augenblick Michas Wärme. Er strich ihr sanft durch das Haar.

„Es ist vorbei.“

Dann zückte er das Handy und informierte die Kollegen.

 

Ende

 

Prolog

Als er erwachte, spürte er dieses unbestimmte Verlangen. Gier beherrschte sein Denken und Handeln, als er aufstand und an das Fenster trat. Die Dunkelheit hatte sich wie ein Leichentuch über die verfallenen Gebäude der Stadt gesenkt. Er hatte lange geschlafen und war erst am Abend erwacht. Während er durch das fast staubblinde Fenster hinaus in die Nacht blickte, stellte er fest, welch düstere Wolken sich vor den Mond geschoben hatten. In den letzten Stunden hatte Schneefall eingesetzt, und die Stadt schien unter einer unsichtbaren Schallglocke zu stecken. Es war totenstill draußen, und er versuchte sich daran zu erinnern, wann es zuletzt im November geschneit hatte.

Heute Nacht war es endlich so weit.

Er würde dem Verlangen nachgeben. Tun, was er tun musste.

Lange hatte er auf diesen Tag hingearbeitet. Wochenlange Arbeit lag hinter ihm, nun würde er die Früchte seiner Mühen ernten können. Ein teuflisches Grinsen huschte um seine blutleeren Lippen, als er sich abwandte und ruhelos durch die Räume schlich. Er war zu einem Wesen der Nacht geworden und er war sicher, dass sich sein Wille, so zu leben, heute Nacht manifestierte. Komplett aufgegeben hatte er sich in den letzten Wochen. Für verrückt hatte man ihn erklärt, ein Arzt hatte ihn sogar einweisen wollen. Er hatte sich enttäuscht und verbittert zurückgezogen. Dann würde er sein Ziel eben anders erreichen.

Nein, er war nicht verrückt.

Er war anders.

Lange hatte er nach einer geeigneten Räumlichkeit für sein Vorhaben gesucht und es schließlich in einer leer stehenden Fabrikhalle am Ufer der Wupper gefunden. Der Besitzer – sollte es ihn tatsächlich noch geben – hatte das Gebäude offenbar längst aufgegeben, und so ruhte die alte Fabrik in einer Art Dämmerschlaf und wartete darauf, ihm für seine große Tat zur Verfügung zu stehen. Es war eine Kleinigkeit für ihn gewesen, das Schloss der eisernen Eingangstür im Hof auszutauschen. Niemand interessierte sich mehr für das verfallene Gebäude, hier war seit Wochen niemand mehr gewesen. So hatte er sich die Räume im oberen Stockwerk der alten Fabrik für ein ungestörtes Treffen hergerichtet Meist hatte er nachts gearbeitet, wenn alle schliefen und das Viertel noch verlassener war, als es tagsüber der Fall war. Die Nacht war seine Zeit, lange schon nicht mehr der Tag. Einem Schatten gleich glitt er durch die einsame Halle, die von Zwischenwänden zu kleineren Räumen abgetrennt worden war.

Er war ein Geschöpf der Finsternis geworden.

Nun hatte er den Raum erreicht, in dem es heute Nacht geschehen würde. Eine fiebrige Erregung ergriff von ihm Besitz, als seine Finger beinahe liebevoll über das kalte Leder der Bahre glitten. Hier würde sie schon in ein paar Stunden liegen und ihm gehören. Sie wusste ja nicht, worauf sie sich einließ. Er spürte die feinen Vertiefungen des Leders an seinen Fingerkuppen und erschauderte.

Mit einem Ruck wandte er sich ab und trat wieder an eines der hohen Fenster, die mit eisernen Sprossen in kleine gläserne Felder unterteilt waren, und blickte hinaus. Um diese Zeit verirrte sich kaum ein Mensch in dieses Viertel. Niemand wusste, dass er hier hauste, sogar Obdachlosen war diese Bleibe zu heruntergekommen, oder sie hatten schlicht Angst davor, eine Nacht in diesem unheimlichen Gebäude zu verbringen, in dem das Dach undicht war und nachts Ratten über den Boden huschten und die Räume mit ihrem schrillen Fiepen erfüllten, stets auf der Suche nach Beute. Nein, hierhin trieb es niemanden freiwillig. Normalerweise. Doch die Hallen mit den hohen Decken waren wie geschaffen für seine Arbeit. Als er den Raum durchschritt, hallten seine Schritte von den schwarz gestrichenen Wänden zurück. Er liebte den morbiden Charme dieses Stadtteils. Leer stehende Gebäude, heruntergekommene Wohnblöcke und verlassene Fabriken. Kneipen, die schon vor Jahren für immer geschlossen hatten. Seit langem ging das Gerücht um, dass hier bald die Abrissbirne zum Zuge kommen und die geschichtsträchtigen, aber baufälligen Gebäude am Ufer der Wupper dem Erdboden gleichmachen würde. Wahrscheinlich würden sie hier ein weiteres Einkaufszentrum errichten. Oder ein Parkhaus, vielleicht auch beides.

Doch noch war es nicht so weit.

Wer hier nach Einbruch der Dunkelheit durch die engen Straßen schlich, der konnte sich kaum vorstellen, dass kaum einen halben Kilometer weiter das Leben der Großstadt brodelte. Einkaufspassagen, hektische Menschen, die auf der Suche nach einem Geschenk waren. Das Weihnachtsfest, für ihn die größte Lüge der Menschheit, stand bevor und beherrschte das Denken und Handeln der Sterblichen. Jedes Jahr fielen die Leute auf den Schwindel herein, mühten sich in überfüllten Innenstädten ab, um sich an Heiligabend nicht zu blamieren. Er grinste in weiser Vorfreude auf das Geschenk, das er sich heute schon machen würde. Gut, bis Weihnachten waren es noch ein paar Wochen hin. Aber er feierte das Fest der Christen schon lange nicht mehr.

Es gab noch viel vorzubereiten.

Dienstag

 19.20 Uhr

Planlos fuhr er durch die Dunkelheit, starrte mit geröteten Augen in die Schneeflocken, die vor der Motorhaube seines Astra Kombi einen wilden Tanz aufführten. Er hatte sich dafür entschieden, die Stadt über die viel befahrene Gathe und die Uellendahler Straße zu verlassen, die nach Norden führte. Einen Augenblick lang hatte er ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, sich in den vorweihnachtlichen Trubel der Elberfelder Innenstadt zu stürzen. Doch allein die Vorstellung, stundenlang für einen Parkplatz anzustehen, hatte den Gedanken zu einer Horrorvorstellung reifen lassen. Beim Autofahren konnte er sich am besten ablenken. Die letzte Tankstelle hatte rechts vor einem Kreisverkehr gelegen. Die Lichter waren aus, der Tankwart hatte es vorgezogen, seinen Feierabend gemütlich zu Hause zu verbringen.

Er ärgerte sich, denn die Tanknadel näherte sich bedenklich dem roten Bereich.

Also weiter und hoffen, dass er eine Tankstelle fand, die noch nicht geschlossen hatte. Autobahntankstellen hatten Tag und Nacht geöffnet, und die Straße verlief parallel zur A 46. Wenn er den Kopf nach rechts wandte, konnte er dort immer die Lichter der entgegenkommenden Fahrzeuge in der Dunkelheit ausmachen. Als er das blaue Hinweisschild sah, setzte er den Blinker und nahm die nächste Autobahnauffahrt. Nachdem er die lang gezogene Kurve vorsichtig passiert hatte, stellte er erleichtert fest, dass der Winterdienst in den Schneematsch der rechten Fahrspur bereits eine Schneise geschoben hatte. So ordnete er sich hinter einem Lkw mit polnischem Kennzeichen ein und zuckelte mit knapp siebzig Stundenkilometern hinter dem Sattelzug her, dessen Aufbau vor dem Opel wie eine Mauer in den Himmel zu ragen schien. Schnee pladderte von der Plane des Aufliegers und klatschte gegen den Wagen. Er fluchte wild und vergrößerte den Abstand. Nach ein paar Minuten kreisten seine Gedanken wieder um Mandy. Auf den letzten Kilometern hatte er mehrmals den Plan gefasst, einfach umzudrehen, um sie aus der Wohnung dieses seltsamen Fotografen zu holen, sie einfach von diesem notgeilen Bock wegzubekommen. Thomas Belter bezweifelte keine Sekunde, dass dieser Kerl alles andere als seriös war. Wer sein Model nach Einbruch der Dunkelheit bis tief in den Abend hinein zu einem Shooting in eine offenbar leer stehende Fabrik in der dunkelsten Gegend von Wuppertal bestellte, war alles andere als normal.

Warum hatte sie nicht auf ihn gehört?

Er hasste ihren Trotz, wurde jedes Mal wütend, wenn sie ihm leichtfertig blinde Eifersucht unterstellte, sobald er sich um sie sorgte. Natürlich passte es ihm nicht, wenn sie sich vor den Augen eines anderen Mannes auszog, um für ihn zu posieren. Natürlich schnürte sich ihm die Kehle zu, wenn er daran dachte, dass seine Freundin anderen Kerlen als Wichsvorlage diente.

Er liebte sie. Und er wollte sie nicht mit fremden Typen teilen.

Auch der Vorwand, es seien doch nur Fotos, stimmte ihn nicht milde. Es waren aufreizende Posen, Posen, die bei Männern die Fantasie anregten.

Natürlich, sie verkaufte nicht ihren Körper.

Doch, schrie alles in ihm. Natürlich verkaufte sie ihren Körper. Nein, natürlich war sie keine Nutte, natürlich trieb sie es nicht mit allen Männern, die sie nackt sehen konnten. Aber allein der Gedanke, dass die Burschen, die sie so sehen konnten, sich an seiner Freundin aufgeilten, allein dieser Gedanke kotzte ihn an.

Diesmal war es anders. Er hatte einfach nur Angst um Mandy. Er wusste, dass mit diesem seltsamen Fotografen etwas nicht stimmte. Das dumpfe Gefühl tief in ihm hatte nichts mit Eifersucht zu tun. Es war die Sorge, dass dieser Typ ihr etwas antun könnte. Immerhin war sie allein mit ihm in seiner Wohnung, die in einem zwielichtigen Viertel der Stadt lag. Selbst wenn sie schrie, niemand würde sich um ihr Geschrei kümmern, so viel stand für ihn fest. Die Gegend, in der er sie abgeliefert hatte, wurde von Kriminalität und organisiertem Verbrechen beherrscht. Kleinkriege, Schlägereien und Schreie waren alltäglich in diesem Viertel. Bei dem Gedanken daran, dass ihr dort etwas zustoßen konnte, schnürte sich ihm die Kehle zu. Das Viertel, beherrscht von unzähligen verschiedenen Kulturen und von Arbeitslosigkeit, war ein Schmelztiegel des Verbrechens.

Vermutlich würde es nicht einmal auffallen, wenn er sich an ihr verging und sie um Hilfe rief. Der Kerl hatte freie Bahn.

Diese Gedanken quälten ihn. Was sie jetzt gerade wohl tat? Sicherlich räkelte sie sich nackt vor seiner Linse, vielleicht spreizte sie sogar die Beine und zeigte diesem Heini das, was nur ihm gehören sollte. Es gab Männer, die es anmachte, wenn andere Kerle ihre Frauen nackt sehen konnten. Alle durften sie ansehen, aber nur sie allein durften mit ihnen vögeln. Der Gedanke daran machte diese Männer scharf.

So war er nicht.

Er liebte Mandy, und er wollte sie für sich allein. Wäre es anders gewesen, hätte er ihr ihren Wunsch, sie in den Swingerclub zu begleiten, nicht abgeschlagen. Er wollte sie nicht teilen müssen. Sie hatte ihm beigepflichtet. Natürlich wollte sie ihm allein gehören, natürlich verstand sie seine Eifersucht.

Warum, verdammt noch mal, hatte sie sich dann heute Nacht anders verhalten? Er verstand sie manchmal einfach nicht. Wütend hieb er auf den Lenkradkranz und zerquetschte einen Fluch zwischen den Lippen. Die Frau, die er seit vier Monaten über alles liebte, war eine Exhibitionistin. Er liebte es, wenn eine Frau ihm alle sexuellen Wünsche erfüllte und auch selbst gern die Initiative ergriff. Nie zuvor in seinem Leben hatte er eine leidenschaftlichere Liebhaberin kennengelernt. An allen erdenklichen Orten hatten sie es getrieben. In der Umkleidekabine eines Modehauses, in einem Kölner Kaufhaus, in der Toilette ihrer Lieblingsbar in der Düsseldorfer Altstadt, im Auto, draußen auf dem Messegelände in Essen, in einer der letzten lauen Sommernächte am Ufer des Baldeneysees. Er war süchtig nach ihr, und dennoch bezweifelte er in diesem Augenblick, ob Mandys offener Umgang mit Sex ihrer Partnerschaft wirklich guttat. Tom verfing sich in seinen Gedanken. Immer wieder spielte er mit der Idee, einfach den Wagen zu wenden, zurück in die Stadt zu fahren und sie aus den Klauen dieses verrückten Fotografen zu befreien. Doch etwas hinderte ihn daran. Längst schon waren die Hinweisschilder auf Düsseldorf an ihm vorübergeflogen. Einzelne, spärlich beleuchtete Häuser schälten sich als letzte Zeichen der Zivilisation in immer größer werdenden Abständen aus der Dunkelheit. Ansonsten Schnee und diese trübe Einsamkeit, die ihn wahnsinnig machte.

Frustriert starrte er auf die Rücklichter des polnischen Lasters vor ihm. Es wurde Zeit für einen Tankstopp. Inzwischen war die Nadel der Tankanzeige tief im roten Bereich gelandet. Nervös klopfte er gegen das Glas, so, als könnte er damit bewirken, dass sich die Nadel noch einmal bewegte.

Er sehnte sich nach Licht, nach Wärme, nach Menschen. Er fragte sich, ob es in dieser Einöde keine Tankstelle gab, die Tag und Nacht geöffnet hatte, und fuhr weiter in die Dunkelheit hinein.

Irgendwo würde er anhalten und einen Kaffee trinken. Vielleicht würde er in der Gesellschaft von Menschen auf andere Gedanken kommen. Als er auf die Tanknadel im Armaturenbrett schielte, stellte er fest, dass der Zeiger jetzt bereits am Rand des roten Bereiches kratzte. Nun wurde es aber höchste Zeit, dachte er. Der Schneefall wurde dichter. Ein verdammtes Scheißwetter, er war hundemüde, musste morgen früh zur Arbeit, und seine Freundin zeigte sich einem wildfremden Kerl nackt. Was war das bloß für eine Scheiße?

 

19.35 Uhr

Das Atelier lag direkt neben dem Wohnzimmer.

In den gut zehn Quadratmeter großen Raum gelangte man nur über eine einzige Tür, die ebenfalls vom Korridor her abzweigte. Sie stand etwas unsicher im Türrahmen und betrachtete Clays Atelier. Die Fenster waren mit blickdichten, schwarzen Tüchern verhüllt. Auch die Wände waren schwarz gestrichen. Die einzigen Lichtquellen waren Kerzen, die in fünfarmigen Haltern steckten. Das zuckende Licht der Flammen ließ den Raum unheimlich erscheinen. Lange Schatten geisterten über die Decke und den Dielenboden. Möbel gab es keine; nur in der Mitte des Raumes stand eine Pritsche, die mit dunklem Stoff abgehängt war – möglicherweise versteckte sich ein ganz normaler Esstisch darunter. Erst jetzt entdeckte Mandy einen Sessel, der in einer Ecke des Zimmers stand. Vermutlich würde sie sich gleich auf diesem Sessel räkeln dürfen. Sie spürte, wie die Aufregung wuchs. Die Stimmung in Clays Atelier war bedrückend und gleichermaßen anregend. So etwas hatte sie nie erlebt. Schwer hing der süßliche Duft der schwarzen Kerzen in der Luft.

Mandy atmete tief durch und fühlte sich benebelt. Sie gab dem zu schnell getrunkenen Whisky die Schuld dafür und nahm sich vor, bei künftigen Shootings nur noch alkoholfreie Getränke zu sich zu nehmen.

Die technische Ausstattung von Clays Atelier hielt sich in Grenzen. Es gab lediglich zwei Stative, einen Fotoapparat und eine recht einfache Blitzanlage. Auf einem kleinen Tischchen in der Ecke ein Laptop, an dem man die gemachten Aufnahmen gleich betrachten konnte.

„Ich bin Minimalist“, lächelte Clay, der ihre Blicke beobachtet hatte. „Kerzenlicht fasziniert mich. Es bedeutet viel mehr als technischen Schnickschnack.“

„Und die Belichtung? Ich meine, wie kriegst du das hin, nur mit dem Kerzenlicht?“

„Lass mich mal machen. Ich blitze mit weichem Streulicht, den Rest erledigt eine manuell gewählte lange Verschlusszeit. Aber das ist Fachchinesisch. Vertrau mir einfach.“ Er lächelte, und Mandy konnte dieses Lächeln nicht recht einordnen. Sie erwischte sich bei dem Gedanken, dass sie froh war, wenn sie das Shooting hinter sich hatte.

 

19.40 Uhr

Eine Insel aus Licht schälte sich irgendwann aus der Nacht. Seine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt, und so blendeten ihn die Leuchtziffern der Preistafel am Straßenrand. Er drosselte das Tempo und seufzte erleichtert. Endlich eine Tankstelle, die um diese nachtschlafende Zeit noch geöffnet hatte. Die plötzliche Helligkeit imponierte ihm fast ein wenig, als er herunterschaltete und den Opel zur Ausfahrt lenkte. Auf dem Gelände der Rastanlage herrschte kaum Betrieb. Wer es nicht unbedingt musste, ging bei diesem Wetter nicht vor die Tür. Thomas Belter steuerte den Wagen an eine der Zapfsäulen. Der Opel schlitterte leicht, als er das Lenkrad einschlug. Auf der Fahrbahn hatte sich eine glitschige Matschschicht gebildet.

Als er ausstieg, stellte er fest, dass es ein paar Grad wärmer geworden sein musste. Der weiße Schnee war einer matschigen Pampe gewichen. Feuchte Kälte griff nach ihm. Sein Gesicht glühte, als er den Tankverschluss öffnete und für zwanzig Euro Super Bleifrei nachtankte. Mehr konnte er sich nicht leisten. Es würde für den Rückweg nach Wuppertal reichen.

Nachdem die Anzeige der Zapfsäule auf 20 Euro gesprungen war, setzte er sich in den Wagen und fuhr den Opel hinüber zum Parkplatz, der vor dem gläsernen Shop der Tankstelle lag. Jetzt stand er zwischen zwei riesigen Lastzügen. Von den Fahrern keine Spur. Vermutlich hielten sie sich im Gebäude der Tankstelle auf, um sich mit Bier, Bockwurst und Bumsheftchen zu versorgen, dachte er grimmig, während er den Opel abschloss und den Shop der Tankstelle betrat.

Das Blut rauschte in seinen Ohren, und er spürte, wie ihn die aufkommende Müdigkeit lähmte. Höchste Zeit für einen starken Kaffee.

Aus dem Lautsprecher an der Decke plärrte ein nerviger Radiomoderator vom Fest der Liebe, das nun unaufhaltsam auf uns zukäme. Tom rümpfte die Nase. Hinter der Kasse eine wasserstoffgefärbte Blondine mit leerem Blick. Zu grell geschminkt, die künstlichen Fingernägel knallrot lackiert, stand sie an ihrem Platz und blickte immer wieder zur Uhr.

Die Trucker machten sich am Kaffeeautomaten zu schaffen und beobachteten ihn neugierig. Einer biss in eine Bockwurst.

Belter nickte den Fahrern zu und marschierte zur Kasse. „Die Zwei“, brummte er und schob der Kassiererin den 20-Euro-Schein herüber. „Und einen Kaffee.“

„Gibt’s drüben am Automaten.“ Sie beackerte einen Kaugummi und erinnerte ihn mit ihrem dummen, aussichtslosen Gesicht an eine Kuh auf der Weide. „Ich geb Ihnen ’ne Münze.“

„Danke.“

„Ist das ein Scheißwetter“, brummte einer der Fernfahrer, ein bärtiger Hüne in einer dunkelblauen Fahrerjacke. „Und ich muss noch bis Frankfurt.“ Er winkte müde ab.

Sein Kollege, ein drahtiger Bursche von Ende zwanzig, jedoch mit bereits schütterem Haar, meinte grinsend: „Ich fahr bis Kassel, und da leg ich mich auf dem großen Parkplatz pennen. Morgen geht’s weiter bis Erfurt. Mal sehen, vielleicht gönn ich mir im Sexshop auch noch was Nettes.“ Er zwinkerte dem Bärtigen zu. „Bei dem Wetter macht’s eh keinen Sinn, neue Rekorde aufzustellen.“

„Und du?“, wurde Tom jetzt angesprochen. „Musst du noch weit?“

Belter, der eine Jeansjacke mit Fellkragen zu einer herben Hose und festem Schuhwerk trug, wirkte auf die Trucker wohl wie ein Kollege. Er zog sich einen Kaffee am Automaten, verbrannte sich an dem Plastikbecher die Finger, fluchte, trat an den Stehtisch und schüttelte den Kopf. „Ich bin mit dem Pkw unterwegs, muss nur nach Wuppertal zurück.“

„Da wartet deine Süße schon auf dich, was?“ Der Drahtige grinste anzüglich und steckte den Daumen seiner rechten Hand durch Zeige- und Mittelfinger hindurch. „Da wünsch ich dir viel Spaß, Kleiner.“

„Falsches Thema, ganz falsches Thema“, brummte Belter.

„Oh, da wird aber einer böse“, lachte der Bärtige. „Hast wohl Stress mit Mutti, was.“

„Haltet doch einfach das Maul“, knurrte Tom, pustete in den Kaffee und trank viel zu hastig. Prompt verbrannte er sich die Lippen.

„Nichts für ungut, Kollege“, lenkte der bärtige Hüne beschwichtigend ein. „Wollte dir nicht zu nahe treten, der Peter. Ich kenn ihn schon lange, der ist manchmal einfach so.“ Er hielt Tom die Hand hin. „Wo wir schon mal dabei sind: Ich bin Georg. Komme zweimal die Woche hier vorbei. Scheißjob, aber besser Scheißjob als gar kein Job.“

„Wohl wahr“, stimmte ihm Peter zu. „Ich kann mich nicht beklagen, kann wenigstens meine Pausen machen, wie es das Gesetz verlangt. Und jetzt zu dir.“ Er klang versöhnlich, fast väterlich. „Wo drückt der Schuh?“

Belter zögerte. Und dann war es ihm egal: „Ich hab Zoff mit meiner Freundin.“

„Und da bist du einfach mal abgehauen?“

„Nein, ich hol sie gleich wieder ab.“

„Das muss ich jetzt nicht verstehen, oder?“ Peter warf seinem Kollegen einen zweifelnden Blick zu. Georg zuckte die Schultern.

„Sie ... arbeitet.“ Tom grinste schief. Das Wort Arbeit war ihm schwer über die Lippen gekommen. „Und gleich hat sie Feierabend, da hol ich sie ab, und dann fahren wir zu mir nach Hause und lassen den Abend ausklingen. Was ist so schlimm daran?“

„Nichts“, erwiderte Peter und orderte bei der Wasserstoffblondine noch eine Bockwurst mit Senf. „Sei froh, dass es so ist. Meine Frau ist vor zwei Monaten abgehauen, hatte keinen Bock mehr darauf, dass ich ständig unterwegs bin.“

„Ich habe auch keinen Bock darauf, dass Mandy ständig nachts rausmuss“, erwiderte Belter verbittert. Vor seinem geistigen Auge tauchte eine schreckliche Szenerie auf. Er sah sie, nackt, wie sie sich vor den Augen des fremden Fotografen aalte. Was er nicht ahnte, war, dass das erst der Anfang war. Der Anfang von etwas, das schlimmer war als alles, was Thomas Belter jemals in seinem Leben erlebt hatte. Viel schlimmer.

 

19.50 Uhr

Sie räkelte sich auf der Pritsche, suchte den Augenkontakt zu seiner Kamera. Hart drückte das Holz des Tisches durch den dünnen schwarzen Stoff. Ihr Rücken begann zu schmerzen. Es war unbequem, doch er bezahlte sie dafür, also hielt sie durch. Mandy zeigte ihm verschiedene Posen, und Clay schien zufrieden mit seinem Model zu sein. Dennoch fühlte sie sich elend, fast so, als hätte sie hohes Fieber. Etwas stimmte nicht mit ihr, doch sie war professionell genug, diesen Job noch zu Ende zu bringen. Ihre aufkommende Krankheit konnte sie morgen bekämpfen.

„Nimm dir eine der Kerzen und lass das Wachs über deinen Körper laufen.“ Sein Gesicht schielte kurz hinter dem Fotoapparat hervor. Er sah ihren zweifelnden Gesichtsausdruck.

„Bitte“, fügte er dann hinzu und lächelte gewinnend.

Mandy zögerte. Dann dachte sie an das schnell verdiente Geld und zog eine der schwarzen Kerzen aus dem Leuchter. Sie lehnte sich weit auf der Pritsche zurück und hielt die Kerze über ihren Leib. Ganz kurz fürchtete sie sich vor dem Moment, in dem das heiße Wachs ihre Haut traf. Möglicherweise würde sie sich Verbrennungen zuziehen. Sie zögerte, schloss die Augen, dann neigte sie die Kerze, die sie in der Hand hielt. Ein leiser Schrei kam über ihre Lippen, den sie jedoch mehr dem ersten Schrecken zuschrieb, als dem tatsächlichen Schmerz. Denn obwohl das Wachs sehr warm war, so verbrannte sie sich nicht. Langsam öffnete sie die Augen und blickte an sich herab. Das schwarze Wachs bildete einen kleinen See auf ihrem Körper. Ein feiner Faden rann über die Haut nach unten, bevor er aushärtete. Sie spürte die noch immer warme Kruste.

„Spreiz die Beine“, forderte er sie auf und fotografierte. Sie gehorchte ihm.

Wieder tauchte sein Gesicht hinter der Kamera auf. Diesmal lächelte er nicht. Sein Gesicht war starr wie eine Maske. „Mehr Wachs“, forderte er. „Ich will das Wachs zwischen deinen Beinen sehen.“

Sie spürte, wie eine bleierne Müdigkeit in ihr aufstieg. Wo kam diese Schwere her?

Was war nur los mit ihr?

Mandy zwang sich zu mehr Konzentration. Wie durch Watte drang seine Stimme jetzt an ihre Ohren, klang eigenartig verzerrt. Sie begab sich in die Position, die er von ihr verlangte. Sie beugte sich mit angezogenen, leicht gespreizten Beinen auf der Pritsche zurück. Hielt die Kerze über ihren nackten Oberkörper. Ihre Brüste vibrierten, als sie die Kerze leicht kippte. Das heiße Wachs lief über und tropfte auf ihren muskulösen Bauch. Sie schauderte, als sie die Hitze oberhalb ihres Bauchnabels spürte. Das Wachs rann über ihre Haut, bahnte sich seinen Weg abwärts, zum Schoß hinunter.

„Das ist perfekt – bleib so ...“ Clay trat näher und fotografierte sie aus nächster Nähe. Er grinste zufrieden, denn sie bot ihm das, was er haben wollte.

Sie fühlte sich gleichermaßen gelähmt wie stimuliert. Zäh wie Kaugummi rannen die Gedanken durch ihren Kopf. Kurz dachte sie an Tom, sah seine Gestalt schemenhaft vor ihrem geistigen Auge aufblitzen. Doch Tom verblasste von Sekunde zu Sekunde. Es war, als wäre ihr Freund ein Wesen von einem anderen Planeten. Fern und unerreichbar für sie.

 

Der Gedanke, nackt vor einem wildfremden Mann zu liegen, erregte sie mehr und mehr. Während sie sich in Pose brachte und erneut nach der Kerze griff, überlegte sie, ob das an dem Whisky lag, den sie vor dem Shooting getrunken hatte.

„Mehr Wachs, ich will mehr Wachs sehen“, riss sie seine Stimme aus den vernebelten Gedanken. „Komm, das ist echt heiß!“

Stumm nickte sie, winkelte die Beine weiter an und schüttete sich Wachs auf ihren Schoß. Ein heißer Schmerz durchzuckte ihre intimsten Stellen, doch der Schmerz wich schnell einem wohligen Gefühl. Sie stöhnte leise.

Mandy spürte, wie sich das heiße Wachs den Weg zwischen ihre Beine bahnte. Sie schloss die Augen. Das Wachs härtete innerhalb weniger Sekunden auf ihrer gebräunten Haut aus und bildete eine warme Kruste. Es fühlte sich angenehm an, wie eine Schutzschicht, die ihre Scham bedeckte. Sie hatte die Augen geschlossen und genoss das Gefühl des warmen Wachses auf ihrer Haut. Ein kehliger Laut kam über ihre Lippen. Nie zuvor hatte sie etwas Derartiges gefühlt. Sie bemerkte nicht, dass er den Fotoapparat längst weggelegt hatte und sich ihr näherte. Erst als sie seine Hand zwischen ihren Beinen spürte, schlug sie die Augen auf. Blickte ihn erschrocken an. Verwundert, machtlos, aber nicht abgeneigt. Zu einer ohnmächtigen Zeugin degradiert. Gezwungen, ihm zu gehorchen.

Seine Fingerkuppen glitten über die hauchdünne Wachsschicht. Sie fühlte jede seiner Bewegungen durch das noch warme Wachs und erschrak. Sie war außerstande, Gegenwehr zu leisten, und wusste gar nicht, ob sie das überhaupt wollte. Sein Wille war so stark, dass sie keine Gegenwehr leisten konnte und es auch gar nicht wollte. Sie war ihm ausgeliefert, und sie genoss diesen Zustand der Machtlosigkeit.

Jetzt wollte sie genießen, wollte sich ihm hingeben.

Clay nahm ihr die Kerze ab, pustete sie aus und legte sie auf den Boden seines Ateliers. Das flüssige Wachs bildete einen Kranz auf dem Fußboden und härtete binnen weniger Sekunden aus. Sein Gesicht glich jetzt einer Maske.

Er grinste sie lüstern an. „Du bist fantastisch, Kleine“, flüsterte er, während seine Hände über die Innenseiten ihrer Schenkel glitten und die Wachsschicht lösten. Es war, als würde er ein Geschenk auspacken. Wie von selbst glitt sein Finger in ihren Schoß. Ganz automatisch hob sie das Becken an und ließ ihn gewähren.

„Ich denke, wir werden jetzt ein wenig Spaß haben.“ Er kicherte heiser. „Du hast doch nichts gegen ein wenig Spaß oder?“

Schweigend schüttelte sie den Kopf und fieberte seinen Berührungen entgegen. Längst schon war sie der Realität entschwunden. Längst schon hatte sie sich aufgegeben, um ihm zu gehören. Wie im Fieber sah sie ihm dabei zu, wie er die Knopfleiste seiner Jeans aufspringen ließ. Er trug keine Unterhose. Schweißperlen standen auf seiner Stirn.

„Du willst es, oder?“, keuchte er und näherte sich ihr.

Sie nickte.

„Sag mir, dass ich dich ficken soll.“

„Fick mich.“ Ihre Stimme war nur ein Hauch. Sie war gefangen in ihrem eigenen Körper. Mandy fühlte sich wie im Wachkoma, bekam alles mit, war aber nicht imstande, sich zu wehren – und inzwischen wollte sie sich auch gar nicht mehr wehren. Sie schloss die Augen und ließ ihn gewähren. Seine herrschende Art erregte sie dennoch mehr, als sie sich je hätte eingestehen können. Tom hatte sie längst schon aus ihrem Kopf verbannt. Sie fieberte Clay entgegen, konnte es kaum erwarten, diesen fremden Mann zu spüren.

Er griff sie bei den Hüften und zog ihren Schoß vor, an den Rand der Pritsche. Bevor sie sich versah, drang er in sie ein. Hart. Gewaltig. Er schloss die Augen und keuchte lüstern. Ein Wimmern kam über ihre Lippen.

Sie spürte den Schmerz, aber bekam keinen Schrei zustande. Sie war wie gelähmt, starrte in sein nass geschwitztes Gesicht, ertrank in seinem fiebrigen Blick, hörte das lüsterne Stöhnen an ihrem Ohr und spürte, wie er sich tief in ihr bewegte. Fest umklammerten seine Hände ihre Fußgelenke. Dann ließ er sie los, doch sie zog die Beine an.

Er zwirbelte ihre Brustwarzen, so fest, dass es ihr wehtat. Sie betete, dass es nicht lange dauern würde. Als er seine Zähne in ihre rechte Brust grub, kam wieder dieser kehlige Laut über ihre Lippen. Für mehr reichte ihre Luft nicht aus.

Sie spürte, wie feuchte Hitze in sie hineinschoss. Von einer Sekunde zur anderen erwachte sie aus dem Dämmerschlaf. Sie fragte sich, was sie, um Himmels willen, da getan hatte. Tränen traten in ihre Augen, sie wand das Becken, wollte sich ihm entziehen. Sie spürte sein Pulsieren tief in sich, war nicht imstande, sich ihm zu entziehen. Wie gelähmt lag sie vor ihm.

Clay zog sich nicht aus ihr zurück. Er grinste. Bevor sie sich wehren konnte, umklammerte er ihre Knie, drückte die Beine weit auseinander und drang noch einmal tief in sie ein. Sein Gesicht befand sich überdimensional vor ihren Augen. Jede Pore seiner Haut konnte sie erkennen wie die Kraterlandschaft eines fremden Planeten. Der Zopf hatte sich gelöst. Strähnig hingen ihm die Haare ins verschwitzte Gesicht. Sein Atem schlug ihr entgegen, warm, faulig, und sie spürte Übelkeit in sich aufsteigen.

Dann sauste sein Kopf herab. Er saugte an ihrem Hals, nagte an ihrer Haut.

Tief vergrub er seine Zähne in ihrem warmen Fleisch, so tief, dass es wie Feuer brannte. Er biss kräftig zu und riss ein Stück Fleisch aus ihrer Kehle heraus. Der Schmerz breitete sich von ihrem Hals rasend schnell über ihren gesamten Körper aus und schien sie von innen heraus zu zerreißen.

Sie spürte, wie sie der Ohnmacht entgegensteuerte, unaufhaltsam, war nicht mehr in der Lage, bei Verstand zu bleiben. Grelle Lichtblitze blendeten sie. Sie versuchte noch einmal, sich ihm zu entziehen, doch er lachte nur. Lachte und schlug seine Zähne immer und immer wieder in ihren Hals. Wie ein Vampir.

Doch das war er nicht. Er wollte mehr als das Blut. Er wollte das Fleisch.

Er biss sie wie besessen, saugte an ihrem pochenden Fleisch, riss Stücke aus ihrem Hals, kaute und ergötzte sich am Geschmack ihres Blutes, schluckte gierig herunter und vergrub sein Gesicht erneut in der klaffenden Wunde.

Immer und immer wieder biss er zu. Als er kurz von ihr abließ, sah sie sein blutverschmiertes Gesicht wie eine Fratze des Teufels über sich schweben.

Er war der Teufel, daran bestand kein Zweifel. Sie spannte die Muskeln an, doch vergeblich.

Mandy blickte angsterfüllt zur Zimmerdecke und fügte sich ihrem Schicksal. Sie spürte, wie die Kräfte ihren Körper verließen, fühlte, wie das Leben sie im Stich ließ, und sehnte den Moment herbei, sterben zu dürfen.

Doch nur langsam schwand das Leben aus ihrem Körper. Ihr dauerte das Sterben schon viel zu lange. Als es endlich so weit war, empfand sie ihren Tod als Erlösung. Die Kräfte verließen die leblose Hülle ihres Körpers, ihre Augenlider flatterten ein letztes Mal, dann glaubte sie sogar zu spüren, wie die Seele ihren missbrauchten und geschundenen Körper verließ. Der Schmerz verebbte, das Brennen in ihrer Kehle ließ nach. Sie fühlte sich so leicht, als könnte sie schweben, glaubte, auf ihre tote Hülle herabblicken zu können.

Sie war einfach schwerelos.

 

20.05 Uhr

Blutüberströmt und nackt lag sie vor ihm. Die Augen im Augenblick des Todes angstvoll aufgerissen, den Mund wie zum stummen, angsterfüllten Schrei geöffnet. Ihre Kehle war eine einzige klaffende Wunde. Eine ganz schöne Sauerei hatte er da angerichtet, da gab es jetzt einiges zu putzen in seinem Atelier. Doch nur die Ruhe. Er wollte jede Sekunde mit ihr auskosten.

Als er von ihr abließ, war schon kein Leben mehr in ihr. Doch ihr Körper war noch warm, und fasziniert starrte er auf ihren Schoß. Sein Blick glitt über das, was von ihrem makellosen, sonnenbankgebräunten Körper noch übrig war. Über ihren Bauch hinauf zu ihren erigierten Brustwarzen. Doch die Brüste hoben und senkten sich nicht mehr. Als er die tiefe Bisswunde an ihrem Hals betrachtete, spürte er, wie die Erregung erneut in ihm aufloderte. Er hatte sie mit mehreren Bissen getötet, hatte ihr Fleisch verschluckt, schmeckte es noch auf der Zunge, gemischt mit dem süßlich-metallischen Geschmack ihres Blutes. Sie hatte gut geschmeckt. Zart und fein war ihr Fleisch, wie edler Thunfisch oder zartes Hühnchenfleisch. Sie war eine Delikatesse.

Seine Hände glitten erneut über den leblosen Körper der jungen Frau. Das Gefühl der Macht beherrschte ihn. Er hatte ihr gezeigt, wer das Sagen hatte. Er hatte über Leben und Tod bestimmt und sich für ihren Tod entschieden. Dieser Gedanke der Macht erregte ihn. Er berührte sich. Lange. Sie spürte nichts mehr von dieser Demütigung.

 

20.30 Uhr