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Impressum

Katja Koch

KulturSchock Usbekistan

erschienen im

REISE KNOW-HOW Verlag Peter Rump GmbH

Osnabrücker Str. 79

33649 Bielefeld

© REISE KNOW-HOW Verlag Peter Rump GmbH 2012

2., neu bearbeitete und komplett aktualisierte Auflage 2016

Alle Rechte vorbehalten.

Gestaltung

Umschlag: G. Pawlak

Inhalt: amundo media GmbH

Fotos: siehe Fotonachweis Seite 9

Lektorat: amundo media GmbH

Druck und Bindung: D3 druckhaus GmbH, Hainburg

ISBN 978-3-8317-2767-4
Printed in Germany

Dieses Buch ist erhältlich in jeder Buchhandlung
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Vorwort

Usbekistan – das klingt nach Zauber des Orients und Seidenstraße … es klingt aber auch nach Krisenregion, Entwicklungsland und Islamismus. Einer Ankündigung „Ich fahre nach Usbekistan“ folgt deshalb nicht selten zunächst ein „Schreck“ der Daheimbleibenden. Nach kurzer Zeit mündet das Gespräch erfahrungsgemäß entweder in aufrichtiger Sorge („Komm bloß heil zurück!“) oder in interessierter Verständnislosigkeit: „Warum denn ausgerechnet Usbekistan?“

Ja, warum eigentlich Usbekistan? Das lässt sich einfach beantworten: Weil es ein unglaublich schönes, interessantes und spannendes Land ist. Bedauerlich nur, dass das bisher wenige wissen. Usbekistan ist für deutsche Touristen eine ziemlich konstante Unbekannte. Das ist schade für das Land, noch mehr aber für jene, die es nicht erleben.

Dabei gibt es viele gute Gründe, nach Usbekistan zu reisen. Zum einen ist da die legendäre Seidenstraße, sind da die beispiellos blauen Kuppeln und Minarette von Samarkand und Buchara und ist da der orientalische Zauber der Märchen aus Tausendundeiner Nacht.

Aber auch für die, denen wahr gewordene Postkartenmotive nicht Grund genug sind, ca. 5300 km Entfernung Luftlinie zu überwinden, hat das Land Spannendes zu bieten. Wer heute nach Usbekistan reist, findet neben alten Märchen tausend Smartphones und ein Eselfuhrwerk. Er findet Moscheen neben modernster Architektur, Lenin-Statuen gleich neben Unabhängigkeitsdenkmälern, moderne Großstadtkultur neben archaisch dörflichem Leben. Er wird sich bald im Mittelalter, bald in der Zukunft wähnen, irgendwie auf der Schwelle zwischen alter Zeit und neuem Weg – einem Weg allerdings, bei dem weder eine klare Richtung zu erkennen noch ein Zielpunkt absehbar ist. Wer sich abseits der touristischen Pfade bewegt, wird schnell feststellen, dass er sich in einem Land auf der Suche nach sich selbst bewegt.

Dieses Buch will ebenso auf die Suche gehen. Es will helfen, diesem Land und seinen Menschen auf die Spur zu kommen, seine Eigenheiten in ihrer zauberhaften und zugleich verwirrenden Art besser zu verstehen.

„Man reist auch“, schreibt Ella Maillart in „Turkestan Solo“ (1938) ausgerechnet über Usbekistan, „um alles hinter sich zu lassen. Aber das ist die große Illusion; es funktioniert nicht, weil man sich selbst immer dabei hat.“ Die Wahrnehmung des Landes durch Reisende ist immer auch vom eigenen Blick geprägt – dem Blick derer, die fremd sind im Land. Sie werden auf Schönes, Spannendes, Interessantes ebenso wie auf Ungewöhnliches, Irritierendes und Unverständliches stoßen. Um diese Gegenwart zu erhellen, hilft ein Streifzug in die Vergangenheit. Dieses Buch will zeigen, was Usbekistan heute noch an Dschingis Khan, Timur Amir oder Stalin zu tragen hat. Im Schwerpunkt aber geht es um das gegenwärtige Usbekistan: Das Land, in dem die Menschen ihre Gäste empfangen, als würden diese schon lange freudig erwartet. Nur so lässt sich erklären, wie in Windeseile ein schmackhaftes Mehrgängemenü serviert werden kann, für das wir Deutsche mehrere Tage Planung bräuchten.

Die schlechte Nachricht ist: Das Buch wird Usbekistan nur unvollständig beschreiben können. Eben weil „man sich selbst immer dabei hat“, habe auch ich als Autorin subjektiv Wichtiges ausgewählt.

Die gute Nachricht ist: Usbekistan und seine Menschen machen es dem Reisenden leicht, alles Weitere selbst zu entdecken. Egal, in welche Lage man gerät, schnell wird sich jemand warmherzig kümmern. Was man dazu braucht, sind etwas Geduld und viel Lust auf Abenteuer.

„Am Ende einer Reise steht man wieder sich selbst gegenüber …“ Man wird, Ella Maillart sei den Daheimbleibenden hierfür ein früher Beweis, „heil“ zurückkommen. Doch eines sei gesagt: Man wird anders zurückkommen, nämlich reicher, als man ging. Reicher an Erfahrung, an Offenheit, an Sensibilität für das Andere, das Fremde und reicher an Fragen.

Katja Koch

Inhalt

Vorwort

imageVerhaltenstipps A–Z

imageSteckbrief Usbekistan

Usbekistan – weder das Zentrum noch die Mitte Asiens

Zwischen Kysylkum und Aralsee – Bevölkerung, Naturraum, Klima

imageDie geschichtlichen Wurzeln

Die Manege der Mächtigen – eine Geschichte der Eroberer

Die Russen kommen

Hammer, Sichel, Halbmond – die Unionsrepublik Usbekistan

Vom Khanat zu Karimow – Entwicklung und entscheidende Brüche

Geschichtstabelle

imageDer kulturelle Rahmen

Die Konkursmasse des Vielvölkerstaats – ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung

Zwischen Religion und Brauchtum – Usbekistan und der Islam

Denkweisen und Verhaltensformen

imageDie Gesellschaft heute

Khanat Karimow – die Republik Usbekistan – Innenansichten

Great Game – die Republik Usbekistan – Außenansichten

Turbokapitalismus mit Handbremse – Wirtschaft

Wo ist eigentlich der Aralsee? – Landwirtschaft

Wirtschaftssektor Seidenstraße – Usbekistan und der Tourismus

„Ruhe bitte!“ – Medien und Presse

Sprechen Sie Russisch? – Bildung

Gesundheitssystem

imageFrauen, Männer und Familie

Zwischen Tür und Angel – Frauen in der usbekischen Gesellschaft

Frauen und Männer und beide zusammen

„Qarindosh“ und „Mahalla“ – Familie und Gemeinschaftsstrukturen

Bist du verheiratet? – Homosexuell in Usbekistan

imageUsbekischer Alltag

Platte, Provinz und plattes Land – Wohnen

Feiertage, Feste, Bräuche und Traditionen

Die Avantgarde im Hinterland – Kunst und Kultur

„Palov“ und „palov“ – usbekische Küche und Gastronomie

imageZu Gast in Usbekistan

„Otkuda?“ – als Ausländer in Usbekistan

Haben Sie eine Registrierung? – Aufenthalt in Usbekistan

imageAnhang

Zur Schreibweise geografischer Bezeichnungen

Usbekisches Alphabet

Aussprache

Glossar

Literaturtipps

Informatives aus dem Internet

Register

Übersichtskarte Usbekistan

Die Autorin

Extrainfos im Buch

ergänzen den Text um anschauliche Zusatzmaterialien, die von der Autorin aus der Fülle der Internet-Quellen ausgewählt wurden. Sie können bequem über unsere spezielle Internetseite www.reise-know-how.de/kulturschock/usbekistan16 durch Eingabe der jeweiligen Extrainfo-Nummer (z. B. „#1“) aufgerufen werden.

Exkurse zwischendurch

Wie grausam darf ein Nationalheld sein? – Amir Timur

Deutschland ist fern

Hodscha Nasreddin, ein orientalischer Till Eulenspiegel

80 Kilometer Autonomie – der Traum vom unabhängigen Karakalpakistan

Vitamin B

Die Dollar-Wirtschaft

Ernteeinsatz oder Zwangsarbeit? – Baumwollernte in Usbekistan

Der Aralsee – Chronologie einer Katastrophe

Die Melone

Fünf Dollar

Highway für Diverses – die Seidenstraße

Die Metro

Verschleierung – zwischen Zwang und Schutz

„Kein Problem“ – Problembehandlung im usbekischen Netzwerk

Yulduz Usmanova – eine Popqueen macht Politik

Palast der Künste – Besuch im Panoramakino Taschkent

Das Sawitzky-Museum – von der Bedeutung der Provinz

Sport am Taxistand

Fotonachweis

Soweit der Fotograf nicht direkt am Bild vermerkt ist, stehen die Kürzel an den Abbildungen für folgende Personen, Firmen und Einrichtungen. Wir bedanken uns für ihre freundliche Abdruckgenehmigung.

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Aram Galstyan

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Katja Koch

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www.fotolia.com

Umschlagbilder: Katja Koch

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Melonenverkäufer auf dem Basar in Buchara – in Usbekistan gibt es viele und herrliche Melonen (090un-kk)

Verhaltenstipps
A–Z

imageAlkohol: Gleichwohl Usbekistan ein islamisch geprägtes Land ist, wird bei den meisten gesellschaftlichen Anlässen Alkohol getrunken, v. a. Bier und Wodka. Beim Wodkakonsum belegt Usbekistan weltweit einen Spitzenplatz, es geht also häufig hoch her. Nach dem Motto „Alkohol löst die Zunge“ hat das Trinken auch eine wichtige soziale Funktion. Sie tun gut daran, weitestgehend mitzumachen oder von Anfang an klarzustellen, dass Sie nicht trinken. Ansonsten kann es zu Irritationen kommen, da Ihre Gastgeber denken könnten, Sie wollten sie „aushorchen“. Die große Mehrheit der ethnisch usbekischen Frauen (außerhalb Taschkents) trinkt nicht, insofern wird Abstinenz bei Frauen eher akzeptiert als bei Männern.

imageAusländer/Touristen: Usbeken sind außerordentlich gastfreundlich, auch ausländische Gäste sind immer gern gesehen. Trotzdem sich Moralvorstellungen durchaus unterscheiden, wird man Ihnen als Ausländer nicht übelnehmen, wenn Ihr Verhalten aus usbekischer Sicht bisweilen „exotisch“ anmutet, solange Sie sich an die allgemeinen (und weltweit gültigen) Regeln von Anstand und Höflichkeit halten. Rudimentäre Russischkenntnisse sind hilfreich, noch nützlicher ist die Fähigkeit, kyrillische Schriftzeichen lesen zu können.

Es scheint eine klare Trennung von privatem und geschäftlichem Kontakt zu geben: In wirklich privatem Umfeld können Sie auf unbedingte Freundschaft zählen, doch Geschäft bleibt Geschäft – auch mit Touristen.

imageBekleidung: In den üblichen Reisemonaten (siehe auch „Reisezeit“, Seite 18) ist es sommerlich warm bis heiß. Wichtig ist in jedem Falle Sonnen(brand)schutz jeglicher Art, insbesondere eine Kopfbedeckung. (Ratsam ist auch eine Sonnenbrille.)

Nahezu jeder geschlossene Raum (so auch Hotelzimmer) verfügt über eine Klimaanlage. In öffentlichen Räumen (Restaurant, Kino, Theater etc.) wird die Temperatur häufig so stark heruntergeregelt, dass Sie über zusätzliche längärmelige Kleidung froh sein werden.

Verlässt man das Heim, achtet man sehr auf ein gepflegtes Äußeres. Gerade städtische Frauen sind häufig ausgesprochen elegant gekleidet, Stöckelschuhe und frisch zurechtgemachte Frisur sind Normalität. Mit dem typisch touristischen Outdoor-Look kann man in Usbekistan, gerade unter Frauen, relativ wenig anfangen. Für Einladungen oder Besuche kultureller Veranstaltungen ist also gepflegte Kleidung unbedingt ratsam, um Wertschätzung auszudrücken.

Strengere Kleidervorschriften gibt es nicht, religiöse Orte sollten respektiert werden, indem man Schultern und Beine bedeckt hält (s. S. 223).

imageBestechung/Schmiergelder: Die usbekische Gesellschaft basiert, das ist ein offenes Geheimnis, auf einem ausgefeilten System von kleineren und größeren Gefälligkeiten. Als ausländischer Gast werden Sie in der Regel nicht mit größeren „Deals“ in Berührung kommen. Passieren kann es allerdings, dass Ihnen gewisse Annehmlichkeiten gegen ein (quittungsfreies) Entgelt angeboten werden (z. B. die bessere Klasse im Zug durch den Schaffner). Die sicherste Variante für absolute Neulinge: Finger weg! Es ist absolut davon abzuraten, solche „Deals“ selbst zu initiieren. Ihnen sind weder die Anlässe noch die Summen oder gar die Codes vertraut, sodass der mögliche Erfolg das Risiko oft nicht aufwiegt. Mehr zum Thema finden Sie auch unter „Bürokratie und Korruption“ ab Seite 102.

imageBürokratie: Die Bürokratie in Usbekistan ist bisweilen schwer zu ertragen. Für alles nur Denkbare gibt es große Stempel und Menschen in wichtigen Uniformen, von denen diese Stempel auf viele Papiere gedruckt werden. Als Pauschalreisender werden Sie damit selten konfrontiert, als Individualtourist jedoch kann es vorkommen, dass Sie sich zur Registrierung im örtlichen UVViOG (Meldeamt für Ausländer) einfinden müssen (siehe hierzu auch den Abschnitt „Die Registrierung“ ab Seite 227). Wichtigste Regel: Bleiben Sie ruhig. Auch wenn Sie nicht recht verstehen, warum sie mehrfach von einem Schalter zum nächsten und wieder zurückgeschickt werden, warum Sie die gleichen Papiere mehrmals unterschreiben müssen und vor allem: warum das alles so ewig dauert – die erfolgversprechendste Methode ist Gelassenheit und Freundlichkeit. Als netter, ahnungsloser (zuweilen auch verzweifelter) Tourist kommt man womöglich eher ans Ziel, als wenn man (ob mit guten oder eingeschränkten Sprachkenntnissen) versucht, mittels sachlicher Argumentation weiterzukommen. Und als finale Variante: Aussitzen! Die Erfahrung sagt, bei Ausländern kapituliert man irgendwann doch.

imageDrogen: Drogenbesitz und -handel sind illegal und werden in Usbekistan hart bestraft. Dabei wird nicht zwischen „harten“ und „weichen“ Drogen unterschieden. Strafbar sind neben dem Handel und Besitz auch der Konsum, sowie die Ein- und Ausfuhr.

imageEinkaufen/Märkte: Dinge des täglichen Bedarfs kauft man in Usbekistan auf Märkten (Basaren), die es in jeder noch so kleinen Stadt gibt. Hier kann man aus einer großen Fülle an frischen Lebensmitteln auswählen, was das Herz begehrt. Ebenso können so ziemlich alle Dinge, die man während (oder nach) einer Reise gebrauchen kann, dort erworben werden – bis hin zu Souvenirs. Auf Basaren wird gehandelt, allerdings in eher gemäßigter Art. In der Regel werden Sie als Ausländer, trotz aller Handelsversuche, nicht die Preise der Einheimischen erhandeln. Aber das sollte Sie nicht schmerzen, denn Sie zahlen hier für Brot, Käse, Gemüse etc. um ein Vielfaches weniger als zu Hause und bekommen erstklassige und superfrische Ware. Basare schließen am späten Nachmittag. Danach kann man sich bis tief in die Nacht in kleinen Läden, die es überall zahlreich gibt, mit dem Notwendigen versorgen.

In den größeren Städten gibt es inzwischen gigantische Supermärkte bis hin zu Shopping-Malls. Sie werden sich wundern, wie viele Sorten Zahnpasta o. Ä. es gibt, denn im Vergleich zu diesen Konsumtempeln haben die meisten deutschen Supermärkte eher eine spärliche Auswahl. Allerdings sind die ausländischen Produkte, und zumeist handelt es sich um solche, um einiges teurer als Daheim.

imageEinladungen: Gerade in ländlichen Gebieten wird man schnell zu privaten Festlichkeiten eingeladen. Solche Einladungen kann man unbesorgt annehmen und sollte es auch tun, erhält man doch auf diese Weise interessante Einblicke in heimische Gebräuche. In jedem Falle sollte man für seine Gastgeber (je nach Anlass) kleine Mitbringsel bereithalten. Beliebt sind Blumen und Konfekt für die Damen, kleinere Spielzeuge oder Süßigkeiten für die Kinder und ein gutes Tröpfchen für Männer.

Üblich ist es, sowohl vor als auch immer wieder während des Essens und Trinkens einen Toast auszusprechen. In der Regel wird zunächst Ihr Gastgeber weitschweifig und blumig bekunden, welche Ehre es ist, Sie als Gast begrüßen zu dürfen. Auch Sie selbst sollten die Gelegenheit ergreifen (keine Sorge, man wird Ihnen eine solche antragen), eine kleine Rede zu halten. Dabei danken Sie ausführlich für die Einladung, loben die Gastfreundschaft, würdigen die Kochkunst der Gastgeber und drücken Ihre Freude über das Beisammensein aus etc. Auch wenn es sich für Sie vielleicht etwas seltsam (und etwas zu lang) anfühlt – es ist ein wichtiges Ritual, das man von Ihnen erwartet und dass Ihnen (inhaltlich) auch nicht sonderlich schwerfallen wird, denn die Gastfreundschaft wird Sie berühren.

Sollten Sie vegetarisch leben, warnen Sie Ihre Gastgeber besser vor. Essen ablehnen zu müssen, ist für Sie unangenehm – und für die Gastgeber umso mehr.

imageFortbewegung: Eine probate Methode der Fortbewegung in Usbekistan ist Taxifahren. Neben den offiziellen, mit Taxischildern gekennzeichneten Autos fungiert aber so ziemlich alles, was Räder hat, ebenfalls als Taxi. Das bedeutet: An die Straße stellen, Arm raus und warten. Ziemlich schnell wird ein Wagen halten. Dann: Ziel angeben, über den Preis verhandeln, einsteigen. Natürlich sollten Sie kurz prüfen, wie vertrauenswürdig Ihre Mitfahrgelegenheit ist. Dabei sollten Sie aber eher Fahrstil und Zustand des Gefährts als der Fahrer selbst be(un)ruhigen, denn meist handelt es sich um Menschen, die ohnehin gerade auf dem Weg in eine ähnliche Richtung sind und sich durch kleine Umwege ein wenig dazuverdienen. Da die Fahrer gern weitere Menschen aufnehmen (bis das Auto voll ist), zahlt man mitunter auch „pro Kopf“.

Vor allem an Bahnhöfen, Flughäfen und dergleichen werden sofort echte oder selbsternannte Taxifahrer auf Sie zustürmen und Ihnen Angebote machen. Hier ist es ratsam, über eine preisliche Orientierung zu verfügen, denn Ahnungslosigkeit wird gern ausgenutzt. Eine Auskunft über den üblichen Preis kann direkt vor Ort bei Einheimischen erfragt werden. Eine andere brauchbare Strategie ist: Die ersten drei Angebote ablehnen und schauen, was oder wer dann noch so kommt.

Eine weiteres Transportmittel sind Sammeltaxen, sogenannte „Marshrutkas“ (marshrutkalar). Es handelt sich um Kleinbusse, die sowohl inner- als auch außerhalb von Ortschaften verkehren. Offizielle Haltestellen gibt es nicht. Sobald man eine Marshrutka mit der gewünschten Route sichtet, winkt man sie per Handzeichen zum Halten an den Straßenrand. Die Kleinbusse haben entweder eine Nummer oder zeigen ihr Ziel mit einem Zettel hinter der Frontscheibe an. Wieder angehalten wird ebenso auf Zeichen des Fahrgastes. Den (sehr geringen) Fahrpreis entrichtet man entweder beim Aussteigen oder reicht ihn mittels der anderen Fahrgäste nach vorn. Innerhalb der Städte ist der Fahrpreis für jede Fahrt gleich, für längere Strecken sollte man sich vorher erkundigen. Weiteres zum Thema Fortbewegung und dem System der Marshrutkas findet sich im Abschnitt „Taxi, Taxi oder Marshrutka − Fortbewegung“ ab Seite 228.

imageFotografieren: Fotografieren ist in Usbekistan eine große Freude, denn man stößt quasi im Minutentakt auf neue interessante Motive. Beim Fotografieren von Menschen sollte man, wie man es überall sonst auch täte, freundlich um Erlaubnis fragen – nur selten wird man auf Ablehnung stoßen. Kinder werden meist gern fotografiert, oft wird man von Kindergruppen explizit darum gebeten. Obligatorisch dazu gehört, danach die Fotos im Display ausführlich gemeinsam zu betrachten.

Das Fotografieren militärischer Anlagen ist streng verboten. Damit unterscheidet sich Usbekistan zwar nicht von anderen Ländern dieser Welt, schwierig ist allerdings bisweilen, den militärischen Charakter eines Gebäudes oder Geländes zu erkennen. Das Fotografierverbot bezieht sich hier zudem auch auf Flughäfen, Bahnhöfe, Tunnel, Brücken sowie verschiedenste öffentliche Gebäude (s. S. 226)… Ziemlich sicher wird es Ihnen über kurz oder lang passieren, dass Sie beim Fotografieren weniger höflich „verscheucht“ werden, obwohl Ihnen der Grund vollkommen unklar ist. Mit dieser Unklarheit werden Sie leben müssen. Ebenso damit, dass Sie vermutlich unzählige Male selbst zum Fotomotiv werden. In einem solchen Fall: Bitte lächeln!

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Viele Kinder mögen es, fotografiert zu werden – hier in Samarkand

imageGesprächsthemen (bevorzugte und problematische): In Usbekistan wird viel und gern geredet. Beliebte Themen mit ausländischen Gästen sind Familie und Kinder, die Schönheit des Landes, die Exklusivität der Sehenswürdigkeiten u. Ä. Der Versuch, über Politik oder (schwierige) Lebensumstände zu sprechen, endet meist im offensiven Themenwechsel. Ihre Gastgeber erwarten von Ihnen, dass Sie ihr Gastland und die Gastfreundschaft seiner Bewohner ausführlich loben und das wird Ihnen auch gar nicht schwerfallen. Ihrerseits werden sie Deutschland, z. B. seine Sauberkeit, seine Autos u. Ä. ausgiebig würdigen. Nehmen Sie dies bestätigend und mit Würde zur Kenntnis. Der Versuch, die deutsche Heimat differenziert darzustellen, erntet nur Unverständnis. Seine Heimat liebt man bedingungslos!

Zu den zentralen Themen Ehe und Kinder sollte man wissen: Mit Anfang zwanzig keine Kinder zu haben oder gar unverheiratet zu sein, ruft größtes Erstaunen, mit ein paar Jährchen mehr nicht selten sogar Mitleid hervor. Differenzierte Erklärungsversuche über heimatliche Lebensstile und -formen scheitern zumeist. Sie können sich, wenn Sie des Mitleids oder Staunens müde sind, einfach eine kompatible Lebensgeschichte zurechtlegen. Weiteres zum Thema auch im Abschnitt „Gesprächsverhalten“ ab Seite 222, vgl. auch den Punkt „Politik“ auf Seite 18 in diesem Kapitel.

imageGeld: Die offizielle Währung Usbekistans ist der usbekische Sum. Für einen Euro gibt es derzeit 3170 Sum, für einen Dollar 2847 Sum (Stand: April 2016). Getauscht werden kann in den zahlreich vorhandenen Wechselstuben sowie in Banken und in den meisten größeren Hotels.

Einen um etwa 50 % besseren Wechselkurs erzielt man auf Basaren. Als Tourist wird man in der Regel schnell von einem der zahlreich herumlaufenden „Wechslern“ angesprochen. Vor Betrug muss man wenig Sorge haben (nachzählen schadet natürlich nicht), denken sollte man eher daran, dass dieserart Geldwechsel eigentlich verboten ist.

Kreditkarten werden noch äußerst selten und auch nur in großen Städten akzeptiert, darauf sollte man sich keinesfalls verlassen und stattdessen Bargeld (Euro- oder Dollarscheine in gutem Zustand) mitnehmen.

Die Menge des Bargeldes bei Einreise sollte unbedingt in der Zollerklärung angegeben werden. Bei der Ausreise kann eine fehlende Zollerklärung einige Nerven kosten, da nicht mehr Devisen ausgeführt werden dürfen, als eingeführt wurden.

imageKinder: Usbeken sind ausgesprochen kinderlieb. Eine Reise mit kleinen Kindern kann dennoch anstrengend sein, insbesondere weil die Fahrtwege zwischen den einzelnen Reisezielen oft lang und ermüdend sind. Beschwerlich dürfte aufgrund der obligatorisch schlechten Gehwege auch das Schieben von Kinderwagen sein. Für größere Kinder könnte eine Reise nach Usbekistan aber durchaus sehr spannend sein.

imageKriminalität: Die Kriminalitätsrate ist in Usbekistan insgesamt relativ niedrig. Kleinkriminalität (wie Taschendiebstahl) nimmt in den letzten Jahren allerdings, gerade in den größeren Städten, zu. Insofern beachten Sie die für Reisen üblichen Vorsichtsmaßnahmen.

imageKommunikation: Die Effizienz deutscher Kommunikation scheint Usbeken völlig fremd. Nicht selten wird man erstaunt sein, welch langes Reden aus einer einfachen Frage, wie etwa der nach dem Weg, resultieren kann. Bloß nicht ungeduldig werden, Sie ernten nur Unverständnis. Und auch nicht wundern, wenn eine längere Redesequenz mit einem einfachen Hauptsatz übersetzt wird – es handelt sich vermutlich tatsächlich um die effektive Information.

imagePolitik: Über Politik oder problematische (Lebens-)Bedingungen im Land wird mit Gästen nicht gern gesprochen. Mitunter ist dabei schwer einschätzbar, ob dies aus Angst vor Repressalien resultiert oder daraus, dass dem Ausländer möglicherweise profundere Informationen z. B. über Menschenrechtsverletzungen zugänglich sind als den Usbeken selbst. Es wird Sie wundern, wie häufig und ausgiebig der Präsident gelobt und gewürdigt wird. Ob es sich dabei um eine ehrliche Meinung handelt (immerhin ist Usbekistan ein stabiles Land und das wird geschätzt) oder aber um Vorsicht, werden Sie nur schwerlich herausbekommen. Erfahrungsgemäß werden Sie, wenn Sie nicht schon länger gut bekannt sind, mit solchen Themen auf wenig Gesprächsfreude stoßen und im ehrlichsten Falle vorsichtige Andeutungen ernten. Sie sollten dann auch nicht weiter auf das Thema drängen, denn immerhin könnte es sein, dass Ihren Gastgebern Konsequenzen drohen.

imageRauchen: Rauchen ist, insbesondere unter Männern, weit verbreitet und noch immer an vielen Orten erlaubt, ausgenommen sind Transportmittel, öffentliche Gebäude und inzwischen auch einige Restaurants und öffentliche Plätze. Frauen ernten, zumindest außerhalb der Großstädte, mitunter abfällige Blicke, wenn sie in der Öffentlichkeit rauchen. Einer Touristin wird das aber fast nie übelgenommen.

imageReisezeit: Das Klima Usbekistans ist kontinental geprägt, das bedeutet: lange, trockene und heiße Sommer sowie kalte Winter. Da im Sommer oft Temperaturen über 40 Grad Celsius herrschen, gelten die Monate Mai und Juni sowie September und Oktober als die günstigste Reisezeit, denn dann ist es mild und überwiegend den ganzen Tag sonnig. Die Wintermonate sind eher wenig amüsant. Es regnet und schneit, es ist empfindlich kalt und viele der Schönheiten, die das Land zu bieten hat, kann man kaum genießen. Soll es ins Gebirge gehen, eignen sich die Sommermonate, da es dann so gut wie nie regnet.

Ein etwas riskanteres Unternehmen ist es, im April zu reisen: Zwar kann es gerade abends noch relativ kühl sein und hin und wieder auch regnen, andererseits wird man mit einem Ferganatal voller blühender Obstbäume und mit einer blühenden Wüste belohnt. Beides ist zauberhaft schön und lohnt das Wagnis.

imageRestaurants: In Restaurants ist es üblich, mehrere Gänge zu bestellen. Besonders die Vorspeisen in Form verschiedenster Salate sollte man sich nicht entgehen lassen, auch wenn man befürchtet, niemals alles essen zu können. Die Portionen einzelner Gänge sind meist etwas kleiner, denn man rechnet mit mehreren Gängen. Grundsätzlich ist jedoch die ausdrücklich am Fassungsvermögen eines normalen Magens ausgerichtete Bestellmenge den Usbeken eher fremd. Die Vorstellung eines schönen gemeinsamen Essens ist dann erreicht, wenn der Tisch reichhaltig gedeckt ist. Vollkommen ungebräuchlich ist es, nach einem gemeinsamen Essen getrennte Rechnungen zu wünschen. Ein gemeinsames Essen demonstriert Verbundenheit, durch getrennte Rechnungen würde dieses Gefühl wieder zerstört. Lassen Sie sich einladen oder laden Sie ein.

imageSicherheit: Die Lage in Usbekistan ist derzeit allgemein ruhig. Eine latente Gefährdung besteht durch die in Teilen Zentralasiens operierenden islamistisch orientierten extremistischen Gruppen, bisher haben sich deren Aktivitäten aber nicht gegen Touristen gerichtet. Eine latente Gefährdungslage resultiert ebenso aus den instabilen Nachbarregionen (z. B. Afghanistan) oder aus Grenzstreitigkeiten (wie mit Kirgistan), daher sollten bestimmte Grenzregionen sicherheitshalber gemieden werden.

Ausführliche und aktuelle Hinweise über evtl. Gefährdungsregionen publiziert das Auswärtige Amt unter www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/UsbekistanSicherheit.html.

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Nicht nur im Restaurant, sondern auch bei privaten Festen wird die Tafel stets reich gedeckt

imageSouvenirs: Souvenirs kauft man am besten in den touristischen Zentren der Seidenstraße. Buchara ist bekannt für seine Teppiche und seine Stockpuppen. In Chiva findet sich jede Menge Kunsthandwerk: Seidenteppiche (susanis), Holzschnitzereien, geschmiedete Messer und Scheren, Handschriften und Miniaturen. Im von der UNESCO geförderten Mercy-Projekt knüpfen und sticken Frauen nach alten Techniken. Man kann ihnen dabei zuschauen.

Auch Keramikwaren sind sehr schöne Mitbringsel. Es gibt sie überall dort, wo Touristen auftauchen, in vielen Variationen und allen Qualitäten. Achtung: Die Muster der Schälchen und Teller unterscheiden sich regional. Wenn Sie in Buchara ein schönes Muster sehen, schlagen Sie zu, denn Sie treffen nicht zwingend erneut auf genau diese Gestaltung. Beinahe jede Keramik wird als „handmade“ angepriesen. Ob das immer so ist – man weiß es nicht. Aber vielleicht ist das auch weniger wichtig, wenn man sich nur eine Erinnerung an dieses fantastische Blau der Seidenstädte mit nach Hause nehmen kann.

imageSprache: Hauptverkehrssprache in Usbekistan ist Usbekisch. Aber auch mit russischer Sprache kann man sich meistens recht erfolgreich durchschlagen, denn die Mehrzahl der Menschen in den Städten spricht und versteht nach wie vor Russisch. Allerdings gilt: je jünger und je ländlicher, desto seltener und weniger. Jüngere Menschen sprechen, je nach Bildungsgrad, inzwischen mehr oder weniger gut Englisch. Vorteilhaft ist, wenn man kyrillische Schriftzeichen lesen kann, denn viele Beschriftungen werden auf diese Weise verständlich.

imageTischsitten: In Usbekistan gibt es spezielle Tischsitten, die aber inzwischen mehrheitlich etwas „lockerer“ gehandhabt werden. Man sollte trotzdem einige kennen:

1. Je weiter sich ein Sitzplatz vom Ausgang befindet, desto „ehrenhafter“ ist er. Dieser Platz ist für den „höchstrangigen“ Gast reserviert. Die Zuteilung der Plätze übernimmt der Gastgeber.

2. Zum Naseputzen verlässt man unbedingt den Tisch!

3. Brot wird immer in Stücke gebrochen, nicht geschnitten.

imageToiletten: Toiletten sind definitiv ein Thema in Usbekistan. In großen Hotels und in besseren Restaurants sind WCs, ob in der Steh- oder der immer häufiger vorkommenden Sitzvariante, in Ordnung. Überhaupt in größeren Städten oder auch in unmittelbarer Nähe touristischer Attraktionen ist der hygienische Standard gestiegen und inzwischen weitestgehend erträglich. Vollkommen anders ist die Situation außerhalb dieser Gebiete. Märkte, Rastplätze, Imbissstände etc. sind Gegenden, in denen Sie sich lieber ein ruhiges Plätzchen in der Natur suchen sollten. Selbst die Stehtoiletten sind da mitunter in einem Zustand, der lieber nicht näher beschrieben werden soll.

imageTrinken: Kaffeetrinker haben es nicht einfach in Usbekistan, denn hier wird (grüner) Tee getrunken. Als Nationalgetränk ist Tee immer und überall dabei. Kaffee hingegen gibt es, ausgenommen in wenigen besseren Restaurants, meistens nur löslich. Erschwert wird die Suche nach „echtem“ Kaffee zusätzlich, wenn die Angestellten von Restaurants gar nicht verstehen, dass man nicht die Instant-Variante à la Nestlé meint und diesen dankend ablehnt. Wenn man nicht verzichten möchte, ist es ratsam, ein Paket Kaffeepulver mitzunehmen, heißes Wasser bekommt man überall. Die globalen Erfrischungsgetränke wie Coca-Cola etc. sind ebenfalls gemeinhin erhältlich, wo es Trinkbares gibt. Weiteres zum Thema im Abschnitt „Getränke“ ab Seite 215.

imageTrinkgeld: Die Vergabe von Trinkgeldern ist eine freiwillige Angelegenheit. Fahrer, Reiseführer oder etwa Bedienungen freuen sich aber, wenn Sie Ihre Zufriedenheit mit einem kleinen Betrag ausdrücken, üblich sind 10 bis 15 %. Meistens ist das Trinkgeld schon in der Rechnung enthalten. Wenn Ihre Rechnung sehr stark von der „gefühlten“ oder selbst errechneten Summe abweicht, lohnt es sich, nachzufragen. Kleinere Unstimmigkeiten (wie etwa Posten, die Sie gar nicht verzehrt haben) werden, wie auch immer sie überhaupt auf die Rechnung gelangt sind, mit etwas Hartnäckigkeit nachgebessert.

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Reich verzierte Teekannen aus dem Land des Tees bieten sich als Mitbringsel an

imageVegetarier (vegetarianez): In Usbekistan wird gern und viel Fleisch gegessen. Wenn Sie vegetarisch speisen wollen, müssen Sie dies unbedingt angeben, denn explizit vegetarische Angebote gibt es so gut wie nirgendwo. Das Konzept wird von den meisten verstanden, allerdings kann es trotzdem vorkommen, dass etwa Hühnchen oder Wurst nicht unbedingt als „Fleisch“ im eigentlichen Sinne und demzufolge als vegetarisch gelten. Meistens wird sich aber eine schmackhafte Lösung finden, denn es gibt eine große Vielfalt an Gemüse und viele nationale Gerichte lassen sich auch fleischlos zubereiten. Erwarten Sie allerdings kein tieferes Verständnis für Ihre Einstellung zum Essen, die meisten Usbeken finden es wohl eher seltsam, freiwillig auf das „Beste“ zu verzichten. Mehr zum Thema Essen und Trinken im Kapitel „‚Palov‘ und ‚palov‘ – usbekische Küche und Gastronomie“ ab Seite 214.

imageWasser: Leitungswasser sollte definitiv nur abgekocht getrunken werden. Zum Trinken eignet sich das in Plastikflaschen abgefüllte Wasser, was es relativ preiswert und beinahe überall zu kaufen gibt.

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Zeugnis einer Katastrophe: ein Schiffswrack auf dem Boden des austrocknenden Aralsees – einst der viertgrößte Binnensee der Erde (084un-ag)

Steckbrief
Usbekistan

Usbekistan – weder das Zentrum noch die Mitte Asiens

Zwischen Kysylkum und Aralsee – Bevölkerung, Naturraum, Klima

Usbekistan – weder das Zentrum noch die Mitte Asiens

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, sich einem Land zu nähern. Aber wie auch immer man sich Usbekistan nähert – ob kulturhistorisch, politisch oder geografisch … – statt auf Antworten trifft man zunächst auf die eigene Verwirrung. Man denkt vielleicht an Seidenstraße und uralte Hochkulturen, doch Usbekistan besteht noch keine 100 Jahre. Man denkt an Moscheen und Islam und stößt auf 70 Jahre Sowjetunion. Man denkt an Lenin und Stalin, aber man kennt keinen einzigen Usbeken von Prominenz … Und eigentlich beginnen die Probleme schon beim Namen – man sucht nach Usbekistan und findet viele „-stans“. Man sucht es in Zentralasien, trifft dort aber auf die Mongolei …

Und wo liegt nun eigentlich Usbekistan? Auf jeden Fall weit weg! Und auf keinen Fall ist es die Mitte Asiens – und dessen Zentrum ist es noch viel weniger. So wenig sogar, dass es sich meistens unter Sammelbezeichnungen verbirgt. So gehört Usbekistan zum Beispiel zu den sogenannten „Stan-Ländern“. Dieses Suffix „-stan“ bedeutet einfach nur „Land“, Usbekistan ist folglich das „Land der Usbeken“. Um das „Usbekenland“ herum befinden sich vier weitere „-stan“-Länder: Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und Turkmenistan. Die Ähnlichkeit der Namen ist kein Zufall. Bei all diesen Ländern handelt es sich um ehemalige Unionsrepubliken der Sowjetunion. Das gesamte Territorium der einstigen Region Turkestan, wurde 1917 durch die Sowjetmacht übernommen und im Verlauf des nächsten Jahrzehntes grundsätzlich umgestaltet. Die Grenzen wurden neu gezogen, neue Staaten wurden gegründet. Benannt wurden sie nach der ethnischen Gruppe, die mehrheitlich in dem jeweils neuen Land lebte, an deren Namen hängte man ein „-stan“.

Für diese Unionsrepubliken (außer Kasachstan) wurde im sowjetischen Sprachgebrauch die Bezeichnung „Mittelasien“ (Srednjaja Asija) geprägt. In diesem Begriff vermischt sich die geografische Lage (in der Mitte Asiens) mit einer Sicht, die eher einen kulturhistorischen Raum bezeichnet, nämlich den überwiegend sunnitisch islamisierten turko-iranischen Kulturraum. Die Bezeichnung „Zentralasien“ dagegen wurde in der Sowjetunion lediglich für die außersowjetischen Gebiete der Region (Mongolei und China) benutzt.

In der internationalen Fach- und Reiseliteratur wird überwiegend der Begriff „Zentralasien“ benutzt. Er umfasst allerdings, neben den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, zusätzlich China und die Mongolei. Zur konkreten Bestimmung der Region finden sich des Weiteren die Bezeichnungen „Russian-“ bzw. „Soviet-Central-Asia“. Im westeuropäischen Sprachgebrauch – wie auch in diesem Buch – wurden (und werden) die Bezeichnungen „Zentral-“ und „Mittelasien“ nicht selten synonym verwendet.

Dieses sprachliche Wirrwarr hat seine Gründe und die Diskussion um die Begriffe hat bereits eine lange Tradition. Zum einen werden hier landschaftliche Beschaffenheiten thematisiert. Die als „Zentralasien“ bezeichnete Region eint die Tatsache, dass keines der Länder direkten Zugang zu einem Weltmeer besitzt. Der daraus resultierende Wassermangel prägt die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen in hohem Maße. Dennoch unterscheiden sich Mittel- und Zentralasien landschaftlich stark voneinander. Während in Zentralasien Wüsten, Halbwüsten und Gebirgsketten vorherrschend sind, trägt die landschaftliche Beschaffenheit Mittelasiens keinen homogenen Charakter.

Die Begriffsbildung orientierte sich nicht nur an geografischen Gegebenheiten, sie ist mindestens ebenso stark von politischen Konstruktionen beeinflusst. Um „ihre Länder“ begrifflich abzugrenzen, wurde in der Sowjetunion die Bezeichnung „Mittelasien“ benutzt. Seit ihrer Unabhängigkeit benennen sich nun die ehemaligen Sowjetrepubliken (eingeschlossen Kasachstan) selbst offiziell als „zentralasiatisch“. Trotz dieser gemeinsamen Bezeichnung als Großregion unterscheiden sich die damit zusammengefassten Länder nicht nur landschaftlich – auch wirtschaftlich und politisch könnten die Unterschiede zwischen ihnen kaum größer sein. Mag es sich aus europäischer Perspektive zwar um einen „Raum“ bzw. eine Region handeln, so schaut dieser europäische Blick doch aus weiter Ferne – aus der Nähe betrachtet zeigt sich eine andere, vielschichtige Realität. So ist denn auch der „alte“ Begriff „Mittelasien“ nach wie vor stark verbreitet.

Der Sprachgebrauch in diesem Buch orientiert sich an dieser Realität: Beide Begriffe werden wild durcheinander benutzt.

Für die „Stan-Länder“ selbst scheint die Diskussion um eine zentralasiatische Region von eher geringer Bedeutung zu sein. Sie streben ihrerseits weder einen politisch-wirtschaftlichen Schulterschluss an noch versuchen sie, ein gemeinsames regionales Bewusstsein zu schaffen. Diese Region ist ebenso wenig eine Wirtschaftsgemeinschaft wie sie eine Wertegemeinschaft ist. Viel eher kann man sie als eine Schicksalsgemeinschaft bezeichnen: Gleichzeitig geschaffen durch einen Befehl Stalins und ebenso gleichzeitig wieder auseinandergefallen durch den Zusammenbruch der Sowjetunion. Die Entwicklung, welche die Länder seit ihrer jeweiligen Unabhängigkeit erleben, ist höchst unterschiedlich. Von einer geografisch oder politisch homogenen Region Zentralasien kann kaum die Rede sein – und schon gar nicht ist diese Region zentral.

Zwischen Kysylkum und Aralsee – Bevölkerung, Naturraum, Klima

Jugend aller Nationen – Bevölkerung

Die Republik Usbekistan (O’zbekiston Respublikasi) hat 29,2 Millionen Einwohner (Stand: 2015), Hauptstadt des Landes ist Taschkent (Toshkent). Weitere große Städte sind, neben Taschkent (2,2 Millionen Einwohner), Namangan (427.000 Einwohner), Samarkand (Samarqand, 352.000 Einwohner) und Andijon (370.000 Einwohner). Allerdings leben nur etwa 37 % der Bevölkerung in Städten, der weit größere Teil lebt in ländlichen Regionen. Zum Vergleich: In Deutschland leben 74 % der Einwohner in urbanen Gebieten.

Mit einem Durchschnittsalter von 27,6 Jahren ist Usbekistan ein sehr „junges Land“ und unterscheidet sich auch damit gravierend von Deutschland, wo das Durchschnittsalter bei 46,5 Jahren liegt. Noch eindrücklicher ist die Tatsache, dass in Usbekistan 25 % der Menschen unter 14 Jahre und nur 5 % über 65 Jahre alt sind. Mit gerade 13 % unter 14-Jährigen und mehr als 21 % über 65-Jährigen wirkt Deutschland dagegen geradezu überaltert.

Usbekistan gliedert sich in 12 Verwaltungsregionen, das Stadtgebiet Taschkent sowie Karakalpakistan, eine autonome Republik. Die autonome Republik Karakalpakistan (karakalpakisch: Qaraqalpaqstan Respublikasi) umfasst etwa ein Drittel der Landesfläche, die Hauptstadt ist Nukus (No’kis). Die Republik hat ca. 1,7 Millionen Einwohner, wovon 500.000 ethnisch Karakalpaken sind. Obgleich es ein eigenes Parlament, einen eigenen Ministerrat und eine eigene Flagge hat, gehört das Gebiet politisch zu Usbekistan.

Die Amtssprache des Landes ist Usbekisch, in Karakalpakistan kommt offiziell Karakalpakisch hinzu. Die usbekische Sprache wird von 75 % der Bevölkerung im Land gesprochen, weitere 14 % sprechen russisch und 5 % tadschikisch.

Die Bevölkerung setzt sich aus etwa 80 % Usbeken, 5,5 % Russen, 3 % Kasachen und 2,5 % Karakalpaken zusammen. Im Gebiet um Samarkand lebt zudem eine große tadschikische Minderheit, die etwa 5 % der Landesbevölkerung ausmacht. Hinzu kommen etwa 2,5 % Tataren. Eine Besonderheit ist, dass die ethnische Herkunft in usbekischen Personalausweisen vermerkt wird. Auch eine deutsche Minderheit gibt es im Land. Sie wird derzeit auf etwa 14.000 Menschen geschätzt.

Usbekistan ist ein säkularer islamischer Staat, 88 % der Bevölkerung sind sunnitische Muslime, etwa 9 % orthodoxe Christen. Der in Usbekistan praktizierte Islam ist gemäßigt und weist zahlreiche vorislamische Elemente auf. Im gelebten „Volksislam“ finden sich vor allem Rituale des Zoroastrismus, des Buddhismus und des Sufismus.

Die durchschnittliche Lebenserwartung der Bevölkerung liegt bei 73,5 Jahren, was für einen allgemein guten Gesundheitszustand sowie für eine gute Lebensqualität spricht. Dem entgegen steht eine zwar stetig sinkende, aber noch immer relativ hohe Kindersterblichkeit von 19,2 (auf 1000 Lebendgeburten).

Ganz viel Gegend – Geografie und Vegetation

Die Fläche des Landes beträgt 447.000 km2, damit ist Usbekistan in etwa so groß wie Schweden. Die Ausdehnung des Landes beträgt von Westen nach Osten etwa 1450 km und von Norden nach Süden etwa 930 km. Etwa ein Drittel der Bevölkerung konzentriert sich auf einem kleinen Territorium im Osten des Landes, dem Ferganatal (Farg’ona). Ballungen gibt es sonst nur in den Oasengebieten, wie beispielsweise im Gebiet Xorazm (Choresmien), die übrige Fläche ist sehr dünn besiedelt.

Im Norden und Nordwesten grenzt Usbekistan an Kasachstan, im Nordosten an Kirgisistan, im Osten und Südosten an Tadschikistan, ebenso im Südosten an Afghanistan und im Südwesten an Turkmenistan.

Das Land erstreckt sich zwischen dem 56. und 73. östlichen Längengrad, die Zeitdifferenz zur mitteleuropäischen Zeit beträgt damit +4 Stunden. Eine Zeitumstellung auf Sommerzeit wird nicht durchgeführt.

Usbekistan ist ein sogenannter „doppelter Binnenstaat“. Das heißt, es hat nicht nur keine direkte Verbindung zum Meer, sondern es ist seinerseits wiederum nur von Binnenstaaten umgeben. Um von Usbekistan aus in ein Land mit Zugang zu einem offenen Meer zu gelangen, sind also mindestens zwei Staatsgrenzen zu überqueren. Dieses „Schicksal“ teilt Usbekistan nur mit einem einzigen weiteren Land der Erde, das ist das mitteleuropäische Liechtenstein.

Wüsten und Oasen

Das Hauptmerkmal der usbekischen Landschaft sind Wüsten und Steppen. Sie nehmen fast drei Viertel der Landesfläche ein, bewaldet sind nur etwa 3 % des Landes. Über etwa 200.000 km2 erstreckt sich die Wüste Kysylkum (Qizilqum). Sie besteht im Wesentlichen aus Steinen, Schotter und rötlichem Sand, welcher Namensgeber der Wüste ist – qizilqum bedeutet „roter Sand“.

Hauptsächlich in Turkmenistan, aber auch im Süden Usbekistans erstreckt sich eine weitere Wüste: Karakum (Qoraqum). Qoraqum bedeutet wörtlich „schwarzer Sand“. Namensgeber ist hier allerdings nicht die tatsächliche Farbe des Sandes, sondern die Bedeutung von qora, „gefahrvoll“. Mit 400.000 km2 ist Karakum die größte mittelasiatische Wüste.

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Saxaulbäume in der Wüste Kysylkum

Beide Gebiete sind keine reinen Sandwüsten, denn bei 200 mm Niederschlag im Jahr können ihre Böden einigen Pflanzen Lebensraum sein. Dazu zählen vor allem Gräser (wie Sandried) und Saxaulsträucher.

Saxaul wird übrigens häufig auch zur Bodenbefestigung angepflanzt, um die fortschreitende Verwüstung zu stoppen.

Einen geeigneten Lebensraum finden hier typische Wüstentiere wie beispielsweise Springmäuse und eine Vielzahl von Reptilien (Echsen, Geckos, Schlangen).

Die großen Wüstengebiete machen eine flächendeckende Besiedelung unmöglich, entstanden sind vielmehr dichtbesiedelte Inseln in beinahe menschenleerem Umfeld. Diese Oasen prägen den Kulturraum Usbekistans. Eine der größten Oasen ist das Gebiet Xorazm (Choresmien) südlich des Aralsees.

Im Osten des Landes liegt eine zweite große Oase: das Ferganatal (Farg’ona) – eine außerordentlich fruchtbare Gegend mit bedeutenden landwirtschaftlichen Anbauflächen. Zwischen den Oasen liegt, beinahe menschenleer, ganz viel Gegend.

Gebirge

Gebirge befinden sich hauptsächlich im Osten des Landes. Der höchste Berg (4643 m) liegt im Hissargebirge (einem Ausläufer des Pamir) an der Grenze zu Tadschikistan. Einst trug der Berg den Namen „Berg des 22. Kongresses der Kommunistischen Partei“, heute heißt er kurz Khazret Sultan. Dem etwa 200 km langen Gebirgszug des Hissar schließt sich im Osten das Tian-Schan-Gebirge an. Im Osten Usbekistans finden sich ebenso Ausläufer des Alai-Gebirges.

Die Gebirgs- und Vorgebirgszonen sind relativ stark erdbebengefährdet. In den Gebirgsregionen leben unter anderem der Sibirische Steinbock, Schneeleoparden sowie einige wenige Wölfe und Braunbären.

Kein Gebirge im eigentlichen Sinne, sondern eine Hochebene ist das Ustjurt-Plateau. Diese steppenartige Hochebene erstreckt sich über 180.000 km2 zwischen Kaspischer Senke und Aralsee. Das Plateau hebt sich mit einer Steilstufe von 50 bis etwa 150 m von der Umgebung ab, die höchste Erhebung liegt bei 370 m über dem Meeresspiegel. Als eine der unwirtlichsten Gegenden Usbekistans ist sie weitestgehend unbewohnt. Eine Heimat bietet das Plateau verschiedenen Reptilien und einigen seltenen Tierarten wie z. B. der Saiga-Antilope und dem Wüstenluchs Karakal.

Wasser

Zwei große Flüsse gibt es im Land: den Amudarja (Amudaryo) und den Syrdarja (Syrdaryo). In der Antike nannte man ersteren Oxus, weswegen das „Land jenseits des Oxus“ Transoxanien hieß. Der Amudarja entspringt aus der Vereinigung zweier Flüsse an der Grenze von Afghanistan und Tadschikistan, bildet dann die Grenze zwischen Usbekistan und Turkmenistan und mündet in den Aralsee. Die Länge des Flusses beträgt 2539 km, wobei 1414 km auf usbekischem Staatsgebiet fließen. Seit den 1970er-Jahren führen Bewässerungsentnahmen dazu, dass der Amudarja den Aralsee nur noch mit einer sehr geringen Wassermenge erreicht. Charakteristisch für den Amudarja ist ein hoher Anteil von Schwebstoffen. Dieser Schlamm soll einst noch fruchtbarer gewesen sein als der berühmte Nilschlamm.

Im Norden des Landes fließt der 2212 km lange Syrdarja. Er entsteht durch zwei kirgisische Quellflüsse im Ferganatal. Dieses durchfließt er in westlicher Richtung, überquert dann die Grenze zu Kasachstan und mündet in den Aralsee. Die Wasserentnahme zur Bewässerung von Baumwolle hat dazu geführt, dass der Fluss dem Aralsee viele Jahrzehnte lang nur wenig Wasser zugeführt hat.

Inzwischen ist der einst viertgrößte Binnensee der Erde von seinen ursprünglichen 68.000 km2 auf etwa 10 % seiner ehemaligen Größe zusammengeschrumpft, der usbekische Teil ist fast vollständig ausgetrocknet.S. 130