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Hinrichsen, Klaus
Weißer Schweizer Schäferhund
Berger Blanc Suisse: Schäferhunde - warum nicht weiß?
ISBN 978-3-73226-567-1
Alle Rechte vorbehalten
© November 2013
***
Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt
Printed in Germany
ISBN 978-3-73226-567-1
Weiße Schäfer sind wie Perlen im Lichte der Sonne.
Der Charme ihres Wesens geht zu Herzen, der
Reichtum ihres Geistes ist unerschöpflich.
Sie sind lebende Edelsteine,
faszinierend und schön.
Dieter Modl, ehemaliger Präsident des WSÖ
*1948 2009
„...der Rassestandard diktiert, dass weiße Farbe unerwünscht ist, aus diesem Grund meiden Züchter von gutem Ruf Zuchtmaterial, das ein solches weißes Gen trägt. Dies wiederum führt zu dem erwünschten Effekt, dass die Anzahl weißer Welpen außerordentlich stark zurückgedrängt wird, die Hoffnung besteht, das weiße Gen völlig auszuschalten.... Ich hoffe noch bis zu dem Tage zu leben, da man die weiße Farbe in der Rasse als erloschen betrachten kann...“
Diese Anmerkung der Autoren (Sheila Rankin u.a.) in dem 1999 in Deutschland erschienenen Werk „Das große Buch vom Deutschen Schäferhund“ (Kynos-Verlag) sagt viel über die Meinung nicht weniger Hundefreunde aus dem großen Lager des „Deutschen Schäferhundes“ zur weißen Rasse aus.
Leider wird dann nur zu oft in solchen Standardwerken gänzlich „vergessen“, dass zumindest in der Geschichte beide Rassen als eine Rasse betrachtet werden muss. Die ersten Jahre der Reinzucht des Deutschen Schäferhundes wurde von etwa 30 Hunden stark beeinflusst, von denen 18 regelmäßig für weiße Nachkommen sorgten. Der erste im Zuchtbuch des Vereins für Deutsche Schäferhunde eingetragene Hund war „Horand von Grafrath“. Horand hinterließ zahlreiche Nachkommen, von denen viele sein weißes, über seinen weißen Großvater erworbenes, Erbgut weiter trugen und bis heute weiter vererben.
Doch zum Glück wird die Zahl der Freunde Weißer Schweizer Schäferhunde, nicht zuletzt auch durch die FCI-Anerkennung als eigenständige Rasse im Jahre 2003, immer größer. Neben seinem faszinierenden Erscheinungsbild sind es wohl die positiven Eigenschaften, die den Weißen Schäferhund als Familien- und Gebrauchshund für Hundeliebhaber interessant macht: Er ist spielfreudig, aufmerksam, intelligent und hat einen überdurchschnittlichen Spürsinn. Seine Kinderliebe ist kaum zu beschreiben und seine Treue und Verbundenheit zu seinem Menschenrudel unerschütterlich. Ein Weißer Schweizer Schäferhund wird nur glücklich sein, wenn er zusammen mit seinen Menschen leben kann; jede andere Haltungsweise, z.B. isoliert in einem Zwinger, ist für einen Weißen Schweizer Schäferhund keinesfalls akzeptabel.
Zudem besteht im Gegensatz zum Deutschen Schäferhund aufgrund jahrelanger, umsichtiger Zuchtvorschriften so gut wie keine Probleme mit einer (erbbedingten) HD-Krankheit (Hüftgelenksdysplasie).
Nach jahrelangem Wunsch eines eigenen Hundes konnte ich mir diesen in Form eines „Weißen“ erfüllen. Ich wollte schon immer einen Schäferhund besitzen, meine Frau hingegen war aus den verschiedensten Gründen gegen einen Deutschen Schäferhund.
Ich überredete sie vor vielen Jahren zu einem Besuch bei einem Züchter, den ich per Zufall durch das Internet kennen gelernt hatte.
Dies war der größte Glücksfall überhaupt: Zum einen hatten wir eine Züchterfamilie besucht, die eine Familien- und Leistungszucht mit aller Hingabe und der Liebe zur Rasse betrieb, wie wir es uns nur vorstellen konnten. Und zum anderen reichte ein einziger Besuch aus, um meine Frau auf der Heimfahrt zu folgender Aussage hinreißen zu lassen: Wenn wir uns für einen Hund entscheiden sollten, dann sollte es nur ein WEIßER SCHÄFERHUND sein! Vier Stunden im Haus des Züchters bzw. beim Spaziergang mit drei Weißen Schäferhunden hatten die jahrelangen Vorurteile gegen einen Schäferhund zunichte gemacht.
Heute können wir uns ein Leben ohne Weiße Schweizer Schäferhunde überhaupt nicht mehr vorstellen. Wir haben die Entscheidung für einen Weißen Schäferhund zu keiner Zeit bereut und konnten unser Glück noch durch einen zweiten „Weißen“ steigern. Durch diese beiden wunderbaren Weißen Schäferhunde, DESHA und GIN, kamen wir auch zur Zucht und durften vier erfolgreiche Würfe in unserer VDH/FCI-anerkannten Zuchtstätte „of White Bandits“ erleben. DESHA und GIN sind leider bereits über die Regenbogenbrücke gegangen; heute leben wir glücklich mit DJESS, die uns uns jeden Tag von Neuem erfreut. Ein Leben ohne einem Weißen Schweizer Schäferhund ist mittlerweile für uns undenkbar.
Ich wünsche nun viel Spaß beim Schmökern und bin mir sicher, dass Sie sich unsterblich in diese faszinierende Hunderasse verlieben werden!
Eine traurige Geschichte von Lea, einem Hund, der von illegalen Hundehändlern stammt.
Bitte kaufen Sie einen Welpen nur von einer anerkannten Rassezuchtstätte!
„Ich weiß nicht mehr viel von dem Ort, wo ich geboren bin. Es war eng und dunkel und nie spielte ein Mensch mit uns. Ich erinnere mich noch an Mama und ihr weiches Fell, aber Sie war oft krank und sehr dünn. Sie hatte nur wenig Milch für mich und meine Brüder und Schwestern. Die meisten von ihnen waren plötzlich gestorben.
Als sie mich von meiner Mutter wegnahmen, hatte ich furchtbare Angst und war so traurig. Meine Milchzähne waren kaum durchgestoßen und ich hätte meine Mama doch noch so sehr gebraucht. Arme Mama, es ging ihr so schlecht. Die Menschen sagten, das sie jetzt endlich Geld wollten und das das Geschrei meiner Schwester und mir Ihnen auf die Nerven gingen. So wurden wir eines Tages in eine Kiste verladen und fortgebracht. Wir kuschelten uns aneinander und fühlten wie wir beide zitterten, ohnmächtig vor Angst. Niemand kam, um uns zu trösten.
All diese seltsamen Geräusche und erst noch die Gerüche - wir sind in einem PETSHOP, einem Laden, wo es viele Tiere gibt. Einige miauen, andere piepsen, einige pfeifen. Wir hörten auch das Wimmern von anderen Welpen. Meine Schwester und ich drücken uns eng zusammen in dem kleinen Käfig. Manchmal kommen Menschen um uns anzuschauen, oft ganz kleine Menschen ,die sehr fröhlich aussehen, als wollten sie mit uns spielen.
Tag um Tag verbringen wir in unserem kleinen Käfig. Manchmal packt uns jemand und hebt uns hoch um uns zu begutachten. Einige sind freundlich und streicheln uns, andere sind grob und tun uns weh. Oft hören wir sie sagen Oh, sind die süß, ich will eines, aber dann gehen die Leute wieder fort. Letzte Nacht ist meine Schwester gestorben.
Ich habe meinen Kopf an ihr weiches Fell gelegt und gespürt, wie das Leben aus dem dünnen Körperchen gewichen ist. Als sie Sie am Morgen aus dem Käfig nahmen, sagen sie, sie sei krank gewesen, und ich sollte verbilligt abgegeben werden, damit ich bald wegkomme. Niemand beachtet mein leises Weinen, als mein kleines Schwesterchen weggeworfen wird.
Heute ist eine Familie gekommen und hat mich gekauft! Jetzt wird alles gut! Es sind sehr nette Leute, die sich tatsächlich für MICH entschieden haben. Sie haben gutes Futter und einen schönen Napf dabei und das kleine Mädchen trägt mich ganz zärtlich auf den Armen. Ihr Vater und ihre Mutter sagen, ich sei ein ganz süßes und braves Hündchen.
Ich heiße jetzt Lea. Ich darf meine neue Familie sogar abschlabbern, das ist wunderbar. Sie lehren mich freundlich, was ich tun darf und was nicht, passen gut auf mich auf, geben mir herrliches Essen und viel, viel Liebe. Nichts will ich mehr, als diesen wunderbaren Menschen gefallen und nichts ist schöner als mit dem kleinen Mädchen herumzutollen und zu spielen.
Erster Besuch beim Tierarzt. Es war ein seltsamer Ort, mir schauderte. Ich bekam einige Spritzen. Meine beste Freundin, das kleine Mädchen, hielt mich sanft und sagte, es wäre o.k. dann entspannte ich mich. Der Tierarzt schien meinen geliebten Menschen traurige Worte zu sagen, sie sahen ganz bestürzt aus. Ich hörte etwas von schweren Mängeln und von Dysplasie E und von Herz zwei. Er sprach von wilden Züchtern und das meine Eltern nie gesundheitlich getestet worden seien. Ich habe nichts von alldem begriffen, aber es war furchtbar, meine Familie so traurig zu sehen. Jetzt bin ich 6 Monate alt. Meine gleichaltrigen Artgenossen sind wild und stark, aber mir tut bei jede Bewegung schrecklich weh. Die Schmerzen gehen nie weg. Außerdem kriege ich gleich Atemnot, wenn ich nur ein wenig mit dem kleinen Mädchen spielen will. Ich möchte so gerne ein kräftiger Hund seien, aber ich schaffe es einfach nicht.
Vater und Mutter sprechen über mich. Es bricht mir das Herz, alle so traurig zu sehen. In der Zwischenzeit war ich oft beim Tierarzt und immer hieß es genetisch und nichts zu machen. Ich möchte draußen in der warmen Sonne mit meiner Familie spielen, möchte rennen und hüpfen. Es geht nicht. Letzte Nacht war es schlimmer als eh und je .Ich konnte nicht einmal aufstehen um zu trinken und nur noch schreien vor Schmerzen. Sie tragen mich ins Auto. Alle weinen. Sie sind so seltsam, was ist los? War ich böse? Sind sie am Ende böse auf mich? Nein, nein, sie liebkosen mich ja so zärtlich.
Ach, wenn nur diese Schmerzen aufhörten! Ich kann nicht mal die Tränen vom Gesicht des kleinen Mädchen ablecken, aber wenigstens erreiche ich ihre Hand. Der Tisch beim Tierarzt ist kalt. Ich habe Angst. Die Menschen weinen in mein Fell, ich fühle, wie sehr sie mich lieben. Mit Mühe schaffe ich es, ihre Hand zu lecken. Der Tierarzt nimmt sich heute viel Zeit und ist sehr freundlich, und ich empfinde etwas weniger Schmerzen. Das kleine Mädchen hält mich ganz sanft, ein kleiner Stich...... Gott sei Dank, der Schmerz geht zurück. Ich fühle tiefen Frieden und Dankbarkeit. Ein Traum - ich sehe meine Mama, meine Brüder und Schwestern auf einer großen grünen Wiese. Sie rufen mir zu, das es dort keine Schmerzen gibt, nur Frieden und Glück.
So sage ich meiner Menschenfamilie Auf Wiedersehen auf die einzige mir mögliche Weise: mit einem sanften wedeln und einem kleinem schnuffeln. Viele Jahre wollte ich mit Euch verbringen, es hat nicht sein sollen. Stattdessen habe ich Euch so viel Kummer gemacht.
Es tut mir leid, ich war halt nur eine Händlerware.“
Lea
1999 J Ellis - bewilligte Übersetzung von E. Wittwer. Dieser Text soll weiter verbreitet werden, damit sich all die Leute Gedanken machen, die einen billigen Hund erwerben wollen.
Neben der Farbe unterscheidet sich der etwas größere Weiße Schweizer Schäferhund vom Deutschen Schäferhund optisch deutlich durch die unterschiedliche Winkelung der Gliedmaßen und eine waagerechte Rückenlinie, die beim Deutschen Schäferhund im Laufe der Jahrzehnte immer weiter schräg nach unten abfallend gezüchtet wurde. Im Vergleich zum Deutschen Schäferhund ist die (erbbedingte) Hüftgelenkdysplasie bei der kontrollierten Weißen Schweizer Schäferhund - Zucht bei weitem kein so großes Thema. Bei beiden Rassen ist reines Langhaar ohne reichlich Unterwolle (feste Grannen) unerwünscht.
Sowohl der Deutsche als auch der Weiße Schweizer Schäferhund sind in der Kategorie „FCI-Klasse 1, Hüte- und Treibhunde“ eingestuft, jedoch nur der Deutsche Schäferhund gehört zur Unterkategorie „Schäferhunde mit Arbeitsprüfung“. Der Weiße Schweizer Schäferhund ist hingegen ein äußerst kinderlieber Familien- und Begleithund mit sehr hoher Geduldsschwelle, für dessen Reinzucht im Unterschied zum Deutschen Schäferhund keine Arbeitsprüfung erforderlich ist.
Im Gegensatz zum Deutschen Schäferhund, der leider sehr oft isoliert von seinen Menschen gehalten wird, ist eine Zwingerhaltung bei den äußerst anhänglichen Weißen Schweizer Schäferhunden völlig ungeeignet. Gerade die „Weißen“ benötigen jeden Tag die unmittelbare Nähe zu ihrem Menschenrudel, ohne das sie niemals glücklich und ausgeglichen leben könnten. Die Größe des Hauses, der Wohnung oder des Gartens ist dabei völlig unerheblich. Der sehr lernfähige Weiße Schweizer Schäferhund als temperamentvoller und aktiver Hund will immer mitten im Geschehen stehen. Er braucht stets eine Beschäftigung, um einer Unterforderung und Langeweile vorzubeugen.
Eine solide Welpenprägung und Sozialisierung vorausgesetzt, ist der Weiße Schweizer Schäferhund grundsätzlich gegenüber Artgenossen freundlich und äußerst verträglich, der zunächst von sich aus keinen Streit sucht und eigentlich immer nur spielen will.
Selbst zu Fischen freundlich: Die Kois springen richtig aus dem Wasser und Matoskah of White Condor (Pia Modl, www.white-condor.at) leckt sie dann freundlich ab!
Die Weißen Schweizer Schäferhunde mit ihrem verführerischen Charakter, freundlichen Aussehen und grenzenloser Kinderliebe sind mit ihrer positiven Ausstrahlung eine wunderbare, intelligente Hunderasse, die stets nach engem Familienanschluss und sinnvoller, auch geistig auslastender Beschäftigung sucht.
Wenn man die Geschichte des Weißen Schäferhundes zurückverfolgt, stößt man unwillkürlich auf den Deutschen Schäferhund. Seit Jahrhunderten benötigt der Schäfer einen witterungsbeständigen, zuverlässig arbeitenden und in jeder Hinsicht belastbaren Hund, wobei die Zucht- und Auslesekriterien für solche Hunde nicht unbedingt am äußeren Erscheinungsbild orientiert waren. Von der Farbe her wurden jedoch weiße Schäferhunde bevorzugt, um sie besser von den möglicherweise angreifenden Wölfen unterscheiden zu können.
Im Laufe der Zeit hatten sich infolge strenger Selektion wesensmäßig einheitlich veranlagte, gelehrige Herdengebrauchshunde herauskristallisiert, deren ruhige und eben zuverlässige Arbeitsweise den Beschauer stets faszinierte. So auch Rittmeister Max von Stephanitz, der, einen Befehl abwartend, anlässlich eines Manövers Gelegenheit hatte, von einem Hügel aus einen hütenden Schäfer mit seinem Hund zu beobachten. Der Wunsch, ein solches Tier zu besitzen, ließ den Rittmeister fortan nicht mehr los, und wie man weiß, wurde der Wunsch Realität.
Anlässlich einer im April 1899 in Karlsruhe stattfindenden Ausstellung für alle Hunderassen kamen auch einheimische Hütehunde zur Vorstellung, welche äußerlich noch sehr voneinander abwichen. Der Name eines der ausgestellten Rüden findet sich immer wieder in den Annalen Deutscher Schäferhundezucht: „Hektor Linksrhein - genannt Horand von Grafrath“; mit der ersten Eintragung führte er später das Zuchtbuch der Deutschen Schäferhunde (SZ 1) an, so dass er als Stammvater seiner Rasse zu betrachten ist. Der Großvater dieses „Stammvaters“ war der 1879 geborene Rüde Greif, und eben dieser Hund war WEIß!
Horand hinterließ zahlreiche Nachkommen; sein Sohn Champion Hektor von Schwaben kam auch aus einer fast weißen Linie. Berno von der Seewiese, ebenfalls ein Nachkomme Horands, 1913 geboren, wurde als erster weißer Deutscher Schäferhund im Zuchtbuch des SV registriert. Dieses belegt das Buch von Max von Stephanitz, das 1921 herausgegeben wurde und das ein Bild von Berno enthält.
Manche Kynologen vertreten die Ansicht, dass die ersten 15 Jahre der Reinzucht des Deutschen Schäferhundes durch etwa dreißig Hunde geprägt wurden, wovon 18 regelmäßig weiße Nachkommen produzierten. Verständlicherweise war die Anlage für Weiß zu Beginn der Reinzucht des Deutschen Schäferhundes nicht zu verleugnen.
1933 sollte nicht nur geschichtlich und politisch ein bedeutendes Jahr werden, es sollte auch das „AUS“ für den Weißen Schäferhund werden, wenn sich nicht Züchter in den USA und
Kanada der Zucht der Weißen Schäferhunde angenommen hätten und damit seinen Fortbestand gesichert hätten. Es lässt sich bis heute nicht nachvollziehen, was den Gründer der Rasse - Max von Stephanitz - bewogen hat, der Entscheidung des Vereins für Deutsche Schäferhunde in besagtem Jahr zuzustimmen, den Farbschlag Weiß aus dem Standard des Deutschen Schäferhundes zu streichen und fortan weiße Schäferhunde nicht mehr zur Zucht zuzulassen.
Diese Änderung führte dazu, dass die Weißen Schäferhunde fast vollständig aus Deutschland und Europa verschwanden. In den 60er Jahren fanden wir - mit Ausnahme von England - nicht einen Weißen Schäferhund mehr in Europa, und das, obwohl seit Urzeiten weiße Hunde zum Hüten und Bewachen von Herden eingesetzt wurden und es etliche Rassen gibt, in denen die Farbvariante Weiß weiterhin existiert und die keine genetischen Probleme haben.
In den USA wurde 1913 der „German Shepherd Dog Club of America“ gegründet. Die Weißen Schäferhunde, die man auch in den USA züchtete, und deren Popularität vor allem nach den Rin-Tin-Tin-Filmen rasch stieg, wurden im Zuchtbuchamt des genannten Clubs eingetragen. Die Amerikaner legten also Wert darauf, einen „Deutschen Schäferhund“ zu züchten.
Als in Kanada Meinungen auftauchten, den Weißen Schäferhund als eigene Rasse vom Deutschen Schäferhund abzugrenzen, lehnte sich die Vizepräsidentin des „White German Shepherd Club of Canada“ mit Eifer dagegen auf. Sie sagte: „Diese Hunde sind keine American-Canadian Weißen Schäferhunde. Es sind Deutsche Schäferhunde von weißer Farbe.“
1970 kommt der Weiße Schäferhund nach Europa - zunächst in die Schweiz - zurück. Die gebürtige Schweizerin Agatha Burch brachte aus den USA den Stockhaarrüden „Lobo“, dem Stammvater der heutigen Rasse Weißer Schweizer Schäferhund, mit und importierte aus Großbritannien die Stockhaarhündin „White Lilac of Blinkbonny“. Aus dieser Verbindung fiel 1973 unter ihrem Zwingernamen „Shangrila`s“ der erste Wurf Weißer Schäferhunde in Europa: 3 Rüden und eine Hündin wurden in das Schweizerische Hundestammbuch eingetragen. Der Schweizer Hundezüchter Kurt Kron kaufte die Hündin „Shangrila´s Sweety Girl“. Diese Hündin war die Mutter des Rüden „Champion von Kron“, dem Gründer der deutschen Zucht Weißer Schäferhunde. Der Besitzer des Rüden, Martin Faustmann holte sich von Kurt Kron die aus den USA stammende Hündin „Rani von Finn“ und im Jahr 1981 konnte er den ersten Wurf von „Rani“ und „Champion“ in seinem Zwinger „von Ronanke“ aufziehen. Nachkommen aus der „Ronanke-Zucht“ begründeten die Reinzucht Weißer Schäferhunde in Deutschland und sind nahezu in so gut wie jeder deutschen Ahnentafel zu finden.
In Deutschland begann die organisierte Zucht 1982 mit der Gründung des WSV Kaarst (Weiße Schäferhunde Verein Kaarst), deren Grundlage neben den „Ronanke“-Nachkommen hauptsächlich Welpen aus den amerikanischen Zuchtstätten „Shermans“ und „Hoofprint“ bildete.
Der Weiße Schäferhund kam nun in eine kuriose Lage. Während man in den USA und Kanada den Weißen „Deutschen“ Schäferhund züchtete, konnte der „Deutsche“ in seiner Heimat, wo man ihn ja aus dem Standard verbannt hatte, als „Deutscher“ nicht wieder landen.
Um zu dokumentieren, dass die Züchter nicht absichtlich den Weißen Schäferhund mit dem Deutschen Schäferhund „vereinen“, nannten sie die Rasse - wohlgemerkt eine Rasse urdeutschen Ursprungs - „AC-American-Canadian“ und verbauten sich letztlich damit die Chance einer Anerkennung durch die FCI, da der „Amerikanische Kennel Club“ nicht Mitglied der FCI ist und somit dessen Hunde nicht anerkannt werden können, zumal ja damals auch nur Deutschland das Patronat für die Rasse hätte übernehmen können, das heißt, der Antrag auf Rasseanerkennung muß vom Ursprungsland gestellt werden.
Leider hatte der VDH in Deutschland lange Jahre sämtliche Bemühungen und Anfragen zur Anerkennung des Weißen Schäferhundes immer wieder negativ beschieden, wobei die Vermutung nahe liegt, dass der SV (Verein Deutscher Schäferhunde) als größter und mitgliedsstärkster Verein des VDH dessen Entscheidungen beeinflussen konnte.
Im weiteren Verlauf sollte vor allem der BVWS e.V. erwähnt werden, welcher alle Richtlinien, das Zucht-, Ausstellungs- und Richterwesen betreffend, bereits seit Jahren nach FCI-Norm auslegte und auf die strikte Einhaltung und Ausführung enormen Wert legt. Seine Richtlinien übertrafen bzw. übertreffen bei weitem die des VDH. In der Schweiz, in Österreich und in den Niederlanden hatte diese Maßnahme bereits Wirkung gezeigt, denn dort war es den Vereinen für Weiße Schäferhunde (GWS - Gesellschaft für Weiße Schäferhunde in der Schweiz; WSÖ - Weiße Schäferhundfreunde Österreichs; Witte Herder Vereniging Nederland) bereits vor Jahren zumindest auf nationaler Ebene gelungen, in die dortigen FCI-Verbände (SKG-Schweiz Kynologische Gesellschaft; ÖKV – Österreichischer Kynologenverband; Rad van Beheer op Kynologisch Gebied in Nederland) aufgenommen zu werden.
Im Jahre 2002 stellte die Schweiz bei der FCI, dem Weltverband der Hundezucht, den Antrag auf eine eigenständige Rasse der Weißen, welcher zunächst vorläufig und mittlerweile endgültig positiv von der FCI beschieden wurde. Seit 2003 lautet die offizielle Bezeichnung der Rasse Berger Blanc Suisse oder auch Weißer Schweizer Schäferhund. Da die Schweiz als Ursprungsland der Rasse festgelegt wurde, ist sie auch das standardführende Land (FCI-Rassestandard Nr. 347).
Der Weiße Schweizer Schäferhund zeichnet sich durch viel Adel, Temperament und Persönlichkeit aus. Er erweckt den Eindruck eines kräftigen, lebhaften, gut bemuskelten und wohl proportionierten Tieres, wobei der Hund im länglichen Rechteckformat gebaut sein soll. Er ist aufmerksam, spielfreudig, intelligent und hat einen überdurchschnittlichen Spürsinn. Er ist ein idealer Gebrauchshund schlechthin und eignet sich als Familien-, Wach-, Schutz-, Fährten-, Rettungs-, Lawinen-, Such- oder Diensthund gleichermaßen. Hier sei erwähnt, dass selbst führende Blindenhund-Schulen die Vorteile des Weißen Schweizer Schäferhundes erkannten und einige Hunde mit großem Erfolg als Blindenführhunde ausgebildet haben. Seine Intelligenz und Einsatzfreude ermöglicht es ihm, alle an ihn gestellten Anforderungen in hervorragendem Maße zu erfüllen, sofern er für die von ihm abverlangten Tätigkeiten entsprechend geschult wurde.
Der Weiße Schweizer Schäferhund bekommt seine natürliche Schönheit in die Wiege gelegt. Weder Rute noch Ohren brauchen kupiert werden, auch die Fellpflege ist keine langwierige und kostspielige Sache, denn sein weißes Fell reinigt sich auf natürliche Weise. Gutes Futter,
viel Bewegung, Zuneigung und Akzeptanz sind alles, was ein Weißer Schweizer Schäferhund braucht, um in guter Verfassung zu bleiben. Markanter, edler Kopf, deutlich maskulin bzw. feminin, nicht sehr ausgeprägter Stop, gut eingesetzte, möglichst dunkle Augen, kräftiges Scherengebiss, vollzahnig mit möglichst dunklen Lefzen, gut aufgesetzter Hals mit gutem Widerrist, schräge Schulter, Vorhand und Hinterhand gut gewinkelt mit raumgreifenden Gängen, kurze kompakte Pfoten mit möglichst dunklen Krallen, gerader, fester Rücken, Rute möglichst buschig, säbelförmig gebogen, sind die hervorstechendsten Merkmale dieser Rasse.
Jeder Weiße Schweizer Schäferhund sollte sich durch viel Herz, Furchtlosigkeit und Selbstvertrauen auszeichnen. Eine natürliche Zurückhaltung gegenüber Fremden ist ihm angeboren, er sollte aber niemals scheu oder furchtsam sein. Die Liebe zu seinem Herrn, verbunden mit einer fast rührigen Kinderliebe, machen ihn zum idealen Familienhund, der nichts sehnlicher wünscht als in seiner Familie aufgenommen und akzeptiert zu werden. Bei der Arbeit ist er willig und leistungsbereit, sein sensibles Wesen erfordert Erfahrung und Einfühlungsvermögen seines „Rudelführers“, speziell wenn Leistungserfolge erwartet werden. Nervosität oder Aggressivität sind abzulehnen und entsprechen nicht dem Zuchtziel.
Oberstes Gebot bei der Zucht ist, Tiere zu züchten, die weitestgehend dem vorgegebenen Rassestandard entsprechen. Um dies erreichen zu können, müssen Zuchtrichtlinien beachtet werden, die sämtlichen Erfordernissen Rechnung tragen. Diese Richtlinien sind im z.B. im BVWS von fachkundigen Funktionären (Bundeszuchtwart, Zuchtwarte und Vereinstierarzt) erstellt worden und gelten auch außerhalb des Vereins als nachahmenswert. Diese Richtlinien geben nicht nur genaue Anweisungen, welche Formalitäten usw. beachtet werden müssen, sondern dienen insbesondere auch dem Schutz der Zuchttiere! So dürfen die Züchter maximal pro Jahr drei Würfe machen und jede Hündin darf nur bei jeder zweiten Hitze belegt werden, also höchstens 1 Wurf pro Jahr (damit wird die Ausbeutung der Muttertiere als „Gebärmaschine“ verhindert). Außerdem dürfen die Hündinnen nur vom zweiten bis zur Vollendung ihres siebten Lebensjahres in der Zucht eingesetzt werden. Selbstverständlich dienen die Zuchtrichtlinien auch dem Schutz der späteren Welpenkäufer. Es ist genau festgelegt, dass nur mit absolut gesunden Tieren gezüchtet werden darf. Alle Hunde müssen vor der ersten Zuchtzulassung eine Zuchttauglichkeitsprüfung durchlaufen, welche nicht nur die sogenannten „Schönheitsmerkmale“ berücksichtigt, sondern auch einen sehr strengen Wesenstest zum Inhalt hat.
Besonders stolz ist man darauf, dass im Gegensatz zu vielen anderen Rassen der mittleren Größe die gefürchtete HD (Hüftgelenkdysplasie), eine krankhafte Veränderung des Hüftgelenks), so gut wie überhaupt nicht vorkommt. Dies ist dem verantwortungsvollen Handeln der zuständigen Funktionäre zu verdanken, die schon vor Jahren ein generelles Zuchtverbot für Hunde mit einem HD-Befund beschlossen hatten. Es dürfen nur solche
Hunde in der Zucht eingesetzt werden, die „HD-Frei (HD-A)“ oder „HD-Fast normal (HDB)“ sind, wobei sämtliche Röntgenaufnahmen einem VDH-Gutachter vorgelegt werden müssen. Ebenfalls vorgeschrieben ist eine Untersuchung auf den MDR1-Gendefekt, einer Beeinträchtigung der Blut/Hirnschranke. Durch die Nichtproduktion benötigter Enzyme können Schadstoffe und Gifte ungefiltert ins Gehirn gelangen, was leider auch auf bestimmte Medikamente zutrifft, d.h. dass betroffene Hunde unter Umständen im Notfall nicht mit diesen Medikamenten versorgt werden können. Sollte der MDR1-Gendefekt nicht bekannt sein, kann die Verabreichung ungeeigneter Medikamente für schwere Schäden bis zum Tod des Tieres führen. Eine Verpaarung mit MDR1-Merkmalsträgern ist nicht zulässig.
Diesen Ausführungen können Sie entnehmen, dass es die dem VDH angeschlossenen Rassezuchtvereine mit der Zucht sehr ernst nehmen und deren Züchtern ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein abverlangt wird. Es ist nicht gerade leicht, einen Zwingerschutz zu erhalten und der züchterischen Tätigkeit nachzugehen. Man kann wohl den Züchtern innerhalb des VDH vertrauen, denn wenn sie diese verantwortungsvolle Tätigkeit nur des Vermehrens von Hunden und des Geldes wegen beabsichtigten, hätten sie wohl einen einfacheren Weg gewählt. Viele der „Allrassevereine“ und auch einige Vereine für Weiße Schweizer Schäferhunde ohne VDH-Anbindung verlangen nur eine geringe Zwingerschutzgebühr und achten danach nicht weiter darauf, mit welchen Tieren gezüchtet wird. Es wundert nicht, dass Tiere aus solchen Zuchtstätten, welche zunächst vermeintlich „günstig“ gekauft wurden, später durch hohe und kontinuierliche Tierarztkosten sehr teuer wurden.