TONGLEN

Der tibetische Weg, mit sich selbst und anderen Freundschaft zu schließen

Pema Chödrön

TONGLEN

Der tibetische Weg, mit sich selbst und anderen Freundschaft zu schließen

Herausgegeben von Tingdzin Ötro

Aus dem amerikanischen Englisch

übersetzt von Stephan Schuhmacher

Mögen alle fühlenden Wesen sich des Glücks und der Wurzel des Glücks erfreuen.

Mögen sie alle frei sein vom Leiden und der Wurzel des Leidens.

Mögen sie nicht getrennt sein von der großen Glückseligkeit ohne jedes Leiden.

Mögen sie verweilen im großen Gleichmut, frei von Leidenschaft, Zorn und Voreingenommenheit.

Inhalt

Vorwort

1. Tonglen im täglichen Leben

Sitzen als Grundlage

Wunschgebete sprechen

Übung der Gleichheit

Unser Herz öffnen

Tonglen im Augenblick

Tonglen auf der Straße

Sich an die Stelle anderer versetzen

2. Tonglen auf dem Kissen

Eine Liste machen

Die vier Abschnitte

Zurück zum Sitzen

3. Sich die Übung zu eigen machen

Verschiedene Themen

Das Herz weit machen

Die Barrieren auflösen

Den Fluss in Gang bringen

Spontanes Tonglen

Den Kreis des Mitgefühls ausdehnen

Die Konfrontation mit sich selbst

Mitgefühl ausstrahlen

Maitrī bhāvana

Sukhāvatī

4. Was tun, wenn wir stecken bleiben?

Die Motivation bekräftigen

Die Vier Erinnerungen

Hindernisse als den Pfad benutzen

Fünf verbreitete Hindernisse

Andere Stützen der Übung

5. Hilft Tonglen wirklich?

6. Fragen und Antworten

Allgemeine Fragen

Fragen zur Technik

Tonglen für Alltagssituationen

ANHANG

Die fortlaufende Bodhichitta-Praxis

Die Übung des Absoluten Bodhichitta

Die Übung des Relativen Bodhichitta

Lojong-Praxis

Das Kultivieren von Maitri und Mitgefühl

Die Maitrī-Übung in sieben Abschnitten

Zeiteinteilung bei der Praxis

Praxis in der Gruppe

Praxis zu Hause

Tägliche Rezitationen

Die Vier Grenzenlosen

Das Bodhisattva-Gelübde

Wunschgebete

Widmungen des Verdienstes

Die Freundlichkeit

Maitri bhavana

Instruktionen für den Übungsleiter

Kommentar zum Maitrī bhāvana von Chögyam Trungpa Rinpoche

Glossar

Literaturverzeichnis

Nützliche Adressen

Vorwort

Seit einigen Jahren gibt Pema Chödrön nun Lojong-Seminare und unterweist Menschen in Nordamerika und Europa in der Praxis des Tonglen. Früher war die Übung des Tonglen in der Gemeinschaft von Shambhala International eine Praxis, die einem kleineren Kreis vorbehalten war. Sie durfte nur von jenen geübt werden, die das formelle Bodhisattva-Gelübde abgelegt hatten. Heute ist sie, zum großen Teil Dank der Lehrtätigkeit von Pema Chödrön, eine sehr viel weiter verbreitete Praxis geworden.

Es kommt vor, dass Menschen, die während eines Wochenendseminars ihre ersten Tonglen-Unterweisungen erhalten haben, danach praktisch auf sich selbst gestellt weiterüben müssen. Auch wenn sie sich durch die Unterweisungen inspiriert fühlen, mag es sein, dass es ihnen schwerfällt, sie allein zu Hause in die Tat umzusetzen. Dann kann es sein, dass sie den Mut verlieren und die Praxis vielleicht sogar ganz aufgeben. Das vorliegende Buch soll einerseits jenen helfen, die gerade erst mit der Praxis begonnen haben, und andererseits erfahreneren Praktizierenden ermöglichen, ihr gegenwärtiges Verständnis der Praxis zu vertiefen. Es wird auch für Meditationslehrer ein nützliches Nachschlagewerk sein.

Das Buch ist in erster Linie praxisorientiert, denn Pema hat die Sicht der Kultivierung von Bodhichitta und die ihr zugrundeliegende Philosophie bereits in anderen Büchern diskutiert. Wer diese Sicht weiter erkunden will, der sollte Beginne, wo du bist lesen (vor allem die Kapitel eins bis sechs) und Geh an die Orte, die du fürchtest.

Für Menschen in den Anfangsgründen der Praxis sind Begriffe, die ihnen nicht vertraut sein könnten, beim ersten Auftauchen kursiviert und im Glossar erklärt.

Die Autorin geht davon aus, dass Menschen, die dieses Buch lesen, bereits mit der Praxis der sitzenden Meditation, dem „Sitzen“*, vertraut sind, die für den rechten Zugang zur Übung des Tonglen eine wesentliche Voraussetzung ist. Wer es nicht ist, der findet die grundlegende Technik in allen früheren Büchern Pemas beschrieben; allerdings wäre es besser, sie in persönlichem Kontakt mit einem Meditationslehrer zu erlernen. Tonglen ist ursprünglich eine buddhistische Praxis. Doch da es eine Übung ist, die uns in Kontakt bringt mit der Essenz unseres Menschseins – Liebende Güte und Mitgefühl–, kann im Grunde jedermann davon profitieren. Sie kann von Anhängern jeglicher religiösen Tradition ausgeübt werden, ebenso wie von Menschen, die es vorziehen, keinem religiösen Weg zu folgen.

Wenn im Zusammenhang mit Meditation (und in diesem Buch) vom „Sitzen“ die Rede ist, so ist damit üblicherweise die formelle „Meditation im Sitzen“, die „sitzende Meditation“ oder „Sitzmeditation“ gemeint. (Anm. d. Übers.)

TONGLEN

Der tibetische Weg mit sich selbst und anderen Freundschaft zu schließen

 

Die Übung im Alltag besteht einfach darin, vollkommene Hingabe an und totale Offenheit für alle Situationen und Gefühle sowie für alle Menschen zu entwickeln – alles ganz und gar und rückhaltlos, ohne mentale Blockaden, auf eine Weise zu erfahren, bei der man sich niemals entzieht oder sich auf sich selbst zurückzieht.

Chögyam Trungpa Rinpoche