Markus Heine, geboren 1977, machte sein Hobby zum Beruf und lernte als Redakteur der Anglerzeitschriften FISCH&FANG und DER RAUBFISCH die Größen der Angelszene kennen. Oft war er tagelang mit den Profis am Wasser, fing mit ihnen viele Fische und luchste ihnen wertvolle Tipps ab.

© 2018 Markus Heine, www.markus-heine.com

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in

der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische

Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7481-3507-4

Kapitel

  1. Mein erster Angelprofi
  2. Die Stars der Angelszene
  3. Veit Wilde: Zu Fuß auf Riesenzander
  4. Wie wird man Angelprofi?
  5. Uli Beyer: Durchhalten für den 40-Pfünder
  6. Angelprofis sind Spezialisten
  7. Thomas Kalweit: Der Friedfisch-Flüsterer
  8. Fredrik Harbort: Der Großfischjäger
  9. Angelprofis sind keine Profis
  10. Johannes Dietel: Verrückt nach Barschen
  11. Matze Koch: Der flexible Ostfriese
  12. Teamangler-Träume
  13. Jan Lock: Tüfteln ohne Logo
  14. Die Gewässer der Profis
  15. Sebastian Hänel: Im Zauber des Zanders
  16. Der Zeiteinsatz der Profis
  17. Markus Lotz: Zwei Jahre am Wasser
  18. Das Gerät der Profis
  19. Birger Domeyer: Königlich auf Zander
  20. Stephan Dombaj: Eine Welt zum Fliegenfischen
  21. Die Rolle des Glücks beim Angeln
  22. Dustin Schöne: Zander mit Kick
  23. Vom Angelprofi zum Angelguide
  24. Stefan Seuß: Aus dem Leben eines Vollblutanglers
  25. Wer wagt, gewinnt!

Für meinen Großvater,

Angelprofi außer Dienst,

und meinen Sohn Leonard,

Angelprofi in spe

1. MEIN ERSTER ANGELPROFI

Jeder Angler kann sich daran erinnern, wie er mit dem Angelvirus infiziert wurde. Oft ist dieser unvergessliche Moment mit dem ersten selbst gefangenen Fisch verbunden. Damit die Leidenschaft fürs Angeln jedoch voll und ganz entfacht wird, bedarf es anfangs eines Mentors, der den frisch Infizierten mit ans Wasser nimmt, ihm das Angeln beibringt und den gerade entfachten Angelvirus am Leben hält.

Bei mir war dieser Mentor mein Großvater. Jede freie Minute verbrachte er mit mir am Wasser. Tag für Tag, Woche für Woche angelten wir an den Gewässern rund um das emsländische Städtchen Meppen, mein Geburtsort. Irgendwann machte mir sogar das Angeln auf Hecht und Zander Spaß, das mir zuvor nur ein großes Gähnen entlockte. Der Trick meines Großvaters: Er ließ mich die Köderfische fangen. Und mochte ich auch schon genügend davon gestippt haben, durfte ich meine abgewetzte Bambusstippe immer weiter schwingen.

Letztlich angelten wir nicht mehr an den Gewässern auf Hechte und Zander, wo diese am besten bissen, sondern fast nur noch an einem Altarm der Hase, einem kleinen Fluss, an dem mein Großvater üblicherweise nur die Köderfische für den Raubfischansitz an Ems oder Dortmund-Ems-Kanal fing. Dass er nur mir zuliebe dort so ausgiebig ansaß, um mir mein Köderfisch-Vergnügen zu lassen, wurde mir erst später bewusst. Hätte er das nicht gemacht, wäre meine Leidenschaft fürs Angeln vielleicht nie vollständig entfacht worden.

Als ich 14 Jahre alt war, verstarb mein Großvater. Die Lust am Angeln hatte er da bereits hundertprozentig an mich weitergegeben, sodass sich diese Passion zu einem bedeutenden Teil meines Lebens entwickelte.

In meinen Augen war mein Großvater ein echter Angelprofi. Mag er, objektiv betrachtet, auch nicht der überragendste Angler gewesen sein, bleibt er für mich der wichtigste Angler in meinem Leben. Er war der Mensch, der mich zum Angler machte, wofür ich ihm unendlich dankbar bin.

Schon damals stellte ich jedoch irgendwann fest, dass es andere Angler gab, die mehr und größere Fische fingen als mein Großvater. Jeder kennt doch in seinem Verein diese geheimnisvollen Angler, die bei jedem Vereinsfischen die beste Beute machen und deren Fangfotos regelmäßig die Pinnwand des örtlichen Angelgerätehändlers schmücken. Hinter ihren Rücken wird gerne getuschelt und spekuliert, wie sie das nur machen, und es kommt zu den abenteuerlichsten Geschichten. Natürlich weiß der Vereinsexperte nur zu gut, dass über seine Fänge gerätselt wird und er im Mittelpunkt des Interesses steht. Im kleinen Kreis prominent zu sein, herauszuragen aus der Masse, das gefällt. Ansonsten würde der Experte ja nicht von seinen Erfolgen berichten. Besondere Fänge werden umso besonderer, wenn man stolz von ihnen erzählen kann.

Das kennt jeder Angler. Ganz genau erinnere mich daran, wie ich als Jungangler mit stolz geschwellter Brust nach Hause geradelt bin, den größten Brassen meines Lebens wie einen kostbaren Schatz im Rucksack verstaut. Dass meine Mutter nicht allzu euphorisch auf den 56 Zentimeter langen Fisch reagierte, fiel mir damals nicht auf. Ich war glücklich, meinen Fang präsentieren zu können. Damit wurde er für mich noch wertvoller. Seht alle her, was ich für einen dicken Fisch erbeutet habe.

In jedem Verein gibt es diese Angler, die mehr fangen als die anderen. Auch mein Großvater kannte einen dieser Experten, seinen Bruder. Da geriet selbst meine Großmutter unten den kritischen Blicken meines Großvaters ins Schwärmen: „Oh ja, der Heinz, der fängt immer seine Zander. Mit dem müsst ihr mal angeln gehen.“ Ich war natürlich gleich Feuer und Flamme und wollte erfahren, wie Heinz seine Zander überlisten würde. Denn Zander, vor allem die großen, landeten bei meinem Großvater und mir nur sehr selten im Kescher, eigentlich gar nicht.

Umso wissbegieriger beobachtete ich meinen Großonkel Heinz, als wir mit ihm an einem Spätsommertag an der Ems standen. „Siehst du die Strömungskante, Markus?“, fragte er und deutete auf die Rückströmung, die sich am Zusammenfluss eines Altarms der Ems mit der schiffbaren Ems bildete. „Dort kommt nachher der Köderfisch hin, denn da stehen die Zander.“ Als Heinz dann ein bestimmt 25 Zentimeter langes Rotauge anköderte, damals noch lebend, entging ihm nicht mein baffer Blick. „Große Zander wollen große Köderfische, Markus. Dass man sie nur mit fingerlangen Lauben oder klitzekleinen Rotaugen fängt, wie man es so häufig hört und liest, das stimmt nicht.“

Wie es ein von sich überzeugter Experte macht, kontrollierte Heinz nur zu gerne die Montage meines Großvaters – und fand selbstverständlich einige Kritikpunkte. „Willi“, sagte er mit erhobenem Zeigefinger. „Wenn du den Köderfisch durch den Kopf anköderst, kannst du auch gleich mit einem toten Fisch angeln.“ Etwas grummelig, aber dennoch interessiert, hörte sich mein Großvater die Verbesserungsvorschläge seines jüngeren Bruders an und verkniff sich einen bissigen Kommentar. Anglerstolz.

Heinz pulte ein Stückchen eines klein geschnittenen Einmachgummis aus seiner Hosentasche. „Ich ziehe den Einzelhaken durchs Nasenloch des Rotauges und schiebe dann das Einmachgummi über den Haken, bis es kurz hinter dem Widerhaken sitzt. So hält der Köderfisch besser.“

Nach dem Anködern überprüfte Heinz noch die Posenmontage an der Stellfischrute meines Großvaters, vor allem inspizierte er das schlanke Laufblei. „Ist jetzt nicht allzu schlimm, Willi“, sagte er leicht süffisant. „Aber wenn du das Laufblei nicht gleitend, sondern fest montierst, wirfst du einige Meter weiter.“ Mein Großvater ließ den Kommentar über sich ergehen, sein Anglerstolz verbot ihm ein dankbares Nicken für diesen Tipp, der dazu auch noch von seinem jüngeren Bruder stammte. Allerdings fiel mir bei unseren folgenden Ansitzen auf, dass mein Großvater das Blei von nun an fest montierte und die Köderfische durchs Nasenloch anköderte.

Heinz fing an diesem Sommerabend zwei große Zander. Für mich war dieser Angeltag ein einschneidendes Erlebnis, denn ich merkte zum ersten Mal, dass der Erfolg beim Angeln nicht nur ausschließlich vom Glück bestimmt wird, sondern vom Angler zu beeinflussen ist. Heinz angelte anders als mein Großvater, eher analytisch als intuitiv. Er überlegte, warum die Fische nicht bissen, und passte seine Taktik an. Mein Großvater fügte sich dagegen eher seinem Schicksal, saß Beißflauten aus und änderte nichts an seinen Montagen oder Gewohnheiten. Heinz versuchte dagegen zu analysieren, wie sich die Fische verhalten und warum sie das tun. Er überließ nichts dem Zufall.

2. DIE STARS DER ANGELSZENE

Sicherlich kennt jeder Angler so einen Experten wie meinen Großonkel Heinz – einen Angler, der mehr und größere Fische fängt als die anderen. Natürlich möchte man wissen, was das Erfolgsrezept dieser Angler ist. Wenn sie jeden Tag am Wasser sitzen, gibt man sich meist schnell zufrieden. Dann heißt es nur: „Ach, wenn ich so oft zum Angeln käme, dann finge ich ähnlich gut.“ Schnell verkümmern die Montagen und Angelplätze der Experten so zur Randnotiz. Leider, denn in der Regel ist es nicht nur der Zeiteinsatz, der die Angelprofis besser fangen lässt.

Mein Großonkel ging nicht öfter angeln als mein Großvater, er fing jedoch wesentlich besser. Schneidertage erlebte er sehr selten. Vor allem für Zander hatte er einen Riecher, während mein Großvater und ich nur von seinen Fängen träumen konnten. Da Heinz ein Morgenmuffel war, ging er nur abends angeln. Genau dann, wenn die Zander zu rauben begannen. Mein Großvater saß dagegen meist im Morgengrauen und tagsüber an, nicht gerade die beste Zeit zum gezielten Zanderangeln.

Je öfter ich mit meinem Großvater und Heinz angeln ging, desto angelverrückter und wissbegieriger wurde ich. Ich las alles, was mit dem Angeln zu tun hatte. Zunächst durchblätterte ich stets die FISCH& FANG, die mein Großvater abonniert hatte. Mit großen Augen schaute ich mir die vielen großen Fische im Heft an.

Irgendwann gab mir mein Großvater das Buch „Biss auf Biss“ von Rudolf Sack, das etwas verstaubt in seinem Bücherregal stand. Auf der ersten Seite hatte der Autor eine Widmung hineingeschrieben: „Zur Erinnerung an unsere Irland-Reise 1972“. Rudolf Sack war wie mein Großvater Mitglied des Meppener Angelvereins. Und er war so ein Vereinskollege, der weitaus mehr fing als die anderen. Angeblich jedoch auch ein etwas eigenwilliger Herr, der stets mit Krawatte und weißem Hemd ans Wasser ging. Den Fischen schien es gefallen zu haben ...

Ich kann Ihnen nicht genau sagen, wie oft ich „Biss auf Biss“ gelesen habe. Es müssen hunderte Male gewesen sein. Das Buch hat mich geprägt wie kein zweites Angelbuch, und ich kann es auch heute noch jedem Angler empfehlen. Rudolf Sack konnte nicht nur Fische fangen, er verstand auch, lebendig darüber zu schreiben. Wie mein Großonkel Heinz ging er am Wasser sehr analytisch ans Werk, er dachte darüber nach, was bei welchen Bedingungen wohl am besten zu tun sei. Er versuchte, wie ein Fisch zu denken – und konnte dies besser als andere Angler.

Gemeinsame Freude: Markus Heine (li.) fing diesen Zander im Freiwasser bei einer Reportage mit Zander-Magier Freddy Harbort übers pelagische Angeln.

Auf Tuchfühlung mit den Angelprofis: Autor Markus Heine (re.) kennt die Stars der Szene und weiß, wie sie ticken. Hier angelte er zusammen mit Raubfisch-Spezialist Uli Beyer auf Wels.

Als Jugendlicher war ich voll und ganz im Friedfisch-Fieber. Ich verschlang damals alle Artikel von Klaus Schmidt, der im BLINKER moderne englische Angelmethoden präsentierte, die ich allesamt ausprobierte. Ich träumte von einer Medium Feeder von Drennan, mein jugendliches Budget ließ dieses exklusive Gerät jedoch nicht zu. Zum Glück gab es gute Alternativen bei den Angelversendern Gerlinger und Schirmer, bei denen ich in etwa das Gerät bestellte, das Klaus Schmidt in seinen Artikeln empfahl, nur eine Preisstufe darunter. Ich richtete mich also nach seinen Tipps, fing dank dieser auch sehr gut und profitierte so von dem Wissen eines Angelprofis.

Als ich mich dann im Laufe der Jahre auf das Raubfischangeln spezialisierte, drangen zwei Angelprofis mit voller Wucht in mein Junganglerleben: Es waren Roland Lorkowski und Micha Ligeri von Profi-Blinker. Ich habe ihre stundenlangen Videos förmlich verschlungen und muss tagelang vor dem Fernseher gesessen haben. Die Filme lieferten nicht nur beste Unterhaltung, sondern auch geballtes Praxiswissen. Roland und Micha trafen damals einen Nerv der Zeit, denn bewegte Bilder übers Angeln waren absolute Mangelware.

Um genau solche Angelprofis wie Micha und Lorko soll es in diesem Buch gehen. Überregional bekannte Angler, die ihr Fachwissen in Fachzeitschriften, auf DVDs oder im Internet weitergeben. In meiner über 15-jährigen Tätigkeit als Redakteur für die Anglermagazine FISCH& FANG und DER RAUBFISCH habe ich nahezu alle Experten der Szene kennengelernt und bin mit ihnen angeln gewesen, nicht nur einmal, sondern oft tagelang. Ich weiß ganz genau, wie jeder einzelne von den Spezialisten tickt, ich kenne ihre Tipps und Tricks und kann beurteilen, welche persönlichen Macken sie haben.

Ich sage Ihnen in diesem Buch, wie die Stars der Szene ticken, was sie anglerisch und persönlich auszeichnet. Ob sie wirklich die besseren Angler sind? Oder nur mehr oder weniger begnadete Selbstdarsteller, die mit dem Angeln einen Weg gefunden haben, um sich zu profilieren? Stimmt es überhaupt, was in den Zeitschriften und im Internet zu lesen und zu sehen ist? Sie werden es erfahren!

Ich möchte daraus jedoch keine bierernste Sache machen. Zwar sieht man nichts ernster als das geliebte Hobby, aber letztlich handelt es sich auch bei den bekannten Angelprofis nur um Menschen, die besonders gut Fische fangen können. Nicht mehr – und nicht weniger.

3. VEIT WILDE:
ZU FUSS AUF RIESENZANDER

Das Spinnfischen mit Gummiködern gehört momentan zu den populärsten Methoden im Raubfischbereich. Dabei scheint der Zander immer beliebter zu werden und den Hecht im Rennen um den Raubfisch Nummer Eins hinter sich gelassen zu haben. Veit Wilde gehört momentan zu den bekanntesten Gesichtern der Zander-Szene. Er fängt regelmäßig riesige Fische – und das vom Ufer aus. Wie er das macht, verrät er im folgenden Interview.

Veit, viele Angler bemängeln, dass die Profis ihre großen Fische vom Boot aus fangen würden. Schnell heißt es dann: „Das kann ja jeder“. Du fängst Deine kapitalen Zander jedoch vom Ufer aus. Keine Lust zum Bootsangeln?

Keine Lust würde ich nicht sagen. Ich angle ja auch hin und wieder mal mit Freunden oder Kollegen vom Boot aus. Trotzdem macht mir das Uferangeln tatsächlich viel mehr Spaß. Man ist dabei flexibler, ein Angeltag bedarf einer geringeren Vorbereitungszeit, und in bestimmten Gewässern ist man meiner Meinung nach beim Uferangeln sogar erfolgreicher. Davon ganz unabhängig, versuche ich aber eben auch den Beweis zu erbringen, dass man vom Ufer aus kontinuierlich kapitale Zander fangen kann.

Glaubst Du, dass es schwieriger ist, regelmäßig große Fische vom Ufer als vom Boot aus zu fangen?

Das hängt stark vom Gewässer ab. In größeren Stillgewässern ist man mit einem Boot ganz klar im Vorteil, weil man an Plätze kommt, die sich vom Ufer aus nicht anwerfen lassen. Im Zusammenspiel mit einem Echolot hat man in Seen oder Talsperren zudem enorme Vorteile bei der Stellen- und Fischsuche. In Kanälen und Flüssen bringt ein Boot hingegen nur bescheidene Vorteile. Ich habe einige Angelkollegen, die in derartigen Revieren fast ausschließlich vom Boot aus angeln, während ich dort nur vom Ufer aus fische. Die Fänge sind ausgeglichen, teilweise fange ich vom Land aus sogar besser.

Was schätzt Du am Uferangeln besonders?

Dass ich keine Slipstelle suchen, kein Boot trailern und keinen Anker aus dem Wasser heben muss. Am Ufer streikt kein Echolot und kein E-Motor, weil die Batterie leer ist. Obendrein bleibe ich beim Uferangeln fit und schlank und kann Gewässer befischen, an denen das Bootsangeln untersagt ist – und fange trotzdem genug Fische.

Wie viele Zander von über 90 Zentimetern hast Du bisher vom Ufer aus gefangen?

Inzwischen waren es mehr als 40 Fische, die die 90er-Marke geknackt haben, drei davon lagen jenseits der Metergrenze.

Wie sah Dein bester Zanderangeltag aus?

Das war 2012 kurz nach dem Saisonstart, als ich neben weiteren guten Fischen einen 94er und meinen bisher größten Zander von 105 Zentimetern in der Elbe bei Hamburg fing. An dem Tag stand mein Lieblingsfußballverein Bayern München im Champions-League-Finale. Eigentlich wollten wir am Abend das Spiel schauen, blieben jedoch am Wasser. Bayern hat das Spiel verloren, ich dafür den Riesenzander gefangen.

Warst Du schon immer so vom Zander fasziniert?

Ich habe viele Jahre lang nur auf Karpfen und Aal geangelt. Zander habe ich dabei ab und zu mal durch Zufall gefangen, wirklich interessiert hat mich die Fischart allerdings nicht. Irgendwann beschäftigte ich mich intensiver mit dem Spinnfischen, dabei war allerdings zunächst der Hecht mein Lieblingsfisch. Ein Kollege zeigte mir dann, wie man mit einem Gummifisch gezielt auf Zander angelt. Beim dritten Versuch fing ich mit reichlich Anfängerglück einen 94er Zander. Von dem Tag an war ich von dieser Fischart fasziniert.

Veit Wilde mit seinem Lieblingsfisch, einem großen Zander von 91 Zentimetern. Kaum ein Angler fängt in Deutschland so viele Großzander vom Ufer aus wie der gebürtige Hallenser.

Es gibt mittlerweile einige Angler, die sich auf das Zanderangeln spezialisiert haben. Der Zander scheint einen besonderen Reiz zu verströmen. Woran mag das liegen?

Meiner Meinung nach liegt das daran, dass es den Zander, verglichen zu Hechten und Barschen, nur in wenigen Gewässern gibt, und man relativ speziell auf ihn angeln muss. Deshalb gilt er bei vielen Anglern als schwieriger Fisch. Dieser Eindruck trügt meiner Meinung nach jedoch, ich halte Zander für sehr berechenbar. Darüberhinaus spielt es für einige Angler sicher auch eine Rolle, dass der Zander ein sehr guter Speisefisch ist.

Du angelst viel an der Elbe. Was sind die absoluten Hotspots für große Zander an so einem großen Fluss?

Am einfachsten fängt man in der Elbe einen Großzander, wenn man die Buhnen einer ausgeprägten Außenkurve in der warmen Jahreszeit abangelt. Dabei gilt es, Strecke zu machen. Erfolgt kein Biss, mache ich meistens nicht mehr als zehn Würfe in einer Buhne. Bei Hochwasser und in der kalten Jahreszeit können auch Hafenausfahrten und Mündungsbereiche von Seitengewässern interessante Stellen sein. Allerdings ist meine Taktik dann eine andere: Bei hohem Pegel oder kaltem Wasser fische ich Plätze oft über mehrere Stunden intensiv aus.

Stehen große Zander woanders als kleine?

In Flüssen definitiv nicht. Ich habe schon häufiger kleine und richtig große Zander kurz hintereinander am gleichen Platz gefangen. In großen und tiefen Seen sieht das anders aus, dort halten sich Großzander oft im Freiwasser abseits der kleineren Artgenossen auf und folgen den Maränen- oder Weißfischschwärmen.

Welche Rolle spielt die Jahreszeit beim Flussangeln?

Im tiefsten Winter fängt man in Flüssen fast nur noch bessere und große Zander, im Sommer gehen dagegen auch regelmäßig kleine Exemplare an den Haken. Das erkläre ich mir damit, dass das Wasser im Fluss im Winter häufig kälter als im See wird, wo die Wassertemperatur, zumindest am Grund, bei vier Grad liegt. Dieser Wert wird im Fluss unterschritten. Es scheint so, als würden die unter 60 Zentimeter langen Zander ihre Nahrungsaufnahme dann fast gänzlich einstellen, während die größeren Fische weiter fressen und auch beißen.

Wir hatten dazu vor einigen Jahren ein interessantes Erlebnis. An einer Stelle, an der wir im Winter fast nur größere Zander fingen, bissen in einer extrem milden Phase des Januars plötzlich auch einige kleine Fische. Nachdem Luft- und Wassertemperatur wieder zurückgingen, fingen wir wieder nur bessere Zander. Ich bin aber überzeugt, dass die Nachwuchszander trotzdem die ganze Zeit über am selben Platz standen, jedoch nicht fraßen.

Ist die Elbe Dein Traumgewässer?

Die Elbe ist in Deutschland mit Sicherheit eines der besten Großzander-Reviere. Allerdings ist es auch ein schwieriges Gewässer, weil man in der Regel nicht viele Zander an einem Angeltag fängt. Höhere Stückzahlen gelingen lediglich im Tidenbereich bei Hamburg. Es ist aber nun einmal so, dass es praktisch keine Gewässer gibt, an denen man viele und gleichzeitig auch sehr große Zander erwischt. Von daher ist die Elbe, auch wegen der tollen Naturkulisse, mein Lieblingsgewässer. Wer viele Zander an einem Tag drillen will, ist zum Beispiel am Rhein besser aufgehoben.

Wie können wir uns einen Uferangeltag von Dir vorstellen? Wie viele Kilometer machst Du?

Das hängt stark von der Jahreszeit und den Bedingungen ab. Im Sommer befische ich manchmal fünf Flusskilometer an einem Tag. Im Winter oder an stehenden Gewässern angle ich dagegen oft den ganzen Tag lang nur an einer Stelle.

Du angelst wirklich den ganzen Tag über an einer Stelle?

Grundsätzlich kann das sowohl im Sommer als auch im Winter funktionieren. Effektiv ist es aber nur im Winter, weil die Zander dann weniger Nahrung aufnehmen als im Sommer und kaum umherziehen. Wenn man einen guten Winterplatz kennt, kann man fast sicher sein, dass Zander da sind. Man muss allerdings ihre Fressphasen abwarten.

Und im Sommer sollte man besser Strecke machen?

Genau, denn jetzt fressen die Zander deutlich mehr. Sie streifen über weite Strecken durchs Gewässer und stehen weniger konzentriert an bestimmten Plätzen. Beangelt man einen Hotspot dann längere Zeit, kann man natürlich Glück haben, dass ein großer Zander vorbeikommt und beißt. Effektiver ist es dann aber, nach den Fischen zu suchen. Hat man sie gefunden, stehen die Chancen gut, einen Biss zu bekommen, weil ihr Nahrungsbedarf im warmen Wasser hoch ist.

Gibt es ein Großzanderwetter?

Dem Zander wird nachgesagt, dass er sehr empfindlich auf Wettereinflüsse und vor allem Luftdruckschwankungen reagiert. Letzteres halte ich für absoluten Blödsinn. Es gibt meiner Erfahrung nach überhaupt keinen direkten Einfluss vom Luftdruck auf das Beißverhalten von Zandern. Auch der Einfluss des Wetters ist nur bedingt vorhanden.

Diese Einschätzung hört man selten. Was beeinflusst den Fang denn dann überhaupt?

Zander sind sehr lichtempfindliche Fische, weshalb ein direkter Zusammenhang zwischen Wassertrübung und Lichteinfall besteht. In sehr trüben Gewässern mit einer Sichttiefe von unter 50 Zentimetern beißen die lichtempfindlichen Zander meist sogar an sonnigen Tagen am besten. Bei einer mäßigen Eintrübung des Wassers mit einer Sichttiefe von bis zu einem Meter sind bedeckte oder nebelige Tage optimal, bei Sonnenschein muss man dort oft bis zum Einbruch der Dämmerung auf Bisse warten. Ist das Wasser noch klarer, sind Zander fast nur in der Nacht aktiv. Wenn man also die Lichtempfindlichkeit des Zanders beachtet, erhöht man seine Fangchancen enorm. Für mich ist das einer der wichtigsten Schlüssel zum Erfolg.

In seinem Element: Veit befischt ein Buhnenfeld an seinem Hausgewässer, der Elbe. Natürlich ist er zu Fuß unterwegs, ohne lange Vorbereitungszeit wie beim Bootsangeln.

Veit ist Spinnfischer durch und durch. Er fängt nicht nur dicke Zander, sondern auch kapitale Hechte.

Welche Monate sind die besten zum Uferangeln auf große Zander?

Große Zander habe ich schon in allen Monaten des Jahres, abgesehen von der Schonzeit, gefangen. Trotzdem sind die Zeiten zwischen Mitte Mai und Mitte Juli sowie der Dezember besonders gut.

Wollen große Zander auch große Köder?

Im Freiwasser großer Seen auf jeden Fall. Im Fluss trifft das nicht zu. Hier habe ich etwa zwei Jahre lang relativ intensiv mit Ködern um die 20 Zentimeter geangelt und konnte tatsächlich keine Verbesserung der Durchschnittsgröße meiner Fänge feststellen. Ein zwischen zehn und 14 Zentimeter langer Köder bringt viele und auch regelmäßig kapitale Zander.

Wie sieht der optimale Gummifisch zum Zanderangeln aus?

Bei Tageslicht eher schlank, mit frequenter, aber wenig druckvoller Aktion. Nachts darf der Shad dagegen eine intensivere Aktion haben – oder man nimmt einen schlanken, flachlaufenden Wobbler.

Was sind Deine drei Lieblingsköder zum Zanderangeln?

1. FTM Frequency Shad in 12 cm

2. Lunker City Shaker in 6“ (ca. 15 cm)

3. Salmo Perch in 8 cm

Thema Farben: Wie wichtig ist die Köderfarbe für den Fangerfolg?

Das hängt ganz stark vom Gewässer beziehungsweise der Wassertrübung ab. In relativ klaren Gewässern spielt die Köderfarbe eine sehr wichtige Rolle. Im trüben Wasser ist sie nicht unbedeutend, aber weniger entscheidend. Am wichtigsten ist, dass man volles Vertrauen in seinen Köder und dessen Farbe hat.

Welchen Farben vertraust Du?

In trüben Gewässern fische ich gerne mit eher auffälligen Farben, zum Beispiel grün, weiß und manchmal auch gelb. In klaren Gewässern kommen hauptsächlich Naturfarben zum Einsatz. In den letzten Jahren habe ich allerdings auch häufiger in Gewässern mit starken Grundelbeständen geangelt und festgestellt, dass hier, unabhängig von der Wassertrübung, Brauntöne fast immer am erfolgreichsten waren.

Benutzt Du Extradrillinge beim Zanderangeln?

Ich setze sie bereits bei etwa zehn Zentimeter langen Ködern ein. 40 Prozent meiner Fische hängen nur am Drilling. Auch bei kapitalen Exemplaren war das schon mehrfach der Fall. 2016 hatte ich im Frühjahr einen sehr guten Fangtag in einem See mit rund 30 Fischen, die fast alle am Drilling hingen, obwohl mein Köder nur 10,5 Zentimeter lang war.

Wir groß sollte der Extradrilling sein?

Für zehn Zentimeter lange Gummis verwende ich einen 10er Drilling, für 12er einen 8er, 14 Zentimeter lange Shads statte ich mit einem 6er Drilling, 16 Zentimeter lange mit einem der Größe 4 oder 2 aus.

Wie verhält sich ein großer Zander im Drill?

Großzanderdrills sind meistens eher unspektakulär. Die Fische kämpfen nicht lange und machen keine schnellen Fluchten, weshalb die Rollenbremse auch hart eingestellt sein kann. Es gilt, den großen Zander vom Grund mit vollem Druck zur Oberfläche zu zwingen.

Was ist die kritischste Phase im Drill?

Kurz nach dem Anhieb. Hängt der Haken nicht gut, steigt der Fisch aus.

Wie oft gehst Du im Jahr angeln?

Ich führe darüber kein Buch, aber es sind mehr als 200 Tage. Darunter sind aber auch viele Kurzeinsätze von vielleicht zwei Stunden.

Hast Du anglerische Vorbilder, die Dich geprägt haben?

Ein paar Kollegen in der Szene finde ich sympathisch, und ich habe so einiges von ihnen gelernt. Echte Vorbilder könnte ich aber nicht nennen, schließlich sollte man ja auch immer seinen eigenen Weg gehen.

Wie lautet Deine Philosophie beim Angeln?

1. Zeit ist Fisch!

2. Nur ein Köder, der im Wasser ist, kann auch fangen.

3. Kenntnisse über Gewässer und Zielfische sind wertvoller als die beste Ausrüstung.

Hast Du anglerische Träume?

Ich möchte mal einen Huchen fangen. Leider bin ich bisher noch nicht dazu gekommen, das mal gezielt zu versuchen.

Meine letzte Frage. Hand aufs Herz, Veit: Wann kaufst Du Dir ein Boot?

Ich habe eins! Das habe ich vor etwa drei Jahren das letzte Mal benutzt und zur Zeit an meinen besten Angelfreund Henni verliehen.

4. WIE WIRD MAN ANGELPROFI?

Bevor wir tiefer in die Angelprofi-Szene eintauchen, stellt sich die Frage, wie man Angelprofi wird und was darunter zu verstehen ist. Sich für den besten Angler dieses Planeten zu halten, stellt eine gute Basis für eine künftige Profikarriere dar. Um überregional bekannt und berühmt zu werden, sollte man aus der Masse der anderen Angler an seinen Hausgewässern herausstechen und sich nicht nur wie der tollste Hecht im Karpfenteich fühlen, sondern seine Qualitäten durch besonders gute und regelmäßige Fänge belegen können.

Dann muss man dafür sorgen, dass andere Angler von diesen herausragenden Fangerfolgen erfahren. Heutzutage besteht der erste Schritt zu Ruhm und Ehre wahrscheinlich darin, sich ein Konto in den sozialen Netzwerken zuzulegen und seine Fänge zu posten. Es gibt keinen schnelleren und praktischeren Weg, um seine Kunststücke am Wasser direkt mit der ganzen Welt zu teilen. Das Problem dabei: Die Welt kennt einen noch nicht, sodass man nur wenige Likes ernten wird. Außerdem gibt es viele Konkurrenten auf diesem Planeten, die ebenfalls glänzen wollen und sich für die besten Angler halten. So kommt es, dass der 1,15 Meter lange Hecht – der größte, der jemals im Vereinssee gefangen wurde – im Internet nicht die Würdigung erfährt, die er und sein Fänger eigentlich verdient hätten.

Was nun? Da man einen mehr oder weniger stark ausgeprägten Hang zur Selbstdarstellung mitbringt, ansonsten würde man ja nicht davon träumen, weltweit mit seinen Fängen für Furore zu sorgen, kommt man schnell auf die Idee, es ganz klassisch in die Angelmedien schaffen zu wollen. Die werden nämlich von vielen Anglern gelesen, und das meist monatlich. Mit einer Ausgabe der FISCH&FANG erreicht man beispielsweise fast 350.000 Leser beziehungsweise andere Angler, die die eigenen Fänge bestaunen können – das ist ein Anfang.

Es gibt nun diverse Möglichkeiten, wie man es auf die Seiten der Anglerzeitschriften schafft, zum Beispiel indem man seinen Fang bei den entsprechenden Fischhitparaden meldet. Dafür sollte der Fisch nicht zu klein sein, und, ganz wichtig, man braucht ein vernünftiges Foto davon. Ein 1,20 Meter langer und armdicker Aal schafft es vermutlich in jede Angelzeitung, aber meist nicht, wenn er im Feinrippunterhemd und mit Zigarette im Mundwinkel im heimischen Badezimmer präsentiert wird oder für das Foto an die Hauswand genagelt wurde. Alles schon erlebt.

Das Foto muss also klasse sein, da kann der Fisch ruhig eine Nummer kleiner ausfallen. Ein Foto ist übrigens nur dann gut, wenn es auch scharf ist. Ein kleiner Tipp am Rande. Nur Angler mit scharfen Fotos können Angelprofi werden.

Gut, nehmen wir an, man hat es mit drei scharfen Fotos, ohne Feinripp und Zigarette, dafür mit kapitalen Fischen in die Anglerzeitschrift geschafft. Jetzt merkt der angehende Profi, dass es die erste, sehnlichst erwartete Resonanz auf diese Fotos gibt. Allerdings melden sich nicht etwa prestigeträchtige Firmen wie Daiwa oder Shimano, um den neuen Stern am Anglerhimmel hoch vergütet unter Vertrag nehmen zu wollen. Nein, vielmehr wird der angehende Profi von Otto Normalanglern unfreundlich am Hausgewässer angeraunzt, ob es denn nötig gewesen sei, das entsprechende Vereinsrevier zu verraten. Vermutlich würden bald Millionen auswärtiger Angler anreisen und den See leer fischen, meckern die missgünstigen Vereinskameraden gerne.

Und nun? Den Kopf in den Sand stecken? Auf keinen Fall, jetzt nur nicht aufgeben. Ausschließlich auf Fangmeldungen zu setzen, reicht augenscheinlich nicht aus. Da denkt sich der angehende Profi: Vielleicht schreibe ich einen Artikel über meine erfolgreichste Methode und zeige auf diesem Weg, was ich für ein toller Hecht bin. Alles unter dem Deckmantel, sein Fachwissen wohlwollend mit anderen Anglern teilen zu wollen. Im Kern geht es natürlich nur darum, die eigenen Fänge und sich selbst als herausragenden Angler zu präsentieren. Denn eigentlich widerstrebt es jedem Angler, seine besten Tipps und Tricks kostenlos unters Volk zu bringen, um anderen Anglern bessere Fänge zu bescheren. Man will sich doch nicht die Konkurrenz ins eigene Haus holen. Wäre das wirklich der Fall, könnte man ja gleich auch seine Topstellen verraten, doch die entsprechenden GPS-Koordinaten rücken die etablierten Autoren nicht heraus.

Ich spreche aus eigener Erfahrung. Schließlich bin ich schon in Junganglerjahren auf die Idee gekommen, kurze Artikel im BLINKER zu veröffentlichen. Begonnen hat alles mit einem Spar-Tipp, bei dem ich dazu riet, Zigarrenbehälter aus Holz zur Aufbewahrung von Posen und anderem Zubehör zu benutzen. Es folgten weitere Tipps und Tricks sowie einige Fangfotos, zum Beispiel von einem 32 Zentimeter langen, pfündigen Rotauge. Natürlich war ich stolz wie Oskar, als ich meinen Namen und meine Fotos in dem Magazin bestaunen konnte.