Die Entstehung dieses Buches wurde von meiner Frau Silvia Gropp unterstützt. Sie hat durch ihre explizite Mitarbeit, durch Recherchen, Korrekturen und inhaltliche Hinweise einen wichtigen Beitrag zur Entstehung geleistet. Ein besonderer Dank gilt ihrem Verständnis und ihrer geduldigen Unterstützung.

Personalmanagement

Teil 1:

Rechtliche Rahmenbedingungen als Grundlage personalwirtschaftlichen Handelns

Teil 2:

Funktionsbereiche des Personalmanagements - eine prozessorientierte Betrachtung

Teil 3:

Vertiefungsthemen und Übungen zu ausgewählten Funktionsbereichen der Personalwirtschaft

Von

Reiner Müller

Diplom Kaufmann

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

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© 4. Aktualisierte Auflage: 2020 Reiner Müller

Illustration: Reiner Müller

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Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 978-3-741-2647-88

Der Autor

Studium an der Universität Mannheim; Schwerpunkte: Arbeits- und Wirtschaftsrecht sowie Personalmanagement mit Abschluss Diplom-Kaufmann. Danach arbeitete er langjährig als Personalreferent und Abteilungsleiter im Personal- und Sozialwesen zweier international tätiger Konzernunternehmen (Chemie- u. IT-Branche). Vor ca. 10 Jahren wechselte er in den Bildungssektor und arbeitet derzeit als Dozent und Tutor für verschiedene Hochschulen (Bachelor / Master) und Bildungsinstitute; als Prüfer und Korrektor ist er im Rahmen der Abnahme von Prüfungen bei der Industrie- und Handelskammer aktiv. Des Weiteren ist er als Gesellschafter eines Consulting-Unternehmens mit der Beratung von Unternehmen im Rahmen von arbeitsrechtlichen und personalwirtschaftlichen Fragestellungen betraut.

Oftersheim, im November 2020

Reiner Müller

Inhaltsverzeichnis

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher, weiblicher und diverser Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

Abschnitt 1:

Bedeutung und Einordnung des Bereiches Human Resources (HR)

1. Human Resources (HR)

1.1 Definition

Personalwesen - Personalwirtschaft - Personalmanagement - Human Resource Management (HRM) sind synonyme Begriffe die den Bereich der Betriebswirtschaft kennzeichnen, der sich mit dem Produktionsfaktor Arbeit und Personal auseinandersetzt. Das Personalwesen ist eine in allen Organisationen (z. B. Unternehmen) vorhandene Funktion, deren Kernaufgaben die Bereitstellung und der zielorientierte Personaleinsatz sind. In der Personalpraxis beziehen viele Unternehmen außer den Themen Führungs- und Geschäftsprozess auch die Aktion und Emotion des Personals ein.

1.2 Ziele

Modernes Personalmanagement zielt - unter Einbeziehung von Aspekten der Sozial- und Umweltverträglichkeit - auf nachhaltigen Erfolg ab. Dazu sind Methoden und Instrumente des Qualitätsmanagements und eines Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung von Unternehmen (Corporate Governance) erforderlich. Der Ordnungsrahmen wird maßgeblich durch Gesetzgeber durch das Rechtssystem bestimmt.

Nur nachhaltiger Erfolg bedeutet für die Personalabteilung der Zukunft Werterhaltung und Wertschöpfung auf lange Sicht.

Beispiele: Hohe Mitarbeiterzufriedenheit verbunden mit höherer Arbeitsproduktivität, kreativere Forschung und Entwicklung, weniger Betriebskosten, eine längere Betriebszugehörigkeit, langfristige Bindung hochqualifizierter Mitarbeiter ("Talente") und vermehrtes Interesse hochwertiger Bewerber, weniger Krankenstand und Fehlzeiten, geringere Personalkosten, höhere Leistungen, schnellere Reaktion auf Veränderungen am Markt.

In diesem Zusammenhang stehen die Sicherung der Arbeitsplätze, des Einkommens in ausreichender Höhe und der Arbeitsfähigkeit, die Gestaltung und Verbesserung des Arbeitsklimas und der Führungskultur und die Bündelung aller Kräfte auf das Unternehmensziel.

Manche Anforderungen sind verpflichtend: Erfüllen der Fürsorgepflicht als Arbeitgeber, Arbeitsplatzsicherheit (Brandschutz, Emissionsschutz, Umweltschutz), betriebliche Mitbestimmung.

Personalstrategisch können daraus konkrete Ziele für die Führungskräfte („Leadership“), die Teams und die Mitarbeiter abgeleitet werden.

1.3 Rahmenbedingungen

In einem arbeitsrechtlich geregelten System, wie in Deutschland, muss sich der Bereich Human Resource Management insbesondere mit dem Arbeitsrecht als Gesamtheit aller Rechtsregeln, die sich mit der nichtselbständigen, abhängigen Arbeit beschäftigen, auseinandersetzen.

Es sind zu unterscheiden:

  1. Individuelles Arbeitsrecht, das die Einzelbeziehungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern regelt. Zu nennen ist hier u. a. das Arbeitsvertragsrecht (z. B. BGB, HGB), das Arbeitsschutzrecht (z. B. MuSchG, JArbSchG, ArbZG, KSchG, Schutz schwerbehinderter Personen im SGB IX).
  2. Kollektives Arbeitsrecht, das die Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sowie zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden als Tarifvertragsparteien regelt (z. B. TVG, BetrVG).

Innerhalb dieses rechtlichen Rahmens müssen des Weiteren sowohl die Bedürfnisse bzw. Ziele der Eigentümer bzw. Anteilseigner (z. B. Aktionäre, sog. Shareholder) als auch verschiedenster Interessensgruppen (z. B. Konkurrenten, Gewerkschaften, Behörden, Kommunen, Politik usw.), also externer Gruppen, die ebenfalls Ansprüche an das Unternehmen haben (sog. Stakeholder) berücksichtigt werden. Um Unternehmensziele zu erreichen, bedarf es zielorientierter Maßnahmen und Ressourcenplanung im Personalbereich und einer geeigneten Unternehmenskultur.

Abschnitt 2:

Allgemeines Schuldrecht als Ausgangsbasis

2. Begriffe und Grundlagen der Rechtsordnung

2.1 Funktionen des Rechts

Die Rechtsordnung sichert durch Zwang den gesellschaftlichen Frieden. Nur durch Einschränkungen der Freiheit können Menschen wirklich frei sein. Da Menschen unterschiedliche Interessen und Wünsche haben, kommt es zwangsläufig zu Auseinandersetzungen. Durch das Recht werden diese Streitereien friedlich und nach einem geregelten Verfahren gelöst.

Letztlich hat das Recht eine grundsätzliche Erziehungsfunktion. Alle Bereiche des Lebens werden durch das Recht gestaltet. Gesellschaftlich unerwünschte Verhaltensweisen sollen bestraft und somit langfristig verhindert werden. Der Staat hat das Gewaltmonopol inne und muss es nutzen, um verhängte Strafen für Rechtsvergehen auch durchzusetzen.

In der Literatur werden im Wesentlichen drei Kernfunktionen des deutschen Rechtssystems unterschieden:

  1. Sicherheitsfunktion und Sanktionsfunktion: Wird gegen bestehende Rechtsnormen verstoßen, greifen staatl. Organe ein, um durch Zwangsmaßnahmen den Rechtsfrieden wiederherzustellen und somit die einzelnen Rechtsgüter betroffener Personen zu schützen.
  2. Ordnungsfunktion: Grundregeln, die dafür Sorge tragen, dass ein ordnungsgemäßes gesellschaftliches Leben möglich wird - dass Gebote u. Verbote eingehalten werden.
  3. Ausgleichsfunktion: Diese Funktion sorgt je nach Sachlage dafür, dass ein Geschädigter den ihm zugefügten Schaden ersetzt bekommt.

Situationsbeschreibung:

Im Folgenden finden Sie Beispiele welche den o. g. Kernfunktionen zugeordnet werden können.

  1. Die Straßenverkehrsordnung sieht vor, dass innerhalb geschlossener Ortschaften mit einer Geschwindigkeit von max. 50 km/h gefahren werden darf.
  2. Person B kommt mit seinem PKW vor einer roten Ampel nicht mehr rechtzeitig zum Stehen und verursacht einen Verkehrsunfall mit einem Schaden i. H. von 4.000,00 Euro. Er muss entsprechenden Schadensersatz an den Geschädigten bezahlen.
  3. Person H ist in einem Lebensmitteleinzelhandelsgeschäft beschäftigt. Der Geschäftsführer hat H dabei ertappt, wie dieser sich 100,00 Euro aus der Kasse nahm, nachdem diese für einen Kassiervorgang geöffnet war. H wird fristlos gekündigt und erhält eine polizeiliche Anzeige.

2.2 Rechtsgebiete - öffentliches und privates Recht

Beispiele: Straf-, Steuer-, Sozialrecht.

Beispiele: Arbeits-, Schuld-, Miet-, Familien-, Erb-, Handels-, Gesellschaftsrecht.

Situationsbeschreibung:

Im Folgenden finden Sie Beispiele welche den beiden o. g. Rechtsgebieten zugeordnet werden können.

  1. A leiht seinem Bruder B sein Auto, damit dieser Einkäufe in der Stadt machen kann.
  2. B parkt das geliehene Auto im Halteverbot und erhält von der Polizei einen Bußgeldbescheid über 60,00 Euro.
  3. V vermietet eine Wohnung an M. Im Mietvertrag wird vereinbart, dass M die Pflicht übernimmt, den Gehsteig im Winter zu streuen und den Schnee zu beseitigen.
  4. In einer Rechtsverordnung der Gemeinde G steht, dass die Anlieger verpflichtet sind, öffentliche Gehsteige, die an dem Grundstück vorbeiführen, im Winter vom Schnee zu befreien und bei Glatteis zu streuen.

2.3 Willenserklärungen als rechtliche Äußerung

Ohne Willenserklärungen ist in unserer Rechtsordnung keinerlei rechtliches Handeln möglich. Eine Willenserklärung kann wie folgt beschrieben werden:

1. eine Person (Rechtssubjekt),

2. erklärt ihren Willen:

3. mit dem Ziel einer Rechtsfolge.

Grundsätzlich können drei verschiedene Möglichkeiten unterschieden werden, wie ein Rechtssubjekt eine Willenserklärung abgeben kann:

Situationsbeschreibung:

Im Folgenden finden Sie Beispiele welche den Möglichkeiten einer Abgabe von Willenserklärungen zugeordnet werden können (vgl. dazu §§ 133, 242 BGB).

  1. Ehepaar E steigt auf einem Jahrmarkt in ein Karussell um damit zu fahren.
  2. Person P äußert in einem Teppichgeschäft Folgendes: “Diesen Teppich würde ich gerne erwerben.”
  3. Der Kunde eines Telefonunternehmens kündigt seinen bestehenden Mobilfunkvertrag nicht; dieser verlängert sich daraufhin um ein weiteres Jahr.
  4. Person L bestellt bei einem Online-Handel über das Internet ein paar Schuhe.
  5. In einem Autohaus schließen Verkäufer und Käufer einen schriftlichen Kaufvertrag.
  6. Auf dem Weg zur Arbeit geht Person A an einem Kiosk vorbei, legt den passenden Eurobetrag auf die Kiosktheke, nimmt sich eine Tageszeitung und geht wortlos weiter.

2.4 Arten von Rechtsgeschäften

Ein Rechtsgeschäft besteht aus mindestens einer Willenserklärung. Durch diese Willenserklärung(en) kommt es zu einer Rechtsfolge. Es gibt verschiedene Arten von Rechtsgeschäften. Als erstes unterscheidet man zwischen einseitigen und mehrseitigen Rechtsgeschäften (Verträge). Weiter wird unterschieden zwischen empfangsbedürftigen und nicht empfangsbedürftigen Willenserklärungen, sowie zwischen einseitig und gegenseitig verpflichtenden Verträgen.

Folgende Skizze verdeutlicht den o. g. Sachverhalt:

Situationsbeschreibung:

Im Folgenden finden Sie Beispiele welche den verschiedenen Arten von Rechtsgeschäften zugeordnet werden können.

  1. Eine Privatperson erstellt zur Regelung ihrer Vermögensverhältnisse im Falle des Versterbens ein Testament (vgl. u. a. §§ 2229, 2231 BGB).
  2. A schenkt seinem Freund B ein Buch (vgl. u. a. § 516 BGB).
  3. C kauft in einer Buchhandlung einen Gesetzestext (vgl. u. a. § 433 BGB).
  4. Ein Arbeitgeber kündigt das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers (vgl. u. a. § 623 BGB).

2.5 Antrag und Annahme als Willenserklärungen

2.5.1 Zustandekommen von Verträgen

Verträge kommen durch mindestens zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande. Zwischen diesen beiden Willenserklärungen muss eine inhaltliche Übereinstimmung vorliegen, ein sog. Konsens (aus dem lat. consensus = Überein- /Zustimmung). Ob tatsächlich ein Konsens vorliegt muss ggf. durch Auslegung im Sinne der §§ 133, 157 BGB erfolgen.

Folgende Skizze verdeutlicht den o. g. Sachverhalt:

Es muss somit über alle Punkte, die Vertragsinhalt werden sollen, eine Einigung erzielt werden. Bei fehlender inhaltlicher Übereinstimmung liegt ein Dissens (aus dem lat. dissensus = Uneinigkeit) vor; dies führt grundsätzlich zur Nichtigkeit eines Vertrages. Auf die unterschiedlichen Dissensarten soll hier nicht weiter eingegangen werden.

Situationsbeschreibung:

Im Folgenden finden Sie Beispiele im Hinblick auf das Zustandekommen von Verträgen. Diese können hinsichtlich ihrer Wirksamkeit betrachtet werden.

  1. A möchte B sein Mountainbike verkaufen und verlangt 4.500,00 Euro. B der das Bike schon gerne hätte, sagt zu A, dass er das Vertragsangebot annehme, aber nur 4.000,00 Euro zahlen wolle.
  2. V und K schließen einen Werkvertrag, obwohl sie unterschiedlich lange Gewährleistungsfristen wollen. Obwohl Sie sich nicht über diesen Punkt einigen, beginnen sie mit den Baumaßnahmen.

2.5.2 Voraussetzungen eines wirksamen Antrages