Für meine Mama, meinen Papa und Peter.
Von Herzen DANKE für all eure Liebe.

Copyright © 2021 Palomaa Publishing

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Layout und Satz: Katja Rub (www.katja-rub.de)

Umschlaggestaltung: Tanita Schneider (www.tanita-schneider.de)

Umschlagfotografie: Isabel Winckler (www.isabelwinckler.com)

Verlag: Palomaa Publishing, Leipzig

Herstellung: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN eBook: 978-3-9821915-9-1

Dieses Buch ist unter der ISBN 978-3-9821915-8-4 auch als Hardcover erschienen.

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und der Autorin unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Alles, was hinter dir liegt, und alles, was noch vor dir liegt,
ist nichts im Vergleich zu all dem, was in dir verborgen liegt.

Wenn du damit beginnst, dich der Weisheit deines
Herzens zu öffnen
und all das, was in dir steckt, nach außen zu bringen,
dann begegnet dir eine Welt voller Wandel & Wunder.

(Doreen Kascha)

10 Sätze, die du immer in dir tragen darfst:

1. Ich bin wichtig.

2. Mein Leben ist einmalig.

3. Mein Herz kennt den Weg.

4. Ich darf meine Gefühle fühlen.

5. Meine Worte sind unendlich kraftvoll.

6. Mein Traum ist da, um gelebt zu werden.

7. Ich glaube an mich und daran, dass alles in mir ist.

8. Mit meinen Gedanken erschaffe ich meine Realität.

9. Es gibt niemanden auf dieser Welt, der so ist, wie ich bin.

10. Es ist meine Aufgabe, die Verantwortung für mich zu übernehmen.

INHALT

VORWORT VON SUSAN
SIDEROPOULOS

Kennst du diese Art von Menschen – wenn du an sie denkst, musst du einfach lächeln? Genau so ein Mensch ist Dori für mich.

Glaubst du an Schicksal? Ich glaube ja, dass meine Begegnung mit Dori etwas Schicksalhaftes hatte. Ich erzähle dir ganz kurz, warum ich das denke, und vielleicht wirst du mir zustimmen. Dori hat mich über Instagram angeschrieben in einer Zeit, in der ich noch ganz frisch – ich nenne es mal – in der „Persönlichen Weiterentwicklungswelt“ war ;). Ich bin eigentlich Schauspielerin und Moderatorin und habe wie die meisten, vielleicht auch du, durch eine persönliche Krise angefangen, mich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Ich fing an, mir die richtigen Fragen zu stellen. Und um es mal salopp vorweg zu nehmen – einfach ALLES geht um die richtigen Fragen. Und deswegen finde ich es wundervoll, dass Dori sich mit diesem Buch genau darauf konzentriert.

Kurz zurück zu unserem Kennenlernen. Sie schrieb mich also an und ich spürte schon in ihrer Nachricht diese unglaubliche Energie. Dann klickte ich auf ihr Profil und sah ein strahlendes Paar: Dori und Jan. Mein Bauchgefühl, auf das ich ja lernen wollte, wieder besser zu hören, sagte JA. Lade die zwei ein, sie wollten nämlich eine Podcastfolge mit mir aufnehmen. Und so saßen wir nur einige Wochen später in Berlin an meinem Küchentisch. Dori war ganz aufgeregt und konnte es immer noch nicht fassen, dass es einfach so geklappt hat. Ein wunderschönes Gespräch folgte und wie der Zufall – oder Nein, natürlich das Schicksal – wollte, hatten die zwei im Anschluss noch ein Interview mit Lars Amend. Ihn wiederum kannte ich bis dahin noch nicht, aber um es kurz zu fassen: Auf Dori’s Empfehlung las ich sein Buch, saß kurz darauf in seinem Podcast, den wiederum hörte seine Verlegerin, die wiederum machte mir ein Angebot ein Buch zu schreiben, dieses ist nun im Handel, ich bin der glücklichste Mensch der Welt und als i-Tüpfelchen darf ich jetzt sogar ein eigenes Vorwort schreiben, und zwar für die zauberhafte Dori. Und das war mit Abstand der längste Satz, den ich je geschrieben habe :). Was sagt uns diese Geschichte? Das Leben öffnet uns die richtigen Türen, wenn wir mit einem offenen Herzen JA sagen. Ja zum Leben. Ja zu Möglichkeiten. Mutig sind, Chancen zu ergreifen, so wie Dori. In diesem Buch nimmt sie uns mit auf ihre persönliche Reise. Denn eins ist sicher, auch bei Dori fing alles mit einer Entscheidung an. Verantwortung für sich selbst zu übernehmen und Ja zum Leben zu sagen. Heute möchte sie andere mitnehmen auf ihrem Weg, ihnen zeigen, dass auch, wenn es anfangs fast unmöglich erscheint, ALLES MÖGLICH ist! Wir sehen meist nur die Spitze des Eisbergs. Wir sehen eine strahlende Dori, bei der alles spielend leicht aussieht. Wie hat sie das gemacht? Welche Fragen haben ihr Leben verändert?

Einen Lieblingsmoment möchte ich schon jetzt mit dir teilen, dieser fand in Thailand statt. Ich liebe dieses Land und habe die Magie dort selbst gespürt. Dori hatte genau dort einen magischen Moment. Der Moment, in dem ihr die Kraft ihrer Gedanken mit einem Mal so bewusst geworden sind und sie einen Gedanken für sich veränderte. Aus „Wie soll ich das schaffen?“ wurde „Es muss doch möglich sein!“ Allein wenn ich daran denke, bekomme ich eine Gänsehaut.

Ich glaube ja ganz fest daran, dass Bücher uns finden, und nicht andersherum. Du hast das richtige Buch für dich in deiner Hand, und ich wünsche dir eine wunderschöne Lesezeit.

Deine Susan (April 2021)

WAS DIR DIESES BUCH
ERMÖGLICHEN KANN

Viele Jahre in meinem Leben habe ich gespürt, dass da irgendwie noch mehr in mir ist. Ganz tief in mir spürte ich eine Kraft, eine Art verborgenes warmes Leuchten, das ich nicht zuordnen konnte. Ich wusste nicht, was „es“ ist. Ich wusste nicht, wie ich „es“ einordnen kann. Ich konnte „es“ weder benennen, noch darauf zugreifen. Ich wusste nicht, welche Fragen ich mir stellen konnte, um „es“ zu entdecken, geschweige denn, wo ich die Antworten auf meine Fragen finde. Ich spürte „es“, mein wahres Potential, doch gleichzeitig war ich so weit von ihm entfernt. Und so vergrub ich es weiterhin ganz tief in mir und habe mich von diesem „es“ abgewandt, weil es mich einfach verwirrte. Bis ich irgendwann vergessen habe, dass es überhaupt da ist.

Geht es dir ähnlich? Hast auch du das Gefühl, dass noch mehr in dir steckt, du aber nicht an dieses „Mehr“ herankommst? Zweifelst du gleichzeitig daran, dass dem wirklich so ist? Dann möchte ich dich an Folgendes erinnern:

Es gibt keinen Menschen auf dieser Welt mit deiner Geschichte. Keinen Menschen mit deinen Talenten, mit deinem Lachen, mit deinen Visionen. Du bist einzigartig. Du bist kein Zufall, sondern ein absolut einmaliger Einfall des Universums. Es ist an der Zeit, das Feuer in dir zu entdecken. Das Feuer in deinem Herzen. Das Herz, das dich zu deinen Antworten führt.

„Es“ ist in dir, so wie „es“ in mir ist und in den Menschen, die dich umgehen. Denn das „es“ bist du, einfach du. Vollkommen unvollkommen – absolut perfekt du.

Wusstest du, dass es wahrscheinlicher ist, im Lotto zu gewinnen, als geboren zu werden? Das bedeutet, dass du mit dem Tag deiner Geburt etwas unheimlich wertvolles, einmaliges gewonnen hast: dein Leben! So wie das Leben dich gewonnen hat. Wenn es egal wäre, ob du hier bist oder nicht, dann wärst du es nicht. Dann wärst du nicht über den Schoß deiner Mutter auf diese Erde gekommen. Du bist ein Wunder. Du bist voller Potentiale. Voller Stärken. Voller Talente. Voller Lachen. Voller Leben. Voller Energie. Voller Weisheit. Voller Liebe. Voller unendlicher Schönheit. Und vielleicht ist es genau das, wovor du dich fürchtest: all das zu sein. All dies in dir vereint zu haben.

Vielleicht hast du Angst davor, dich zu zeigen, da du nicht als selbstverliebt oder egoistisch angesehen werden möchtest. Vielleicht hast du als Kind gelernt, dass du zu viel bist, zu laut, zu schnell. Dass es viel besser ist, brav und bescheiden und nicht wild und frei zu sein. Vielleicht hast du eines Tages sogar die Entscheidung getroffen, dass es sehr viel sicherer ist, jemand anderes beziehungsweise einfach weniger von dir zu sein – und hast begonnen, genau danach zu leben. Doch so wenig du auch von dir zeigen wolltest, es war immer da. Die Flamme in dir ist nie ganz erstickt. Das kleine, sanfte, zarte Licht leuchtet noch. Mitten in deinem Herzen.

Und weißt du, wie viele Kerzen es braucht, um einen ganzen Raum zu erleuchten? Eine Einzige. Es braucht eine einzige Kerze. Das bedeutet, dass – so klein diese Flamme in dir auch gerade scheinen mag – sie ausreicht, um dich ganz tief in dir daran zu erinnern, dass du mehr bist als du glaubst zu sein. Mehr bist als deine Gedanken, die dich zurückhalten, mehr als deine Sorgen und Ängste, mehr als einfach irgendein Mensch, mehr als die Fragen, die dich umhertreiben und auf die du (jetzt noch) keine Antwort findest. Die kleine Flamme in dir genügt, um die Leidenschaft und die Begeisterung für dich selbst wieder zu entfachen, um dich (ein neues Mal) zum Leben zu erwecken, um dich für dich selbst und dein Strahlen zu erwärmen.

Mit diesem Buch unterstütze ich dich dabei, diese kleine zarte Flamme größer werden zu lassen, indem ich dich dazu ermutige, deinen Weg vom Kopf in dein Herz zu gehen. Um so alle Antworten auf deine Fragen in dir selbst zu finden. Ich wünsche mir, dass du so leuchtest und strahlst, wie du es verdient hast. Ich wünsche mir, dass du „herzwärts“ gehst und ein wirklich erfülltes Leben lebst. Denn wenn du dies tust, inspirierst du andere Menschen dazu, dies auch zu tun. Dieses Buch hilft dir dabei, das Lebensfeuer in dir wieder zu spüren, indem du die Fragen loslässt, die dich zurückhalten und Antworten findest, die deinem Herzen, nicht deinem Kopf entspringen. Es ist nichts Tugendhaftes daran, ein lauwarmes Leben zu führen – aus falscher Bescheidenheit, aus der Angst vor der Beurteilung anderer oder weil es eben alle anderen als normal ansehen, dass das Leben nur lauwarm ist. Dein ganz persönliches Lebensfeuer möchte sich zeigen.

Es mag sein, dass du jetzt noch nicht daran glaubst, dass du dieses Feuer wirklich entdecken kannst und das ist okay. Mache es dir selbst bitte nicht zum Vorwurf. Vielleicht bin ich heute die erste Person, die dir sagt, dass du darfst. Du darfst. Du darfst du sein. Denn du bist fabelhaft. Und weißt du, wenn du nicht du bist, wer ist es dann?

Ich weiß, dass du nur das Beste verdient hast. Auch, wenn du momentan selbst vielleicht nicht daran glauben kannst. Dass mehr in dir und auf dich wartet. Aber du bist nicht allein.

Mir ging es genauso. Und auch all den Frauen, die ich auf ihrem Weg begleitet habe, ging es ebenso. Und was soll ich dir sagen: Die Wunder begegnen uns oft erst, wenn wir uns ihnen mit unserem Herzen öffnen. Wenn wir anfangen, die Welt und uns selbst mit dem Herzen zu sehen. Denn sowohl ich als auch all diese Frauen haben erkannt, welche Größe wirklich in ihnen steckt und wie sehr das Lebensfeuer in ihnen brennt. Wir sind alle Spiegel füreinander. Die Wandel und Wunder der anderen warten auch auf dich. Dieses Lebensfeuer steckt übrigens nicht nur in uns Frauen, sondern ebenso in Männern. In erster Linie richtet sich dieses Buch an die weiblichen Schöpferinnen. Nichtsdestotrotz bist du als Mann natürlich herzlich eingeladen, all das mitzunehmen, das sich auch für dich gut anhört.

Damit du siehst, dass auch ich in meinem Leben an Punkten war, an denen ich mehr an mir gezweifelt als an mich geglaubt habe, lasse ich dich im ersten Teil des Buches an meiner persönlichen Geschichte teilhaben. Ich erzähle dir diese, damit du weißt, dass du nicht allein bist. Damit du, falls du dir selbst mehr Fragen stellst als du beantworten kannst, hörst, dass es einen Weg raus aus dem Gedankenkreis gibt, in dem du dich gerade zu drehst. Der Weg hinaus führt durch dein Herz.

Ich greife in diesem Buch die Fragen auf, die mich selbst immer und immer wieder beschäftigt haben. Die mitunter fiesen Fragen, die du dir vielleicht auch schon einmal gestellt hast oder immer wieder stellst. Wie beispielsweise die Frage, warum alle anderen (vermeintlich) viel besser sind als du oder du nicht gut genug bist. Ich gebe dir keine Antworten auf die Fragen. Denn diese kennst du. Vielleicht hast du bislang nur an der falschen Stelle nach ihnen gesucht – in deinem Kopf und nicht in deinem Herzen. Ich teile mit dir meine persönlichen Erlebnisse, Erfahrungen und Coaching-Impulse, die dich darin unterstützen können, selbst Antworten zu finden. Antworten, mit denen du deine Geschichte neu schreiben kannst. Antworten, um es, das Feuer in dir, wieder zu entfachen. Da du gerade diese Zeilen liest, bin ich der festen Überzeugung, dass du bereit dazu bist: Bereit, dich für diesen weisen, wundervollen, magischen, inspirierenden Wegweiser in dir zu öffnen.

Dein Herz macht sich nicht mit Worten bemerkbar. Die Sprache des Herzens sind Gefühle. Wie fühlt sich dein Herz für dich an? Dieses Buch lädt dich dazu ein, genau dies zu entdecken. Zu entdecken, wie sich dein Herz bemerkbar macht und wann. Achte beim Lesen auf das Gefühl in dir. Lies das Buch nicht nur mit deinen Augen, nicht nur mit deinem Kopf, sondern vor allem mit deinem Herzen.

PS: Wenn du eine Frage hast, die nicht in diesem Buch steht, dann gebe ich dir einen Tipp mit: Einfach herzwärts danach suchen. Dein Herz kennt die Antwort bereits. Solltest du dir darüber hinaus persönliche Begleitung auf deinem Weg wünschen, unterstütze ich dich sehr gerne mit meinen Coaching-Angeboten und meinem Podcast.

In purer Liebe und Dankbarkeit,

WIE ICH MEINE ANTWORTEN FAND

„One day you will tell your story of how you overcame what you went through and it will be someone else’s survival guide.“

(Brené Brown)

Hast du dich in deinem Leben schon einmal gefragt, ob das jetzt alles sein kann? Hast du dich schon einmal gefragt, wer du schon bist und ob du etwas Besseres verdient hättest? Hast du dich selbst schon einmal gefragt, welche Entscheidungen du treffen sollst oder hast du dich gefragt, ob nicht alle anderen viel besser sind als du selbst?

Ich kenne all diese und noch mehr Fragen, auf die unser Kopf scheinbar keine Antwort findet. So rastlos wir auch nach ihnen suchen. Und ich selbst war ebenfalls lange Zeit taub für das, was mir mein Herz wirklich sagen wollte. Für all die Antworten, die in ihm verborgen lagen.

Solange bis es mich eines Tages, als ich mit 27 Jahren auf einer Rolltreppe im U-Bahn Schacht stand, förmlich anschrie. So laut, dass es mir kaum noch möglich war wegzuhören. Es sagte mir: „Doreen, du kannst so nicht weitermachen!“ Es sagte mir genau das, was ich mir selbst nicht eingestehen wollte. Es gab mir die Antwort, die ich zwar suchte und doch nicht bereit war zu hören.

Lass uns in der Zeit ein wenig zurückgehen: Bis zu dem Moment auf der Rolltreppe hatte ich von Außen betrachtet ein wirklich gutes Leben. Ein solides glückliches Leben. Manche Menschen in meinem Umfeld sagten sogar, es sei das Traumleben gewesen. Das Traumleben mit dem Traummann in der Traumbeziehung in der Traumwohnung mit dem Traumjob. Und das war es.

Es war eine lange Zeit genau das, was ich mir immer erträumt hatte.

Nachdem ich einige Jahre mit meinem Freund zusammen gewesen bin, folgte die Traumhochzeit. Für mich war es die Hochzeit, die ich mir immer gewünscht hatte. Mit einem weißen Kleid, einem langen Schleier, einer Hochzeitskutsche, einer großen Kirche, einem liebevollen Ehemann und einer wunderschönen Feier in einem Schlösschen.

Ich war zu dieser Zeit fest in einem großen Konzern angestellt und kletterte die Karriereleiter in Windeseile immer weiter hinauf. Meine wenige freie Zeit verbrachte ich damit, mich für meine Arbeit zu belohnen, indem ich mein verdientes Geld für Klamotten und Kosmetik ausgab. Zudem lenkte ich mich erfolgreich ab, indem ich viele Serien und Fernsehen schaute, Zigaretten rauchte, Alkohol trank und mit Freunden feierte. Wirkliche Hobbys hatte ich keine, doch empfand ich dies nicht als sonderlich schlimm, da ich es gut schaffte, über einige Lebensbereiche einfach großzügig hinweg zu schauen. So machten es doch schließlich viele Menschen und meines Empfindens nach gab es mehr Menschen, die nicht wussten, was sie Sinnvolles mit ihrer freien Zeit anstellen sollten als die, die es wussten. Ich fühlte mich also in sehr guter Gesellschaft.

Kurz gesagt: Wegsehen konnte ich gut, ohne zu merken, dass ich dies tat.

Ich war eine liebende Ehefrau, fleißige Angestellte, treue Freundin, brave Tochter, gute Schwester und ein wenig Ich. Ein wenig. So viel, wie ich eben zuließ zu sein.

Und doch spürte auch ich sie. Natürlich spürte ich sie. So wie du sie tief in dir spürst. Diese kleine Flamme. Ich spürte ganz tief in mir, dass da noch mehr ist, das irgendwie heraus möchte. Jedoch fehlte mir jeglicher Zugang dazu. Ich konnte es weder benennen noch wirklich greifen. Meine Versuche, „es“ zu finden, scheiterten immer wieder an meinen blockierenden Gedanken. Immer, wenn ich diesen kleinen Funken spürte, der die Flamme hätte entfachen können, hinderten mich meine lähmenden Gedanken und Fragen daran, dies wirklich zu tun.

Auf der einen Seite wollte ich eigentlich mehr aus mir und meinem Leben machen. Auf der anderen Seite wusste ich nicht, wie, und ich empfand diesen Wunsch zudem als unangebracht. So glitt ich immer weiter hinein in das Leben, das ich lebte – voller Konsum und Ablenkung.

Eines Tages fand ich mich auf Arbeit in einem riesigen internationalen Projekt wieder, das ich eigentlich nicht leiten wollte. Irgendwie bin ich da hinein gerutscht und irgendwie fand ich keinen Weg mehr hinaus. Ich arbeitete jeden Tag mindestens zehn, elf Stunden, in der Regel sogar noch zwei, drei Stunden länger. Von Montag bis Freitag und teilweise auch am Wochenende. Ich flog nach England zu wichtigen Meetings und trug plötzlich Sachen, die sich tief in mir drin falsch anfühlten. Mehrere Monate lang lag mein einziger Fokus auf diesem einen Projekt. Alles andere musste sich hinten anstellen. Meine Familie, meine Freunde, meine Gesundheit, die Liebe.

Nachdem ich es halbwegs unbeschadet durch diese Monate geschafft hatte, passierte es. Das, was mich wirklich zwang, mich mit mir selbst zu befassen. Nicht halbherzig, nicht „Ich könnte mal …“, sondern frei nach dem Motto: „Es gibt jetzt keine andere Wahl mehr.“ Denn ich verliebte mich in einen anderen Mann. Herz über Kopf. Ich konnte es weder verstehen, noch erklären. Ich konnte die Gefühle weder abstellen, noch ausleben. Mein Kopf drehte sich. Ich fühlte mich schuldig. Ich hatte so viele Fragen und wusste nicht, wo ich die Antworten finden sollte.

Und in genau diesem Moment meldete es sich bei mir. Mein Herz. Und sagte auf der Rolltreppe: „Du kannst so nicht weitermachen.“ In dieser Zeit entschied ich mich dazu, zwei Wochen alleine nach Thailand zu fliegen, um es zu versuchen. Um zu versuchen, in das Gespräch mit meinem Herzen zu gehen.

Nach meiner Rückkehr trennten mein Mann und ich uns und ich war seit Jahren wieder allein. Alles stand Kopf. Die Zeit war so herausfordernd, dass ich wirklich daran zweifelte, ob diese ganze „Follow your heart“-Geschichte wirklich eine gute Sache war.

Manchmal erleben wir nicht das, was wir uns gerade wünschen, sondern das, was wir brauchen, um über uns hinauszuwachsen.

So fand ich Stück für Stück wieder zurück zu mir und ich wagte es, mich auf die bisher größte und schönste Liebesgeschichte einzulassen: die liebevolle Beziehung zu meinem Herzen. Die Beziehung zu mir. Auf die Liebe zu mir und die Liebe zu meinem Leben.

Und dadurch fand die Liebe auch wieder zu mir. Ich lernte meinen Freund und Seelenpartner Jan kennen und wir entschieden uns gemeinsam, unseren Herzen zu folgen. Von heute auf morgen kündigten wir unsere Anstellungen und reisten sechs Monate mit dem Rucksack durch Süd-Ost-Asien, mit lediglich drei gebuchten Übernachtungen im Gepäck. Wir ließen uns sechs Monate lang treiben, inspirieren, begeistern. Wir lernten, dankbar und demütig zu sein und gleichzeitig mehr zu erwarten als nur lauwarm (das kann auch daran gelegen haben, dass es fast jeden Tag über 30 Grad waren). Wir stellten unser inneres Zuhause einmal komplett auf den Kopf und entfachten dadurch endlich unser eigenes Lebensfeuer. Es war eine magische Zeit.

Heute arbeite ich erfolgreich als Coach und Podcasterin, bin Community-Host und habe dieses Buch für dich geschrieben. Ich begleite Frauen auf ihrem Weg zurück zu sich nach Hause. Ich unterstütze sie dabei, Verletzungen und Wunden zu heilen, die Geschenke in ihrer eigenen Vergangenheit zu erkennen und ihre einzigartige Schöpferkraft zu entdecken. Ich begleite sie auf dem Weg, auf dem ich mich so oft allein gefühlt habe.

Mein Weg klingt so leicht? Es klingt so, als hätte sich automatisch alles gefügt? Das haben Geschichten so an sich. Wir können sie rückwärts verstehen und erzählen, müssen sie jedoch vorwärts leben. Und das Erleben kann uns in einigen Momenten wirklich an unsere eigenen Grenzen bringen. Gleichzeitig möchte ich nichts von dem missen, was ich erlebt habe. Denn dadurch, dass ich durch alle diese Täler und über die Berge gegangen bin, kann ich dir heute meine Perspektive auf die Fragen geben, die mich in all diesen Phasen beschäftigt haben. Und auf die ich eine wirkliche Antwort erst in dem Moment erhalten habe, als ich diese im Herzen und nicht im Kopf suchte.

Meine Antworten werden nicht deine Antworten sein. Und das ist gut so: Denn dein Herz ist nicht mein Herz. Meine Antworten sollen dich lediglich darin unterstützen, das Feuer in deinem Herzen wieder zu spüren und zu erkennen, dass du eine wundervolle, inspirierende, wahnsinnig schöne Frau bist.

Damit du siehst, dass du nicht allein bist, nehme ich dich mit auf meine Reise durch die Täler und Berge und teile all das mit dir, was mir geholfen hat, von meinem Kopf in mein Herz zu kommen. Ich wünsche dir viel Freude und Inspiration damit.

DEINE ANTWORTEN AUF DIE
FRAGEN DES LEBENS

Gute Fragen sind unheimlich kraftvoll. Gute. Wie oft stellen wir uns wirklich gute Fragen? Wenn es dir so geht, wie es mir eine lange Zeit ging, schwirren dir eher die Fragen im Kopf herum, die dich irgendwie beschweren und dir gar nicht wirklich die Möglichkeit geben, eine Antwort zu finden. Aus diesem Grund habe ich auch diese Fragen, die sich uns allen hin und wieder in den Weg stellen, aufgegriffen. Dann kannst du endlich mit ihnen abschließen und dich den Fragen zuwenden, die dich deinem inneren Feuer wirklich näher bringen. Auch diese findest du in diesem Buch. Also, lass uns beginnen.

Wie soll ich mich nur entscheiden?

Von der Freiheit, Entscheidungen zu treffen

Kennst du die Geschichte von dem Esel in der Wüste?

Es gab einmal einen Esel in einer Wüste, der ziemlich verzweifelt war. Auf der einen Seite war er sehr hungrig, auf der anderen Seite aufgrund der großen Hitze sehr durstig. So ging er erst einige Schritte in Richtung Heu, um direkt wieder einige Schritt zum Wasser zu gehen. So bewegte er sich immer wieder unentschieden zwischen dem Wasser und dem Heu, ohne eines der beiden Dinge zu erreichen. Während er sich nicht entscheiden konnte und immer verzweifelter hin und her stapfte, wurde es immer heißer und heißer. Die Sonne schien vom Himmel und der Esel wurde immer schwächer. Doch er konnte sich weiterhin nicht entscheiden: Heu oder Wasser? Wasser oder Heu? Während er sich diese Frage immer wieder stellte, bemerkte er kaum, wie schwächer er von Minute zu Minute wurde.

Kannst du dir vorstellen, was mit dem Esel geschah? Richtig. Er verhungerte und verdurstete. Er konnte einfach keine Entscheidung treffen.

Zum Glück ist es nicht so, dass wir in unserem Leben ständig schwere Entscheidungen treffen müssen, von denen unser ganzes Leben abhängt. Wenn du beispielsweise einen Wellness-Trip buchst und dir wird angeboten, für nur 15 Euro mehr ein besseres Zimmer, einen Obstkorb und eine 30-minütige Massage on top zu bekommen, wirst du diese Entscheidung wahrscheinlich sehr gerne und ziemlich leicht treffen. Ist eine Alternative also klar die deutlich bessere Alternative, fällt es uns nicht schwer, eine Entscheidung zu treffen. Herausfordernder wird es bei den Entscheidungen, deren Alternativen für uns schwerer abschätzbar sind. Und das sind in vielen Fällen genau die Entscheidungen, die in unserer eigenen Wahrnehmung einen maßgeblichen Einfluss auf unsere weitere Lebensführung haben. Womit wir uns letztendlich doch in einer ähnlichen Situation wie unser Esel befinden und vor der Fragen stehen: Wasser oder Heu?

Vor genau solchen Entscheidungen stand ich in den letzten Jahren immer wieder, was dazu führte, dass ich mich heute so frei wie niemals zuvor fühle. Nicht unbedingt aufgrund des Ausgangs der Entscheidungen, sondern aufgrund dessen, dass ich den Mut hatte, überhaupt Entscheidungen zu treffen.

Vielleicht kannst du dir schon vorstellen, wann ich mir selbst die Frage „Wie soll ich mich nur entscheiden?“ gestellt habe. Es war in einem dieser großen Entscheidungsmomente, in denen wir wissen, dass die Entscheidung, die wir treffen, eine wirkliche Auswirkung haben wird. Es war, als ich mich fragte, wie es mit meiner Ehe weitergehen soll: ob ich bleiben oder gehen soll.

Schlicht und ergreifend schwebte diese eine riesengroße Frage mehrere Monate über meinem Kopf: Wie (zur Hölle) soll ich mich nur entscheiden?

Die Sache mit den Entscheidungen

Entscheidungen zu treffen, kann wirklich zu einer schier unlösbaren Aufgabe für uns Menschen werden, wenn wir denken, dass wir diese aus dem Kopf heraus treffen müssten. Ich gehörte lange Zeit zu den Personen, die genau hier versuchten, Entscheidungen zu treffen: Im Kopf. Oft begann ich, eine Pro- und-Kontra-Liste zu machen, um diese nach bestem Wissen zu befüllen.

Was passiert jedoch, wenn auf beiden Seiten gleich viele Punkte stehen? Oder wenn zwei Punkte auf der einen Seite so viel Gewicht haben wie ein Punkt auf der anderen Seite? In den meisten Fällen schalten wir wieder unseren Kopf an, um eine Lösung für dieses Problem zu suchen, was dazu führt, dass wir uns erneut fragen: Wie soll ich mich nur entscheiden?

Bitte verstehe mich richtig: Ich bin sehr froh, dass wir unseren Kopf und unseren Verstand haben. Unser Verstand befähigt uns dazu, zu wissen, wie wir etwas machen sollen und das ist für die Umsetzung unserer Entscheidungen unverzichtbar. Unser Verstand allein eignet sich jedoch nur bedingt dafür, Entscheidungen zu treffen. Denn ich verspreche dir: Wenn du nur lange genug über etwas nachdenkst, wirst du immer etwas finden, was dagegen spricht!

Um Entscheidungen zu treffen, darfst du in deinem Körper etwas tiefer rutschen. Und zwar in dein Herz. Wenn ich auf den folgenden Seiten vom Herzen spreche, dann spreche ich damit von dem Gefühl in dir, deiner Intuition, deinem Bauchgefühl, deinem Herzgefühl. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich das eigene Herz auf vielfältige Art und Weise zeigen kann. Sei dir sicher: Es findet seinen Weg und du wirst deine Herzensstimme erkennen, wenn du bereit bist, dich dieser zu öffnen.

Nehmen wir – bevor wir zurück zu meiner Ehekrise kommen – dieses Buch als Beispiel für eine Herzensentscheidung: Die Idee, ein Buch zu schreiben, hatte ich das erste Mal im Januar 2019 auf unserer sechsmonatigen Reise durch Süd-Ost-Asien. Sie kam mir direkt ins Herz. Nicht in den Kopf. Das wusste ich. Denn immerhin durfte ich in den letzten Monaten aufgrund meiner kleinen, großen Krisen schon fleißig lernen, meinem Herzen zu lauschen.

Da ich es mir zu dieser Zeit schon zur Gewohnheit gemacht hatte, aufzuschreiben, was mich bewegt, zückte ich mein Notizbuch und schrieb: „Ich schreibe ein Buch. Diese Entscheidung habe ich gerade getroffen. Hier im Nachtbus auf dem Weg von Bangkok nach Chiang Mai. Das gesamte Konzept steht im Kopf. Es fühlt sich einfach unheimlich richtig an.“

Es gab jedoch auch noch etwas anderes in meinem Kopf: Zweifel! Diese führten dazu, dass ich einige Stunden später schon wieder davon überzeugt war, dass ein Buch zu schreiben gar keine gute Idee für mich war. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, welche Gedanken mich zu diesen Zweifeln bewegten: „Es gibt doch schon so viele Bücher, wer braucht da schon noch ein Buch von mir? Wen sollte das schon interessieren, was ich schreibe? Ein Buch? Ich bitte dich. Andere vielleicht, jedoch nicht ich.“ Hinter all diesen Gedanken stand eines: Angst. Und Angst ist selten ein wirklich guter Ratgeber.

In vielen Fällen ist Angst einfach eine automatische, unbewusste Reaktion auf einen Gedanken. Mutig zu sein, ist hingegen eine bewusste Entscheidung.

Und genau an diesem Mut hapert es manchmal.

In den meisten Fällen ist es nicht einmal so, dass wir grundsätzlich keine Entscheidung treffen möchten. Wir möchten nur nicht die falsche Entscheidung treffen aus der Angst vor möglichen Konsequenzen. Unsere Angst vor falschen Entscheidungen ist so groß, dass wir dann lieber gar keine Entscheidung treffen. Und genau damit treffen wir eine.

Mit der Entscheidung, keine Entscheidung zu treffen, triffst du eine Entscheidung.

Und genau dies vergessen die allermeisten Menschen: Sie vergessen, dass sie sich mit jeder nicht getroffenen Entscheidung aus der Angst heraus oftmals gegen sich selbst, ihr Herz oder sogar gegen ein lebendiges Leben entscheiden.

Mutig zu sein, bedeutet: Entscheidungen zu treffen, ohne wirklich zu wissen, was danach passiert. Und es bedeutet, darauf zu vertrauen, dass wir in der Lage sein werden, mit allen Konsequenzen umgehen zu können. Letztendlich habe ich mich dazu entschieden, dieses Buch zu schreiben, da ich nicht mehr meiner Angst, sondern meinem Herzen folgen wollte.

Falls du dir jetzt denkst: „Ja, würde ich ja machen, wenn es nicht so schwer wäre, nicht der Angst zu folgen.“, kann ich dir sagen: Ich verstehe dich. Denn ich selbst habe wirklich viele Monate mit meiner Entscheidung gehadert, ob ich nun gehen oder in meiner Ehe bleiben soll. Mein Verstand sagte: Bleib. (So wie auch fast mein komplettes Umfeld.) Mein Herz sagte: Geh. Und mit dieser Meinung standen wir beide ziemlich allein da.

Oft hilft es uns jedoch schon, von anderen zu hören, dass die Herzensentscheidung anfänglich vielleicht nicht die leichtere Entscheidung war, langfristig jedoch die Bessere. In meinem Fall sogar für beide Parteien.

Aufgrund dessen nehme ich dich ein wenig mit in meine ganz persönliche Geschichte: Wie ich bereits erzählte, verliebte ich mich, nachdem ich zwei Jahre mit meinem Mann verheiratet war, in einen anderen Mann. Mit dieser Situation war ich zugegebenermaßen absolut überfordert. Es war nicht so, dass ich mich zwischen zwei Männern entscheiden musste, denn der Mann, in den ich mich verliebte, hatte kein besonders großes Interesse an mir.

Es war so, dass ich mich zwischen dem Weiterführen meiner Ehe und dem Allein-Gehen meines Weges entscheiden musste. Die ersten Monate schaffte ich es, die Gedanken daran gut wegzudrücken. Denn auch darin hatte ich damals Übung. Ich nenne es gerne das „bequeme Wegsehen“. Ich behielt meine Gefühle für mich und sprach nicht darüber. Irgendwie hatte ich die Hoffnung, dass sich alles wieder beruhigen würde und um keine schlafenden Hunde zu wecken, entschied ich mich vorerst dafür, nichts zu sagen, niemandem. Weder meinem Mann, meiner Familie, auch nicht meinen Freundinnen. Auch nicht meiner besten Freundin Varinia. Bis zu dem Tag als ich es nicht mehr ausgehalten habe und mich dafür entschied, mein Schweigen zu brechen.

Varinia und ich saßen in einer Bar im 50er Jahre Stil – von den Hockern bis zur Wanddeko, über die Beleuchtung bis hin zu den Outfits der Kellner*innen. Alles erinnerte an die Kulisse eines Weststaatenfilms, der in eben dieser Zeit spielte. Da alle Tische belegt waren, entschieden wir uns für zwei der Plätze am Tresen, womit wir dem Klischee des An-der-Bar-sitzen-und-darüber-erzählen-dass-das-ganze-Leben-gefühlt-in-die-Brüche-geht immer näher kamen. Die Bar war dafür bekannt, die besten Longdrinks und Cocktails der Stadt zu mixen und wunderschön zu garnieren. Nachdem ich an meinem Getränk nippte, merkte ich bereits, wie ich mich etwas entspannte. Vor uns stand eine Schüssel mit Knabbergebäck. So saßen wir, tranken unseren Cocktail, aßen die kleinen salzigen Brezeln und Nüsse. Kurz nach dem wenig ernst gemeinten „Das reicht jetzt aber mit dem Knabberkram.“ griffen wir immer wieder genüsslich ein weiteres Mal in die Schüssel. Den Kellnern blieben wir an diesem Abend nicht verborgen. Ich, zu diesem Zeitpunkt noch mit blondierten Haaren, trug einen knallroten Lippenstift, hatte ein graues Shirt an und eine schwarze, lederartige Hose. Varinia hatte einen schwarzen, engen Overall an, trug die Haare offen und eine goldene Kette um den Hals. Es war nicht möglich, uns nicht zu sehen. Nur ich sah mich nicht mehr, was nicht am Alkohol lag.

Nachdem wir das zweite Getränk bestellten, wurde meine Zunge lockerer und mein Herz schwerer. Die benebelnde Wirkung des Alkohols, der Zucker, diese klischeehafte Situation zu zweit an der Theke, in einer Bar, die sich mehr und mehr leerte. Plötzlich entschied ich mich dazu, nicht weiter zu schweigen, sondern es auszusprechen. Plötzlich konnte ich dieses Scham- und Schuldgefühl nicht mehr mit mir herumtragen. Mein Herz raste, der Kopf war leer, als ich die folgenden Worte, die mir seit Wochen auf dem Herzen lagen und die ich nie in der Lage war auszusprechen, sagte: „Ich habe mich in einen anderen Mann verliebt.“ Meine beste Freundin und Trauzeugin schaute mich an und sagte ganz liebevoll: „Dann ist das wohl so!“ Wow, das tat so gut. Es tat so gut, diese Worte, die ich selbst nicht wahrhaben wollte, auszusprechen. Nicht mehr alleine damit auf meinem Fluss der Unklarheit herumzupaddeln, sondern am Ufer angehalten und meine beste Freundin zu mir ins Boot gelassen zu haben, um nun zu zweit auf diesem von dichtem Nebel umgegebenen Fluss zu rudern. Weiterhin ohne Lösung, zumindest jedoch nicht mehr allein. Mehr außer „Dann ist das wohl so.“ brauchte ich erst einmal nicht zu hören. Denn meine größte Angst war damals, dass mir jemand die Worte entgegenbrachte, die ich unaufhörlich zu mir selbst sagte: „Wie kannst du nur? Was bist du für ein Mensch? Wie kannst du ihm das antun? Ist dir eigentlich klar, was das bedeuten kann? Du kannst froh sein, so einen Mann zu haben. Ihr seid verheiratet, da schmeißt man das nicht alles einfach so weg.“

Ich trug mein Geheimnis so viele Wochen mit mir herum vor lauter Angst, dass jemand das laut aussprechen würde, was jeden Tag lauter und lauter und lauter in meinem Kopf herumkreiste und mir die Luft zum Atmen nahm. Nun konnte es raus.

„Ich weiß nicht, wie mir das passieren konnte!“, sagte ich zu Varinia, als uns der Kellner das dritte Getränk auf den Tresen stellte. „Es ist einfach passiert. Ich habe mich in ihn verliebt und diese dummen Gefühle gehen einfach nicht mehr weg. Ich habe keine Ahnung, was ich jetzt tun soll. Wie soll ich mich nur entscheiden?“

Tag und Nacht dachte ich über nichts anderes nach als darüber, was ich nun tun sollte. Vielleicht warst du schon einmal in einer ähnlichen Situation und kannst dieses Kopfchaos nachvollziehen. Ich habe mir so viele Möglichkeiten gesucht, um einfach allein nachzudenken. Ich kann mich beispielsweise noch daran erinnern, wie ich nach der Arbeit mit meinem orangefarbenen Fahrrad in den Wald gefahren bin, mich auf eine Bank gesetzt und einfach nachgedacht habe. Immer wieder habe ich alle Argumente abgewogen. Neben meinen Ausflügen auf meine Bank begann ich auch damit, zu laufen. Fast jeden Tag. Immer ein bisschen weiter. Ich kann mich an die unzähligen Male erinnern, als mein Herz in meiner Brust pochte, mir der kalte Herbstwind ins Gesicht schlug und mir während des Laufens die Tränen herunterliefen. Meine Gedanken tobten in meinem Kopf: „Habe ich nicht genau dieses Leben und diesen Mann gewollt? Habe ich mir in den letzten Jahren nicht all das selbst aufgebaut? Wie kann ich dieses Leben einfach so wegschmeißen? Wie kann ich so undankbar sein? Wie kann ich einem anderen Menschen so etwas antun?“ Je lauter die Gedanken wurden, desto schneller lief ich, in der Hoffnung, vor meinen Gedanken, Gefühlen und Vorwürfen gegen mich selbst weglaufen zu können.

Und eines Tages meldete es sich dann. Ohne Vorankündigung. Mein Herz. Auf der Rolltreppe in der U-Bahn. Einige Wochen später saß ich allein in einem Flieger nach Thailand. Ich hatte mich dafür entschieden, mir zwei Wochen zu nehmen, um mein Herz mehr zu erkunden und ihm in meinem Entscheidungsprozess einen Platz einzuräumen. Ich saß stundenlang am Strand und starrte aufs Wasser. Immer wieder schaute ich nach unten auf meine Brust, hob meine Hände und fragte: „Was willst du mir denn nur sagen?“

Denn sind wir ganz ehrlich: Wenn wir es nicht geübt sind, mit unserem Herzen zu sprechen, kann es sich so anfühlen, als würden wir gerade eine neue Fremdsprache lernen. So saß ich dort am Strand von Thailand. Um mich herum die Thailänder*innen, die thailändisch sprachen und ich versuchte, „herzisch“ zu lernen.

Entscheidungen können sich verändern

Weißt du, welcher Gedanke mich immer wieder zurückgehalten hat? Was ich mit meinem Kopf partout nicht verstehen konnte? Ich konnte nicht verstehen, wie ich nur wenige Jahre zuvor aus vollem Herzen „Ja!“ sagen konnte und diese Überzeugung nun nicht mehr spürte. Und als ich über diese Frage nachdachte, verstand ich etwas, das mir mein Leben maßgeblich erleichtern sollte: Herzensentscheidungen sind nicht immer die schönen, mit Glitzer überzogenen Entscheidungen. Herzensentscheidungen sind eben auch die Entscheidungen, die wir mutig treffen, ohne den Ausgang genau zu kennen.

Unser Herz fühlt. Es wägt nicht immer das Für und Wider ab, sondern es lässt uns einfach leben. Und zu diesem Leben gehören eben alle Seiten – die Höhen und die Tiefen. Es möchte, dass wir Erfahrungen machen, die uns erkennen lassen, wie kraftvoll und vielseitig wir sind. Es möchte uns alle Gefühle spüren lassen: tiefe Liebe, Verzweiflung, Wehmut, Trauer, Mut. Und genau deswegen habe ich eben aus vollem Herzen Ja und letztendlich aus vollem Herzen Nein gesagt. Und das ist es, was uns ängstigt. Die Unvorhersehbarkeit der Folgen unserer Entscheidung. Wer von uns weiß schon, was morgen passieren wird? Niemand kann dies mit absoluter Sicherheit sagen. Können wir also überhaupt sichere Entscheidungen treffen in einem unsicheren Leben? Ich glaube, wir müssen (dürfen!) es ganz einfach leben. Denn es wäre so schade, manche Dinge (manchmal die besten!) gar nicht erst zu versuchen.

Wenn wir die Entscheidung, zu heiraten, den Job zu kündigen, aus einem Flugzeug zu springen (mit Fallschirm versteht sich) oder einen Eisladen zu eröffnen, nicht treffen aus der Angst heraus, einen Fehler zu machen, machen wir nicht genau damit einen Fehler, da wir uns selbst der Gefühle und Erfahrungen berauben?

Für mich persönlich ist dies inzwischen keine Option mehr. Ich habe mich dafür entschieden, alles zu erleben. Die höchsten Höhen und die tiefsten Tiefen. Unbändige Liebe und tiefe Trauer. Das Heiß und Kalt meines eigenen Lebens. Denn alles andere käme einem lauwarmen Leben gleich und dafür ist mir mein Leben zu kostbar.

Inzwischen kreuze ich auf Formularen beim Familienstand das Wort „geschieden“ an, was bedeutet, dass nach meinem Thailandaufenthalt die Trennung folgte.

Und weißt du was? Ich bereue nichts und ich würde sofort ein zweites Mal heiraten. Vielleicht denkst du dir jetzt: „Hat sie denn nichts aus ihren Fehlern gelernt?“ Und ich antworte dir: „Ich habe keine Fehler gemacht. Nur wertvolle Erfahrungen. Und jetzt weiß ich, wie eine Ehe langfristig nicht funktioniert.“

Warum es uns schwer fällt, Entscheidungen zu treffen