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Copyright (c) by Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2016
Text: Charlotte Habersack
Umschlag- und Innenillustrationen: Fréderic Bertrand
Umschlaggrafik: Sabine Redding
Lektorat: Claudia Scharf
Layout und Herstellung: Constanze Hinz
Satz und E-Book-Umsetzung: Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin

ISBN 978-3-646-92800-6

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Zwei Tage, bevor alles begann …

Am Rande des Städtchens Boring, im Garten einer alten Villa, zwischen Sandkasten und Schaukel, kniete ein kleiner Junge. Den ganzen Morgen hatte er Moos und Blätter gesammelt, Zweiglein übereinandergelegt und für sein Kuscheltier ein Lager gebaut.

Endlich war er fertig.

„Gefällt es dir, Icy?“, rief er seinem Plüschfreund zu, der am Apfelbaum lehnte und alles aus seinen schwarzen Knopfaugen beobachtete. „Komm, probier’s aus!“ Der Junge sprang auf, wischte sich ein paar Grashalme von den Knien und bettete Icy auf das weiche Moos. Er deckte ihn mit einem Kastanienblatt zu und drückte ihm einen Kuss auf die Schnauze. „Ich muss mal kurz. Bin gleich wieder da! Kannst so lange hier schlafen.“ Er lief zum Haus und sprang die vier Stufen zum Wintergarten hoch.

Kaum war die Tür hinter ihm zugefallen, huschte ein schwarzer Schatten durch den Garten.

Zum Glück war er längst wieder verschwunden, als der Junge zurückkam.

Doch Icy leider auch.

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Alles fing damit an, dass der Briefträger abends klingelte und nicht morgens. Und wäre Nemo einfach zwischen seinen Eltern sitzen geblieben, die Füße auf dem Couchtisch und die Schüssel mit dem Schokoeis auf dem braun gebrannten Bauch (was bei dieser Affenhitze eine angenehme Kühlung war), dann wäre ihm sicher einiges erspart geblieben.

Und den Bewohnern von Boring auch.

Aber Nemo fragte: „Wer ist das?“ Und seine Mutter antwortete, ohne den Blick vom Fernseher zu nehmen: „Ich weiß zwar viel, aber nicht alles.“ Ihre Haare und ihre Bluse flatterten im Wind, denn neben dem Fernseher standen zwei große Ventilatoren, die sich im Raum umsahen wie Bodyguards. Die Terrassentür und sämtliche Fenster des großen Wohnraums mit der offenen Küche waren weit geöffnet, um die Abendkühle ins Haus zu lassen.

„Machst du bitte mal auf?“, brummte Nemos Vater und schaufelte mit einem Tortillachip Avocadocreme aus einer Schüssel. Krachend ließ er den Happen in seinem Mund verschwinden.

Schon den halben Juni über gab es bei den Pinkowskis nichts anderes als Avocados. Avocadodip, Avocadosalat, Avocados, gefüllt mit Shrimps, und einmal – aber wirklich nur einmal! – einen Avocado-Smoothie.

Nemos Eltern betrieben den kleinen Supermarkt am Marktplatz und aßen, um nichts wegzuschmeißen, immer alles auf, was sie nicht mehr verkaufen konnten. Das war prima, fand Nemo, wenn es sich um abgelaufene Pizza oder Schokoriegel handelte, aber ziemlich mühsam, wenn drei Dutzend Avocados vertilgt werden mussten.

An der Haustür klingelte es erneut.

Herr Pinkowski sah seinen Sohn auffordernd an. Nemo schob seine Eisschüssel auf den Couchtisch und schälte sich aus dem Sofa. Seine Eltern verpassten keine Folge von Grenzenlose Liebe und Nemo guckte immer mit. Nicht weil er so auf Liebesschnulzen stand, sondern weil Odas Eltern in der Fernsehserie mitspielten – und Oda war mit Abstand das hübscheste Mädchen der ganzen Klasse, wenn nicht der ganzen Schule! Wenn nicht von ganz Boring! Oder sogar des Landes, der Welt, der Galaxie …

Immer wenn Nemo eine Folge der Serie sah, hatte er das Gefühl, Oda ein Stückchen näher zu sein. Doch gegen Ende jeder Folge ging die große Knutscherei los. Darauf konnte er gut verzichten! Nemo stand auf, lief barfuß durch den Flur und öffnete die Tür des Bungalows.

„Ach!“, sagte er.

„Hallo, Nemo“, sagte Franz Ach.

„Wer isses denn?“, kam die Stimme von Nemos Mutter aus dem Wohnzimmer.

„Der Postbote!“, rief Nemo zurück.

„Jetzt noch?“, brummte Nemos Vater.

„’tschuldige die späte Störung“, sagte Franz Ach. „Aber ich hab hier ’n seltsames Päckchen. Schätze, das ist für dich.“

Er reichte Nemo ein braunes Paket, das mit großen schwarzen Buchstaben beschrieben war.

„Für mich?“ Nemo staunte. Er hatte noch nie ein Paket mit der Post bekommen.

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„Glaub schon.“ Der Postbote warf seine langen Rastalocken auf den Rücken und zog ein Stofftaschentuch aus der Hosentasche. Damit tupfte er sich die Schweißperlen von der Stirn. „Ich trag das schon den ganzen Tag mit mir rum. Hab ewig gerätselt, für wen das seltsame Päckchen wohl ist.“ Franz Ach lächelte stolz. „Aber dann bin ich draufgekommen!“

Er verdrehte seinen langen Hals, um mit Nemo zusammen auf die Anschrift zu gucken. Und die war wirklich mehr als seltsam.

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„Damit kannst eigentlich nur du gemeint sein.“

„Aha“, sagte Nemo und war sich nicht sicher, ob er beleidigt sein sollte. „Und warum?“

„Weil Nemo lateinisch ist und ‚niemand‘ bedeutet“, erklärte der Postbote. „Außerdem wohnst du in der Pfeffergasse und ‚am Arsch der Welt‘ passt ja auch irgendwie zu euch.“ Entschuldigend zuckte er mit den Schultern.

Sie sahen beide gleichzeitig zu dem riesigen Plakat, das im Vorgarten stand. Darauf war ein schlanker Damenpopo zu sehen. Daneben eine Rolle Klopapier, um die ein paar Schmetterlinge flatterten.

Nemos Vater war sehr stolz auf den Deal, den er mit der Klopapierfirma gemacht hatte. Immerhin brachte das Plakat monatlich einen Fünfziger ein, den die Pinkowskis dann zusammen in Sushi verwandelten.

„Okay … Dann danke!“ Nemo klemmte sich das Päckchen unter den Arm und kritzelte ein paar unleserliche Striche auf Franz Achs Lesegerät. Der Postbote schwang sich wieder auf sein Fahrrad und verabschiedete sich: „Peace, man!“ Klingelnd verschwand er um die nächste Ecke.

„Grä-hä-henzen-loho-hose Liiiebe!“ Als Nemo zurück ins Wohnzimmer kam, lief bereits der Abspann.

„Und? Was war?“ Seine Mutter sah ihn neugierig an.

„Ich hab Post bekommen!“ Nemo kniete sich an den Couchtisch und schob mit dem Paket sein Eis zur Seite, das mittlerweile zu Brei geschmolzen war.

„Von wem?“, wollte sein Vater wissen. Ächzend erhob er sich und räumte Gläser und Schüsseln auf die Theke, die den Wohnraum von der Küchenzeile trennte.

„Keine Ahnung“, antwortete Nemo. „Steht kein Absender drauf.“ Er hielt das Päckchen neben sein Ohr und schüttelte es. „Vielleicht hab ich bei einem Preisausschreiben mitgemacht und was gewonnen!“ Er kramte die Schere aus der Schublade und durchtrennte den ersten Klebestreifen.

„Stopp!“ Seine Mutter setzte sich kerzengerade auf. Sie deutete auf den krakeligen Schriftzug, der sich quer über das Päckchen zog.

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„Das packst du mal lieber nicht aus“, sagte sie in einem Tonfall, den Nemo nur allzu gut kannte.

„Warum?“

„Na, weil ‚Bitte nicht öffnen!‘ draufsteht!“ Seine Mutter nahm ihm das Päckchen aus der Hand. „Das könnte eine Briefbombe sein.“

„Quatsch!“, entgegnete Nemo trotzig. „Eine Briefbombe ist doch nicht ‚bissig‘.“

„Tatsächlich! Auch das noch!“ Misstrauisch beäugte seine Mutter die seltsame Warnung. Ihr Blick fiel auf die Adresse. „Wie kommst du überhaupt auf die Idee, dass es für dich ist? Mit dem Empfänger bist sicher nicht du gemeint. Es gehört dir nicht, also bringst du es zurück.“ Sie stand auf und legte das Päckchen in den Flur. „Gleich morgen früh gehst du zur Post, noch vor der Schule, versprochen?“

„Aber es steht ja kein Absender drauf“, protestierte Nemo. „Wie soll ich es da zurückschicken?“

„Soll sich die Post damit rumschlagen. Du bringst es zurück und damit basta!“

„Mann, Mama!“ Nemo stand auf und schnaubte empört. „Das ist mein Paket! Damit kann ich tun und lassen, was ich will.“

„Hör auf deine Mutter!“, mischte sich sein Vater ein, der scheppernd die Spülmaschine einräumte.

„Versprochen?“, wiederholte seine Mutter und starrte Nemo an wie die Schlange Kaa den kleinen Mogli.

„Na gut.“ Nemo verdrehte die Augen. Er gab auf. Seine Mutter war zwar nicht streng, aber stur. Wenn sie sich was in den Kopf gesetzt hatte, blieb sie so hart wie steinaltes Brot.

„Und wehe, du hältst dich nicht dran!“ Sie drückte ihm einen Kuss auf den Scheitel und gab ihm einen Klaps auf den Po. „So, und jetzt ab in die Koje!“

Mit hängenden Schultern trabte Nemo ins Bad. Missmutig putzte er sich die Zähne, rubbelte sich den Schokoeis-Schnurrbart von der Oberlippe und verschwand in seinem Zimmer.

Schlecht gelaunt schmiss er sich aufs Bett. Das Leben in Boring war so langweilig wie eingeschlafene Füße. Und nun, wo endlich mal was passierte, hieß es sofort: Verboten! Vielleicht war was Supertolles in dem Paket! Ein Laptop. Oder ein aufblasbares Schlauchboot.

Vor Enttäuschung und Hitze konnte Nemo lange nicht einschlafen.

Als er schließlich doch in einen unruhigen Schlaf fiel, träumte er von einer wilden Verfolgungsjagd. Zwei maskierte Verbrecher (die seinen Eltern nicht unähnlich sahen) hatten ihm ein Paket geklaut und flohen in einem schwarzen Porsche durch enge Straßen. Er jagte in einem roten Porsche hinterher. Immer wieder schraddelten ihre Wagen an Hausmauern entlang, das Blech sprühte Funken, die Reifen liefen heiß …

Schweißgebadet wachte Nemo auf. Die Morgensonne knallte genau auf sein Bett.

Na, wenigstens erlebe ich in meinen Träumen ab und zu mal ein Abenteuer, dachte er dankbar und stand auf.

Hätte er gewusst, was für ein abenteuerlicher Tag ihm bevorstand, hätte er sich wahrscheinlich wieder hingelegt und weitergeträumt. Denn das, was an jenem Tag in Boring passierte, waren eindeutig ein paar Abenteuer zu viel.

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„Du bist ja schon angezogen!“, sagte Fred überrascht, als Nemo die Tür aufmachte.

Normalerweise war Nemo noch im Schlafanzug, wenn Fred ihn zur Schule abholte. Freds Mutter war Optikerin und musste, genau wie Nemos Eltern, schon vor den Kunden im Laden sein. Sie lieferte Fred meist schon um Viertel nach sieben bei Nemo ab, so dass die beiden immer noch massenweise Zeit für ein gemütliches Frühstück hatten. Ein Frühstück, das Fred besonders genoss – weil es ohne Mama, Oma und Antonia stattfand. Also ohne Gemecker darüber, dass er zu dick Nutella aufs Brot schmierte, sich nicht richtig frisiert hatte oder zu laut schmatzte.

„Wir müssen heute schon früher los“, erklärte Nemo. „Ich hab meiner Mutter versprochen, ein Päckchen zur Post zu bringen.“

Fred nickte wissend. „Meine Mutter bestellt auch immer Klamotten, die sie dann wieder zurückschicken muss.“ Er folgte Nemo ins Wohnzimmer.

„Nein, das Päckchen war für mich“, stellte Nemo richtig.

„Echt? Dufte!“

„Dufte?“ Nemo drehte sich um und warf seinem Freund einen strengen Blick zu. Fred verbrachte eindeutig zu viel Zeit mit seiner Oma, was ihm einen ziemlich angestaubten Wortschatz bescherte.

„Was hast du denn bestellt?“, fragte Fred weiter, ohne sich von Nemos Blick einschüchtern zu lassen. „Das neue Trikot?“ Seine Augen leuchteten auf. Mit seiner blassen Haut, den Sommersprossen und der Zahnspange sah er zwar nicht gerade aus wie der typische Spitzensportler, tatsächlich aber konnte ihn kaum jemand stoppen, wenn er aufs Tor zustürmte.

„Nein. Ich hab nichts bestellt. Ich hab das Paket einfach so bekommen. Von einem geheimnisvollen Unbekannten.“ Nemo deutete auf den Boden – und stutzte. „Komisch. Eben war es noch hier. Wo ist es denn hin?“ Verwirrt sah er sich um.

„Meinst du das?“ Fred zeigte unter die Stehlampe.

„Ach ja, da ist es ja! Wie ist es denn da hingekommen?“ Nemo lief hinüber zur Sofaecke und kam mit dem Päckchen wieder. Er legte es auf die Küchentheke und rutschte auf den Barhocker zurück vor seine Cornflakes.

Fred steckte eine Scheibe Toast in den Toaster und nahm gegenüber Platz. „Bitte nicht öffnen!“, las er verwundert. „Also, eine Briefbombe ist jedenfalls nicht drin. Sonst würde ja keine Warnung draufstehen.“

„Meine Worte!“ Nemo rührte in seinen Cornflakes, die inzwischen völliger Matsch geworden waren. Er schob sich einen Löffel Brei in die Backe und fragte: „Schpfräg, oder?“ Kleine Cornflakes-Stückchen sprotzten auf das Paket. Eilig schluckte er hinunter. „Aber was könnte sonst drin sein? Und wer schickt mir so was?“

„Hm …“ Fred holte sein Brot aus dem Toaster und wedelte es hin und her. Nachdem es etwas abgekühlt war, schmierte er eine dicke Schicht Butter und Nutella drauf. „Hast du Feinde?“

Nemo überlegte. Aber außer Marie, der frechen Vierjährigen von nebenan, die ihm ab und zu die Zunge herausstreckte, fiel ihm niemand ein. Für echte Feindschaften war Boring entschieden zu langweilig. Hier waren alle nett. Man grüßte einander, lieh sich Eier zum Kuchenbacken und feierte gemeinsam Straßenfeste. Manchmal sperrten seine Eltern sogar nach Ladenschluss noch den Supermarkt auf, wenn jemand vergessen hatte, Babywindeln zu kaufen.

„Nicht dass ich wüsste …“, murmelte er.

„Wirklich schade, dass du es nicht öffnen darfst.“ Fred biss in seinen Toast und hinterließ eine schöne Zahnreihe in der dicken Nutella-Schicht. „So erfahren wir nie, von wem es ist.“

„Ja. Wirklich schade“, pflichtete Nemo ihm bei. „Da kriegt man schon mal ein Pake…“ Er brach ab.

Begeistert starrte er Fred an.

Entgeistert starrte Fred zurück.

„Es hat sich bewegt!“, riefen beide gleichzeitig und sprangen auf. Mit offenem Mund verfolgten sie, wie das Päckchen ein weiteres Stück zur Seite rutschte.

„Da ist was Lebendiges drin!“, japste Nemo und strahlte über das ganze Gesicht. „Wie cool ist das denn?“

„Auf einer Skala von eins bis zehn?“, fragte Fred. Mit aufgerissenen Augen starrte er auf das Paket. „Null, wenn es eine Schnappschildkröte oder eine Vogelspinne ist!“

„Vogelspinnen sind gar nicht so gefährlich“, beruhigte ihn Nemo. „Ich hab gestern eine Doku über Kambodscha gesehen. Ihr Biss ist auch nicht schmerzhafter als ein Bienenstich.“

„Oder eine Ratte!“, setzte Fred nach, ohne das Paket aus den Augen zu lassen. „Die sind äußerst bissig und übertragen Krankheiten. Was glaubst du, wie wütend die ist, wenn sie lange in dem Paket eingesperrt war?“

„Mach dich locker, Alter“, entgegnete Nemo genervt. „Du liest zu viel Zeitung. Es passiert nicht immer gleich die große Katastrophe! Vielleicht ist auch ein goldiger Goldhamster drin oder ein süßes Kätzchen.“

Fred überlegte einen Moment. Dann schüttelte er den Kopf. „Ich weiß ja nicht, was drin ist, aber ganz sicher kein Katzenbaby!“, sagte er schließlich. „Das ergibt überhaupt keinen Sinn …“

Er wagte einen kurzen Blick auf Nemo, der das Päckchen entschlossen zu sich heranzog.

„Du willst es also öffnen“, stellte Fred vorwurfsvoll fest. An seiner Nasenspitze klebte etwas Nutella. „Gegen das Verbot deiner Mutter?“

Nemo nickte. „Dafür hat sie sicher Verständnis.“

Er nahm das Paket und riss das Packpapier weg. Darunter kam eine blaue Holzkiste zum Vorschein.

Neugierig beugte sich Fred über die Theke. „Ist das eine Zigarrenkiste?“

„Keine Ahnung!“ Nemo versuchte, den Deckel zu öffnen, indem er seine Fingernägel in die merkwürdig dunkle Kruste bohrte, die den Rand verklebte. „Mist! Geht nicht auf!“

„Na gut“, sagte Fred schnell. „Dann lassen wir’s eben bleiben.“ Er rutschte vom Barhocker, streifte seinen Rucksack über und grapschte Nemo die Kiste aus der Hand. „Gib her! Ich pack sie für dich ein“, sagte er hilfsbereit. „Und dann bringen wir sie wie geplant zur Post.“

„Bist du verrückt?“, rief Nemo. „Das geht doch jetzt nicht mehr! Die Kiste hat ja nicht einmal Löcher. Wenn wirklich ein Tier drin ist, dann braucht es dringend Luft!“

Er öffnete eine Schublade und wühlte zwischen Tischsets und Servietten herum – auf der Suche nach brauchbarem Werkzeug.

„Wie wär’s damit?“ Er schüttelte eine Schachtel Streichhölzer. „Machen wir die Kruste warm. Vielleicht wird sie dann weich und wir können sie abschaben.“

„Spinnst du?“ Fred sah Nemo fassungslos an. „Was, wenn doch Sprengstoff in der Kiste ist? Willst du das ganze Haus in die Luft jagen?“

„Spreng…stoff?“, murmelte Nemo. Grübelnd sah er seinen Freund an. „Fred – du bist einfach genial!“

„Genial?“ Fred runzelte die Stirn.

„Ja!“ Nemo nahm ihm die Kiste aus der Hand und lief zur Haustür. „Ich weiß jetzt, wie wir das Ding aufkriegen!“, rief er Fred über die Schulter zu. „Worauf wartest du? Komm mit!“