Inhaltsverzeichnis
Nesthäkchen-Reihe
Nesthäkchen und ihre Puppen
Nesthäkchens erstes Schuljahr
Nesthäkchen im Kinderheim
Nesthäkchen und der Weltkrieg
Nesthäkchens Backfischzeit
Nesthäkchen fliegt aus dem Nest
Nesthäkchen und ihre Küken
Nesthäkchens Jüngste
Nesthäkchen und ihre Enkel
Nesthäkchen im weißen Haar
Professors Zwillinge-Reihe
Bubi und Mädi
In der Waldschule
In Italien
Im Sternenhaus
Von der Schulbank ins Leben
Romane
Studierte Mädel von heute
Goldblondchen
Baumeisters Rangen
Vierzehn Jahr' und sieben Wochen
Kommerzienrats Olly
Das graue Haus
Dornröschen
Flüchtlingskinder
Lillis Weg
Das Rosenhäusel
Wie einst im Mai
Märchen & Erzählungen
Was das Sonntagskind erlauscht
Babys erstes Geschichtenbuch
Huschelchen
Lotte Naseweis
Jungmädelgeschichten
Wir Mädels aus Nord und Süd
Else Ury

Else Ury: Die beliebtesten Kinderbücher, Romane, Erzählungen & Märchen (110 Titel in einem Band)

Nesthäkchen, Professors Zwillinge, Studierte Mädel von heute, Goldblondchen
 
 
 
 
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musaicumbooks@okpublishing.info
 
2017 OK Publishing

 
ISBN 978-80-272-3849-1

Nesthäkchen-Reihe

Inhaltsverzeichnis

Nesthäkchen und ihre Puppen

Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel Puppenmütterchen
2. Kapitel Was der Osterhase bringt
3. Kapitel Wie es Puppe Gerda bei Nesthäkchen gefiel
4. Kapitel Wir reisen nach Amerika – hurra!
5. Kapitel Nesthäkchen macht schlechtes Wetter
6. Kapitel Maikäfer, fliege
7. Kapitel »Herr Doktor, mein Kind ist so krank!«
8. Kapitel Dudel-Dudel-Leierkasten
9. Kapitel »Morgen wird gefegt!«
10. Kapitel Der Mohrenkopf
11. Kapitel Knabber – knabber – Mäuschen
12. Kapitel Schiffer-Lenchen
13. Kapitel Nesthäkchen geht auf Reisen
14. Kapitel Kikeriki – der Hahn ist schon wach
15. Kapitel »Kommt ein Vogel geflogen«
16. Kapitel Im Kindergarten
17. Kapitel Tap – tap – Knecht Ruprecht kommt
18. Kapitel Puppenweihnachten
19. Kapitel Die neue Schulmappe

Nesthäkchens erstes Schuljahr

Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel Hurra – fünfzig Kinder!
2. Kapitel Die große Schultüte
3. Kapitel Nesthäkchens erste Freundin
4. Kapitel Puppe Gerda hilft Schularbeiten machen
5. Kapitel Verlaufen
6. Kapitel Kinder, die sich nicht vertragen
7. Kapitel Ein fortgejagter Schüler
8. Kapitel Wer kommt Erste?
9. Kapitel Mit dem Zippel-Zappel-Zeppelin
10. Kapitel Im Zoologischen Garten
11. Kapitel Am grünen Strand der Spree
12. Kapitel Klinglingling – der Milchjunge kommt
13. Kapitel Die Himbeermizi
14. Kapitel Nesthäkchen lernt Stricken
15. Kapitel Die erste Zensur
16. Kapitel Kindergesellschaft

Nesthäkchen im Kinderheim

Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel Klassenarbeit
2. Kapitel In Vaters Klinik
3. Kapitel Der zehnte Geburtstag
4. Kapitel Genesung
5. Kapitel Ein schwerer Entschluß
6. Kapitel Nesthäkchens Seereise
7. Kapitel In der neuen Heimat
8. Kapitel Das Kinderheim am Nordseestrand
9. Kapitel Wo ist Mutti?
10. Kapitel Oll Modder Antje
11. Kapitel Was Nesthäkchen alles im Kinderheim lernt
12. Kapitel Fräulein Liederjahn
13. Kapitel Ein hoher Besuch
14. Kapitel Böse Freundschaft
15. Kapitel Die alte Näherin
16. Kapitel Sturmflut
17. Kapitel In Angst und Sorge
18. Kapitel Weihnachtsabend fern vom Elternhause
19. Kapitel Kinderfest
20. Kapitel Auf der Flucht
21. Kapitel Nesthäkchens Heimkehr

Nesthäkchen und der Weltkrieg

Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel Nesthäkchen lernt Opfer bringen
2. Kapitel »Extrablatt!«
3. Kapitel Wie es in Nesthäkchens Schule aussah
4. Kapitel Für unsere Vaterlandsverteidiger
5. Kapitel Nesthäkchen straft Japan
6. Kapitel Eine kleine Patriotin
7. Kapitel Nesthäkchen hilft den ostpreußischen Flüchtlingen
8. Kapitel Eine lebendige Puppe
9. Kapitel Junghelferinnenbund
10. Kapitel Vera
11. Kapitel Weihnachtsabend im Lazarett
12. Kapitel Endlich Nachricht
13. Kapitel Gute Vornahme
14. Kapitel Streckt eure Vorräte!
15. Kapitel Reichswollwoche
16. Kapitel Nesthäkchen macht ihr Unrecht gut
17. Kapitel Das Kriegskind
18. Kapitel Butterpolonäse
19. Kapitel Deutsche Sommerzeit

Nesthäkchens Backfischzeit

Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel Das lustige halbe Dutzend
2. Kapitel Die Untersekunda schippt Schnee
3. Kapitel Doktors Nesthäkchen gründet einen Schülerrat
4. Kapitel Versetzungszensuren
5. Kapitel Nesthäkchens sechzehnter Geburtstag
6. Kapitel Hamsterfahrt
7. Kapitel Berlin auf Rädern
8. Kapitel Zur Erntearbeit
9. Kapitel Unvorhergesehenes
10. Kapitel Kindermädel
11. Kapitel Tanzstunde
12. Kapitel Kohlennot
13. Kapitel Die Rotbemützten

Nesthäkchen fliegt aus dem Nest

Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel Lieb Vaterhaus – ade!
2. Kapitel Eine Reise mit Hindernissen
3. Kapitel In Tübingen
4. Kapitel Das erste Kolleg
5. Kapitel ‘s gibt kein schöner Leben, als Studentenleben
6. Kapitel Ein Brief aus der Ferne
7. Kapitel Rosenfest im Neckartal
8. Kapitel Im Dreimäderlhaus
9. Kapitel Lustige Schwabenstreiche
10. Kapitel In der Nebelhöhle
11. Kapitel Auf dem Ulmer Münster
12. Kapitel Im wunderschönen Monat Mai
13. Kapitel Nesthäkchen ist Braut

Nesthäkchen und ihre Küken

Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel Im eigenen Nest
2. Kapitel Eine Sandtorte
3. Kapitel Sieben Jahr sind um und um
4. Kapitel Alte Bekannte
5. Kapitel Kleine Kratzbürste
6. Kapitel Die Unzertrennlichen
7. Kapitel Ein neues Semester
8. Kapitel Feuer
9. Kapitel Kleine Einquartierung
10. Kapitel Wieder im Mädchenstübchen
11. Kapitel Wie einst im Mai
12. Kapitel Hänschen, Hänschen, denk’ daran, was aus dir noch werden kann!«
13. Kapitel Siebzigster Geburtstag
14. Kapitel Schwere Tage
15. Kapitel Mit Sack und Pack
16. Kapitel Was die Schwalbe sang
Nachwort

Nesthäkchens Jüngste

Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel Nein, diese Kinder!
2. Kapitel Ursel
3. Kapitel Banklehrling
4. Kapitel Maisonntag
5. Kapitel Freundinnen
6. Kapitel Die erste Gesangstunde
7. Kapitel Exotische Pensionäre
8. Kapitel An der Waterkant
9. Kapitel Lockende Ferne
10. Kapitel Ein ereignisreicher Tag
11. Kapitel Schicksalswendung
12. Kapitel Vronli
13. Kapitel »Verknurrt«
14. Kapitel Auf der Hochschule
15. Kapitel Das erste Konzert
16. Kapitel Über’n großen Teich

Nesthäkchen und ihre Enkel

Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel Im Tropenlande
2. Kapitel Jimmy
3. Kapitel Samariterin
4. Kapitel Bei Geheimrats
5. Kapitel Im Kreise der Enkel
6. Kapitel Schiff in Sicht
7. Kapitel Bei den Großeltern
8. Kapitel Tropenkinder
9. Kapitel Der erste Spaziergang
10. Kapitel Die brasilianischen Kusinen
11. Kapitel Deutsche Schule
12. Kapitel Bange Tage
13. Kapitel Unerwartet
14. Kapitel Wenn die Flocken fallen

Nesthäkchen im weißen Haar

Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel Marietta
2. Kapitel Am Scheidewege
3. Kapitel Kinderhort
4. Kapitel Radio
5. Kapitel Aus den Tropen
6. Kapitel Weihnachtslichter
7. Kapitel Die Fäden entwirren sich
8. Kapitel Wiederfinden
9. Kapitel Ostereier
10. Kapitel Eine Vogelgeschichte
11. Kapitel Ferienkinder
12. Kapitel Dunkel wird’s
13. Kapitel Kennst du das Land?
14. Kapitel Unter Palmen
15. Kapitel Goldene Abendsonne

Professors Zwillinge-Reihe

Inhaltsverzeichnis

Bubi und Mädi

Inhaltsverzeichnis
Die kleinen Zwillinge
Zu Hause
Große Wäsche – kleine Wäsche
Hemdenmätze
Zöpfchen und Schnurrbart
Im Eierhäuschen
Das große Fernrohr
Bubi reist ins Sternenland
Wer glaubt's?
Am Telefon
Bei der Omama
Bubis Hündchen
Kinder, die sich nicht vertragen
Windpocken
Alle Neune
Fliegenfänger
Beim Fotografen
Die kleinen Zwillinge fahren in die große Welt
Omamas Geburtstag
Wieder in der Kinderstube

In der Waldschule

Inhaltsverzeichnis
Erdkundestunde
Eine große Neuigkeit
Umzug
Die neue Wohnung
Als Vater fortfuhr
Waldschulkinder
Wieder Sonnenschein
Wie es Professors Zwillingen weiter in der Waldschule erging
„Schuss für ewig“
Die Ohrfeige
Kleine Gärtner
Ein Brief aus Italien
Neapel, den 1. Juni Meine lieben, guten Kinder!
Pfingstferien
Muttis Heinzelmännchen
Schulausflug
Am Meeresstrand
Die verschlossene Klassentür
Waldschulfest
„Unser erster November“
Im Schnee
Winter ade

In Italien

Inhaltsverzeichnis
O bella Napoli
Ausgeschlafen
In der neuen Heimat
Von großen Schiffen und kleinen Menschen
Italienischstunde
Ein Sonntagsausflug
Der kleine Zeitungsjunge
Das Haus wackelt
Im Aquarium
Maulbeerbäume
Die blaue Grotte
Ungehorsam
Vesuvkinder
Schule in Italien
Weihnachtsüberraschungen
Weihnachtsabend
Die tote Stadt
Die Heimat ruft

Im Sternenhaus

Inhaltsverzeichnis
Wie die Zwillinge ihren Einzug halten
Das Sternenhaus
Von berühmten Menschen und einem, der erst einer werden will
Bestrafte Neugier
Schulfieber und Thüringer Klöße
Fräulein Schüchtern
Herr Besserwisser
„Weißt Du, wieviel Sternlein stehen?“
Auch Kinder können verzichten
Das liebste Geburtstagsgeschenk
Boxkämpfe und ein Spaziergang
Frau Holle schüttelt die Betten aus
Edel sein der Mensch, hilfreich und gut
Der kleine Techniker
Paulchen
Osterzeugnisse
Auf zur Wartburg!
Bubi als Lebensretter
Wandervögel
Unter einem Glücksstern

Von der Schulbank ins Leben

Inhaltsverzeichnis
In den Flegeljahren
„Zigarette gefällig?“
Der Sonntagsgast
Ostereier
Böse Absichten und eine zerrissene Hose
Der Vogeldieb
Professorenkinder
Die Bälle fliegen über das Netz
Elefantenjagd
Vom Lehrling zum Studenten
Winternotstand
Aufregende Tage
Wir bauen ein Jugendheim
Konfirmation
Eine Flugreise nach Wien
Freie Bahn dem Tüchtigen!

Romane

Inhaltsverzeichnis

Studierte Mädel von heute

Inhaltsverzeichnis
Hurra – erreicht!
Es fiel ein Reif
Auf dem Gymnasium
Daisy
Ein trotziges Mädel
Spätsommer
Das Abschiedslied
Eine Landpartie
O alte Burschenherrlichkeit
Auf dem Maskenball
Erster Schmerz
Ein vornehmer Freier
Das Abiturium
Alt Heidelberg, du feine
Unter Eis und Schnee
In der Kinderklinik

Goldblondchen

Inhaltsverzeichnis
Goldblondchens Märchensack
Sternschnuppe
Lorchen
Sommernachtstraum und Wintermärchen
In die weite Welt
Jungfer Rotnas und Jungfer Naseweis
In der Rumpelkammer
Buckelhannes
Goldregen
Aus Stein
Der Zauberspiegel
Annelieses Weihnachtstraum
Aus der Jugendzeit
Vom dummen Peter, der durchaus das Fliegen lernen wollte
Was Großvater Stumpfzahn erlebte
Unter dem Hammer
Der Kakaobaum
Risi Bisi
Das Wasser kommt!
Piepmatz, der Gassenjunge

Baumeisters Rangen

Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel Zankteufelchen
2. Kapitel Schulfreundinnen
3. Kapitel Rosenelfchen
4. Kapitel Jahrmarkt
5. Kapitel Zensuren
6. Kapitel Bei Großmama
7. Kapitel Ungehorsam
8. Kapitel Unterm Weihnachtsbaum
9. Kapitel In Rübezahls Winterreich
10. Kapitel Kleinstadtfreuden
11. Kapitel Versetzt
12. Kapitel Klasse IV M
13. Kapitel Fräulein Liederlich
14. Kapitel Am Meeresstrand
15. Kapitel Ein Friedensengel

Vierzehn Jahr' und sieben Wochen

Inhaltsverzeichnis
Ein inhaltsvoller Brief
Übers Meer
Shocking
An der Waterkant
Ellen
Schulmädel
Prinzesschen
Five-o'clock-tea
Erntefest
Genesung
Auf der Insel Wight
Halali
Hausmütterchen
Ferienkolonie
Gut Freund
Tanzstunde
Landregen
Julklapp
Der fünfzehnte Geburtstag

Kommerzienrats Olly

Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel Olly
2. Kapitel Backfischgesellschaft
3. Kapitel Der deutsche Aufsatz
4. Kapitel Das häßliche junge Entlein
5. Kapitel Klasse Ia
6. Kapitel Ungleiche Schwestern
7. Kapitel Märchenbilder
8. Kapitel Ein Wohltätigkeitsfest
9. Kapitel Die neue Mutter
10. Kapitel In Pension
11. Kapitel Nun muß sich alles, alles wenden
12. Kapitel Ein mutiges Mädchen
13. Kapitel Wieder daheim
14. Kapitel Streik
15. Kapitel Aus dem Entlein ist ein Schwan geworden

Das graue Haus

Inhaltsverzeichnis
Lang ist's her
Großonkel Grimm
Klasse I B
Im Schwalbennest
Abendunterhaltung
Schulabschied
Ein Maientag
Schattenblümchen
Marienbad
Schneeweiß und Rosenrot
Weihnachtsgäste
Lämmerhüpfen
Ein Wintermärchen
Aus alten Zeiten
Die Stadt der Kunst
Als Stütze der Hausfrau
Silberhochzeit
Schwestern
Der siebzigste Geburtstag

Dornröschen

Inhaltsverzeichnis
Turmfräulein
Voreilig
Fräulein Inspektor
Nur ein Mädel
Der neue junge Herr
Ausgelacht
Die Rangen von Nedderdorf
Johannistag
Im Dornröschenschlaf
Der neue Verwalter
Abgesetzt
Landpomeränzchen
Karl Heinz
Zwei Nordpolsucher
Die Kündigung
Sternschnuppen
Abschied
In der Schule für Landwirtschaft
Ein widerspenstiger Zögling
Alte Freunde
Winterfreuden
Die Rettungsmedaille
Der Lenz ist da!
Johannistag

1. Kapitel
Puppenmütterchen

Inhaltsverzeichnis

Habt ihr schon mal unser Nesthäkchen gesehen?

Es heißt Annemarie, Vater und Mutti aber rufen es meistens »Lotte«. Ein lustiges Stubsnäschen hat unser Nesthäkchen und zwei winzige Blondzöpfchen mit großen, hellblauen Schleifen. »Rattenschwänzchen« nennt Bruder Hans Annemaries Zöpfe, aber die Kleine ist ungeheuer stolz auf sie. Manchmal trägt Nesthäkchen auch rosa Haarschleifen, und die Rattenschwänzchen als niedliche, kleine Schnecken über jedes Ohr gesteckt. Doch das kann es nicht leiden, denn die alten Haarnadeln pieken. Sechs Jahre ist Annemarie vor kurzem geworden, ihre beiden Beinchen stecken in Wadenstrümpfen und hopsen meistens. Keinen Augenblick stehen sie still, geradeso wie ihr kirschrotes Mäulchen. Das schwatzt und fragt den ganzen lieben Tag, das lacht und singt, und nur ganz selten mal verzieht es sich zum Weinen.

So sieht unser Nesthäkchen aus, und wenn ihr in Berlin lebt, könnt ihr es jeden Tag mit Fräulein in den Tiergarten gehen sehen.

In einem schönen, großen Hause wohnt Klein-Annemarie, in einer langen Straße, durch die elektrische Bahnen bimmeln. Ein Gärtchen ist vor dem Hause, aber keiner darf hinein, das erlaubt der Portier nicht. Er selbst aber kann sooft darin herumspazieren, wie er nur Lust hat, das Gras schneiden, die Beete begießen und sogar das Gitter mit schöner neuer Ölfarbe anstreichen. Darum glaubt Annemarie, daß der Portier beinahe so viel ist wie der Kaiser. Und wenn sie nicht Muttis Nesthäkchen wäre, dann würde sie am allerliebsten Portier sein. Manchmal aber auch Konditor.

Zwei größere Brüder hat Annemarie, den wilden Klaus, der nur zwei Jahre älter ist als sie, und den großen Quartaner Hans, der sogar schon Latein kann. Ihr Hänschen liebt die Kleine über alles, wenn er sie auch öfters mal neckt, während es mit Kläuschen nur allzuoft Krieg gibt.

Ach, was ist das für ein schönes, warmes Nest, in dem das Nesthäkchen daheim ist. Wenn der Vater abgespannt von der Praxis nach Hause kommt, denn Annemaries Papa ist ein viel beschäftigter Arzt, und sein kleines Mädchen springt ihm jubelnd an den Hals, dann hat er alle Müdigkeit vergessen. Er lacht und scherzt mit ihr, ja, er setzt sie sogar auf seine Schultern und reitet mit dem jauchzenden Ding durch sämtliche Zimmer. Sagt Mutti dann: »Du verwöhnst unsere Lotte zu sehr, Vater, sie ist schon viel zu groß dazu«, dann drückt er seinen Liebling nur um so fester ans Herz und meint lächelnd: »Es ist doch unser Kleinstes!«

Wenn aber der Vater mal davon anfängt, daß es nun auch für Annemarie bald Zeit sei, in die Schule zu gehen, dann breitet Mutti ihre Arme um das Töchterchen und bittet: »Laß sie mir doch noch ein Weilchen zu Hause, sie ist ja so zart und doch unser Nesthäkchen!«

Ja, Nesthäkchen wird von allen Seiten ein wenig verwöhnt. Wenn Fräulein auch noch so viel zu tun hat, sie wird nicht müde, Annemies tausend Fragen zu beantworten. Dafür hat die Kleine aber auch ihr Fräulein ganz schrecklich lieb.

Hanne, die Köchin, schmunzelt über das breite, rote Gesicht, wenn Annemie ein bißchen zu ihr in die Küche herauskommt, weil sich die Hanne so ganz allein am Ende langweilen könnte. Ob das kleine Fräulein ihr auch noch so zwischen ihren Töpfen, Löffeln und Quirlen kramt, Hanne wirft Annemarie nicht raus. Dabei macht sie doch mit den beiden Jungen nicht viel Umstände und bringt sie öfters mal auf den Trab.

Auch Frida, das Stubenmädchen, läßt sich die Gesellschaft der Kleinen beim Plätten, Maschinenähen und Stubenbohnern gern gefallen.

Der gute Bruder Hans findet trotz seiner vielen Schularbeiten noch Zeit, dem Schwesterchen Schiffchen zu machen und Kreiselstöcke zu fabrizieren.

Nur Klaus meint, daß Annemie zu sehr verwöhnt wird und ist für strengere Erziehung. Aber meistens endigt diese mit einer Balgerei.

Puck, das niedliche Zwerghündchen, und Mätzchen, das zitronengelbe Vögelchen, zeigen ebenfalls eine besondere Vorliebe fürs Nesthäkchen. Puck läßt sich geduldig von ihm Ohren und Schwänzchen zausen und ist stets zu allen Spielen bereit. Mätzchen aber singt jubelnd mit der Kleinen um die Wette.

Wer aber, glaubt ihr wohl, hat Klein-Annemarie am liebsten im ganzen Hause? Vater und Mutti natürlich, und dann – alle ihre Puppen.

Die ziehen den Mund vor Freude von einem Ohr zum andern, sobald das kleine Mädchen in die Kinderstube tritt. Was ist Annemie aber auch für ein gutes Puppenmütterchen! Jedes Kind ihrer zahlreichen Puppenfamilie hat sie in ihr zärtliches Herz geschlossen.

Da ist zuerst Irenchen, das ist ihre Älteste, denn sie besitzt schon eine Schulmappe mit Schiefertafel und Heften. Irenchen macht ihrer kleinen Mama jetzt viel Sorge. Sie hat ihre schönen roten Backen verloren, seitdem Nesthäkchen ihr neulich das Gesicht mit Bimsstein abgescheuert hat. Das Puppenkind sollte zum erstenmal mit Tinte schreiben, und hatte dabei die Nase zu tief in das Schulheft gesteckt, über und über hatte sie sich mit Tinte eingeschmiert, das unbedachtsame Irenchen, und die weiße Schürze ihrer kleinen Mama dazu. Annemarie schalt auf Irenchen, und Fräulein schalt auf Annemie. Fräulein begann Annemies Tintenschürze mit Zitrone zu bearbeiten, und Annemie das Tintengesicht ihres Irenchens mit Bimsstein. Au – tat das weh! Irenchen schrie wie am Spieß. Aber energisch rubbelte Nesthäkchen weiter, denn »wer nicht hören will, muß fühlen«. Ganz blaß ist das arme Puppenkind noch davon, und Annemie meint bekümmert zu Fräulein: »Ich glaube, die Schulluft bekommt dem Kinde nicht!«

Auch um Mariannchen, das zweite Töchterchen, sorgt sich Nesthäkchen. Die Kleine hat seit einigen Tagen eine schwere Augenkrankheit und muß sicher nächstens in eine Puppenklinik. Die Schlafaugen sind fest zugeklebt und gehen nicht mehr auf. Und das schlimmste ist, daß die kleine Mama selbst die Schuld an der Krankheit trägt. Oder vielmehr Klaus, denn der hat ihr geraten, dem Kinde richtige Wimpern mit flüssigem Gummi anzukleben. Und nun sind Mariannchens Augen ganz verkleistert, oder vielmehr »vereitert«, wie der vierbeinige Doktor Puck mit bedenklichem Schwanzwedeln feststellte.

Ja, solch kleines Puppenmütterchen hat schon seine Sorgen mit soviel Jören! Der Puppenjunge Kurt ist ein furchtbar wilder Strick, kein Tisch ist ihm zu hoch, um davon herunterzuspringen. Bald zerschlägt er sich die Nase, bald hat er ein tiefes Loch im Kopf, und einen halben Fuß hat er sich auch schon abgeschlagen, der Schlingel.

Die schwarze Lolo, das Negerkind, muß wohl die Unsauberkeit und Unordentlichkeit aus ihrer Heimat Afrika mitgebracht haben. Wenn Annemarie sie eben erst sauber angezogen hat, im nächsten Augenblick hat sie sich schon wieder schmutzig gemacht. Bald verliert sie einen Schuh, bald einen Strumpf. Neulich sogar die Höschen! Mitten im Tiergarten war’s, Klein-Annemarie hat sich schrecklich geschämt, denn sehr weiß waren sie auch nicht mehr.

Am bravsten ist noch Baby. Das läßt seine Mama die ganze Nacht ruhig schlafen, höchstens am Tage schreit es mal, aber auch nur, wenn es allzusehr auf den Bauch gedrückt wird. Annemie verzieht Baby ein bißchen, na, dafür ist es ja auch ihr Nesthäkchen.

Aber trotz aller ihrer Fehler liebt Annemarie ihre Kinder wie eine richtige kleine Mama. Den ganzen Tag plagt sie sich für sie. Kaum hat sie morgens früh Irenchen in die Schule gebracht und die anderen angezogen, verlangt Baby auch schon nach seinem Fläschchen. Dann sind die Betten der Kinder zu machen, die beiden Großen schlafen in dem weißen Himmelbett, die beiden Kleinen, Lolo und Baby, im Wagen, und Kurt in der umgekippten Fußbank. Die ist wenigstens nicht so hoch, wenn er rausfällt.

Beim Aufräumen der Kinderstube hilft Nesthäkchen Fräulein fleißig; es hat einen kleinen Besen mit Schaufel und einen Schrubber nebst Eimer und Scheuertuch. Auswischen tut Annemie für ihr Leben gern. Aber Fräulein erlaubt es nicht oft, denn sie setzt die ganze Stube dabei unter Wasser, es gibt jedesmal eine Überschwemmung. Beinahe wäre neulich ihr Kurt, der sich unterm Spielschrank versteckt hatte, dabei ertrunken.

Eine reizende Puppenküche hat Klein-Annemarie, mit Kohlenkasten, Wasserleitung und Spiritusherd, aber Mittagbrot kochen kann sie ihren Kindern nur, wenn’s regnet. Die Puppen sind auch so vernünftig, bei schönem Wetter keinen Hunger zu haben. Sie wissen, daß ihre kleine Mama, wenn die Sonne scheint, in den Tiergarten spazierengehen muß. Oft nimmt Nesthäkchen eins oder zwei ihrer Kinder mit und fährt sie in dem feinen weißen Puppenwagen mit der rosa Seidendecke aus. Dann setzt sie ihnen Spinat vor, frisch gepflückt vom Rasen. Auch Kieselsteinbraten vertragen sie merkwürdig gut, wenn er auch noch so zäh ist.

Die armen Zuhausegelassenen aber werden in ihr Gärtchen, aufs Blumenbrett, gesetzt, damit sie auch ein bißchen Luft schnappen. Nur Kurt nicht, der Bengel ist zu wild und würde sicher in den Hof herunter Purzelbaum schießen.

Auch waschen und plätten muß Annemie für ihre Kleinen, ja, sie verbrennt sich sogar die Händchen dabei vor lauter Eifer. Denn das kleine Plätteisen wird auf dem Herd heiß gestellt, anders tut das Hausmütterchen es nicht.

Nächstens soll auch große Puppenschneiderei stattfanden, Annemarie hat zu ihrem Geburtstag eine allerliebste kleine Nähmaschine bekommen. Fräulein will ihr zeigen, wie man darauf näht. Dabei hat sie auch noch den Kaufmannsladen und die Mehlhandlung zu bedienen, wenn Klaus gerade keine Lust dazu hat, oder wenn sie sich beide gezankt haben.

Und Mutti will ihr Nesthäkchen doch auch ein bißchen um sich haben, wirklich, Annemarie weiß oft gar nicht, was sie von all ihren vielen Arbeiten zuerst machen soll.

Sie kann sich gar nicht denken, daß es kleine Mädchen gibt, die sich manchmal langweilen.

2. Kapitel
Was der Osterhase bringt

Inhaltsverzeichnis

Es war am Ostersonntag, ganz früh am Morgen. Golden schien die liebe Sonne vom Himmel, gerade in Nesthäkchens Kinderstube hinein.

Die Puppen lagen alle noch in festem Schlaf. Kurt schnarchte wie ein Murmeltier, und auch Lottis Fräulein schlief noch.

Nanu – die Sonne begann erstaunt zu blinzeln – was sollte denn das bedeuten?

Aus dem weißen Kinderbett in der Ecke sprang, vorsichtig nach dem schlafenden Fräulein herüberschauend, ein kleiner Hemdenmatz mit zwei blonden Rattenschwänzchen. Eins, zwei, drei, huschte er leise durch das Zimmer, geradeswegs zum Fenster, und kletterte dort behutsam auf den Kinderstuhl.

Was hatte denn Nesthäkchen bloß in aller Herrgottsfrühe schon auf den Hof hinunterzugucken? Die Portierkinder, mit denen sie gut Freund war, schliefen doch noch alle.

Die Sonne machte ein mißbilligendes Gesicht. Den Tod konnte sich das barfüßige kleine Ding ja bei seiner Frühpartie holen oder doch wenigstens einen tüchtigen Schnupfen.

Nein, das gab die liebe Sonne nicht zu, daß Klein-Annemarie an den Osterfeiertagen krank im Bette liegen mußte.

Schnell nahm sie ein paar ihrer spitzen Goldstrahlen und begann Fräulein damit unter die Nase zu krabbeln, einmal und noch einmal.

»Hatschi!« nieste Fräulein und schlug die Augen auf. Da sah sie zu ihrer Verwunderung am Fenster auf dem Kinderstuhl ein ausgekniffenes Hemdenmätzchen thronen, das Stubsnäschen gegen die Scheiben gepreßt.

»Kind – Annemie – willst du wohl gleich wieder ins Bett, es ist ja noch nicht mal sechs!« rief sie ärgerlich.

»Ach, Fräulein,« Annemarie fuhr erschreckt zusammen, »warum bist du bloß aufgewacht! Ich wollte doch so schrecklich gern mal den Osterhasen sehen, ob er auch recht viel Eier für mich hat.«

»Wenn du so unartig bist und heimlich aus dem Bett kletterst, bringt dir der Osterhase überhaupt keine Eier. Der kommt nur zu artigen Kindern. Flink zurück ins Bettchen, Annemie, daß du nicht etwa krank wirst«, mahnte Fräulein.

»Woher weiß der Osterhase denn, ob ich artig bin?« erkundigte sich das Barfüßchen.

»Er läßt es sich von allen Muttis und Fräuleins erzählen«, gähnte Fräulein.

»Hat er dich auch schon danach gefragt?«

»Ja–a–a–u–uh«, Fräulein gähnte herzbrechend.

»Wann denn?« Nesthäkchen spitzte die Ohren.

»Hör’ jetzt endlich mit dem ewigen Gefrage auf und gehe in dein Bett, Annemie, oder soll ich erst böse werden?«

»Nein, nein, aber mein liebstes, bestes, allersüßestes Zuckerfräulein, sag’ mir doch bloß noch, wann der Osterhase dagewesen ist, dann gehe ich auch gleich wieder artig ins Bett«, schmeichelte die Kleine.

»Heute nacht.« Fräulein konnte den Bitten der kleinen Schmeichelkatze nicht widerstehen.

»Heute nacht, da hast du wohl mit ihm aus dem Schlaf gesprochen, Fräulein?« verwunderte sich die Kleine.

Aber als Annemie jetzt endlich den Rückzug in ihr Bettchen antreten wollte, da jauchzte sie plötzlich laut auf, daß sämtliche Puppen entsetzt aus dem Schlaf hochfuhren, und Kurt vor Schreck fast aus seiner Fußbank gekegelt wäre.

»Fräulein, der Osterhase, da ist er, ganz deutlich habe ich ihn gesehen.« Die Kleine wies aufgeregt aus dem Fenster. Schwarz war er, und einen langen Schwanz hat er gehabt, und mit einem Satz ist er drüben über das Dach gesprungen.«

»Du Schäfchen, das war sicher der schwarze Kater von unserm Portier.« Jetzt mußte Fräulein doch lachen.

»Der Kater – bewahre – das war der Osterhase!« Annemie ließ sich so leicht nicht etwas ausreden. Auch als sie wieder im Bett lag und ihre Blauaugen gerade müde zuklappen wollten, murmelte sie noch im Einschlafen: »Und es war doch der Osterhase!«

Ein Weilchen darauf spähte die liebe Sonne aufs neue in die Kinderstube hinein, ob dort nun endlich Ruhe herrschte. Da schlief die ganze Gesellschaft wieder, und der richtige Osterhase konnte, unbeobachtet von neugierigen Kinderaugen, all seine Schokoladen-und Marzipaneier verstecken.

Das war eine schwierige Sache für Fräulein, heute Nesthäkchen anzukleiden. Sehr still hielt der kleine Wildfang ja niemals, aber heute war die Annemarie in allen vier Ecken der Kinderstube zu gleicher Zeit. Am Ende hatte Fräulein bloß nicht aufgepaßt, und der Osterhase hatte doch ein paar Eier ins Kinderzimmer gelegt.

Während Fräulein ihr die blonden Kraushärchen entwirrte, was niemals eine sehr angenehme Aufgabe war, entwischte sie ihr dreimal.

Wutsch – war sie in dem Schuhschrank drin, wo sie sämtliche Schuhe und Stiefel nach Ostereiern durchstöberte. Fräulein mit Kamm und Bürste hinterdrein.

Dann, als das erste Zöpfchen halb geflochten war, fiel es Annemie plötzlich ein, sicher würde sich etwas in der Puppenküche finden. Heidi – kramte sie auch schon dort das Unterste zu oberst, Fräulein mit Kamm und Bürste hinterdrein.

Aber als die Kleine plötzlich, gerade da die große, hellblaue Schleife das zweite Zöpfchen schmücken sollte, hast du nicht gesehen, auf den großen Tisch kletterte, um auf den Ofen nach Ostereiern zu spähen, da konnte Fräulein mit Kamm und Bürste nicht hinterdrein. Auf den Tisch konnte sie unmöglich klettern. Sie machte ein unzufriedenes Gesicht, bis Annemie sich ihrem Fräulein mit Küssen und Streicheln an den Hals hängte und versprach, sich nun aber wirklich ganz artig anziehen zu lassen. Das tat sie auch, denn so klein sie auch war, das wußte die Annemarie: Was man verspricht, muß man halten!

»Na, endlich ausgeschlafen, Lotte?« begrüßte sie der Vater, als Nesthäkchen am Kaffeetisch erschien.

»Ach, Vatchen, ich habe heute morgen schon den Osterhasen übers Dach springen sehen«, erzählte Annemarie eifrig.

»So?« fragte der Vater ernsthaft.

Der vorlaute Klaus aber rief: »Es gibt ja gar keinen Osterhasen, bist du noch ein dämliches Ding, nur ganz gewöhnliche Hasen gibt es.«

»Das ist nicht wahr, du lügst!« begehrte das Schwesterchen auf.

So etwas wollte sich der Klaus nun wieder nicht sagen lassen, er griff nach Annemies frisch geflochtenen Zöpfchen, und es wäre an dem schönen Ostersonntag wohl zu einer regelrechten Schlacht gekommen, wenn Mutti nicht gerade das Zimmer betreten hätte.

»Ei, Kinder, ist das unser Feiertagsfrieden?« fragte sie vorwurfsvoll.

Da ließen die kleinen Kampfhähne beschämt voneinander ab, und Nesthäkchen sprang zu Mutti, um sich ihren Gutenmorgenkuß zu holen.

Gibt es wohl noch etwas Schwereres im Leben, als zwei große Tassen Kakao austrinken zu müssen, während man ganz genau weiß, daß im Nebenzimmer die schönsten Ostereier auf einen warten?

Endlich – endlich war die Tasse leer, und nun war Klein-Annemarie auch nicht mehr zu halten.

»Mutti, dürfen wir jetzt – bitte, bitte, laß uns gleich Ostereier suchen!«

Und kaum hatte Mutti der kleinen Ungeduld nur ein ganz klein wenig zugenickt, bautz – da lag Nesthäkchen auch schon der Länge nach drin im Wohnzimmer unterm Sofa und strampelte vor Aufregung mit beiden Beinen.

»Hurra – hurra, drei Stück, halt, dort unterm Notenschrank ein ganz großes, da – unter der Blumentreppe wieder eins!« Annemarie blieb in einem Jubel. »Nein, Klaus, das hier habe ich zuerst gesehen, das gehört mir!« Diesmal ging es ohne Kampf zwischen den beiden ab, aber nur, weil der große Hans inzwischen eifrig weitersuchte, und dem wollten die zwei doch nicht alle andern Eier überlassen.

Gerade als Annemie ein wunderhübsches grünes Nest mit kleinen Marzipanküken bewunderte, bei dessen Auffinden der gute Vater ein wenig geholfen hatte, und als er ihr vorlas, daß auf dem angehefteten Zettelchen stand: »Für unser Nesthäkchen«, hörte man nebenan einen lauten Krach.

Klirr – da lag Muttis schöne Vase in Scherben. Der ungestüme Klaus war mit dem Kopf dagegengestoßen. Zur Strafe wurde er vom Ostereiersuchen ausgeschlossen und in sein Zimmer geschickt.

Nesthäkchen aber dachte heimlich: »Sicher hat der Osterhase das so eingerichtet, weil Klaus gesagt hat, daß es gar keinen gibt.«

Doch Annemie hatte jetzt lange nicht mehr die Freude an dem lustigen Suchen wie vorher, obgleich sie noch so viele schöne Eier fand, sogar eins mit Murmeln und eins mit Puppentäßchen gefüllt. Sie mußte immerfort daran denken, wie traurig der arme Klaus jetzt wohl im Jungenzimmer sitzen mochte. Er tat ihr ganz schrecklich leid, trotzdem er doch stets mit ihr Streit anfing.

Als kein Winkelchen mehr undurchstöbert war, und Annemarie in ihrem Körbchen fünfzehn Ostereier zählte, eine ganze Mandel, wie Fräulein sagte, schlich sie sich heimlich in das Jungenzimmer.

Klaus saß an seinem Arbeitspult und hatte die Fäuste in beide Augen gebohrt.

»Kläuschen,« die Kleine kam schüchtern näher, »sieh mal, wieviel Ostereier ich habe, da, suche dir welche davon aus, weil ich doch solche Menge gefunden habe.«

Der Junge sah erstaunt auf. Zuerst glaubte er, Annemie mache nur Spaß, aber als das gute Schwesterchen ihm wirklich ihr Körbchen hinhielt, nahm er sich das Ei mit den Murmeln heraus und streichelte Annemies rundes Gesichtchen.

»Du bist ein guter Kerl!« sagte er dabei.

Nun erst hatte Nesthäkchen volle Freude an den Gaben des Osterhasen, weil auch Klaus sich freuen konnte. Jubelnd tanzte das kleine Mädchen durch die ganze Wohnung.

»Hanne, ich habe eine ganze Mandel Ostereier gefunden!« so klang es zur Küchentür hinein, und im nächsten Augenblick sprang Annemie der mit dem Besen vorüberfegenden Frida huckepack auf den Rücken: »Fridachen, wenn Sie mich ein bißchen mit der Teppichmaschine auskehren lassen, schenke ich Ihnen eins von meinen fünfzehn Ostereiern.«

Aber sie hatte keine Zeit mehr, Fridas Antwort abzuwarten, denn Puck mußte doch erfahren, daß sie zehn Schokoladeneier, vier aus Marzipan, eins mit Puppentäßchen, und dazu noch das süße Kükennest gefunden hatte. War der arme Wicht doch schon den ganzen Morgen aus dem Zimmer gesperrt worden, damit er nicht auf eigene Faust Ostereier suchen sollte und sie am Ende gar belecken.

»Puckchen, sieh mal, was ich hier habe.« Lachend kauerte Annemarie sich zur Erde und wies dem Hündchen ihre süßen Schätze. Aber Nesthäkchens Lachen wandelte sich plötzlich in Weinen, denn der undankbare Puck begnügte sich nicht mit Anschauen – schnapp – hatte er das größte Schokoladenei im Maul und verkroch sich damit unters Sofa.

»Du abscheulicher Puck!« Annemie raste weinend hinter ihm her, um ihm seinen Raub wieder abzujagen.

Aber Bruder Hans, der den kühnen Diebstahl mitangesehen und sich die Seiten vor Lachen hielt, zog sie an einem Wadenstrümpfchen wieder unter dem Sofa hervor.

»Laß der Hundetöle das Osterei, Annemie, du kannst es ja jetzt doch nicht mehr essen«, tröstete er.

Doch als Nesthäkchens Tränen weiterflossen, holte der gute Hans eins von seinen eigenen Ostereiern und legte es in Schwesterchens Korb.

Nun war endlich wieder Sonnenschein bei Klein-Annemarie. Spornstreichs ging es in die Kinderstube, um den Puppen ihre Ostereier zu zeigen. Die fraßen ihr sicher nichts weg.

Da klingelte es.

Mutti hatte streng verboten, daß Annemie selbständig die Eingangstür öffnete, weil viele Patienten zum Vater kamen. Aber da das kleine Fräulein recht neugierig war, spähte es durch den Türschlitz, durch den die Briefe geworfen wurden. Da sah es denn einen dunkelgrünen Damenmantel und eine Hand mit einem silbergrauen Täschchen, das ihr merkwürdig bekannt vorkam. Und da die Hand überdies ein verheißungsvolles Paket hielt, fragte Nesthäkchen ganz leise durch die Tür:

»Wer ist da?«

»Der Osterhase«, klang es ebenso leise mit verstellter Stimme zurück.

»Frida – schnell – Frida, der Osterhase ist draußen!« Die Kleine konnte es nicht erwarten, bis die Tür geöffnet wurde.

Da stand zwar nicht der Osterhase, aber eine, die Annemie ebenso lieb war – Großmama.

»Guten Tag, mein Herzchen, warum läßt du denn den Osterhasen nicht rein?« Zärtlich hob Großmama das federleichte Dingelchen zu sich empor.

»Weil Mutti es nicht erlaubt, und du ja auch gar keiner bist«, lachte das Enkelchen.

»So – wenn ich kein Osterhase bin, dann kann ich dir wohl auch kein Osterei bringen?« Großmama versteckte scherzend das Paket auf dem Rücken.

»Ach, du bist meine liebste, beste Osterhasen-Großmama, aber nun zeige mir auch, bitte, bitte, was in dem Paket drin ist.« Annemie unterstützte ihre Bitten mit Streicheln und Küssen auf Großmamas grünem Mantel.

Aber dessen hätte es gar nicht einmal bedurft, denn wer in Nesthäkchens bettelnde Blauaugen sah, konnte nicht widerstehen, wenn er auch keine Großmama war.

Dauerte das lange, bis das dumme Papier endlich ab war. Ein großer Karton kam zum Vorschein. Halb ängstlich, halb erwartungsvoll hob Nesthäkchen den Deckel.

»Eine Puppe – eine Osterhasenpuppe, ach, ist die süß!« Annemie nahm die große Puppe, die ein weißes Osterhasenkäppchen mit rosaseidenen Ohren trug, glückstrahlend aus der Schachtel und gab ihr einen zärtlichen Willkommenskuß.

»Ich glaube, du freust dich gar nicht mit deinem neuen Töchterchen, du hast am Ende schon zuviel Kinder!« neckte Großmama, als sie Annemies Mutterglück sah.

»Ach, Großmuttchen, ich danke dir tausendmal,« jetzt endlich fand Nesthäkchen auch Zeit, an Großmama zum Dank emporzuangeln, »das ist mein aller-, allerschönstes Osterei!« Glückselig streichelte sie die roten Bäckchen, die blonden Löckchen und das weiße Stickereikleid mit der rosa Schärpe.

»Mutti, du hast ein neues Enkelchen bekommen.« Mit der einen Hand zog Annemarie Großmama ins Zimmer, mit der anderen streckte sie der Mutter das neugeborene Kind entgegen. Mutti wußte nicht, wen von beiden sie zuerst begrüßen sollte.

»Wie wird denn mein neues Urenkelchen heißen?« fragte Großmama.

»Nenne es doch Gertrud, nach Großmama«, schlug Mutti vor.

»Ach nee, Gertrud heißen doch nur alte Damen!« wandte Nesthäkchen ein.

»So nenne es Gerda!« Mutti wußte doch immer einen Ausweg.

Und dabei blieb es. Gerda wanderte auf Annemaries Arm in die Kinderstube und wurde Fräulein und sämtlichen Schwestern und Brüdern vorgestellt. In der Nacht aber durfte sie bei ihrer neuen Mama im weißen Kinderbett schlafen, da diese sich keine Minute von der Kleinen trennen wollte.

Baby war abgesetzt – und Gerda war von nun an Annemies Nesthäkchen.

3. Kapitel
Wie es Puppe Gerda bei Nesthäkchen gefiel

Inhaltsverzeichnis

Als Gerda, das Puppenkind, am nächsten Morgen ihre Schlafaugen aufschlug, schlief ihre neue kleine Mama noch. Neugierig sah Gerda sich ihr Mütterchen näher an. Mit roten Bäckchen lag es auf dem stickereibesetzten Kissen und lachte im Schlaf. Gewiß träumte es von dem neuen Kinde. Die hübsche kleine Mama gefiel dem Puppenkinde sehr, sicher würde sie es gut bei ihr haben. Gerda nahm sich vor, immer brav zu sein und Annemie nie zu ärgern. Dann aber faltete sie ihre Zelluloidhände und flüsterte: »Lieber Gott, ich danke dir, daß du mich zu einem so guten Mütterchen gebracht hast!«

Klein-Annemarie schlief noch immer, und Puppe Gerda begann sich allmählich zu langweilen.

Surr – surr – da summte eine Fliege über dem Kinderbett und setzte sich der Puppe gerade auf die Nase.

»Surr – surr – wie kommen Sie denn hierher, Fräulein?« begann die Fliege die Unterhaltung. »Ich wohne doch schon schrecklich lange, zwei ganze Tage, in der Kinderstube, aber Sie habe ich hier noch nicht erblickt.«

»Ich bin erst gestern hier eingezogen«, antwortete die Puppe schüchtern und schielte herzklopfend auf ihre Nase. Denn sie hatte in ihrem Leben noch niemals eine Fliege gesehen.

»Surr – surr – wo haben Sie denn früher gewohnt?« erkundigte sich die Fliege.

»In einer großen Pappschachtel, aber da war es lange nicht so hübsch wie hier. Stockdunkel war es darin, und die Luft war auch nicht besonders«, erzählte Puppe Gerda ein wenig zutraulicher. Und da sie sah, daß die Fliege es gut mit ihr meinte, setzte sie noch hinzu: »Ich habe es doch fein getroffen, daß ich hierher gekommen bin, nicht?«

»Sum – sum«, sagte die Fliege mal zur Abwechslung, legte eins der dünnen Vorderbeinchen an die Stirn und dachte nach. »Ja, es sind recht anständige Leute, sie geizen nicht mit Zuckerkrümelchen und hängen an die Kronen keine heimtückischen Leimbänder, an denen wir armen Fliegen zappelnd unser Leben lassen müssen. Sum – sum.«

»Nicht wahr, die kleine Annemarie ist gut?« fragte die Puppe, denn das lag ihr mehr am Herzen als Zuckerkrümel und Leimbänder.

»Freilich,« surrte es zurück, »die Annemie tut keiner Fliege etwas zuleide. Aber der Klaus, ihr älterer Bruder, vor dem nehmen Sie sich in acht, Fräulein. Das ist der gefährlichste Mensch, den ich kenne. Wenn der Sie mal fängt, quetscht er Sie zu Apfelmus, oder er reißt Ihnen mindestens ein Bein aus. Mit meiner guten, alten Tante hat er’s gerade so gemacht, der Tunichtgut!«

»Ich werde ihm möglichst aus dem Wege gehen«, nahm sich die Puppe furchtsam vor. »Doch ich sah gestern abend noch einen jungen Herrn, treibt der’s auch so schlimm?«

»Sum – sum – wie man’s nimmt! Ganz so arg ist der Hans wohl nicht. Aber er hat manchmal eine große, bauchige Glasflasche in der Hand, damit rückt er uns armen Fliegen zu Leibe. Spiritus ist darin, der steigt uns so zu Kopf, daß wir geradeswegs in die große Flasche hineinfliegen müssen. Und wer erst einmal drin ist, der kommt nicht wieder heraus, elendiglich muß er in dem Spiritus ersaufen! Hüten Sie sich vor der Fliegenflasche, Fräulein, surr – surr!« Die Fliege summte so laut vor Empörung, daß Nesthäkchen sich zu bewegen begann.

Husch – war das Fliegchen auf und davon und Puppe Gerdas Nase leer.

Annemarie aber streckte sich und reckte sich, und dann schlug sie endlich die Augen auf.

Gerade als Puppe Gerda überlegte, ob es nicht das gescheiteste wäre, vor den bösen großen Brüdern Reißaus zu nehmen und davonzulaufen, ehe Annemie noch erwachte, fühlte sie sich von zwei weichen Kinderarmen innig umschlungen. Ein rotes Mündchen preßte sich auf den ihren, und ein warmes Herzchen pochte gegen ihren kalten Zelluloidkörper. So lieb und zärtlich, daß alle Angst vor dem fürchterlichen Klaus und vor der großen Fliegenflasche bei Gerda verflog. Wohl behütet und geborgen fühlte sich Puppe Gerda bei ihrem Mütterchen.

»Guten Morgen, mein einziges Gerdachen – hat mein Nesthäkchen denn auch schön geschlafen?« klang es ihr liebevoll entgegen.

Die Puppe nickte, denn ihr Kopf war mit Gummischnur befestigt.

»Wollen wir uns denn nun anziehen und süße Zuckermilch trinken?« fragte das sorgsame Mütterchen weiter.

Puppe Gerda lächelte erfreut. Sie hatte schon großen Durst, und Zuckermilch war ihr Leibgericht. Aber vorläufig mußte sie sich noch etwas gedulden. Denn Fräulein trat ins Zimmer, um erst mal Annemarie aufzunehmen.

Die schnitt ein Gesicht. Das dumme Anziehen – sie hatte sich so darauf gefreut, noch ein bißchen mit ihrer Gerda im Bett zu spielen.

Da neigte sich Fräulein zu ihr herab und flüsterte ihr etwas ins Ohr.

Das kleine Mädchen wurde rot und sah verlegen auf ihr Puppenkind.

Hatte es Gerda auch bloß nicht gehört, was Fräulein soeben gesagt hatte? Ob sie sich denn gar nicht vor ihrem neuen Kinde schäme, und daß sie jetzt immer sehr artig und gehorsam sein müsse, um ihrer Gerda ein gutes Beispiel zu geben.

Nein, die Puppe machte ein ganz harmloses Gesicht und sah respektvoll zu ihrer kleinen Mama auf.

Eins – zwei – drei – war die aus den Federn, Fräulein sollte sie nicht umsonst gemahnt haben. Gerda wurde in die Bettecke gegen das Stickereikissen gesetzt und durfte bei Annemies Toilette zugucken.

Und das war gut, denn Annemie nahm sich vor ihrem neuen Kinde zusammen. Das sollte doch nicht wissen, daß seine Mama noch ab und an beim Waschen schrie, wenn das Wasser mal besonders naß war. Fest biß die Kleine die Zähnchen zusammen, daß ihnen kein Laut entschlüpfte, während Fräulein den großen Schwamm in Bewegung setzte und eklig rubbelte. Aber als Nesthäkchen selbst beim Kämmen nur ein einziges kleines »Au!« hören ließ, trotzdem der alte Kamm gerade heute tüchtig ziepte, schloß auch Fräulein Puppe Gerda in ihr Herz. Denn die ganz allein hatte das Wunder zuwege gebracht.

Gerda mochte sich von ihrer kleinen Mama nun auch nicht beschämen lassen. Als Annemarie endlich Zeit fand, sie anzukleiden, biß auch sie ihre niedlichen Porzellanzähnchen fest zusammen. Denn Annemie rubbelte noch viel ekliger als Fräulein und riß noch viel toller an den goldblonden Flachshärchen. Aber nein – nur nicht schreien, was hätten denn auch die anderen Puppen bloß von ihr gedacht!

Die waren dem neuen Ankömmling sowieso nicht sehr freundlich gesinnt.

»Ich will angezogen werden, ich muß in die Schule, sonst kriege ich einen Tadel!« rief Irenchen schon zum drittenmal hinter der weißen Mullgardine ihres Himmelbettes hervor. Aber die Kleine hatte heute nur Auge und Ohr für ihre Gerda.

»Annemie hat mir heute noch gar keinen Umschlag auf meine schlimmen Augen gemacht, trotzdem Doktor Puck es verordnet hat«, jammerte auch Mariannchen.

»Ja, sie hat sich heute überhaupt noch nicht um uns gekümmert, aber den Zieraff mit dem blonden Flachskopf, der erst gestern gekommen ist, küßt sie in einemfort«, berichtete Irenchen, durch die weiße Mullgardine lugend, eifersüchtig. »Dabei habe ich doch viel schönere und vor allem ganz echte Zöpfe.«

»Wie sieht denn die Neue aus, ist sie denn wenigstens hübsch?« erkundigte sich Mariannchen angelegentlich. Gar zu gern hätte sie ihre verklebten Augen aufgemacht, um Puppe Gerda zu betrachten.

»Ich finde, sie sieht recht gewöhnlich aus«, meinte Irenchen geringschätzig.« Rote Backen hat sie wie ein Bauermädel; wenn man vornehm sein will, muß man so blaß sein wie ich!«

Auch in dem weißen Puppenwagen murrte es.

Lolo, das Negerkind, hatte mit der steifen Porzellanhand die Wagengardine ein wenig zur Seite geschoben, um besser sehen zu können.

Unerhört war das doch, da wusch und kämmte die kleine Puppenmama das Neugeborene, und sie selbst, die doch tausendmal schmutziger aussah und einen Struwwelkopf aus schwarzer Wolle hatte, sie mußte so liegen.