Cover.jpg

Als Ravensburger E-Book erschienen 2019
Die Print-Ausgabe erscheint in der Ravensburger Verlag GmbH
Copyright © 2019 by Claudia Siegmann
© 2019 Ravensburger Verlag GmbH
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Michael Meller Literary Agency GmbH, München.
Lektorat: Regine Teufel
Umschlaggestaltung: Anna Rohner
Verwendetes Bildmaterial von © Carolin Liepins, © Boiko Olha/Shutterstock, © Alesikka/Shutterstock, © Manuel Findeis/AdobeStock, © Africa Studio/Shutterstock und © Vladimirkarp/Shutterstock
Innengestaltung: Alexandra Greinacher
Verwendetes Bildmaterial von © lundeot/Shutterstock und © MicroOne/Shutterstock
Alle Rechte dieses E-Books vorbehalten durch Ravensburger Verlag GmbH, Postfach 2460, D-88194 Ravensburg

ISBN 978-3-473-47978-8

www.ravensburger.de

005_01_C40183.psd

Die Scheiben waren an vielen Stellen blind, und so konnte man von außen nicht in das alte Gewächshaus schauen, obwohl drinnen Licht brannte. Man hätte ohnehin nichts erkennen können, außer Blatt an Blatt der bis unter die Decke gewachsenen Rosenhecke.

Die feuchtwarme Luft war erfüllt vom schweren, süßen Duft der dunkelroten Blüten. Jede einzelne wandte sich dem jungen Mann zu, der das Gewächshaus betreten hatte und auf den halb in der Rosenhecke verborgenen Schreibtisch zuging.

Ein Bogen Papier lag vor ihm. Der junge Mann griff danach und las, was mit roten Buchstaben darauf geschrieben stand. Er legte das Papier zurück und vermied es, die Gestalt anzublicken, die hinter dem Schreibtisch saß.

Sie war von Rosenranken umschlungen und wirkte selbst wie ein Teil der Hecke. Die dichten Blätter lagen wie eine zweite Haut über Gesicht und Körper, nur eine Hand war frei. Eine zarte Ranke ringelte sich darüber, bohrte ihre Dornen in das Fleisch, bis Blut in dünnen Rinnsalen zu einer Schreibfeder zwischen Daumen, Zeige- und Mittelfinger lief und wie rote Tinte von der Spitze tropfte.

Die Gestalt blieb vollkommen bewegungslos, nur die Hand führte die Feder kratzend über das Papier.

»Ja, ich weiß«, sagte der junge Mann und berührte eine besonders prächtige Rosenknospe sanft mit den Lippen. »Bald. Ich verspreche es dir.«

Er ging zu dem Klavier, das von der Hecke wie durch einen Pavillon überdacht wurde, setzte sich und spielte mit geschmeidigen Fingern Mozarts Lacrimosa. Er tat dies mit so viel Gefühl, dass die Rosen leise seufzten.

21004.jpg

Mit Tränen in den Augen öffnete ich die Schnur um den kleinen Karton. Ich hatte ihn im letzten Jahr immer wieder hervorgeholt, aber nie hineingeschaut. Es war, als gäbe ich erst durch das Aufmachen mein unwiderrufliches Einverständnis zum Tod meines Vaters. Ich hatte im vergangenen Jahr wirklich versucht, es zu begreifen. Er war tot, und ob ich diesen Karton, der ein paar persönliche Dinge von ihm enthielt, nun öffnete oder nicht, er würde es bleiben.

Meine Eltern waren nie verheiratet gewesen und hatten getrennt gelebt. Als Paläontologe war mein Vater auf Südamerika spezialisiert gewesen und hatte auch die meiste Zeit dort verbracht, weshalb wir uns nur selten gesehen hatten. Für ihn war das Ausgraben und Zuordnen versteinerter Knochen das Größte gewesen, und er hatte wenig Verständnis für Menschen gehabt, die nicht stundenlang darüber sprechen wollten.

Während unserer letzten Telefonate hatte er immer wieder gesagt, dass er mich irgendwann über die Ferien mitnehmen wollte. Damals hatte ich keine Lust gehabt, doch jetzt hätte ich auf der Stelle meine Koffer gepackt.

Ich blinzelte die Tränen weg und konzentrierte mich auf den Inhalt des Kartons.

Ganz obenauf lag ein in Zeitungspapier gewickelter schwerer Gegenstand. Vorsichtig schlug ich das Papier auf und hielt eine Kugel von der Größe einer Orange in der Hand.

Weiße Flocken trieben darin durch eine klare Flüssigkeit und rieselten träge auf die detailreich ausgearbeitete Miniatur eines Schlosses nieder.

Ich schüttelte die Kugel und sah zu, wie die Flocken zu wirbeln begannen und auf das Schloss niedergingen, bis kaum noch etwas von den Türmen und Zinnen zu erkennen war.

Ich erinnerte mich an diese Schneekugel. Bei einem der seltenen Besuche bei meinem Vater hatte ich sie auf seinem Schreibtisch im Arbeitszimmer entdeckt und war ganz fasziniert davon gewesen, aber er hatte mir nicht erlaubt, damit zu spielen.

Mit dem Ärmel wischte ich mir über das Gesicht und kämpfte gegen das Ziepen in meiner Nasenspitze, mit dem sich erneute Tränen ankündigten. Ich suchte im Karton nach einer Halterung und fand, ebenfalls sorgsam eingeschlagen, einen soliden schwarzen Sockel. In zierlichen goldenen Buchstaben war Dornröschen darauf eingraviert.

Vorsichtig setzte ich die Kugel ein und trug sie zu meinem Regal, wo sie einen Platz zwischen meinen Lieblingsbüchern bekam.

Ich setzte mich wieder auf den Boden vor den Karton. Als nächstes lag ein Fotoalbum darin. Ich lehnte mich mit dem Rücken an mein Bett und klappte das Album auf. Die Bilder zeigten meinen Vater als Baby, als Kleinkind, bei der Einschulung und mit eingegipstem Bein. Es gab Fotos von längst vergangenen Weihnachtsfesten und Geburtstagen und Sportveranstaltungen.

In meinem Hals saß ein dicker Kloß. Es ging nicht, ich konnte mir die Fotos einfach nicht weiter anschauen und klappte das Album heftig zu. Meine Großmutter Gracia hatte mir diesen Karton am Tag der Beerdigung übergeben. Sie hatte ein Schild mit meinem vollen Namen darauf geklebt, Flora Anthea Allenstein, als müsse sie sichergehen, ihr einziges Enkelkind nicht mit jemand anderem zu verwechseln.

Andenken, hatte Gracia gesagt und dabei so kühl und distanziert wie immer geklungen. Den Rest werde sie entsorgen, hatte sie sachlich angefügt.

Ich war darüber so wütend geworden, dass ich sie angeschrien hatte. Im Nachhinein tat es mir ein bisschen leid, immerhin hatte sie ihr einziges Kind verloren, und es war wohl ihre Art, damit umzugehen. Dennoch war mir in diesem Augenblick ihre Gefühlskälte unerträglich gewesen. Seither hatte ich Gracia nicht mehr gesehen.

Ich kramte weiter in dem Karton und entdeckte ein in dunkelroten Samt gebundenes, dünnes Buch. Es war schon sehr alt, der Samt an den Ecken war abgestoßen und glänzte speckig.

Neugierig schlug ich es auf und wurde prompt enttäuscht. In einer kaum zu entziffernden Schrift waren dort jede Menge Namen und Daten aufgelistet. Langsam blätterte ich weiter und stieß auf immer mehr Namen und Daten, bis ich in der Mitte eine offensichtlich nachträglich eingefügte Seite bemerkte. Ein Bogen, der aufgeklappt ungefähr dreimal so groß wie das Buchformat war.

Ich schnappte erstaunt nach Luft. Vom unteren Bildrand aus war die wunderschöne Zeichnung eines Rosenbuschs zu sehen. Der Zeichner war offensichtlich überaus begabt gewesen, denn die prächtigen Rosenblüten, Dornen und gezackten Blätter wirkten mit ihren leuchtenden Farben vollkommen echt. Selbst die gemalten Tautropfen sahen aus, als könnten sie jeden Augenblick über die Blütenblätter rollen und aus dem Bild heraustropfen.

Von dem Busch gingen Ranken ab, die sich über die ganze Seite erstreckten und sich immer wieder unterteilten, bevor sie sich jeweils am Ende zierlich einrollten. Allerdings saßen nur verwelkte Blüten daran, und neben jeder befand sich ein Name in winziger Schrift.

Eine Ranke auf der rechten Seite fiel mir besonders auf. Sie schien ganz an den Bildrand gedrückt, bis in die obere Ecke. An ihrer Spitze hatte sie sich geteilt, und dieser dünne Ast trug drei Blüten. Sie waren nicht so vertrocknet wie all die anderen. Die Letzte sah sogar aus, als hätte sie gerade erst zu welken begonnen.

Ich sprang auf und holte mein Handy. Das musste ich fotografieren und es dann vergrößern, damit ich die winzigen Namen lesen konnte. Vor die ausgebreitete Seite gehockt, machte ich ein Foto. Es wurde nicht besonders gut, weil das alte Papier sich wellte, deshalb strich ich es für den zweiten Versuch glatt und spürte dabei plötzlich einen Stich. Mit einem überraschten Zischen zog ich die Hand zurück.

Ich musste mich an der Papierkante geschnitten haben. Aus der Fingerkuppe meines Zeigefingers quoll ein Tropfen hellroten Blutes und fiel auf die Seite, noch bevor ich die Hand wegziehen konnte.

Bestürzt sah ich, dass er direkt auf dieser obersten Ranke gelandet war. Das ärgerte mich, ich hatte die schöne Abbildung ruiniert. Bevor ich noch größeren Schaden würde anrichten können, faltete ich die Seite zusammen, verstaute das Buch und das Fotoalbum wieder im Karton und schob ihn unter das Bett.

Das war alles, was mir von meinem Vater geblieben war.

22261.jpg

Wie jeden Mittwoch verwandelte das Ende der letzten Stunde meine gesamte Klasse, die vom Geschichtsunterricht tödlich gelangweilt war, in eine hochmotivierte Truppe. Rucksäcke wurden geschultert, Stühle scheppernd hochgestellt, und man rannte aus dem Klassenraum, als zähle jede Sekunde.

Normalerweise war ich mit dabei, doch diesmal räumte ich meine Sachen ganz langsam zusammen. Auf dem Weg zur Schule war ich mit dem Fahrrad über einen Nagel gefahren, was mir einen Platten und echt miese Laune beschert hatte.

»He! Was ist los, Flora? Willst du hier übernachten?«

Ich sah auf. Neben meinem Tisch stand Anna. Offen gestanden war ich gar nicht sicher, ob wir miteinander befreundet gewesen wären, wenn unsere Mütter uns nicht schon als Zweijährige hartnäckig in den gleichen Sandkasten gesetzt hätten, weil sie Freundinnen und Kolleginnen waren.

Anna und ich waren im Kindergarten in der gleichen Gruppe, wir waren seit der Grundschule Klassenkameradinnen, und seit einem halben Jahr wohnten wir nun sogar im selben Haus.

Das war eigentlich okay, aber manchmal wünschte ich mir, ich könnte nach der Schule einfach tun, was ich wollte, ohne mir von Anna einen vorwurfsvollen Blick einzufangen. Anna hatte nämlich eine sehr nervige Einstellung, was Hausaufgaben betraf. Diese waren ihrer Meinung nach sofort und im vollen Umfang zu erledigen. Und wenn am nächsten Tag ein Test anstand, ließ sie nicht locker, bis ich mit ihr den ganzen Stoff mindestens ein Mal komplett durchgegangen war.

Das passte mir heute aber gar nicht in den Kram. Wenn ich mein Rad schon schieben musste, konnte ich auch gleich noch eine andere Sache klären, die mich seit einiger Zeit beschäftigte. Und das wollte ich lieber allein machen.

»Fahr schon mal, ich muss ja schieben.«

»Ich schieb auch«, bot Anna eifrig an. »Dann kann ich dich unterwegs Englisch abfragen.«

Das wünschte ich mir in etwa so sehr wie eine Katze sich ein heißes Vollbad, also griff ich zu einer Notlüge. »Ich brauch sowieso noch die Fotos. Für Kunst.«

Wir sollten bis Freitag Herbstimpressionen mit dem Handy einfangen, aus denen wir dann eine Collage erstellen würden. Außer einem Pilz, der direkt vor unserem Haus wuchs, hatte ich noch nichts fotografiert.

»Oh. Die Fotos«, sagte Anna. Sie hatte, wie ich zufällig wusste, bisher auch nur diesen Pilz fotografiert. Kunst war das einzige Fach, das Anna wirklich hasste, und sie zeigte erwartungsgemäß keinerlei Interesse mehr, mich zu begleiten.

»Okay.« Sie hatte die ganze Zeit mit etwas in ihrer Hand gespielt, das sie nun in ihre Tasche steckte. Im Davoneilen sagte sie: »Dann sehen wir uns später.«

»Ist gut. Bis dann!«

Ich ging allein zum Fahrradparkplatz, schloss mein Fahrrad los und schob es in Richtung Stadtwall.

Der Wall führte einmal um die Innenstadt herum und war bei Spaziergängern, Joggern und Radfahrern gleichermaßen beliebt, weil er wie ein Waldweg von Bäumen umgeben war. Auf seiner Länge von etwa drei Kilometern wurde er nur neunmal von Straßen unterbrochen, die aber gut zu überqueren waren. Es gab ein paar echte Sehenswürdigkeiten, die am Stadtwall lagen, so zum Beispiel das Bismarckhäuschen, der Alte Botanische Garten oder die historische Wassermühle am Leinekanal. Und die war mein Ziel.

Ich kannte die Mühle natürlich und hatte sogar mal ein Referat über sie gehalten. Sie hatte ihr Mahlrecht im Jahr 1305 erhalten, war durch die Wallbefestigung Mitte des sechzehnten Jahrhunderts in die Befestigungsanlage der Stadt einbezogen worden und hatte damals eine wichtige Rolle bei der Versorgung der Stadtbevölkerung gespielt. Das Gebäude selbst war um 1766 herum erneuert, zuletzt in 2006 renoviert und mit einem neuen Mühlrad ausgestattet worden.

Warum mich das interessierte und ich unbedingt ohne Anna hierher wollte, hing nicht mit den Fotos für Kunst zusammen, sondern mit einem seltsamen Brief, den ich eine Woche zuvor erhalten hatte. Ich kannte ihn längst auswendig, so oft hatte ich ihn gelesen.

Sehr geehrte Flora Anthea Allenstein,

da Sie es versäumt haben, sich nach Ihrem sechzehnten Geburtstag im Haus der Genaver einzufinden, wurden Sie für die Dauer Ihrer Pflichtjahre der ASGA Agentur zugeteilt.

Bitte haben Sie Verständnis, dass Änderungswünsche nicht mehr berücksichtigt werden können.

Melden Sie sich innerhalb der nächsten vierzehn Tage in der Odilienmühle am Leinekanal. Das Schreiben ist unbedingt mitzuführen.

Ein Merkblatt für Absolventen der Pflichtjahre, das Sie bitte mit der nötigen Aufmerksamkeit studieren, erlauben wir uns beizulegen.

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und hoffen auf eine gute Zusammenarbeit.

Hochachtungsvoll,
der Rat der Genaver

Ich hatte noch nie von einem Rat der Genaver gehört, und doch war der Brief eindeutig für mich, wie mein vollständiger Name und die oben auf dem Blatt eingefügte Adresse zeigten. Im Internet hatte ich nicht den kleinsten Hinweis auf diese Genaver gefunden, was mich zugegebenermaßen ziemlich neugierig gemacht hatte.

Der Brief war genau einen Monat nach meinem Geburtstag bei mir angekommen. Lange hatte ich darüber gegrübelt, ob sich vielleicht jemand einen Scherz mit mir erlauben wollte, schloss das mittlerweile allerdings aus. Kaum jemand wusste, dass ich einen Zweitnamen hatte, und dass in dem Schreiben kein fester Zeitpunkt angeben war, sprach ebenfalls dagegen. Wer sollte sich schon vierzehn Tage vor einer alten Mühle auf die Lauer legen wollen, bis ich eventuell dort eintrudelte?

Auch das fünfseitige, kleinbeschriebene Merkblatt war für einen blöden Streich zu detailliert. Ich hatte es zwar nicht studiert, sondern nur kurz überflogen, doch das hatte ausgereicht, um einige Fragezeichen zu produzieren.

Natürlich dachte ich nicht im Traum daran, mich in einer alten Mühle zu melden, was ja auch ziemlich schwachsinnig gewesen wäre, allerdings war ich seither viermal auf meinem Weg über den Stadtwall daran vorbeigeradelt. Dabei hatte ich das merkwürdige Gefühl, die Luft sei dünner, irgendwie elektrisch aufgeladen; und ein leichtes Kribbeln hatte auf meiner Haut gelegen.

Anna war immer dabei gewesen, und ihr war nichts dergleichen aufgefallen.

Als ich dann beim letzten Mal einen genaueren Blick auf das Gebäude riskiert hatte, war es mir anders, nein, fremd erschienen. Ich konnte es nicht genau bestimmen, aber ich hätte schwören können, es war plötzlich größer, so, als hätte man der alten Mühle über Nacht einen Anbau hinzugefügt, der sich so perfekt an das Fachwerkgemäuer schmiegte, dass er nicht weiter auffiel. Dieser Anbau hatte einen eigenen Eingang, und sosehr ich mir den Kopf zerbrach, ich hatte ihn nie zuvor bemerkt, obwohl die Tür in einem auffälligen Grün leuchtete.

Diesmal näherte ich mich von der anderen Seite. Ich kam von der Straße her und schob mein Fahrrad langsam über den Parkplatz vor der Mühle. Ein paar Autos standen darauf, eine schwarze Limousine, ein ziemlich rostiger und bemerkenswert verbeulter Kleinwagen und ein Cabrio, das zwar auch schon älter, aber sehr gepflegt war. Der Fahrer, ein junger Mann, saß darin und genoss bei geöffnetem Verdeck die letzten wärmenden Strahlen der Nachmittagssonne. Die Rückenlehne hatte er weit zurückgestellt und den Kopf auf die Nackenstütze gelegt. Er trug eine große, verspiegelte Sonnenbrille, und ich konnte nicht sagen, ob er mich ansah oder die Augen geschlossen hatte, jedenfalls schenkte er mir keinerlei Aufmerksamkeit. Er fuhr sich nur einmal durch sein volles dunkles Haar, als ich an ihm vorbeikam, mein Fahrrad ein Stück weiter an einen Pfeiler lehnte und daran abschloss.

Ich blieb noch eine Weile stehen und ließ das beschauliche Gebäude auf mich wirken. Das gewaltige Mühlrad stand still, doch das Holz knarrte leise im fließenden Wasser. Das Laub der Bäume, die den Stadtwall säumten, leuchtete gelb, orange und in sämtlichen Rottönen und rahmte die Mühle geradezu idyllisch ein. Ein paar Regentropfen, die sich hier und da in Spinnweben an der Mühle verfangen hatten, glitzerten wie Diamantsplitter. Es war ein wunderschöner Anblick, und ich holte mein Handy für ein paar Fotos hervor. Mein Kunstlehrer würde beeindruckt sein.

Vom Parkplatz aus führte ein schmaler Weg mit drei ausgetretenen Stufen zu der grünen Tür. Auf einer der Stufen lag eine hübsch gefleckte Katze und putzte sich ausgiebig. Sie wurde Model auf einem meiner Bilder. Ich ging zu ihr, kniete mich hin und ließ sie an meinen Fingern schnuppern. Sie schnurrte, und ich streichelte ihren Kopf.

»Du bist ja eine Schönheit«, sagte ich leise und strich über den dunklen Klecks zwischen ihren weißen Ohren. »Sieht aus, als würdest du ein Toupet tragen, weißt du das?«

Die Katze maunzte und betrachtete mich interessiert aus bernsteinfarbenen Augen.

Ein jäher Windstoß strich mir über den Kopf und wehte mir die Haare ins Gesicht, und ein buntes Laubblatt, das neben der Katze gelegen hatte, flog ein Stück in Richtung der grünen Tür. Das Blatt tänzelte über das sonnenbeschienene Gras, und ich schoss direkt das nächste Foto, da entdeckte ich ein Schild neben dem Eingang.

Außer dem dösenden Cabriofahrer war weit und breit niemand zu sehen, also schlenderte ich unauffällig den Weg entlang auf die Tür zu. Leider war das Metallschild fleckig angelaufen, ich musste mich direkt davorstellen, um es entziffern zu können.

Edgar Krämer, Agentur ASGA

Auffinden und Sicherstellen
von Gegenständen aller Art

Aha. Hier sollte ich mich also zum Absolvieren irgendwelcher Pflichtjahre melden. Bei einer Agentur für Gegenstände aller Art. Weil ich versäumt hatte, mich im Haus der Genaver einzufinden.

Na, das konnten die glatt vergessen! Was auch immer hier vorging, es war mir doch eine Spur zu merkwürdig und außerdem bekam ich von dem Knistern in der Luft, das ich nun sogar hören konnte, ziemliche Kopfschmerzen.

Kaum hatte ich mich umgedreht, da knackte es in der Sprechanlage, und eine weibliche Stimme sagte fröhlich:

»Oh, ein neues Gesicht.«

»Ich … Äh … Hallo«, stammelte ich überrumpelt und suchte nach der Kamera, die mein Eintreffen verraten hatte. Ein Summen ertönte, und mit einem Klicken sprang die grüne Tür einen Spalt weit auf.

Ich rührte mich nicht. Sollte ich wirklich da hineingehen? Andererseits war ich doch deshalb hergekommen, ich wollte die Angelegenheit klären. Außerdem hätte ich zu gern gewusst, seit wann es diesen Anbau gab und was die ASGA Agentur genau machte, denn Gegenstände aller Art schien mir ein doch recht weit gefasster Begriff.

Ich gab mir also einen Ruck und trat ein. Augenblicklich verflogen die Kopfschmerzen. Vor mir lag ein lang gezogener Raum, der trotz der niedrigen Decke mit Holzgebälk sehr viel heller und moderner wirkte, als man es sich im Allgemeinen im Innern eines so alten Fachwerkgebäudes vorstellte. An einer Wand befanden sich zwei Regale mit Aktenordnern und gegenüber davon eine wuchtige Standuhr mit Pendel. Sie tickte laut.

Ein Schreibtisch war so platziert, dass man von ihm aus jederzeit die Tür im Blick hatte, rechts daneben führte eine Holztreppe in ein oberes Stockwerk.

Hinter dem Schreibtisch saß eine ältere Dame, die mir mit freundlichem Interesse entgegensah.

Ihr graues Haar war zu einem adretten Pagenkopf geschnitten, und sie trug eine elegante hellblaue Bluse, die exakt den Farbton ihrer großen, dezent geschminkten Augen hatte. Auch die Spitzen ihrer Schuhe, die unter dem Schreibtisch hervorlugten, waren von diesem Blau.

Sie hatte eine Tageszeitung vor sich aufgeschlagen, in der ein Artikel mit Rotstift eingekreist war.

»Guten Tag«, sagte ich unsicher, steckte das Handy weg und zog den Brief aus meiner Tasche. Als ich ihn der Dame entgegenhielt, schlug sie die Zeitung zu. Sie legte sie zu den anderen, die sich auf ihrem Schreibtisch stapelten, nahm das Schreiben und las es aufmerksam durch.

»Hm«, machte sie und steckte sich einen Bleistift hinter das Ohr. »Ungewöhnlich. Ausgesprochen ungewöhnlich.«

»Ja. Ich wollte nur kurz Bescheid sagen, dass da wohl ein Fehler passiert ist.«

Sie hob den Blick. »Sieht so aus. Ich muss mich bei dir entschuldigen. Irgendwie scheint mir die Mitteilung des Rates entgangen zu sein, sonst wären wir natürlich vorbereitet gewesen. Du kannst solange im Wartezimmer …«

»Nein, Sie verstehen mich falsch. Ich habe kein Interesse, hier zu arbeiten.«

So, jetzt war es raus. Die Dame schien mir nett zu sein, und ich wollte sie nicht vor den Kopf stoßen, aber ich hatte herzlich wenig Lust, mich auf Pflichtjahre in einer dubiosen Firma einzulassen.

»Nun … Warum hast du dich denn dann nicht rechtzeitig beim Rat gemeldet? Sie hätten dich doch bestimmt woanders einsetzen können. Büroarbeiten, Inventuren, Botendienste?«

»Genau das ist doch das Problem«, erklärte ich mit wachsender Ungeduld. So verlockend es auch klang, neben der Schule und der ganzen Lernerei noch Botendienste zu verrichten, ich hatte keinen Bedarf. »Ich habe mich nie bei dem Rat der Genaver um einen Job beworben. Ich weiß ja nicht mal, wer diese Genaver überhaupt sind.«

»Oh.«

»Gut«, sagte ich zuversichtlich. »Dann gehe ich jetzt wieder.«

»Ich fürchte, darauf wird der Rat sich nicht einlassen, Flora. Der Vertrag ist bindend.«

»Wie bitte? Ich habe Ihnen doch gerade gesagt, dass ich mich nie bei denen beworben habe.«

»Das ist ein bisschen komplizierter, als du denkst.« Sie zog den Bleistift von ihrem Ohr, spielte gedankenverloren damit und fügte bedeutsam an: »Die Pflichtjahre.«

Ich starrte sie verärgert an. Woher hatten diese Leute eigentlich meine Daten? Von welchem Vertrag war hier die Rede und was sollte kompliziert daran sein zu akzeptieren, dass ich mir keinen Job unterjubeln lassen würde von einer Agentur, die wer weiß was machte?

Bevor ich meinen Ärger in Worte fassen konnte, blinkte auf ihrem Schreibtisch hektisch ein Lämpchen auf. Die Dame schnappte sich den Stapel Tageszeitungen und stand auf.

»Ich muss ins Büro. Edgar Krämer wird sich gleich Zeit für dich nehmen.«

Ein paar Zeitungen rutschten ihr vom Arm, und ich half, sie wieder einzusammeln. Es waren allesamt reißerische Blätter, die mit groß aufgemachten Schlagzeilen und gleichermaßen billigen wie eingängigen Bezeichnungen arbeiteten. Zum Beispiel hielt ich gerade eine Zeitung in der Hand, auf deren Titelblatt in lächerlich fetten Buchstaben stand:

UNSERE OMAS IN GEFAHR?
DER ROSENKAVALIER SCHLÄGT WIEDER ZU!

Die Dame nahm mir die Zeitung dankend ab und stieg voll beladen, doch mit leichtem, federndem Gang die Treppe hinauf.

Ich holte tief durch die Nase Luft. Sie hatte mich einfach stehen lassen.

Na, dieser Edgar Krämer konnte sich warm anziehen!

Wenn er nicht vor meinen Augen meine Daten aus seinem Computer löschte, würde ich ihm was erzählen.

Es war sonst nicht meine Art, so forsch aufzutreten, aber diese unseriöse Vorgehensweise machte mich echt sauer. Ich hatte keinen Vertrag abgeschlossen. Und dann gleich mit Pflichtjahren zu kommen! Es wäre mir neu, dass so etwas statthaft war. Ich konnte dieser Agentur vielleicht nicht das Handwerk legen, aber ich würde zumindest dafür sorgen, dass ich nie wieder von ihr belästigt wurde und sie es sich in Zukunft besser überlegten, arglose junge Menschen reinzulegen.

Eine Tür zu einem weiteren Raum stand offen. Ich nahm an, dies sei das erwähnte Wartezimmer, und weil ich nicht wie ein Bittsteller vor dem Schreibtisch stehen wollte, ging ich hinein.

Zu meiner Überraschung saßen dort zwei weitere Wartende auf den jeweils am weitesten voneinander entfernten Stühlen, wie es in den meisten Wartezimmern nun mal üblich war.

Beide waren weiblich, von der einen konnte ich nur ein paar schwarze Haare sehen, die über den Rand eines Modemagazins lugten, das sie so hielt, dass es ihr Gesicht verdeckte. Die langen Beine hatte sie von sich gestreckt und übereinander geschlagen.

Die andere war blond, hatte kurzes, strubbeliges Haar und trug eine Brille. Sie war etwa ein, zwei Jahre älter als ich und musterte mich neugierig.

Ich murmelte einen Gruß und platzierte mich so, dass zwischen den beiden und mir etwa der gleiche Abstand herrschte und ich noch den Schreibtisch im Blick hatte. Die Schwarzhaarige ignorierte mich komplett, doch die Blonde hob ihre Brille.

»Sag nichts … Ein Rotkäppchen, stimmt’s? Oder eine Jorinde. Hab ich recht?«

Ich hatte keine Ahnung, wovon sie sprach, und nickte höflich.

Sie rückte ihre Brille zurecht und lehnte sich vor. »Auf jeden Fall keine Prinzessin. Du siehst nicht aus wie eine Prinzessin.«

»Danke«, sagte ich, obwohl ich nicht wusste, ob das ein Kompliment war.

»Ich wollte nicht lauschen, aber ich habe gehört, was du zu Berta gesagt hast.«

Berta musste wohl die Dame hinter dem Schreibtisch sein, und ich nickte erneut. Mir stand der Sinn nicht nach Konversation, ich wollte mir lieber ungestört zurechtlegen, was ich diesem Krämer gleich erzählen würde, doch die Blonde ließ nicht locker. Sie stand auf, setzte sich neben mich und raunte mir zu: »Warum willst du denn nicht für die ASGA arbeiten? Du hast doch hoffentlich nichts mit den Reguli zu tun, oder?«

Ich überlegte, ob ich sie schon mal irgendwo gesehen hatte. Sie hatte strahlend grüne Augen, deren sanfter Ausdruck so sympathisch auf mich wirkte, dass ich beschloss, meinen Ärger nicht an ihr auszulassen.

»Re… ? Nein. Von denen hab ich genauso wenig gehört, wie von den anderen.«

»Ach, komm«, sagte sie lachend. »Das glaub ich dir nicht. Ich bin übrigens Val. Und das da«, sie zeigte auf die Schwarzhaarige, »ist Neva.«

Ich drehte den Kopf und sah, dass mich über den Rand der Zeitschrift zwei eisblaue Augen ins Visier genommen hatten. Es war ein derart kühler Blick, dass ich unwillkürlich ein Stück näher zu Val rutschte.

»Ich heiße Flora«, sagte ich.

»Freut mich, Flo.«

Gerade wollte ich dazu ansetzen, dass ich die Abkürzung Flo nicht sonderlich mochte, da kam Berta wieder die Treppe herunter.

»Na endlich. Das hat ja ewig gedauert«, sagte Neva schlecht gelaunt, erhob sich und warf das Magazin auf ein Tischchen, das in der Mitte des Raumes zwischen den Stühlen stand. Es schlitterte über die anderen Zeitschriften und fiel mir direkt vor die Füße.

Neva blieb noch einen kurzen Moment stehen, und wir sahen uns gegenseitig an. Ich schätzte sie etwa auf mein Alter. Ihr tiefschwarzes Haar war wie mit dem Lineal auf Kinnlänge geschnitten und brachte ihren langen Schwanenhals zur Geltung. Ihre Lippen waren rot, und die ansonsten schneeweiße Haut schimmerte unter den hohen Wangenknochen zartrosa, als wäre sie gerade von einem erfrischenden Spaziergang hereingekommen.

Man hätte sie makellos schön nennen können, beinahe unwirklich schön, wären da nicht die arrogant gehobene Braue und der eisige Blick gewesen. So wirkte sie wie Schneewittchens übellaunige Zwillingsschwester.

Neva drehte sich um und marschierte davon. Ich hörte, wie sie die knarrenden Stufen emporstieg und dabei jemandem Vorwürfe machte, dass sie nicht den ganzen Tag Zeit hätte. Dann fiel eine Tür hinter ihr ins Schloss.

»Eigentlich war ich ja zuerst dran«, seufzte Val.

Ein Telefon klingelte. Berta setzte sich wieder hinter ihren Schreibtisch und nahm das Gespräch entgegen.

Ich räusperte mich. Das war die Gelegenheit, Val ein bisschen auszuquetschen.

»Sag mal, was ist dieser Rat der Genaver denn eigentlich?«

Val nahm ihre Brille ab und ließ sie an einem Bügel schwingen. »Na ja. Die regeln eben alles. Und so. Du weißt schon.«

Da eine weitere Erklärung ausblieb, musste ich nachhaken: »Und diese Agentur hier, die gehört diesem Rat?«

Val lachte. »Lass das Krämer nicht hören. Der steht so ein bisschen auf dem Kriegsfuß mit denen.«

»Aha. Aber du arbeitest hier? Also, für die Agentur?«

»Ja, klar.« Val knabberte nun an dem Brillenbügel. »Ich bin eine Fabula.«

»Eine Fabula?«

»Ja. So nennen sich Krämers Agenten. Meine Eltern hatten für mich zwar schon einen Platz in der Bibliothek im Haus der Genaver organisiert. Aber das wäre für mich so gewesen, als hätte ich mich durch meine Pflichtjahre geschummelt. Da hab ich mich auf eigene Faust hier beworben, und Krämer war von meiner Gabe ganz hingerissen.«

»Gabe?«

»Ja! Ich bin schnurstracks in Krämers Büro marschiert und habe ihm gezeigt, was ich kann.« Nicht ohne Stolz fügte Val hinzu: »Seit ich meinen Führerschein habe, übernehme ich auch Spezialaufträge.«

»Ah ja.« Allmählich hatte ich es satt, jedes fünfte Wort als Frage zu wiederholen, und nahm hin, dass die Bedeutung von Spezialaufträge für mich wohl immer ein Geheimnis bleiben würde.

Ich sah zu Berta, die noch immer telefonierte, ihre Finger währenddessen über eine Tastatur rasen ließ und dabei insgesamt sehr kompetent wirkte. Zu kompetent für eine Hinterhofagentur. »Was genau macht diese Agentur denn so?«

»Wir kümmern uns um die Gegenstände.«

»Was für Gegenstände?«

»Um die besonderen.«

»Mhmh.« Ich hatte nicht das Gefühl, der Sache näher zu kommen, und gab auf. Val war zwar nett, aber auch ein bisschen schräg.

Mein Blick fiel auf Nevas Magazin. Es war so gelandet, dass eine Doppelseite Hochglanzwerbung für das neueste Produkt der Edelmarke Rapushoo aufgeschlagen war.

Ich hob das Magazin auf und betrachtete die Werbung. Ich hatte mal ein Rapushoo Shampoo geschenkt bekommen, es war schlicht der Wahnsinn. Leider war das Zeug so teuer, dass ich es mir nicht leisten konnte. Ma arbeitete zwar viel, verdiente aber gerade genug, um die laufenden Kosten zu decken. Ich hatte ihr angeboten mir einen Job zu suchen, selbstredend was Anständiges und nicht in so einer suspekten Agentur, aber Ma bestand darauf, dass ich mich auf die Schule konzentrierte. Seit einiger Zeit knapste sie sogar jeden Monat etwas ab, das sie für mein Studium zurücklegte. Sie war stolz auf meine guten Noten und sagte oft, mir solle es später mal besser gehen. Ich versicherte ihr dann immer, dass es mir doch gar nicht schlecht ginge. Ich würde mit niemandem auf der Welt tauschen wollen, auch wenn ich bei meinen Klassenkameradinnen in Sachen Mode und Kosmetik nicht mithalten und selten mal mit ins Café oder gar ins Kino gehen konnte. Zum Glück legte auch Anna kaum Wert auf solche Unternehmungen.

Val hatte ihre Brille wieder aufgesetzt und schaute wie selbstverständlich mit in das Magazin. Sie fragte: »Was hältst du so von Rapushoo?«

Ich zuckte mit den Schultern: »Die sagen, sie benutzen nur natürliche Inhaltsstoffe.«

»Und am wichtigsten«, ergänzte Val, »Rapushoo verzichtet auf Tierversuche.«

»Ja? Wenn das mal keine leeren Werbeversprechungen sind.«

»Nee. Ich schwöre«, sagte Val mit so viel Nachdruck, dass ich lächeln musste.

»Wenn es nicht so teuer wäre, würde ich es auch benutzen«, gestand ich und wollte umblättern, doch Val hinderte mich daran, indem sie ihre Hand auf die Seite legte. Sie blinzelte angestrengt hinter ihrer Brille und biss sich auf die Lippe.

»Also … Ich … Wenn du mir einen kleinen Gefallen tust, könnte ich dir eine Geschenkbox mit der gesamten neuen Pflegeserie überlassen. Limited Edition.«

»Echt?«

Das wäre ja großartig. Ma hatte nämlich im nächsten Monat Geburtstag, und ich hätte mir ein solches Luxusgeschenk niemals zusammensparen können. Begeistert wollte ich zusagen, da erinnerte ich mich daran, dass ich im Wartezimmer einer zwielichtigen Agentur saß.

Empörung überrollte mich. Ein fantastisches Lockangebot bringt Leute dazu, einen unkündbaren Vertrag zu unterschreiben, der sie verpflichtet, über einen langen Zeitraum überteuerten Müll zu kaufen. »Moment mal! Geht es darum? Verkauft diese Agentur Abos für Kosmetikartikel?«

»Was? Quatsch!« Val riss ihre Brille von der Nase und sah mich schockiert an. »Ich arbeite sozusagen nebenbei für Rapushoo.«

»Ach ja?« Verwundert legte ich die Stirn in Falten. »Und als was?«

»Ich bin das Versuchskaninchen.«

Ich konnte nicht nachhaken, denn oben flog krachend eine Tür auf, Schritte polterten die Treppe herunter, und eine erboste Neva war zu vernehmen:

»… können Sie mit mir nicht machen, Krämer! Ich denke ja gar nicht daran!«

Sie stürmte an Bertas Schreibtisch vorbei, ein kleiner, leicht untersetzter Mann folgte ihr.

Das war also dieser Krämer?