
Gemmo
therapie
in der Kinderheilkunde

Gemmo
therapie
in der Kinderheilkunde

INHALT
Vorwort
Einführung
Dr. Pol Henry und die Gemmotherapie
Embryonales Pflanzengewebe – Ort der gespeicherten Lebenskraft
Die Bedeutung der Pflanzensoziologie innerhalb der Gemmotherapie
Bäume und Menschen – Bäume und Kinder
Mütterliche und väterliche Bäume
Bäume als Entwicklungshelfer für die Menschen
Rituale – Sichtbarmachung verborgener Vorgänge
Die Heilmittel der Gemmotherapie
Die Aufgabe eines Naturheilmittels
Die Herstellung nach dem Arzneimittelbuch
Die wichtigsten Bezugsadressen für Gemmomazerate
Dosierungsempfehlung und Verabreichungsweise
Die Wahl der Gemmomazerate
Gemmomazerate für den Eigengebrauch: Knospen sammeln und verarbeiten mit Kindern
Das Mazerat des persönlichen Baums
Der Mensch aus der Sicht der Traditionellen Europäischen Naturheilkunde (TEN)
Über die Naturheilung
Der Mensch ist Teil der Natur
Die Wirkungen der Säfteprinzipien
Kochung/Reifung – Kraft der Veränderung
Die vier Temperamente und die unterschiedlichen Bedürfnisse des Kindes
Die Harmonisierung der Temperamente mit den Kräften der Knospen
Rezepturen zur Unterstützung der Temperamente
Knospenmonografien
Bergkiefer (Legföhre), Pinus mugo
Besenheide, Calluna vulgaris
Brombeere, Rubus fruticosus
Eberesche, Sorbus aucuparia
Edelkastanie, Castanea sativa
Gewöhnliche Esche, Fraxinus excelsior
Echter Feigenbaum, Ficus carica
Feldahorn, Acer campestre
Feldulme, Ulmus minor
Ginkgo (Tempelbaum), Ginkgo biloba
Hainbuche, Carpinus betulus
Hängebirke, Betula pendula
Gewöhnliche Hasel, Corylus avellana
Heckenrose (Hundsrose), Rosa canina
Heidelbeere, Vaccinium myrtillus
Himbeere, Rubus idaeus
Schwarzer Holunder, Sambucus nigra
Schwarze Johannisbeere, Ribes nigrum
Libanonzeder, Cedrus libani
Mandelbaum, Prunus dulcis
Mistel, Viscum album
Olivenbaum, Olea europaea
Preiselbeere, Vaccinium vitis-idaea
Riesenmammutbaum, Sequoiadendron giganteum
Roggen, Secale cereale
Rosmarin, Rosmarinus officinalis
Rotbuche, Fagus sylvatica
Sanddorn, Hippophae rhamnoides
Wolliger Schneeball, Viburnum lantana
Schwarzerle, Alnus glutinosa
Schwarzpappel, Populus nigra
Silberlinde, Tilia tomentosa
Silberweide, Salix alba
Sommerlinde, Tilia platyphyllos
Stieleiche, Quercus robur
Walnussbaum, Juglans regia
Weinrebe, Vitis vinifera
Weißdorn, Crataegus laevigata
Weißtanne, Abies alba
Zitronenbaum, Citrus limon
Knospen zur Unterstützung der Entwicklung und der kindlichen Seele
Das Aufwachsen mit allen Lebensthemen
Für den körperlich-seelischen Aufbau: die Weißtanne
Das schüchterne Kind
Das verschlossene Kind
Das unruhige Kind
Das verträumte Kind
Das überforderte Kind
Das zwanghafte Kind
Das verlustgeplagte Kind
Das Kind, das nicht schlafen kann
Das ängstliche Kind
Das empfindsame Kind
Das rebellierende Kind
Das aggressive Kind
Das traurige Kind
Das gemobbte Kind
Das traumatisierte Kind
Das verstummte Kind
Das kranke Kind
Erstens nicht schaden
Die häufigsten Beschwerden des Säuglings
Infektionskrankheiten
Erkrankungen des Immunsystems
Allergische Erkrankungen
Erkrankungen des Bewegungsapparats
Erkrankungen des Harntrakts
Erkrankungen der Haut
Erkrankungen des Hormonsystems
Erkrankungen des Atemtrakts
Erkrankungen des Kopfs und des Halses
Stoffwechselerkrankungen
Erkrankungen des Verdauungstrakts
Verhaltensauffälligkeiten
Gemmomazerate zur Unterstützung der Eltern in Krisensituationen
Die vier Stadien einer Krise
Gemmomazerate für die verschiedensten Krisensituationen
Körperliche Symptome bei Überforderung, Wut und Ohnmachtsgefühlen
Quickfinder Indikationen
Anhang
Quellenhinweise
Danksagung
Die Autoren
Pflanzenregister (deutsche Bezeichnung)
Pflanzenregister (lateinische Bezeichnung)
Stichwortverzeichnis
Die in diesem Buch wiedergegebenen Informationen wurden nach bestem Wissen dargestellt und sind in Theorie und Praxis geprüft. Dennoch kann und soll dieses Buch den Rat einer kompetenten Fachperson (Naturheilpraktiker/in, Arzt/Ärztin) nicht ersetzen. Die Autoren und der Verlag übernehmen keinerlei Haftung für Schäden oder Folgen, die sich aus dem Gebrauch oder der unsachgemäßen Anwendung der hier vorgestellten Informationen ergeben.
VORWORT
»Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben:
Sterne, Blumen und Kinder.«
Dante
In der Gemmotherapie (vom lateinischen gemma für »Knospe«) wird das Kostbarste und Lebendigste der Pflanze verwendet, um es dem Menschen zur Verfügung zu stellen: die Knospen und andere embryonale Pflanzengewebe, die sich in hoher Zellteilungsaktivität befinden. Diese Kraft lässt sich sinnbildlich mit dem Aufbrechen einer Knospe veranschaulichen. Das Potenzial des jungen Gewebes bewährt sich aus diesem Grund besonders in der Kinderheilkunde.
Die alte Liebe und Freundschaft zu Bäumen und Sträuchern, die unsere Vorfahren im Alltag, in der Heilkunde und in ihrer Spiritualität lebten, finden in der Gemmotherapie einen neuen Ausdruck in unserer Zeit. Bäume richten ihre Aufmerksamkeit durch die Wurzeln auf den Boden und sind tief verbunden mit Mutter Erde.
Über ihre Blätter und Äste kommunizieren sie mit der Luft und dem Himmel. Die Bewegungen der Bäume und Sträucher sind abhängig von Licht, Wind und Regen. Sie wenden sich der Sonne, dem Mond und allen Sternen zu. Genauso machen es die Kinder, die sich oft intuitiv zu Bäumen und Sträuchern, zu kraftvollen Plätzen im Wald oder bei einer Baumgruppe hingezogen fühlen.
Es ist uns darum ein Anliegen, mit diesem Buch das beeindruckende Potenzial der Gemmotherapie für die Kinderheilkunde aufzuzeigen. Wir erwachsenen Menschen erhalten mit den Knospenauszügen eine sanfte, liebevolle Möglichkeit, für unsere Kinder den Segen der Bäume und Sträucher noch deutlicher wahrnehmbar und verfügbar zu machen. So müssten wir die Worte Dantes am Anfang dieser Einleitung ergänzen: »Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben: Sterne, Kinder und die gesamte Pflanzenwelt mit Bäumen, Sträuchern, Kräutern, Knospen, Blumen, Blättern und Samen.«
Ebenso ist es uns ein Anliegen, darauf hinzuweisen, dass die infektiösen Krankheiten, die zu den impfbaren »Kinderkrankheiten« wie zum Beispiel Mumps, Masern, Röteln, Windpocken und so weiter gehören, in diesem Buch nicht gesondert behandelt werden. Auch gehen wir nicht auf Sinn oder Unsinn der Impfpraxis ein. Wir nehmen in dieser (oft sehr hitzig diskutierten) Frage prinzipiell eine gemäßigte Haltung ein und sind der vollen Überzeugung, dass den Eltern oder erziehungsberechtigten Personen in dieser Angelegenheit die volle Entscheidungsfreiheit gebührt, die von keiner auch noch so gut gemeinten Instanz eingeschränkt werden darf.
Macht ein Kind eine solche Krankheit durch, ist eine gemmotherapeutische Unterstützung des Genesungsprozesses durch Stärkung des Immunsystems und Linderung der Symptome dennoch sicher sinnvoll. Die Auswahl der Gemmomazerate wird dann entsprechend den auftretenden Symptomen gewählt (beispielsweise zur Stärkung des Immunsystems, zur Linderung von Juckreiz, Fieber, Husten und so fort).
Ganz klar weisen wir darauf hin, dass gegenüber impfbaren Krankheiten mit Gemmomazeraten keine spezifische Prophylaxe, geschweige denn Immunität erreicht werden kann!
Wir werden in diesem Buch zugunsten des Leseflusses verallgemeinernd die männliche Form verwenden, schließen damit jedoch alle Frauen mit ein. Wenn wir von Eltern sprechen, sind damit immer auch andere Erziehungsberechtigte und alle Bezugspersonen der Kinder gemeint: Mütter und Väter sowieso, Stief- und Pflegeeltern, Großmütter und -väter, Wahlgroßeltern, Lehrer, Kinderbetreuer und so weiter.
Ihnen allen wünschen wir nun ein inspirierendes Eintauchen in die Welt der Kinder und die Kraft der Knospenauszüge.
Chrischta Ganz und Louis Hutter
EINFÜHRUNG
Dr. Pol Henry und die Gemmotherapie
Der belgische Arzt, Homöopath und Naturforscher Dr. Pol Henry (1918–1988) forschte mit embryonalem Pflanzengewebe (Knospen, Trieb- und Wurzelspitzen), das er in Glycerin und Alkohol auszog, und untersuchte dessen Wirkung auf den Menschen. Die erste vertiefte Knospenanwendung erfolgte mit der Moorbirkenknospe (Betula pubescens), bei der Dr. Henry eine anregende Wirkung auf die Kupffer’schen Sternzellen der Leber entdeckte und somit ein in der Heilpflanzenkunde bisher unbekanntes Anwendungsgebiet für die Moorbirkenknospen erschloss.
Die Erfahrungen mit den Knospenauszügen übertrafen die Erwartungen von Dr. Henry bei Weitem. Dr. Max Tétau (1927–2012), ein langjähriger Mitarbeiter und Freund Dr. Henrys, gab dieser Heilmethode den bis heute üblichen Namen »Gemmotherapie«. Im Jahr 1982 erschien Dr. Henrys Buch Gemmothérapie thérapeutique par les extraits embryonnaires végétaux, 1965 wurde die Arzneimittelherstellung von Gemmotherapeutika in die Pharmacopée française aufgenommen und bekam damit offizielle Anerkennung. Und 2011 hielt das Herstellungsverfahren schließlich Einzug ins Europäische Arzneibuch, die Pharmacopoeia Europaea, und wurde den homöopathischen Arzneimitteln zugeordnet. Heute sind Gemmotherapeutika in allen europäischen Ländern, in den USA, in Australien und Neuseeland erhältlich. Die größte Verbreitung haben sie in den frankophonen Ländern. Im deutschsprachigen Raum gewinnt die Gemmotherapie immer mehr Anhänger und ist mittlerweile gut bekannt.
Aber ist die Anwendung von embryonalem Pflanzengewebe, vor allem der Knospen, innerhalb der Heilkunde wirklich etwas so Neues? – Ganz sicher nicht! Die ländliche Bevölkerung nutzt seit jeher die stoffwechselanregenden und »verjüngenden« Kräfte frischer Pflanzentriebe. Ein herausragender Vertreter der naturverbundenen Volksheilkunde, der Schweizer »Kräuterpfarrer« Johann Künzle (1857–1945), empfahl in seinem Buch Chrut und Uchrut das Sammeln von jungen Schossen (Trieben) von allen Dornenarten, um sie in wässriger Abkochung kurmäßig einzunehmen. Es darf sicher davon ausgegangen werden, dass er mit seiner auf Naturbeobachtung basierenden Empfehlung nicht allein dasteht. Historische Zeugnisse von Knospenanwendungen zu Heilzwecken reichen bis ins alte Ägypten. Auch die heilige Hildegard von Bingen (1098–1179), eine wichtige Vertreterin der frühmittelalterlichen Heilkunde, gibt detaillierte Informationen zur Anwendung von Birken-, Schwarzen-Johannisbeer-, Edelkastanien-, Heckenrosen-, Eschen-, Pappel-, Apfelbaum- und Lindenknospen.
Es ist Dr. Pol Henry, Dr. Max Tétau und ihrem Team zu verdanken, dass die Kraft der Knospen heute für die naturheilkundliche Therapie wieder zur Verfügung steht.
Embryonales Pflanzengewebe – Ort der gespeicherten Lebenskraft
In der Gemmotherapie wird das Kostbarste und Lebendigste jeder Pflanze verwendet, um es dem Menschen zur Verfügung stellen zu können: embryonales Pflanzengewebe aus Knospen, Keimlingen, Wurzel- und Sprosstrieben, das sich in hoher Zellteilungsaktivität befindet. Das Potenzial dieses pflanzlichen Gewebes, wofür die Knospe im konkreten wie auch im übertragenen Sinne steht, manifestiert sich in der ausgezeichneten Heil- und Regenerationskraft der sogenannten Gemmomazerate (Alkohol-Glycerin-Lösungen; vom lateinischen macerare für »einweichen«). Diese Kraft lässt sich sinnbildlich mit dem Aufbrechen einer Knospe oder dem Durchbrechen von Asphalt durch einen jungen Pflanzentrieb veranschaulichen. Die Kraft dieses jungen Gewebes bewährt sich auch deshalb in besonderem Maß in der Kinderheilkunde.

Querschnitt einer Eschenknospe

Querschnitt einer Fliederknospe
Die Bedeutung der Pflanzensoziologie innerhalb der Gemmotherapie
Dr. Pol Henry wies immer wieder darauf hin, sich bei der Kombination von Heilmitteln von natürlichen Pflanzengesellschaften inspirieren zu lassen. Damit beschritt er einen von vielen Naturheilkundigen empfohlenen Weg, der Natur als wichtigstem Lehrer zu folgen. Dieser Lehrer offenbart sich in einer Sprache, die den alten Heilkundigen als »Signaturenlehre« geläufig war. Ein Teil der Heilpflanzen-Signaturenlehre gründet darauf, zu beobachten, welche Pflanzen sich gern vergesellschaften. Eine wiederkehrende Pflanzenvergesellschaftung wird sinnvoll für die einzelnen Pflanzen sein, sie werden gegenseitig voneinander profitieren. Genauso wird man gut daran tun, sie in der Therapie zu kombinieren. Ihre Heilwirkungen werden dadurch verstärkt (Synergismus) und abgerundet.
Am Beispiel des natürlichen Biotops des Erlenbruchwaldes mit der entsprechenden Pflanzengesellschaft möchten wir dies verdeutlichen. Der Erlenbruchwald ist ein in Mitteleuropa einst häufiges, heute durch Trockenlegung gefährdetes Biotop. Er ist gekennzeichnet durch einen anhaltend nassen, sumpfigen Grund ohne starke Wasserströmungen. Überschwemmungen finden in der Zeit der Schneeschmelze statt und können mehrere Wochen bis Monate andauern. Der Nährstoffgehalt des Bodens ist im Vergleich zu einem Moor relativ hoch, der Boden ist leicht sauer (pH 5,3 bis 6,5). In diesem Biotop typisch sind die Schwarzerle (Alnus glutinosa), die Gewöhnliche Esche (Fraxinus excelsior), die Moorbirke (Betula pubescens) und die Schwarze Johannisbeere (Ribes nigrum). Gemmomazerate dieser vier Bäume und Sträucher lassen sich also vorteilhaft miteinander verbinden, sie wirken synergistisch. Dieses Biotop findet seine Entsprechung beim exsudativen Stadium einer Entzündung.
Bäume und Menschen – Bäume und Kinder
Knospen entstehen, ruhen und treiben aus. Der Zyklus einer Knospe verbindet Herbst, Winter, Frühling und Sommer und lässt den Menschen am Jahreskreis teilhaben. Das Leben eines Baums und eines Strauchs erzählt vom Werden und Vergehen, Wachsen und Sterben, von einer Welt von Samen, aufbrechenden Knospen, von Saft und Holz, wachsenden und fallenden Blättern. Bäume und Sträucher bieten Insekten, Vögeln, Pilzen und vielen anderen Lebewesen Nahrung und Schutz. Und ihre Wurzeln greifen tief in die Ahnenwelt, wo das Wasser des Lebens sorgsam gehütet wird.
Mit der Gemmotherapie eröffnet sich uns eine neue Form, die alte Baumheilkunde wiederaufleben zu lassen und weiterzuentwickeln. Bäume richten ihre Aufmerksamkeit durch die Wurzeln auf den Boden und sind tief verankert und verbunden mit Mutter Erde. Über ihre Blätter und Äste kommunizieren sie mit der Luft und dem Himmel. Die Bewegungen der Bäume und Sträucher sind abhängig von Licht, Wind und Regen. Sie wenden sich der Sonne, dem Mond und allen Sternen zu. Oft haben Bäume ein hohes Alter und strahlen Größe, Erhabenheit, Güte und Weisheit aus. Seit Menschengedenken sind wir bei ihnen willkommen – sie scheinen uns zu rufen, damit wir zu ihnen gehen.
Bäume sind des Menschen große Brüder, seine Freunde, Begleiter und Vertraute. Ebenso, wie sie im Boden wurzeln, stehen wir mit beiden Füßen auf der Erde. Und wie sie ihre Äste in die Luft hinausstrecken und dem Himmel entgegenwachsen, stehen wir aufrecht und recken unseren Kopf in die Höhe. Sie wandeln unser ausgeatmetes Kohlenstoffdioxid in Sauerstoff um und ermöglichen uns damit unser Leben. Wir sind stofflich und energetisch mit ihnen verbunden. Die Menschen in unserem Kulturkreis lebten vormals über Jahrtausende hinweg in tiefer Verbundenheit mit den Bäumen und Sträuchern ihrer Umgebung. Diese als nah verwandt empfundenen Vertreter des Pflanzenreichs prägten das Alltagsleben bis tief in die Heilanwendungen hinein. Sorgen und Krankheiten wurden ihnen anvertraut. Man war sich sicher, dass die Bäume genauso wie die gesamte Natur Anteil am menschlichen Leben nahm. Es war ein Leben geprägt vom Gefühl des Miteinanders und weit weniger des Nebeneinanders.
Gerade Kinder fühlen sich mit Bäumen und Sträuchern oft sehr verbunden und spüren intuitiv ihre nahe Verwandtschaft mit dem jungen Pflanzengewebe von Knospen, Wurzel- und Triebspitzen.

Nach evolutionsgeschichtlichen Maßstäben wird offensichtlich, wie nah der Mensch mit den Bäumen verbunden ist. Fast die gesamte Zeit seiner zwei Millionen Jahre verbrachte er in tiefer Verbindung mit der Natur. Erst seit der Industrialisierung und der damit einhergehenden Verstädterung waren nicht mehr natürliche Lebensräume, sondern urbane Ballungsgebiete das Zentrum des Lebens. Diese Entwicklung hält weltweit an. Typisch für den städtischen Alltag sind vermehrte unnatürliche Sinnesreize, ja, es findet eine regelrechte Reizüberflutung statt. Kinder wie auch Erwachsene werden durch diese Entwicklung von ursprünglichen Naturerlebnissen isoliert.
Natürliches Grün hingegen führt uns zu Innenschau, Selbstreflexion und Intuition, die für das menschliche Leben und besonders für die Entwicklung der Kinder immens wichtig sind. Naturnahe Umgebungen wie ein Wald bieten uns ebenfalls eine große Menge an sinnlichen Eindrücken und Empfindungen wie Farben, Lichteffekten, Geräuschen, Gerüchen, Temperaturempfindungen und so fort. Im Gegensatz zur Reizüberflutung in den urbanen Gebieten wird uns hier aber ein Gefühl von stiller Faszination mit gleichzeitiger innerer Ruhe und Kraft geschenkt. Der Moment wird bewusst wahrgenommen, oft begleitet von einem wohligen psychischen Erleben und einem seelischen Erwachen. Dies ist eins der Geschenke der Bäume an uns. Was wir erleben und empfinden, wenn wir in die Aura eines Baums oder in einen Wald treten, ist eine Vielzahl von bewussten und unbewussten Einflüssen, die wir als Individuen in unserem Inneren zu einer Erfahrung zusammensetzen. Sobald ich als Mensch zu einem Baum gehe oder in einen Wald eintrete, werde ich Teil dieses »Lebewesens«, dieses Ökosystems. Oft geht einem dabei das Herz auf, was in der modernen Psychologie mit dem Prozess des »evolutionären Rückerinnerns« erklärt wird. Als ehemaliger Waldmensch betrete ich somit erneut mein damaliges Zuhause.
Mütterliche und väterliche Bäume
Zu allen Zeiten verehrten Menschen die mütterlichen und väterlichen Kräfte der Natur. Diese Kräfte manifestieren sich auch in unserem ursprünglichen Zuhause, dem Wald. Da gibt es Bäume mit mehr mütterlichen oder väterlichen Eigenschaften (manchmal auch beides in einem Baum vereint). Wer mit wachen Augen durch die Welt geht, erkennt in der Natur die mütterliche oder väterliche Ausstrahlung von Bäumen und Sträuchern. So ist zum Beispiel die Linde ein typisch mütterlicher Baum, die Eiche hingegen ein typisch väterlicher. Die Knospenheilmittel können darum auch nach solchen Gesichtspunkten ausgewählt werden. Fehlt es einem Kind beispielsweise an väterlicher Präsenz, kann die Eiche, eingesetzt als Gemmomittel, Gutes tun.

Mütterliche |
Echter Feigenbaum |
Bäume |
Feldulme |
|
Hängebirke |
|
Schwarzer Holunder |
|
Mandelbaum |
|
Wolliger Schneeball |
|
Silberlinde |
|
Silberweide |
|
Sommerlinde |

Väterliche |
Bergkiefer |
Bäume |
Brombeere |
|
Edelkastanie |
|
Hainbuche |
|
Libanonzeder |
|
Olivenbaum |
|
Riesenmammutbaum |
|
Stieleiche |
|
Walnussbaum |
Bäume als Entwicklungshelfer für die Menschen
Bäume begleiten den Menschen also seit jeher als Vertraute, als Brüder und Schwestern, als Mütter und Väter. Wer in diese Wahrnehmung eintaucht, wird oft ein wohlwollendes Entgegenkommen fühlen können, als ob sie einem zulächeln würden.
Überall dort, wo ein Zustand der Schwäche oder der Störung die natürliche Ordnung infrage stellt, stabilisiert und stärkt die Freundschaft mit den Bäumen und Sträuchern kraftvoll und schützend den rechten Lauf der natürlichen Ordnung – wie eine Botschaft der Hoffnung. Bäume als begleitende Entwicklungshelfer steigern die Verfügbarkeit von Ressourcen und Selbstheilungskräften und führen über neue Assoziationen zu anderen Sichtweisen und Lösungsmöglichkeiten.
So hilfreich und kraftvoll Bäume und Sträucher – überhaupt alles Grün um uns herum – unseren Lebensraum schützen, so offen bleibt, wie diese Kraft entsteht. Ist es die lebens- und gesundheitsbestimmende dynamische Grundidee der Natur, die die Bäume in uns wecken können? Sicher ist, dass Bäume das höhere Selbst, die Spiegelungen körperinnerer Organ- oder Zellkräfte und unsere Ressourcen und Selbstheilungskräfte direkt ansprechen.
Rituale – Sichtbarmachung verborgener Vorgänge
Der Weltenlauf, in den jeder Mensch und jedes Kind als winzig kleines Teilstückchen eingebunden ist, wird wohl ein immerwährendes großes Geheimnis bleiben. Und dennoch sind die natürlichen Gesetzmäßigkeiten im Alltag spürbar. Wir nehmen Tag und Nacht, die Jahreszeiten, individuelle Befindlichkeiten, Gesundheit und Krankheit als persönliche Erfahrungen ebenso wahr wie die kosmischen Abläufe. Auf diese Art und Weise gestalten wir das Leben und erfahren Veränderungen. Die Erscheinungen der Natur laden uns ein, mitzuschwingen, mitzutanzen, mit wachem Geist und hellen Sinnen ihre aktivierenden und regenerierenden Qualitäten zu erleben. Leben ist Rhythmus. Ohne Rhythmus ist das Leben nicht möglich. Wir sind eingebunden in das Ein- und Ausatmen des Kosmos, in den Rhythmus des Universums.
Kinder sind wesentlich stärker in diese Zyklen integriert als Erwachsene. Sie bekunden beispielsweise keine Probleme im Wechsel der Jahreszeiten. Sie kennen keine Frühjahrsmüdigkeit, keine Angst vor der Kälte des Winters, sie leben in den natürlichen Veränderungen, wie sie sich ereignen, freuen sich darauf, die von der Natur dargebrachten Geschenke entgegenzunehmen und damit zu spielen. Sie schwingen auf ursprüngliche Weise mit den inneren und äußeren Lebensrhythmen mit, was eine der besten Voraussetzungen für eine störungsfreie Entwicklung des Kindes ist.
Um diese Verbindungen von Vegetationsrhythmen, Mythologie, Brauchtum und Kosmos mit dem persönlichen Leben stärker ins Bewusstsein zu rufen, öffnet sich uns der weite Raum der Rituale. Damit lassen sich die natürlichen Zyklen und Rhythmen, denen wir Menschen genauso ausgesetzt sind wie die uns umgebenden Tiere und Pflanzen, angemessen würdigen. Rituale machen diese Verbindungen sicht- und spürbar. Unsere Vorfahren waren wie gesagt noch viel stärker in die natürlichen Vorgänge eingebunden – das Beachten und Verstehen der Wechsel, die das Leben ausmachen, war für sie existenziell. Auch Kinder spüren diese Rhythmen intuitiv. Wer mit Kindern zu tun hat, weiß, wie abstrakt und unverständlich zum Beispiel der Begriff »bis Donnerstag« sein kann. Wenn ich den Kindern aber sage: »Noch zweimal schlafen«, erfassen sie die Zeitspanne sehr gut.



Die Aufgabe eines Naturheilmittels
»Der naturheilkundliche Heiler komponiert mit seiner Therapie in vollendeter Weise die Musik, den heilenden Klang, die der kranke Mensch hören muss, um gesund zu werden – eine Musik, die er als Einheit von Körper, Seele und Geist zwar kennt, die er selbst aber nicht mehr erklingen lassen kann.«
Unbekannt
So, wie es in diesem Zitat beschrieben wird, wirken auch die naturheilkundlichen Heilmittel, Pflanzentinkturen ebenso wie Gemmomazerate oder andere Zubereitungsarten von Heilpflanzen oder Mineralien. Von der Wissenschaft werden die biochemischen Mechanismen der einzelnen Wirkstoffe im menschlichen Organismus erforscht. In der ganzheitlichen Naturheilkunde hingegen wird der erkrankte Mensch vielmehr vom Wesen der Pflanze durchdrungen – wie ein Klang, der einen Raum erfüllt.
Kranke Menschen, insbesondere Kinder, erfahren in der Krankheit menschliche Verletzlichkeit. Sie erfasst die Kinder als Ganzes in ihrer körperlichen, seelischen wie auch in ihrer geistigen Existenz. Die Krankheit stellt ihre bisherige Identität infrage und wandelt sie grundlegend. In den Entwicklungsschritten, die Kinder nach durchlebten Erkrankungen machen, ist diese Wandlung immer wieder sichtbar. Viele Erkrankungen sind für das Kind deshalb auch eine Gelegenheit, sich zu einem eigenständigen Erwachsenen zu entwickeln. Natürlich gibt es Krankheiten, deren Sinn wir nicht erkennen können. Mit Sicherheit geht es aber nicht darum, den Kindern eine Kindheit ohne Krankheit zu wünschen – was auch gar nicht möglich wäre –, sondern das Leiden der Kinder zu lindern und sie dabei ruhig und liebevoll zu begleiten. Diese Aufgabe fordert die Eltern oder die Betreuungspersonen unterschiedlich stark heraus.
Wir sind zu jedem Zeitpunkt einer Flut von Einflüssen (Reizen) ausgesetzt, die von außen einwirken, aber auch von innen aus den vielfältigen Tätigkeiten des Organismus selbst kommen. Diese können stofflicher und energetischer (nichtstofflicher, informatorischer) Natur sein und beeinflussen sowohl Körper als auch Seele und Geist des Kranken. Das Leben ist eine ständige Anpassung unserer inneren Beziehungen an äußere Bedingungen in dem Bestreben, die bestmögliche Balance zu finden und zu erhalten. Mit dem geeigneten naturheilkundlichen Heilmittel wird ein Reiz gesetzt mit dem Ziel, die eigene individuelle Balance wiederzuerlangen, damit der Patient die Krankheit überwinden und hinter sich lassen kann.
Die Wirkungsmechanismen der Knospenheilmittel beruhen auf spezifischen oder unspezifischen Reizen, die den Organismus veranlassen, als Reizantwort Heilungsreaktionen in Gang zu setzen. In der naturheilkundlichen Therapie geht es also nicht darum, ein Krankheitssymptom »wegzuzaubern«. Vielmehr dienen Naturheilverfahren – in unserem Fall die Gemmomazerate – dazu, die Selbstheilungskräfte des Kindes anzuregen und seine innere Identität zu finden. Die ganzheitlich orientierten Heiler vergangener Zeiten nannten ihre Heilmittel passenderweise »Remedia«. Ein »Re-medium« ist ein »Wieder-in-die-Mitte-Bringer«: an jenen Ort, aus dem die Heilung erfolgt.
Die Herstellung nach dem Arzneimittelbuch
Die aus Embryonalgeweben unterschiedlicher Pflanzenteile ausgezogenen Mazerate werden von den meisten Produzenten gemäß den Vorschriften der Pharmacopée française von 1965 beziehungsweise dem Europäischen Arzneibuch von 2011 hergestellt. Die Knospen, Wurzel- und Triebspitzen (aus Wildsammlung oder biologischem Anbau) werden von Hand geerntet, in einer Alkohol-Glycerin-Lösung mazeriert, abfiltriert und meist im Verhältnis 1 zu 10 verdünnt. Die Aminosäuren und Proteine der Embryonalgewebe werden dadurch für den menschlichen Körper verfügbar gemacht. Die klassischen Auszugsmethoden mit Alkohol beziehungsweise Wasser sind dafür nicht geeignet.
Gemmotherapeutika sind als Macérat concentré (konzentriertes Mazerat) beziehungsweise als Macérat mère (Muttermazerat) und als homöopathische Verdünnung D1 erhältlich (1 zu 10, D steht für das lateinische decem, was »zehn« heißt). In lichtundurchlässigen Flaschen kühl gelagert, sind sie gemäß europäischer Vorschrift fünf Jahre lang haltbar.
In der Schweiz gelten Gemmo-Glycerin-Mazerate als Arzneimittel, unterstehen dem Heilmittelgesetz und dürfen nur von GMP-zertifizierten Herstellern mit Swissmedic-Betriebsbewilligung vertrieben werden (GMP steht für das englische Good Manufacturing Practice). In Europa gilt das Europäische Arzneibuch (PhEur) als Grundlage. In einigen Ländern werden Gemmomazerate auch als Nahrungsergänzungsmittel angeboten.
Die wichtigsten Bezugsadressen für Gemmomazerate
• Phytomed, Schweiz: Die Firma Phytomed stellt die Knospenmazerate nach dem PhEur her und vertreibt sie in der Schweiz (www.phytomed.ch).
• Spagyros, Schweiz: Auch die Firma Spagyros stellt die Knospenmazerate nach dem PhEur her. Ihre D1-Gemmomazerate sind in der Schweiz und in Deutschland erhältlich (www.spagyros.ch).
• Phytopharma, Österreich: In Österreich können Gemmomazerate in D1 über die Firma Phytopharma bezogen werden (www.phytopharma.at).
• Herbalgem, Belgien: Die Firma Herbalgem stellt Muttermazerate nach dem PhEur her und bietet ebenfalls Komplexe an, die Gemmomazerate, Urtinkturen und Vitamine vereinen. Herbalgem-Gemmomazerate sind in Frankreich, Belgien, Kanada, Portugal, Spanien und Italien erhältlich (www.herbalgem.com).
• La Royale, Luxemburg: Die Firma la Royale stellt Muttermazerate wie auch Komplex-Gemmomazerate her, bei denen Knospen verschiedener Pflanzen gemeinsam ausgezogen werden (beides Muttermazerate). Sie sind im EU-Raum erhältlich (www.la-royale.com).
Dosierungsempfehlung und Verabreichungsweise
Die Anwendung der Gemmomazerate bei Kindern ist sehr beliebt. Unserer Meinung nach eignen sich für sie vor allem D1-Mazerate (Macérat glycériné D1) mit Sprühaufsatz. Ebenfalls üblich sind sie mit Tropfaufsatz.
Dosierungsvorschläge für Kinder unter sechs Jahren
Im Allgemeinen empfehlen wir zwei- bis dreimal täglich einen Sprühstoß, in akuten Fällen können die Sprühstöße alle zwei Stunden erfolgen. Mehr als acht Sprühstöße pro Tag sind jedoch auch in akuten Fällen nicht sinnvoll.
Bei Tropfflaschen empfehlen wir, 3 bis 5 Tropfen in wenig Wasser zwei- bis dreimal pro Tag zu verabreichen. In akuten Fällen können alle zwei Stunden 3 Tropfen (maximal 24 Tropfen pro Tag) verabreicht werden.
Wenn bei den Rezepturen nichts anderes angegeben wird, kann man die Gemmomazerate in akuten Fällen so lange einnehmen, bis sich die Heilung eingestellt hat, in chronischen Fällen über drei bis vier Wochen, wonach ein bis zwei Wochen mit der Einnahme der Gemmomazerate pausiert wird, um dann mit derselben Rezeptur wiederum drei bis vier Wochen fortzufahren.
Gemmomazerate können unter Umgehung des Verdauungstrakts auch über die Haut verabreicht werden. Dabei wird die gewünschte Tropfenzahl rund um den Bauchnabel, in den Ellbeugen oder den Handgelenksinnenseiten sanft einmassiert.
Dosierungsvorschläge für Kinder von sechs bis zwölf Jahren
Im Allgemeinen empfehlen wir dreimal täglich einen Sprühstoß, in akuten Fällen können die Sprühstöße stündlich erfolgen. Mehr als zwölf Sprühstöße am Tag sind jedoch auch in akuten Fällen nicht sinnvoll.
Bei Tropfflaschen empfehlen wir, 5 bis 8 Tropfen in wenig Wasser zwei- bis dreimal pro Tag zu verabreichen.
In akuten Fällen können stündlich 5 Tropfen (maximal 60 Tropfen am Tag) verabreicht werden.
Hinweis: Immer wieder äußern besorgte Eltern Bedenken, ihren Kindern alkoholhaltige Arzneimittel (Gemmomazerate, aber auch Tinkturen, spagyrische Heilmittel und anderes) zu verabreichen. Diese Sorge kann leicht fallengelassen werden, da die Tagesration an Alkohol, die ein Kind mit Gemmomazeraten oder anderen alkoholhaltigen Naturheilmitteln nach den Dosierungsempfehlungen einnimmt, nicht höher ist als der Alkoholgehalt einer reifen Banane.
Weitere Anwendungsmöglichkeiten
Die Gemmomazerate können einzeln oder kombiniert zur innerlichen und äußerlichen Anwendung verwendet werden. Beliebt ist auch ihre Einarbeitung in Hautcremes.
Erfahrungen der Autoren aus dem Praxisalltag zeigen, dass die Knospenauszüge auch in Kombinationen mit anderen Naturheilmitteln (beispielsweise klassischen Phytotherapeutika) wirksam sind und sich die verschiedenen Mittel wunderbar ergänzen und unterstützen. So zeigt das Gemmomazerat der Schwarzen Johannisbeere (Ribes nigrum) beispielsweise eine allgemein verstärkende Wirkung auf die meisten pflanzlichen Heilmittel.
Die Wahl der Gemmomazerate
Um das passende Gemmomazerat beziehungsweise die individuell passende Kombination diverser Mazerate zu finden, haben sich verschiedene Möglichkeiten bewährt. Die Auswahl kann
• nach den Seelenqualitäten der Knospen (siehe Knospenmonografien sowie das Kapitel »Knospen zur Unterstützung und Entwicklung der kindlichen Seele«),
• nach den jeweiligen Krankheitsbildern (siehe das Kapitel »Das kranke Kind«),
• nach ihrer Signatur (siehe Knospenmonografien sowie die Kapitel »Bäume und Menschen – Bäume und Kinder« und »Das Mazerat des persönlichen Baums«) oder
• gemäß humoralmedizinischer Überlegungen erfolgen (siehe das Kapitel »Die vier Temperamente«).
Im Sinne einer ganzheitlichen Heilkunde ist es unserer Meinung nach wichtig, sich nicht allein an den Indikationslisten zu orientieren, sondern die Wahl individuell zu treffen, um das richtige Gemmomazerat der Konstitution, der momentanen Verfassung und dem Wesen des Kindes entsprechend zu finden. Vertiefende Informationen zur Gemmotherapie finden Sie auch in unserem Buch Gemmotherapie, Knospen in der Naturheilkunde.
Gemmomazerate für den Eigengebrauch: Knospen sammeln und verarbeiten mit Kindern
Knospen sammeln
Knospenmazerate können gut selbst hergestellt werden. Es lohnt sich, dies mit den Kindern zusammen zu tun, da ihnen das Sammeln und Weiterverarbeiten der Knospen sehr viel Spaß macht.
Voraussetzung ist natürlich – wie immer, wenn man Heilmittel aus der Natur gewinnen will –, dass man die Pflanzen genau identifizieren kann, damit Verwechslungen mit ähnlichen, möglicherweise giftigen Pflanzen ausgeschlossen werden können. Bevor man auf Knospensuche geht, muss man sich also hundertprozentig sicher sein, dass man über die notwendigen Kenntnisse zur richtigen Identifikation der gewünschten Pflanzenart und Pflanzenteile verfügt!

Steht der Baum oder Strauch, dessen Knospen man im Frühling sammeln will, im eigenen Garten, ist die Identifikation meist relativ einfach. Steht er aber im Wald, am Waldrand oder sonst irgendwo im Freien, so erscheint es im Sommer und Herbst oft leicht, ihn zu identifizieren. Im Frühling hingegen, wenn die Natur ihr grünes Gewand abgeworfen hat, ist man schnell unsicher, welcher Baum oder Strauch denn nun der richtige ist. Eine beliebte Möglichkeit, damit man im Frühling sicher die richtigen Knospen sammeln kann, ist es, den Baum oder Strauch im Spätsommer gemeinsam mit den Kindern mit einem Stück Stoff zu kennzeichnen. Es versteht sich von selbst, dass dieses Stück Stoff locker um einen Ast oder Zweig gebunden wird, um die Rinde nicht zu verletzen, und dass es im Frühling wieder abgenommen wird.


Es ist wichtig, immer darauf zu achten, nur so viele Knospen zu sammeln, dass es dem Baum oder Strauch weiterhin gutgeht und dass genügend Knospen an den Ästen bleiben, damit sich das Strauch- oder Baumwesen über den Sommer und Herbst gut entfalten kann.
Ein schönes Ritual ist es, wenn man dem Pflanzenwesen vor dem Sammeln für seine Gabe dankt. Dies kann leise als Dank im Inneren geschehen, laut ausgesprochen oder auch als Lied dem Baum oder Strauch geschenkt werden. Die Knospen werden dann sorgfältig vom Ast genommen.
Ungefähre Sammelzeiten sind in jeder Monografie vermerkt. Wichtig zu bedenken ist allerdings, dass die ideale Sammelzeit stark vom Standort und vom Klima respektive vom Frühlingswetter abhängt. Nach milden Wintern knospen die Bäume und Sträucher oft schon einen oder zwei Monate vor den üblicherweise idealen Sammelzeiten. Bei Schnee und Kälte bis Ostern dauert die Knospenbildung dementsprechend länger. Als Richtlinie gilt, dass die Knospen kurz vor dem Aufbrechen gesammelt werden sollen.


Sammelt man Knospen von verschiedenen Bäumen gleichzeitig, muss man immer gut prüfen, ob für die jeweilige Baum- oder Strauchart der richtige Sammelzeitpunkt auch wirklich gegeben ist. Auch ist es wichtig, das Sammelgut nicht zu verwechseln, was leicht geschehen kann, wenn man die verschiedenen Knospen noch nicht so gut kennt.
Gerade bei Knospen von Bäumen, die ihre Äste oft außer Reichweite der Kinderarme in Richtung Licht recken, sollten die Erwachsenen die Äste sanft nach unten halten, damit die Kinder die Knospen sammeln können. Auch hier bitten wir um Achtsamkeit dem Baum- oder Strauchwesen gegenüber. Der Ast soll nur so weit gebogen werden, dass er nicht knickt!
Die Knospen werden dann sorgfältig in einen Korb oder Stoffsack gelegt, damit sie nicht zerquetscht werden, und nach Hause gebracht.
Knospen weiterverarbeiten
Folgendes empfehlenswerte Herstellungsverfahren ist von uns und zahlreichen Kursteilnehmern vielfach erfolgreich erprobt worden:
1. Dieses Material wird benötigt:
• Pflanzenmaterial
• Auszugsmittel:
1 Teil 98-prozentiger Trinkfeinspiritus (Bioqualität)
1 Teil pflanzliches Glycerin
1 Teil Wasser (am besten Quell-, weiches oder destilliertes Wasser)
• Holzbrett
• Scharfes Messer (am besten Porzellanmesser)
• Etiketten und Stift zum Beschriften
• Glas zum Aufbewahren. Traditionell wird dafür Braunglas verwendet, damit das Pflanzengut lichtgeschützt ist. Sie können aber auch normale Marmeladengläser mit Papier oder Stoff umwickeln, sodass der Inhalt vor UV-Strahlung geschützt wird. Wichtig ist, dass die Marmeladengläser gründlich ausgewaschen und frei von Gerüchen sind. (Nicht geeignet sind Gläser von Senf, Essiggurken.)
2. Die frischen Knospen werden sorgfältig mit einem (Porzellan-)Messer möglichst klein geschnitten.
3. Danach werden die zerkleinerten Knospen locker in das untere Drittel des Glases gegeben.
4. Die Knospen werden mit dem Auszugsmittel bis fast zum Glasrand übergossen.
5. Das Glas wird mit Pflanzennamen und Datum beschriftet. Dann lässt man den Inhalt drei bis vier Wochen bei täglichem Schwenken beziehungsweise Wenden (nicht Schütteln!) ausziehen. Dabei können die Kinder mit einbezogen werden: Sie mögen solche täglichen Rituale und können damit einen direkten Kontakt zum Heilmittel aufbauen.
6. Nach Ablauf von drei bis vier Wochen wird für die Weiterverarbeitung und Fertigstellung des Gemmomazerats folgendes Material benötigt:
• Das Glas mit den eingelegten Knospen
• Auszugsmittel:
1 Teil 98-prozentiger Trinkfeinspiritus (Bioqualität)
1 Teil pflanzliches Glycerin
1 Teil Wasser (am besten Quell-, weiches oder destilliertes Wasser)
• Etiketten und Stift zum Beschriften
• Feinmaschiges Sieb
• Ein weiteres Glas (Marmeladen- oder Braunglas)
• Eine kleinere Braunglasflasche (30 oder 50 Milliliter) mit Sprühaufsatz. Solche Sprühflaschen können in Drogerien und Apotheken bezogen werden. Da die Sprayflasche bei der Verwendung in Küche, Bad, Kinderzimmer oder Büro steht, ist es empfehlenswert, hier Braun- oder Blauglasflaschen zu verwenden.
7. Nun wird das Glas mit den eingelegten Knospen durch ein feinmaschiges Sieb abgegossen. Die Knospenrückstände können auf den Kompost gegeben oder zurück zum betreffenden Baum oder Strauch in Wald oder Garten gebracht werden.
8. Von der abgesiebten Auszugsflüssigkeit werden 10 Milliliter abgemessen.












9. Die 10 Milliliter Auszugsflüssigkeit werden in ein neues Glas gegeben, und 90 Milliliter Auszugsmittel werden hinzugefügt. So erhält man das Gemmoheilmittel in D1-Qualität.
10. Das Glas wird mit dem Pflanzennamen, der Bezeichnung D1 und dem Datum beschriftet. Das fertige Gemmomazerat kann nun in die Braunglas-Sprühflasche abgefüllt werden.
11. Auch die Sprühflasche wird mit Pflanzennamen, der Bezeichnung D1 und dem Datum beschriftet. Das Gemmomazerat ist nun gebrauchsfertig. Das restliche, unverdünnte Knospenmazerat im Glas wird mit Papier oder Stoff vor Licht geschützt und kühl aufbewahrt (am besten in den Keller stellen). Die selbst hergestellten Gemmomazerate haben bei richtiger Lagerung eine Haltbarkeit von mindestens drei Jahren.
Das Mazerat des persönlichen Baums
Wie gesagt haben Kinder oft eine enge Beziehung zur Pflanzenwelt. Sie spüren die Vitalität und Schönheit der Natur auf ihre kindlich-intuitive Weise sehr gut und suchen häufig die Nähe von ausgewählten Bäumen und Sträuchern. Manchmal hat ein Kind einen Lieblingsbaum, den es gern besucht, auf dem es herumklettert und den es im Jahreslauf beobachtet und begleitet. Wenn ein Baum oder Strauch, der dem Kind nah und vertraut ist, nicht giftig ist, kann man aus seinen Knospen zusammen mit dem Kind ein »Mazerat des persönlichen Baums« herstellen. Dieses Knospenheilmittel ist dann (neben den üblichen Wirkungen, die die betreffenden Knospen für alle Menschen haben) besonders geeignet, das Kind durch seine Kindheit und Jugendzeit zu begleiten. Gerade in schwierigen und herausfordernden Entwicklungsphasen unterstützt der persönliche Baum das Kind als Botschaft der Hoffnung und des Urvertrauens.