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© 2020 Otto Maxein

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7534-5525-9

Vorwort

Die japanischen Schwerter haben unter Kennern einen hervorragenden Ruf. Die komplexen Vorgänge während des Schmiedens oder die Individualisierung einer Schneide durch das Anlegen einer ästhetischen Hamon faszinieren weit über die Grenzen Japans hinaus. Bis heute ist das Samuraischwert so tief mit der japanischen Kultur verwurzelt, dass es untrennbar damit verbunden ist. Einen wesentlichen Anteil daran hatten zu allen Zeiten die japanischen Schwertschmiede.

Aber was trieb Soldaten dazu, lange nach der Ära der Samurai, mit dem gezogenen Schwert in die Materialschlachten des zweiten Weltkriegs zu ziehen? In einen Konflikt, der mit Mitteln geführt wurde, die einen Kampf mit der Klinge nicht nur aussichtslos, sondern geradezu selbstmörderisch machten. Warum war es Piloten wichtig, ihre Schwerter mit an Bord ihrer Flugzeuge zu nehmen, obwohl es dort keine praktische Verwendung für sie gab? Was wohnt diesen Klingen inne, dass sie eine solche Faszination und Wirkung auf ihre Träger ausübten? Was macht die Schwerter, die am Yasukuni-Schrein geschmiedet wurden oder die Schwerter der zwei Generationen Minamoto Yoshichika besonders? Wodurch heben sie sich deutlich von der Masse der während der Taisho- und frühen Showa-Periode geschmiedeten Schwerter ab? Was macht sie zu bewahrenswerten Schwertern? Und was ist dran an dem Sprichwort „Das Schwert ist die Seele des Samurai?“.

Diesen Fragen geht der Autor in seinem Buch nach. Er setzt sich mit dem Thema mit viel Liebe zum Detail auseinander. Er erklärt, ohne zu verklären, was die Faszination dieser Waffen ausmacht und nimmt den Leser mit in die Materialschlachten des zweiten Weltkriegs, in der das Samuraischwert für die kaiserlichen Soldaten eine wichtigere Rolle spielte, als man es auf den ersten Blick vermuten würde.

Oliver Gerigk

Inhaltsverzeichnis

In dankbarer Erinnerung an meinen Vater Otto Rudi Maxein

(* 11.06.1917, † 06.05.1990)

Dieses Buch widme ich meinem Vater, der den Zweiten Weltkrieg als Frontsoldat vom Polenfeldzug bis zu seiner Gefangennahme bei Kriegsende überlebt hat. Als Panzerjäger an mehreren großen Panzerschlachten im Osten beteiligt, verwundet, mit der Ostmedaille, dem Eisernen Kreuz und der Bronzenen Nahkampfspange ausgezeichnet, habe ich erst jetzt, lange nach seinem Tod, durch die Lektüre von Erich Maria Remarque, Edlef Köppen und Andreas Engermann begriffen, welche schier unvorstellbaren Strapazen er durchlitten, welche brutale Entmenschlichung er im Nahkampf Mann gegen Mann erfahren haben muss.

Wie alle Soldaten der kämpfenden Truppe ging er durch die Hölle und erlebte das Grauen des Krieges am eigenen Leib und an seiner Seele. Trotzdem erinnere ich meinen Vater als einen lebensbejahenden Menschen, der nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft wie Hunderttausende anderer Kriegsheimkehrer nach vorn blickte und seinen Beitrag zum Wiederaufbau und Wirtschaftswunder der jungen Bundesrepublik leistete. Ihm und meiner lieben Mutter verdanke ich meine behütete, glückliche Kindheit und sorglose Jugend.

Meine wilden Jahre begleitete mein Vater nachsichtig und verständnisvoll. Freunde waren mir in dieser Zeit das Wichtigste. Als ich ihn deshalb einmal meinen Freund nannte, antwortete er lächelnd: „Ich bin nicht dein Freund, ich bin dein Vater.“ Heute weiß ich, was er mir damit sagen wollte. Manch ein „Freund“ hat mich im Leben enttäuscht – mein Vater nie! Ich habe von ihm viel fürs Leben gelernt und viel von dem, was mich heute ausmacht, verdanke ich ihm. Sein aufrechter Charakter und seine Zivilcourage sind mir bis heute Vorbild und Orientierung. Ich bin stolz auf meinen Vater und liebe ihn – über den Tod hinaus. Leider habe ich ihm das nie gesagt. Ich hoffe, er hat es gewusst.

Otto Willi Maxein

Besonderer Dank

Kein Fachbuch kommt ohne valide Quellen und umfangreiche Recherchen aus. Dies gilt besonders für Themen, die in der einschlägigen Literatur noch nicht abschließend behandelt wurden. Hier bedarf es der Unterstützung Dritter, die dabei helfen, Wissenslücken zu schließen oder die Bildmaterial zur Verfügung stellen, das in die Arbeit eingebunden werden soll. Ich möchte deshalb an dieser Stelle allen Unterstützern danken, die mir mit Rat und Tat zur Seite gestanden und dieses Buch in seiner jetzigen Form ermöglicht haben!

Mein besonderer Dank gilt daher

Annegret Wieland M.A.

Abt. für Kultur und Öffentlichkeitsarbeit

Botschaft von Japan, Berlin, Deutschland

David Ito,

Aikido Chief Instructor

Aikido Center LA, Los Angeles, USA

Kazushige Tsuruta

Japanese Sword Shop Aoi-Art, Tokio, Japan

Prof. Dr. Diethelm Düsterloh

Paderborn, Deutschland

Oliver Gerigk

Bochum, Deutschland

Christoph Pieper

ibs Sicherheitstechnik, Gelsenkirchen, Deutschland

Martin Strebel

Juwelen und Asienkunst, Wiesbaden, Deutschland

Paul Underwood

English Training, Dortmund, Deutschland

So Shihan Wolfgang Wimmer, Kyoshi, Hachidan

Repräsentant Dai Nippon Butoku Kai

Ehrenpräsident Verband asiatischer Kampfkünste e.V.

Meitingen, Deutschland

Nicht zuletzt gilt mein besonderer Dank meiner lieben Frau, die meiner Passion für Samuraischwerter stets Verständnis entgegengebracht und meine häufige geistige Abwesenheit bei der Arbeit an diesem Buch und den wochenlangen Umbau unseres Wohnzimmers in ein Fotostudio bis an die Grenzen der Geduld ertragen hat.

Otto Maxein,“Ein glücklicher Tag Mitte Herbst 2020“

Schreibweise, Formatierung

Eine Besonderheit stellt in der deutschen Textausgabe hinsichtlich der japanischen Nomenklatur die Groß- und Kleinschreibung dar, da in der japanischen Schrift, ähnlich wie in anderen Schriftsprachen (Hebräisch, Arabisch, Chinesisch etc.), die Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinschreibung unbekannt ist.

Einfacher war es in der englischen Textausgabe, da auch im Englischen zunächst außer am Satzanfang klein geschrieben wird. Ausnahmen gelten z.B. für Eigennamen, Anreden, geographische Bezeichnungen oder in Überschriften.

In Anlehnung an die englische Textausgabe werden auch in der deutschen Textausgabe außer am Satzanfang Begriffe der japanischen Nomenklatur klein geschrieben. Ausnahmen bilden Begriffe, die in Anlehnung an die deutsche Rechtschreibung groß geschrieben werden, soweit dies aufgrund des Sprachempfindens im Kontext sinnvoll erscheint.

Bei Übersetzungen wurden Namen und Begriffe zur japanischen Schwertterminologie aus Gründen der Übersetzungstreue entsprechend der Schreibweise der Quellen übernommen.

Im Fließtext kursiv gedruckte Wörter sind entweder Eigennamen oder dienen der Hervorhebung bestimmter Begriffe oder entstammen der japanischen Nomenklatur. Erläuterungen hierzu finden sich im Glossar. Des Weiteren sind Bildunterschriften kursiv gedruckt, um sie vom Fließtext abzugrenzen.

Bildmaterial, eigene Fotos

Fotos auf den Seiten 24, 43, 44, 45 und 46 mit freundlicher Genehmigung von Kazushige Tsuruta-San, Aoi-Art, Tokio, Japan. Der „Japanese Sword Shop Aoi-Art“ und das „Japanese Sword Online Museum“ lohnen stets aufs Neue einen Besuch der Webpräsenz von Kazushige Tsuruta-San. Die übrigen Bilder stammen entweder aus Presse- oder Staatsarchiven und sind ausdrücklich mit dem Hinweis „gemeinfrei“ („public domain“) versehen oder befinden sich mit entsprechenden Nutzungsrechten oder als Originale im Besitz des Autors.

Eine zuweilen stark verminderte Bildqualität beruht entweder auf einer natürlichen Alterung des verwendeten Bildmaterials oder auf einer für den Druck zu geringen Auflösung einiger Bild-Dateien. Mit Blick auf den Buchtitel wurden diese Bilder dennoch mit eingebunden, weil sie geeignet erschienen, das Thema zu visualisieren und trotz verminderter Bildqualität nichts von ihrer Aussagefähigkeit eingebüßt haben.

Liebhaber japanischer Klingen wissen, dass ihre Betrachtung das richtige Licht erfordert. So benötigen wir z.B. bei der Begutachtung der Härtelinie eine bestimmte Lichtquelle, an der wir die Klinge entlang führen. Dagegen ist ein Foto eine Momentaufnahme und hält eine Klinge immer nur im Licht eines Augenblicks fest. Meine in diesem Buch abgebildeten Schwerter habe ich selbst fotografiert. So habe ich viele Tage - meine Frau behauptet Wochen - geduldig experimentiert und gelernt, mit Kompromissen zu leben. Die Fotos vermitteln deshalb nur einen sehr entfernten Eindruck von der Schönheit der Klingen und der ihnen innewohnenden Aktivitäten. Aber wer japanische Schwerter kennt, weiß ohnehin, dass man sie in die Hand nehmen und im richtigen Licht studieren muss, damit sie sich uns in ihrer ganzen Schönheit und Vollkommenheit offenbaren.

Samuraischwerter
für die Materialschlacht

Gendaito der Taisho- und frühen Showa-Periode
(1912 – 1945)

In keinem anderen Kulturkreis hat eine Waffe im Verlauf ihrer Geschichte eine so hohe spirituelle und gesellschaftliche Bedeutung erlangt wie das Samuraischwert in Japan. Über tausend Jahre galt es nicht nur als die Seele des Samurai, sondern war als gefürchtete Waffe einer elitären und todesverachtenden Kriegerkaste das allesbeherrschende Statussymbol, dem die Japaner Ehrfurcht, Respekt und nahezu religiöse Unterwerfung zollten. Ausgelöst durch die Meiji-Restauration und Japans Weg in die Moderne besiegelten der gesellschaftliche Wandel und das Streben nach Fortschritt Ende des 19. Jahrhunderts das Schicksal der Samurai und ihrer Schwerter, die fortan wie Anachronismen und Relikte einer vergangenen Epoche wirkten.

Doch wenngleich die Samuraischwerter genau wie die Infanteriedegen oder Kavalleriesäbel in Europa mit der Einführung von Maschinenwaffen und Tanks ihre Bedeutung als Kriegswaffen eingebüßt hatten, war der Glaube an die spirituelle Kraft des Samuraischwerts im Denken der Japaner so tief verwurzelt, dass diese Schwerter nach ihrer anfänglichen Verbannung zu Beginn der Meiji-Restauration im Verlauf der Taisho- und frühen Showa-Periode eine militärische Renaissance erlebten. Neben den unzähligen Maschinenklingen, die in Japan zu Paradezwecken oder für untere Dienstgrade gefertigt wurden, belebte die Nachfrage japanischer Offiziere nach neuen, im Geist des Bushido traditionell geschmiedeten Schwertern ein uraltes Kunsthandwerk.

In ganz Japan wurden erfahrene Schwertschmiede aktiviert, die in verschiedenen Schmiedezentren Schwertschmiede ausbildeten und selbst Schwerter schmiedeten. Zu den wohl berühmtesten Wirkungsstätten gehörten der Minatogawa-Schrein1 in Kobe am Ufer des Minatogawa, an dem Schwerter für die kaiserliche Marine geschmiedet wurden, und der Yasukuni-Schrein2 in Tokio, auf dessen Grund und Boden enorme Anstrengungen unternommen wurden, durch die Rückbesinnung auf altüberlieferte Schmiedemethoden in den Yasukuni-to den Geist der Samurai wieder auferstehen zu lassen. Daneben gab es weitere Schwerpunkte zur Massenproduktion von Armeeschwertern, wie die Stadt Seki in der Präfektur Gifu. Jedoch muss hier angemerkt werden, dass die überwiegende Zahl der Schwerter, die in Seki hergestellt wurden, zwar als Waffen genügten, aber nicht den hohen Anspruch an das japanische Schwert als Kunstobjekt erfüllen konnten.

Dies trifft übrigens für Schwerter aller Epochen zu. Nicht jedes Samuraischwert, das zur Waffe taugte, war künstlerisch wertvoll, wobei es umgekehrt häufig so ist, dass die künstlerisch vollkommene Klinge auch die bessere im praktischen Gebrauch ist.3 Weiter trifft zu, dass die bis in den Zweiten Weltkrieg hinein von japanischen Schwertschmieden traditionell geschmiedeten Gunto die wohl letzten Samuraischwerter gewesen sein dürften, mit denen japanische Soldaten für Kaiser und Reich in den Kampf zogen und wie einst die Samurai dienend ihre Pflicht erfüllten. Damit markieren die Gunto der Taisho- und frühen Showa-Periode einen historischen Wendepunkt in der Geschichte der Samuraischwerter. Die in diesem Zeitraum geschmiedeten und in diesem Buch vorgestellten Klingen von Yasuoki und den beiden Generationen Minamoto Yoshichika legen Zeugnis ab von der unstreitigen Meisterschaft dieser Schmiede und ihrem hohen Anspruch, Japans „letzten Samurai“ Schwerter an die Hand zu geben, die nicht nur bloße Waffen waren, sondern Waffe und Kunstwerk in ein und derselben Klinge in idealer Weise vereinten.


1 http://de.wikipedia.org/wiki/Minatogawa-Schrein

2 http://de.wikipedia.org/wiki/Yasukuni-Schrein

3 Hagenbusch, Michael, Beitrag im Katalog zum Ersten Europäischen Symposium „Die Kunst der Samurai“, Deutsches Klingen-Museum, Solingen 1984

Minamoto Yoshichika
Shodai und Nidai

Minamoto Yoshichika wird zu den wenigen bedeutenden Schwertschmieden der Taisho- und Showa-Periode gezählt. Seine Schwerter waren bekannt für ihre außergewöhnliche Schärfe und Kampftauglichkeit und wurden von der kaiserlichen Garde und berühmten Schwertkämpfern getragen. Anlässlich der Krönung Kaiser Hirohitos im Jahr 1928 gehörte er zu der kleinen Gruppe von Schwertschmieden, die unter den besten Japans ausgewählt worden waren, die Schwerter zu schmieden, die einer alten Tradition folgend während der Krönungsfeierlichkeiten an hohe Würdenträger überreicht wurden. Dennoch wird gelegentlich versucht, die Bedeutung seiner Arbeiten durch den Einwand zu relativieren, dass er Schwerter aus „Western Steel“ geschmiedet haben soll.

Hierdurch soll unterstellt werden, Schwerter von Minamoto Yoshichika seien keine „echten“ Nihonto oder Gendaito, weil sie nicht aus Tamahagane geschmiedet wurden. Wenn dies zuträfe, hätte Kaiser Hirohito, der ganz sicher über mehr Schwertbildung verfügte als mancher selbsternannte Experte der westlichen Hemisphäre, in dem Augenblick sein Gesicht verloren, als er Minamoto Yoshichika nach Tokio und zum Kaiserlichen Schwertschmied berief. Zudem gibt es im Mutterland des japanischen Schwerts Instanzen, die kompetent darüber entscheiden, ob ein traditionell geschmiedetes Schwert auch den künstlerischen Anspruch an ein japanisches Schwert erfüllt und damit als bewahrenswertes Schwert anerkannt wird oder nicht. Hierzu zählen in erster Linie die beiden großen japanischen Schwertgesellschaften Nihon Bijutsu Token Hozon Kyokai (NBTHK) und Nihon Token Hozon Kai (NTHK).

Minamoto Yoshichikas Schwerter haben sowohl von der NTHK als auch von der NBTHK und von Fujishiro Expertisen (origami) erhalten und werden von den führenden Schwert-Autoritäten Japans ohne jeden Zweifel als echte Gendaito anerkannt. 4 Im TOKO TAIKAN ist Minamoto Yoshichika auf Seite 758 unter YOS1067 gelistet, seine Schwerter werden als „Highest Grade Gendaito“ eingestuft.5 Neben der hohen Auszeichnung, die Minamoto Yoshichika durch seine Berufung zum Kaiserlichen Schwertschmied zuteilwurde, wird seine Stellung als bedeutender Schwertschmied weiter dadurch belegt, dass er der einzige Schwertschmied der Taisho-Periode ist, der Eingang in Fujishiros maßgebliche Enzyklopädie „Nihon Toko Jiten, Shinto-hen“ gefunden hat.6

Wenn Minamoto Yoshichika auch seinen eigenen Weg zur Herstellung leistungsfähiger Schwertklingen von besonderer Schneidfähigkeit gegangen ist,7 hat er beim Schmieden doch die traditionellen Techniken der japanischen Schwertschmiede (katana-kaji) angewendet und so qualitativ hochwertige Gendaito geschaffen8, die heute als seltene Schwerter von Sammlern gesucht und begehrt sind.9 Nicht zuletzt auch deshalb, weil mittlerweile anerkannt ist, dass Klingen von Minamoto Yoshichika selbst mit qualitativ hochwertigen Schwertern aus der Kamakura- und Muromachi-Periode konkurrieren können.10

Doch bevor wir noch einmal auf den eingangs erwähnten Einwand eingehen, der ja letztlich auf den Streit „Tamahagane“ kontra „Western Steel“ zielt, etwas zu dem Schmied und zu seiner Arbeit, soweit es die Recherche zum Leben und Werk Minamoto Yoshichikas ergab.


4 Stein, Richard, Japanese Sword Guide,

http://www.japaneseswordindex.com/yoshchik.htm

5 Tokuno, Kazuo, TOKO TAIKAN, YOS1067, 2004

6 Fujishiro, Yoshio, Nihon Toko Jiten, Shinto-hen, Tokyo 1961

7 Slough, John Scott, An Oshigata Book of Modern Japanese Swordsmiths 1868 – 1945, Rivanna River Company, 2001

8 http://www.worthpoint.com/worthopedia/rare-mint-antique-japanese-samurai-katana-sword

9 Couch, Paul and Matsuoka, Yumiko, Thoughts on Nihonto – Gendaito, ISF-AL/GA Newsletter, May 2002, Vol. 3, Issue 3

10 http://www.worthpoint.com/worthopedia/rare-mint-antique-japanese-samurai-katana-sword

Minamoto Yoshichika, Shodai

Minamoto Yoshichika stammte aus Shibamishima, Japan. Sein bürgerlicher Name war Mori Hisasuke. 11 Eine abweichende Schreibweise findet sich bei John Scott Slough in dem Buch „An Oshigata Book of Modern Japanese Swordsmiths 1868 – 1945“. Hier ist Minamoto Yoshichika auf Seite 196 gelistet. Seine Schwerter werden als „High Grade Gendaito“ eingestuft, ihr Wert auf 1,5 Millionen Japanische Yen geschätzt. Alternativ finden wir hier die Schreibweise Mori Kyusuke für seinen bürgerlichen Namen.12

Minamoto Yoshichika soll sich selbst als der letzte Nachkomme von Sanjo Munechika aus Yamashiro (ca. 987) bezeichnet haben.13 Wenn man auch immer wieder auf diesen Hinweis stößt, konnten Recherchen hierfür bislang keinen gesicherten Nachweis erbringen. Ungeachtet dessen gehört Minamoto Yoshichika aufgrund seiner außergewöhnlichen handwerklichen und künstlerischen Fähigkeiten zu den wenigen Schwertschmieden der Taisho- und Showa-Periode, die von den führenden Autoritäten und Schwertkennern zu den bedeutenden Schwertschmieden ihrer Zeit gezählt werden.14

Während der Meiji- und Taisho-Periode arbeitete Minamoto Yoshichika in der Provinz Musashi. 1926 folgt er dem Ruf Kaiser Hirohitos nach Tokio, wo er als kaiserlicher Schwertschmied („imperial artisan“) Schwerter im Auftrag des Kaisers schmiedet.15 Seine bekannten Arbeiten stammen überwiegend aus der Taisho- und der frühen Showa-Periode. Er arbeitete bevorzugt im Bizen-den-Gunome-Choji-Stil und seine Klingen sind bekannt für ihre außergewöhnliche Schärfe und Schneidfähigkeit („cutting ability“).

Minamoto Yoshichika schmiedete Schwerter für den Hof und die Kaiserliche Garde. Aber auch berühmte Kampfsportler und Schwertkämpfer des frühen Zwanzigsten Jahrhunderts bevorzugten seine Klingen. So stammte auch eines der von Hakudo Nakayma 16 bevorzugten Schwerter aus der Schmiede von Minamoto Yoshichika. Hakudo Nakayma (andere Schreibweise Hiromichi) war der berühmteste Schwertkampfmeister seiner Zeit und zählt zu den insgesamt nur zehn Budo-Großmeistern, denen der Titel Meijin („Vollendeter Mensch“)17, die höchste Auszeichnung im Budo überhaupt, verliehen wurde. In der Toyama Militär Akademie war Hakudo Nakayma Mitglied der Kommission, die den Lehrplan für den Schwertkampf erstellte. Darüber hinaus war er der offizielle Schwertkampfausbilder der japanischen Marine und der kaiserlichen Garde. Hakudo Nakayma wurde am 11. Februar 1873 in Kanazawa, Präfektur Ishikawa geboren und verstarb am 14. Dezember 1958 im Alter von 85 Jahren. Seine letzte Ruhestätte fand er im Tenshin-Tempel im Bezirk Minato, Tokio.

Ein seltenes Zeitdokument: Das Bild aus dem Fotoalbum eines japanischen Soldaten zeigt Hakudo Nakayma, Budo-Großmeister und Schwertkampfausbilder der Kaiserlichen Garde, zusammen mit Angehörigen der Kaiserlichen Garde.

Minamoto Yoshichikas Auftraggeber wussten, dass er scharfe und hochbelastbare Schwerter für den härtesten Nahkampf Mann gegen Mann auf Leben und Tod schmiedete. Sie unterscheiden sich deutlich von den langen und breiten Klingen mit spektakulärer Hamon, wie wir sie heute oft bei Iaido-Eleven finden. Seine Arbeiten gleichen stattdessen schlanken Koto-Klingen mit funktionaler Hamon und überzeugen trotz ihres geringen Gewichts durch hohe Verwindungsfestigkeit, perfekte Balance und beeindruckende Führigkeit. Aber dazu später mehr.

Eine bestimmte Anzahl von Schwertern, die von Minamoto Yoshichika geschmiedet wurden, sind von Hakudo Nakayama einem Schneidetest (tameshigiri) unterzogen worden. Bei Schwertern, die von ihm getestet wurden, finden wir auf der Angel die Stempelung „Hakudo Tameshigiri Sho“.18 Die meisten Schwerter der Kaiserlichen Garde sind von Minamoto Yoshichika geschmiedet und von Hakudo Nakayama getestet worden. Dazu ist folgende Begebenheit überliefert:

Obata Toshishiro, bekannter Fachautor, praktizierender Schwertkämpfer und Kenner der Materie berichtet, dass er in seiner Willis-Hawley-Sammlung einen erwähnenswerten Text fand, aus dem hervorging, dass Hakudo Nakayama Schwerter für die Kaiserliche Garde an Schweinen testete, wobei die Klingen glatt durch die Körper schnitten. Es ist überliefert, dass er mit einem Schwert demonstrativ durch die Hüftknochen eines Schweins schlug, um Vizeadmiral Oyamada zu beweisen, wie ein wirklich scharfes Schwert schneiden sollte.

Als der Admiral sich nach dem Schmied erkundigte, erklärte Hakudo Nakayama, dass das Schwert aus der Schmiede von Minamoto Yoshichika stamme. Daraufhin verfügte Admiral Oyamada per Erlass, dass sämtliche Schwerter der kaiserlichen Garde ab sofort von Minamoto Yoshichika geschmiedet sein mussten und durch Hakudo Nakayama siebenmal einem Schneidetest zu unterziehen waren. Obata Toshishiro gibt an, dass insgesamt 490 dieser Schwerter von Hakudo Nakayama getestet und für die Kaiserliche Garde abgenommen wurden.19

Allein diese Zahl, nur 490 Schwerter von Minamoto Yoshichika wurden von Hakudo Nakayama für die Kaiserliche Garde getestet und abgenommen, macht deutlich, warum diese Schwerter extrem selten sind und weltweit von seriösen Sammlern gesucht und äußerst begehrt sind. Noch beeindruckender wird dies, wenn man diese geringe Anzahl von Schwertern den weit über eine Million japanischen Schwertern gegenüberstellt, die nach dem Krieg von amerikanischen Soldaten in die Vereinigten Staaten verbracht worden sind.2021Obata Toshishiro„Swords and Tradition“22Hakudo Nakayama