Wo die Macht des Wortes endet: Berlin 1968 Kriminalroman Band 9
Published by BEKKERpublishing, 2021.
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Wo die Macht des Wortes endet
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Berlin 1968 Kriminalroman Band 9
von Tomos Forrest
Der Umfang dieses Buchs entspricht 118 Taschenbuchseiten.
Bernd Schuster kann es nicht glauben! Da wird ein Mann aus der Rocker-Szene für einen Mord angeheuert und erhält eine erste Anzahlung. Doch der angebliche Auftragsmörder will keinen Menschen töten. Er nutzt seine Chance, um für seine brisanten Informationen direkt von der Ehefrau zu kassieren – doch dann stellt sich heraus, dass es nicht ihr Mann war, der den Mord bestellt hat. Der Präsident einer Rocker-Gang gerät in große Probleme...
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Ein CassiopeiaPress Buch CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
Cover: Nach Motiven und Grischa Georgiew 123rf – Steve Mayer, 2021
Titel/Charaktere/Treatment © by Marten Munsonius & Thomas Ostwald, 2021
Roman – Nach Motiven – by Tomos Forrest, 2021
© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Der Mann im seidig schimmernden Mohairanzug hatte einen korrekt gezogenen Scheitel und eine rosige Gesichtshaut. Die Art, wie er an dem Baum lehnte und eine Zigarette rauchte, wirkte lässig-nonchalant, aber sie täuschte nicht darüber hinweg, dass er hochgradig nervös war.
Peter Behringer saß im Sattel seiner Kawasaki 650. Die 50-PS-Maschine war in Deutschland auffällig, noch mehr in einer Stadt wie West-Berlin. Als die Japaner damit herauskamen, war es die Ähnlichkeit zur britischen BSA-A 7-Maschine, die viele vom Kauf abhielt. Der Japaner war einfach zu teuer, das Fahrwerk zu straff, der Motor vibrierte stark – alles Dinge, die man bei einer Harley Davidson akzeptierte, nicht jedoch bei einer japanischen Maschine.
Behringer hatte seinen Helm, eine alte Halbschale, an den Lenker gehängt. Seine langen, welligen Haare waren mit einem roten Tuch um die Stirn zusammengehalten. Als er den Helm absetzte, zog er aus seiner Jeansweste, die er über der Lederjacke trug, eine gebogene Sonnenbrille und setzte sie auf. Er hielt die Arme vor der Brust verschränkt und musterte den Mann, der ihn an diesen Ort etwas außerhalb der Stadt gebeten hatte, aus schmalen, verkniffenen Augen.
„Hier bin ich“, sagte er. „Also – was wollen Sie von mir?“
„Ich habe einen Auftrag zu vergeben“, erwiderte der Mann im Mohairanzug. „Das sagte ich Ihnen bereits am Telefon.“
„Stimmt. Sie behaupteten, dass ich durch Sie eine Stange Geld verdienen könnte“, erinnerte sich Peter Behringer. „Viel mehr haben Sie nicht gesagt.“
Der Mann lächelte dünn. „Immerhin hat es ausgereicht, Sie zu motivieren. Sie sind gekommen. Darüber bin ich sehr froh.“
„Lassen Sie endlich die Hosen runter“, forderte Behringer. Er war in schwarzes Leder gekleidet, seine Hose seitlich geschnürt, Cowboystiefel bildeten den Abschluss. Auf der Rückseite seiner ärmellosen Jeansjacke, die er über der Lederjacke trug, befand sich das Patch der Gruppe, ein schwarzer Teufel mit rotglühenden Augen, der feixend auf einem brennenden Globus ritt.
„Kommen Sie zur Sache“, sagte Behringer. „Worum geht es?“
„Ich habe Ihnen bereits am Telefon klargemacht, dass Sie für das Geld etwas tun müssen ... etwas, das mit Moral und Gesetz nicht in Einklang zu bringen ist“, meinte der Mann. „Sie erwiderten, dass Sie an diesen Begriffen nicht interessiert seien.“
„So geschwollen habe ich mich bestimmt nicht ausgedrückt, aber ich stehe zu meinen Worten. Ich bin kein Heiliger. Jeder weiß das, aber wie haben Sie es erfahren?“
„Sie sind der Präsi der Devils Rider“, erwiderte der Mann im Mohairanzug und deutete dabei auf das kleine, gestickte Schild auf Behringers Brust. Auf der anderen Seite befand sich die Raute mit der Bezeichnung „1 %“ – die Ironie der Biker nach einer schweren Auseinandersetzung in den USA, nach der ein Verband meinte, dass nur ein Prozent der Motorradfahrer gewaltbereit wären. Künftig trug jeder Rocker, der etwas auf sich hielt, dieses Zeichen auf der Kutte. „Vor einer Woche stand etwas über Sie und Ihre Gruppe in der Zeitung. Ich wette, Sie kennen den Artikel. Darin heißt es, dass Sie und Ihre Jungen vor nichts zurückschrecken, buchstäblich vor gar nichts.“
Peter Behringer grinste. Ihm hatte der Artikel gefallen. Seit seinem Erscheinen hatten die Leute noch mehr Respekt vor ihm und seinen Jungs. Wenn sie über den Kuh’damm donnerten und den Gashahn aufrissen, sahen sich alle nach ihnen um. Und wenn sie in eine der beliebten Discotheken der Stadt kamen, verließen viele Motorradfahrer freiwillig das Lokal. Es machte wenig Sinn, sich mit den Devils anzulegen. Selten traf man einmal auf ein einzelnes Mitglied.
„Ich verstehe“, sagte er langsam. Seine Kinnladen bewegten sich mahlend. Er hatte herausgefunden, dass es den Leuten Angst machte, wenn er sie anstarrte und mit ausdruckslosem Gesicht auf einem Gummi herumkaute. „Sie haben also den Artikel gelesen, ins Telefonbuch gesehen und sich meine Nummer ‘rausgepickt. Sie haben gedacht: Das ist mein Mann, den hole ich mir. Ich muss da aber eine Kleinigkeit richtigstellen. Ich bin kein mieser, kleiner Ganove. Ich bin nur für Sachen zu haben, die sich lohnen, bei denen es um etwas geht.“
„Es freut mich zu hören, dass Sie diesen Standpunkt verfechten, er passt in mein Konzept“, meinte der Mann und ließ die Zigarette fallen. Er trat sie sorgfältig mit dem Absatz aus.
Peter Behringer sah ihm dabei zu. Er bemerkte, dass der Mann sehr elegante, rotbraune Mokassins trug. Sie waren offenbar handgefertigt.
„Wissen Sie, ich möchte mich von meiner Frau trennen“, sagte der Mann und vermied es, Behringer anzusehen.
„Was habe ich denn damit zu tun?“, fragte Peter Behringer.
Der Mann lächelte. Er hatte hellblaue Augen und blondes Haar, das den Eindruck erweckte, als sei es leicht pomadisiert.
„Scheidung kommt nicht in Frage“, erklärte er.
Peter Behringer war verblüfft. Er vertraute seinen Muskeln und seinen Fäusten. Er hatte keine Skrupel, sie bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit ins Spiel zu bringen, er drehte auch mal ein Ding, das nicht in die Landschaft der Rechtsordnung passte, aber er war kein Killer.
Er wollte dem Mann das sagen, aber irgendetwas hielt ihn davon ab, massiv zu werden. Er wollte erst einmal wissen, was der Unbekannte von ihm erwartete. Vor allem wünschte er herauszufinden, welche Summe genannt werden würde.
„Soll ich sie umlegen?“, fragte er.
Der Mann lächelte schon wieder. Es war ein Lächeln, das Peter Behringer Übelkeit verursachte. „Ich will sie loswerden, das ist alles. Ich überlasse es Ihnen, wie Sie das anstellen. Wichtig ist nur, dass mein Alibi steht.“
„Warum nehmen Sie sich keinen Profi?“, fragte Peter Behringer. „Ein Mörder wird sich doch im wunderschönen Berlin finden lassen!“
„Ich kenne keinen. Ich habe keinerlei Kontakte zur Unterwelt“, sagte der Mann. „Der Artikel in der Zeitung brachte mich auf die Idee.“
„Schon gut“, unterbrach Peter Behringer. „Was springt dabei für mich heraus?“
Er hatte nicht vor, zu töten. Um keinen Preis.
Natürlich sagte er das dem Mann nicht. Warum auch. Es genügte, zu kassieren und dann unter einem Vorwand zu kneifen. Der Blonde mit dem pomadisierten Scheitel würde danach nicht den Hauch einer Chance haben, sein Geld wieder einzutreiben.
„Zehntausend D-Mark“, sagte der Mann.
Peter Behringers Kinnladen blieben stehen. Er spitzte die Lippen.
„Wie steht es mit einem Vorschuss?“, fragte Behringer.
„Den können Sie haben“, meinte der Mann. „Sagen wir Tausend?“
„Das ist zu wenig“, preschte Behringer vor. „Die Hälfte ist doch wohl üblich.“
„Ich weiß nicht, was üblich ist. Aber welche Sicherheit habe ich, dass Sie den Auftrag auch ausführen?“
„Keine“, sagte Peter Behringer grinsend und setzte seine Kinnladen erneut in Bewegung. „Sie müssen mir schon blind vertrauen. Entweder Sie zahlen, oder Sie lassen es bleiben.“
Der Mann schwieg ein paar Sekunden. Er versuchte, in Peter Behringers Gesicht zu lesen, aber es war unmöglich, dem harten, glattrasierten Gesicht einen klar definierbaren Ausdruck abzutrotzen.
„Sie schaffen sie mir vom Leibe?“, fragte der Mann schließlich.
„Aber klar“, Peter Behringer nickte. „Das ist kein Problem. Ich brauche nur das Geld und ihre Adresse.“
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Peter Behringer, der eingeschworene Biker, hasste es, Auto zu fahren – ein paar Sportwagen vielleicht ausgenommen. Als er beschloss, Sarah Ringleben aufzusuchen, hielt er es aber für angezeigt, seinen schwarzen Lederdress gegen Hemd und Jeans einzutauschen und mit dem blauen Ford seines Vaters loszubrummen.
Das Haus der Ringlebens befand sich im Bezirk Charlottenburg mit Fernblick auf die Havel. Hier residierten Leute, die ihr Vermögen in Millionen zu messen pflegten und beträchtliche Prozentzahlen davon für ihre Sicherheit ausgaben. Von den üblichen Leibwächtern war freilich nichts zu sehen, als Peter Behringer durch die offene Toreinfahrt fuhr und den Ford vor dem einstöckigen Klinkerhaus mit den weißen Fensterläden zum Halten brachte. Er stieg aus, ging auf die Tür zu und klingelte.
Ein Diener öffnete.
„Ich möchte zu Frau Ringleben“, sagte Behringer.
„Sind Sie angemeldet?“, näselte es zurück.
„Nein.“
„Darf ich Ihren Namen und den Grund Ihres Besuches erfahren?“
„Nein, das dürfen Sie nicht“, sagte Behringer. Er grinste dabei. Was gab es auf dieser Welt doch für lächerliche Kreaturen!
Behringer trat über die Schwelle. „Wo ist sie?“, fragte er und schob den Mann beiseite wie ein lästiges Hindernis.
Er erhielt keine Antwort, doch die Reaktion, mit der er fertig werden musste, war um so schockierender.
Der Diener praktizierte einen Judogriff. Die Attacke war nicht einmal im Ansatz erkennbar und schickte Peter Behringer ebenso rasch wie schmerzhaft zu Boden.
Behringer schluckte. Er brauchte Sekunden, um zu begreifen, was geschehen war.
Dieser lächerlich anmutende Typ mit der ledern wirkenden Haut und dem traurigen Gesichtsausdruck, ein Mann von mindestens vierzig, hatte es tatsächlich geschafft, ihn von den Beinen zu holen!
Peter Behringer erhob sich. Er war konsterniert.
Zum Glück war keiner von den Devils Zeuge des Geschehens geworden, denn dass er, der Präsident der Devils, von einem ganz in feierliches Schwarz gewandeten Mann auf den Rücken gelegt worden war, ließ sich einfach nicht rechtfertigen.
Peter Behringer grinste. Er war gewarnt. Ein zweites Mal würde ihm das nicht passieren!
Er schoss die Linke ab. Er legte eine Menge Kraft hinein, aber seine Faust schoss ins Leere. Noch ehe er sie zurückziehen und erneut angreifen konnte, widerfuhr dem Arm etwas Ärgerliches. Er wurde abgefangen und mit einem Drehgriff bedacht. Peter Behringer schrie. Der Schrei fiel zusammen mit dem dumpfen Krachen, den sein auf den Steinplatten der Vorhalle auftreffender Körper erzeugte.
„Was geht hier vor?“, fragte eine kühle Frauenstimme.
Behringer hob den Kopf. Die junge Frau, die aus der Halle getreten war, trug einen eleganten Hosenanzug aus feinem, silbergrauen Chiffon. Von fast gleicher Tönung war das kurzgeschnittene Haar. Es bildete einen seltsamen Kontrast zu dem glatten, jugendlichen Gesicht mit den riesigen, dunklen Augen und den schwellenden, roten Lippen.
„Der junge Mann hat versucht, auf eine sehr rüde Weise hier einzudringen“, rechtfertigte der Diener mit näselnder Stimme sein Verhalten.
Peter Behringer erhob sich benommen. Er kam sich gedemütigt vor. „Frau Ringleben?“, murmelte er.
„Die bin ich. Was wünschen Sie von mir?“
„Ich ... ich muss Sie sprechen.“
„Wer sind Sie? Worum geht es?“
„Ich habe gute Gründe dafür, Ihnen meinen Namen nicht zu nennen“, sagte Peter Behringer zögernd. „Sie werden sie billigen, wenn Sie erfahren, was mich zu Ihnen führt.“
Sarah Ringleben zögerte. Sie musterte den Besucher prüfend und sehr kühl, fast so, als sei er ein Gegenstand, eine Ware minderer Qualität. „Also gut“, seufzte sie schließlich. „Begleiten Sie mich auf die Terrasse.“
Peter Behringer grinste dem Diener ins Gesicht. „Alle Achtung, alter Junge“, sagte er. „Von dir kann unsereiner noch eine ganze Menge lernen.“
Die Frau schritt voran. Sie bewegte sich im Schleier eines herb-süßen Parfüms. Behringer folgte ihr und blickte sich beeindruckt um. Halle und Wohnzimmer waren ungewöhnlich groß. In jedem Detail der eleganten Einrichtung zeigte sich, dass die Ringlebens Geschmack und Geld besaßen und zu repräsentieren wussten.
Die Terrasse lag im Schatten einer aufgespannten Markise. Sarah Ringleben setzte sich und lud den Besucher ein, ihr gegenüber Platz zu nehmen.
„Worum geht es?“, fragte sie.
„Um Ihr Leben“, erwiderte Peter Behringer und kam damit geradewegs zur Sache.
„Sie wollen mir eine Versicherung verkaufen? Danke, damit bin ich versorgt.“
„Man will Sie ermorden.“
Sarah Ringleben lächelte.
„Es ist schon seltsam“, meinte sie. „Die Leute lassen sich immer wieder etwas Neues einfallen. Glauben Sie, eine besondere Marktlücke entdeckt zu haben? Sie behaupten mir gegenüber, ich sei bedroht und werden sich mir, davon bin ich überzeugt, im gleichen Atemzug als Retter anbieten. Sehr originell ist das nicht.“
„Wie hätten Sie‘s denn gern?“, fragte Behringer wütend. Er hatte eine andere Reaktion der Frau erwartet.
„Aus dem Alter, wo Märchen mir gefallen konnten, bin ich längst heraus.“
„Ihr Mann kam gestern zu mir“, sagte Behringer und holte die Brieftasche aus seiner Jackentasche. Er öffnete sie. In ihrem Inneren lagen drei Tausender. „Er hat mir Fünf davon gegeben“, fuhr er fort. „Zwei habe ich bereits ausgegeben. Ich habe Schulden damit beglichen.“
„Worauf wollen Sie hinaus?“
„Ich möchte Ihnen die Wahrheit verkaufen.“
„Welche Wahrheit?“
„Ihr Mann legt Wert darauf, dass Sie aus seinem Leben verschwinden. Für immer. Er hat mich gebeten, Sie umzubringen. Ich hatte niemals vor, darauf einzugehen, aber Sie werden verstehen, dass ich gewillt war, das Geld einzustreichen. Ich kann‘s gebrauchen. Jetzt möchte ich von Ihnen eine Belohnung kassieren.“
Im Gesicht der Frau zuckte kein Muskel, nur die ohnehin schon sehr großen Augen schienen sich zu erweitern. „Max liebt mich“, sagte sie. „Ich weiß es.“
„Ich weiß es besser.“
„Ich glaube Ihnen nicht. Können Sie beweisen, was Sie behaupten?“
Peter Behringer lehnte sich zurück. Er bewunderte die Frau, er war zutiefst beeindruckt von ihrer Schönheit, und er fragte sich, was sie bewogen hatte, Max Ringleben zu heiraten ... einen Mann, dessen Haut an ein Marzipanschweinchen erinnerte und der sein Haar pomadisierte.
„Ihr Mann ist kein Dummkopf“, sagte er. „Natürlich gibt es für das Gespräch, das er mit mir führte, keine Zeugen. Er hat mich telefonisch gebeten, ihn auf einem Parkplatz außerhalb der Stadt zu treffen. Ich war pünktlich. Er war vor mir da. Er lehnte an einem Baum und rauchte.“ Plötzlich lachte die Frau.
„Was ist daran so lustig?“, knurrte Peter Behringer irritiert.
„Sie haben sich verraten. Ihre Geschichte kann gar nicht stimmen“, sagte Sarah Ringleben. „Max ist Nichtraucher.“
„Das ist nicht wahr“, murmelte Peter Behringer.
„Soll ich Franz rufen? Der Diener wird es Ihnen bestätigen“, sagte die Frau.
Peter Behringer stülpte die Unterlippe nach vorn. „Kann ich mal ein Foto von Ihrem Mann sehen?“, fragte er nach kurzer Pause.
Die Frau zögerte, dann erhob sie sich und ging ins Haus. Als sie zurückkehrte, hielt sie ein silbergerahmtes Foto in der Hand. „Das ist er“, sagte sie und überließ Peter Behringer das Bild.
„Ich will verdammt sein“, entfuhr es Behringer.
Die Frau setzte sich. „Das ist nicht der Mann, mit dem Sie gesprochen haben wollen – richtig?“
„Das ist Ihr Mann?“
„Ja, das ist Max. Max Ringleben.“ Das Foto zeigte das schmale, markante Gesicht eines schätzungsweise achtunddreißigjährigen Mannes. Er hatte dunkles, lose zurückgekämmtes Haar mit Koteletten. Der schmale Mund lächelte spröde. Die hellen Augen fixierten den Betrachter, trotz des Lächelns wirkten sie seltsam kalt und hart.
„Das ist nicht der Mann, mit dem ich gesprochen habe“, sagte Peter Behringer.
Sarah Ringleben verzog die Lippen. „Ich wollte Sie nur auf die Probe stellen“, sagte sie. „Das ist mein Bruder.“
Sie nahm Behringer das Bild ab, begab sich ins Wohnzimmer und tauchte eine Minute später mit einem anderen Foto auf. Es war gleichfalls in Silber gerahmt. Das Bild zeigte einen sehr ernst aussehenden Enddreißiger, der einen versonnenen, geradezu grüblerischen Eindruck machte. Auch er hatte dunkles Haar und helle Augen.
„Wer ist das?“, fragte Peter Behringer.
„Das ist Max.“
„Ich kenne ihn nicht“, sagte Peter Behringer stirnrunzelnd.
„Na, bitte!“, meinte die junge Frau und setzte sich. „Ich wusste ja ...“ Sie unterbrach sich. In ihren Augen formierte sich Angst. „Aber wenn jemand seine Namen missbrauchte und Ihnen Geld dafür gab, dass Sie mich umbringen, erhebt sich die Frage, was dahintersteckt.“
„Eben.“ Peter Behringer nickte, schon wieder obenauf. „Jemand wünscht Sie aus dem Verkehr zu ziehen, das steht nun mal fest. Dieser Job ist ihm zehn Riesen wert. Meinetwegen auch nur die fünf, die ich bekommen habe. Der Mann erwartet, dass ich handle ... nach der Tat würde ich den Rest der Summe schwerlich einklagen können.“
„Wann haben Sie mit dem Mann gesprochen?“
„Das letzte Mal vor drei Tagen.“
„Sie haben ihn mehrere Male getroffen?“
„Insgesamt zweimal. Einmal auf dem Parkplatz vor der Stadt, und ein zweites Mal in der Nähe vom Bahnhof Zoo. Auch da war niemand in Sichtweite“, schloss Peter Behringer.
„Wie sah der Mann aus?“
„Blond. Hochgewachsen. Prima in Schale. Sein Haar machte den Eindruck, als enthielte es irgendeine Schmiercreme. Der Scheitel war auffallend korrekt gezogen, wie mit dem Lineal, und die Gesichtshaut war richtig rosig, sie ähnelte der eines Kindes.“
„Alter?“
„Vierzig, würde ich sagen.“
„Ich wüsste auf Anhieb niemand zu nennen, auf den diese Beschreibung passt“, sagte die Frau langsam, aber Peter Behringer hatte das Gefühl, dass sie log und sehr wohl ahnte oder wusste, von wem er sprach.
„Sie werden verstehen, dass ich Ihnen meinen Namen nicht zu nennen wünsche“, sagte Peter Behringer. „Immerhin habe ich mich bereit erklärt, einen Mord zu begehen – auch wenn diese Absichtserklärung purer Bluff war und bloß dem Zweck diente, dem Kerl das Geld aus der Tasche zu holen. Ich habe fünftausend kassiert und möchte das Geld nicht nur behalten, sondern noch vermehren. Deshalb bin ich hier. Sie sind jetzt gewarnt. Meine Warnung kann und soll Ihnen helfen, weiteren Bedrohungen zu trotzen. Ich denke, das sollte honoriert werden.“