José Saramago (1922–2010) wurde im portugiesischen Azinhaga geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums arbeitete er als Maschinenschlosser, technischer Zeichner und Angestellter. Später war er Mitarbeiter eines Verlags und Journalist bei Lissabonner Tageszeitungen. Ab 1966 widmete er sich verstärkt der Schriftstellerei. Der Romancier, Erzähler, Lyriker, Dramatiker und Essayist erhielt 1998 den Nobelpreis für Literatur. Bei Hoffmann und Campe erschienen u.a. Die Reise des Elefanten, Kain, der Gedichtband Über die Liebe und das Meer und 2013 (erstmals) sein Roman Claraboia aus dem Jahr 1953.
Ein Mann klopfte an die Tür des Königs und sagte, Gib mir ein Schiff. Das Haus des Königs hatte viele Türen, aber diese war die Tür der Gesuche. Da der König die ganze Zeit vor der Tür der Gunstbezeigungen saß (wohlgemerkt, der Gunstbezeigungen, die ihm dargebracht wurden), tat er jedes Mal, wenn er ein Klopfen an der Tür der Gesuche hörte, so, als hörte er nichts, und nur wenn das ständige Pochen des bronzenen Türklopfers zu häufig ertönte und unangenehm laut wurde, der Nachbarschaft die Ruhe raubte (die Menschen begannen zu murmeln, Was für einen König haben wir denn, dass er niemanden vorlässt), dann befahl er dem Ersten Sekretär, hinzugehen und nachzufragen, was der Bittsteller wollte, der keine Ruhe gab. Sodann rief der Erste Sekretär den Zweiten Sekretär, dieser rief den Dritten Sekretär, der wiederum den Ersten Adjutanten rief und dieser seinerseits den Zweiten Adjutanten und so weiter, bis sie zur Putzfrau kamen, die, da sie niemandem etwas zu sagen hatte, die Tür der Gesuche einen Spaltbreit öffnete und fragte, Was willst du denn. Der Bittsteller sagte dann, warum er gekommen war, das heißt, er bat um das, worum er bitten wollte, richtete sich dann in einer Ecke der Tür ein und wartete darauf, dass sein Verlangen von einem zum anderen den entgegengesetzten Weg zurücklegte, bis es den König erreichte. Dieser, wie immer beschäftigt mit den Gunstbezeigungen, zögerte die Antwort hinaus, und es war immerhin ein kleines Zeichen der Aufmerksamkeit für das Glück und Wohlergehen seines Volkes, wenn er beschloss, den Ersten Sekretär mit einem gründlichen Gutachten zu betrauen, das dann selbstredend an den Zweiten Sekretär weitergeleitet wurde, welcher es an den Dritten weitergab, und so weiter, bis es wiederum zur Putzfrau gelangte, die das Ja oder Nein, je nach Lage der Dinge, aussprach.
KÖNIG