Matthias Politycki, 1955 geboren, lebt in Hamburg und München. Er publiziert seit 1987 Romane, Erzählungen, Essays sowie Gedichte und zählt mittlerweile zu den renommiertesten Vertretern der deutschen Gegenwartsliteratur. Nach seinem Schelmenroman »In 180 Tagen um die Welt« erschien 2009 die »Jenseitsnovelle«, die mit dem Preis der LiteraTour Nord ausgezeichnet und (in ihrer englischen Übersetzung) für den Independent Foreign Fiction Prize gelistet wurde.
Weitere Informationen unter www.matthias-politycki.de
He, ihr Ferkel da driN, hört alle her:
ihr krAulenden Krankenpfleger, Krähenzüchter und sonstigen Supermänner
, die ihr in schönster Regelmäßigkeit allwöchentlich
eure behaarten Rücken, Brust Warzen und Arschspalten
in meinen Teich hier ungestraft taucht!
Und auch ihr seid gemeint, ihr fröhlichen Wasserleichen in spe,
ihr Kegelkönige und Frühstücksdirektoren,
wie ihr da
, glatzkopfglänzend und sehnenhurtig,
eurer letzten Rentenauszahlung entgegenschwImmt!
Und ihr ToRtentanten mit ermäßigtem Eintritt,
ihr: mit den rosa und weiß erblühten BaDesahnehauben
, die ihr, schnatternd wie WarmwaSserenten,
jahreinjahraus nebeneinander paddelnd,
mein Becken blockiert,
auf daß an euch vorbei sich niemand drücken kann!
Vor allem ihr aber, habt acht, ihr Nivea-Nymphen und -Nixen
mit den hin und her schwappenden BikiniBrüsten,
den hoffnungsvollen Hüftschwüngen
und euren frech funkelnden Fingernägeln
, die ihr hierher nur kommt,
um auch dies Wässerchen zu trüben! He
: Hört her, denn es wird allerhöchste Zeit,
dAß eigenhändig ich euch samt und sonders!
freundLichst den Hahn abDreh.
Tage gibt’s, da biegen die Himmel
noch tiefer sich unter der Last der Kirschkerne, Sahnehauben
und all dem Saharasandglitzern im Auge der Kellner –
Tage gibt’s, da dehnen die Schatten der Frauen
noch farbiger sich vor lauter Lust an Limonen, Taubengegurr
und dem Geklapper der Registrierkassen –
Tage gibt’s, da kriegst du beim Hören, beim Schauen
eine regelrechte Glücksdepression und
, wenn die Himmel noch immer
verstellt zwar sind mit Apfeltaschen und Pfennigabsätzen,
an jeder Straßenecke jedoch, unter jedem Sonnenschirm
die Operetten ihrem Finale entgegen schon plappern,
da beschließt du
– ja: du! mit der digitalen Uhr,
den breiten Füßen, dem beginnenden Haarausfall! –
ein Ende jetzt endlich zu machen
mit diesem Gedicht,
an einen der wackligen, runden Metalltische statt dessen dich zu setzen
und einen Kirschkuchen zu bestellen,
ganz einfach und ganz ohne
die großen Worte,
als wärest du einer von denen,
die warten auf eine Verabredung warten dürfen warten,
die extra deinetwegen
– ja: deinetwegen! des Kerls mit der Uhr,
den Füßen, den Haaren,
du darfst mir ruhig glauben! –
die extra deinetwegen heut
von weither heut, ja: angereist heut kommt
mitsamt ihren schwarzen Haaren, den blauen Augen
und dem Glanz ihrer Zähne:
Einen Kirschkuchen, bitte.
Und einen kleinen Kaffee dazu.