Vorwort
Ein Etwas statt Vorrede
Amors Wege oder Liebe und Genuß
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Elise Schubitz, Abenteuer und Erfahrungen einer deutschen Buhlerin
Das vorliegende Buch, 1796 zum ersten Mal erschienen, ist eine der zahlreichen Schriften dieser Zeit, die sich mit der in ganz Europa bekannten Berliner Bordellbesitzerin Elise Schubitz (auch Schuwitz geschrieben) beschäftigt.
In den Jahren 1785-1798 galt diese „Madame" als die Königin unter den Berliner Prostituierten. Sie war zu einer europäischen Berühmtheit geworden und wurde in zahllosen Berichten erwähnt.
Mit dem Inhalt des vorliegenden Buches hat ihr Leben allerdings wenig zu tun. Unser Werk nämlich ist eine wortgetreue Übersetzung eines französischen Buches mit dem Titel MEMOIRES DE MADAME LA BARONNE DE XXX CI-DEVANT MADEMOISELLE ANGELIQUE, CELEBRE COURTISANNE DE ROME, das 1785 in Amsterdam erschien. Der unbekannte Übersetzer hat einfach die italienischen Ortsnamen - die Handlung des französischen Originals spielt in Italien - durch deutsche vertauscht. Statt Genua wird Leipzig, statt Rom Berlin und statt Florenz Dresden eingesetzt. Zum Schluß hin gestattet sich der Autor-Übersetzer noch mehr Freiheiten: Statt eines italienischen Domherren stellt er Madame Schubitz einen preußischen Offizier als Liebhaber zur Verfügung. Ihren Lebensabend verbringt sie in Schlesien statt in Frankreich.
In bibliophilen Kreisen gilt das Werk als Kuriosität. Seinen Wert für ein breiteres Lesepublikum gewinnt es vor allem durch den gewandten Schreibstil, der einen versierten Autor vermuten läßt, und die lebhafte, farbige Schilderung der Sitten einer vergangenen Epoche.
Diese Erzählung, die thematisch mit der ersten verwandt ist, stammt aus dem zweiten Teil des Sammelbandes AMORS WEGE ODER LIEBE UND GENUSS, der 1791 erschienen ist und sich großer Beliebtheit erfreute, denn 1794 und '95 erfolgte eine weitere Auflage und 1867 wurde noch einmal nachgedruckt. Das zweiteilige Werk enthält im ersten Teil neun sehr freie, aber dezent erzählte Liebesabenteuer. Im zweiten Teil überwiegen die deftigeren Erzählungen, aus denen die vorliegende stammt.
Diese Erzählung schildert ebenfalls den Werdegang eines jungen Mädchens, das schließlich als Dirne und Bordellbesitzerin endet. Mit der ersten Geschichte „Elise Schubitz" gibt es viele Gemeinsamkeiten, wenn man einmal von dem unterschiedlichen Milieu absieht. Beide machen die ersten sexuellen Erfahrungen im Elternhaus, werden schwanger, verlassen das Elternhaus, treiben ab, werden zu Dirnen und heiraten am Schluß einen Mann, der ihnen - in der zweiten Geschichte nur zum Schein - das Leben einer ehrbaren Frau zu fuhren ermöglicht. Die Erzählung „Elise Schubitz" spielt im städtischen Milieu, während die zweite Geschichte das ländlich-dörfliche Milieu als Handlungshintergrund hat.
Verfehlt wäre es ohne Zweifel, von einer literarischen Abhängigkeit zu sprechen, denn die Gemeinsamkeiten sind typische Ereignisse im Lebenslauf einer Dirne, wie sie uns in vielen zeitgenössischen Werken dieser Art geschildert werden.
Die Schreibweise folgt bis auf geringfügige Veränderungen den Originalen.
Ein Etwas statt Vorrede
Der Abend meiner Tage naht heran, und bald hoffe ich am Scheideweg zu sein, wo ich alles Geschehene aus einem ganz anderen Gesichtspunkte betrachten werde.
Viel war des Bösen, das mich traf, mehr noch des Guten. Wie mehrst du durch deine Erfahrung die Summe des letzteren und minderst das erstere bei der kommenden Nachwelt? Dies war oft der Vorwurf meines Denkens in Stunden der Abgeschiedenheit von der großen Welt.
Einstmals, da ich auch so einsam in den Gedanken verloren saß, stieg plötzlich die Idee in mir auf: Willst dein Leben schreiben.
Rasch sprang ich auf lief an meinen Pult, um mit der hastigsten Eile mein Vorhaben auszuführen. Es schien mir so äußerst wichtig und ward mir's immer mehr, je mehr ich darüber dachte. „Lernst dich selbst kennen, wirst richtiger bei kälterem Blute Vorfälle der Vergangenheit abwägen; und Tausende, von dir belehrt, werden Gefahren entgehen, die ihr Unglück für Ewigkeiten begründet hätten."
Ach ist so süß, das Bewußtsein, noch da das Glück der Menschen erhöht zu haben, wo die meisten glauben, daß sie schon den höchsten Gipfel erstiegen.
Nehmen Sie also, lieber Leser, das Folgende für Winke, wie Sie die köstlichen Augenblicke Ihres Lebens in Gesellschaft Ihrer reizenden Gebieterinnen am besten nutzen können.
Bei solchen Absichten darf ich wohl auf Ihre Nachsicht rechnen?
Ein schwaches Weib bot all ihre Kräfte auf, und wenn sie nicht jede Ihrer Erwartungen erfüllte, lag es mindestens nicht an ihrem guten Willen. Doch ich rechne schon deshalb auf Ihr gelindes Urteil, da Sie meinem Geschlechte immer Ansprüche auf Ihre Nachsicht einräumten.
Mein Vater war aus Leipzig gebürtig. In Berlin etablierte er eine Samtfabrik, und hier ward ich auch geboren. Seine Schwester wohnte nebst ihrem Sohne Anton bei uns. Neunzehn Jahre war dieser, da ich kaum achtzehn und meine Schwester zwanzig Jahre zurückgelegt hatten.
Mich nannte man Elise. Diese einzelnen Umstände, hoffe ich, werden das folgende erläutern.
Wenig oder gar nichts will ich aus meiner Kindheit erzählen, weil es mit zu wenigem Interesse für meine Leser verknüpft wäre, statt dessen aber Szenen aus dem Alter malen, wo sich die Leidenschaften zu entwickeln anfangen und wir unser Dasein zu fühlen beginnen.
An einem Sonntag, da eben meine Eltern in der Kirche waren, durchstrich ich einst unser Haus. Ein Geräusch in unserer Werkstatt reizte meine Neugier. Die Begierde, zu wissen, was es gäbe, lockte mich schleunig herbei. Die Tür fand ich verschlossen.
Stärker, heftiger wurde hierdurch mein Streben nach Aufklärung. Endlich gelang es mir, eine kleine Spalte zu entdecken. Nun sah ich Anton mit herabhängenden Beinkleidern auf einem Stuhle sitzen. Seine langen, ausgestreckten Beine hatte er weit auseinander gebreitet. In seiner Hand hielt er den Freudengeber, welchen ich damals nur unter dem Namen Pipi, wie alle Kinder, kannte. Die kleinen Mädchen, wenn sie mit den kleinen Knaben Schule halten und andere Spiele spielen, begleiten diese gewöhnlich mit freien Betastungen und benennen dann gewöhnlich so diesen Teil, der der Stifter so vieler Vergnügen und so vieler Übel ist.
Die Bewegung, die er mit ihm machte, indem er ihn bald in die Höhe schleuderte, bald wieder niederbog, fesselte meine Aufmerksamkeit aufs lebhafteste. Obwohl ich die Ursache hiervon nicht begriff. Ein gewisses unbekanntes Gefühl hatte sich all meiner Sinne bemächtigt.
Oft hob Anton seine schmachtenden Augen in die Höhe. Sein Gesicht überstrahlte dabei eine himmlische Wonne und zeigte, wie glücklich er sich fühlen mußte. Mit voller Hand umfaßte er zugleich das Zepter der Liebe, ergriff mit zwei Fingern die bewegliche Hülle, die es deckte, streifte diese bald bis über Priaps äußerste Spitze, bald schlängelte er sie wieder zusammen, und so ließ er in diesem Augenblick eine rosenrote Kuppel erscheinen und in der folgenden wieder verschwinden. Neue Stärke, neue Kräfte schien er durch diese Operation zu gewinnen, bis endlich, in der höchsten Spannung, ihm der köstlich schäumende Saft entsprang.
Dieses Hervorsprudeln versetzte ihn in ein süßes Hinschmachten, das wiederum in ein Entzücken überging, während die Kraft, sich zu bewegen, gelähmt zu sein schien.
Dies Schauspiel verdoppelte mein Staunen. Tausend neue, dunkle, nie empfundene Gefühle entflammten mein Inneres. Mein angenehm schmachtendes Hinbrüten hatte all meine Sinne gefesselt und all meine Glieder in einer gewissen Anspannung hinsinken lassen. Mein Gesicht glühte, und heftiger pochte das Herz in meinem Busen. Ich fühlte, daß mir etwas fehlte, aber ich wußte nicht was.
Nach einigen Minuten kam ich wieder zu mir. Mit Windeseile eilte ich in das Zimmer meiner Schwester, um auch sie teil an dem nehmen zu lassen, was ich gesehen hatte. Sie lächelte. Sagte, daß das, was Anton in Händen gehabt habe, das Bevölkerungswerkzeug gewesen wäre und der Grund unseres Daseins in dem Augenblicke würde, wenn beide Geschlechter, durch die Liebe geleitet, in gewissen Sekunden aufs Innigste vereinigt in ein süßes Bewußtlossein hinschmelzen.
Noch konnte ich nicht begreifen, was so etwas bewirken könne.
Meine Schwester, um mir hierüber Auskunft zu verschaffen, ergriff eine meiner Hände und schaffte nach wiederholten Angriffen meinem Zeigefinger Eingang in das Innere der der Venus geheiligten und mit dem zartesten Moose umpflanzten Grotte.
Hierdurch gelang es ihr, in mir die erste Idee von diesem interessanten Mechanismus zu erregen. Das jähe Kitzeln, den diese Demonstration bewirkte, verbunden mit dem natürlichen Instinkt, der ihm zu Hilfe kam, hätte mir in diesem Augenblick völligen Aufschluß über diese so interessanten Geheimnisse gegeben, wenn nicht die Neugierde meiner Schwester ins Spiel gekommen wäre, die teil an dem Schauspiel nehmen wollte, dessen Zeugin ich gewesen war.
Gemeinschaftlich eilten wir zur Tür unserer Werkstatt. Aber offen und von Anton verlassen fanden wir sie vor. Ich warf mich in den Sessel, den er vorhin eingenommen hatte, und ahmte vor den Augen meiner Schwester seine Bewegungen nach. Diese, erhitzt durch all diese Ideen, schloß mich brünstig in ihre Arme, hob unsere Unterröckchen auf, setzte sich auf meine Knie, bediente sich zugleich eines ihrer Finger, um das zu ersetzen, was Mutter Natur uns versagt hatte. Dies bewirkte das wonnigste Berauschen all unserer Sinne, das ich während meines ganzen Lebens geschmeckt hatte.
Die Rückkunft unserer Eltern zwang uns leider nur zu bald, diese treulichen Übungen zu beenden. Da ich mit meiner Schwester zusammen schließ versprach diese, sie während der Nacht fortzusetzen. Es kostete mich die größte Anstrengung, meine Zerstreuung den ganzen Tag hindurch zu verbergen. Meine erhitzte Einbildungskraft hielt mir unabläßlich die neuen Ideen, die in mir rege gemacht worden waren, vor.
Nach der Mittagsmahlzeit wurde ein wenig spazierengegangen. Jeder junge Mann, den ich sah, erinnerte mich an die schlüpfrige Stellung, in der ich Anton gesehen hatte. Wenn einer von ihnen mich einiger Aufmerksamkeit würdigte, überzog eine brennende Röte meine Wangen. Meine Manieren, mein Betragen, meine Stellungen waren gesuchter. Oh, welch ein trefflicher Lehrer ist das Vergnügen!
Endlich schlug die so sehnlich herbeigewünschte Stunde des Schlafengehens. Nie schien mir ein Tag so lange zu dauern wie der heutige.
Meine Schwester und ich waren nicht so bald im Bette, als auch schon unsere Gröttchen innig vereinigt aufeinanderlagen und sich gegenseitig, sowohl in der Hitze des Streites als auch in Rücksicht der Vergnügung, die sie sich mitzuteilen brannten, Trotz boten.
So, die eine über die andere hingegossen, mit der Länge nach an unseren Seiten ausgestreckten Armen, lagen wir da, während unsere Zeigefinger beschäftigt waren, einander wechselseitige Dienste zu leisten. So ersetzten wir den Schatz, dessen Entbehrung einzig imstande war, uns unsere köstlichen Vergnügungen unschmackhaft zu machen.
Zum wiederholten Male erreichten wir den höchsten Gipfel des Glücks. Die süßesten, zauberhaftesten Empfindungen hatten sich unserer Seele bemächtigt, und wie ein entzückender Traum war die köstlichste der Nächte dahingeschwunden.
Am nachfolgenden Tag versuchte ich vermittels meiner Finger den Genuß zu erneuern, von dem ich nie eine völlige Sättigung erhoffte. Immer aber schwebte das Andenken an Antons liebenswürdigen Spieß so lebhaft vor meiner Seele, als daß ich es mir bei einer so unzulänglichen Entschädigung hätte genügen lassen sollen. Wie viel fehlte doch noch zur Erreichung meiner höchsten Wünsche!
Einige Zeit nach diesem Vorfall wurde meine Schwester verheiratet. Dieses Recht der Erstgeburt, das ihr jetzt den Vorrang gab, stürzte mich beinahe in Verzweiflung. Da ich hierdurch ihrer wohltätigen Hilfe beraubt war, bediente ich mich eines Lichtes, um mit dessen Hilfe bis ans Zentrum des Vergnügens vorzudringen, welches bis jetzt nur bloß gereizt, nie aber ganz befriedigt worden war.
In der Folge nutzte ich alle Sachen hierzu, die dem Gegenstand, dessen Idee sich einmal bei mir fixiert hatte, wenigstens der äußeren Form nach ähnlich schienen.
Als ich einst vor der Tür unserer Werkstatt vorbeiging, was seit dem bewußten Vorfall häufig geschah, um zu sehen, ob ich nicht etwas neues entdecken könnte, ward ich Anton mit einem schönen jungen Mann gewahr.
Beide überhäuften sich gegenseitig mit den zärtlichsten Liebkosungen. Noch mehr reizte dies meine Neugier. Unmöglich, so dachte ich bei mir selbst, können zwei Männer, wegen ihrer Gleichförmigkeit, bei einander die Stelle unseres Geschlechtes vertreten.
Ich war halb und halb entschlossen, mir durch Zusehen Klarheit zu verschaffen, doch mit einem Male hörte ich meine Mutter unten an der Treppe sprechen, und nun war ich gezwungen, auf mein Zimmer zu eilen.
Dieser verdrießliche Zufall verstimmte mich für den ganzen übrigen Tag, und um ihn nur auf meiner Stube verleben zu dürfen, schützte ich Migräne vor.
Endlich legte ich mich, von der heftigsten Unruhe gequält, zeitig zu Bett. Einige ausgestoßene Seufzer, begleitet von einigen mir entschlüpften Bewegungen, bewogen meine Tante Gertrud, bei der ich seit der Verheiratung meiner Schwester schlief, zu einigen Fragen, die mir bewiesen, daß sie kaum geschlafen hatte, wie ich geglaubt hatte.
Ich wußte nicht, was ich antworten sollte, aber meine Tante drückte mich so heftig und mit so viel Herzensgüte an sich, indem sie mich zugleich an ihre mir so oft bewiesene Liebe und Zärtlichkeit erinnerte, daß ich Mut genug faßte, ihr ein Geständnis der Ursachen meines geheimen Mißmutes abzulegen.
Ihre verdoppelten Liebkosungen und ihre mit der Quelle meiner Tränen emsig beschäftigte Hand überzeugten mich bald, daß sie nur darum so sehr gefällig gegen mich sei, um sich dadurch die triftigsten Ansprüche auf gegenseitige Dienste zu verschaffen. Ich entwarf darauf eine Schilderung der Werkstattszenen.
„Ha, die gottlosen Buben!" schrie sie mit kreischender Stimme. „Aber so handeln sie alle! Mit Verachtung unseres Geschlechtes vergnügen sie sich untereinander! Nachahmen wollen wir es, sie zu strafen und sie dann ihrem verabscheuungswürdigen Hange zu überlassen!"
Hiermit wollte sie zugleich die Ausübung ihrer Drohungen verbinden. Sie drückte einen brennenden Kuß auf meine Lippen und führte auch meine Hand zum Mittelpunkt des Vergnügens. Den folgenden Moment warf sie sich über mich hin, während sie sogleich eins ihrer Beine zwischen die meinigen steckte.
So ließ sie mich all die Wonnen empfinden, die ich ehedem mit meiner Schwester geschmeckt hatte. Meine Entzückungen waren aber um so größer, da sie, gewandter noch wie meine Schwester, mich sogar den Gegenstand, der meine ganze Fantasie fühlte, vergessen machte.
Diese so süßen Trostgründe meiner Tante hatten beinahe meine Sinne und meine Ideen gegen den reizendsten Gegenstand abgestumpft, als ich meinen Vater verlor. Dieser Vorfall nötigte mich, bei meiner Mutter zu schlafen. Anton heiratete zu eben der Zeit die Tochter einer unserer Nachbarinnen und meine Tante freite auch wieder.
Meine Mutter schlug ihren Witwensitz auf einem ihr gehörigen Landgut nahe bei Berlin auf. Auch Anton zog mit seiner Gattin dorthin.
Ungefahr einen Monat mochten wir hier so gehaust haben, als ein heftiges Fieber meine Mutter überfiel und ich hierdurch mein eigenes Zimmer erhielt. Es war gerade über dem der jungen Eheleute. Da ich zeitig schlafen gegangen war und mein Licht ausgelöscht hatte, bemerkte ich eine Helle, die durch eine Öffnung in einer Diele drang. Ich sprang mit geflügelter Eile aus meinem Bett, und wie ich nur erst weg hatte, daß man durch diese Öffnung das ganze Zimmer, mithin auch den der Liebe gewidmeten Kampfplatz übersehen konnte, so postierte ich mich an diesem.