BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe
der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Manuel Prieto/Norma
E-Book-Produktion:
César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-8387-5824-4
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Quincannons Ranch
1
Als er den Rio Grande durchritten hat, wendet er seinen hageren Pinto und blickt noch einmal zurück. Was er in den vergangenen zwei Jahren dort drüben in Mexiko als angeworbener Revolvermann erlebte, wird ihn noch lange belasten und seine Träume manchmal zu Albträumen werden lassen, die ihm die Hölle bereiten.
Doch nun liegt alles hinter ihm. Das schreckliche Abenteuer Mexiko ist beendet. Vor ihm liegt ein neuer Anfang. Er zieht die Nase seines Pintos wieder nach Norden und erkennt in der Ferne jene Landmarken, die auch auf der alten Karte angegeben sind als die Grenzpunkte des Landes, das nun ihm gehört.
Aber dieser Besitz – und das weiß er genau – besteht nur auf dem Pergament der alten Urkunde. Er wird ihn sich erst noch erobern müssen.
Er reitet nun wieder an, und überall in der Runde sieht er Rinderrudel auf der saftigen Weide. Es ist ein wunderschönes Land, das vom Pecos River und dem Rio Grande eingeschlossen wird und in dessen Mitte sich die Guadalupe und die Davis Mountains mit all den grünen Hügeln und Vorbergen erheben.
Es ist ein gewaltig großes Land hier im südwestlichen Texas bis nach El Paso und bis hin zum El Capitan Peak.
Und ein mächtiges Stück davon gehört nun ihm.
Auf dem Papier zwar zuerst, aber gewiss bald ganz real, wenn er hart genug kämpfen kann und dabei am Leben bleibt.
Aber kämpfen kann er.
Er reitet an diesem späten Nachmittag noch einige Meilen und schlägt dann sein Camp auf.
Es wird eine helle Nacht, wie fast immer im Rio-Grande- und Pecos-Land.
Als er seine Pfannkuchen mit Speck gebraten hat und auch der Kaffee fertig ist, da hört er hinter sich einen Reiter kommen, der sich ganz leise im Schritt ohne Anruf dem Feuer nähert.
Es ist dies in diesem Lande zu beiden Seiten der Grenze eine gefährliche Unhöflichkeit.
Der Reiter verlässt sich offenbar darauf, dass das Knistern der Flammen die leisen Geräusche des Pferdes übertönt.
Denn der Boden ist weich, mit Gras gepolstert. Der Reiter kommt so leise wie ein Indianer auf einem unbeschlagenen Mustang.
Als John Quincannon – denn dies ist der Name des Reiters, der über den Rio Grande kam – seinen Kopf wendet, da sieht er den Reiter hinter sich auf dem Pferd. Der Mann hielt inzwischen an und hält im Sattel sitzend ein schussbereites Gewehr im Hüftanschlag.
Es ist ein bulliger, breitgesichtiger Bursche mit einem Texanerbart, dessen Spitzen ihm über die Mundwinkel niederhängen. Und seine Stimme klingt rau, als er nun fragt: »He, wer bist du? Wo kommst du her? Was willst du hier auf dieser Weide?«
Es sind drei unduldsame und geradezu herrisch klingende Fragen.
John Quincannon erhebt sich langsam und wendet sich dem Reiter zu, starrt zu ihm empor. Er hat das Feuer im Rücken, sodass sein Gesicht unter der Hutkrempe nicht angeleuchtet wird. Doch das Gesicht des Reiters ist im Feuerschein gut zu erkennen.
»Oh«, sagt er, »ich kam über den Rio Grande und will nach Norden. Ist das verboten? Ist dies verbotenes Land für durchreitende Fremde?«
Der Reiter starrt ihn noch eine Weile wachsam und prüfend an, blickt dann auf das wenige Gepäck und auf das gescheckte Pferd Quincannons.
Die helle Nacht und das Feuer mit seinem Schein lassen ihn alles gut erkennen.
Nach einer Weile sagt der Mann langsam: »Soo, von drüben kommst du, Hombre. Bist wohl einer jener Burschen, die mit ihren Revolvern während der Revolution für irgendwelche Herren kämpften. He, Revolverschwinger, hat es sich gelohnt?«
In seiner Stimme schwingt ein wenig Hohn mit, so als wüsste er genau, dass die meisten Abenteurer, die von drüben kommen, mit ihren Revolvern keine großen Reichtümer erringen konnten.
»Es hat sich nicht gelohnt«, erwidert John Quincannon. »Aber du musst nicht befürchten, Mann, dass ich dich um ein paar Dollars anbetteln werde. Sonst noch etwas?«
Der Reiter senkt nun das Gewehr und schiebt es schließlich in den Sattelschuh. Dann sitzt er ab und tritt an das Feuer. Er deutet auf die Kaffeekanne, die in der warmen Asche steht und fragt: »Kann ich einen Schluck haben?«
»Sicher«, nickt Quincannon und füllt seinen Becher nach, reicht diesen dem Manne und sieht zu, wie dieser mit vorsichtigen Lippen den Kaffee schlürft.
Dabei starrt der Mann Quincannon fest an.
»Wie gut bist du mit dem Colt?« Dies fragt der Mann plötzlich.
»Ach, es geht so«, erwidert Quincannon. »Warum die Frage?«
»Ich bin Lonegan, Jack Lonegan«, erwidert der Mann. »Ich sammle hier in diesem Land mit einer Mannschaft Mavericks. Wenn wir genug zusammengetrieben haben, trailen wir nach Kansas. Dort gibt es jetzt Verladebahnhöfe für Rinderherden. Im Osten entstanden Fleischfabriken. Man schickt jetzt die Rinderhälften in Kühlschiffen nach Europa. Und man verarbeitet sie auch zu Konserven. Diese Fabriken im Osten können gar nicht genug Rinder bekommen. Zurzeit soll man für jedes Rind, das lebend verladen werden kann, zwölf bis dreizehn Dollar zahlen.«
»Gut«, nickt John Quincannon, »dies ist ein lohnendes Geschäft. Aber was hat das mit der Frage zu tun, wie gut ich mit meinem Colt bin?«
»Viel«, grinst Jack Lonegan. »Denn wir haben auf dieser Weide einige Konkurrenten. Es sind auch noch andere Mannschaften auf Maverickjagd. Deshalb wird es einen großen Kampf geben um die herrenlosen Rinder in diesem Lande. Die stärkere Mannschaft wird sie alle bekommen. Ich kann jeden Revolverreiter zur Verstärkung gebrauchen, denn ich will alle anderen Maverickjäger aus diesem Lande jagen und ihnen die bisher gesammelten Rinder abnehmen. Ich will mit zehntausend Rindern nach Kansas. Wie ist dein Name, Mann? Ich nannte meinen schon. Also?«
»Quincannon, John Quincannon«, erwidert dieser und fragt schließlich nach kurzem Überlegen knapp: »Und was wäre mein Revolverlohn?«
Jack Lonegan grinst unter seinem Sichelbart breit. »Der Erlös wird in Kansas durch die Anzahl der Reiter geteilt. Ich bekomme zwei Anteile und meine ganzen Auslagen. Denn ich rüste diese Mannschaft aus für den langen Trail und bin der Boss. Willst du dabei sein, Quincannon?« Es ist eine barsche Frage, die eine sofortige Entscheidung erfordert.
John Quincannon nimmt ihm den Kaffeebecher aus der Hand und füllt aus der Kanne noch einmal nach. Dann kauert er sich mit dem Becher in der Hand beim Feuer nieder und überdenkt noch einmal alles.
Ja, er macht sich seine Situation noch einmal ganz realistisch klar:
Drüben in Mexiko erwies er einem reichen Großgrundbesitzer einen unschätzbaren Dienst und erhielt dafür die Besitzurkunde für dieses Land, das die Vorfahren des reichen Hidalgos schon besaßen, als dieses Land noch zu Mexiko gehörte.
Und als Texas dann eine selbstständige Republik wurde, wurden die Besitzverhältnisse anerkannt. Der reiche Großgrundbesitzer in Mexiko hatte dann auch all die Jahre bis zu diesem Tage die Grundsteuer entrichtet, sodass rechtlich alles einwandfrei geschützt ist.
In diesem Lande haben sich die Rinder in den vergangenen Jahren wie die Kaninchen vermehrt. Denn es gab keine Absatzmärkte für den Rindersegen. Selbst während des Krieges vermochte man die Rinder nicht zu verwerten, weil die Treibwege zu den Armeen zu lang waren.
Doch dann wurde alles anders durch die Erfindung der Kühlsysteme für den Transport nach Übersee, durch die Konserven- und Fleischfabriken und die Kansasbahn.
In dieser Minute überlegt John Quincannon, ob er allein gegen die Rinderjäger kämpfen kann. Es muss irgendwo in diesem Land auch die alten und schon fast verfallenen Gebäude der einstigen Hazienda geben. Aber wie sollte er sie allein und ohne besonderes Kapital wieder aufbauen?
Es fehlt ihm an Geld. Jener reiche Großgrundbesitzer in Mexiko war reich an Land, Pferden und Rindern – aber nicht an Bargeld. Deshalb bezahlte er Quincannon auch mit Landbesitz, nicht mit Geld.
Aus all diesen Überlegungen heraus beschließt Quincannon nun, dass er sein eigenes Spiel spielen wird.
Und so blickt er zu jenem Jack Lonegan empor, dabei auf seinen Absätzen am Feuer hockend: »Also gut, ich bin mit dabei. Und ich gebe zu, dass mir solch ein Job recht gelegen kommt. Also gut, Lonegan.«
Er erhebt sich und reicht diesem den Kaffeebecher. »Noch Kaffee?«
Lonegan nimmt den Becher und trinkt.
Dann aber sagt er: »Wenn du nicht viel taugst, dann jage ich dich zum Teufel. Denn meine Mannschaft besteht aus besonderen Kerlen. Das solltest du wissen.«
»Wenn sie keinen Streit mit mir suchen«, grinst Quincannon, »dann wünsche ich ihnen ein glückliches Leben. Wo finde ich die Herde und das Camp? Heute reite ich keinen Schritt mehr weiter.«
Lonegan leert wortlos den Becher, wirft ihn neben dem Feuer ins Gras und tritt zu seinem Pferd. Er sitzt auf und sagt dann erst vom Sattel aus nieder.
»Weiter nördlich stehen die Ruinen einer alten Hazienda an einem See. Dort haben wir unser Hauptquartier. Beim See sammeln wir die Herde. Ich erwarte dich morgen, Quincannon.«
Nach diesen Worten reitet er weiter. Offenbar macht er einen Inspektions- oder Erkundungsritt und benutzt dazu die Vorteile der Nacht. Denn wenn diese Nacht auch mond- und sternenhell ist, so sieht er doch in ihr die roten Feueraugen der Camps leuchten. Und solche Camps muss es geben, wenn noch andere Maverickjäger-Mannschaften in diesem Land Herden sammeln.
Quincannon lauscht auf den sich entfernenden Hufschlag. Nun, da das Pferd trabt, ist dieser deutlich zu hören.
Er denkt, indes er sich eine Zigarette dreht und diese mit einem glühenden Astende anzündet: Das ist es also. Ich habe eine Mannschaft, die meine Rinder zur Kansasbahn bringt. Doch sie wird es erst in Kansas erfahren. Nun, ich werde sie redlich entlohnen. Sie werden guten Cowboylohn, Treiberlohn und eine Prämie erhalten. Aber sie können nicht meine Partner sein. Denn die Herden auf meinem Land gehören mir, nicht ihnen. Dieses Land hier gehört zu Quincannons Ranch. Aber das brauchen sie ja noch nicht zu wissen.
Nachdem er dies gedacht hat, legt er seinen Kopf zurück und beginnt schallend zu lachen. Die Coyoten in der Ferne heulen auf den Hügeln, so als wollten sie sein Lachen wie ein Echo erwidern.
O ja, er ist ein harter Mann, dieser Quincannon, der schon als kleiner Junge lernen musste, dass die Welt hart ist zu allen Lebewesen, weil der Wolf stets das Schaf frisst und es deshalb besser ist, ein Wolf zu sein.
Denn die Guten, Reinen und Duldsamen können nur dort existieren, wo das Gesetz der menschlichen Gemeinschaft sie schützt.
Hier in diesem Lande aber gibt es nur das Gesetz der Stärke.
Und Quincannon lebt danach.
***
Es ist am Vormittag des nächsten Tages, als er die Ruinen der alten Hazienda vor sich sieht. Nicht weit davon liegt der wunderschöne See, der so groß ist, dass man ihn zu Fuß in etwa einer halben Stunde umwandern könnte. Es ist ein See mit grünen Ufern, Büschen, Bäumen und einem Zu- und Abfluss. Dieser Creek, der den See stetig mit Wasser aus den Davis Mountains füllt und ihn am anderen Ende wieder verlässt, schlängelt sich durch grünes Weideland.
Überall rings um den See und an den Ufern des Creeks weiden Rinder.
Es sind die Rinder, die die Maverickjäger-Mannschaft sammelt. Denn sie werden von einigen Reitern da und dort am Abwandern gehindert und dürfen das Gebiet rings um die Ruinen nicht verlassen.
John Quincannon hält auf einem Hügelrücken und sieht sich das alles an.
Und er denkt: Dies ist also meine Ranch, die man bald Quincannons Ranch nennen wird. Don Francisco hat mir ein königliches Honorar gezahlt für meinen Dienst. Aber er wusste wohl, dass ich mir dies alles erst noch erkämpfen muss.
Er reitet weiter, und als er die ziemlich verfallenen Gemäuer und Gebäude erreicht, die sich um das einstige Herrenhaus der Hazienda gruppieren, da sieht er einen Wagen und einige Reiter, die sich offenbar am Aufbruch zu irgendeinem Ziel befinden. Er erkennt bei den Reitern Jack Lonegan, den Mann, der gestern zu ihm ans Feuer kam und ihn anwarb.
Dieser Jack Lonegan zieht sein Pferd herum und reitet ihm einige Yards entgegen. »Na gut, Quincannon«, ruft er ihm zu, »dann kannst du jetzt gleich mit uns nach Pecos Bend reiten. Wir holen Ausrüstung und Vorräte für den langen Treck und müssen noch einen zweiten Wagen kaufen. Es könnte Zusammenstöße geben mit anderen Maverickjäger-Mannschaften. Und da kann ich gleich herausfinden, was dein Colt wert ist. Komm mit, Quincannon.«
Er zieht sein Pferd herum und reitet zurück, setzt sich an die Spitze der Reiter, denen der Wagen folgt.
Als auch Quincannon den Wagen überholt, und zu den beiden Männern auf dem Bock hochblickt, da sieht er in harte Gesichter und kühle, abschätzende Augen. Die beiden Männer sind unterschiedlichen Alters, und weil es eine gewisse Ähnlichkeit zwischen ihnen gibt, hält er sie für Vater und Sohn.
Sie nicken ihm zu. Wahrscheinlich ist der ältere Mann der Koch und sein Sohn der Gehilfe.
Der junge Bursche ruft durch den Hufschlag und das Räderrollen: »Hey, wenn du ein Feinschmecker bist, dann kann ich dich beruhigen! Mein Alter hat sogar für Colonel Quantrill gekocht. Und der war verwöhnt. Wie ist dein Name? Wir sind die McKays.«
»Und ich bin Quincannon«, erwidert er und überholt den Wagen, schließt sich als Letzter den Reitern an. Aber er bleibt nicht lange allein hinter dem reitenden Rudel.
Rechts und links vor ihm lassen sich zwei Reiter zurückfallen, bis sie ihn zwischen sich haben und sie Steigbügel neben Steigbügel reiten.
Sie betrachten ihn hart, forschend, ja sogar misstrauisch. Und weil er ihre Blicke erwidert und sich mit Männern auskennt – besonders mit ihrer Sorte –, da weiß er sofort, dass er nun zu einer besonders hartbeinigen Mannschaft gehört.
Und da der junge McKay den Namen Quantrill erwähnte, wird ihm klar, dass diese Reiter hier wahrscheinlich Ex-Guerillas sind.
Er nickt ihnen zu. Sie nicken schweigsam zurück, sagen kein Wort, aber er weiß, dass er gewiss erst noch eine Prüfung wird bestehen müssen, bevor ihn diese Mannschaft richtig aufnimmt und ihn als zugehörig betrachtet.
Sie reiten und fahren nach Südosten in Richtung Pecos. Auch die anderen vier Reiter lassen sich zeitweilig zurückfallen, bis sie neben ihm reiten und ihn betrachten und abschätzen können.
Nur Jack Lonegan bleibt vorne an der Spitze und führt sie durch das Land.
John Quincannon wird sich darüber klar, dass er noch nie mit einer härteren Mannschaft ritt, obwohl er dies drüben in Mexiko schon glaubte.
Sie legen Meile um Meile zurück, und nach etwa sieben Meilen, als sie den oberen Rand einer weiteren Senke erreichen, da sehen sie unten zwei Reiter, die ein Rinderrudel von etwa vier Dutzend Tieren nach Norden treiben.
Von den beiden Reitern werden sie natürlich ebenso gesehen. Die Entfernung beträgt etwa eine Viertelmeile. Die Reiter halten an, geben es auf, die kleine Herde weiterzutreiben.
Man sieht es ihnen an, sie sind bereit, sofort die Flucht zu ergreifen.
Jack Lonegan lacht grimmig. Dann blickt er über die Schulter und sagt laut genug: »Hoi, Quincannon, nun wollen wir mal sehen, was du taugst! Die da unten gehören zu Laffitters Mannschaft. Und sie stehlen uns gewissermaßen unsere Rinder. Reite hinunter und mache ihnen das klar. Ich will nicht, dass sie diese kleine Herde da zu Laffitters Sammelherde bringen. Also zeig uns mal, was für ein Bursche du bist, Quincannon.«
Quincannon nickt, denn er ist auf Bewährungsproben dieser Art vorbereitet. Er setzt sein Pferd sofort in Bewegung und reitet den langen Hang hinunter.
Was er zu tun beabsichtigt, ist ja auch ganz in seinem Sinne. Denn dies hier ist seine Weide. Die Rinder hier gehören ihm, denn sie stammen ja alle von der ersten Stammherde ab. Deshalb kann er sie auch ohne Brandzeichen als sein Eigentum betrachten.
Und er hat natürlich etwas dagegen, dass Maverickjäger ihm die Rinder wegtreiben.
2
Es sind zwei furchtlose Burschen. Und weil er allein auf sie zugeritten kommt, verharren sie wartend, wollen hören, was er von ihnen will.
Er hält etwa acht Schritte vor ihnen an und nickt ihnen zu: »Eure Rinderjagd ist beendet«, sagt er. »Reitet zu eurer Mannschaft und sagt Laffitter, dass er mit euch aus diesem Land verschwinden soll. Haut ab!«
Er ruft die beiden Worte hart und befehlend und weiß, dass sie für die beiden Reiter eine Herausforderung sind.
Und so ist es auch. Sie beginnen sofort zu grinsen. Es ist ein Zähnezeigen, wie man es bei Männern sehen kann, die sich herausgefordert fühlen und nicht nachgeben wollen.
Einer beugt sich im Sattel nach vorn und sagt heiser: »Pass auf, du Großmaul, ich will es dir erklären. Wir haben keine Angst vor Lonegan und dessen Strolchen, zu denen du gehörst. Verstanden? Keine Angst! Wenn wir dich jetzt vom Pferd schießen und die Flucht vor der Übermacht ergreifen müssen, dann haben wir eine Viertelmeile Vorsprung. Wenn ihr uns verfolgen solltet – du nicht, denn du wärst ja schon tot –, dann würde dieser Vorsprung reichen. Laffitter und die Jungens würden euch in ihr heißes Blei reiten lassen. Hau du lieber ab, Großmaul! Und sag Lonegan dort oben auf dem Hügelkamm, er soll einen weiten Bogen um uns machen. Dies hier ist unser Jagdgebiet. Alle Rinder hier werden von uns beansprucht. Oder wir kämpfen um diese Herden. Verstanden?«
John Quincannon nickt.
»Gut«, spricht er dann, »kämpfen wir darum. Fangt an!«
Sie staunen einen Moment, wollen seinen Worten nicht glauben. Dann aber begreifen sie, dass er zu ihnen geritten kam, weil er sich zutraut, es mit ihnen aufzunehmen.
Einer von ihnen stößt ein scharfes Fauchen aus.
Und das ist das Zeichen für seinen Partner.
Sie schnappen beide nach den Revolvern, und sie sind schnell, ganz verdammt schnell. Dennoch sind sie nicht schnell genug.
Denn John Quincannon ist ein Zauberer mit dem Colt.
Seine Waffe kracht zweimal. Zwischen den Schüssen ist kaum eine Pause. Sie klingen wie ein längerer Knall. Und die beiden Reiter schwanken in den Sätteln und kommen gar nicht mehr zum Schuss, ja, sie müssen ihre Revolver fallen lassen, kaum dass sie diese aus den Holstern bekamen und noch bevor sie die Läufe hochschwingen konnten, um die Mündungen auf ihn zu richten.
Es ist fast unwahrscheinlich, dass die drei Pferde sich nicht bewegen beim Krachen des Doppelknalls. Doch alle Tiere sind an Gewehr- und Revolverfeuer gewohnt. Dies ist eine ihrer Lektionen als Kriegs- oder Rinderpferde.
Einer der Reiter fällt nun aus dem Sattel, der andere beugt sich stöhnend vor und hält sich mit beiden Händen am Sattelhorn fest.
Quincannon steckt seinen rauchenden Colt weg.
»Haut ab«, sagt er noch mal. »Sagt es auch Laffitter. Haut alle ab. In diesem Lande bekommt ihr keine Rinder.«
Er zieht seinen Schecken herum und reitet den Hang hinauf zu der wartenden Gruppe der sieben Reiter und der beiden auf dem Wagen hockenden Männer.
Schweigen empfängt ihn – aber es ist ein Schweigen des Staunens, des Respekts.
Er sieht Jack Lonegan an.
»Ist’s recht so?« Er fragt es scheinbar sanft.
Lonegan nickt langsam. »He«, sagt er, »wir haben begriffen, dass du ein Großer bist mit dem Colt. Wahrscheinlich hast du drüben in Mexiko eine deutliche Fährte hinterlassen. Na gut, wir sind zufrieden mit deinem Einstand. Es geht weiter.«
Er reitet an. Und sie alle folgen ihm.
Die kleine Kolonne reitet in etwa fünfzig Yard Abstand an den beiden verwundeten Maverickjägern vorbei. Denn auch der zweite Mann, welcher aus dem Sattel fiel, ist wieder auf den Beinen und versucht soeben, in den Sattel zu kommen.
»Sie werden zu Laffitter reiten«, ruft Lonegan seinen Reitern über die Schulter zu. »Und wenn Laffitter ein Narr ist, dann kommt er nach Pecos Bend, um es mit uns auszukämpfen. Das kann er haben, nicht wahr, Jungs?«
Sie alle lassen zustimmende Rufe hören. Und John Quincannon beginnt jetzt erst richtig zu begreifen, in was für einem Spiel er sich befindet.
Er ist der rechtmäßige Besitzer dieses Landes und dessen sämtlicher Rinder.
Aber er darf sich nicht zu erkennen geben.
Er kann nur auf völlig andere Weise seine Interessen wahren. Dazu gehört, dass er sich innerhalb dieser hartgesottenen Mannschaft noch viele Wochen und Monate lang gewissermaßen tarnt.
Doch irgendwann wird er ihnen klarmachen müssen, dass er sie alle reingelegt hat.
Dann wird die Hölle aufbrechen.
Aber befindet er sich nicht im Recht? Dies ist sein Land, dies sind seine Rinder. Sie wollen ihm eine riesengroße Herde stehlen im Wert von etwa hunderttausend Dollar. Er ist allein und könnte sie nicht daran hindern.
Aber er kann sie reinlegen, wenn sie in Kansas sind.
Und hier auf seiner Weide kann er mit ihrer Hilfe alle anderen Maverickjäger zum Teufel jagen.
Er denkt: Noch weiß niemand, dass dies alles hier Quincannons Ranch ist, meine Ranch. Aber irgendwann wird es jeder Mensch wissen, irgendwann in einigen Monaten, wenn ich aus Kansas zurück bin mit einem Sack voll Geld.
***