I. Einleitung

Jede Epoche, ja jede Generation benötigt ihre Theologie. Die hier vorgelegte Einführung in die Theologie ist für die Generation in der Epoche einer funktional differenzierten Gesellschaft und das heißt einer funktional differenzierten Kommunikation geschrieben. Sie vollzieht sich in einem Modus, der sich den Theorie- und Methodeneinsichten der neueren Systemtheorie verdankt, und zwar insbesondere den Einsichten in eine mit der Systemtheorie verbundenen Kommunikationstheorie sowie der Methode der funktionalen Analyse.

Der Begriff der Einführung bezieht sich auf die grundbegriffliche Disposition der folgenden Überlegungen. Die Frage nach den Grundbegriffen, die für die Theologie herangezogen werden können, tritt als Frage nach den Formen in Erscheinung, in denen die Begriffe auftreten können. Unsere Einführung beabsichtigt weder besonders einfach und verständlich noch umfassend und enzyklopädisch zu sein.2 Vielmehr geht sie von einer relativ kleinen Anzahl von Grundbegriffen aus und arbeitet von dort aus mehr in die Tiefe als in die Breite. Dies bedeutet: Der generelle Zugriff ist ein spezieller Zugriff. Insofern sagt eine systemtheoretisch getrimmte oder gestimmte Theologie eher zu wenig als zu viel aus.

Die theologische Einführungsliteratur lässt sich in zwei Typen einteilen.

(1) Zum einen finden sich grundbegriffliche Einführungen, wie sie seit Schleiermacher vorliegen und eine vergleichbare Ausrichtung intendieren, wie die hier vorgelegte. Grundbegrifflich meint, dass wenige große Linien gezeichnet werden, die ein Gerüst für weitere Einzelthemen und -fragen abgeben und die je nach Anlass oder Ziel variabel ergänzt oder entfernt werden können.3

(2) Zum anderen existieren Einführungen, die Einzel- oder Gesamtdarstellungen bestimmter theologischer Disziplinen anbieten. Hierfür wird in der Regel der bisherige Fächerkanon von Exegese (bzw. Altes Testament und Neues Testament), Kirchengeschichte, Systematische Theologie und Praktische Theologie vorausgesetzt bzw. zugrunde gelegt. Diese Einführungen wenden sich zumeist im Zusammenhang der veränderten Studienbedingungen an Lehrende und Lernende der Theologie. Der Umfang bzw. Anspruch variiert dabei zwischen Basisbuch und Kompendium.4

Ein gesonderter Hinweis gilt einzelnen nicht-theologischen (bspw. soziologischen) Einführungen, die sich selbst nicht als Einführungen in die Theologie verstehen, aber als solche gelesen werden können. Für uns zählen dazu u. a. religionstheoretische Schriften im Kontext der Systemtheorie.5

Unsere Einführung richtet sich sowohl an bereits Eingeführte als auch an solche Leser, die es noch werden wollen. Frei nach Martin Luther wäre zu formulieren: Wir haben’s noch nicht und wir sind’s noch nicht, wir werden es erst noch werden: Theologen.6 Das bedeutet: Bei Einführungen in die Theologie fangen alle gleich weit entfernt vom Ziel an. Diese Einschätzung wird bei dem hier gewählten Ansatz dadurch verstärkt, dass er sich weitgehend auf die Unterscheidung kognitiv/normativ stützt und auf der Seite ,kognitiv‘ operiert. Das erklärte Ziel lautet, die kognitiven Möglichkeiten theologischer Theorie bzw. von Theologie als Reflexionstheorie der Religion nachhaltig zu steigern.

Aus diesem Grunde wird uns im Laufe der Einführung wiederholt die kognitiv beobachtbare Form der Selbstreferenz begegnen. Wenn man sich die Frage stellt, worin der besondere Beitrag gerade dieser Einführung in die Theologie liegt, wird nicht zuletzt der Begriff der Selbstreferenz eine Antwort darauf geben können. Theologie – so wie Religion auch – konstituiert sich durch selbstreferentielle Operationen. Moralisch gesehen könnte man auch formulieren: Die Theologie ist für sich selbst verantwortlich.

Die mit dem Problembezug der Selbstreferenz verbundene Leitfrage unserer Einführung in die Theologie lautet: Was ist theologisch an der Theologie? Oder, in anderen Formulierungen: Woran erkennt man religiöse und woran theologische Kommunikation? Wie ist eine auf religiöse Kommunikation bezogene theologische Kommunikation möglich? Wie ist Theologie (im 21. Jahrhundert) möglich? Die Frage nach der Möglichkeit von Theologie ist die Frage nach der selbstreferentiellen Konstitution von Theologie.

Zwar treten im Folgenden auch andere Begriffe in hervorgehobener Weise auf, aber der Begriff der Selbstreferenz fasst den Problembezug einer System/Umwelt-theoretischen Perspektive zugleich generell und spezifisch zutreffend zusammen. Im Problembezug der Selbstreferenz ist nämlich zugleich eine mögliche Lösung für das Problem des Theologischen der Theologie enthalten, die bislang nicht ernsthaft bedacht, geschweige denn formuliert worden ist. Es ist die Einsicht, dass das Theologische der Theologie in der Theologie liegt – und ein systemtheoretisch fundierter Zugang kann erläutern, wie das zu verstehen ist. Im Fazit läuft die Antwort auf die Frage nach einer selbstreferentiellen Theologie auf eine Theologie in der Form der Beobachtung zweiter Ordnung hinaus.

1. Wie ist Theologie möglich?

Die Leitfrage unserer Einführung ,Wie ist Theologie möglich?‘ führt zur These, dass eine Theologie für das 21. Jahrhundert in der Form der Beobachtung zweiter Ordnung zu verfassen ist. Dabei ist vorausgesetzt, dass gesellschaftliche Kommunikation in, mit und unter der Form der Beobachtung zweiter Ordnung stattfindet.

Kommunikation ist Gesellschaft und insofern Theologie kommunikativ vorgeht, ist sie gesellschaftlich eingebunden. Die gesellschaftliche Kommunikation bzw. die Gesellschaft als alle füreinander erreichbaren Kommunikationen bildet den unhintergehbaren frame auch für die Theologie. Gesellschaft ist der Vollzug der Unterscheidung von Kommunikation/Nichtkommunikation auf der Seite Kommunikation. Daher gibt es auch für die Theologie weder ein Außerhalb der Kommunikation noch ein Außerhalb der Gesellschaft.

Gesellschaft ist heute Weltgesellschaft. Folglich ist auch die Theologie in den Welthorizont eingebettet. Dies ist unschwer zu erkennen und wird vielfach unter der Flagge einer (christlichen) Theologie der Religionen verhandelt. Diese Perspektive auf Weltgesellschaft und auf Weltreligion(en) ist in einer systemtheoretisch verfassten Theologie von Anbeginn an mitgedacht. Aufgrund ihrer gesellschafts- bzw. kommunikationstheoretischen Konstitution vermag sie sich innerhalb der Weltgesellschaft und der Weltreligionen zu situieren und muss diesen Bezug nicht erst sekundär einführen.

Im Kontext von Weltgesellschaft stellt jede Theologie eine bestimmte Reflexionstheorie für bestimmte Formen religiöser Kommunikation dar. Weltreligionen sind nicht nur eine Folge von Weltgesellschaft, sondern mehr noch eine Folge von unterschiedlichen Theologien, die im Vollzug ihrer selbst bestimmte Religionen hervorbringen. Unterscheidbare Religionen sind so gut Folge als auch Voraussetzung sich voneinander unterscheidender Theologien (siehe Abschnitt III Religion und Theologie). Religionen und ihre Theologien treten dabei als Programme des weltgesellschaftlichen Funktionssystems Religion in Erscheinung. Die christliche Religion mit ihrer Theologie ist folglich ein Programm neben der jüdischen, der islamischen oder der buddhistischen Religion mit ihrer jeweiligen Theologie.

Eine Theologie, die von einer stratifikatorischen Differenzierung der Gesellschaft ausging, konnte dies nicht bzw. so nicht beobachten. Für sie stellten sich die Weltreligionen als unterschiedene Ganzheiten dar, die dinghaft (wenn nicht blockhaft) beschrieben wurden. Aber die Zeit der primär stratifikatorischen Struktur der Gesellschaft und einer darauf abgestellten Semantik sind vergangen.7

Eine systemtheoretisch basierte Theologie, die sich auf eine funktional differenzierte Gesellschaft bezieht, wird deren Strukturen und die darauf bezogenen Semantiken nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern als Referenzrahmen unterstellen. Dazu gehören – auf die Systemreferenz Gesellschaft bzw. Kommunikation bezogen – Merkmale wie eine heterarchische Kommunikation, daraus resultierende, inkompatibel zueinander laufende Funktionssysteme bzw. Sinnhorizonte sowie die Verarbeitung dieser horizontal angeordneten Differenzierungssystematik mit Hilfe einer Beobachtung zweiter Ordnung, die der Selbstreferenz der eigenen Vollzüge entspricht. Von dorther wird eine vergleichbar gebaute Theologie vonnöten sein, die sich heterarchisch und sinnsystembezogen als Beobachtung zweiter Ordnung vollzieht.

Innerhalb dieses gesellschaftlichen Kontextes wird von einer Einführung in die Theologie in zweierlei Hinsicht etwas Besonderes zu erwarten sein.

Eine erste Erwartung verbindet sich mit dem Bezug der Theologie auf religiöse Kommunikation. Religiöse Kommunikation hat in ihrer gesellschaftlichen Funktion einen einzigartigen, durch die funktionale Differenzierung hochgetriebenen Anspruch zu erfüllen. Von der Religion wird per se Besonderes, Bedeutendes, Bewegendes erwartet. Insbesondere sie selbst erwartet von sich, dass sie zu Welt und Gott etwas zu sagen hat, das über das Bekannte hinausgeht. Dies führt beide, Religion und Theologie, in strukturelle und semantische Bereiche der Kommunikation, die höchsten Ansprüchen genügen müssen.

Um diese Ansprüche ansatzweise aufnehmen zu können, beginnt unsere Einführung in die Theologie mit der konstitutiven Überlegung, dass sie sich im Medium Sinn und in entsprechenden Sinnformen vollzieht. Kommunikationen sind Sinnformen und Sinnformen sind kommunikative Formen. Der Bezug auf Sinn und Kommunikation bringt die Umstellung auf eine Theologie mit sich, die nicht länger auf Bewusstsein und/oder Sein und die damit verknüpften Wirklichkeits- und Wahrheitsfragen rekurriert.

Unsere systemtheoretisch fundierte Einführung in die Theologie bringt eine zweite Besonderheit mit sich. Sie vollzieht ein grundbegriffliches Stattdessen. Sie setzt sich mit anderen und neuen Begriffen und Unterscheidungen von den Begriffen und Unterscheidungen bisheriger Theologie ab. Ihre weitreichend ste Änderung liegt dabei in der Umstellung von Sein auf Sinn und von Bewusstsein auf Kommunikation. Systemtheoretisch beobachtet geht es in der Theologie nicht um ein wie auch immer bewusstes Seinsverständnis, sondern um Perspektiven kommunikativen Sinns.8 Um dies zu erreichen, wird die Unterscheidung von System und Umwelt eingesetzt, die zu begrifflich genaueren Möglichkeiten der Referenzangabe führt, denn in jeder Operation stellt sich die Frage der Systemreferenz.9 Bisherige Theologien haben die (System-)Referenzen Sein und Bewusstsein gewählt (genauer: Sein vom Bewusstsein her verstanden, also eher in umgekehrter Reihenfolge: Bewusstsein und Sein). In einer systemtheoretisch fundierten Theologie wird die Systemreferenz Sein durch die Referenz auf Sinn und die Referenz auf Bewusstsein durch die Systemreferenz Kommunikation ersetzt.

Die veränderte Bezugsbasis Sinn anstatt Sein und Kommunikation anstatt Bewusstsein zeichnet die hier vorgelegte Einführung im Gegensatz zu bisherigen Theologien aus. Die im Folgenden angebotenen Sinnofferten beziehen sich auf Sinn – und auf nichts anderes. Die folgenden Kommunikationen beziehen sich auf Kommunikation – und auf nichts anderes. Dies bedeutet im Gegenzug: Sein und Bewusstsein bleiben als Sein und als Bewusstsein von der Kommunikation ausgeschlossen. Nichtsdestotrotz können sie stattdessen aber als Themen der Kommunikation fungieren.

Die Umstellung von Sein auf Sinn bzw. von Bewusstsein auf Kommunikation zieht eine Reihe von Folgen nach sich, die im Laufe der Darstellung zutage treten werden. Eine der gravierendsten Folgen ist die Vernachlässigung des Subjekts bzw. der Unterscheidung von Subjekt/Objekt insgesamt. Im alteuropäischen Begriff des Subjekts waren die Begriffe Bewusstsein und Sein aneinander gekoppelt, und zwar in der Weise, dass das Subjekt im Sinne von Bewusstsein als die dem Sein zugrundeliegende Wirklichkeit galt.

Mit der Umstellung auf Sinn und Kommunikation (im Medium Sinn) wird der Direktbezug zum Subjekt und dessen Zentralstellung als einer allem Sein zugrundeliegenden Wirklichkeit hinfällig und wird durch die Unterscheidung von System/Umwelt ersetzt. Für eine auf Sinn und Kommunikation bezogene Theologie ergibt sich daraus die Anforderung, sich durch ihre eigenen Operationen als autonomes System in Unterscheidung zu ihrer Umwelt aufzubauen. Die Ablösung eines ,beobachtenden‘ Subjekts durch die Kommunikation kulminiert dabei im Begriff des Beobachters. Der Beobachter ist (quasi) das kommunikative Subjekt bzw. das Subjekt der Kommunikation. Er – der Beobachter – ist aber die Kommunikation selbst, er ist die Einheit der Bezeichnung aufgrund einer Unterscheidung (siehe Abschnitt II 4.3 Bezeichnen und Unterscheiden) oder, mit anderen Worten: Der Beobachter ist das Zeichen.10

Unsere Einführung in die Theologie, die sich an der Unterscheidung von System/Umwelt orientiert, zielt auf Systembildung. Jede Theologie muss sich, wenn sie als Theologie erkennbar sein will, als ein kommunikatives System von ihrer Umwelt unterscheiden. Das bereits benannte Problem der Selbstreferenz erzeugt im Moment der Systembildung die Gegenseite der Fremdreferenz. Eine Theologie, die sich als System von ihrer Umwelt (z. B. der Religion aber auch der Mathematik oder Pädagogik) unterscheidet, kopiert die Differenz von System/Umwelt als Unterscheidung von Selbstreferenz/Fremdreferenz in das System hinein (siehe Abschnitt II 2.2 Selbstreferenz). Diese globale Voraussetzung für eine Systembildung der Theologie läßt sich in zwei Punkten zusammenfassen. Zum einen werden hier Schritte unternommen, die vom Phänomenbezug (Bewusstsein/Sein) zum Problembezug und zum anderen von Metaphern zu Begriffen führen. Die Umstellung vom Phänomenbezug zum Problembezug kennzeichnet die Umstellung von Bewusstsein und Sein auf Kommunikation und Sinn. Sie entspricht der methodischen Umstellung auf funktionale Analyse. Der Wechsel von Metaphern zu Begriffen kennzeichnet dagegen die theoretische Umstellung, durch die eine religiöse Dogmatik von einer theologischen Reflexion abgelöst wird.

Eine in dieser Weise systemtheoretisch fundierte Theologie liegt bislang nicht vor. Unsere Einführung kann und muss deshalb als ein erster Versuch aufgefasst werden, die Theologie auf systemtheoretische Grundbegriffe und Unterscheidungen umzuschreiben. Mit anderen Worten: Die Theologie muss „eine ,Funktion der Kirche‘ erst noch werden“11 Sie kann dies auf dem skizzierten Wege der Systembildung erreichen. Ihre systembedingte Autonomie stellt sich dann als „abgeklärte Aufklärung“12 dar.

2. Vom Phänomen- zum Problembezug

Unsere Leitfrage ,Wie ist Theologie möglich?‘ kennzeichnet einen Problembezug und keinen Phänomenbezug. Sie führt auf eine systemtheoretisch fundierte Theologie hin, die nicht bei vermeintlich fest vorgegebenen Phänomenen (Dingen, Gegenständen, Sachverhalten, Situationen) ansetzt, sondern auf selbsterzeugte Problem/Lösung-Zirkel referiert, die so oder auch anders gebaut werden können. Sie operiert selbstreferentiell (so wie alle andere Kommunikation – die alteuropäische eingeschlossen – auch) und beobachtet sich dabei. Dadurch erzeugt sie die Unterscheidung von Selbstreferenz und Fremdreferenz bzw. die Differenz von System und Umwelt.

Dabei gelten beide Seiten des Problem/Lösung-Zirkels – die Probleme ebenso wie die Lösungen – als Variablen. Eine Theorie, die von einem Bezug auf vermeintlich feststehende Phänomene auf variable Problembezüge umstellt, wird dadurch zu einer selbsttragenden Konstruktion unter anderen selbsttragenden Konstruktionen. Theoriekonstruktionen dieser Art basieren auf selbstreferentiellen Rationalitäten wie beispielsweise auf dem zirkulären Bezug von Problemen und Lösungen. Diese Form der Rationalität war bislang – zumindest in den Geisteswissenschaften bzw. innerhalb der Theologie – ansatzweise nur in hermeneutischen Modellen üblich. Der hermeneutische Zirkel war eine Form von Selbstreferenz, hatte aber einen externen, extramundanen Beobachter unterstellt, der den Zirkel sowohl in Gang setzen als auch unterbrechen musste, wenn Sinn oder Verstehen generiert werden sollte.

Die Leitfrage nach der Möglichkeit von Theologie führt damit zu einem funktionalen Theorieansatz. ,Funktional‘ ist dabei ein anderer Begriff für den Bezug auf Problem/Lösung-Zirkel.13 Auf diese Weise gewinnt die Frage, wie Theologie möglich ist, die Form, wie Theologie theologisch und das heißt selbstreferentiell möglich ist. Sie hat keinen Anhalt mehr an äußeren, ihr vorgegebenen Realitäten, sondern muss sich durch eigene rekursive Operationen selbstständig aufbauen. Durch ihre operative Selbstkonstruktion gewinnt sie aber kommunikative Bewegungsspielräume, die zuvor auch nicht im Ansatz denkbar gewesen wären.

Von daher zielt unsere Einführung in die Theologie aufgrund ihres Bezugs auf Problem/Lösung-Zirkel und der damit verbundenen funktionalen Methodik auf eine ausgesprochen konstruktive bzw. konstruktivistische Theologie ab. Vermutlich ist sie im Ansatz eine der ersten, stringent durchgeführten konstruktivistischen Theologien, die ihre eigene Konstruktion zugleich bemerkt und thematisiert.14 Denn selbstverständlich sind auch alle bisherigen Theologien Konstruktionen, insofern sie mit einem bestimmten Problem/Lösung-Zirkel beginnen und sich von dorther konsolidieren. Allerdings lassen sie den (frei) gewählten Problembezug in der Regel als vorgegebenen Phänomenbezug erscheinen. Sie invisibilisieren damit sowohl die Voraussetzung als auch die Durchführung ihrer eigenen Konstruktion.

Wir gehen also von einem operativen Konstruktivismus aus.15 Eine konstruktivistische Theologie beobachtet sich beim eigenen Konstruieren. Mit ihren operativen Beobachtungen beobachtet sie ihre beobachtenden Operationen.16 Die Formel dafür lautet: Das, was konstruiert wird, ist das, wie es konstruiert wird. Insofern meint operativer Konstruktivismus, dass die Theologie ihre Konstruktionsbedingungen während der Konstruktion mit erzeugt. Auf diese Weise beantwortet sie die Frage nach ihrer Möglichkeit operativ, erzeugt dadurch Ordnung bzw. Negentropie und wird zu einer selbsttragenden Konstruktion.17

Ein operativer Konstruktivismus setzt sich aufgrund seines Realitätsbezuges, der über die Unterscheidung von Operation/Beobachtung vermittelt ist, von anderen Formen des Konstruktivismus – wie z. B. von einem auf Bewusstsein bezogenen subjektiven Konstruktivismus (im Sinne von subjektiven Projektionen) oder von einem die Realität leugnenden radikalen Konstruktivismus – ab.18 Ein operativer Konstruktivismus bezieht sich in jedem Moment seines Vollzugs auf beobachtbare Operationen, mithin auf Kommunikation und damit auf Gesellschaft. Der maßgebliche Unterschied zu anderen Konstruktivismen liegt dabei im konstitutiven Bezug zur Realität oder Wirklichkeit. Dem operativen Konstruktivismus gilt die Wirklichkeit weder als subjektiv beliebig noch als objektiv(ierend) feststehend, sondern als nicht hintergehbarer Horizont aller Konstruktionen.19 Die Theorieform einer konstruktivistischen Theologie ist von daher zirkulär. Sie setzt sich in ihren eigenen Rekursionen voraus und erzeugt damit Ergebnisse, die sie für weitere Rekursionen voraussetzen kann. Darin entspricht sie einer allgemeinen Formtheorie20 (siehe Abschnitt II 3 Operation und Beobachtung) und gewinnt auf diese Weise ihre systemeigene Autonomie.21 Die Frage lautet dann, welche Probleme/Lösungen sie mit den ihr zur Verfügung stehenden Begriffen zu konstruieren in der Lage ist.

Die hier favorisierte Wahl eines funktionalen Ansatzes macht es erforderlich, vorweg zu bestimmen, welche Probleme bearbeitet werden sollen. Die Antwort lautet: Als konstruktivistische Theorie fragt die systemtheoretische Theologie nach der Form religiöser und damit nach der Form theologischer Kommunikation. Mit anderen Worten: Wie ist Theologie möglich?

3. Begriffe statt Metaphern

Eine systemtheoretisch fundierte Theologie, die auf ihre eigenen rekursiven Operationen angewiesen ist, um sich als sinnhaftes System aufbauen zu können, ist auf ihre eigenen Begriffe angewiesen. Durch ihre rekursive Nutzung gewinnen einige der Begriffe den Status von Grundbegriffen, die sich zum Teil in Leitunterscheidungen manifestieren. Zu nennen sind u. a. Sinn, Kommunikation, Reflexion, System und Umwelt, Selbstreferenz und Fremdreferenz, Operation und Beobachtung, Bezeichnung und Unterscheidung sowie Komplexität und Kontingenz.22 Damit lassen sich klassische religiöse und theologische Begriffe vermitteln, sodass sich im Effekt ein Mit- und Ineinander von Struktur und Semantik ergibt, das der gegenwärtigen gesellschaftlichen Kontextierung angemessen ist. Nimmt man die Theologie als Reflexionstheorie von Religion (bzw. von religiöser Kommunikation, von gelebtem Glauben, von Glaubensvollzügen), stellt sich die Frage nach den Grundbegriffen, in, mit und unter denen sich die Reflexion auf die Vollzüge, die sie beschreiben möchte, beziehen kann. Dies können übernommene oder selbst gebildete Grundbegriffe sein. Die Frage der Grundbegrifflichkeit macht es schließlich erforderlich, das spezifische Verhältnis von Begriffen und Metaphern zu klären.23

Die Erfordernis von Begriffen ergibt sich aus dem an jede Reflexionstheorie zu richtenden Anspruch, beobachtend bzw. reflexiv (aber nicht unbedingt: wissenschaftlich) vorgehen zu müssen (siehe Abschnitt III 2.4 Theologie und Wissenschaft). Auch die Theologie ist diesem Anspruch ausgesetzt, teils durch andere Beobachter, teils durch sich selbst als Beobachter. Damit gerät die Theologie in den doppelten Anspruch, reflexiv nach konsistent/inkonsistent und theologisch beispielsweise nach beobachtbar/unbeobachtbar unterscheiden zu müssen. (a) Die Anforderung von reflexiver Theoriebildung bringt die Notwendigkeit von Begriffen mit sich. Die Theologie kann nicht in Metaphern oder in Poesie ausweichen. (b) Die Anforderung an die Theologie, sich auf religiöse Kommunikation zu beziehen, bringt die Notwendigkeit mit sich, die ungenauen und unscharfen Unterscheidungen, wie sie in religiösen Metaphern, Symbolen oder Chiffren vorliegen, begrifflich genau und scharf beobachten zu können.24

In diesem doppelten Kontext haben wir uns daher der Frage nach den Grundbegriffen zu stellen. Durch welche Grundbegriffe konstituiert sich die Theologie als Reflexionstheorie der Religion und wie geschieht dies?

Üblicherweise werden Grundbegriffe in der Theologie vorausgesetzt aber nicht expliziert. Zum Teil sind es (semantisch betrachtet) so genannte philosophische Begriffe bzw. Unterscheidungen (die aber nicht unbedingt als Unterscheidungen auftreten müssen) wie z. B. Welt, Wirklichkeit, Sein, Inhalt/Form, Subjekt/ Objekt, implizit/explizit usw., zum Teil sind es (ebenfalls semantisch gesehen) so genannte theologische Begriffe wie Gott/Teufel, Gnade/Verdammnis oder Glaube/Zweifel. Derlei Begriffe werden als gegeben vorausgesetzt oder es wird unterstellt, dass ihr Sinn auch außerhalb der jeweiligen Verwendung garantiert ist. Hinzu kommt, dass die von der bisherigen Theologie verwendeten Begriffe vielfach nicht als Begriffe, sondern als Metaphern verwendet werden. Dies lässt sich daran erkennen, dass die Begriffe in der Regel nicht in Verbindung mit bestimmten Unterscheidungen auftreten. Die Begriffe werden für sich stehend genommen, werden als semantische oder symbolische Einheiten verstanden und mutieren auf diese Weise zu Metaphern. Beispiele dafür lassen sich leicht benennen. So finden sich z. B. Publikationen unter Titeln wie „Charisma als Grundbegriff der Theologie“ oder „Rechtfertigung als Grundbegriff“, „Wahrheit als Grundbegriff“ usw.25

Um die Neuerungen zu verdeutlichen, die sich mit unserer systemtheoretischen Einführung in die Theologie ergeben, rekurrieren wir ausdrücklich auf die Unterscheidung von Begriff/Metapher. Wir stellen von Grundmetaphern auf Grundbegriffe um. Die Theologie der Altvorderen hatte die Unterscheidung von Begriff/Metapher zum Teil bereits aufgegriffen, sie aber nicht konsequent durchgeführt, sondern die Unterscheidung in Richtung einer metapherologischen Theologie aufgelöst.26

Begriffe können theoretischen Ansprüchen nachkommen, indem sie sich durch Unterscheidungen von anderen Begriffen abgrenzen (lassen). Begriffe werden durch bestimmte Unterscheidungen von anderen Begriffen zu Begriffen. Diese Definitionsfragen bzw. -probleme – nämlich Fragen der Abgrenzung (besser: Ein- oder Ausgrenzung) – werden systemtheoretisch durch begriffliche Entgegensetzungen (Juxtapositionen) behandelt. Dafür gelten zwei Regeln. Zum einen: Begriffe schließen das ein, was sie nicht ausschließen. Und zum anderen: Sie schließen so ein, wie sie ausschließen.

Eine der begrifflich schärfsten Dispositionsmöglichkeiten liegt in der binären Schematisierung von dies/nicht-dies. Wir kommen auf diese Form der Begriffsgewinnung und auf die damit verbundenen Formprobleme unter den Titeln Tautologie/Paradoxie zurück (siehe Abschnitt II 3 Operation und Beobachtung). An die Umstellung von Metaphern auf Begriffe schließt sich unmittelbar die Umstellung von (einfachen) Begriffen auf Unterscheidungen an. Die Umstellung auf Begriffe zieht die Umstellung auf Unterscheidungen nach sich. Beide Umstellungen führen im Effekt zu einer geordneten, negentropischen Theologie. Dadurch wird erkennbar, dass die bisherige Theologie in der Gefahr stand, ungeordnet bzw. entropisch zu sein. Das war – so unser retrospektiver Blick auf die Altvorderen – immer dann der Fall, wenn Metaphern statt Begriffe und diese als Begriffe anstelle von Unterscheidungen verwendet wurden. Eine entropische Theologie zeichnet sich dadurch aus, dass sowohl im Hinblick auf die Begriffe als auch im Hinblick auf die Unterscheidungen ,alles‘ möglich erscheint. Eine entropische Theologie (bzw. Theorie) praktiziert zudem nicht nur einen unkontrollierten (und in Folge davon: unkontrollierbaren) Begriffs- bzw. Metapherngebrauch, sondern auch beliebige Relationierungen dieser Metaphernbegriffe.27 Ein erster herausragender Effekt einer systemtheoretischen Theologie ist deshalb darin zu sehen, dass sie sich durch Begriffe und Unterscheidungen selbst ordnen kann. Darin ist sie praktizierte Negentropie. Ihre Negentropie bezieht sich insbesondere auf den Aufbau einer theorie- bzw. systeminternen Komplexität und den damit gegebenen Sinn- und Sinnverweisungsmöglichkeiten. Die systemeigenen Operationen lassen zugleich einen Strukturaufbau emergieren, der dieses System von anderen unterscheidbar macht, indem es sich in sich selbst zu unterscheiden zu vermag.

Ein weiterer maßgeblicher Effekt liegt in der Möglichkeit der Steigerung des Auflöse- und Rekombinationsvermögens der Begriffe und Unterscheidungen. Sowohl strukturell als auch semantisch ergeben sich differenztheoretisch mehr Möglichkeiten in generalisierender (unbestimmter) und in spezifizierender (bestimmter) Weise. Dadurch kann die Theologie ihre kommunikative Anschlussfähigkeit im Hinblick auf andere Reflexionstheorien und auf gesellschaftliche Kommunikation steigern. Dies bedeutet aber nichts anderes, als dass sie ihre eigenen Sinnanschlüsse und Sinnverweise steigern kann.

Eine ergänzende Bemerkung ist anzufügen. Die Umstellung von Metaphern auf Begriffe und von Poesie auf Theorie schließt Metaphern und Poesie nicht aus. Im Gegenteil: Es ist von einer Steigerung auf beiden Seiten auszugehen. Je höher das begriffliche Auflöse- und Rekombinationsvermögen einer Theorie getrieben wird, desto eher und desto mehr lässt sich diese in Poesie überführen. So gesehen ist für jede Theorie eine Parallelpoesie anzunehmen.28 Darin können Bildworte und Metaphern genau das übernehmen, was die Begriffe und Unterscheidungen in der Theorie leisten.

2 Vgl. Luhmann, Niklas; Baecker, Dirk (2006): Einführung in die Systemtheorie. 3. Aufl. Heidelberg, S. 341: „Ich verstehe unter einer ,Einführung‘ nicht so sehr das leicht Verständliche, das Popularisierte oder das für Anfänger Geeignete. Zumindest habe ich daran nicht gedacht, als ich den Titel dieser Vorlesung aussuchte. Ich habe versucht, die begrifflichen Instrumente einzuführen, also nicht irgendwelche Sachen zu nennen, die irgendwo in den Büchern stehen und darüber dann nichts weiter zu sagen, sondern die Begriffe nach Möglichkeit in ihrem Verwendungskontext und in ihrem Sinngehalt vorzustellen.“

3 Vgl. Schleiermacher, Friedrich (1961): Kurze Darstellung des theologischen Studiums zum Behuf einleitender Vorlesungen. Kritische Ausgabe herausgegeben von Heinrich Scholz. 4. Aufl. Darmstadt. Barth, Karl (1962): Einführung in die evangelische Theologie. Zürich. Ebeling, Gerhard; Bühler, Pierre; Schlag, Thomas (2012): Studium der Theologie. Eine enzyklopädische Orientierung. 2. Aufl. Tübingen. Joest, Wilfried (1988): Fundamentaltheologie. Theologische Grundlagen- und Methodenprobleme. 3. Aufl. Stuttgart.

4 Siehe die Bände der beiden Reihen „Einführung Theologie“ (Darmstadt) und „Module der Theologie“ (Gütersloh).

5 Vgl. u. a. Luhmann, Niklas (2004): Funktion der Religion. Frankfurt a. M. Luhmann, Niklas; Kieserling, André (2002): Die Religion der Gesellschaft. 1. Aufl. Frankfurt a. M. Fuchs, Peter (2012): Der Papst und der Fuchs. Eine fabelhaft unaufgeregte Unterhaltung. Weilerswist.

6 Vgl. „Dieses Leben ist keine Frömmigkeit, sondern ein Fromm-Werden. Keine Gesundheit, sondern ein Gesund-Werden. Kein Wesen, sondern ein Werden. Keine Ruhe, sondern ein Üben. Wir sind es noch nicht, werden es aber.“ Luther, Martin: Auslegung zu Philipper 3,13, zitiert auf dem Buchrücken von Seidel, Thomas A.; Schacht, Ulrich (2007): Luther-Brevier. Worte für jeden Tag. Weimar.

7 Zu den Bedingungen des Verhältnisses von gesellschaftlicher Struktur und Semantik vgl. Luhmann, Niklas (2004): Funktion der Religion. Frankfurt a. M., S. 223.

8 Vgl. Luhmann, Niklas (1990): Sinn als Grundbegriff der Soziologie. In: Habermas, Jürgen; Luhmann, Niklas (Hrsg.): Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie – was leistet die Systemforschung? Frankfurt a. M., S. 25 – 100, dort S. 61.

9 Vgl. Luhmann, Niklas (2006): Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. 1. Aufl., [Nachdr.]. Frankfurt a. M., S. 599: „,Systemreferenz‘ ist dementsprechend eine Operation, die mit Hilfe der Unterscheidung von System und Umwelt ein System bezeichnet.“ Siehe ebd. S. 242 ff. und insbesondere S. 243: „Jede Bestimmtheit setzt Reduktionsvollzug voraus, und jedes Beobachten, Beschreiben, Begreifen von Bestimmtheit erfordert die Angabe einer Systemreferenz, in der etwas als Moment des Systems oder als Moment seiner Umwelt bestimmt ist.“

10 Vgl. Spencer-Brown, George (1999): Laws of Form. Gesetze der Form. 2. Aufl. Lübeck, S. 66.

11 Luhmann, Niklas (1972): Die Organisierbarkeit von Religionen und Kirchen. In: Wöss ner, Jakobus (Hrsg.): Religion im Umbruch. Soziologische Beiträge zur Situation von Religion und Kirche in der gegenwärtigen Gesellschaft. Stuttgart, S. 245 – 285, dort S. 262.

12 Vgl. Luhmann, Niklas (2009): „Unsere Zukunft hängt von Entscheidungen ab“. Niklas Luhmann im Interview mit Rudolf Maresch. In: Hagen, Wolfgang; Luhmann, Niklas; Baecker, Dirk (Hrsg.): Was tun, Herr Luhmann? Vorletzte Gespräche mit Niklas Luhmann. Berlin, S. 34 – 69, dort S. 58.

13 Vgl. Luhmann, Niklas (2009): Funktionale Methode und Systemtheorie. In: Luhmann, Niklas (Hrsg.): Soziologische Aufklärung 1. Aufsätze zur Theorie sozialer Systeme. Wiesbaden, S. 39 – 67. Siehe auch Blanke, Eberhard; Uhlhorn, Frank (2011): Wie ist Beratung möglich? Vom Dirigieren der Selbstbeobachtung. Heidelberg, S. 44 ff.

14 Zum Stand der Diskussion vgl. Klein, Andreas (2011): Die Wirklichkeit als Interpretationskonstrukt? Herausforderungen konstruktivistischer Ansätze für die Theologie. Neukirchen-Vluyn.

15 Vgl. Luhmann, Niklas; Kieserling, André (2002): Die Religion der Gesellschaft. 1. Aufl. Frankfurt a. M., S. 27.

16 In diesem Sinne kann von hier aus auf Martin Luther zurückverwiesen werden, der in seinen Texten genau dies vollzogen hat, indem er – ohne es selbst beobachtet zu haben – Operation und Beobachtung unterschieden und auf diese Weise kommunikativ operiert hat, siehe Abschnitt IV 2.3.4 Gesetz und Evangelium. In früheren Zeiten hieß dies Nominalismus im Unterschied zum Realismus, wobei diese Unterscheidung auf ein abseitiges Gleis führt(e), vgl. Luhmann, Niklas (1998): Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt a. M., S. 906. Stattdessen geht es um Emergenz, siehe Luhmann, Niklas (2008): Die Wirtschaft der Gesellschaft. 1. Aufl., [Nachdr.]. Frankfurt a. M., S. 234.

17 Vgl. Luhmann, Niklas (2006): Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. 1. Aufl., [Nachdr.]. Frankfurt a. M., S. 11.

18 Vgl. die Darstellungen in Klein, Andreas; Körtner, Ulrich H. (Hrsg.) (2011): Die Wirklichkeit als Interpretationskonstrukt? Herausforderungen konstruktivistischer Ansätze für die Theologie. Neukirchen-Vluyn. Die Mehrheit dieser Darstellungen referiert auf bewusstseins- bzw. subjektbezogene Formen des Konstruktivismus. Siehe weiterführend insbesondere Klein, Andreas (2003): „Die Wahrheit ist irgendwo da drinnen ...?“. Zur theologischen Relevanz (radikal-)konstruktivistischer Ansätze unter besonderer Berücksichtigung neurobiologischer Fragestellungen. Neukirchen-Vluyn.

19 Vgl. Luhmann, Niklas (2007): Erkenntnis als Konstruktion. In: Luhmann, Niklas; Jahraus, Oliver (Hrsg.): Aufsätze und Reden. Stuttgart, S. 218–242, dort S. 220.

20 Vgl. Luhmann, Niklas (1998): Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt a. M., S. 97 zum Funktionssystem Erziehung.

21 Vgl. Luhmann, Niklas (2004): Funktion der Religion. Frankfurt a. M., S. 55 und 63.

22 Luhmann nennt für seine Theorie einmal zwölf Grundbegriffe, vgl. Luhmann, Niklas (2009): Unverständliche Wissenschaft: Probleme einer theorieeigenen Sprache. In: Luhmann, Niklas (Hg.): Soziologische Aufklärung 3. Soziales System, Gesellschaft, Organisation. 5. Aufl. Wiesbaden, S. 201, und ein anderes Mal 33 Begriffe, vgl. Luhmann, Niklas (2006): Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. 1. Aufl., [Nachdr.]. Frankfurt a. M., S. 11 f.

23 Vgl. Blanke, Eberhard (2012): Metapher und Diapher. In: Blanke, Eberhard (Hrsg.): Systemtheoretische Beobachtungen der Theologie. Marburg, S. 113–120.

24 Vgl. Luhmann, Niklas (2004): Funktion der Religion. Frankfurt a. M., S. 265 – 266: „In dieser Lage scheint sich die für das späte Mittelalter bezeichnende Eigendynamik des Faches mitsamt ihrer zur Erhaltung notwendig werdenden Innovativität und Radikalisierung zu verlieren. Dabei kommt es in weitem Umfange zu einem Verzicht auf Direktchiffrierung religiöser Sachverhalte. Die Sprache der Dogmatik und des Gleichnisses wird metaphorisch weiterbenutzt – das heißt in der Weise, daß mitgesagt wird, sie solle nicht wörtlich verstanden werden, aber nicht gesagt wird, wie sie statt dessen verstanden werden solle. Damit wird der Platz verbal besetzt gehalten, von dem aus Religion zu formulieren wäre, ohne daß die so entstehende Verlegenheitsmetaphorik den Bezug zu religiösem Erleben und Handeln noch garantieren könnte.“

25 Vgl. exemplarisch Kellner, Dirk (2011): Charisma als Grundbegriff der praktischen Theologie. Zürich, Leipzig; Sauter, Gerhard (Hrsg.) (1989): Rechtfertigung als Grundbegriff evangelischer Theologie. Eine Textsammlung. München; Landmesser, Christof (1999): Wahrheit als Grundbegriff neutestamentlicher Wissenschaft. Tübingen.

26 Vgl. Jüngel, Eberhard (2002): Metaphorische Wahrheit. Erwägungen zur theologischen Relevanz der Metapher als Beitrag zur Hermeneutik einer narrativen Theologie (1974). In: Jüngel, Eberhard (Hrsg.): Entsprechungen. Gott, Wahrheit, Mensch. Tübingen, S. 103–157.

27 Vg. Luhmann, Niklas (2006): Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. 1. Aufl., [Nachdr.]. Frankfurt a. M., S. 79 f.: „Aus den Überlegungen zur autopoietischen Reproduktion unter der Bedingung temporalisierter Komplexität ergibt sich der Begriff der systemimmanenten Entropie. Für einen Beobachter ist ein System entropisch, wenn eine Information über ein Element keinerlei Rückschlüsse auf andere zuläßt. Das System ist für sich selbst entropisch, wenn im Prozeß der Reproduktion, also des Ersetzens entfallender Elemente, jedes mögliche Nächstelement gleichwahrscheinlich ist. Anders gesagt: Im Falle der Entropie fehlt jede Engführung der Anschlußfähigkeit, und es fehlt damit auch der Zeitgewinn, der daraus resultiert, daß nicht alles in Betracht kommt. Der Begriff bezeichnet mithin den Grenzfall, in dem die Reproduktion des Systems aus sich selbst heraus zum Zufall wird.“

28 Vgl. Luhmann, Niklas (2009): Unverständliche Wissenschaft: Probleme einer theorieeigenen Sprache. In: Luhmann, Niklas (Hrsg.): Soziologische Aufklärung 3. Soziales System, Gesellschaft, Organisation. Wiesbaden, S. 200 f.: „Zum Schluß noch eine Bemerkung: Ich denke manchmal, es fehlt uns nicht an gelehrter Prosa, sondern an gelehrter Poesie. [...] Vielleicht sollte es statt dessen für anspruchsvolle Theorieleistungen eine Art Parallelpoesie geben, die alles noch einmal anders sagt und damit die Wissenschaftssprache in die Grenzen ihres Funktionssystems zurückweist.“ Siehe zudem die Parallelpoesie zur Systemtheorie von Hohl, Friedrich R. (2012): Poesie als Passion. Gedichte aus Luhmanns Welt. Paderborn.