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Qiu Xiaolong
99 Särge
OBERINSPEKTOR CHENS SIEBTER FALL
Aus dem Amerikanischen von Susanne Hornfeck
Paul Zsolnay Verlag
Die Originalausgabe erschien erstmals 2013 unter dem Titel Enigma of China bei St. Martin’s Press, New York.
ISBN 978-3-552-05683-1
© Qiu Xiaolong 2013
Alle Rechte der deutschsprachigen Ausgabe:
© Paul Zsolnay Verlag Wien 2014
Schutzumschlaggestaltung: David Hauptmann, Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich, unter Verwendung eines Fotos von © zennie/Getty Images
Satz: Eva Kaltenbrunner-Dorfinger, Wien
E-Book-Konvertierung: Beltz Bad Langensalza GmbH
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Für die chinesischen Netzbürger, die trotz autoritärer
Kontrolle im Cyberspace für Bürgerrechte kämpfen,
auch wenn sie ihnen in der realen Welt versagt bleiben.
1
Oberinspektor Chen Cao vom Shanghaier Polizeipräsidium lauschte einem Vortrag beim Schriftstellerverband, der ihn abwechselnd zum Stirnrunzeln und zum Nicken veranlasste.
»Das Rätsel China – worin besteht es?
Wir erinnern uns an die Aussage unseres früheren Premierministers, dass er 99 Särge für korrupte Kader bereithält – und einen für sich selbst. Was wollte er damit sagen? Der Kampf gegen die Korruption ist gefährlich, aber er war bereit, sich dieser Herausforderung mit allen Konsequenzen zu stellen. Seinerzeit hat man ihm für seine Entschlossenheit applaudiert. Zweifellos hat der Premier sein Bestes getan und ist unbeschadet in den verdienten Ruhestand gegangen, aber die Korruption hat sich seither weiter verschlimmert. Heute, so sagen die Leute, würden 99 Särge längst nicht mehr ausreichen.
Ein anderes politisches Schlagwort ist das vom Sozialismus chinesischer Prägung, ein Begriff, unter dem sich sämtliche Merkwürdigkeiten dieser Gesellschaft zusammenfassen lassen. Unser Land ist, glaubt man den Parteiorganen, sozialistisch oder gar kommunistisch, in Wirklichkeit aber herrscht Kapitalismus, eine primitive Günstlingswirtschaft, die durch und durch materialistisch geprägt ist. Man könnte ebenso gut von Feudalismus sprechen, wenn man bedenkt, dass die Kinder privilegierter Kader – die Prinzlinge unserer Gesellschaft – automatisch selbst zu hohen Kadern werden, ›glaubwürdige rote‹ Thronfolger im Einparteiensystem.
Auch wenn uns die Propagandamaschinerie der Partei etwas anderes einbleut, so wissen wir doch, dass die chinesische Gesellschaft moralisch, ideologisch und ethisch am Ende ist, dennoch trommelt sie weiter wie das Häschen im Werbespot.«
Chen klopfte seine Hosentaschen nach einem Päckchen Zigaretten ab, besann sich dann aber. Dies war einer jener heiklen und gerade noch geduldeten Vorträge. Der Redner, ein bekannter Gelehrter namens Yao Ji, war Jurist an der Shanghaier Akademie für Sozialwissenschaften. Yao galt zwar nicht als Dissident, aber als einer jener potenziellen Unruhestifter, die mit unverhohlener Kritik die Probleme der heutigen Gesellschaft anprangerten. Er hatte einige streitlustige Artikel veröffentlicht, und was nicht gedruckt werden durfte, stellte er auf mehreren Blogs ins Netz. Der hagere, kantige Mann stand leicht vorgebeugt auf dem Podium und unterstrich seine Worte mit lebhaften Gesten. Seine Geheimratsecken schimmerten im Licht, das durch die bunten Glasfenster drang und ihn wie einen Heiligenschein umgab.
Chen wusste so manches über Yao, der auf einer polizeiinternen schwarzen Liste stand. Doch ihm konnte das momentan egal sein, sagte sich Chen, während er die Brille mit den bernsteinfarbenen Gläsern zurechtrückte und die französische Baskenmütze in die Stirn zog. Er hoffte, hier nicht als Polizist erkannt zu werden, auch wenn einige der Mitglieder im Schriftstellerverband von seinem Beruf wussten. Er sann über das Wort Enigma, Rätsel, nach. Es weckte in ihm die Erinnerung an ein Gemälde, das er jedoch nicht in allen Einzelheiten vor Augen hatte. Professor Yao führte derweil eine Fülle konkreter Beispiele an, um seine Behauptung zu belegen.
»Worin besteht denn diese vielbeschworene chinesische Prägung? Diesbezüglich gibt es unzählige Auslegungen und Definitionen, hier nur einige Beispiele, die für sich sprechen. Ein Professor an der Peking-Universität sagte unlängst zu seinen Studenten: ›Wenn ihr nicht vorhabt, mit vierzig vierhundert Millionen auf der hohen Kante zu haben, seid ihr bei mir an der falschen Adresse.‹ Dieser Professor hat sich auf den Immobiliensektor spezialisiert und spricht sich für hohe Immobilienpreise aus; als Gegenleistung erhält er Geld von den Bauunternehmern. Für ihn und seine Studenten zählt in dieser Welt des roten Staubes nur bares Geld.
In einer Fernsehshow, in der die Teilnehmer über die Kriterien bei der Partnerwahl diskutierten, gab eine junge Frau folgende Stellungnahme ab: ›Lieber in einem BMW weinen, als auf dem Fahrrad lachen.‹ Die Botschaft ist unmissverständlich. Sie wird sich allemal für einen Ehemann entscheiden, der ihr materiellen Luxus garantiert, Liebe ist dabei zweitrangig. Bei einem kürzlich geahndeten Fall von Alkohol am Steuer schrie der Fahrer die Polizisten an: ›Zhang Gang ist mein Vater.‹ Dieser Zhang Gang ist ein hoher Parteikader, dem die örtliche Polizeibehörde unterstellt ist. Natürlich zögerten die Ordnungshüter, den Sohn zu belangen. Ein Passant dokumentierte die Szene mit seinem Handy und stellte den Clip ins Internet. Daraufhin wurde ›Zhang Gang ist mein Vater‹ zum geflügelten Wort.«
Treffende Beispiele dafür, was derzeit in China vor sich ging, dachte Chen. Aber was bedeutete das für die Gesellschaft?
Für die Regierung hatte »Stabilität« oberste Priorität. Es hieß, der durch den Reformprozess erzielte wirtschaftliche und gesellschaftliche Fortschritt sei nur auf der Basis von Stabilität möglich. Doch trotz gezielter Maßnahmen der Parteiorgane gegen sogenannte instabile Faktoren ließ sich die Stabilität immer schwerer gewährleisten.
Auf dem Podium kam Professor Yao nun zu seinem Fazit.
»In Zeiten, da die Regierung sich mit ihrer Legitimation immer schwerer tut und die ideologischen Grundlagen der Partei an Bedeutung zu verlieren drohen, versuche ich als Jurist, entgegen aller Hoffnung, an der letzten Verteidigungslinie für unsere künftige Gesellschaft festzuhalten, an einem wahrhaft unabhängigen Rechtssystem.«
Chen klatschte, doch seine Brauen zogen sich enger zusammen. Ein solcher Vortrag war für die Ohren eines Polizeibeamten nicht gerade angenehm. Dennoch saß er lieber hier als mit Parteisekretär Li Guohua und den anderen Kollegen in einer politischen Routinesitzung.
Li, der führende Parteigenosse im Präsidium, näherte sich allmählich dem Pensionsalter, und Chen war als sein Nachfolger gehandelt worden. Doch aus irgendwelchen Gründen hatte man Li für weitere zwei Jahre in seinem Amt bestätigt. Als Ausgleich war Chen zum ersten Vizeparteisekretär der Behörde ernannt und ins Shanghaier Komitee der Kommunistischen Partei Chinas berufen worden.
Für einen Außenstehenden sah das nach einer Beförderung aus, was es angesichts der realen Machtstrukturen aber keineswegs war. Einige führende Parteigenossen der Stadtregierung wollten ihn offenbar nicht in einer Schlüsselposition an der Spitze der Behörde sehen, da sie ihn für einen von denen hielten, die auf der anderen Seite stehen.
Die Veranstaltung des Schriftstellerverbands bot ihm eine willkommene Entschuldigung, sich vor der dienstäglichen Routinesitzung zu drücken. Parteisekretär Lis abgedroschene Phrasen aus der Parteizeitung nervten ihn zunehmend.
Der verebbende Applaus holte ihn wieder in die Gegenwart zurück. Nun würde eine Diskussion folgen, und im Anschluss fände die vor Wochen für heute angesetzte Vorstandssitzung statt.
Chen verließ den Konferenzsaal und trat in den von Mauern umschlossenen Garten. Die Villa hatte ein reicher Geschäftsmann in den Dreißigerjahren errichten lassen, 1949 war sie dann von der Partei beschlagnahmt worden. Schon seit vielen Jahren residierte dort nun der Schriftstellerverband.
Hinter einem kleinen Teich blieb Chen stehen und betrachtete den weißen Marmorengel, der in der Mitte posierte. Wie durch ein Wunder hatte die Statue die Kulturrevolution unbeschadet überstanden.
Es war das Verdienst des Alten Bao gewesen, des Pförtners des Schriftstellerverbands. Als einfacher Arbeiter galt er als »politisch zuverlässig« und genoss in jenen Tagen das Vertrauen der Roten Garden und Rebellen. In einer dunklen Nacht hatte er heimlich die Statue auf seinem Lastenfahrrad zu sich nach Hause gebracht und unter dem Bett versteckt. Als tags darauf die Roten Garden auftauchten, um alles »Bourgeoise und Dekadente« zu zerschlagen, stand die nackte Statue ganz oben auf ihrer Liste, aber sie war auf unerklärliche Weise verschwunden. Die Garden verhörten jeden, außer den Alten Bao, der ja eine rote Armbinde trug und die revolutionären Slogans lauter brüllte als jeder andere. Das Verschwinden der Statue blieb ein Rätsel, bis sie der Alte Bao nach dem Ende der Kulturrevolution an ihren ursprünglichen Standort im Garten des Schriftstellerverbands zurückbrachte. Auf die Frage, warum er ein solches Risiko eingegangen war, antwortete er schlicht, dass es zu seinen Pflichten als Pförtner gehöre, das Inventar des Gebäudes vor Schaden und Zerstörung zu bewahren.
Als Chen aufsah, erblickte er einen Mann, der ihm vom Pförtnerhäuschen aus zuwinkte, wo jeder Besucher sich anmelden musste. Es war der Kleine Bao, einziger Sohn des Alten Bao. Als der alte Herr Mitte der Neunzigerjahre in Rente ging, war sein Sohn gerade arbeitslos und konnte dank Chens Fürsprache den Posten seines Vaters übernehmen. Nun saß er also mit einem Becher Tee im selben Häuschen und verwaltete das Besucherbuch, das inzwischen allerdings aus einem Ringbuch mit austauschbaren Seiten bestand. Der Becher war vermutlich noch derselbe, aus dem der Alte Bao getrunken hatte.
Während Chen zurückwinkte, hörte er Schritte näher kommen. Er drehte sich um und erkannte An, die neu gewählte Verbandsvorsitzende.
An war Mitte vierzig, von durchschnittlicher Größe und dunklem Teint; sie hatte ein mit Preisen ausgezeichnetes Buch über eine bedauernswerte Frau geschrieben, die im gnadenlos sich wandelnden Shanghai unter die Räder gekommen war. Der Roman war auch verfilmt worden, doch seither hatte die Autorin nichts Vergleichbares mehr vorgelegt. Das war auch nicht verwunderlich, überlegte Chen. In ihrer neuen Funktion genoss sie die Privilegien eines Parteikaders im Ministerrang und würde daher wohl kaum etwas zu Papier bringen, was diese Position gefährden könnte.
»Parteisekretär Chen«, sagte sie scherzhaft. Es war üblich, dass man der Anrede den Titel hinzufügte, dabei aber das »Vize« wegließ.
»Also bitte, An«, entgegnete er. »Es ist mir schon peinlich genug, als Polizeibeamter einen solchen Vortrag zu hören, geschweige denn als Vizeparteisekretär des Präsidiums.«
»Darüber müssen wir jetzt nicht reden, Chen. Schon während des Studiums wolltest du Dichter werden und nicht Polizist. Dass man dir nach dem Abschluss diesen Posten zugeteilt hat, wissen wir doch alle. Trotzdem hast du viel erreicht in deinem Beruf. Auch darüber brauchen wir nicht zu reden.«
Was sie mit ihm besprechen wollte, war vielmehr eine Vortragsreihe, die der Verband plante und die von Mitgliedern gestaltet werden sollte. Man würde dank der zentralen Lage des Verbands keinen Mangel an interessiertem Publikum haben. Auch eine Kooperation mit dem Shanghai Oriental TV war angedacht. In letzter Zeit erfreuten sich Vorlesungen über das chinesische Altertum zunehmender Beliebtheit. Die Leute kamen ja vor lauter Geldverdienen nicht mehr dazu, die Klassiker zu lesen, doch auf diese Weise konnten sie sich vor dem Fernseher entspannen, während sie sich Vorträge mit einfachen Erklärungsmustern und farbenfrohem Hintergrund ansahen – intellektuelles Fastfood.
»Ein Kritiker hat solche Vorträge als Instant-Nahrung bezeichnet, die der Zuhörer nicht mehr selbst verdauen muss«, bemerkte Chen.
»Trotzdem sind sie besser als gar nichts.«
»Das stimmt.«
»Die Reihe wird unserem Verband nicht nur zusätzliche Einnahmen bringen, sondern der Literatur auch zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen. Und dich haben wir dazu ausersehen, den Vortrag über das Buch der Lieder zu halten.«
»Dafür bin ich doch gar nicht qualifiziert. Ich habe ausschließlich Lyrik mit freien Rhythmen geschrieben.«
Dennoch verstand er ihr Ansinnen. Die staatliche Unterstützung für den Schriftstellerverband wurde immer stärker reduziert. An musste daher zusätzliche Einnahmequellen auftun, etwa indem sie das Nebengebäude an einen Weinhändler vermietete, der dort angeblich »chinesisch-französische Völkerverständigung« betrieb, oder indem man einen Teil der Mauer an der Julu Lu einriss, um dort ein öffentliches Café zu errichten. Und doch blieb die Finanzlage angespannt, während sich immer mehr Mitglieder über mangelnde Dienstleistungen und Vergütungen beklagten. An stand von allen Seiten unter starkem Druck.
In die Gesprächspause hinein begann eine Zikade zu zirpen, fast ein bisschen zu früh für die Jahreszeit.
Als Chen aufblickte, kam eine junge Frau leichtfüßig über den Rasen auf sie zugelaufen.
Schlank und behende – wie jung sie doch ist, / die Spitze einer Zimmetknospe im frühen Frühling.
Seines Wissens war sie kein Verbandsmitglied, er hatte sie noch nie bei einer Versammlung gesehen. Sie trug eine scharlachrote Seidenjacke im chinesischen Stil. Dieses zierliche Figürchen schien geradewegs einer traditionellen Bildrolle entstiegen zu sein. In ihren großen, klaren Augen kräuselten sich Frühlingswellen, wie es in einer klassischen Gedichtzeile hieß, doch die Kamera in ihren Händen war auf dem neuesten technischen Stand.
»Guten Tag, Vorsitzende An«, grüßte sie, bevor sie sich Chen mit strahlendem Lächeln zuwandte. »Und Sie sind Genosse Oberinspektor Chen, nicht wahr? Ich habe Ihre Gedichte gelesen. Sie haben schon bei uns veröffentlicht.«
»Dann sind Sie …«
»Lianping von der Wenhui-Tageszeitung, vorübergehend verantwortlich für die Literaturseite. In dieser Eigenschaft wollte ich Sie beide um weitere Beiträge für unsere Zeitung bitten.«
Sie überreichte ihre Visitenkarte, die sie als Leitende Finanzjournalistin auswies.
Interessant. Ein solcher Titel war Chen auf einer Visitenkarte noch nie untergekommen. Dennoch empfand er ihr Angebot als durchaus schmeichelhaft.
»Yaqing ist im Mutterschaftsurlaub, deshalb betreue ich die Literaturseite vorübergehend mit.« Und dann fügte sie noch hinzu: »Bitte, Oberinspektor Chen, schicken Sie mir einige Ihrer Gedichte.«
»Natürlich, gern, vorausgesetzt, ich finde die Zeit dazu.«
In einer Tageszeitung war Lyrik heutzutage nicht mehr als ein Strauß Plastikblumen, der in der Ecke einer Neureichenwohnung verstaubte. Kaum jemand beachtete sie.
Wie als Erwiderung auf den Ruf der Zikade begann sein Handy zu zirpen. An der Nummer erkannte er, dass der Anruf von Parteisekretär Li kam.
Chen entschuldigte sich bei den beiden Frauen und trat in den Schatten eines blühenden Birnbaums. Er klappte sein Mobiltelefon auf und hörte erregte Stimmen aus dem Hintergrund. Li war offenbar nicht allein in seinem Büro.
»Kommen Sie sofort ins Präsidium, Oberinspektor Chen. Wir halten gerade eine Krisensitzung ab. Liao und Wei sind bei mir.«
Inspektor Liao war Leiter der Mordkommission, und sein Assistent, Hauptwachtmeister Wei, war ein langgedienter Polizeimeister, der etwa zur selben Zeit in den Polizeidienst eingetreten war wie Chen.
»Ich nehme derzeit an einer Sitzung des Schriftstellerverbands teil, Parteisekretär Li.«
»Ihre Vielseitigkeit in Ehren, Dichter Chen, aber hier handelt es sich um einen sehr speziellen Fall.«
Chen erkannte einen leichten Sarkasmus in Lis Tonfall, und ein »sehr spezieller Fall« war ein gängiges Klischee aus dem Mund des Parteisekretärs. Früher war Li eine Art Mentor für Chen gewesen, nun aber betrachtete er den Oberinspektor immer stärker als Rivalen.
»Was für ein Fall?«
»Zhou Keng hat sich umgebracht – ausgerechnet in der Villa Moller.«
»Zhou Keng? Ist mir nicht bekannt.«
»Sie haben noch nie von Zhou Keng gehört?«
»Der Name klingt vertraut, aber es tut mir leid, ich weiß nichts über ihn.«
»Dann müssen Sie in letzter Zeit sehr mit Ihrer Lyrik beschäftigt gewesen sein, Oberinspektor Chen. Ich stelle den Lautsprecher an, Hauptwachtmeister Wei wird Ihnen mehr darüber berichten.«
»Zhou Keng war Direktor der Shanghaier Behörde für Wohnungsbauentwicklung«, begann Wei mit sonorer Stimme. »Vor etwa zwei Wochen wurde er Zielscheibe einer sogenannten Menschenfleischsuche im Internet, bei der ihm von Netzbürgern Korruption nachgewiesen werden konnte. Daraufhin wurde er ›extralegal‹ in einem Hotel festgesetzt, wo er sich vergangene Nacht erhängt hat.«
Shuanggui, also das extralegale Festsetzen missliebiger höherer Kader zwecks Befragung durch die Disziplinarbehörde an unbekanntem Ort auf unbestimmte Zeit, war ebenfalls ein Merkmal des Sozialismus chinesischer Prägung und als Maßnahme gegen die unkontrollierbare Korruption im Einparteiensystem entwickelt worden. Wörtlich übersetzt hieß shuang-gui »zweierlei Bestimmungen« und bedeutete, dass ein der Korruption oder eines anderen Verbrechens verdächtigter Parteikader an einen bestimmten Ort (shuang) auf bestimmte Zeit (gui) für Ermittlungen seitens der Partei interniert werden konnte. Obwohl die chinesische Verfassung in einem Gesetz, das vom Nationalen Volkskongress ratifiziert worden war, für jede Form von Internierung eine rechtliche Grundlage forderte, gehörte das willkürliche Festsetzen ohne zeitliche Begrenzung mittlerweile zur gängigen Praxis. Hohe Parteikader verschwanden immer wieder von der Bildfläche, ohne dass Polizei oder Medien von ihrem Aufenthaltsort wussten. Offiziell hieß es, dass Beamte, die in die juristische Grauzone des shuanggui geraten waren, sich jederzeit für eine Untersuchung durch die Partei bereitzuhalten hätten und anschließend wieder auf freien Fuß gesetzt würden. In der Praxis aber wurden sie nicht selten Monate oder gar Jahre festgehalten, ehe sie den staatlichen Ermittlungsbehörden überantwortet wurden und sich einem von vornherein entschiedenen Strafverfahren stellen mussten. Die Behörden betrachteten shuanggui als ein konstitutives Element der Rechtsprechung und nicht etwa als Perversion derselben. Mehr noch, durch shuang-gui konnte man vermeiden, dass die schmutzigen Details einer Bestechungsaffäre an die Öffentlichkeit gelangten und so dem Bild der Partei schadeten, überlegte Chen. Alles blieb unter der strikten Kontrolle des Parteiapparats.
Kurz gesagt, Fälle von shuanggui fielen nicht in die Zuständigkeit der Polizei.
»Wegen seiner Stellung und der politischen Tragweite des Falls müssen wir ermitteln und bestätigen, dass es sich um Selbstmord handelt.« Dies war nun wieder Li, und es klang, als würde plötzlich eine Lesung aus der Volkszeitung in die Unterhaltung eingeblendet. »Die Situation ist schwierig. Die Partei erwartet höchste Alarmbereitschaft von uns.«
»Wenn Liao und Wei schon mit dem Fall betraut sind, wozu braucht es dann noch mich?«
»Sie als erfahrenster Beamter des Präsidiums müssen unbedingt dabei sein. Wir verstehen, dass Sie anderweitig beschäftigt sind, und haben die Kollegen von der Mordkommission deshalb bereits losgeschickt, sie werden die Hauptarbeit übernehmen. Aber Sie möchte ich als beratenden Beamten bei den Ermittlungen dabeihaben. Das wird die Ernsthaftigkeit unserer Untersuchung in diesem Korruptionsfall unterstreichen. Alle wissen, dass Sie Vizeparteisekretär unseres Präsidiums sind.«
Chen hatte schweigend zugehört, sich eine Zigarette angezündet und den Rauch tief eingeatmet. Plötzlich erinnerte er sich.
»Zhou, Menschenfleischsuche – war das die Sache mit den Zigaretten?«
»Genau. Es ging um eine Packung der Marke 95 Supreme Majesty. Zhou hatte sie bei einer Sitzung vor sich auf dem Tisch liegen, und das wurde fotografiert. Jemand stellte das Foto ins Internet und löste damit eine wahre Hetzjagd aus, die einen verheerenden Skandal hervorrief. Die Details kann ich Ihnen ja ersparen«, erklärte Li und schloss dann: »Setzen Sie sich mit der Mordkommission in Verbindung.«
»Aber ich weiß überhaupt nichts über den Fall.«
»Sie haben doch gerade bewiesen, dass Sie mit dem Hintergrund vertraut sind. Das vor allem ist wichtig, sehr wichtig.«
Chen hatte lediglich einen Artikel in der Lokalpresse überflogen. Der Begriff »Menschenfleischsuche« hatte sein Interesse geweckt. Er wusste nur, dass dies etwas mit Internetrecherche zu tun hatte. Im Sprachgebrauch waren in letzter Zeit interessante Wortschöpfungen in Verbindung mit dem Internet aufgetaucht, aber viele von ihnen waren nur den sogenannten »Netzbürgern« geläufig.
Zweifellos hatte der Fall eine politische Dimension. Ein Regierungsbeamter, dessen Karriere durch einen Skandal jäh beendet wurde und der in der anschließenden extralegalen Internierung gestorben war, das gab natürlich Anlass zu wilden Spekulationen.
»Sagten Sie, Zhou habe sich in einem Hotel umgebracht?«, fragte Chen nach.
»Ja.«
»Welches war das noch gleich?«
»Die Villa Moller, an der Kreuzung Shaanxi und Yan’an Lu.«
»Dann brauche ich ja nicht erst ins Präsidium zu kommen. Ich gehe direkt vom Schriftstellerverband aus zur Villa, sie liegt gleich um die Ecke. Wer ist sonst noch vor Ort?«
»Von uns keiner, aber es sind noch andere Gruppen im Einsatz; eine von der Disziplinarbehörde der Partei und, wie wir eben erfahren haben, auch eine Gruppe von der Stadtregierung. Letztere hat sich zur gleichen Zeit wie Zhou dort eingemietet, als das shuanggui begann.«
Das war ungewöhnlich, überlegte Chen. Die Ermittlungen im Rahmen eines shuanggui wurden normalerweise von der Disziplinarbehörde der Partei durchgeführt. Warum also waren Beamte der Stadtregierung anwesend – zusätzlich zu Disziplinarbehörde und Polizei?
Aber Chen behielt seine Bedenken für sich und fragte nur: »Wann wird Wei dort sein?«
»Er macht sich sofort auf den Weg.«
»Gut, dann treffe ich ihn im Hotel.«
Chen drückte seine Zigarette an einem Schmuckfelsen aus und wollte gerade gehen, als er die junge Journalistin namens Lianping am Teich entlang auf das Gebäude zustreben sah, vermutlich würde sie für ihre Zeitung über die Sitzung des Verbandes berichten. Sie sprach in ein zierliches Mobiltelefon.
Über ihr blitzte blau der Flügel eines Eichelhähers auf, ihr Gesicht erblühte zu einem strahlenden Lächeln. Chen kam ein Gedicht des Songzeitlichen Dichters Lu You in den Sinn, der sich im Alter an seine Jugendliebe erinnerte. Auch wenn es nicht unbedingt auf die Situation zutraf, drängten sich ihm die Zeilen auf: … die herzzerbrechenden Frühlingswellen, grün unter der Brücke, die einst von ihrer Ankunft kündeten, so leichtfüßig und von solcher Schönheit, dass die Wildgänse beschämt aufflogen. Er schüttelte irritiert den Kopf. Vielleicht hatte An mit ihrem Spott ja recht: Jemand, der mit romantischen Gedichtzeilen auf den Lippen an den Tatort ging, war wohl nicht geeignet für den Polizeidienst.
Er überlegte kurz und beschloss dann, wie geplant weiterhin der Sitzung des Schriftstellerverbands beizuwohnen. Schließlich war er in diesem Fall ja nur beratend tätig. Es war nicht nötig, vor der Mordkommission in der Villa Moller zu erscheinen.
2
Die Villa Moller war eines der sogenannten Elitehotels in Shanghai. Sie lag an der Kreuzung Yan’an und Shaanxi Lu und war trotz ihrer wechselvollen Geschichte bis heute in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten.
Eric Moller, ein jüdischer Geschäftsmann, der in Shanghai ein Vermögen mit Pferde- und Hunderennen gemacht hatte, ließ dieses Märchenschloss in den Dreißigerjahren errichten, um einen Traum seiner kleinen Tochter zu erfüllen. Es wurde ein architektonisches Phantasiegebilde, in dem sich Elemente aus Nordeuropa und Asien mischten: glasierte Dachplatten, farbige Backsteine und Dachfenster, die kauernden Drachen glichen und sonst nur in den Shanghaier Shikumen-Siedlungen zu finden waren. Nach 1949 waren dort staatliche Behörden untergebracht, bis man das Gebäude schließlich in ein Luxushotel umwandelte; es war gründlich saniert und bis zur detailgetreuen Inneneinrichtung in seiner ganzen Pracht wiederhergestellt worden. Dem Haupthaus hatte man einen stilgerechten Anbau hinzugefügt.
Chen war schon oft dort vorbeigekommen, hatte dem Hotel aber keine weitere Beachtung geschenkt.
Zwei uniformierte Sicherheitsleute bewachten zusammen mit einem Steinlöwenpaar den Eingang. Er trat ein und begab sich zu dem Nebengebäude, eine getreuliche Kopie des Haupthauses. Es war eine dreistöckige Backsteinvilla mit geschwungenen Dachfenstern.
Hier stand ein weiterer uniformierter Wachmann, der Chen bat, sich auszuweisen. Er verglich das Bild auf der Dienstmarke mit dem Original, notierte die ID-Nummer und telefonierte dann mit jemandem im Inneren des Gebäudes, bevor er den Oberinspektor einließ.
Die märchenhafte Aura des Ortes war damit schlagartig zerstört.
»Zimmer 302«, sagte der Wachmann. »Man erwartet Sie.«
Chen begab sich in den dritten Stock, in dem sich lediglich sechs Dachzimmer befanden, von denen jedes über ein Art-deco-Fenster verfügte. Er fand die Nummer 302 und klopfte. Hauptwachtmeister Wei öffnete ihm, das Mobiltelefon in der Hand. Außer ihm befanden sich noch zwei weitere Beamte im Raum, beide gehörten nicht zum Präsidium.
Obwohl sie sich seit langem kannten, hatte Chen bisher noch nicht mit Wei zusammengearbeitet. Er war ein fleißiger, umgänglicher und erfahrener Kollege, hatte aber bei seiner Karriere nicht immer Rückenwind gehabt. Es hieß, er habe sich bisweilen kritisch über Chen geäußert.
»Das ist Genosse Jiang Ke von der Shanghaier Stadtregierung«, sagte Wei und stellte Chen einen drahtigen Mann Ende vierzig oder Anfang fünfzig mit ungewöhnlich breiter Stirn vor. »Und das ist Genosse Liu Dehua von der Disziplinarbehörde der Partei.«
Chen schüttelte beiden die Hand. Jiang war Vize-Amtsleiter der Stadtregierung und galt als schlau und gerissen, außerdem gehörte er zu dem einflussreichen Zirkel um Qiangyu, den Ersten Parteisekretär Shanghais. Liu wirkte älter; ein kleiner, schwächlicher und vollkommen kahler Mann, der leicht hinkte und sich im Gegensatz zu Jiang den Anschein übertriebener Bescheidenheit gab, vermutlich weil er sich bereits dem Rentenalter näherte.
Hinter ihnen lag die Leiche von Zhou, den man aus der von einem freigelegten Deckenbalken baumelnden Schlinge befreit hatte. Seine Gesichtszüge waren verzerrt, der Mund zu einer letzten Frage verzogen, die ihm niemand mehr beantworten würde. Ein Auge war noch ein wenig geöffnet. Nach der bereits einsetzenden Totenstarre zu urteilen, schätzte Chen, dass der Mann schon am späten Abend gestorben war.
Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dachte Chen, dass Zhou in diesem Hotel einen der in der Stadt so seltenen freigelegten Balken gefunden und für seine Zwecke genutzt hatte. Ausgerechnet in diesem Raum hatte man das Gebälk in seiner ursprünglichen Form belassen.
Nicht du wählst den Balken, sondern der Balken wählt dich. Diese Zeile fiel Chen plötzlich ein, doch er wusste nicht mehr, von wem sie stammte.
Was mochte Zhou in den letzten Minuten seines Lebens gedacht haben, als er vor der baumelnden Schlinge stand?
Es fiel Chen nicht schwer, das Szenario hinter diesem vermuteten Selbstmord zu erahnen. Ein hoher Kader, der auf dem Höhepunkt seiner Karriere über ein Päckchen Zigaretten gestolpert war und daraufhin in einen tiefen Abgrund stürzte, aus dem er keinen Ausweg mehr sah.
»Ich bin froh, dass Sie da sind, Oberinspektor Chen«, begrüßte ihn Jiang herzlich.
Chen hatte Jiang einige Male bei Sitzungen der Stadtregierung getroffen, war ihm aber nie offiziell vorgestellt worden. Liu stand daneben und lächelte nur. Chen hatte den Eindruck, dass Jiang hier das Sagen hatte.
»Liu und ich haben bereits mit dem Hotelpersonal von der Nachtschicht gesprochen«, berichtete Jiang. »Niemand hat gestern Abend etwas Verdächtiges oder Ungewöhnliches bemerkt.«
»In einem so gut bewachten Hotel«, kommentierte Wei, »schlafen die Gäste zu fest, um etwas mitzubekommen.«
Das Eintreffen der Leute von der Spurensicherung unterbrach das Gespräch. Chen nickte einem Bekannten zu. Der Tatort selbst würde nicht mehr viel hergeben. Jiang und Liu hielten sich bereits seit Stunden hier auf, waren hin und her gegangen und hatten vieles angefasst. Trotz ihrer Erfahrung mit shuanggui-Befragungen waren sie eben keine Polizisten. Außerdem hatten mehrere Hotelangestellte das Zimmer betreten, um bei der Bergung von Zhous Leiche zu helfen.
Jiang führte Chen und die anderen ins Nebenzimmer, eine eindrucksvolle Suite mit der Nummer 303, in der Jiang residierte.
Als alle versammelt waren, ergriff Jiang mit der Autorität des Vorgesetzten das Wort: »Da wir zu verschiedenen Zeiten und mit unterschiedlichem Hintergrund an den Tatort gekommen sind, könnten Sie, Hauptwachtmeister Wei, die Fakten für Oberinspektor Chen vielleicht noch einmal zusammenfassen.«
Sofort begann Wei mit seinen Ausführungen: »Zhou hat vor einer Woche, als das shuanggui begann, hier im Hotel ein Zimmer bezogen und es seither nicht wieder verlassen. Während seiner Internierung herrschte ein streng geregelter Tagesablauf. Er stand gegen sieben Uhr auf, bekam sein Frühstück um acht aufs Zimmer gebracht und sprach dann mit Jiang oder Liu über seine Probleme oder arbeitete in seinem Zimmer an einer Selbstkritik. Mittag- und Abendessen wurden ihm ebenfalls dort serviert. Mit dem Hotelpersonal sprach er nur das Nötigste, und er hat auch keine Anrufe nach draußen getätigt. Besuch durfte er keinen empfangen.
Heute Morgen hat ein Kellner dann wie gewöhnlich das Frühstückstablett gebracht, aber aus Zhous Zimmer kam keine Antwort. Der Kellner klopfte eine halbe Stunde später noch einmal, wieder ohne Erfolg. Nach einer Weile holte er einen Kollegen, gemeinsam öffneten sie die Tür und sahen Zhou von der Decke hängen.
Soweit sie sich nach all der Aufregung noch erinnern konnten, gab es keine Anzeichen für einen Einbruch oder einen Kampf, auch schien nichts aus dem Zimmer entwendet worden zu sein.
Daraufhin weckte man Liu, der im Hotel übernachtet hatte und somit sofort zur Stelle war. Mittlerweile war es 8.45 Uhr. Jiang hatte am vorigen Abend einer späten Sondersitzung der Stadtregierung beigewohnt und war anschließend nach Hause gegangen. Als ihn Lius Anruf erreichte, machte er sich sofort auf den Weg und war in weniger als zwanzig Minuten im Hotel. Gemeinsam besichtigten sie den Tatort. Gegen 9.30 Uhr hat Jiang dann Parteisekretär Li im Polizeipräsidium verständigt.«
Als Wei seine Zusammenfassung beendet hatte, versicherte Jiang mit Nachdruck: »Wir waren entschlossen, alles zu unternehmen, um den Fall Zhou aufzuklären, ganz gleich, wer dabei die Hände im Spiel hatte. Wir hatten ihn hierhergebracht, um ihn zu verhören, und haben uns ebenfalls hier einquartiert. Aus Sicherheitsgründen wurde dafür gesorgt, dass nur wir drei in diesem Stockwerk wohnten.«
»Es gilt, die Korruption in der Partei zu bekämpfen«, bekräftigte Liu, »insbesondere bei hohen Parteikadern. Das hat für uns höchste Priorität, daran kann es keinen Zweifel geben …«
Chen hörte den offiziellen Tiraden nur mit halbem Ohr zu und nickte in scheinbarer Zustimmung wie ein aufgezogener Spielzeugsoldat.
Wei verlor jedoch langsam die Geduld, er war diesen offiziellen Jargon nicht gewöhnt.
»Was ist mit dem Band in der Videokamera?«
»Darauf ist nichts zu sehen. Ich habe es überprüft«, sagte Jiang.
Liu nippte schweigend an seinem Tee.
»Wir müssen es uns selbst anschauen«, erwiderte Wei.
Jiang schwieg.
»Hat denn in der vergangenen Nacht niemand etwas Ungewöhnliches bemerkt?«, hakte Wei unbeirrt nach.
»Liu und ich haben bereits mit dem Hotelpersonal gesprochen«, erklärte Jiang. »Und ich werde die Leute noch einmal vernehmen.«
Nach Zhous Tod hatten die beiden hier im Hotel eigentlich nichts mehr verloren und konnten zu den Ermittlungen kaum etwas beitragen. Dennoch machten sie keine Anstalten, sich zurückzuziehen oder den Fall der Polizei zu überlassen. Sie warteten jetzt auf neue Anweisungen von oben, vermutete Chen. In Gegenwart dieser beiden Beamten konnten die Polizisten nicht so vorgehen, wie sie es gern getan hätten.
»Ich halte es für das Beste, wenn wir ins Präsidium zurückkehren«, sagte Chen und erhob sich. »Meines Wissens hat Inspektor Liao eine Akte über Zhou angelegt. Wir werden sie mit ihm durchgehen, ebenso den Autopsiebericht.«
Wei schien überrascht, erwiderte aber nichts.
»Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie Neuigkeiten haben«, sagte Jiang und erhob sich ebenfalls.
»Das werde ich«, entgegnete Chen. »Und Ihnen auch, Genosse Liu.«
Dann gingen die beiden Polizisten.
Als sie aus dem Hotel traten, zog Chen ein Päckchen Zigaretten heraus und bot Wei eine an.
»Oh, das ist ja eine Schachtel China«, bemerkte Wei. Eine weitere exklusive Marke, wenn auch nicht ganz so teuer wie 95 Supreme Majesty. »Also, was halten Sie von der Sache, Chef?«
»Wenn es Selbstmord war, haben wir hier nichts verloren, aber wenn es Mord war, haben die anderen hier nichts verloren.«
»Gut formuliert«, sagte Wei und nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. »Allerdings waren die anderen zuerst da und verfügen über Informationen, die wir nicht haben.«
»Dann müssen wir uns eben selbst schlaumachen.«
»Da haben Sie recht. Aber Sie haben so viel anderes zu tun, Oberinspektor Chen. Lassen Sie mich die Kleinarbeit machen, ich halte Sie auf dem Laufenden.«
»Sie sind mit den Ermittlungen beauftragt, Wei«, sagte Chen und fragte sich, ob in den Worten seines Kollegen ein gewisser Sarkasmus mitklang. »Ich bin lediglich der Berater Ihres Teams. Natürlich können Sie mich jederzeit anrufen.«
Während Wei um die Ecke Yan’an Lu verschwand, wanderte Chens Blick zu der Fußgängerüberführung hinauf. Er zog sein Handy aus der Tasche.
3
Oberinspektor Chen Sass in seinem neuen Büro – dank seiner Beförderung zum Vizeparteisekretär war es größer als sein früheres – und arbeitete sich durch Massen von Papierkram, den er für gewöhnlich bis zur letzten Minute aufschob, der ihm heute aber perverses Vergnügen bereitete.
In seiner Erinnerung klang etwas nach, was Professor Yao in seinem Vortrag gestern gesagt hatte. Das Rätsel China – ein Sammelbegriff für die spezifischen Probleme seines Landes – beschäftigte ihn. Abwesend blätterte er einen Stoß Papiere durch und überflog nur die Überschriften, bevor er mechanisch seine Unterschrift daruntersetzte.
Er fragte sich, ob auch Zhous Tod Teil dieses Rätsels war. Bislang hatte der Oberinspektor praktisch nichts für die Ermittlungen getan, die er als Berater begleiten sollte. Chen hatte kaum Anhaltspunkte, mit denen er arbeiten konnte. Die Akte, die er erwähnt hatte, war lediglich ein Vorwand gewesen, um das Hotel verlassen zu können. Aber über die Zeit vor dem Skandal gab es ausreichend Material zu Zhou. Ein Stapel Zeitungsausschnitte lag in einer Ecke von Chens Schreibtisch, doch alle stammten aus den offiziellen Medien und betrafen Zhous Arbeit als Direktor der Behörde für Wohnungsbauentwicklung.
Zhou hatte eine steile Karriere gemacht und war von einem gewöhnlichen Arbeiter in einem kleinen Nachbarschaftsbetrieb in den späten Siebzigerjahren aufgestiegen zu seiner heutigen Position. Er hatte in der sich dramatisch verändernden Stadtlandschaft eine immense Zahl von Wohnungsbauprojekten auf den Weg gebracht. Selbst ein Shanghaier wie Chen fand sich zwischen den Wolkenkratzern kaum noch zurecht, die in letzter Zeit aus dem Boden schossen wie Bambus nach dem Frühlingsregen. Es war daher erstaunlich, dass eine Menschenfleischsuche, ausgelöst durch eine Schachtel Zigaretten, einen Goliath wie Zhou zu Fall bringen konnte.
Laut Parteisekretär Li hatten die Internetrecherchen der Netzbürger weitere Verfehlungen von Zhou ans Licht gebracht, woraufhin das shuanggui eingeleitet worden war. Darüber stand natürlich nichts in den Zeitungsausschnitten auf Chens Schreibtisch. Der Oberinspektor schob sie zu einem ordentlichen Stapel zusammen und lehnte sich seufzend zurück.
Die Parteiführung pflegte ihre Beamten selektiv und »vertraulich« zu bestrafen, von solchen Maßnahmen gelangte in der Regel kaum etwas an die Öffentlichkeit.
Chen suchte Zhou im Internet. Zu seiner Überraschung waren mehrere Websites blockiert, deren Einträge sich mit dem Fall beschäftigten. Selbst von Seiten, die er öffnen konnte, ließ sich Material zum Fall Zhou nicht herunterladen; er bekam nichts als Error-Meldungen. Insgesamt fand er im Internet zu Zhou kaum mehr als eine Kurzfassung dessen, was in den offiziellen Medien über ihn berichtet wurde. Die Kontrolle des Internets war Chen zwar nicht neu, aber ihr Ausmaß und ihre Effizienz beunruhigten ihn.
Chen wandte sich wieder dem leidigen Papierkram zu, der ihm alle Energie raubte. Er massierte sich die Schläfe zunächst mit einem, dann mit beiden Fingern, und sein Blick wanderte zu der vergilbten Ausgabe des Diamant-Sutra, eine buddhistische Schrift, die seine Mutter ihm geschenkt hatte. Darin wurde man belehrt, dass alles in dieser Welt des roten Staubes Illusion sei und man sich an nichts binden und sich im Loslassen üben solle. Er fragte sich, ob er wohl die Zeit finden würde, heute Nachmittag bei seiner Mutter im Krankenhaus vorbeizuschauen.
Er wollte das Buch eben zur Hand nehmen, als Hauptwachtmeister Yu, ohne anzuklopfen, hereinplatzte.
Yu war sein langjähriger Partner und Freund. Genaugenommen war Chen nach wie vor Leiter der Sonderkommission, aber da er häufig unterwegs war, hatte Yu praktisch die Leitung der Abteilung inne.
Es war nicht das erste Mal, dass Yu das neue Büro betrat. Dennoch glitt sein Blick über die imposante Ausstattung, bevor er den großen 25-Zoll-LCD-Bildschirm auf Chens Schreibtisch eines Kommentars würdigte.
»Dieselbe Größe wie der von Parteisekretär Li, Chef.«
»Du bist doch wohl nicht gekommen, um mir das zu sagen, oder?«
»Nein, Peiqin hat gerade angerufen und gefragt, ob du am Wochenende zum Essen kommst.«
Yus Frau Peiqin war eine wunderbare Gastgeberin und Köchin. Sie hatte Chen schon oft mit ihren Kochkünsten verwöhnt.
»Gibt es einen Anlass?«
»Wir feiern, dass Qinqin die Aufnahmeprüfung für die Fudan-Universität geschafft hat. Wir hätten das eigentlich schon vor einem Monat tun sollen.«
»Das ist tatsächlich ein Grund zum Feiern. Der Besuch einer so ausgezeichneten Universität wie der Fudan sichert ihm gute Chancen für die Zukunft. Aber wegen des Wochenendes bin ich mir nicht sicher, da muss ich erst im Kalender nachsehen. Ich sage dir dann Bescheid.«
»Wäre schön, wenn es klappt. Außerdem hat sie gesagt, du könntest gern jemanden mitbringen.«
»Nicht schon wieder!« Chen wusste genau, was damit gemeint war – er sollte eine Freundin mitbringen. »Peiqin ist ja noch schlimmer als meine alte Mutter.«
»Übrigens habe ich Wei heute Morgen im Großraumbüro getroffen. Er sei mit einem Fall betraut worden, sagt er, aber eigentlich solltest du diese Ermittlungen führen.«
»Welchen Fall meint er denn?«
»Ein Parteifunktionär, der während eines shuanggui Selbstmord begangen hat.«
»Ach, den. Wir arbeiten gemeinsam an dem Fall, aber ich fungiere nur als Berater.«
»Wieso das? Vermutet man etwa, dass da nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist?«
»Wahrscheinlich ist es nur eine Formsache«, erwiderte Chen. »Wo wir gerade dabei sind, was weißt du über die Marke 95 Supreme Majesty?«
»Hast du denn nie eine geraucht?«
»Habe nur davon gehört.«
»Aber die Marke Panda kennst du doch.«
»Ja.«
»In den Achtzigerjahren wurde diese Marke für Deng Xiaoping hergestellt – und zwar exklusiv für ihn. Die besten Zigaretten der Welt.«
»Und davor gab es die Marke China, exklusiv für Mao«, sagte Chen und nickte. »Im alten China nannte man ein solches Produkt gongpin – dem Kaiser vorbehalten.«
»Heutzutage kann man sowohl China als auch Panda auf dem freien Markt kaufen, sofern man es sich leisten kann. Deshalb produziert mittlerweile jede Provinz ihre Spezialmarke für die führenden Kader in der Verbotenen Stadt, und 95 Supreme Majesty ist eine davon, sogar noch teurer als die Marken China und Panda.«
»Ja, das leuchtet ein. 95 Supreme Majesty – allein schon der Name. Die Anspielung auf den Kaiser macht Eindruck in einem Zeitalter des ostentativen Konsums.«
»Aber was haben die Zigaretten mit dem Fall zu tun?«
»Zhou wurde angeprangert, weil im Internet ein Bild auftauchte, auf dem er eine Packung 95 Supreme Majesty vor sich liegen hat.«
»Interessant, ich erinnere mich, dass Peiqin davon erzählt hat: Ein Parteikader, der interniert wird, erkennt die Zeichen an der Wand und zieht die Konsequenzen.«
»Da magst du recht haben«, erwiderte Chen, ohne näher darauf einzugehen.
»Gib mir wegen des Wochenendes Bescheid«, sagte Yu, bevor er das Büro verließ.
Am Nachmittag kam Hauptwachtmeister Wei in Chens Büro.
Er nahm auf dem Stuhl gegenüber Platz und begann seinen Bericht mit einem für diesen erfahrenen Polizisten untypischen Zögern. Laut Wei wohnten sowohl Jiang als auch Liu weiterhin im Hotel, angeblich um die Untersuchung zu den Korruptionsvorwürfen fortzuführen, sozusagen parallel zu den polizeilichen Ermittlungen, die sich mit den Umständen von Zhous Tod befassten. Das machte die Sache für Wei insofern heikel, als Jiang und Liu in der Hierarchie über ihm standen. Sie sahen in dem Hauptwachtmeister keinen gleichberechtigten Mitarbeiter, sondern einen Untergebenen, weshalb er nicht frei arbeiten konnte.
»Liu ist zwar heute Morgen an seine Dienststelle zurückgekehrt, aber Jiang macht keine Anstalten, das Feld zu räumen. Er hat mir keine präzisen Gründe genannt, warum Zhou festgesetzt wurde. Natürlich hat die Menschenfleischsuche Probleme aufgeworfen, aber was genau hat die Disziplinarbehörde zu dem shuanggui veranlasst? Jiang sagt, er habe sich darauf konzentriert, wie die Bilder überhaupt ins Internet gelangen konnten. Genaueres hat er mir darüber aber nicht erzählt.«
Chen wusste, worauf Wei hinauswollte. In einem Mordfall hat der Täter normalerweise ein Motiv. Rache beispielsweise. Also konnte derjenige, der Zhou im Internet bloßgestellt hatte, auch der Mörder im Hotel gewesen sein.
Aber wer ging denn so weit, wo Zhou doch bereits festsaß?
»Ich weiß nicht, was Jiang im Schilde führt. Zhous Tod hätte doch einfach als Selbstmord deklariert werden können. Jiang hätte uns gar nicht hinzuziehen müssen.«
Chen hörte zu, sah aber keinen Anlass, Wei zu unterbrechen.
»Und dieses Hotel«, fuhr Wei fort, »ist wirklich ein seltsames Haus. Zeitweilig ganz oder teilweise für den Publikumsverkehr geschlossen, wenn die Stadtregierung dort hohe Kader unterbringt. So zum Beispiel die beiden Beamten und ihr shuang-gui-Opfer. Die anderen Gäste mussten den etwas abgelegenen dritten Stock räumen, damit niemand außer den dreien dort wohnte. Sogar das Personal, das dort Zutritt hat, ist besonders geschult. Und Besucher müssen sich, wie Sie ja wissen, registrieren lassen, wenn sie das Gebäude betreten.
Ich konnte mit einigen Angestellten sprechen, ohne dass die beiden dabei waren. Zhou wurde zuletzt um 22.20 Uhr am Vorabend gesehen, als ein Kellner ihm eine Schale Über-die-Brücke-Nudeln auf sein Zimmer brachte. Seine Aussage wird durch das Video der Sicherheitskamera im dritten Stock bestätigt. Danach ist niemand mehr auf dem Band zu sehen.«
»Strenge Sicherheitsvorkehrungen sind für ein shuanggui nichts Außergewöhnliches. Die Partei befürchtet, dass Details über korrupte Kader an die Öffentlichkeit dringen könnten«, gab Chen zu bedenken. »Und was hat die Autopsie ergeben?«
»In Zhous Körper wurden große Mengen eines Beruhigungsmittels gefunden. Nach Angaben seiner Familie hat er schlecht geschlafen und häufig Schlaftabletten genommen. Er könnte eine Handvoll eingeworfen haben, bevor er zu Bett ging.«
»Ja?«
»Aber irgendwie passt das nicht zusammen, Oberinspektor Chen. Zhou bekam die Nudeln kurz nach zehn, also müssen wir annehmen, dass er die Pillen gleich im Anschluss genommen hat, sagen wir um halb elf. Aber der Zeitpunkt des Todes wurde auf Mitternacht geschätzt, also anderthalb Stunden später. Um diese Zeit sollte er eigentlich fest geschlafen haben, falls die Tabletten wirkten.«
»Könnte er die Tabletten nicht vor dem Essen genommen haben?«
»Wohl kaum, denn da hatte er ja gerade den Zimmerservice bestellt. Womöglich wäre er dann eingeschlafen, bevor sein Essen gekommen wäre. Es ist also eher wahrscheinlich, dass er sie nach den Nudeln eingenommen hat.«
»Mal angenommen, er hat sie nach den Nudeln geschluckt, dann könnte es ja auch sein, dass er trotz der Pillen nicht einschlafen konnte.«
»Aber er wird doch nicht, nachdem er Schlaftabletten genommen hat, plötzlich aufgestanden sein und sich im Hotelzimmer nach einem Seil umgesehen haben, mit dem er sich anschließend erhängte.«
»Nein, in der Regel findet man in Hotelzimmern keine Seile. In diesem Punkt gebe ich Ihnen recht«, sagte Chen. »Aber welches andere mögliche Szenario fällt Ihnen denn ein?«
»Nach Aussage des Hotelpersonals wirkte Zhou an jenem Abend keineswegs depressiv oder anders als sonst. Die Verpflegung war gut, und er scheint seinen Appetit nicht verloren zu haben, denn er hatte zum Abendessen bereits eine große Portion Bratreis nach Yangzhou Art zusammen mit einer Rinderbrühe verzehrt. Drei Stunden später ließ er sich dann die Nudeln aufs Zimmer bringen.«
Allmählich dämmerte es Chen. Die Behörden hatten Zhous Tod von Anfang an als Selbstmord darstellen wollen, der unter diesen Umständen ja durchaus plausibel erschien. Chen würde also, abgesehen von seiner Beratertätigkeit, kaum etwas zu tun haben. Andererseits konnte ein derartiger Vorfall, ein Mord während der Internierung durch die Partei, für die Stadtregierung unangenehme Fragen aufwerfen. Dennoch schienen Hauptwachtmeister Weis Ermittlungen in genau diese Richtung zu deuten. Dies offenzulegen wäre keinesfalls im Interesse der Partei. Deshalb verweigerte Jiang die Kooperation.
Aber Wei war Polizist. Es war seine Aufgabe, in alle Richtungen zu ermitteln. Und Chen war ebenfalls Polizist.
Nachdem Hauptwachtmeister Wei das Büro verlassen hatte, brütete der Oberinspektor lange über seinen Notizen, bevor er zum Hörer griff und Yu anrief.
4
Peiqin war allein zu Hause und las einen Blogeintrag über vergiftetes Schweinefleisch, das auf den Markt gelangt war. Wie immer versuchte sie, sich nicht über Politik aufzuregen, sondern sich mit den kleinen, aber wichtigen Belangen zu befassen, die ihre Familie unmittelbar betrafen.
Der Blog war überschrieben mit »Schweinemäster essen kein Schweinefleisch«. Er enthüllte die schockierende Tatsache, dass die meisten Schweine mit einer Futtermischung gemästet wurden, die unter anderem Hormonzusätze enthielt, damit die Tiere schneller wuchsen, außerdem Schlafmittel, damit sie den ganzen Tag schliefen und kein Gewicht verloren, sowie Arsen, das sie rosig und gesund erscheinen ließ. Zu den Zusätzen zählten auch gängige chemische Verbindungen wie Ractopamin und Clenbuterol, auch unter dem Namen Magerfleischessenz bekannt. Sie machten es den Bauern möglich, trotz geringerer Futtermenge mehr mageres Fleisch zu produzieren. Um die Folgen für die Verbraucher kümmerten sich die Schweinemäster nicht. Für ihren privaten Konsum hielten sie ein oder zwei Schweine, die sie mit natürlichem Futter aufgezogen.
Frustriert hämmerte Peiqin mit der Faust auf den Tisch und fragte sich, wie verlässlich solche Informationen waren. Sie hatte tatsächlich den Eindruck, dass das Schweinefleisch heutzutage anders schmeckte als früher.
Es hieß, dass für hochrangige Kader ausreichend Schweinefleisch und andere Fleischsorten aus organischer Aufzucht zur Verfügung stünden, die zwar wesentlich teurer waren, aber über das Spesenkonto abgerechnet wurden. Einfache Leute wie Peiqin und Yu konnten sich solche Produkte natürlich nicht leisten.
Und nicht nur das Schweinefleisch war vergiftet, überlegte Peiqin, als sie aufstand, um sich eine Tasse Tee einzuschenken. Gemüse wurde mit DDT besprüht, Fische in kontaminiertem Wasser aufgezogen und sogar die Teeblätter – zumindest manche – waren angeblich mit grüner Farbe behandelt. Misstrauisch starrte sie in ihre Teetasse.
»Was ist los mit China?«
Wenhui.