Erfolgsfaktoren und Fehlerquellen
F.A.Z.-eBook 17
Frankfurter Allgemeine Archiv
Projektleitung: Franz-Josef Gasterich
Produktionssteuerung: Christine Pfeiffer-Piechotta
Redaktion und Gestaltung: Hans Peter Trötscher
eBook-Produktion: rombach digitale manufaktur, Freiburg
Alle Rechte vorbehalten. Rechteerwerb: Content@faz.de
© 2013 F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main.
Titelgestaltung: Hans Peter Trötscher. Foto: © Jürgen Priewe / Fotolia
ISBN: 978-3-89843-239-9
Von Hans Peter Trötscher
Von Sven Astheimer
»Gestaltet eine zeitgemäße Führungskultur!
Eine Hochglanzbroschüre reicht nicht. Führung braucht ein gemeinsames Verständnis, in dem das besondere Führungsideal eines Unternehmens transparent wird. Bewährt haben sich diesbezüglich Führungsleitbilder, die Orientierung für das Denken und Handeln aller Führungskräfte geben. Die wichtigsten Werte sind Vertrauen zwischen Führungskräften und Mitarbeitern, Klarheit im persönlichen Informationsaustausch, Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern, Vielfalt von Denkweisen und Handlungsansätzen sowie Innovation im Sinne eines Denkens über den Tellerrand hinaus. Nur wenn die Leitsätze von allen Führungskräften – vom Topmanager bis zum Gruppenleiter – verinnerlicht werden, wird die angestrebte Kultur der Führung zu einer Selbstverständlichkeit. Das Führungsleitbild muss im Unternehmen etwa in Betriebsversammlungen, in Mitarbeiterzeitschriften und im Intranet präsentiert werden, es muss darüber eine konstruktive Auseinandersetzung geben, und der Praxistransfer etwa durch Führungsworkshops muss vorbereitet sein.
»Identifiziert diejenigen, die führen können und wollen!«
Die Führungskultur ist nur das Bühnenbild, entscheidend sind die Akteure. Deshalb kommt der Identifizierung der Führungspotentialträger erhebliche Bedeutung zu. Wichtig ist, sowohl auf Talent als auch auf Motivation zu achten. Denn was nützt es, wenn einer könnte, aber nicht wirklich will. Um herauszufinden, wie ausgeprägt beides ist, braucht es geeignete eignungs- und potentialdiagnostische Instrumente. Dazu gehören die Verhaltensbeobachtung, Interviewtechniken, psychometrische Tests und das Assessment Center. Dabei sollten nur solide konstruierte Verfahren zum Einsatz kommen. Alles, was mit der Diagnose von Persönlichkeit zu tun hat, sollte ausschließlich durch erfahrene Fachleute durchgeführt werden. Oder ließen Sie sich gerne von der Oberschwester operieren, nur weil diese bei der Operation schon 100 Mal zugesehen hat?
»Entwickelt Eure Führungskräfte systematisch!«
Die Richtigen in eine Führungsverantwortung zu bringen reicht aber nicht aus. Ebenso notwendig ist deren konsequente Entwicklung. Angesichts der immensen Bedeutung individueller sozialer Kompetenzen für den Führungserfolg sollte hier eine Erweiterung des Curriculums weg von den präferierten »hard skills« zu notwendigen »soft skills« erfolgen. Erforderlich sind individuell angepasste Entwicklungskonzepte, in denen geeignete Ansätze und Instrumente (Selbstlernen, Unterweisung, Coaching, Projektarbeit, Trainings) zu einer integrierten Entwicklung verbunden werden. Das in Deutschland sehr weit verbreitete »Kurswesen«, das eher an eine Volkshochschule als an eine Business University erinnert, verspricht dagegen wenig Erfolg.
»Überprüft Führungserfolg regelmäßig!«
Um die individuelle Entwicklung gestalten zu können, ist eine regelmäßige Evaluation der tatsächlichen Führungsleistung unerlässlich. Dies kann durch jährliche Führungsfeedbacks erfolgen, in denen die Mitarbeiter ihren direkten Vorgesetzten anhand klar definierter Kriterien einschätzen. Dafür wäre das erwähnte Führungsleitbild der Bezugsrahmen, womit sich der Kreis schließen würde. Besonders spannend wird es, wenn Führungsleistung und Geschäftserfolg in Beziehung zueinander gesetzt werden. Gute Führung sollte zu guten Ergebnissen führen. Generell gilt: Die Evaluationsergebnisse müssen Konsequenzen haben. Gute Führung muss sich lohnen, als eine notwendige Voraussetzung für die weitere berufliche Entwicklung. Schlechte Ergebnisse müssen geahndet werden, vor allem dann, wenn sie in Serie produziert werden: Wer es nicht bringt, muss entwickelt oder in eine andere Laufbahn versetzt werden. Und wer es auf Dauer weder hier noch da bringt, muss konsequenterweise aus dem Management, möglicherweise sogar aus dem Unternehmen ausscheiden.
»Schafft Alternativen zur Führungslaufbahn!«
Management ist mehr als Führung. Fach- und Projektmanagementkompetenz müssen ebenso gewürdigt und entsprechende Laufbahnen angeboten werden. Dabei sollte vor allem deren Gleichwertigkeit gesichert sein. Eine Karriere als Führungskraft darf nicht reputationsstärker oder finanziell lukrativer als ihre Alternativen sein. Dies lässt sich sicherstellen, indem man vergleichbare Positionen wie Abteilungsmanager, Fachmanager und Projektmanager schafft, die vergleichbar eingestuft und vergütet werden. Allerdings darf die Beförderung innerhalb von Fach- oder Projektkarrieren kein Automatismus sein. Sonst wird es für das Unternehmen einfach nur teuer. Es bedarf der gleichen Stellenbeschreibungen und Anforderungsprofile wie in der Führungslaufbahn.
Aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 20.4.2013
Von Georg Giersberg
Hinzu komme Charakter, auf den es bei vielen Entscheidungen ganz entscheidend ankomme. Zwar würde er nicht so weit gehen wie eine Unternehmerin, von der überliefert ist, dass sie auch den qualifiziertesten Bewerber nicht einstellen würde, der vergesse, sich für eine Tasse Kaffee zu bedanken, die ihm von der Sekretärin gereicht wird. »Ich würde ihm eine zweite Chance geben«, sagt Maucher. »Bei einem Blick in die Augen erkennen Sie dann, ob der junge Bewerber nur nervös und damit ein noch ungeschliffener Diamant‘ ist oder ob der einen mangelhaften Charakter hat. Charakter und Persönlichkeit sind für Führungskräfte die alles entscheidenden Eigenschaften.« Das werde von der Theorie unterschätzt.
Dieses Fazit zog Maucher in Frankfurt anlässlich der Vorstellung des gemeinsam mit dem Wissenschaftler und Managementforschers Fredmund Malik und Farsam Farschtschian (Strategieberater der Deutschen Bank) herausgegebenen Buches »Maucher und Malik über Management. Maximen unternehmerischen Handelns« (Campus-Verlag). Mit der Forderung nach einer breiter angelegten Bildung steht Maucher nicht allein. Ein zweites Buch (Burkhard Schwenker/Mario Müller-Dofel: Gute Führung. Brunomedia Verlag) kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Schwenker, lange Jahre Vorstandsvorsitzender und Aufsichtsratsvorsitzender der Strategieberatung Roland Berger, fordert darin ein wirtschaftswissenschaftliches Studium, das »auf Breite setzt, philosophische Grundlagen legt, Werte einbezieht und Bildung vermittelt«.
Die Verkürzung von Management auf Kennziffern sei ein Fehler, beklagt der St. Gallener Wissenschaftler Malik. Solange man Zahlen habe, sei sogar alles ganz einfach. »Wirkliche Führung beginnt dort, wo das Rechnen aufhört.« Management – er spreche statt von Führung und Führer lieber von Management und Leader – sei eine gesellschaftliche Funktion, die alles andere zum Funktionieren bringe. »Führung oder Management macht aus Ressourcen Ergebnisse«, sagt Malik. Führung bediene sich dafür der Betriebswirtschaftslehre, benötige darüber hinaus aber auch Ethik und naturwissenschaftliche Erkenntnisse, eben Bildung in einem weitesten Sinn. »Führung bedarf der Generalistenperspektive«, betont Malik wie auch Maucher. »Es gibt Dinge, die man nur versteht, wenn man nicht Fachmann ist«, gehört zu dem Management-Repertoire von Maucher. Gute Experten seien nämlich in der Regel keine guten Führungskräfte – ohne Kenntnis des Geschäfts könne man aber auch nicht gut führen. Man brauche schon Sachkenntnis; von den sogenannten Jobhoppern, die alle paar Jahre das Unternehmen wechseln, hält Maucher nichts. Eine künftige Führungskraft müsse auch einmal beweisen, über einen längeren Zeitraum einen Bereich oder ein Unternehmen erfolgreich zu führen, müsse auch mal Durchhaltevermögen zeigen. Personalführung sei immer der Spagat zwischen Erfahrung halten und frischem Blut zuführen.
Gute Manager brauchen vor allem Mut, Nerven und Gelassenheit, ist Maucher überzeugt. Nur wer Charakter habe, widerstehe dem Mainstream und sei in der Lage, früh und umfassend zu kommunizieren. Die Kommunikation nach oben – zu Vorstand und Aufsichtsrat – wie die zu den Mitarbeitern müsse dabei immer aufrichtig sein. »Ich muss die Wahrheit sagen. Ich muss praktizieren, was ich predige. Und wenn wir restrukturieren, müssen wir dem Mitarbeiter sagen, was der Umbau für ihn bedeutet und dass wir ihn nicht ins Elend stürzen. Persönliche Katastrophen muss man abfangen«, schreibt Maucher in seinem Buch. Er kann darauf verweisen, um Entlassungen zu vermeiden, auch einmal ein Werk verschenkt zu haben. Der Käufer musste damals nur einen symbolischen Preis von einem britischen Pfund zahlen.