Rechtsmedizin ist Teamarbeit, deshalb danke ich all denen, die mich bei den geschilderten Fällen jeweils tatkräftig unterstützt haben. Aber auch die Arbeit an einem Buch funktioniert nicht ohne aufmerksame und Rat gebende Helfer. Deshalb danke ich, gemeinsam mit meinem Co-Autor Lothar Strüh, allen, die dieses Buch mit ihren Anregungen, ihrer Unterstützung und wertvollen Hinweisen bereichert haben. Ich hoffe sehr, dass ich in der Hitze des Gefechts und vor allem in der Hitze des Sommers 2010 niemanden vergessen habe:
Dr. Sibylle Banaschak, Institut für Rechtsmedizin, Köln
Dr. Claas Buschmann, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Dr. Andreas Correns, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Dr. Edwin Ehrlich, Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin, Berlin
Dr. Veit Etzold, Barcelona, Berlin
KOK Martin Fornahl, Kriminalpolizeiaußenstelle Brunsbüttel
Dr. Saskia S. Guddat, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Dr. Sven Hartwig, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Dr. Sarah Heinze, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Prof. Dr. Frank Heppner, Institut für Neuropathologie der Charité, Berlin
Dr. Sieglinde Herre, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Oberstaatsanwalt Ralph Knispel, Staatsanwaltschaft Berlin
Dr. Klaus Krocker, Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin, Berlin
Cornelia Martius, Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin, Berlin
Claus Meyer-Höper, Kiel
Priv.-Doz. Dr. Marion Nagy, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Dr. Lars Oesterhelweg, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Prof. Dr. Klaus Püschel, Institut für Rechtsmedizin, Hamburg
Prof. Dr. Fritz Pragst, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Inken Ramelow, HAMBURG on air, Hamburg
Dr. Benno Rießelmann, Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin, Berlin
Prof. Dr. Lutz Roewer, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Dr. Frank Rosenbaum, Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin, Berlin
Rechtsanwalt Thomas Trapp, Lennestadt
Dr. Erdmute Tsokos-Seifert, Kronshagen
Werner Wahls, Köln
Rechtsanwalt Bernd O. Weber, Hamburg
Meiner Frau Anja danke ich für ihren Einsatz als kritische Testleserin und für ihre endlose Geduld, wenn ich mal wieder – wie leider so oft – nicht abkömmlich war.
Das Buch
Der Sammelband vereint die spannendsten und spektakulärsten Fälle von Deutschlands bekanntestem Rechtsmediziner. Professor Dr. Michael Tsokos schildert unglaubliche Todesfälle, die er allesamt selbst untersucht hat.
Ein verkohltes Skelett auf der Rückbank eines ausgebrannten Wagens. Eine Frau mit ausgestochenen Augen. Eine Wasserleiche, gekleidet im Stil des 19. Jahrhunderts. Zugleich liefert er eine kompetente wie verständliche Einführung in die Arbeitsweise der Forensik. Ein Sachbuch-Krimi, den man so schnell nicht wieder aus der Hand legt.
»Realistischer als jeder Krimi. Michael Tsokos zeigt uns: Nichts ist spannender als die Wirklichkeit.« Frank Schätzing
Der Autor
Prof. Dr. Michael Tsokos, 42, leitet das Institut für Rechtsmedizin der Charité und das Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin in Berlin. Als Mitglied der Identifizierungskommission des Bundeskriminalamtes war er an zahlreichen gerichtsmedizinischen Projekten im In- und Ausland beteiligt, u. a. 1998 in Bosnien. Für seinen Einsatz zur Identifizierung deutscher Tsunami-Opfer in Thailand erhielt er 2005 den Medienpreis Bambi.
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ISBN 978-3-8437-0478-6
Neuausgabe im Ullstein Taschenbuch
1. Auflage April 2013
Der Totenleser: © Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2010
Dem Tod auf der Spur: © Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2009
Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München
Titelabbildung: © FinePic, München/Helmut Henkensiefken
Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach
Central Europe, Hamburg GmbH
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eBook: CPI – Clausen & Bosse, Leck
Dreizehn spektakuläre Fälle
aus der Rechtsmedizin
Ein Wort in eigener Sache
Die (un)bekannte Wahrheit – ein erster Blick hinter die Kulissen
Die Fälle
Das Skelett auf der Rückbank
Unter die Räder gekommen
Tod auf Knopfdruck
Nackte Tatsachen
Entzweigeteilte Ermittlung
Ein tödliches Wunder
Tatwaffe Feuer
Der Mann, der vom Himmel fiel
Untergetaucht
Tödliche Ladung
Der Fall Jessica
Erhalten für die Ewigkeit
Der Fall Rosa Luxemburg
Was heißt hier spektakulär? – Ein Resümee
Das Ziel allen Lebens ist der Tod, sagte Sigmund Freud. Damit hat er ins Schwarze getroffen, denn jeder Mensch stirbt schließlich irgendwann – entweder eines natürlichen oder eines nicht-natürlichen Todes.
Ein natürlicher Tod ist krankheits- oder altersbedingt. »Nicht-natürlich« nennen wir all die Todesfälle, die von außen verursacht oder bewusst herbeigeführt werden, z.B. durch Verbluten nach Schuss- oder Stichverletzungen, ein Schädel-Hirn-Trauma nach einem Verkehrsunfall, Schläge gegen den Kopf oder auch eine Vergiftung, sei es mit Medikamenten, Drogen oder anderen Substanzen.
Wir Rechtsmediziner kommen immer dann ins Spiel, wenn Zweifel an einer natürlichen Todesursache bestehen. Und das ist deutlich häufiger der Fall, als man allgemein denkt. In all diesen Fällen ist es unsere Aufgabe, Licht ins Dunkel zu bringen – für die Ermittler wie für die Hinterbliebenen.
Durchschnittlich 900000 Todesfälle ereignen sich pro Jahr in Deutschland, gut drei Prozent davon sind nicht-natürlicher Art. Das heißt: Drei von hundert Menschen in unserem Land sterben nicht durch Krankheit oder Alter, sondern durch Unfall, Mord oder Suizid. Das allein ist erschreckend genug. Was die Sache noch erschreckender macht: Viele nicht-natürliche Todesfälle bleiben unerkannt, weil bei der Feststellung der Todesursache kein Rechtsmediziner hinzugezogen wird. Weil mancher Tod natürlich erscheint, es aber nicht ist.
Tote haben leider immer noch keine Lobby, frei nach Sabine Rückert1. Und während in angelsächsischen Ländern und den USA ein amtlich bestellter und speziell ausgebildeter Leichenbeschauer – ein Coroner oder Medical Examiner – jeden Toten untersucht, bevor er bestattet wird, kann bei uns ein Arzt jeder Fachdisziplin, sei er Labormediziner, Gynäkologe, Orthopäde, Pharmakologe oder Allgemeinmediziner, die Leichenschau durchführen. Ein Arzt kann bei einer äußeren Leichenschau aber kaum erkennen, ob der Verstorbene z. B. von seinen Verwandten mit Herzglykosiden oder anderen Medikamenten vergiftet wurde. Auch eine dezente Einstichstelle, an der z.B. Luft in eine Vene injiziert wurde, kann sich leicht der Aufmerksamkeit des rechtsmedizinisch nicht erfahrenen Leichenbeschauers entziehen. Häufig ist es ja der Hausarzt, der von der Familie zur Feststellung des Todes gerufen wird. Eben der Arzt, der den Verstorbenen vor dem Tod behandelt hat. Dieser Arzt könnte leicht das Missfallen der Familie erregen und dadurch auch seine Patienten verlieren, wenn er nun anfinge, grelles Licht anzuschalten, den Verstorbenen vollständig zu entkleiden, von allen Seiten zu untersuchen, in jede Körperöffnung zu schauen oder explizit, gegebenenfalls sogar vor den Angehörigen, nach Würgemalen zu suchen. Auch das Durchwühlen des Mülleimers vor Ort, um zu schauen, ob sich darin nicht irgendwelche Medikamentenfläschchen oder Spritzen befinden, würde bei den Angehörigen sicher nicht auf Wohlwollen stoßen. Hat der Arzt dann aber den Totenschein auf natürlichen Tod erst einmal ausgestellt, ist es meist zu spät. Ist der Verstorbene erdbestattet, können in der Regel nur äußerst gravierende Gründe eine Exhumierung bewirken. Und ist der Leichnam erst kremiert, also verbrannt, ist alles zu spät. Eine Stunde im Krematorium bei 800 bis 1000 Grad vernichtet jeden Beweis. Von dem Verstorbenen ist nach der Kremation nichts weiter als ein Häufchen Asche übrig. Dann kann man nicht einmal mehr die Identität des Toten über eine DNA-Analyse nachweisen, geschweige denn Gift oder äußere Gewaltanwendung.
Für eine »Komplettversorgung« wie etwa in den USA bräuchten wir allerdings auch deutlich mehr forensische Spezialisten. In Deutschland gibt es zurzeit nur etwa 250 ausgebildete Rechtsmediziner – vermutlich so wenig wie in keiner anderen medizinischen Disziplin.
Mein Weg in diesen Beruf begann vor mehr als zwanzig Jahren eher unspektakulär. Bei der Bundeswehr sagte mir ein Kamerad, dass man zwei freie Tage bekäme, wenn man sich für den damals noch üblichen »Medizinertest« anmelde. Dieser Medizinertest konnte eine durchschnittliche oder schlechte Abiturnote neutralisieren und ermöglichte bei sehr gutem Abschneiden sogar den Zugang zum Medizinstudium ohne Wartezeit. Ich nahm am Medizinertest teil, bestand ihn und begann kurz darauf das Medizinstudium.
Wie ich es damals geschafft habe, nach Studentenpartys und nur zwei bis drei Stunden Schlaf morgens um sieben Uhr im Anatomiesaal zu stehen, ist mir heute ein Rätsel.
Während des Studiums weckte dann auch zuerst die Anatomie mein Interesse, und ich schwankte ständig zwischen den Überlegungen, später Chirurg, Pathologe, Neurologe, Psychiater oder doch Internist oder Kardiologe zu werden. Als ich dann in einem der letzten Semester, kurz vor dem Staatsexamen, die Vorlesung im Fach Rechtsmedizin hörte, wusste ich, worauf ich immer gewartet hatte. Hier schienen alle Fäden zusammenzulaufen, hier fand ich zum einen auf Grundlage der Anatomie und Pathologie den gesamten medizinischen Fächerkanon wieder, zum anderen reizte mich die psychologische Komponente. Kein anderer Arzt schaut so tief in die menschlichen Abgründe wie der Rechtsmediziner.
Seit meiner damaligen Entscheidung, mich auf Rechtsmedizin zu spezialisieren, sind fast zwei Jahrzehnte vergangen, davon 15 Jahre in der Rechtsmedizin. In dieser Zeit habe ich etwa 9500 Obduktionen verantwortlich durchgeführt, war bei mehr als 14000 weiteren Obduktionen zugegen und habe in den verschiedensten Leichenhallen und Krematorien Norddeutschlands etwa 33000 äußere Leichenschauen durchgeführt. An den beiden rechtsmedizinischen Instituten in Berlin, deren Direktor ich bin – dem Institut für Rechtsmedizin der Charité und dem Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin –, werden pro Jahr knapp 2000 Obduktionen durchgeführt.
Ich werde oft gefragt, wie ich es aushalte, in diesem Beruf zu arbeiten, täglich auf so direkte Weise mit dem Tod konfrontiert zu werden. Die Frage ist berechtigt, denn ich habe mit Sicherheit mehr Leid und Grauen gesehen als 99 Prozent der Menschen in unserer Gesellschaft. Feuerwehrleute und Polizisten, die schreckliche Dinge gesehen haben, werden psychologisch betreut, bekommen professionelle Supervision. Wie also verarbeite ich meine Eindrücke?
Ich kann Ihnen versichern, ich bin weder drogenabhängig noch Feierabendalkoholiker, weder depressiv noch traumatisiert. Ich schlafe nachts sehr gut und bin noch nie aus Alpträumen hochgeschreckt, die irgendetwas mit meinem Beruf zu tun hatten. Auch wenn mein Job wie kein anderer ist, kompensiere ich den Stress, die Anspannung und auch die besonderen Herausforderungen, die dieser Beruf mit sich bringt, genau so, wie es »normale« Arbeitnehmer bei ihren »normalen« Jobs machen: mit Laufen an der Spree oder im Tiergarten, Wochenenden an der Ostsee mit meiner Familie, Treffen mit Freunden, mit Kino, Theater oder einem spannenden Buch. Und auch wenn wir im Sektionssaal keine Musik hören, wie es bei den Kollegen im Fernsehen zuweilen der Fall ist, so ziehen wir Rechtsmediziner nicht mit Leichenbittermiene durchs Leben. Und in der Art, wie wir miteinander umgehen, sind wir nicht anders als andere erfolgreiche Teams in ihren Berufen. Aber etwas ist sowohl für mich als auch für meine Kolleginnen und Kollegen sehr wichtig: In unserem Beruf muss man objektiv bleiben und Distanz halten: zu dem Geschehen, zu den Opfern, zu den Tätern und zu den eigenen Emotionen. Wir sind Sachverständige, keine Prediger und keine Richter. Emotionen würden uns die Objektivität nehmen, die wir brauchen, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. Die Toten können nichts mehr erzählen. Also versuchen wir für sie zu sprechen, indem wir das herausfinden, was sie uns nicht mehr sagen können. Das ist unser Job. Das heißt nicht, dass alles, was es auf der Welt gibt, an uns abprallt, ohne dass es uns emotional berührt. So kann ich mir zum Beispiel nicht vorstellen, als Arzt auf einer Kinderkrebsstation zu arbeiten, wo man täglich das Leiden der kleinen Patienten sieht und oft nicht mehr helfen kann.
Die Schicksale der Verstorbenen, die auf meinem Obduktionstisch im »Saal« landen, sind oft furchtbar, und natürlich ist mir das auch bewusst. Dennoch ist meine Arbeit in erster Linie berufliche Routine. Die besteht im Erheben von Befunden und ihrer Dokumentation, im Sammeln und Auflisten von Fakten, die auf naturwissenschaftlichen Kausalitätsprinzipien beruhen und ausgewertet werden. Wir Rechtsmediziner liefern gerichtsfeste, harte Daten, das ist das Einzige, was wir für die Opfer und ihre Angehörigen tun können. Und es ist die einzig mögliche Art und Weise, unserer übergeordneten Aufgabe gerecht zu werden, die aus meiner Sicht in dem nach wie vor gültigen Diktum besteht: Mortui vivos docent – die Toten lehren die Lebenden. Oder umgekehrt ausgedrückt: Die Lebenden lernen von den Toten.
Wie das? Ist die Rechtsmedizin nicht eine Hilfswissenschaft der Juristerei, die erst dann in Erscheinung tritt, wenn es eigentlich zu spät ist, die zum Einsatz kommt, wenn das »Kind längst in den Brunnen gefallen ist«? Ganz und gar nicht. Dem Menschen, der als Toter in unserem Institut landet, können wir natürlich nicht mehr helfen. Aber die Resultate unserer Untersuchungen helfen den Lebenden.
So ist die Rechtsmedizin neben der Pathologie die Qualitätskontrolle der Medizin schlechthin. Zu unseren Aufgaben gehört es nämlich auch, zu erkennen, ob eine Operationsmethode oder medikamentöse Behandlung versagt hat oder ob Krankheiten nicht rechtzeitig erkannt worden sind und daraus der Tod eines Patienten resultierte. Das ist von besonderer Bedeutung, wenn man bedenkt, dass es in der Medizin ständig neue operative oder medikamentöse Behandlungsmethoden gibt.
Indem die Rechtsmedizin Klarheit darüber bringt, wann, wo und unter welchen Umständen ein Mensch zu Tode gekommen ist, können Mörder und andere Gewaltverbrecher überführt und so weitere potentielle Opfer vor ihnen geschützt werden.
Und schließlich besteht ein wichtiger Teil der rechtsmedizinischen Arbeit darin, unbekannte Leichen zu identifizieren, oft welche, die kaum mehr zu erkennen sind. So können wir den Angehörigen immerhin einen letzten Dienst erweisen, denn ich kann mir kaum etwas Schlimmeres vorstellen, als in ständiger Ungewissheit zu leben, ob ein geliebter Mensch, der vermisst wird, tot oder noch am Leben ist. Ich kenne aus meiner eigenen beruflichen Erfahrung nicht wenige Fälle, in denen Familien darüber zerbrachen und manch einer sein Heil im Alkohol oder gar im Suizid gesucht hat. Möglichst vielen Angehörigen das unerträgliche Hin und Her zwischen Hoffen und Bangen zu ersparen ist sicher nicht weniger wichtig, als zur Aufklärung eines Mordes beizutragen.
Rechtsmediziner zu sein heißt also ganz und gar nicht, sich nur mit dem Tod zu beschäftigen. Stattdessen beschäftigen wir uns aus Sicht des Todes mit dem Leben – und den Lebenden.
Und manchmal stehen wir Rechtsmediziner auf eine sehr spezielle und eigenartige Weise »mitten im Leben«: Als in den neunziger Jahren das oft tödlich endende S-Bahn-Surfen in Mode kam, wurden Rechtsmediziner als Erste Zeugen dieses neuen »Trends«. Genauso war es bei den »Crash Kids«, Jugendlichen, die sich mit gestohlenen Wagen halsbrecherische Rennen lieferten, in der Hoffnung, dass es der Airbag schon richten wird. Tut er auch häufig, aber halt nicht immer. »Komasaufen«, selbsthergestellte Designerdrogen, die tödlich wirken, satanistische Tötungsrituale, Serienmorde oder Sexpraktiken mit tödlichem Ausgang – die Opfer landen zuerst bei uns auf dem Obduktionstisch, meist unbemerkt von Medien und Öffentlichkeit. Und seien Sie versichert, lieber Leser, Sie wollen gar nicht wissen, was alles nicht publik gemacht wird. Denn sonst könnten Sie – im Gegensatz zu mir – nicht mehr ruhig schlafen.
Ein weiteres Beispiel gefällig? Rohstoffpreise sind in letzter Zeit stark gestiegen, insbesondere für Kupfer. Sie meinen, das interessiert nur Börsianer? Weit gefehlt. Manche Menschen ziehen mit Bolzenschneidern los, um Kupferkabel zu stehlen. Allerdings stehen diese Kabel häufig unter Starkstrom. Die verkohlten Leichen mit den Bolzenschneidern landen dann bei uns auf dem Sektionstisch.
Wie Sie sehen, gibt es also gute Gründe, den Tod näher in Augenschein zu nehmen. Das hat sich offenbar schon vor einiger Zeit herumgesprochen, denn in den letzten Jahren hat die Rechtsmedizin einen regelrechten Boom erfahren. Allerdings hauptsächlich in der bunten Welt der Medien. Amerikanische Fernsehserien wie CSI, Crossing Jordan oder Autopsy haben eine begeisterte Anhängerschaft, und auch in den Krimis und Thrillern auf dem Buchmarkt und im Kino werden immer häufiger und detaillierter Obduktionen beschrieben und forensische Aspekte berücksichtigt. Ebenso liest man immer häufiger in der Presse von Obduktionsergebnissen, toxikologischen Befunden und Aussagen der Staatsanwaltschaft zu einem Ermittlungsverfahren, die sich auf rechtsmedizinische Untersuchungsergebnisse stützen.
Leider jedoch ist vieles von dem, was in Romanen, TV-Serien und Kinofilmen an rechtsmedizinischen Zusammenhängen in Umlauf gebracht wird, so fiktional wie die erfundenen Figuren. Deshalb habe ich mich entschlossen, dieses Buch zu schreiben. Damit Interessierte mehr über den tatsächlichen Alltag eines Rechtsmediziners erfahren und über die Details der nicht immer alltäglichen Recherchen am toten menschlichen Körper.
In diesem Buch werde ich von zwölf Todesfällen berichten und anhand dieser Fälle, die sich alle genau so ereignet haben und von mir in den letzten Jahren untersucht worden sind, die Methoden und Untersuchungstechniken der Rechtsmedizin erläutern. In manchen Kapiteln geht es mehr um den Fall und die Rätsel, vor denen die Ermittler standen, in anderen erfahren Sie mehr über Zusammenhänge und Phänomene wie »Leichendumping« oder »Suizidales Höhlenverhalten«. Namen, Daten und Orte habe ich selbstverständlich geändert (außer im allgemein bekannten und medial bereits ausführlich dargestellten Fall Jessica), um die Persönlichkeitsrechte der Toten und ihrer Angehörigen zu schützen.
Es sind nicht die »Brisanten Fälle auf dem Seziertisch«, wie ein emeritierter Kollege sein Buch nannte, sondern es ist die alltägliche Arbeit des Rechtsmediziners, die die Menschen interessiert. Und so müssen Sie hier auch nicht zum zwanzigsten Mal lesen, wie Marilyn Monroe starb, oder neue Verschwörungstheorien zum Attentat auf John F. Kennedy über sich ergehen lassen. Stattdessen gebe ich Ihnen einen Einblick in den rechtsmedizinischen Arbeitsalltag.
Tötungsdelikte, also Todesfälle durch Mord und Totschlag, sind für den erfahrenen Rechtsmediziner vergleichsweise einfach zu bearbeiten. Mit wie vielen Messerstichen ein Mensch getötet wurde, aus welcher Richtung und mit welcher Wucht sie auf das Opfer trafen und auch, welche Art von Messer (einschneidig, zweischneidig, mögliche Klingenlänge und -breite) die Verletzungen verursachte, all das sind Routinefeststellungen, die »lediglich« gute medizinische und physikalische Grundkenntnisse und eben rechtsmedizinische Erfahrung voraussetzen. Spannender sind die Todesfälle, die keine öffentliche Aufmerksamkeit durch Fernsehen oder Printmedien bekommen, Fälle, die zur täglichen Routinearbeit im Sektionssaal gehören und sehr wohl rechtsmedizinisch wie kriminalistisch anspruchsvoll sind. Bei diesen Fällen ist neben unserem rechtsmedizinischen Handwerkszeug auch eine gehörige Portion Kombinationsgabe und Akribie bei der Rekonstruktion der Geschehnisse gefragt. Und gerade das Beachten kleiner Details (die oft genug den Weg zur Lösung des Falls weisen) zeichnet im Verbund mit einer großen Hartnäckigkeit den guten Rechtsmediziner aus. Da muss es nicht immer brisant zugehen.
Kaum jemand kennt die Grundlagen, Methoden und Techniken unserer täglichen Obduktionspraxis oder weiß Näheres über die tatsächliche Rolle der Rechtsmedizin. So laufen kriminalistische Ermittlungen nicht in der Rechtsmedizin zusammen, wie es manchmal gerne dargestellt wird, sondern die Ergebnisse unserer Arbeit sind häufig nur Teile in einem großen Puzzle, wenn auch meist entscheidende.
Beim Lesen dieses Buches werden Sie Zeuge, wie meine Kollegen und ich Beweise sammeln, Ungereimtheiten nachgehen und Obduktionsprotokolle erstellen. Sie werden erleben, wie das rechtsmedizinische Team Licht in das Dunkel bringt, in dem zunächst noch die Nacht des Todes herrscht.
Der Beruf des Rechtsmediziners ist wie kein anderer. Und auch die hartgesottensten Thriller-Fans unter Ihnen werden mir am Ende des Buches zustimmen, wenn ich sage: Die Fiktion ist nicht bigger than life – es ist genau umgekehrt.
Michael Tsokos
Berlin, im Frühjahr 2009
1 S. Rückert, Tote haben keine Lobby. Die Dunkelziffer der vertuschten Morde, Hamburg 2000.
Jeder, der hin und wieder einen Krimi liest oder sich im Fernsehen einen »Tatort« oder auch im Kino einen amerikanischen Thriller ansieht, weiß längst, wie es in einem Obduktionssaal zugeht:
Der Rechtsmediziner arbeitet grundsätzlich allein in seinem im Keller gelegenen weiß gekachelten Raum. Jede weitere Person wäre nur Ablenkung, außerdem kann man den Angehörigen bei der Identifizierung des Toten nicht mehrere Zuschauer zumuten. Das Licht dort unten ist absichtlich etwas diffus, um den Schock zu mindern, den der Tod auch für den zuständigen Rechtsmediziner bedeutet.
Der Stahltisch mit der zu begutachtenden Leiche steht meist in der Mitte des karg eingerichteten Saals. Dort bleibt die oder der Tote so lange liegen, bis für die Mordkommission, wenn es sich denn um Mord handelt, der Fall abgeschlossen ist. Der Grund ist einleuchtend: Durch den Verlauf der Ermittlungen können sich immer wieder neue Fragen ergeben, die sich dann gleich an der Leiche beantworten lassen. Es gibt aber auch noch einen zweiten Grund: Auch von dem hartgesottensten Profi kann man nicht erwarten, die komplette Obduktion an einem Stück vorzunehmen, deshalb wird sie zumeist auf drei oder mehr Tage verteilt.
Zuletzt darf auch nicht verschwiegen werden, dass Rechtsmediziner fast immer einen Spleen pflegen. Das hilft ihnen, mit ihrem grausamen Berufsalltag fertig zu werden. Die einen sind chronisch schlecht gelaunt, grundsätzlich wortkarg und gehen davon aus, dass die Ermittler der Kriminalpolizei ihnen nur das Leben schwermachen wollen. Ihr Markenzeichen: Sie nuscheln immer vor sich hin. Die anderen hören beim Obduzieren Opern, um sich auch in der Begegnung mit dem Tod dem Schönen und Erhabenen zuzuwenden, und wollen für ihre sorgfältige Arbeit dauernd gelobt werden.
Womit man immer rechnen muss, ist, dass der Rechtsmediziner eine Glatze hat und sein Brötchen neben der Leiche isst. Und Frauen sind hier gar nicht erlaubt …
Zugegeben, nicht alle Krimi- und Drehbuchautoren schreiben so gezielt an der Wahrheit vorbei, trotzdem haben nur sehr wenige Menschen außerhalb der Rechtsmedizin eine Vorstellung davon, wie es im Obduktionssaal wirklich zugeht.
Vor allem reißerische TV-Serien, in denen das Unmögliche möglich gemacht wird und die rechtsmedizinischen Helden mit Hightech und an hellseherische Fähigkeiten grenzendem Spürsinn den Tathergang rekonstruieren und den Täter überführen, verschleiern und verzerren die Arbeit des Rechtsmediziners eher, als dass sie sie erhellen. Da werden in wenigen Stunden ganz neue wissenschaftliche Methoden entwickelt, und es werden Thesen vertreten, bei denen sich dem professionellen Rechtsmediziner die Haare sträuben.
All das kennen Sie möglicherweise schon sehr gut, sonst hätten Sie vielleicht dieses Buch gar nicht gekauft. Die Welt hingegen, in die ich Sie entführen werde, ist nicht die Welt der Fernsehserien. Rechtsmediziner sind keine durchgestylten Schnösel in Designeranzügen, die mehr Zeit beim Essen mit attraktiven Staatsanwältinnen verbringen als bei ihrer Arbeit. Und eine Schusswaffe tragen wir auch nicht mit uns herum. Wir sind auch keine kauzig zurückgezogenen, graugesichtigen Eigenbrötler, die selbst schon wie Leichen aussehen. Im Gegenteil: Auch wenn wir mit Toten zu tun haben, sind wir äußerst lebendig und haben Spaß am Leben, gerade weil wir tagtäglich mit der Allgegenwart des Todes konfrontiert werden und daher nur allzu gut wissen, wie schnell das Leben plötzlich vorbei sein kann.
Deshalb halte ich es für sinnvoll, hier zunächst einmal die grundlegenden Dinge unserer Arbeit und unseres Arbeitsalltags vorzustellen, bevor ich zu den einzelnen Todesfällen komme.
Als Erstes und Wichtigstes: Ich bin kein Pathologe! Tatsächlich werden wir Rechtsmediziner in den meisten Fernsehkrimis als »Pathologen« tituliert. Dabei haben Rechtsmediziner und Pathologen zwei vollkommen unterschiedliche Facharztausbildungen mit ebenso unterschiedlichen Aufgabengebieten.
Pathologen überprüfen klinische Diagnosen und benötigen für die Durchführung einer Obduktion das Einverständnis der Angehörigen des Verstorbenen. Sie beschäftigen sich mit Todesfällen, die Folge innerer Erkrankungen sind, wie z.B. Diabetes oder ein fortgeschrittenes Krebsleiden. Der Rechtsmediziner beschäftigt sich hingegen überwiegend mit nicht-natürlichen, eben nicht krankheitsbedingten Todesfällen. Und wir benötigen auch kein Einverständnis der Angehörigen – was sicher einleuchtend ist, denn bei sehr vielen Verbrechen stammt der Täter aus dem direkten, häufig familiären Umfeld des Getöteten. In unserem Fall wird die Obduktion von einem Richter oder Staatsanwalt angeordnet, und der Verstorbene wird erst an die Angehörigen bzw. das von ihnen beauftragte Bestattungsunternehmen übergeben, wenn seitens der Rechtsmedizin keine Bedenken mehr bestehen.
Der Obduktionssaal ist auch mitnichten ein schummeriges Kellergewölbe, in dem nur wenige Lampen brennen und in dessen Mitte, wie ein Altar, der Sektionstisch mit der Leiche steht, genauso wenig wie wir Rechtsmediziner blasse Gestalten mit großen Hornbrillen sind, die tagelang in gekachelten Räumen an der gleichen Leiche herumdoktern.
In unserem Sektionssaal in Berlin-Moabit stehen fünf Sektionstische nebeneinander, an denen auch fast immer parallel gearbeitet wird. Das Licht ist genauso hell wie im Operationssaal eines Krankenhauses – sonst würde man nämlich nicht genug sehen! –, und es arbeitet nicht nur ein Mediziner an einer Leiche, sondern immer ein ganzes Team: neben dem zuständigen Rechtsmediziner ein weiterer Arzt, ein oder zwei Sektionsassistenten, mehrere Medizinstudenten, die ihr Praktikum in der Rechtsmedizin machen, und meist auch ein oder zwei Gastärzte aus anderen Ländern, die die Berliner Rechtsmedizin besuchen, um von uns zu lernen. Bei mutmaßlichen Mordfällen stehen auch die diensthabende Staatsanwältin oder der Staatsanwalt dabei und auch die Kollegen von der Kripo: Ermittler, Polizeifotografen sowie Techniker von der Spurensicherung bzw. Kriminaltechnik.
Außenstehende, wie Leute von der Presse und anderen Medien oder Buchautoren, die die Erlaubnis erhalten, einige Stunden oder manchmal auch Tage in der Rechtsmedizin zuzusehen, wundern sich stets vor allem über die normale und gelöste Arbeitsatmosphäre: Bei uns und überall sonst in den rechtsmedizinischen Instituten wird geredet und gescherzt wie an anderen Arbeitsplätzen auch. Die meisten fühlen sich bei uns im Sektionssaal an eine Werkstatt erinnert, in der verschiedene Leute einander zuarbeiten – und genau so ist es auch.
Was Laien ebenso wundert: Viele Prozesse laufen parallel ab und nicht nacheinander. Während einer der Ärzte Bauch- und Brusthöhle öffnet, sägt ein Sektionsassistent die Schädeldecke auf. Letzteres geschieht oft schon während der Leichenschau. Entnommene Organe werden sofort auf dem »Organtisch« – einem kleinen Metalltisch oberhalb des Sektionstisches – untersucht. Dadurch, dass zugleich an fünf Obduktionstischen gearbeitet wird, kommt es vor, dass man plötzlich vom Lärm einer Säge übertönt wird, wenn man auf Band spricht oder sich mit einem Kollegen verständigt. Dann muss man eben lauter sprechen oder etwas zweimal sagen. Und Assistenten, die gerade an ihrem Tisch nicht gebraucht werden, sehen sich bei den Kollegen um, weil es immer etwas Neues zu lernen gibt.
Übrigens: Ungefähr die Hälfte unseres Teams ist weiblich. Von einem Männerberuf kann hier also keine Rede sein.
Jede einzelne Obduktion folgt in der Rechtsmedizin einem klar geregelten Ablauf und wird grundsätzlich zu zweit durchgeführt. Das ist in der Strafprozessordnung so festgelegt, denn bekanntlich sehen vier Augen mehr als zwei. Zunächst wird der Zustand der Leiche nur oberflächlich begutachtet. Oberflächlich heißt hier: ohne die Leiche oder Teile derselben zu öffnen. Diese erste, sehr wohl eingehende und detaillierte Betrachtung nennt man »äußere Leichenschau«. Alle Befunde, die sich dabei ergeben, spricht der Rechtsmediziner für das schriftliche Obduktionsprotokoll in ein Diktiergerät.
Nach der Leichenschau folgt die eigentliche Obduktion, auch als »innere Leichenschau« bezeichnet. Immer wieder werden meine Kollegen und ich gefragt, was eigentlich der Unterschied zwischen Obduktion, Autopsie und Sektion ist. Alle lesen oder sehen Krimis, und es gibt die wildesten Theorien über mögliche Unterschiede. Die Antwort ist: Es gibt keinen. Die verschiedenen Begriffe werden längst synonym gebraucht, auch wenn sie aus verschiedenen Aspekten der rechtsmedizinischen Untersuchung entstanden sind: Obduktion ist vom lateinischen obducere abgeleitet, was so viel bedeutet wie »nachträglich hinzuziehen«. Etymologisch gesehen ist die Obduktion also die Überprüfung der vermuteten Todesursache. Herkunft des Wortes Sektion ist das ebenfalls lateinische secare: schneiden. Autopsie ist griechisch und heißt so viel wie »eigener Augenschein«, von autos = selbst und opsis = sehen.
Gemäß § 89 StPO müssen bei der gerichtlich angeordneten Obduktion alle drei Körperhöhlen des Verstorbenen geöffnet werden: Brusthöhle, Bauchhöhle und Kopfhöhle. Brust- und Bauchhöhle können unterschiedlich geöffnet werden. In den USA und auch in den meisten deutschen Instituten wird bei Männern der berühmte »Y-Schnitt« gemacht: zwei Schnitte von den Schultern zum oberen Ende des Brustbeins und dann von hier hinunter bis zum Becken. Weibliche Leichen öffnet man auch mit dem sogenannten »U-Schnitt«, der vom Schlüsselbein rechts und links U-förmig bis zum Bauch läuft. Beide Schnitte werden deshalb so vorgenommen, damit ein Leichenhemd die Nähte verdecken kann, wenn die Leiche aufgebahrt wird. Da nicht nur »normale« Frauenbekleidung gelegentlich tiefer dekolletiert ist, sondern Leichenhemden für Damen meist ebenso, wird bei Frauen eben manchmal der U-Schnitt angewandt, durch dessen Form man selbst bei einem tiefen Ausschnitt keine Naht sieht. In Berlin allerdings werden die meisten Leichen nirgendwo aufgebahrt, daher begnügen wir uns mit einem senkrechten Schnitt vom Hals bis zur Hüfte. Dann klappen wir die Hautpartien inklusive des darunterliegenden Unterhautfettgewebes auseinander, durchtrennen und entfernen die Rippen und das Brustbein, um schließlich Herz und Lunge entnehmen zu können. Beim Kopf wird die Kopfhaut aufgeschnitten und – wie beim Skalpieren – über das Gesicht des Toten gezogen, damit der Schädelknochen freiliegt. Dann sägen wir den Schädel auf und entnehmen das Gehirn.
Der Schädel wird mit einer »Oszillationssäge« aufgesägt, ähnlich einer Kreissäge, die sich allerdings nicht dreht, sondern mit hoher Geschwindigkeit hin und her schwingt (von lat. oscillare = schwingen) und dadurch sehr viel effektiver ist als z.B. eine echte Kreissäge oder eine Stichsäge.
Alle inneren Organe aus Kopf-, Brust- und Bauchhöhle werden auf Erkrankungen, die schon vor dem Tode bestanden, und Zeichen von Gewalteinwirkung untersucht. Dabei entnehmen wir auch Gewebe- und Blutproben, die bei uns Rechtsmedizinern »Asservate« heißen (von lat. asservare = verwahren) und entsprechend den Vorgaben der Strafprozessordnung quasi »sichergestellt« werden. Diese Gewebeteilchen oder Blutproben geben wir bei entsprechendem Verdacht in die Toxikologie, wo sie weiter untersucht werden. Die Kollegen dort überprüfen sie auf Rückstände von Medikamenten, Drogen oder anderen Giften. Die Gewebeteilchen werden auch unter dem Mikroskop geprüft und Blut oder Gewebeproben für eventuelle DNA-Analysen zurückgehalten. Alle Asservate werden, bis das jeweilige Ermittlungsverfahren abgeschlossen ist, in einem speziell gesicherten Raum, der Asservatenkammer, verwahrt. Je nachdem, um welches Gewebe es sich handelt und wie es weiter untersucht werden soll, werden die Gewebeproben entweder gekühlt, tiefgefroren, luftgetrocknet und dann steril verpackt oder in Alkohol oder Formalinlösung aufbewahrt. Wenn es nach Abschluss der Obduktion noch Fragen vonseiten der Kripo oder Staatsanwaltschaft gibt, können wir auf diese Asservate zurückgreifen, um weitere Analysen vorzunehmen, z. B. um nach bestimmten Giften zu suchen.
Die sezierten Organe werden am Ende wieder in den Leichnam zurückgelegt, die Leiche wird von der Sektionsassistentin oder dem Sektionsassistenten zugenäht und dann erdbestattet oder eingeäschert. Das Tonband, auf dem die Beobachtungen und Befunde während der Obduktion diktiert worden sind, wird zur Ermittlungsakte gegeben, eine Sekretärin des Instituts verfasst daraus einen Bericht und fügt diesen wiederum der Ermittlungsakte bei. Danach geht die Akte an die Staatsanwaltschaft.
Und wie lange dauert nun eine solche Obduktion?
Wenn wir auf der Straße eine Umfrage zu dem Thema starten würden, erhielten wir wohl häufig die Antwort: »Ein paar Tage.« Auch das haben wir den Krimiautoren zu verdanken, die Leichen unbedachterweise halbe oder ganze Wochen in der Rechtsmedizin herumliegen lassen, je nachdem, wie lange der Hauptkommissar oder Detective für seine Ermittlungen braucht. Dieser steht dann bleich in der Ecke oder, wenn er hartgesotten ist, direkt neben dem Rechtsmediziner, der sich über die Aufmerksamkeit freut und neben der Leiche Reden schwingt, als halte er eine Lehrstunde ab. Das sieht dann aus, als wäre der Tote über Tage hinweg ein ständiger Begleiter des Rechtsmediziners und als würde der ihn immer wieder aufs Neue öffnen, um nach anderen Details zu fahnden.
In Wahrheit dauert eine Obduktion im Durchschnitt zwei bis drei Stunden. Je nach Todesursache oder Komplexität des vorangegangenen Verbrechens kann eine Obduktion schneller beendet sein oder länger dauern. So sind manche Obduktionen nach anderthalb Stunden beendet, während die längste Obduktion, die ich bisher durchgeführt habe, fast 16 Stunden dauerte. Der Täter hatte hier ein achtjähriges Mädchen verschleppt, entkleidet, sexuell missbraucht und danach wieder angekleidet. Irgendwann innerhalb dieser Zeitspanne war das Mädchen getötet worden. Bevor wir mit der eigentlichen Obduktion, also der Öffnung der Körperhöhle anfangen konnten, mussten wir zunächst einmal jede Kleidungsschicht entfernen und analysieren, gemeinsam mit den Kriminaltechnikern Faser- und Gewebespuren asservieren, um auch hier den Tathergang genau rekonstruieren zu können und dabei – das ist in solchen Fällen das Wichtigste! – DNA-taugliches Material des Täters nachzuweisen, mit dem wir ihn schließlich auch überführen konnten.
Eins kann ich Ihnen nur sehr indirekt vermitteln: den Geruch einer Leiche. Ich selbst nehme diesen Geruch kaum noch wahr, und Sie sind vermutlich dankbar, beim Lesen keine Bekanntschaft damit zu machen. Dennoch gehört er zu meinem Berufsalltag dazu, weshalb ich ihn den interessierten Lesern nicht vorenthalten mag: Denken Sie an ein Steak, dessen Überreste Sie im Sommer in den Mülleimer geworfen haben. Nach drei Wochen kommen Sie erholt und gut gebräunt aus dem Urlaub zurück und stellen fest, dass Sie vergessen haben, den Mülleimer auszuleeren. Sie müssen es nicht ausprobieren, aber so in etwa können Sie sich den Geruch vorstellen. Der schlimmste Geruch kommt übrigens von Wasserleichen. Nehmen Sie statt des Steaks einen Fisch und lassen Sie ihn statt der drei einfach vier Wochen oder länger im Mülleimer …
Zu guter Letzt möchte ich an dieser Stelle einem weitverbreiteten Irrglauben entgegenwirken, auch wenn ich wohl keine Chance habe, ihn aus den Köpfen der Krimileser, Fernsehzuschauer und Kinogänger zu verbannen. Zu viele Roman- und Drehbuchautoren füttern zu hartnäckig das beliebteste Gerücht der Rechtsmedizin: dass Leichen von ihren Angehörigen in den Räumen der Rechtsmedizin identifiziert werden.
Wir alle kennen das Bild, wie Frau oder Mann, Tochter oder Sohn, Mutter oder Vater eines Toten vor der Bahre mit der verdeckten Leiche steht und nach der Enthüllung des Gesichts in Schluchzen ausbricht oder erleichtert aufseufzt. Oder einfach stumm nickt. Doch seit ich als Rechtsmediziner tätig bin, bekam ich noch niemals Besuch von Hinterbliebenen. Bevor wir den Angehörigen in die Leichenhalle bitten und ihm den Anblick der Leiche zumuten, die für ihn früher einmal ein geliebter, lebenslustiger Mensch war, machen wir lieber ordentlich unsere Arbeit.
Die Szenerie wirkte wie aus einem Actionfilm, aber ich saß nicht im Kino oder vor dem Fernseher, sondern fuhr in meinem Wagen auf den Tatort zu, zu dem ich wenige Minuten zuvor gerufen worden war.
Schon aus drei Kilometern Entfernung hatte ich die Rauchwolke am Himmel erblickt. Während ich mich nun der Straßensperre näherte, standen Einsatzwagen der Feuerwehr und der Polizei auf dem Seitenstreifen der Landstraße, ein Krankenwagen hatte das Blaulicht noch angeschaltet. Polizeibeamte sprachen in Funkgeräte, und Kriminaltechniker in Papieranzügen liefen geschäftig mit ihren Asservatenkoffern hin und her. Ich ging zum Kommissar, der neben dem Hauptobjekt des Interesses stand: einem verkohlten Fahrzeugwrack, das aussah, als wollte es jeden Moment in sich zusammenfallen. Hier, auf der Landstraße zwischen Dunsdorf und Aalsfeld, war der Wagen in voller Fahrt explodiert und anschließend von den Flammen regelrecht verzehrt worden.
Wir Rechtsmediziner werden nur an den Tatort gerufen, wenn der dringende Verdacht eines nicht-natürlichen Todes – also eines Mordes, Suizids oder Unfalls – besteht und zur Rekonstruktion des Tathergangs auch rechtsmedizinisches Know-how erforderlich ist. Beispielsweise werden wir gerufen, um vor Ort festzustellen, ob ein gewaltsamer Tod zu einem Tatwerkzeug passt, das am Tatort hinterlassen wurde, oder ob ein Sturz von der Treppe tatsächlich stattgefunden hat oder fingiert war.
Ich hatte bereits kurz mit dem Kommissar telefoniert. Damit ich mir am Ort des Geschehens ein klareres Bild machen kann, beschaffe ich mir nach Möglichkeit schon vorher detaillierte Informationen. Laut Kripo hatten Augenzeugen berichtet, dass der fahrende Wagen von einer fürchterlichen Explosion erschüttert worden sei, alle Scheiben seien zerborsten, Wrackteile meterweit durch die Luft geflogen. Erst fünfzig Meter vom Explosionsort entfernt sei der Wagen schließlich auf der Gegenfahrbahn zum Stehen gekommen, wo er dann vollständig ausbrannte. Ein Landwirt war dem Kommissar zufolge sofort zum Unfallort gerannt, um zu helfen. Doch wegen der Hitze der Flammen hatte er sich dem Auto nicht nähern können. Er hatte dann die Polizei gerufen, und die verständigte wiederum Notarzt und Feuerwehr.
Jetzt stand der Landwirt neben dem zuständigen Ermittler und schüttelte ungläubig den Kopf: »Dass ein Auto dermaßen brennen kann«, brachte er seine Fassungslosigkeit zum Ausdruck.
Das Fahrzeug, das halb auf der Fahrbahn und halb auf dem Grünstreifen neben der Straße zum Stehen gekommen war, war so zerstört, dass ich nicht einmal erkennen konnte, was für ein Auto es einmal gewesen war. Alle Türen waren aufgerissen, alle Fensterscheiben zerborsten, die Motorhaube stand weit offen. Teile des Motors waren durch die Druckwelle herausgeflogen und lagen gleich metallenen Innereien auf der Straße. Ein stechender Gestank von Rauch, Benzin und verbranntem Plastik lag in der Luft, vermischt mit dem Geruch des Löschschaums. Die Hitze, die die Explosion verursacht hatte, war so groß gewesen, dass das Fahrzeugunterteil teilweise und die Reifen komplett mit dem Teerbelag der Straße verschmolzen waren.
»Und jetzt werfen Sie mal einen Blick auf die Rückbank«, sagte der Mann von der Kripo schließlich zu mir.
Beißender Qualmgeruch auch hier, die Polsterauflagen der Sitze und die Kunststoffteile der Kabinenverkleidung waren fast vollständig vom Feuer vernichtet worden. Und auf der Rückbank lag rücklings ein verbrannter Leichnam. Er war zu weiten Teilen von den Flammen skelettiert worden. Arme und Beine waren wie bei einem Fötus angewinkelt, als hätte sich das Todesopfer auf diese Weise vor den Flammen schützen wollen. Doch vor solchen Flammen kann einen keine Körperhaltung schützen. Die Explosion und das Feuer waren mit solch vernichtender Kraft über das Opfer hinweggefegt, dass selbst die Schneidezähne im Kiefer verbrannt waren. Am Schädeldach waren Knochen abgesplittert, und aus der Schädelhöhle trat angekohltes Hirngewebe hervor. Das alles war ein ungewöhnlicher und wenig schöner Anblick. Aber wodurch die Sache regelrecht unheimlich wurde: Das Skelett auf der Rückbank war der einzige Insasse des Fahrzeugs. Fahrer- und Beifahrersitz waren leer. Kein Fahrer, kein Beifahrer. Die Ermittler standen vor einem Rätsel, und schon am Tatort wurde heftig über den möglichen Tathergang spekuliert.
»Da kann kein anderer mehr dringesessen haben«, sagte der leitende Ermittler. »Wie soll denn der noch rausgekommen sein?«
»Da muss noch jemand drin gewesen sein«, hielt ein Kriminaltechniker dagegen. »Wer soll denn sonst den Wagen gefahren haben?«
Hatte der Fahrer das Auto kurz vor dem Unfall verlassen? Aber wie? Er hätte während der Fahrt aus dem Wagen springen müssen, und der Landwirt und andere Augenzeugen der Explosion hatten nichts dergleichen beobachtet. Auch die Einsatzkräfte der Polizei, die die Landstraße gesperrt und die Umgebung abgesucht hatten, hatten nur Glassplitter und zerrissene Reste des Airbags gefunden, die während der Explosion aus dem Auto geschleudert worden waren. Und die verbrannte Person hatte das Auto sicher nicht von der Rückbank aus gesteuert.
Was die Sache erschwerte: Wegen der Explosion und des anschließenden Brandes konnten weder der Halter noch das Fabrikat des Pkw ohne weiteres identifiziert werden. »Es könnte ein Audi sein, bin mir aber nicht sicher«, hatte der Kommissar gesagt.
Die zentrale Frage lautete: Warum war der Wagen explodiert? Doch solange es keinen Hinweis auf die Identität des Toten gab, fehlte den Ermittlern ein wesentlicher Ansatzpunkt für ihre Arbeit. Umso mehr war nun die Rechtsmedizin gefragt.
In Fällen wie diesem, bei denen man nicht genau sagen kann, ob es sich um ein Gewaltverbrechen handelt, kommen wir ins Spiel. Meist läuft es so, dass die Kripo im Institut anruft und sich gleichzeitig die Genehmigung zur Obduktion vom Staatsanwalt einholt.
Die Kriminaltechniker machten sich inzwischen daran, die Leiche aus dem Wagen zu heben. Das war keine leichte Aufgabe, da die Reste von Muskulatur und Gewebe mit den Resten des Kunststoffs der Rückbankpolsterung verschmolzen waren.
Als ich wenig später wieder im Institut eintraf, lag bereits das Fax von der Staatsanwaltschaft mit der Obduktionsanordnung auf meinem Schreibtisch.
Wer war der Tote? Und wem gehörte das Auto? Zu beiden Fragen gab es noch keine Antwort, geschweige denn zum Tathergang selbst. Ja, wir wussten nicht einmal, ob es sich überhaupt um eine »Tat« handelte, sei es im Sinne eines Verbrechens oder eines Suizids. Bei einem Unfall sprechen wir von »Geschehenshergang«. In jedem Falle blieb uns nichts anderes übrig, als systematisch und Schritt für Schritt die äußere Leichenschau und Obduktion durchzuführen – und zu hoffen, dass Kripo und Spurensicherung ihren Teil herausfinden würden.
Nur war eben das, was wir zu obduzieren hatten, eher ein Skelett als eine Leiche. »Man kann nicht mal mehr erkennen, ob das ein Mann oder eine Frau war«, sagte eine Ärztin unseres Obduktionsteams, bevor wir mit der Leichenschau begannen. In der Tat hatte das Feuer jegliche Geschlechtsmerkmale unkenntlich gemacht, der Körper war nur noch ein Gerüst aus versengten Knochen, über dem sich faseriges, verkohltes Fleisch und einige Stoffreste der Kleidung wie ein bizarrer Flickenteppich ausbreiteten.
Auch ich selbst hatte selten eine derart zerstörte Leiche gesehen. Das gesamte Fettgewebe und die Muskeln waren verbrannt. Das war nicht weiter verwunderlich: Menschliches Fett besteht aus öligen Komponenten, die bei entsprechend hohen Temperaturen sehr gut brennen. Das Weichgewebe, also Haut, Unterhaut- und Körperfettgewebe, war so gut wie nicht mehr vorhanden, und die verkohlten Gewebereste hingen in unterschiedlich breiten Fasern von den verbrannten Knochen herunter.
Wenn fast alles Gewebe verbrannt ist, kann man keine Rückschlüsse mehr auf den Körperbau des Todesopfers ziehen. Deshalb konnten wir auch nicht feststellen, ob er oder sie zu Lebzeiten durchschnittlich viel gewogen oder an Unterernährung oder Übergewicht gelitten hatte. Körperlänge und Gewicht waren nicht mehr zu rekonstruieren.
Sind bei einer Leiche mehrere Extremitäten abgerissen, schauen wir uns diese bei der Leichenschau zuerst an. Oft kann man so erste Hinweise darauf erhalten, wie jemand zu Tode gekommen ist. Ansonsten gehen wir bei einer Leichenschau immer von oben nach unten vor: Wir fangen mit dem Kopf an und untersuchen zuletzt die Füße. Bei der Person vor uns war der rechte Unterarm abgerissen. In einem solchen Fall sprechen wir von einer »traumatischen Amputation«. Traumatisch heißt in diesem Zusammenhang nichts anderes als: durch Gewalteinwirkung.
Elle und Speiche, die beiden Knochen, die Hand- und Oberarmknochen verbinden, waren vollständig durchtrennt, der gesamte Bewegungsapparat des rechten Ellbogengelenkes – Bänder, Gelenkkapsel und Knorpel – war verbrannt. Das Gelenk lag frei: verrußte Knochen, zwischen denen verkohltes Gewebe klebte wie in der Sonne geschmolzenes Gummi. Auch das rechte Bein fehlte vom Oberschenkel abwärts, dort, wo einmal das Kniegelenk gewesen war, sahen wir nur noch einen schwarzen Krater.
»Traumatische Amputationen und Beschädigung der rechtsseitigen Extremitäten«,
diktierte ich für das Protokoll.
Normalerweise – das heißt bei allen Routinefällen – diktiere ich den Großteil dessen, was ich bei der äußeren Leichenschau und Obduktion feststelle, erst hinterher, manchmal sogar erst abends nach der Schicht im Sektionssaal. Hin und wieder notiere ich mir vor der nächsten Leiche einige Details, um sie bis zum späteren Diktat nicht zu vergessen. In Zweifelsfällen wie diesem jedoch liegt das Diktiergerät immer in Reichweite. Der federführende Rechtsmediziner oder auch erste Obduzent spricht seine Beobachtungen auf Band, die Grundlage für den schriftlichen Bericht, und diese Aufzeichnung verwandelt das Sekretariat später in das Sektionsprotokoll, das anschließend vom ersten und zweiten Obduzenten gegengelesen und dann von beiden unterschrieben wird.
Bei dem Toten vor uns konnte man kaum noch von Haut und Gewebe sprechen. Vor uns lag eine schwarzbraune, zerschmolzene, amorphe Masse, bei der nur der skelettierte Schädel und die Überbleibsel von Armen und Beinen daran erinnerten, dass dies einmal ein Mensch gewesen war. Die Explosion hatte die Brust offensichtlich frontal erwischt, denn die Brusthöhle war aufgesprengt. Drei Rippen waren vom Feuer komplett zerstört worden, die anderen ragten zum Teil schwarz und verbogen aus dem Torso heraus wie die Planken eines verbrannten Schiffes. Wir konnten Lunge und Zwerchfell sehen, die auf ein Viertel ihrer Größe zusammengeschrumpft waren. Durch die Hitze hatte sich die Luft im Darm erwärmt. Dadurch hatte sich in der Bauchhöhle ein derart hoher Druck aufgebaut, dass schließlich die Bauchdecke aufgeplatzt war. Teile des Dünndarms, angesengt und durch die Hitze zusammengeschrumpft, waren aus der Wunde hervorgequollen und verteilten sich schwarz und gekräuselt über den Unterleib. Als wir die Leiche auf den Sektionstisch transportiert hatten, hatten sie sich bewegt. »Wie Aale«, hatte einer der anwesenden Medizinstudenten gesagt und sich abgewandt.