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3., aktualisierte Auflage 2015
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Redaktion: Jordan Wegberg
Korrektorat: Rainer Weber
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Umschlagabbildung: unter Verwendung von gettyimages-Bildern
E-Book Umsetzung: Georg Stadler, Müncheb
ISBN Print 978-3-89879-840-2
ISBN E-Book (PDF) 978-3-86248-402-7
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86248- 403-4
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Inhalt
Einleitung 11
Kapitel 1: Was ist Geld? 15
Wie Wirtschaftsbeziehungen organisiert sind 15
Die Geldordnungen nach Eucken 22
Schwundgeld 27
Fazit 29
Kapitel 2: Wie entsteht Geld? 32
Das Passivgeld der Banken 32
Das Passivgeld der Zentralbank 36
Das Passivgeldsystem und der Kapitalmarkt 47
Fazit 49
Kapitel 3: Was machen Banken? 51
Das Missverständnis und die Folgen 51
Die Komplizenschaft der modernen Finanztheorie 61
Warum Kapitalmarktgeschäfte weniger riskant sind 68
Fazit 79
Kapitel 4: Wie entsteht Inflation? 81
Inflation als monetäres Phänomen 81
Inflation und relative Preisänderungen 85
Konsumenten- und Vermögenspreisinflation in der jüngeren Vergangenheit 89
Die dunkle Seite der Geldvermehrung 93
Der Fluch der Deflation 95
Inflation und Deflation im Aktiv- und Passivgeldsystem 97
Fazit 98
Kapitel 5: Was ist Zins? 100
Zins als Leihgebühr für Kapital 101
Zins als Präferenz für Liquidität 103
Robinson Crusoe und die österreichische Kapitaltheorie 106
Der »natürliche« Zins und der Marktzins 110
Kein Wachstum – kein Zins? 112
Wachstumszwang und Umverteilung 113
Fazit 115
Kapitel 6: Gibt es ein stabiles Geldsystem? 117
Der Weg in den bürokratischen Sozialismus 117
Der Staat und das Geld 124
Staatsgeld als System 128
Wider das Staatsgeldsystem 134
Vollgeld – aber wie? 138
Die Aktivgeldordnung 146
Fazit 159
Kapitel 7: Wie geht es weiter mit dem Euro? 162
Die Eurokrise als Reaktion auf den Zinsschock 163
Die Errichtung eines Schattenstaats zur Stabilisierung der EWU 165
Fallstudie Bankenunion 175
Staatsgeld ohne Staat 179
Eine konföderale Struktur für Europa 181
Für eine freiheitliche Geldverfassung 185
Für Währungswettbewerb 191
Unternehmerische Freiheit und Haftung für Banken 195
Fazit 208
Kapitel 8: Was wird aus unserem Papiergeldsystem? 210
Vorhang auf für Papiergeld 210
Der Maestro betritt die Bühne 213
Der große Krach von 2007 und seine Folgen 215
Die »neue Normalität« 221
Wege zur Entschuldung 226
Szenarien für die Zukunft 231
Fazit 233
Quintessenz 234
Anmerkungen und Quellen 238
Über den Autor 248
In diesem Buch haben wir zwei grundverschiedene Konzeptionen für Geld kennengelernt:
In der Geschichte unserer Kultur stehen der liberale englische Philosoph John Locke für die erste Konzeption und der Glücksspieler, Geldtheoretiker und Geldpolitiker John Law für die zweite.
Die Entscheidung für die eine oder andere Konzeption hat weitreichende Folgen nicht nur für die Geldordnung, sondern auch für unsere Wirtschaftsordnung und unser politisches System. Entscheiden wir uns für Geld als Finanztitel, so ergibt sich daraus eine Geldordnung, in welcher der Staat eine tragende Rolle als Emittent, Lizenzgeber für private Emittenten, Rückversicherer für private Emittenten in Liquiditäts- und Solvenzkrisen und aktiver Manager des Geldangebots spielt. Die übermächtige Stellung des Staats im Geldwesen führt zu einer entsprechenden Vormachtstellung in der Wirtschaft und im Gemeinwesen. Die Möglichkeit, Schuld mit Geld aus dem Nichts zu finanzieren, lädt zu privater und öffentlicher Verschuldung ein. Hohe Verschuldung wird durch Knappheit von Geld gefährlich.
Daher tendiert diese Geldordnung zur Ausweitung des Geldangebots und Monetisierung der Schuld durch die staatliche Zentralbank. Monetisierung ist wie ein »debt-equity-swap«: Ausstehende Schuld wird in Geld mit Eigenkapital ähnlichem Charakter verwandelt. Daraus entsteht Inflation. Eine Entwertung des Geldes kommt einer Erleichterung der Schuldenlast gleich. Je höher die öffentliche und private Verschuldung ist, desto größer ist der politische Druck für eine solche Erleichterung.
Das Dilemma der Passivgeldordnung ist, dass die Verringerung der Schuldenlast durch Geldentwertung das Vertrauen in das Passivgeld schwinden lässt. Die Zentralbanken als staatlich beauftragte Verwalter des Passivgelds wandern daher einen Grat entlang, auf dessen einer Seite der Abgrund der Schuldendeflation und auf der anderen Seite der Absturz in den Verlust des Vertrauens in das von ihnen emittierte Passivgeld droht. Damit diese Gratwanderung gelingt, brauchen die Zentralbanken die Unterstützung ihrer Staaten, die in zunehmendem Maß die Wirtschaft kontrollieren und steuern.
Die staatliche Passivgeldordnung stellt ein besonderes Problem für die Europäische Währungsunion dar. Da der für diese Geldordnung notwendige Staat in der EWU nicht vorhanden ist, muss er durch einen Schattenstaat in Form von zwischenstaatlichen Abkommen ersetzt werden. Dieser Schattenstaat ist aufgrund seiner fehlenden demokratischen Legimitation unbeständig und kann daher kein verlässlicher Partner für die zur staatlichen Zentralbank gewordene EZB sein.
Durch die Garantie aller staatlichen Schuld durch die EZB ist die Schuldentragfähigkeit der EWU-Mitgliedsländer weit über die bestehende Schuldenlast angehoben und der bevorstehende Zusammenbruch der EWU zunächst abgewendet worden. Aber eine staatliche Zentralbank ohne Staat ist nicht in der Lage, Passivgeld auf Dauer stabil zu halten. Letztendlich wird die EZB zur Beute der Einzelstaaten, in deren Auftrag sie den Geldwert sichern soll. Die ökonomische Theorie der Tragödie der Allmende liefert die Blaupause für die Tragödie des Euro, worauf Philipp Bagus hingewiesen hat. Deshalb stimme ich Jesus Huerta de Soto zu, dass der Euro nur als Aktivgeld erhalten werden kann.
Entscheiden wir uns für Geld als Aktivgeld, so ist staatliche Rückendeckung unnötig und das Geldangebot unflexibel. Da Geld nicht mit dem Ziel vermehrt werden kann, Schulden tragfähig zu machen, sind der Verschuldung enge Grenzen gesetzt. Wer die Zahlungsunfähigkeit vermeiden will, kann nur Schulden aufnehmen, die er aus seinem laufenden Einkommen bedienen kann. Dies gilt sowohl für staatliche als auch für private Schuldner.
Wenn aber die Verschuldung niedrig ist, dann ist auch das Risiko der Schuldendeflation gering und eine Erhöhung der Kaufkraft des Geldes, also Deflation der Konsumentenpreise, keine Bedrohung für das gesamte Geldsystem. Wir haben Geld, das nicht zur Finanzierung von Verbindlichkeiten geschaffen wird, Aktivgeld genannt. Aktivgeld ist idealerweise das Ergebnis gesellschaftlicher Konvention und die Aktivgeldordnung Teil der spontanen Ordnung, die sich mündige Bürger geben.
Da Aktivgeld staatsfern ist, wäre es besonders als Gemeinschaftsgeld in einer »demoikratisch« organisierten Europäischen Union geeignet. Seiner Natur als Produkt gesellschaftlicher Übereinkunft nach sollte sich Aktivgeld aus der Konkurrenz verschiedener Währungen entwickeln, wobei private und staatliche Anbieter am Wettbewerb teilnehmen können.
Auf Europa angewendet heißt dies, dass nationale Währungen mit staatlichen und privaten supranationalen Gemeinschaftswährungen konkurrieren könnten. Um den Währungswettbewerb in Gang zu setzen, müssten Staaten den Bürgern freistellen, in welcher Währung sie ihre Steuern bezahlen und Transfers empfangen wollen. Banken wären verpflichtet, Sichtguthaben in der jeweiligen Währung mit Reserven beim jeweiligen Emittenten zu decken und alle anderen Finanzierungsinstrumente in einer festgelegten Rangfolge an Verlusten zu beteiligen.
Eine neue Aktivgeldordnung könnte sich schrittweise aus der bestehenden Passivgeldordnung entwickeln, wenn Banken zunächst als Alternative zu Finanzinstrumenten mit Verlustbeteiligung eine sichere Einlage anböten, die durch Reserven bei der Zentralbank vollständig gedeckt ist. Ebenso könnte im Euroraum schrittweise Währungswettbewerb entstehen, wenn einzelne Staaten oder Staatengruppen ihre nationale Zentralbanken anwiesen, eigene Währungen als Alternativen zum Euro anzubieten, und diese als Zahlungsmittel akzeptierten. Private Anbieter von Internetwährungen könnten das Angebot ergänzen.
Doch dürfte der politische Wille, am Passivgeldsystem im Allgemeinen und an der Einheitswährung im Euroraum im Besonderen festzuhalten, einem kontinuierlichen Übergang zu einer Aktivgeldordnung und einem Währungswettbewerb im Euroraum entgegenstehen. Genährt wird dieser politische Wille von den Interessengruppen, die vom Passivgeldsystem und der Einheitswährung profitieren. Dies sind in erster Linie die privaten und öffentlichen Schuldner. In den angelsächsischen Ländern haben die Schuldner die Mehrheit der Wählerstimmen; im Euroraum haben die Schuldnerländer die Mehrheit der Stimmen in den europäischen Gremien.
Angesichts des politischen Widerstands gegen eine Aktivgeldordnung dürfte unsere Passivgeldordnung in der Zukunft um Instrumente der finanziellen Repression und staatlichen Umverteilung ergänzt werden. Wenn die unterdrückte Inflation nicht offen ausbricht und die Passivgeldordnung wegfegt wie John Laws Passivgeldsystem in Frankreich im frühen 18. Jahrhundert, dann steht am Ende dieser Entwicklung Schumpeters bürokratischer Sozialismus.
Doch müsste letztendlich die Demokratie abgeschafft werden, um den aufkommenden Widerstand gegen diese Wirtschaftsform wegen der durch sie verursachten Wachstums- und Beschäftigungsverluste zu unterdrücken. Wenn diese Verluste sichtbar werden, wäre die Chance wohl am größten, unsere Passivgeldordnung durch eine Aktivgeldordnung in Europa zu ersetzen. Diese Geldordnung stünde im Einklang mit den von John Locke aufgestellten Prinzipien einer liberalen Staatsordnung und dem politischen Modell eines demoikratisch organisierten, konföderalen Europas.
In diesem Buch habe ich versucht, zu zeigen, dass dies im Rahmen einer Evolution unseres bestehenden Systems möglich ist. Ob wir diesen Weg gehen oder uns gegen Veränderungen so lange sperren, bis unsere Geldordnung in einer großen Geldkrise zusammenbricht, wird davon abhängen, ob wir die Scheuklappen ablegen und endlich eine breite Diskussion über eine neue Ordnung unseres Geldwesens beginnen.
1 Denationalisation of Money, 2nd edition, S. A. London 1977.
2 Europas unvollendete Währung, Wiley 2013, und Die Ökonomen im Elfenbeinturm, Mohr Siebeck 2014.
3 Adam Smith, Der Wohlstand der Nationen. München 1978, S. 17.
4 Smith (1978), S. 371.
5 David Graeber, Debt – The first 5000 years. New York 2011.
6 Graeber (2011), S. 29 (eigene Übersetzung).
7 Graeber (2011), S. 29 (eigene Übersetzung).
8 Felix Martin, Money: The Unauthorized Biography. Knopf 2013.
9 William Henry Furness, The Island of Stone Money: UAP of the Carolines. Philadelphia P. A. 1910.
10 Die Redewendung »etwas auf dem Kerbholz haben« zeigt, dass es diese Methode der Erfassung von Kredit und Schuld auch im deutschen Sprachraum gab.
11 Martin (2013), S. 26.
12 Smith (1978), S. 17.
13 Nach Stephan Balling ist ein wesentlicher Leitgedanke der Freiburger Schule: »Grundsätzliches Denken muss den Primat haben vor einem subjektiven fallbezogenen Rechtsempfinden, weshalb alle rechts- und wirtschaftspolitischen Entscheidungen an die Idee einer Wirtschaftsverfassung gekoppelt sein sollten.« Siehe Stephan Balling, Sozialphilosophie und Geldpolitik. Stuttgart 2013, S. 10.
14 Siehe Walter Eucken, Die Grundlagen der Nationalökonomie. Berlin 1989.
15 Michael Hudson, The lost tradition of biblical debt cancellations. CDL Press 1993.
16 Jesus Huerta de Soto, Geld, Bankkredit und Konjunkturzyklen. Lucius und Lucius, Stuttgart 2011, S. 9.
17 Eucken (1989), S. 122.
18 Siehe Benjamin Graham, Storage and Stability, McGraw-Hill Book Company, 1937, und für eine kritische Diskussion Rainer Gerding und Joachim Starbatty, Zur Entnationalisierung des Geldes, Walter Eucken Institut, Vorträge und Aufsätze Nr. 78, 1980, S. 41 ff.; Eucken sprach sich auch für die Verpflichtung der Banken zur 100-prozentigen Reservehaltung und damit für die Abschaffung des Kreditgeldsystems aus.
19 Der Begriff kommt vom lateinischen Wort fieri für »entstehen«. »Fiat« ist die Form der dritten Person Singular im Konjunktiv und heißt so viel wie »es möge entstehen«. Im Folgenden verwende ich dem heutigen Sprachgebrauch folgend gelegentlich auch »Papiergeld« als Synonym für »Fiat-Geld«.
20 Siehe »Geld muss rosten!« Interview mit Werner Onken zu Gesells 150. Geburtstag. Die Zeit, 17. März 2012.
21 Gesell sprach vom »Urzins« als dem Preis, den Schuldner Geldhaltern bezahlen müssen, damit sie sich von ihrem gehorteten Geld trennen. Dazu kämen Zuschläge für das Risiko der Inflation und der Insolvenz des Schuldners. In einem Schwundgeldsystem würde der Urzins auf null sinken, da Hortung nun nicht mehr möglich ist. Gleichzeitig würden im Schwundgeld die Inflation wegfallen und die Kreditrisiken wegen stabilen Konjunkturverlaufs sinken, sodass die Risikoprämien ebenfalls auf null fallen würden. Gesell nahm an, dass es mehr Sparer als Unternehmer geben würde, sodass Letztere auch bei Nullzins keine Probleme hätten, Kredite zu erhalten. Warum aber in einem Schwundgeldsystem noch Geldersparnisse entstehen sollten, bleibt unklar.
22 Diese und die zwei folgenden Antworten stammen von Olivier Blanchard und Gerhard Illing, Makroökonomie. Pearson Studium, München 2006, S. 120.
23 Diese Antwort kommt von Anat Admati und Martin Hellwig, Des Bankers neue Kleider. München 2013, S. 92.
24 Wer das nicht glaubt, kann es leicht mithilfe eines Tabellenprogramms nachprüfen.
25 Die Verpflichtung zur Reservehaltung ist eine Besonderheit der EZB. Andere Zentralbanken, wie zum Beispiel die Bank von England, verzichten darauf.
26 Anders dagegen in einem für Schüler verfassten Buch der Bundesbank (Geld und Geldpolitik, Frankfurt 2012). Dort heißt es in Kapitel 3 (»Das Buchgeld«): »In der Regel gewährt die Geschäftsbank einem Kunden einen Kredit und schreibt ihm den entsprechenden Betrag auf dessen Konto als Sichteinlage gut.«
27 Die Idee, dass das Geld dann werthaltig ist, wenn die zu seiner Produktion vergebenen Kredite von guter Qualität sind, ging in die Geschichte der Geldtheorie unter dem Namen »Real-Bills-Doktrin« ein. Diese Doktrin wurde von den Verteidigern des Systems der teilgedeckten Reservehaltung (der sogenannten »Banking School«) gegen die Kritiker dieses System (der sogenannten »Currency School«) im 19. Jahrhundert in Großbritannien eingesetzt. Wir werden auf diese Debatte später zurückkommen.
28 Siehe auch Geld und Geldpolitik der Deutschen Bundesbank, Abschnitt »Buchgeldschöpfungsgewinn und Geldkreislauf«.
29 Die Grenzen der Schaffung von Einlagen wurden von James Tobin in einem viel beachteten Aufsatz schon 1963 diskutiert (»Commercial banks as creators of money«, Cowles Foundation Discussion Papers Nr. 159). Allerdings existierte zu dieser Zeit noch der an Gold gebundene Dollarstandard im Bretton-Woods-System.
30 Siehe dazu und für eine ausführliche Diskussion der Geldschöpfung auch Michael McLeay, Amar Radia und Ryland Thomas, Money creation in the modern economy, Bank of England Quarterly Bulletin 2014 Q1.
31 In den USA soll der Eigenhandel der Banken vom anderen Geschäft getrennt werden (nach der sogenannten »Volcker Regel«), in Großbritannien soll das heimische Kreditgeschäft der Banken »eingezäunt« und so von Gefahren, die von außen drohen, geschützt werden (im sogenannten »Vickers Report« gefordert), und im Euroraum sollen die Handelsgeschäfte der Banken in eine eigene Einheit überführt und mit mehr Kapital unterlegt werden, sobald sie einen bestimmten Anteil am gesamten Geschäft der Bank übersteigen (im sogenannten »Liikanen Report« vorgeschlagen).
32 Siehe Irving Fisher, 100 % Money. New York, Adelphi Company, 1935, und Kapitel 6.
33 Siehe Anat Admati und Martin Hellwig, Des Bankers neue Kleider. FinanzBuchVerlag, München 2013.
34 Dieses Schema der Bilanzanalyse wurde 1919 von dem amerikanischen Chemiekonzern Dupon entwickelt.
35 Dies hörte ich aus dem Mund des obersten Risikomanagers der Münchener Rückversicherung bei einer Diskussion von Volkswirten nach der Katastrophe von Fukushima im Jahr 2011.
36 Markowitz, H. M. (1952), »Portfolio Selection«, The Journal of Finance 7 (1) (March), S. 77–91.
37 Eine eingehende Darstellung hierzu bietet Kevin Dowd, Beyond Value at Risk. John Wiley & Sons 1998.
38 Für eine Geschichte der Messung von Wahrscheinlichkeit und Risiko siehe Peter L. Bernstein, Against the Gods: The Remarkable Story of Risk. Wiley 1998. Zur Verteilung von Finanzmarktpreisen siehe Benoit Mandelbrot und Richard L. Hudson, The Misbehaviour of Markets: A Fractal View of Financial Turbulence. Basic Books 2006.
39 Quelle: Haver Analytics.
40 Verkauft eine normale Bank einen in ein Wertpapier transformierten (»sekuritisierten«) Kredit an eine Spezialbank, so hat die normale Bank im ersten Schritt einen Einlagenüberschuss und die Spezialbank ein Finanzierungsdefizit. Im zweiten Schritt werden Überschuss und Defizit ausgeglichen, indem die normale Bank der Spezialbank einen Kredit gewährt. Dabei können auch Zwischenhändler auftreten. Zum Beispiel kann ein Geldmarktfonds die überschüssigen Einlagen durch die Ausgabe von Anteilen an die Einleger erwerben und an die Spezialbank weiter verleihen.
41 Gigerenzer, Gerd. Bauchentscheidungen. Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition. Bertelsmann, München 2007.
42 Roman Frydman und Michael D. Goldberg, Jenseits rationaler Märkte. Wiley, Weinheim 2012, S. 263.
43 Siehe dazu zum Beispiel http://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Bodin und http://de.wikipedia.org/wiki/Quantit%C3%A4tstheorie#Geschichte (abgerufen am 21. April 2014).
44 Der Trick des nach seinem Erfinder Charles Ponzi benannten Spiels ist, dass neue Teilnehmer es früheren Teilnehmern erlauben, ihre Investitionen mit Gewinn zu verkaufen. Dies wird durch eine Kredit- und Geldschöpfung der Banken aus dem Nichts möglich.
45 Dies wird genauer beschrieben in: Raghuram Rajan, Fault Lines: How Hidden Fractures Still Threaten the World Economy. Princeton University Press 2010.
46 Eine sehr anschauliche Darstellung dieser Episode gibt Michael Lewis, The Big Short: Inside the Doomsday Machine. W. W. Norton & Company, 2011.
47 Siehe dazu Richard Koo, Balance Sheet Recession: Japan’s Struggle with Uncharted Economies and Its Global Implications. Wiley 2003. Koo kritisiert, dass die japanische Regierung nicht noch energischer ihre Verschuldung erhöht hat, um gegen die Deflation vorzugehen.
48 Siehe für ähnliche Beobachtungen Peter Bernholz, Monetary Regimes and Inflation. Edward Elger: Cheltenham, Northampton.
49 Die hier diskutierten Gleichgewichtsbedingungen für eine statische Wirtschaft kann man auch auf eine wachsende Wirtschaft anwenden. Dort gilt nach der sogenannten Goldenen Regel der Akkumulation, dass im Wachstumsgleichgewicht der Zins dem Grenzprodukt des Kapitals gleich ist, das wiederum der Wachstumsrate der Bevölkerung entspricht. Um die Zeitpräferenzen der Konsumenten unterzubringen, wird in der sogenannten modifizierten Goldenen Regel das Grenzprodukt des Kapitals der Summe aus Bevölkerungswachstum und Zeitpräferenz der Konsumenten gleichgesetzt. Dabei bleibt aber die Zeitpräferenzrate abstrakt, das heißt, sie gibt nur die Präferenz für gegenwärtigen relativ zu zukünftigem Konsum wieder, ohne konkrete Zeitachse.
50 J. M. Keynes, The General Theory of Employment, Interest and Money. Collected Writings, S. 116
51 Op. cit.
52 Später hat der Keynesianer James Tobin diese Idee in seine Investitionstheorie eingebaut. Nach Tobin kommt es zu neuen Investitionen, wenn die Produktionskosten für neue Anlagen unter dem Börsenwert bestehender Anlagen liegen. Tobin bezeichnete das Verhältnis von Produktionskosten neuer Anlagen zum Börsenwert bestehender Anlagen mit dem Buchstaben Q. Deshalb ist seine Theorie seither als »Tobin’s Q« bekannt.
53 Carl Christian von Weizsäcker, »Der Vorsorge-Albtraum«, Wirtschaftsdienst 2013, S. 7–15.
54 Siehe http://www.denkwerkzukunft.de/.
55 Allerdings nicht absurd genug, um nicht doch Befürworter zu finden. So meint der Chefkommentator der Financial Times, Martin Wolf, dass Sparer keinen ökonomischen Nutzen mehr hätten und man sie deshalb mit billigem Geld plattmachen sollte (siehe »Wipe out rentier with cheap money«, in der Financial Times vom 6. Mai 2014).
56 Die Pacht für Land (Z) ergibt sich aus der Multiplikation von Landpreis (P) mit dem Zins (r). Folglich ist P = Z ÷ r. Wenn r Null wäre, dann ginge P gegen unendlich (siehe dazu Stefan Homburg, »Critical Remarks on Piketty’s Capital in the Twenty-first Century«, Institute of Public Economies, Leibniz University of Hanover, Discussion Paper No. 530, April 2014.
57 Homburg (2014) und Thomas Piketty, Capital in the Twenty-first Century. Cambridge und London 2014.
58 Giles hat in Pikettys Berechnungen Fehler und fragwürdige Anpassungen der Originaldaten gefunden. Korrigiert man die Fehler und eliminiert man Pikettys Bereinigungen, so zeigen die Daten keineswegs die von Piketty behauptete klare Tendenz zu größerer Ungleichheit der Vermögensverteilung. Siehe Chris Giles, »Piketty did his sums wrong in bestseller that tapped into inequality zeitgeist«, Financial Times vom 24. Mai 2014.
59 Siehe Kapitel 4, »Die dunkle Seite der Geldvermehrung«.
60 Daniel Stelter weist darauf hin, dass Verschuldung einen erheblichen Beitrag zum Anstieg von Vermögen leistet. Da im Kreditgeldsystem die Möglichkeiten zur Verschuldung ungleich verteilt sind, trägt dieses System zur Ungleichheit in der Vermögensverteilung bei. Stelter findet daher, dass Piketty seinem Buch besser den Titel »Die Schulden im 21. Jahrhundert« gegeben hätte. Siehe Daniel Stelter, Die Schulden im 21. Jahrhundert. Frankfurter Allgemeine Buch, 2014.
61 Joseph Schumpeter, Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie. Bern 1950.
62 Schumpeter (1950); S. 136, zitiert nach Stephan Balling, Sozialphilosophie und Geldpolitik. Stuttgart 2013.
63 Joseph Schumpeter, Konjunkturzyklen. Göttingen 2008, S. 119., zitiert nach Stephan Balling, Sozialphilosophie und Geldpolitik. Stuttgart 2013.
64 Schumpeter (Konjunkturzyklen), S. 679, zitiert nach Stephan Balling, Sozialphilosophie und Geldpolitik. Stuttgart 2013.
65 So finden die Autoren, dass es nach größeren Finanzkrisen im Schnitt zehn Jahre dauerte, bis das Bruttoinlandsprodukt das Niveau vor der Krise wieder erreicht hatte. Siehe Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff, This time is different. Princeton 2009, S. 234.
66 Nach Reinhart und Rogoff stieg die Staatsverschuldung nach Finanzkrisen im Schnitt um 86 Prozent (a. a. O., S. 232).
67 Piketty (2014) und Giles (2014).
68 So schreibt er: »Kann der Sozialismus funktionieren? Selbstverständlich kann er das. Kein Zweifel ist darüber möglich, wenn wir einmal annehmen, dass erstens die erforderliche Stufe der industriellen Entwicklung erreicht ist und dass zweitens Übergangsprobleme gelöst werden können.« Schumpeter (Kapitalismus), S. 267, zitiert nach Stephan Balling, Sozialphilosophie und Geldpolitik. Stuttgart 2013.
69 Siehe Ludwig von Mises, Human Action – Treatise on Economics. Indianapolis 2007, Kapitel 26: »The Impossibility of Economic Calculation under Socialism«, S. 698 ff.
70 Für eine ausführliche und aktuelle Diskussion hierzu siehe Jesus Huerta de Soto, Sozialismus, Wirtschaftsrechnung und unternehmerische Funktion. Stuttgart 2013.
71 Nur zwei Jahre nach Schumpeter veröffentlichte Hayek seine Streitschrift gegen den Sozialismus, der er die Widmung voranstellte: »To the Socialists of all Parties«. Siehe Friedrich August von Hayek, The Road to Serfdom. The University of Chicago Press 1944.
72 Tatsächlich sind »neoliberale« Ökonomen wie Walter Eucken, die der sogenannten Freiburger Schule angehören, gegen das Laisser-faire der klassischen Ökonomie und befürworten einen starken Staat, der für funktionierende Märkte sorgt. Dass in der deutschen Öffentlichkeit klassische mit neoliberalen Positionen gleichgesetzt werden, ist bezeichnend für die mangelnde ökonomische Bildung vieler deutscher Politiker und Intellektueller. Bei der Festveranstaltung zum 60. Jubiläum des Walter-Eucken-Instituts sagte Bundespräsident Joachim Gauck am 16. Januar 2014 dazu: »Wer dies im Hinterkopf hat, kann es übrigens nur höchst merkwürdig finden, dass der Begriff ›neoliberal‹ heute so negativ besetzt ist. Schließlich wandten sich Eucken und seine Mitstreiter selbst als sogenannte Neoliberale genau gegen dieses reine Laisser-faire, das dem Neoliberalismus heute so häufig unterstellt wird. Ihnen hier im Saal erzähle ich damit nun gar nichts Neues. Aber in unseren öffentlichen Debatten wünsche ich mir schon mehr intellektuelle Redlichkeit, ein genaueres Hinschauen. Und damit wünsche ich mir auch etwas mehr historisches Bewusstsein und Anerkennung für das breite Spektrum des Liberalismus in unserem Land, das von Eucken und seiner Vorstellung von einem ordnenden Staat bis hin zu Friedrich August von Hayek reicht, der ›spontanen Ordnungen‹ mehr zutraute als dem Staat.«
73 Siehe dazu Felix Martin, Money – The Unauthorised Biography. London 2013.
74 Deutlich höher ist die Seigniorage bei der Ausgabe von Papiergeld, dessen Produktionskosten niedriger als die von Münzen sind. Seigniorage entsteht im Kreditgeldsystem, wenn die Kreditzinsen über den Einlagezinsen liegen. In diesem Geldsystem ist die Seigniorage in der Geldproduktion am höchsten, und es profitieren sowohl private Banken als auch Zentralbanken davon.
75 Siehe dazu Felix Martin (op. cit.), S. 88.
76 Zur Zeit der Gründung der Bank von England waren sowohl Silber- als auch Goldmünzen akzeptierte Zahlungsmittel. Es galt also der sogenannte Bimetallstandard. Im Jahr 1717 wechselte das Land unfreiwillig zum Goldstandard, weil der berühmte Physiker Sir Isaac Newton, der zu dieser Zeit aufgrund seiner überragenden mathematischen Kenntnisse das Amt des »Master of the Mint« ausübte, sich verrechnete. Newton setzte den Nennwert der Silbermünzen irrtümlich unter dem in Gold ausgedrückten Marktpreis für Silber an. Damit lag der Materialwert der Silbermünzen über ihrem Nennwert, sodass es sich lohnte, sie aufzukaufen und einschmelzen zu lassen, um das Silber gegen Gold zu verkaufen.
77 Über ihn ist schon viel geschrieben worden. Eine besonders unterhaltsame Geschichte seines Lebens stammt von Charles Mackay (Extraordinary Popular Delusions and the Madness of Crowds. London 1841).
78 John Law, Money and Trade Considered, with a Proposal for Supplying the Nation with Money. Glasgow 1705.
79 Richard Cantillon, ein zeitgenössischer Ökonom, Finanzmann und Namensgeber des »Cantillon-Effekts« (der ungleichen Verteilung einer Erhöhung der Geldmenge), erkannte früh die Schwäche von Laws Geldsystem und spekulierte gegen die französische Währung. Durch deren Kollaps wurde er reich.
80 Trotz seines unrühmlichen Endes pries kein Geringerer als Schumpeter Law in seiner Geschichte der ökonomischen Analyse als einen der größten Geldtheoretiker aller Zeiten. Siehe Joseph Schumpeter, History of Economic Analysis. Oxford University Press 1954. Bagus und Marquart sehen in Law dagegen einen wesentlichen Wegbereiter der staatlichen Inflationspolitik. Siehe Philipp Bagus und Andreas Marquart, Warum andere auf Ihre Kosten immer reicher werden. München 2014.
81 Georg Friedrich Knapp, Staatliche Theorie des Geldes. München u. Leipzig 1905.
82 Für eine kritische Diskussion der »Modern Money Theory« siehe Joseph Huber, »Modern Money Theory and New Currency Theory – A comparative discussion, including an assessment of their relevance to monetary reform«, Real-World Economics Review, Nr. 66 (Januar 2014), S. 38–57.
83 Ich übernehme diesen Begriff von Huber (2014), um die heute lebenden »Österreicher« von den Begründern der Schule zu unterscheiden.
84 Siehe dazu Detlev Schlichter, Paper Money Collapse, 2. Auflage. Wiley 2014.
85 Für eine umfassende Analyse des Zusammenhangs zwischen fraktionaler Reservehaltung und ökonomischer Instabilität und ein Plädoyer für die Rückkehr zum Goldstandard siehe Jesus Huerta de Soto, Geld, Bankkredit und Konjunkturzyklus. Stuttgart 2011.
86 Zur gleichen Antwort auf diese Frage kommen Henning Klodt und Anna Hartmann, Deflation und Konsumstau: Mikroökonomische Evidenz. Kiel, Juli 2014.
87 Hayek, Friedrich A. (1976/2011). Entnationalisierung des Geldes, in: F. A. Hayek, Entnationalisierung des Geldes. Schriften zur Währungspolitik und Währungsordnung. Gesammelte Schriften in deutscher Sprache, Band A 3. Tübingen 2011, S. 129–254.
88 Von Hayek stellt sich damit an die Seite von Graham und Eucken, die eine Warenreservewährung wollten (siehe Kapitel 1).
89 Siehe Kapitel 3 und Frank Knight, Memorandum on Banking Reform, 1933.
90 Dagegen kann man einwenden, dass staatliches Passivgeld einen Anspruch auf die Leistungen künftiger Steuerzahler begründet. Verweigert der Staat dem Inhaber des Passivgelds diese Leistung, indem er es durch Inflationierung entwertet, so kommt das einem Zahlungsausfall gleich.
91 Jaromir Benes und Michael Kumhof, »The Chicago Plan Revisited«, IMF Working Paper WP/12/2012, August 2012.
92 Huber (2014) bemängelt bei der neochartalistischen Definition von Geld als staatlichem Finanzinstrument, dass dieses keinen Anspruch an den Staat auf die Begleichung einer realen Schuld begründet. Der Staat könne fällige Schuld ausschließlich mit neuem Geld begleichen. Wie wir oben gesehen haben, kommt dies aber einem Zahlungsausfall des Staates gleich.
93 Joseph Huber, Monetäre Modernisierung. Zur Zukunft der Geldordnung: Vollgeld und Monetative. Marburg 2013. In Großbritannien und in der Schweiz wird Hubers Konzept von der Initiative »Positive Money« bzw. »Vollgeldinitiative Schweiz« vorangetrieben (http://www.positivemoney.org/ bzw. http://www.vollgeld-initiative.ch/).
94 Timm Gudehus hat beschrieben, wie in diesem System die Gelddisposition der Geldnutzer optimiert werden kann und wie eine über die in diesem System eingebauten Stabilisierungsmechanismen hinausgehende antizyklische Geldpolitik technisch möglich ist (siehe Timm Gudehus, »Notwendigkeit, Regelung und Konsequenzen einer neuen Geldordnung«, in: Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, 63(1), 2014, S.74–106).
95 Siehe dazu insbesondere Thomas Mayer (nicht identisch mit dem Autor dieses Buchs), »Sieben Verfahren, Vollgeld in Umlauf zu bringen und zu verbuchen«, www.vollgeld.de, November 2013.
96 Diese weiterführenden Überlegungen zur Neuordnung des Banken- und Finanzwesens werden nicht von dem Verein der »Monetative« insgesamt vertreten, sondern stellen die persönlichen Meinungen der entsprechenden Autoren dar.
97 Helke Peukert, Das Moneyfest – Ursachen und Lösungen der Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise. Marburg 2013.
98 Der wesentliche Unterschied zum Chicago-Plan und zum Vollgeldsystem ist, dass hier Geld keine eigenkapitalähnliche Verpflichtung des Staates darstellt. Aktivgeld ist immaterielles Warengeld. Von den Vorstellungen der Neo-Austrians unterscheidet sich das Konzept dadurch, dass Aktivgeld nicht durch physisches Gold abgesichert ist.
99 Etwas komplizierter beschreiben Benes und Kumhof (2012) die Umstellung. In ihrem Modell gibt der Staat den Banken verbriefte Kredite, gegen die sie Reserven an Zentralbankgeld aufbauen. Dadurch kommt es zunächst zu einer Bilanzverlängerung bei den Banken: Auf der Passivseite der Bilanz stehen die Verbindlichkeiten an den Staat, auf der Aktivseite Forderungen der Banken in Form von Reservegeld. Rückfließendes Kreditgeld aus der Tilgung auslaufender Kredite wird nun dazu verwendet, die Verbindlichkeiten der Banken an den Staat abzubauen. Die Bankbilanz schrumpft wieder. Am Ende des Prozesses sind die Bankeinlagen auf der Passivseite der Bilanz durch die Reserven auf der Aktivseite gedeckt. Gleichzeitig sinkt die Nettoverschuldung des Staates, da nach Verrechnung der getilgten Bankkredite mit den Krediten des Staates an die Banken eine Forderung des Staates an die Banken übrig bleibt, die den Wert der ausstehenden Staatsschuld übersteigt. Da Benes und Kumhof dieses Verfahren nicht ausführlicher beschreiben, kann man nur vermuten, dass es im Wesentlichen dem zur Umstellung auf Vollgeld entspricht.
100 Siehe Timm Gudehus, »Geldordnung, Geldschöpfung und Staatsfinanzierung«, Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, 62/2 (2013), S. 15.
101 Kritiker werden einwenden, dass damit die einmalige Chance zur Verringerung der Staatsschuld durch die Umwandlung des Geldsystems vergeben würde. Dagegen ist zu sagen, dass die Geldversorgung und die Staatsfinanzierung in einer Aktivgeldordnung strikt getrennt zu halten sind. Dem Staat bleibt es ja freigestellt, den Bürgern den Umstellungsgewinn durch eine einmalige Vermögensabgabe wieder abzunehmen. Dann ist zumindest klar erkennbar, dass sich der Staat des durch die Geldumstellung geschaffenen Kaufkraftgewinns der Bürger zur Entschuldung bemächtigt.
102 Detlev Schlichter, Paper Money Collapse, Second Edition, Chapter 10, Seite 9, Wiley 2014.
103 Jesus Huerta de Soto (2011 – Geld, Bankkredit und Konjunktur), S. 542.
104 Siehe The Economist, »The lure of shadow banking« und »Special report: International banking«, May 10–16, 2014.
105 Damit wäre von Mises »Regressionstheorem«, das die Rückführung von Geld auf eine zum Tauschmittel gewordene Ware fordert, auf Edelmetalle nicht mehr anwendbar. Deren Stelle haben elektronische Teilchen übernommen.
106 Wolfgang Schäuble, »Institutioneller Wandel und europäische Einigung«, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. Januar 2013.
107 »Nach diesen Grundsätzen dürfte der OMT-Beschluss – legt man seinen Wortlaut zugrunde – nicht vom Mandat der Europäischen Zentralbank gedeckt sein. Er stellt sich auf der Grundlage einer Gesamtschau der nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts maßgeblichen Abgrenzungskriterien nicht mehr als währungspolitische, sondern als überwiegend wirtschaftspolitische Maßnahme dar. Hierfür sprechen seine unmittelbare Zielsetzung (aa), seine Selektivität (bb), die Parallelität mit Hilfsprogrammen der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität beziehungsweise des Europäischen Stabilitätsmechanismus (cc) sowie das Risiko, deren Zielsetzung und Auflagen zu unterlaufen (dd). Der OMT-Beschluss dürfte sich daher auch nicht als Maßnahme zu Unterstützung der Wirtschaftspolitik der Union rechtfertigen lassen (ee). Vor diesem Hintergrund bestehen erhebliche Zweifel an seiner Gültigkeit.« (BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. (69).
108 »Der OMT-Beschluss wäre aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts möglicherweise dann nicht zu beanstanden, wenn er im Lichte der Art. 119 und Art. 127 ff. AEUV sowie Art. 17 ff. ESZB-Satzung so ausgelegt oder in seiner Gültigkeit beschränkt würde, dass er die Konditionalität der Hilfsprogramme von Europäischer Finanzstabilisierungsfazilität und Europäischem Stabilitätsmechanismus nicht unterläuft (vgl. Rn. 72 ff.; 77; 79 ff.) und einen die Wirtschaftspolitik in der Union nur unterstützenden Charakter hat (vgl. Rn. 68 ff.; 71; 79 ff.). Mit Blick auf Art. 123 AEUV setzte dies voraus, dass ein Schuldenschnitt ausgeschlossen werden muss (vgl. Rn. 86 f.), Staatsanleihen einzelner Mitgliedstaaten nicht in unbegrenzter Höhe angekauft werden (vgl. Rn. 81) und Eingriffe in die Preisbildung am Markt so weit wie möglich vermieden werden (vgl. Rn. 88 ff.). Erklärungen der Vertreter der Europäischen Zentralbank im verfassungsgerichtlichen Verfahren zu den Rahmenbedingungen beim Vollzug des OMT-Beschlusses (begrenztes Volumen eines möglichen Ankaufs von Staatsanleihen; keine Beteiligung an einem Schuldenschnitt; Einhaltung von zeitlichen Abständen zwischen der Emission einer Staatsanleihe und ihrem Ankauf; kein Halten der Anleihen bis zur Fälligkeit) deuten darauf hin, dass eine solche unionsrechtskonforme Auslegung auch mit Sinn und Zweck des OMT-Beschlusses noch vereinbar sein dürfte.« (BVerfG, 2 BvR 2728/13 vom 14.01.2014, Absatz-Nr. (100)).
109 Philipp Bagus hat das Problem in Anlehnung an die ökonomische Theorie der »Tragödie der Allmende« die Tragödie des Euro genannt. Siehe Philipp Bagus, The Tragedy of the Euro. Auburn 2010.
110 BVerfG, 2 BvE 2/08 vom 30. Juni 2009, Absatz-Nr. 229
111 BVerfG, 2 BvE 2/08 vom 30. Juni 2009, Absatz-Nr. 231
112 Kalypso Nicolaidis definiert »›demoicracy‹ as a Union of peoples, understood both as states and citizens, who govern together but not as one«, und sie findet »that the concept is best understood as a third way, distinct from both national and supranational versions of single demos polities«. Siehe Kalypso Nicolaidis, »European Demoicracy and its Crisis«, Journal of Common Market Studies 2012, S. 1.
113 Dies hat Jesus Huerta de Soto veranlasst, für den Euro auf der Basis des dem Goldstandard ähnlichen Konzepts von Maastricht Partei zu ergreifen. Siehe Jesus Huerta de Soto, »Die Verteidigung des Euro: ein österreichischer Ansatz«, in: Ordo-Jahrbuch 63 (2012).
114 Bei der Tilgung von Krediten überweisen die Kreditnehmer Geld von ihrem sicheren Konto an die Bank. Zur Ablösung der Zentralbankkredite von 4 GE kann die Bank nun der Zentralbank eine sichere Einlage in dieser Höhe einrichten. Da die Bank nun sowohl eine Verpflichtung in Höhe der Einlage und eine Forderung in Höhe der Reserve an die Zentralbank hat, können diese Posten konsolidiert werden. Damit sinkt der Umfang der sicheren Einlage. Wie wir später noch sehen werden, kann die Zentralbank die sichere Einlage wieder erhöhen, indem sie den Einlegern eine »Bürgerdividende« überweist.
115 Natürlich kann sie auch Geld vernichten, indem sie statt eine Gelddividende zu zahlen eine Geldabgabe erhebt.
116 Siehe Mayer (2013).
117 Tatsächlich fand der Auftakt zu dem Aktienmarktkrach von 1929 gegen Ende der Vorwoche statt, weshalb man auch vom Schwarzen Donnerstag (24.10.1929) oder Schwarzen Freitag (25.10.1929) spricht. Am Montag, dem 28. Oktober 1929, fiel dann der Dow Jones Industrial Index um 12,8 Prozent; am folgenden Dienstag um weitere 11,73 Prozent. Der Dow Jones ging in der Folgezeit mit wenigen Unterbrechungen bis in den November hinein weiter zurück.
118 Siehe zum Beispiel Michael Biggs und Thomas Mayer, »Bring Credit back into the monetary policy framework«, PEFM-Policy-Brief, Oxford University, August 2013.
119 Wie wir gesehen haben, kann die Zentralbank durch die »quantitative Lockerung« zwar die Einlagen der Nichtbanken bei den Banken erhöhen, aber sie kann nicht die Einleger direkt dazu veranlassen, das dort liegende Geld in Umlauf zu bringen. Stattdessen kann sie hoffen, dass der durch die Anleihekäufe gesunkene Kapitalmarktzins die Kreditnachfrage belebt, oder sie muss dem Staat die Anleihen direkt abkaufen, sodass dieser das neu geschaffene Geld in Umlauf bringen kann.
120 Siehe dazu auch Thomas Mayer, »Larry Summers’ interest rate conundrum«, CEPS-High-Level-Brief, 16. Januar 2014.
121 Alvin Hansen, Full Recovery or Stagnation? New York 1938.
122 Reinhart und Rogoff (2011) und Kapitel 6.
123 Im Markt für Repo-Geschäfte werden Wertpapiere mit vertraglicher Vereinbarung zum Rückkauf verkauft. Der Zins ergibt sich aus Verkaufs- und Rückkaufspreis. Hat das Wertpapier einen negativen Zins, dann liegt der Rückkaufspreis unter dem Verkaufspreis. Der Verkäufer erhält also eine Prämie dafür, dass er sich Geld leiht.
124 Ein Beispiel, das dem widerspricht, ist Griechenland, das im April 2014 nur zwei Jahre nach der größten Umschuldung der jüngeren Geschichte mit Erfolg neues Geld am Markt aufnehmen konnte. Allerdings wäre die Rückkehr an den Markt wohl misslungen, wenn die Investoren nicht fest darauf vertrauen würden, dass im Falle weiterer Zahlungsprobleme Griechenlands die anderen EWU-Staaten oder die EZB einspringen.
125 Carmen Reinhardt und M. Belen Sbranca, »The Liquidation of Government Debt«, National Bureau of Economic Research Working Paper No. 16893, März 2011.
Thomas Mayer ist Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institute mit Sitz in Köln. Zuvor war er Chefvolkswirt der Deutsche Bank Gruppe und Leiter der Deutsche Bank Research. Bevor er in die Privatwirtschaft wechselte, bekleidete er verschiedene Funktionen beim Internationalen Währungsfonds in Washington und beim Institut für Weltwirtschaft in Kiel.
Für Nina, Lisa und Renate
»I strongly feel that the chief task of the economic theorist or political philosopher should be to operate on public opinion to make politically possible what today may be politically impossible.«
F. A. von Hayek1
Mit dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007 begann meine Midlife-Krise als Ökonom. Schon beim Krach des Rentenmarkts im Jahr 1994, bei der Krise der Schwellenländer 1998 und natürlich beim Platzen der Technologieblase im Jahr 2000 war mir der Gedanke gekommen, dass an unserer modernen Makro- und Finanztheorie etwas faul sein könnte.
Ich bin von Hause aus Entwicklungsökonom und dachte zunächst, ich hätte etwas in der Makro- und Finanzökonomie verpasst. Also drückte ich mit Ende vierzig noch einmal drei Jahre lang die Schulbank. Die Prüfung in Finanzökonomik legte ich als Methusalem unter jugendlichen Kandidaten im Jahr 2003 ab. Seither darf ich mich als »Charterholder« des Chartered Financial Analysts Institute bezeichnen. Die Erleuchtung brachte diese Zusatzqualifikation allerdings nicht.
Meine Zweifel an der modernen Makro- und Finanzökonomik verdichteten sich zur Gewissheit, als dann 2007 die Kreditblase platzte und die Finanzkrise begann. Das gängige neukeynesianische/neoklassische Fusionsmodell, das als Grundlage für die Geldpolitik der Zentralbanken diente, und die These der rationalen Erwartungen und effizienten Finanzmärkte, die den Finanzsektor regierte, waren offensichtlich nicht mehr aufrechtzuerhalten. Dennoch machten die meisten Ökonomen und Praktiker weiter wie bisher.
Dies traf insbesondere auf die Zentralbanken und den akademischen Betrieb zu. Falls überhaupt, dann schenkte man der verhaltensorientierten Ökonomie ein bisschen mehr Beachtung und kehrte den Keynesianer der »Animal Spirits« in sich heraus. Im Großen und Ganzen aber blieb man beim Business as usual. Die Zentralbanken hantierten weiter fröhlich mit ihren Dynamic-Stochastic-General-Equilibrium-Modellen, nach denen die Finanzkrise nie hätte geschehen dürfen, und die Finanzindustrie schwelgte unverdrossen in den Verästelungen der modernen Portfoliotheorie, als ob sie mit diesem Navigationssystem nicht gerade mit Vollgas gegen die Wand gefahren wäre.
Ich fand mich immer öfter in öffentlichen Podiumsdiskussionen unter sogenannten Experten wieder, bei denen heillose Verwirrung über die einfachsten Begriffe herrschte. Was ist Geld? Ein Schuldschein? Wenn ja, von wem ausgestellt? Oder ein Vermögenswert? Wie entsteht Geld? Doch wohl nicht mehr dadurch, dass Goldgräber die Früchte ihrer Arbeit gegen Banknoten eintauschen, wie es die Lehrbuchautoren noch immer zu glauben scheinen. Wie aber dann? Und wie kommt es unter die Leute? Was machen eigentlich die Banken? Nehmen sie Einlagen entgegen, um Kredite zu vergeben, wie es der akademische Betrieb lehrt? Oder vergeben sie Kredite, um Einlagen zu erzeugen, wie einige Häretiker behaupten? Was ist Zins? Eine Leihgebühr für Geld? Oder der Grenzertrag von Kapital? Eine Liquiditätsprämie? Ein Maß für Zeitpräferenzen? Oder einfach ein Überbleibsel aus kapitalistischen Zeiten, das in der ökologischen Post-Wachstumsökonomie abgeschafft gehört?
Fragen über Fragen. Traut man sich, sie als Bankvolkswirt zu stellen, so kommt dies einem Outing als Revolutionär oder als Konterrevolutionär gleich, je nach anwesendem Publikum. Die Hohepriester der Ökonomie in den Universitäten oder bei den Zentralbanken reagieren düpiert. Jetzt bloß nicht auch noch eine Grundsatzdebatte! Das ist doch alles längst geklärt. Aber ist es das? Wissen die hohen Vertreter der gültigen Lehre denn, was sie tun?
Ich denke, sie wissen es nicht. In ihrer komplizierten Modellwelt, die mit viel Mathematik verwissenschaftlicht werden soll, haben sie den Bezug zur Wirklichkeit verloren. Und weil sie sich über die elementaren Fragen im Unklaren sind, sind sie unfähig, unser Geldwesen richtig zu ordnen, den Euro nachhaltig zu stabilisieren und eine Geldkrise als Folge der Finanzkrise abzuwehren. Ich habe dieses Buch geschrieben, weil ich auf die elementaren Fragen erst klare Antworten finden musste, sodass ich mir die komplexeren Fragen beantworten konnte. Mit dem Schreiben kommt Ordnung in den Kopf.
Daher hat dieses Buch eine Vorgeschichte in Form einer früheren Veröffentlichung zum Euro und einer Monografie über das Elend der modernen Makroökonomie, und es wird sicherlich auch eine Nachgeschichte haben, weil ich mit dem Denken nie fertig werde.2 In dem vorliegenden Buch habe ich aber meine Antwort auf die Frage nach einer vernünftigen Geldordnung gefunden: Um zu einem stabileren Geldsystem zu gelangen, brauchen wir eine Geldreform, die von der Vorstellung von Geld als »Aktivum« ausgeht. Der Übergang von unserem gegenwärtigen Passivgeld zum Aktivgeld muss dabei keine Geldkrise auslösen. Er ist in einem evolutionären Prozess möglich, wenn man denn nur will.