juristische fallstricke im
social media marketing
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Redaktion: Theresa Schulz
Lektorat: Bernd Stadelmann
Satz und Layout: Jens Guischard
Alle Rechte vorbehalten.
© scm c/o prismus communications GmbH, Berlin 2012
1. Auflage: E-book September 2012
ISBN: 978-3-940543-25-7
Einleitung
Die Nutzungsbedingungen der Social Media
Marken und Namensrechte
Impressumspflicht
Datenschutzrecht
Urheberrecht
Markenrecht
Wettbewerbsrecht
Presse- und Äußerungsrecht
Allgemeine Haftungsfragen
Social Media Guidelines im Betrieb
Abwehr rechtsverletzender Darstellungen
AUTOREN
Das Internet ist als Werbe- und Verkaufsplattform für Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Für Social Media ist das Web 2.0 von vergleichbarer Bedeutung und hat sich inzwischen als feste Größe etabliert.
Social Media sind interaktive Internetdienste, wie Wikis, Blogs, Feeds und soziale Netzwerke, in denen jeder Nutzer Inhalte veröffentlichen und jedermann alle Inhalte wahrnehmen kann. Durch das Verlinken von Inhalten und Personen entsteht ein soziales Netzgeflecht.
Damit einher geht ein enormes Werbepotential für Unternehmen, völlig neue Kommunikationsformen drängen ins Netz. Doch ebenso umfangreich wie die Möglichkeiten sind auch die Rechtsfragen, die das Web 2.0 aufwirft. Die Anonymität und die Vielzahl der Akteure, die weltweite Abrufbarkeit, die unkontrollierte Kombination und Verbreitung der Inhalte sowie die Verbindung von Privatem und Kommerziellem sind in dieser Form beispiellos.
• Wem gehören die Inhalte (Wortbeiträge, Bilder, Videos)?
• Liegt eine private oder geschäftliche Nutzung vor?
• Wer ist für etwaige Rechtsverletzungen verantwortlich?
• Welches Recht ist anwendbar?
• Ist es überhaupt möglich, Inhalte wieder aus dem Netz zu entfernen?
• Welche datenschutzrechtlichen Auswirkungen haben die angewandten Verknüpfungstechniken?
Diese und weitere Fragen werden in diesem Buch geklärt.
Durch den Aufbau einer Unternehmens-Seite in Social Media erhofft sich der Betreiber einen werbewirksamen Auftritt, der ihn unmittelbar in Kontakt mit den Kunden bringt und für eine Umsatzsteigerung sorgen soll. Doch bevor eine solche Seite erstellt wird, muss zunächst geklärt werden, ob überhaupt eine kommerzielle Nutzung auf der ausgewählten Plattform erlaubt ist und in welchem Umfang das geschehen darf, denn bei Verstößen droht dem Ersteller eine vorübergehende oder sogar endgültige Sperrung bzw. Löschung seiner Seite.
Zudem könnte die erhoffte Werbewirksamkeit schnell in ein PR-Desaster umschlagen, denn wenn Manipulationen oder unzulässige Verwendungen im Netz bekannt und dann unaufhaltsam verbreitet werden („Seite melden“), besteht die nicht abzuschätzende Gefahr eines sogenannten „Shitstorms“.
Bei Twitter, YouTube und Google+ finden sich derzeit keine besonderen Bestimmungen für kommerzielle Werbeauftritte. Auf diesen Plattformen wird lediglich das Verbot von Rechtsverletzungen in den Nutzungsbedingungen beispielhaft aufgeführt. Allerdings stützen sich viele dieser Bedingungen auf ausländische Rechtsgrundsätze, wobei meist eine unmittelbare Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche vorliegt. Verständnisprobleme und Fragen nach dem Geltungsbereich häufen sich. In der Rechtsprechung werden in zunehmendem Maße Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) von Social-Media-Plattformen in Deutschland für unwirksam erklärt.
Bei Xing ergibt sich aus Ziffer 5 der AGB für Unternehmensprofile, dass Multi-Level-Marketing nicht zulässig ist. Auch dürfen keine für Xing unzumutbaren Inhalte eingestellt oder Links auf Drittseiten gesetzt werden.
Umfangreiche, aber keinesfalls immer klare und wirksame Regelungen finden sich bei Facebook. Hier ist durch die strikte Trennung von Profilen und Seiten erwünscht und rechtlich umgesetzt, dass Unternehmen werbewirksame Auftritte in diesem sozialen Netzwerk erstellen.
PROFILE sind für die private Nutzung bestimmt. Dort gibt es nicht den „Gefällt mir“-Button, sondern den „FreundIn hinzufügen“-Button. Man kann sich mit anderen Usern „anfreunden“ und ihnen Nachrichten senden. Man erhält Werbung und die „Freunde“ werden aufgelistet.
SEITEN sind für Unternehmen und in der Öffentlichkeit stehende Personen. Es kann nur passiv Kontakt zu Usern über den „Gefällt mir“-Button aufgenommen werden. Es wird (noch) keine Werbung Dritter angezeigt und es gibt keine „Freunde“.
Für Unternehmen sind die allgemeinen und speziellen Regelungen über „Seiten“ von Bedeutung. Diese Regelungen finden sich vollständig abrufbar unter http://de-de.facebook.com/legal/terms.
Zu nennen sind:
• Erklärung der Rechte und Pflichten [ERuP] – Allgemeine Regelungen
• Richtlinie für Promotions – Spezielle Vorgaben für die Seitennutzung zu Werbezwecken
• Werberichtlinien – Spezielle Vorgaben zur Schaltung von Werbung auf Drittseiten
• Datenschutzrichtlinie
• Nutzungsbedingungen für Seiten – Spezielle Bedingungen für Seiten
• Bestimmungen für Nutzer mit Wohnsitz in Deutschland
Der Umfang der Bestimmungen lässt es hier nicht zu, auf alle Regelungen einzugehen. Wichtig sind jedoch insbesondere folgende Bestimmungen:
• Vertragspartner: Facebook Ireland Ltd., Ziff. 19 Nr. 1 ERuP
• Anwendbares Recht: Ziff. 16 Nr. 1 ERuP Recht des Staates Kalifornien, aber Ziff. 17 Nr. 3 ERuP mit Ziff. 5 Richtlinie für Deutsche bringt deutsches Recht zur Anwendung
• Zuständige Gerichte: Santa Clara Kalifornien, Ziff. 16 Nr. 1 ERuP
• Sperrung bei Vertrags-, Rechtsverstoß oder Missfallen, Ziff. 15 ERuP
• Umfassende einfache Nutzungslizenz an Facebook, Ziff. 2 ERuP
Besondere Vorsicht ist beim Einstellen von rechtlich geschütztem Material geboten. Zum Beispiel ist die Lizenzeinräumung bei Facebook sehr weitreichend gefasst. Sie ergibt sich aus Ziff. 2 Nr. 1 der Facebook Nutzungsbedingungen:
„Für Inhalte wie Fotos und Videos, die unter die Rechte an geistigem Eigentum fallen, („IP-Inhalte“) erteilst du uns, sofern du in deinen Privatsphäre- und Anwendungseinstellungen nichts anderes einstellst, die folgende Erlaubnis: Du gibst uns eine nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, gebührenfreie, weltweite Lizenz für die Nutzung jeglicher IP-Inhalte, die du auf oder im Zusammenhang mit Facebook postest („IP-Lizenz“). Diese IP-Lizenz endet, wenn du deine IP-Inhalte oder dein Konto löschst, außer deine Inhalte wurden mit anderen Nutzern geteilt und diese haben die Inhalte nicht gelöscht.“
Danach wäre für Facebook praktisch jede Nutzung von Drittrechten auch außerhalb der Plattform möglich.
Immerhin erfolgt eine Einschränkung der Nutzungsbedingungen für deutsche Nutzer in Ziff. 1 der Sonderregelungen:
„Ziffer 2 ERuP gilt mit der Maßgabe, dass unsere Nutzung dieser Inhalte auf die Verwendung auf oder in Verbindung mit Facebook beschränkt ist.“
Andere Plattformen haben ganz ähnliche und teilweise noch weitergehende Regelungen, wie z.B. YouTube, in Ziffer 10 seiner AGB.
Solche Klauseln sind nicht nur aufgrund des wesentlichen Grundsatzes des Urheberrechts, der Zweckübertragungslehre nach § 31 Abs. 5 UrhG in ihrer rechtlichen Wirksamkeit fraglich, sondern auch in Bezug auf die einschränkende Verwendungsbefugnis von allgemeinen Geschäftsbedingungen, die gemäß § 305c BGB transparent sein müssen und nicht überraschend sein dürfen.
Recht
Aufgrund eines Urteils des LG Berlin vom 06.03.2012 wurde es Facebook untersagt, gegenüber Verbrauchern mit Wohnsitz in Deutschland u.a. die IP-Lizenzklausel auch mit der Einschränkung für deutsche Nutzer zu verwenden, da die Bestimmung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB abweiche und nicht mit ihr zu vereinbaren sei. Es liege ein Verstoß gegen die Zweckübertragungslehre als wesentlichem Grundsatz des Urheberrechts vor. Dieser beruhe auf dem Leitgedanken einer möglichst weitgehenden Beteiligung des Urhebers an der wirtschaftlichen Verwertung seines Werkes und einer möglichst geringen Aufgabe bzw. Übertragung seiner Ausschließlichkeitsrechte.
Diese Rechtsprechung führt dazu, dass die IP-Lizenzklausel zumindest gegenüber deutschen Nutzern unwirksam ist.
Die Rechte an Fotos, z.B. aus Fotowettbewerben, Spots oder sonstigem Content, die Nutzer z.B. auf die Facebook-Seite eines Unternehmens hochladen, kann sich der Betreiber der Seite grundsätzlich durch eigene Nutzungs- oder Teilnahmebedingungen sichern.
Nach den neuen Facebook-Nutzungsbedingungen ist klargestellt, dass nur solche eigenen Bedingungen unzulässig sind, die im Widerspruch zu den ERuP, der Datenverwendungsrichtlinie oder den Nutzungsbedingungen von Facebook stehen.
Eine Analyse der Rechte, die der Teilnehmer vorab schon dem Diensteanbieter übertragen hat bzw. die selbst dem Diensteanbieter übertragen werden, ist erforderlich. Unter Umständen ist kein ausreichender Rechtserwerb auf der Plattform mehr möglich.
Die Sicherung der Rechtsübertragung sowie der Möglichkeit zur Bearbeitung, auch bei sogenannten Crowd-Sourcing-Projekten, also Gemeinschaftswerken, bei denen mehrere das Recht gemeinsam halten, sollte erreicht werden.
In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob der Social-Media-Auftritt unter dem Namen bzw. der Marke des Unternehmens geführt werden kann oder ob die Domain oder der Account durch Dritte blockiert ist.