I. Abkürzungsverzeichnis
II. Tabellenverzeichnis
III. Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Ziel der Studie
1.2 Vorgehensweise
1.3 Abgrenzung der Studie
2. Theorie des Wandels
2.1 Definition des Wandels
2.2 Umgang mit Wandel aus unternehmerischer Sicht
3. Organisation des Buchmarktes
3.1 Eine Kurzeinführung in die Buchbranche
3.2 Das Produkt Buch als Hauptabsatzprodukt des Buchhandels
3.3 Die Buchpreisbindung als Besonderheit der Buchbranche
3.4 Die Verlage als Produzenten der Buchhandelsware
3.5 Der Zwischenbuchhandel als Bindeglied zwischen Verlagen und Bucheinzelhandel
3.6 Die Buchhandelslandschaft
3.6.1 Umsatzentwicklung in den Vertriebsstrukturen
3.6.2 Formen des Buchvertriebs
3.7 Der stationäre Bucheinzelhandel
3.7.1 Darstellung und Ausprägung des wichtigsten Vertriebsweges im Buchmarkt
3.7.2 Marketing als Mittel der Kundenbindung
3.7.3 Konzentrationen und Kooperationen
3.8 Der Buchkunde und sein verändertes Kaufverhalten
3.9 Entwicklungen und Trends im Warensortiment des Buchhandels
4. Digitale Innovationen als Herausforderung
4.1 Einleitung zu Innovationen im Buchhandel
4.2 Der Online-Buchhandel als moderne Vertriebsform
4.2.1 Beschreibung des Online-Buchhandels
4.2.2 Online-Angebote für Buchkäufer
4.2.3 Online-Handel mit gebrauchten Büchern
4.3 Neue Kommunikations- und Publikationsmittel
4.3.1 E-Books als Produktinnovation
4.3.2 Online-Bibliotheken für freien Zugang zu Information
4.3.3 Direktvermarktung der Publikumsverlage über das Internet
4.3.4 Print on Demand (POD)
4.3.5 Direktvertrieb der Autoren
5. SWOT-Analyse für den stationären Buchhandel
5.1 Definition und Erläuterung der SWOT-Analyse
5.2 Leistungsfähigkeit des Vertriebsweges (Stärken und Schwächen)
5.3 Chancen und Risiken im sich verändernden Marktumfeld
5.4 Handlungsfelder und Potenziale für die künftige Entwicklung
5.5 Übersicht Kernaussagen der SWOT-Analyse
6. Zusammenfassung und Ausblick
6.1 Kritische Würdigung und Bewertung der Ergebnisse
6.2 Eine Studie des deutschen Buchmarktes für das Jahr 2017
IV. Anhangverzeichnis
V. Literaturverzeichnis
Anhang 1: | Buchpreisbindungsgesetz |
Anhang 2: | Das Sinus-Milieu-Modell von Sinus Sociovision |
Anhang 3: | Die 20 umsatzstärksten Buchhandelsunternehmen im deutschsprachigen Raum im Jahr 2008 |
Anhang 4: | Übersicht auf den deutschen E-Book-Reader-Markt |
Marc Fischer
Der stationäre Buchhandel im Wandel
Wie das Internet den deutschen Buchmarkt verändert
ISBN: 978-3-8428-1702-9
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2012
Covermotiv: © Shawn Hempel - Fotolia.com
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© Diplomica Verlag GmbH
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A | Österreich |
AAP | Association of American Publishers |
AG | Aktiengesellschaft |
AGM | Arbeitsgemeinschaft Marketing |
AKS | Arbeitskreis kleinerer Sortimente |
BAG | Buchhändler Abrechnungs GmbH |
BOL.de | Bertelsmann On-Line |
BTX | Bildschirmtext |
BuchPrG | Buchpreisbindungsgesetz |
CEO | Chief Executive Officer |
CD | Compact Disc |
CD-ROM | Compact Disc Read-Only Memory |
CH | Schweiz |
CO² | Kohlenstoffdioxid |
CSR | Corporate Social Responsibility |
DFÜ | Datenfernübertragung |
DBH GmbH | Deutsche Buch Handels Gesellschaft mit beschränkter Haftung |
dmc | Direct Marketing Consult |
DRM | Digital Rights Management |
DVD | Digital Versatile Disc |
E-Book | Elektronisches Buch |
EBM | Espresso Book Machine |
EC | Eurocheque |
EDL Foundation | European Digital Library Foundation |
EDV | Elektronische Datenverarbeitung |
Epub | electronic publication |
ERFA | Erfahrungsaustausch |
EU | Europäische Union |
FAZ | Frankfurter Allgemeine Zeitung |
GfK | Gesellschaft für Konsumforschung |
GmbH | Gesellschaft mit beschränkter Haftung |
GPS | Global Positioning System |
GU | Gräfe und Unzer |
I | Italien |
IDPF | International Digital Publishing Forum |
ISBN | International Standard Book Number |
IT | Informationstechnik |
KfW | Kreditanstalt für Wiederaufbau |
KMU | Klein- und mittelständische Unternehmen |
KNV | Koch, Neff und Volckmar |
LG Buch | Leistungsgesellschaft Buch |
Libri | Lingenbrink |
MeinVZ | Mein Verzeichnis |
MMS | Multimedia Messaging Service |
MSN | Microsoft Network |
MVB | Marketing und Verlagsservice des Buchhandels GmbH |
OCA | Open Content Alliance |
PC | Personal Computer |
PDA | Personal Digital Assistant |
Portable Document Format | |
POD | Print on Demand |
PR | Public Relations |
SD | Secure Digital |
SMS | Short Message Service |
StudiVZ | Studentenverzeichnis |
SWOT-Analyse | Strengths-Weaknesses-Opportunities-Threat-Analyse |
SZ | Süddeutsche Zeitung |
Tab. | Tabelle |
TNS Infratest | Taylor Nelson Sofres Infratest |
UNESCO | United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization |
US | United States |
USA | United States of America |
USB | Universal Serial Bus |
VHS | Video Home System |
VlB | Verzeichnis Lieferbarer Bücher |
VTO | Volltextsuche Online |
W-Lan | Wireless Lan |
WAP | Wireless Application Protocol |
WC | Water Closet |
WM | Weltmeisterschaft |
WWS | Warenwirtschaftssystem |
WWW | World Wide Web |
ZVAB | Zentrales Verzeichnis antiquarischer Bücher |
Tab. 1: | Entwicklung der Buchpreise in Deutschland seit 1999 |
Tab. 2: | Zahlenreihe zur Umsatzentwicklung des Buchhandels in Deutschland in den letzten zehn Jahren |
Tab. 3: | Veränderung der Vertriebsstruktur im deutschen Buchhandel |
Tab. 4: | Die fünf umsatzstärksten Buchhandelsunternehmen im deutschsprachigen Raum im Jahr 2008 |
Tab. 5: | Stärken und Schwächen des stationären Buchhandels zusammengefasst |
Tab. 6: | Chancen des stationären Buchhandels zusammengefasst |
Tab. 7: | Risiken des stationären Buchhandels zusammengefasst |
Tab. 8: | Handlungsfelder des stationären Buchhandels zusammengefasst |
Tab. 9: | Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus |
Tab. 10: | Die 20 umsatzstärksten Buchhandelsunternehmen im deutschsprachigen Raum im Jahr 2008 |
Abb. 1: | Entwicklung der Anzahl der stationären Buchhandelsbetriebe in Deutschland seit 1992 |
Abb. 2: | Sinus-Milieus in Deutschland 2009 |
Abb. 3: | Überblick auf den E-Book-Reader-Markt in Deutschland im Dezember 2009 |
Der deutsche Buchmarkt ist seit etwas mehr als zehn Jahren einem Strukturwandel unterlegen, wie es ihn in dieser Branche noch nie zuvor gegeben hat. Diese Entwicklung ist vor allem auf den technischen Fortschritt zurückzuführen. Das Internet und die elektronischen Soft- und Hardwareneuerungen haben, wie viele andere Branchen auch, die Buch- und Verlagsbranche erfasst, verändert, und sind im Begriff sie zu revolutionieren. Neue Speichermedien, neue digitale Vertriebswege und auch neue Dateiformate erweitern die Möglichkeiten, über welche Distributionskanäle die Menschen an Bücher gelangen und in welcher Form sie sie erwerben können. Dazu stehen ihnen, hauptsächlich über das Internet, neue Wege der Informationsbeschaffung zur Verfügung. Die aktuelle Marktbeschaffenheit wird durch die Annahme und Nutzung dieser Innovationen durch die Konsumenten erheblich verändert.
Zudem findet neben der technischen „Revolution“ eine Konzentration im Buchhandel statt, die das Überleben für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) im Buchhandelsmarkt immer schwerer macht. Diese Konzentration wird im Verlauf der Studie ebenfalls kurz beleuchtet. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf der Frage inwieweit der klassische Buchhandel in Deutschland auf diesen Wandel, hervorgerufen durch technische Innovationen, reagieren kann. Es gilt zu prüfen in welchem Ausmaß der stationäre Handel neue digitale Vertriebswege selber nutzen kann. Auch neue Formen von Büchern, die beispielsweise als neuartige Dateiformate für das Lesen an einem Bildschirm geeignet sind und verstärkt online vertrieben werden, gilt es in der Marktentwicklung zu beobachten und gegebenenfalls zu überlegen, ob eine Aufnahme dieser Innovationen für das jeweilige stationäre Bucheinzelhandelsgeschäft in ihr Sortiment empfehlenswert erscheint. Diese Untersuchung zeigt auf, wie digitale Neuerungen erkannt und bewertet werden können, vor allem im Hinblick auf potenzielle Gefahren. Hierbei soll dieser Wandel aber nicht nur als Begebenheit mit ausschließlichem Gefährdungspotenzial, sondern auch als Chance und Herausforderung wahrgenommen werden. Die neuen technischen Möglichkeiten und den Marktwandel zu ignorieren könnte für den klassischen Handel erhebliche Konsequenzen haben. In diesem sich rasch verändernden Umfeld schätzen vor allem traditionelle, alteingesessene Buchhandlungen häufig die Entwicklungen für sich als bedrohlich ein. Daher wird untersucht, inwieweit sich stationäre Buchhandlungen anpassen müssen und können, und wie sie die durch das Internet gebotenen Chancen nutzen könnten. Mehr als zehn Jahre Erfahrung mit dem Internet und den darin agierenden Online-Buchhändlern, Online-Bibliotheken, Digital Publishern etc. ermöglichen eine Bewertung und einen Ausblick auf die Zukunft des Buchmarktes in Deutschland.
Dieses Buch unterteilt sich in sechs Abschnitte. Nach der Einleitung wird in den folgenden drei Kapiteln der Grundstock für die Bewertung der Zukunftschancen des stationären Buchhandels gelegt.
Das zweite Kapitel widmet sich der allgemeinen Theorie des Wandels und der Beantwortung der Frage „Was ist Wandel?“ Bevor in den folgenden Kapiteln explizit auf den Wandel in der Buchbranche eingegangen wird, wird zunächst untersucht, inwieweit dieser losgelöst von der zu untersuchenden Materie generell abläuft. Es wird geprüft, wie mit Veränderungen umgegangen werden kann, die von außen kommen und welche Reaktionen angemessen erscheinen. Wie kann man Wandel selbst erzeugen, oder dazu beitragen?
Kapitel drei befasst sich mit der Organisation des Buchmarktes. Der Aufbau der Buchbranche und die darin enthaltenen vertikalen und horizontalen Verflechtungen sind wesentliche Punkte dieses Abschnitts. Branchenspezifische Gegebenheiten werden genannt und deren Wichtigkeit und Nutzen für den Markt erklärt. Dabei wird die Bedeutung des Produktes Buch für den Buchhandel herausgestellt. Ferner wird die Buchpreisbindung erläutert, die eine Besonderheit der Branche darstellt und welche die Wettbewerbssituation zwischen den einzelnen Vertriebswegen maßgeblich beeinflusst. Anschließend folgt ein kurzer Überblick über die Verlagslandschaft in Deutschland. Ebenfalls relevant für die Fragestellung ist die Sicht der Verlage auf veränderte Marktbedingungen. Wie stehen sie der wachsenden Machtkonzentration im Handel gegenüber und wie tragen sie ihren Teil zum Wandel im Buchmarkt bei? Welche Möglichkeiten bieten ihnen elektronische Innovationen und das Internet? Auf die Bedeutung der Zwischenbuchhändler als wichtige Logistiker zwischen Verlagen und Buchhandel wird ebenfalls eingegangen. Darauf folgend wird der Buchhandel, der Hauptuntersuchungspunkt der Studie, näher beleuchtet. Anhand diverser Kennzahlen und aussagekräftiger Marktdaten werden Aspekte des Wandels auf Unternehmen im Buchhandel beschrieben. Es werden zudem die unterschiedlichen Vertriebsformen des Buchhandels genannt, wobei der Fokus auf dem stationären Zweig liegt. Es folgt eine Übersicht der dominierenden Buchhandelsunternehmen. Das veränderte Kaufverhalten der Konsumenten, das im Wesentlichen auf die demographische Entwicklung und den technischen Fortschritt zurückzuführen ist, wird hier ebenfalls betrachtet. Es wird auch darauf eingegangen, inwiefern der Wandel die Produktpalette verändert und welche Reaktionen von Seiten des Handels angemessen erscheinen.
Im vierten Kapitel werden die wichtigsten technischen und elektronischen Neuheiten, die die Veränderungen im Buchmarkt bedingen, vorgestellt. Darunter fallen zum Beispiel reine Online-Buchhandlungen, wie Amazon.de oder Buch.de oder auch E-Books, die als Alternative zu Printausgaben das Lesen auf einem Bildschirm ermöglichen. Wichtig ist, zu ergründen, welche der neuen technischen Möglichkeiten als Bedrohung für den klassischen Buchhandel verstanden werden könnte und welche eher als Herausforderung zu sehen ist.
Das fünfte Kapitel befasst sich mit der Bewertung der vorangegangenen Ausführungen und zeigt Handlungsfelder des stationären Buchhandels im sich verändernden Marktumfeld auf. Hierzu wird eine SWOT-Analyse durchgeführt, in der die Stärken und Schwächen des stationären Handels herausgearbeitet werden. Die Chancen und Risiken, hervorgerufen durch externen Wandel, werden ebenfalls betrachtet werden. Um im Wettbewerb um Umsätze bestehen zu können werden Handlungsfelder aufgezeigt, die für den stationären Buchhandel zukünftig Erfolg versprechend sein könnten.
Als letztes Buchkapitel steht das Fazit, indem die Ergebnisse resümiert und bewertet werden. Abschließend wird noch ein kurzer Ausblick auf den deutschen Buchmarkt im Jahr 2017 gegeben.
Der Buchmarkt in Europa ist trotz europäischer Binnenmarktpolitik noch stark national ausgerichtet. Eine Orientierung findet hier vor allem an den Sprachgrenzen statt. Die in diesem Buch durchgeführte Untersuchung beschränkt sich auf den deutschen Buchmarkt. Die meisten hier zitierten Studien sind allein auf Deutschland bezogen. Das Ergebnis ist aber weitgehend auf die deutschsprachige Schweiz und Österreich zu übertragen, da deren Märkte aufgrund einer gemeinsamen Sprache Ähnlichkeiten aufweisen.
Wandel heißt Veränderung, bedeutet Entwicklung. Diese Veränderungen werden häufig durch Innovationen verursacht. Eine Innovation ist eine Invention, eine vom Menschen geschaffene Neuheit, deren praktische Umsetzung erfolgt und Wandel auslösen kann. Dabei kann es ich um Produkte, Dienstleistungen oder um Geschäfts- und Produktionsprozesse handeln. Innovationen, die Wandel bewirken, können in zwei unterschiedliche Gruppen aufgeteilt werden, Sustaining Innovations und Disruptive Innovations.
Zu den Sustaining Innovations gehören einerseits Innovationen, die auf altbewährte Produkte aufbauen und die ein fester Kundenstamm zu schätzen weiß. Diese so genannten Undershot Costumers haben mit diesen Produkten bereits Erfahrungen gesammelt und wünschen sich mit kleinen, inkrementellen Produktverbesserungen deren Weiterentwicklung, wie beispielsweise einen leistungsstärkeren PC-Prozessor oder eine längere Akkulaufzeit für ein Handy. Andererseits können Sustaining Innovations auch radikale Innovationen sein, die auf Kunden mit hoher Zahlungsbereitschaft zugeschnitten sind, wie zum Beispiel die Entwicklung der Automobile Anfang des 20. Jahrhunderts.1
Disruptive Innovations sind Innovationen, die sich an die so genannten Overshot Costumers als Kunden wenden. Für diese Kunden besitzen die am Markt gängigen Produkte zu viele Funktionen. Sie wünschen sich Produkte mit geringerer Funktionalität oder Qualität, die zu einem günstigeren Preis zu erstehen sind. Beispielsweise hatte das MP3-Format bei der Einführung nicht die Qualität bestehender Audio-Formate, hat sich aufgrund seiner Flexibilität aber dennoch durchgesetzt.2
Radikaler Wandel wird vor allem durch radikale Innovationen und Disruptive Innovations erzeugt. In der Literatur gibt es allerdings keine einheitlichen Begriffe für Innovationen.3 Manche Autoren sprechen nur von radikalen Innovationen, meinen damit aber manchmal auch die Disruptive Innovations nach Christensens’ Modell. Die nachfolgend zitierten Autoren Enders, König und Hungenberg verwenden beispielsweise nur die Begriffe „Radikaler Wandel“ und „Radikale Innovationen“.
Wandel beeinflusst viele Lebensbereiche und kann unter anderem wirtschaftlicher, wissenschaftlicher, kultureller, technischer oder gesellschaftlicher Natur sein. Ein durch Innovationen bewirkter Wandel in einem Gebiet kann einen Wandel in einem anderen Gebiet auslösen. In der Geschichte der Menschheit hat es Wandel immer schon gegeben, nur vollzieht er sich heutzutage deutlich schneller und ist vermehrt im globalen Kontext zu sehen. Das Internet beschleunigt die Durchsetzungskraft von vielen, nicht nur digitalen Innovationen.4 Es erweitert das Wissen vieler Konsumenten, erhöht deren Handlungsbereitschaft und beschleunigt somit den Wandel. Online durchgeführte Produktvergleiche zahlreicher Konsumenten führen indirekt zu inno-vativen Qualitätsverbesserungen. Der Wunsch der meisten Kunden nach neuen, erweiterten Produkten am Markt führt generell zu einer Zunahme an Innovationen und dadurch zu einem Absinken der Produktlebenszyklen bestehender Produkte.5 Der Wandel geschieht derart schnell, dass viele Menschen Schwierigkeiten haben einen Teil der Neuerungen zu bemerken, geschweige denn zu verstehen.6 Obwohl der einzelne Mensch oft vom Ausmaß des Wandels überfordert ist, forciert er ihn als Teil der Masse.
Aus Sicht der Unternehmen kann Wandel passiv durch externe Faktoren ausgelöst werden oder aktiv durch eigenes Verhalten bewirkt werden. Dem externen Wandel sollten bewusste Reaktionen von direkt Betroffenen folgen, damit diese zur Sicherung ihrer Existenz ihr Verhalten an das veränderte Umfeld anpassen.
Unternehmensmanager in der Führungs- und Entscheidungsebene ziehen im Besonderen propagierte Best-Practice-Modelle anderer, auch branchenfremder, Unternehmen in Betracht, um ihr eigenes Unternehmen an veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen anzupassen. Dabei müssen sie allerdings berücksichtigen, dass diese Modelle nicht immer eins zu eins übernommen werden können, sondern modifiziert oder gar abgelehnt werden müssen.7 Vielmehr sollte ebenfalls in Erwägung gezogen werden, eigene Lösungsmöglichkeiten zum Umgang mit Wandel zu erarbeiten. Ignoranz des Wandels und das Aufschieben von nötig durchzuführenden Maßnahmen kann heutzutage verheerende Konsequenzen für das eigene Unternehmen haben, zum Beispiel den raschen Verlust von Marktanteilen. 8 Obwohl es inzwischen hinreichend Literatur zum Thema Change Management gibt, haben etablierte Unternehmen immer noch große Schwierigkeiten Wandel zu begegnen.
Nach Enders, König und Hungenberg gibt es vier Phasen, in denen Unternehmen Handlungsfehler bei Reaktionen auf radikale und disruptive Innovationen begehen können. In der Wahrnehmungsphase könnten sie Innovationen am Markt nicht bemerken. In der Beurteilungsphase erkennen sie diese, könnten sie aber für das eigene Unternehmen und den Markt fälschlicherweise als ungefährlich bewerten. In der Entscheidungsphase wissen sie um die Bedeutung einer Innovation für die Branche, setzen aber nicht das nötige Werkzeug oder Ressourcen ein, um ihr optimal zu begegnen. In der Umsetzungsphase könnten etablierte Unternehmen Fehler machen, indem sie gewohnte Geschäftsprozesse anwenden, die sich beim Umgang mit der Innovation als unzulänglich erweisen könnten und nur bedingt anwendbar sind.9
Enders, König und Hungenberg haben in ihren Studien ermittelt, welche Fehler in den oben genannten vier Phasen durch Unternehmen bei Reaktionen auf Innovationen begangen werden können. Sie beschreiben ökonomische sowie psychologische Fehlerquellen, die vermieden werden könnten. Ausgewählte Fehlerquellen werden im Folgenden kurz erklärt.10
Ökonomische Fehlerquellen
Ausgeprägtes Effizienzdenken : Unternehmen sind in der Regel auf Effizienz und Stabilität ausgerichtet. Stabilität schafft bei einem Großteil der Kunden Vertrauen, hemmt allerdings den Umgang mit Disruptive Innovations.
Vermeidung von Kannibalisierung : Chief Executive Officers (CEOs) wollen bestehende, gut laufende Geschäftsfelder nicht durch neue, risikobehaftete Geschäftsfelder gefährden und verhindern in ihren Unternehmen häufig die Umsetzung von am Markt gehandelten Innovationen in marktreife Produkte, die zur Kannibalisierung anderer Geschäftsfelder beitragen könnten.
Psychologische Fehlerquellen
Ankereffekte : Unternehmen greifen bei der Reaktion auf Innovationen anderer Marktteilnehmer meist auf früher selbst angewendete, bewährte Methoden zurück. Dies erleichtert auf der einen Seite die Entscheidungsfindung, auf der anderen Seite kann eine so getroffene Entscheidung aber fatal sein, wenn das Unternehmen auf eine Disruptive Innovation altbewährt reagiert.
Inadäquates Kontrollempfinden : Wenn etablierte, große Unternehmen Disruptive Innovations erkennen, können sie sich zu selbstsicher sein und, mit dem Gefühl alles unter Kontrolle zu haben, nicht einschreiten. Sie schätzen das Ausmaß der Innovation und ihre Durchsetzungskraft falsch ein. Andere, vor allem kleine Unternehmen, haben meist ein zu geringes Kontrollempfinden und unterschätzen sich. Sie verlassen frustriert den Markt anstatt eine adäquate Reaktion auf diese neue Bedrohung zu zeigen.
Herdentrieb : Bei Disruptive Innovations ist es oftmals in deren Frühstadium des Markteintritts noch nicht ersichtlich mit welchem Geschäftsmodell sie sich durchsetzen. Viele Unternehmen folgen in ihrem Verhalten den am Markt bislang erfolgreichsten Unternehmen. Doch aufgrund der oben genannten Fehlerquellen haben etablierte Unternehmen selten Interesse disruptive Innovationen zu adaptieren, um ihre Stabilität nicht zu gefährden oder Kannibalisierung von Geschäftsfeldern innerhalb ihres Unternehmens zu verhindern. Deshalb kann es passieren, dass eine ganze Branche auf diese Innovationen falsch reagiert und ein erfolgreicher Markteintritt branchenfremder Neueinsteiger möglich ist.
Single Action Bias : Wenn Unternehmen Disruptive Innovations wahrnehmen, reagieren sie oft mit nur einem einzigen Vorstoß und wenden sich dann anderen Themen zu. Dieser reicht aber oft noch nicht aus, um diesen Innovationen zu begegnen. Gerade weil deren zukünftige Stellung am Markt, der Vertrieb oder die Vermarktung noch nicht ersichtlich ist, müssen Unternehmen sich längerfristig mit diesem Thema beschäftigen.
Ist für etablierte Unternehmen eine technologische Antwort auf eine erfolgreiche Innovation eines Marktneulings nicht möglich, weil das Know-How oder das Personal fehlt, übernehmen die Finanzstarken unter den Unternehmen häufig den Marktneuling, um auf diese Weise an die gewünschte neue Technologie zu gelangen oder akquirieren branchenfremde Innovationsexperten beziehungsweise beauftragen externe Unternehmensberatungen.11
Wandel durch neue Innovationen von innen heraus anzustoßen scheint noch schwieriger als auf externen Wandel zu reagieren. Doch mit neuen Ideen ist es bei Kenntnis des Marktes und seinen Mechanismen möglich, neue Dienstleistungen, Produkte oder Geschäftsprozesse zu implementieren und damit einen Wettbewerbsvorteil zu erreichen. So lassen sich neue Produkte mit finanziellem Aufwand im Research and Development-Sektor erstellen. Eine weitere Option Wandel zu erzeugen, ist, die Wertschöpfungskette zu verändern, zum Beispiel durch Auslagerung von nicht zum Kerngeschäft gehörigen Prozessen. Eine dritte Möglichkeit ist, bewährte Produkte neu zu vermarkten, Einnahmestrukturen zu verändern. Beispielsweise könnten Produkte an Konsumenten kostenlos verteilt und lediglich werbefinanziert werden.12
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