Einführung
Einführung
Das erste »…für-Dummies«-Buch, das ich geschrieben habe, handelte davon, eine anständige Abschlussarbeit nach einem Studium zu verfassen. In immer längeren Gesprächen mit meinen Kunden, die sich bei der Erstellung ihrer Abschlussarbeit coachen lassen, habe ich erfahren, dass bereits die Entscheidung für oder gegen eine Studienrichtung, eine Hochschulart oder den Ort, an dem sie sich bilden wollen, inzwischen wohl überlegt sein muss und weitreichende Folgen haben kann. Da taucht die Frage der Finanzierung auf, die wegen steigender Studiengebühren und höherer Lebenshaltungskosten auch schon als Studierender immer dringender wird und eng damit zusammenhängt, in welcher Zeit sie einen Abschluss schaffen. Die zukünftigen Studierenden haben aber auch immer öfter Angst davor, was sie im Studium erwartet und wie sie das bewältigen sollen.
Wenn Sie sich entscheiden, ein Studium aufzunehmen, sollten Sie sich möglichst frühzeitig damit auseinandersetzen, was auf Sie zukommt. Dann können Sie in aller Ruhe Entscheidungen treffen, die in Eile eher schiefgehen und dann Ihr restliches Leben bestimmen.
Über dieses Buch
Dieses Buch will viel, und manches ist auf den ersten Blick widersprüchlich. Ich möchte Ihnen hiermit die Entscheidung für ein Studium erleichtern, aber auch dafür sorgen, dass Sie diese Entscheidung kritisch hinterfragen. Ich möchte Ihnen aufzeigen, wie wunderbar die verschiedenen Wege zu einem Abschluss sind, aber auch, wie anstrengend das werden wird. Ich möchte Sie darauf vorbereiten, dass Sie sehr viel Spaß haben können, aber eben auch gehörig ackern müssen, weil niemand Ihnen einen Hochschulabschluss schenken wird.
Sie können dieses Buch von vorn bis hinten lesen, wenn es für Sie derzeit darum geht, sich mit dem »Gesamtkomplex Studium« in all seinen Schattierungen zu befassen. Dann lernen Sie von der Pike auf, was es für Studiengänge und Möglichkeiten gibt, wie Sie sich bewerben, was Sie dann zu tun haben und womit Sie sich die Zeit zusätzlich vertreiben können, ehe Sie Ihren Abschluss haben.
Sie können aber auch zu den Teilen oder Kapiteln springen, die Sie im Moment interessieren. Wenn Sie schon längst entschieden haben, dass Sie studieren wollen, aber nicht wissen was, dann hilft Ihnen Teil II. Wenn es nur ums Geld geht, lesen Sie das Kapitel 6 zur Finanzierung und am besten Kapitel 12 zum Thema Nebenjobs gleich hinterher. Und wenn Sie schon am Anfang Ihres Studiums stehen und es hakt und knirscht, weil die Zeit nicht reicht und es Ihnen psychisch nicht gut geht, dann kann ein Blick in Kapitel 11 nicht schaden.
Es wäre schön, wenn Ihnen dieses Buch dabei hilft, sich ein Studium besser vorstellen zu können, und Sie unterstützt, wenn Sie erst einmal in den Hochschulmühlen stecken. Im besten Fall nehmen Sie es in den kommenden Jahren immer mal wieder in die Hand, wenn es dann um Präsentationen, Partys oder Austauschprogramme geht.
Konventionen in diesem Buch
Im ganzen Buch verteilt gibt es einige Stilmittel, mit denen Besonderheiten hervorgehoben werden, so dass Sie sich besser im Text zurechtfinden können:
Im Text stehen Internetadressen in Schreibmaschinenschrift. Weil es so viele sind, verzichte ich auf die Zeichen »http://«, die zwar an den Anfang der kompletten URL einer Webseite gehören, die Sie sich hier aber bitte dazudenken.
In Aufzählungen und Textpassagen soll sich auf den ersten Blick erschließen lassen, worum es geht. Schlüsselwörter stehen daher kursiv gesetzt.
Graue Kästen sind ein Hinweis darauf, dass ich Ihnen darin etwas mitteile, das interessant (hoffe ich) ist, aber nicht überlebenswichtig. Hier finden Sie Beispiele und Anekdoten, die Ihnen bei eigenen Entscheidungen nützlich sein können.
Törichte Annahmen über den Leser
Ich nehme zunächst einmal an, dass Sie entweder mit dem Gedanken spielen, selbst zu studieren oder es bereits tun, oder dass Sie jemanden kennen, den Sie beim Studieren unterstützen wollen. Sie haben also irgendetwas damit zu tun, dass jemand eine Hochschule besuchen möchte. Weiterhin nehme ich an, dass die- oder derjenige eine Hochschulzugangsberechtigung in Form eines Zeugnisses der allgemeinen Hochschulreife oder der Fachhochschulreife hat. Es gibt Möglichkeiten, auch ohne dies zu studieren, aber das würde den Rahmen des Buches leider sprengen.
Da ein Studium und schon die Informationssuche über mögliche Studiengänge, aber auch die Bewerbung und Einschreibung in immer mehr Fällen via Internet geschieht, ist eine weitere Annahme, dass Sie über einen Computer inklusive Internetzugang verfügen. Wenn Sie zusätzlich noch ein Smartphone oder Tablet Ihr Eigen nennen, können Sie mit all den Hinweisen auf nützliche Apps sicher mehr anfangen, aber eine Voraussetzung, um dieses Buch zu nutzen, ist das nicht.
Nun nehme ich als Letztes an, dass Sie in der Lage sind, sich selbstkritischen Fragen zu stellen. Sie werden – allein oder mit Unterstützung von Freunden, Familie oder Beratungsstellen – Entscheidungen treffen müssen. Ihnen sollte klar sein oder mit Hilfe dieses Buches klar werden, welche Tragweite die Entscheidung für ein Studium hat.
Wie dieses Buch aufgebaut ist
In insgesamt sechs Teilen, die nach dieser Einleitung darauf warten, gelesen zu werden, möchte ich Sie Schritt für Schritt durch alle wichtigen Entscheidungen und Abläufe vor und während eines Studiums führen. Von der ersten Idee zu studieren und deren Durchleuchtung bis hin zur Jobsuche als Absolvent gibt es für jede Entwicklungsstufe Ihres studentischen Daseins einen Teil, der Sie mit dem vertraut macht, was Sie erwartet.
Teil I: W-Fragen für Studieninteressierte
Den Anfang macht ein Teil, der Ihnen hilft, sich über die grundsätzlichen Anforderungen eines Studiums klar zu werden. Sie sollen lernen, was da auf Sie zukommt, und in Ruhe abwägen, ob Sie das tatsächlich wollen. Wenn Sie Ihren Wunsch zu studieren in den ersten Kapiteln ernsthaft geprüft haben und Ihre Vorstellungen von der Zukunft dabei präziser geworden sind, kann es beginnen!
Teil II: Gute Vorbereitung ist die halbe Miete
Wenn Sie dabei bleiben, dass Studieren das Richtige für Sie ist, beschäftigt sich Teil II damit, Ihnen die Bereiche vorzustellen, die Sie vorbereiten können und müssen, ehe Sie zu den Studierenden zählen. Sie müssen sich für einen Studiengang und -ort entscheiden, zusehen, dass Sie ein Dach über dem Kopf haben und nicht verhungern werden und sich auf das Setting Ihrer Wahl in aller Regel rechtzeitig bewerben.
Teil III: Das Pflichtprogramm eines jeden Studenten
Nachdem Sie den Zulassungsbescheid erhalten haben, geht das Hochschultreiben los: Einschreibung und Orientierung, ein Dschungel aus Büros, Instituten und Einrichtungen und weitläufige Gelände erwarten Sie. Und inhaltlich müssen Sie auch zusehen, dass Sie sich orientieren: in Ihrer Studienordnung, den Modulen und den Veranstaltungen, die Sie besuchen müssen, sollen oder wollen. Wenn Sie wollen, aber irgendwie nicht können, hilft Ihnen Kapitel 11 sich zu organisieren und Hilfe zu beschaffen.
Teil IV: Die Kür oder: Wie werte ich mein Studium auf?
In diesem Teil geht es darum, neben dem eigentlichen Studieren im Sinne von Lernen noch mehr aus Ihrer Studienzeit zu machen. Nicht, dass Sie zu viel Freizeit haben werden, aber notwendig oder nützlich können Nebenjobs und Auslandsaufenthalte schon sein. In Teil IV lernen Sie auch die angenehmen Nebeneffekte des Studierens kennen: Rabatte und Partys!
Teil V: Das Ende ist nah
Das werden Sie sich wünschen: Alle Scheine sind eingetütet und nur noch die Abschlussarbeit steht an. Wie Sie sich ihr stellen, ist ebenso in Teil V beschrieben wie der Ausblick, die Hochschule doch gar nicht zu verlassen und eine wissenschaftliche Karriere anzustreben oder sich damit zu befassen, wie Sie nun als Absolvent an einen Job kommen.
Teil VI: Der Top-Ten-Teil
Im obligatorischen Top-Ten-Teil finden sich vor allem solche Hinweise übersichtlich und in komprimierter Form wieder, die über das Buch verstreut bereits aufgetaucht, aber wichtig sind. Vor allem geht es darum, wie Sie Ihr Studium erfolgreich beenden können – und wie sicher nicht.
Symbole, die in diesem Buch verwendet werden
Wie es weitergeht
Ich wünsche Ihnen, dass Sie auf den folgenden Seiten Anregungen und Hinweise, aber auch kritische Denkanstöße und Fragen finden, die Sie auf das einstimmen, was Studieren gemeinhin bedeutet: das Wissen, das es zu einem Thema gibt, aufzunehmen, aber auch, es sich durch den Kopf gehen zu lassen und eine eigene Meinung zu entwickeln. Sie lernen tatsächlich auch an der Hochschule nicht (nur) für die Klausuren, sondern fürs Leben, nehmen Sie so viel wie möglich aus dieser unglaublich besonderen Zeit mit, die Ihnen bevorsteht.
Über die Autorin
Daniela Weber hat an der Humboldt Universität zu Berlin Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Innovationsmanagement und Organisation studiert und sich nach dem Abschluss mit einer Gründungs- und Unternehmensberatung selbstständig gemacht. Aus der Erkenntnis, dass Businesspläne und Abschlussarbeiten hinsichtlich ihrer Planung und Durchführung gar nicht so unterschiedlich sind, entstand ein zusätzliches Standbein im wissenschaftlichen Coachen. Nebenher absolviert sie ein Studium an der Fernuniversität Hagen.
Inzwischen ist zur ursprünglichen Unternehmensberatung »Go for Goals« noch die Wissenschaftsberatung »Diplomwerkstatt« sowie jüngst die »Studienwerkstatt« hinzugekommen, beide mit Stammsitz in Berlin. Während in der Diplomwerkstatt Absolventen aus Bachelor- und Masterstudiengängen bei der Abschlussarbeit auf die Sprünge geholfen wird, ist die Studienwerkstatt ein Ort, an dem sich Studieninteressierte und Studierende beraten lassen können, die mit der Studiengangswahl oder Modulhandbüchern auf Kriegsfuß stehen.
1
Warum überhaupt studieren?
In diesem Kapitel
Welche Gründe für ein Studium sprechen
Was die Entscheidung beeinflussen kann
Welche Ziele durch ein Studium erreichbar werden
Wieso ein Studium das Leben verändert
Für viele Schulabgänger scheint seit einer gefühlten Ewigkeit klar, dass sie im Anschluss an Abitur oder Fachhochschulabschluss direkt zur Hochschule marschieren, um sich einzuschreiben. Oft ist es der Wunsch der Eltern, manchmal auch der Glaube daran, dass so die entscheidungsfreie und unbeschwerte Zeit verlängert werden kann, bevor der Ernst des Lebens beginnt. Andere stehen seit Jahren im Berufsleben und wollen durch einen zusätzlichen Studienabschluss nebenberuflich oder als Auszeit ihr Leben verändern und ihre Karrierechancen verbessern.
Egal, an welchem Punkt Ihres Lebens Sie stehen, erfolgreich werden Sie nur durch Ihr Studium kommen, wenn Sie Ihre Entscheidung selbst und auf einer soliden Grundlage getroffen haben. Hochschulen sind längst kein Ort mehr, an dem Sie nur die Seele baumeln lassen und das Nachtleben erkunden können. Das gehört dazu, klar, aber den Anforderungen und dem zunehmenden Druck sind nur Studenten gewachsen, die gute Gründe für ihr Studium haben. Dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Ihnen Ihr Studium ab und an richtig Spaß macht. Welche das sein könnten, zeigt Ihnen dieses Kapitel.
Gerüchte auf dem Prüfstand
Was ist dran an dem, was die Leute sagen? Die Lehrer mahnen, die Eltern erwarten und Vorgesetzte drängeln: Auf ins Studiengetümmel, ohne Studienabschluss hat man heute keine Zukunft mehr. Doch ist das wahr?
Klischee 1: Ohne Studium bekommt man keinen Job
Seit Jahren schon schwebt das Damoklesschwert des Fachkräftemangels über der Republik; nicht nur akademisch geschulte, sondern auch gut und solide ausgebildete Arbeitskräfte sind gefragt. War Abitur in Zeiten hoher Arbeitslosenquoten Voraussetzung für eine Banklehre und ein Betriebswirtschaftsstudium notwendig, um in der Bank vom Schalter wegzukommen, ist es heute leichter, den Weg andersherum zu gehen: Erst die Ausbildung und dann bei Bedarf den Fachwirt zu machen, führt an den trockenen Uni-Jahren vorbei.
Klischee 2: Ohne Studium ist die Karriere bald am Ende
Ein schneller Berufseinstieg ist über eine Ausbildung in vielen Branchen gut möglich. Tatsächlich aber tun sich im Laufe der Karriere in vielen Bereichen Hürden auf, die ohne einen Studienabschluss kaum zu bewältigen sind. So kann es sein, dass der nächste Karriereschritt nicht möglich ist, weil für die Beförderung auf eine höhere Position ein abgeschlossenes Studium Voraussetzung ist. Die sogenannte »glass ceiling«, die gläserne Decke, durch die es nicht weitergeht, ist erreicht.
Vielleicht gehören Sie zu denen, die schon lange im Beruf sind, nun aber noch Ihre Abende mit den Skripten einer Fernuni verbringen wollen, um die nächste Beförderung einzufahren. Was würden Sie den jüngeren Lesern wohl raten? Wahrscheinlich dasselbe wie ich: Überlegen Sie sich gut, ob das als Motivation ausreicht.
Klischee 3: Das Studium ist die schönste Zeit im Leben
Wenn Sie Menschen um die vierzig und älter zuhören, die bis zu den 1990er-Jahren studiert haben, klingen deren Erzählungen oft wie das intellektuelle – oder partytechnische – Schlaraffenland. Auf ihren Studentenausweisen standen wahrscheinlich Semesterzahlen jenseits des zwanzigsten Fachsemesters, ohne auch nur alle Grundstudienscheine zu haben. Ihr Studentenleben war geprägt von Kneipenpolitik und Demos, freier Liebe und Vorlesungen, zu denen man geht oder eben nicht. Das alles wirkt heute antiquiert und sollte Sie nicht dazu verleiten, sich das Studium allzu leicht vorzustellen.
Klischee 4: Studienabschluss = gesellschaftlich anerkannt
Dann ist da noch der durch Eitelkeit motivierte Wunsch, zu den Akademikern des Landes zu gehören. Besonders Eltern mit Studienabschlüssen neigen dazu, von ihren Kindern zu erwarten, dass sie Anwalt, Arzt oder mindestens Ingenieur werden. Die Möglichkeit, dass der Nachwuchs lieber an Motorrädern schraubt, Tierarzthelfer, Matrose oder technischer Zeichner werden möchte, geht dabei meisten unter.
Was die Statistik sagt
»Statistik – wie langweilig! Damit will ich nie wieder gequält werden!«
Haben Sie das gerade gedacht? Gut, dann werden Sie schon mal nicht Betriebs- oder Volkswirtschaft studieren, auch nicht Psychologie, Mathe, Physik oder Architektur oder andere Fächer, die sich mit Zahlen befassen. Zahlen (und Statistiken) sind die Grundelemente aller ansatzweise naturwissenschaftlichen Studiengänge, da heißt es Augen zu und durch, oder eben doch geisteswissenschaftlich oder künstlerisch orientieren. Auf jeden Fall gilt: »Augen auf bei der Fächerwahl«. Doch zurück zur Statistik.
Gründe für ein Hochschulstudium
Verschiedene deutsche Hochschulen erfassen regelmäßig die Beweggründe ihrer Studienanfänger, sich einzuschreiben. Abgesehen von den lokalen Vorteilen (welche Gründe für welche Hochschulorte sprechen, erfahren Sie in Kapitel 5), die Studenten in der Großstadt oder nah der Heimat ansässig werden lassen, gibt es Gründe, die immer wieder genannt werden:
Ich interessiere mich für ein bestimmtes Fach im Detail.
Ich möchte einen bestimmten Job ausüben, für den ich einen
Studienabschluss brauche.
Ich möchte eine akademische Laufbahn einschlagen und promovieren.
Ich möchte eine Weile im Ausland Erfahrungen sammeln.
Ich möchte noch nicht in die Arbeitswelt eintreten.
Was gegen die Aufnahme eines Studiums spricht
Viel interessanter sind die statistischen Erhebungen von 2010 darüber, wieso so viele Studienberechtigte sich gegen den Besuch einer Hochschule entscheiden. Häufig spielen finanzielle Gründe eine Rolle bei der Entscheidung für oder gegen ein Studium.
Tabelle 1.2: Gründe gegen die Aufnahme eines Studiums
Dem Argument, möglichst schnell auf eigenen Beinen zu stehen und Geld zu verdienen, kann eine Universität auf den ersten Blick nichts entgegenhalten. Hinzu kommt, dass es neben einem Vollzeitstudium wegen der hohen Belastung kaum möglich ist, zu arbeiten. Die Angst, sich das Studium nicht leisten zu können, soll in der deutschen Bildungslandschaft von Beihilfen und Stipendien gemildert werden. (Kapitel 6 stellt viele Möglichkeiten dar, die Finanzierung des Studiums sicherzustellen.)
Außerdem besteht noch die Chance, über Berufsakademien, die Bundeswehr oder im Verwaltungsdienst, im Fernstudium oder im dualen Studium während des Studierens Geld zu verdienen. Mit der Wahl der passenden Studienform können Sie sich in Kapitel 5 beschäftigen.
Die eigenen Gründe ergründen
Wieso also wollen Sie studieren? Was wollen Sie erreichen? Was möchten Sie vermeiden und womit können Sie sich motivieren? Dazu vielleicht erst einmal eine Anekdote aus meinem Leben.
Wieso schreibe ich das so ausführlich? Damit Sie nicht dieselben Fehler machen wie ich. Hätte ich mir früher überlegt, was ich werden will, wären mir die Umwege erspart geblieben. Natürlich lernt man in so einer Orientierungszeit viel und natürlich hatte ich auch viel Spaß, aber so leid es mir für Sie tut: Das kann sich heute kaum einer mehr leisten.
Zurück zu den W-Fragen, mit denen Sie herausfinden können, ob Sie studieren wollen und sollen. Es ist sicher hilfreich, den folgenden Katalog ehrlich und gewissenhaft durchzugehen, um die Grundsatzentscheidung treffen zu können.
Wer hat entschieden, dass Sie studieren sollen (Sie oder ein anderer)?
Was wollen Sie mit dem Studium erreichen (bestimmten Beruf, Status)?
Was genau wollen Sie studieren (Fächer, Sachverhalte, Interessen)?
Wann wollen Sie studieren (sofort, nach Weltreise oder Ausbildung)?
Wo wollen Sie studieren (Hochschulart, Studienort)?
Wie wollen Sie studieren (Voll- oder Teilzeit, In- oder Ausland, Präsenzoder Fernstudium)?
Warum wollen Sie studieren?
Lesen Sie dieses Buch gründlich – besonders den Anfang, in dem es darum geht, was Sie erwartet und welche Fächer und Systeme es gibt, aber auch Teil II, welche Orte was bieten, wie sich ein Studium finanzieren lässt und – ab Teil III – was konkret Ihr Studentenleben mit sich bringt. Dann können Sie bewusst entscheiden, ob und was Sie mit welchem Ziel studieren wollen.
10
Das eigene Wissen (und sich selbst) präsentieren
In diesem Kapitel
Aktiv werden und Präsentationen halten
Einen Vortrag planen
Die Möglichkeiten von Präsentationsprogrammen nutzen
Seminar- und Abschlussarbeiten präsentieren
Je nach Studiengang werden Sie früher oder später damit konfrontiert, dass Sie ein Thema selbst erarbeiten und Ihre Ergebnisse vor der Gruppe oder Prüfern präsentieren sollen. Das ist am Ende bei der Verteidigung Ihrer Bachelor- oder Masterarbeit so (die in Kapitel 16 näher beschrieben wird), aber schon in Seminaren und Übungen, wie sie im letzten Kapitel Thema waren, können Sie erste Erfahrungen mit Präsentationstechnik und Rhetorik sammeln.
Der Schritt vom passiv Wissen aufsaugen hin zum aktiv wiedergeben wird an vielen Hochschulen immer wichtiger. Im Berufsleben werden Sie mit großer Wahrscheinlichkeit vor Kollegen, Kunden oder Vorgesetzten präsentieren müssen und in immer praxisorientierteren Studiengängen verschiebt sich der Schwerpunkt auch zunehmend dorthin. Sie kommen nicht mehr drum herum; Sie werden sich einem Publikum stellen müssen. Damit das gelingt, gebe ich Ihnen ein paar Hinweise mit auf den Weg.
Chancen und Fallstricke beim Präsentieren
Versuchen Sie, sich an den letzten Vortrag zu erinnern, den Sie über sich ergehen lassen mussten. Das kann ein Referat von Mitschülern sein, eine Produktpräsentation von Kollegen oder der Frontalunterricht eines Lehrers. Was ist Ihnen im Gedächtnis geblieben?
Der ein oder andere von Ihnen verzieht vermutlich gerade das Gesicht und gähnt bei der Erinnerung, andere zucken in Fremdscham zusammen und der wahrscheinlich kleinere Teil der Leser lächelt und freut sich, gut unterhalten worden zu sein. Dabei ist das der Schlüssel: Unterhalten Sie Ihr Publikum. Ohne dem Rhetorikteil vorgreifen zu wollen, hier ein paar erste Tipps, worauf Sie achten sollten und was Sie mit einer guten Präsentation erreichen können:
Besonders bei Gelegenheiten, bei denen verschiedene Menschen etwas präsentieren, wie in Seminaren, ist es wichtig, dass Sie sich von den anderen abheben. Sie können vermutlich nicht beeinflussen, ob Sie als erster oder 18. dran sind, aber Sie können dafür sorgen, dass es kein 08/15-Vortrag wird, den Sie halten. Nutzen Sie die Chance, nicht als erster zu präsentieren, um sich von den anderen abheben zu können.
Wenn Sie Ihre Seminar- oder Bachelorarbeit vorstellen müssen, können Sie mit einer guten Präsentation sogar eine mittelmäßige Arbeit rausreißen. Was sich vielleicht ein bisschen dröge und gleichförmig gelesen hat, kann toll vorgetragen ungleich spannender wirken.
Wenn Sie können, lassen Sie Ihren Charme spielen. Im direkten Dialog mit dem Publikum haben Sie die einmalige Chance, mit Ihrer Persönlichkeit zu punkten und eine ganz andere Wirkung zu erzielen als in der Schriftform.
Aber Vorsicht, es kann sein, dass Sie bei all dem Expertenwissen, das Sie sich angeeignet haben, in Rechthaberei verfallen oder aber sich durch Unkenntnis blamieren. Ein Vortrag, der zu lang, zu kurz, zu bunt, zu farblos, eben irgendwas »zu sehr« ist, bleibt nicht in guter Erinnerung. Das ist der sicherste Weg, das Publikum zu verlieren, und wer sich nicht positiv an Sie erinnert, gibt Ihnen auch keine gute Note.
Wie aus einer Arbeit eine Präsentation wird
In mündlichen Prüfungen präsentieren Sie vor allem sich und Ihr Wissen, bei den meisten Präsentationen geht es dagegen darum, den Stoff aus einer Haus- oder Seminararbeit oder Ihre Ergebnisse der Abschlussarbeit vorzustellen. Entsprechend haben Sie schon eine fachliche Grundlage für Ihren Vortrag, aber es stellt sich die Frage, welche Inhalte denn nun auch in die Show gehören – und welche nicht.
Den Präsentationsrahmen klären
Bevor Sie sich nun dranmachen und mühevoll eine Auswahl treffen, müssen Sie sich über die Rahmenbedingungen informieren. Ein zehnminütiger Vortrag mit anschließender Diskussion wird anders gestaltet als eine halbstündige Präsentation.
Klären Sie also vorab Folgendes:
Den Zeitplan: Wie lang soll die Präsentation sein, ist eine Diskussion vorgesehen, welcher Teil soll welchen zeitlichen Rahmen füllen?
Die inhaltlichen Anforderungen: Soll Bezug zum Seminar- oder Hausarbeitsthema genommen werden, sollen Theorien dargestellt werden oder nur Ergebnisse präsentiert?
Die räumlichen und technischen Anforderungen: Können Sie Ihren eigenen Laptop anschließen, gibt es überhaupt einen Beamer oder brauchen Sie Folien für den Overheadprojektor, lässt sich der Raum wenigstens teilweise verdunkeln und wie groß wird das Publikum sein?
Erst wenn Ihnen klar ist, dass Sie etwa in zehn Minuten vor fünf Reihen Zuschauern die Ergebnisse Ihrer Arbeit über Overheadprojektor zeigen sollen, können Sie sich darauf einstellen und entsprechend vorbereiten.
Aus Inhalten eine Folienstruktur generieren
Der Präsentationsaufbau kann unterschiedlichen Mustern folgen. Das einfachste ist, der Gliederung der Arbeit zu folgen und in der Trichterstruktur erst das Vorhaben (weit), dann die Theorie (enger) und dann die Ergebnisse (konkret) zu erläutern.
Aber auch eine pyramidale Struktur ist möglich, bei der die Kernaussage an den Anfang gestellt und anschließend mit Argumenten untermauert wird. Der Vorteil der Pyramide ist, dass besonders komplexe Ergebnisse einfacher nachvollziehbar sind, wenn bereits am Anfang klar ist, worauf Ihr Vortrag hinauslaufen soll, und der Spannungsbogen nur aufrechterhalten bleiben muss. Im Trichter wird die Storyline nach und nach aufgebaut, was schwerer zu verfolgen ist, und dabei können Sie die Zuhörer verlieren, die einen Moment nicht aufpassen. In beiden Fällen ist es wichtiger, eine klare Argumentationslinie zu verfolgen, als alle möglichen Details und Sonderfälle aufzulisten.
Falls eine Anschlussdiskussion vorgesehen ist, können und sollten Sie auch kontroverse Thesen präsentieren, auf deren Basis eine Diskussion im Anschluss in Gang kommt. Seien Sie ruhig ein wenig provokant, Hauptsache, man hört Ihnen zu und Sie werden nicht geschmacklos.
Um die Präsentation zu unterteilen, sollten Sie nicht einfach die Überschriften Ihrer Gliederung in Folientitel verwandeln, denn das führt unweigerlich dazu, dass Ihr Vortrag theoretisch und sperrig daherkommt. Wissenschaftliche Formulierungen sind super auf dem Papier, aber oft in der Kommunikation einschläfernd. Bestimmte Teile einer Präsentation sollten Sie auf jeden Fall einbauen:
Die Titelfolie stellt das Thema und Sie vor. Diese Folie liegt auf, während die Zuhörer zur Ruhe kommen und Sie Ihren Vortrag beginnen. Damit stellen Sie sich vor und nehmen den Kontakt zum Publikum auf.
Eine Übersicht über den Aufbau der Präsentation zeigt den Zuhörern, was sie erwartet. Welche Struktur Sie auch immer wählen, sie sollte sich auf einer Folie darstellen lassen und Ihr Publikum für Ihr Thema interessieren, statt ihm Angst vor vielen, miteinander unverbundenen Vortragspunkten zu machen.
Der eigentliche Inhalt der Präsentation sollte sachlich und in Form von Stichworten darstellen, was das Publikum an Informationen braucht. Ihr Text während des Vortrags übersteigt die Infos, die auf die zugehörigen Folien passen, bei Weitem, aber wer kurz eingenickt ist, sollte sich mit einem Blick an die Wand orientieren können.
Wenn Sie Ihre Eigenleistungen präsentieren, liegt der Schwerpunkt auf der Durchführung und besonders den Ergebnissen Ihrer Untersuchung. Unabhängig davon, ob Sie eine Befragung oder eine Literaturanalyse oder ein Experiment durchgeführt haben, dies ist der spannende Teil, mit dem Sie das Publikum begeistern und beeindrucken können. Stellen Sie dar, mit welchen Methoden Sie zu welchen Ergebnissen gekommen sind und was Sie daraus schließen.
Am Schluss bedanken Sie sich und eröffnen gegebenenfalls die Diskussion. Dazu liegt eine Endfolie auf, auf der etwas wie »Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit« steht.
Je nachdem, für welche Struktur Sie sich entscheiden, werden die Teile des Spannungsbogens unterschiedlich geordnet, aber vergewissern Sie sich, dass zwischen den Folien und den Unterpunkten keine inhaltlichen Brüche oder Übergänge liegen, die Sie lange erklären müssen, ohne dass sich der Blick der Zuhörer irgendwo festhaken kann. Wenn Ihr Publikum Ihnen ohne passende Stichworte in der Präsentation lange zuhören soll, verlieren Sie sie leicht.
Mit Technik und Präsentationsprogrammen umgehen
Die meisten Präsentationen passieren inzwischen vom Laptop aus über einen Beamer, so dass Sie Ihren Vortrag am eigenen Rechner planen, üben und später auch halten können. Wenn es ein fremdes Gerät ist oder Sie Ihre Präsentation am Flipchart oder mit OH-Projektor durchführen sollen, dann machen Sie sich mit der Technik vor Ort rechtzeitig vertraut. Nichts ist langweiliger, als dem Vortragenden minutenlang dabei zuzusehen, wie er sich einrichtet, dabei den Desktop von der Wand ablesen zu können oder – schlimmer noch – Ihre Notizen oder Ihr Hinterteil zu sehen.
Ein Layout einrichten
Bei der grafischen Gestaltung der Präsentationsfolien sollten Sie daran denken, dass eine Fußzeile mit Foliennummer, eine Kopfzeile mit Verortung der jeweiligen Folie innerhalb der Gliederung und ein einheitliches Layout dabei helfen, dem Zuschauer ein homogenes Bild zu vermitteln.
Damit das schöne Bild auch lesbar wird, sollten Sie auf die Schriftgröße achten. Die Lesbarkeit hängt davon ab, wie groß auf eine Wand projiziert wird und wie weit Ihre Zuhörer wegsitzen. Gehen Sie davon aus, dass in einem üblichen Seminarraum mit mehreren Tisch- oder Sitzreihen alles unterhalb von 20 Punkt eine Zumutung bedeutet. Auch wenn Sie eine Schriftfarbe wählen, die sich nicht gut vom Hintergrund abhebt, oder eine Schriftart, die beispielsweise wegen der Serifen (die kleinen Strichlein am Buchstabenende, beispielsweise in Times New Roman) schlecht lesbar ist, belasten Sie Ihre Zuschauer unnötig.
Programme wie PowerPoint oder OOo Impress bieten die Möglichkeit, sich einen Folien-Master anzulegen. Unter »Ansicht« – »Folienmaster« können Sie sich einrichten,
welche Kopf- oder Fußzeile auf allen Folien angezeigt werden soll,
wie Folien aufgeteilt sind und welche Begrenzungen die Textfelder haben,
welche Schriftarten und –grade verwendet werden,
wie die einzelnen Ebenen dargestellt werden (mit Bulletpoints, Pfeilen, Strichen oder kleinen Kühen, wenn Sie sie selbst als Bild importieren).
Die Freuden der Special Effects
Präsentationsprogramme bieten außerdem umfangreiche Möglichkeiten der Effekthascherei. Wenn aber alles leuchtet und blinkt, alle verfügbaren Farben und Größen bemüht werden und aus allen Richtungen in verschiedenen Geschwindigkeiten Text und Bilder in der Präsentation erscheinen, erreichen Sie eher, dass das Publikum überfordert abschaltet, als dass es besser zuhört.
Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, Inhalte einprägsamer zu visualisieren:
1. Mit Grafiken, Bildern und Filmen können Sie optische Gegensätze zum Text schaffen und Sachverhalte plastischer darstellen als mit Stichworten allein. Dabei sollten Sie einer Folie mit Grafikelementen Zeit geben, um vom Zuschauer betrachtet zu werden. Wenn sie zu komplex ist, können Sie sie nach und nach einblenden, um immer nur das zu ergänzen, was gerade Thema ist. Auch Filme lassen sich an bestimmten Stellen unterbrechen, so dass sie nur weiterlaufen, wenn Sie mit Ihrem Text auch an der richtigen Stelle sind.
2. Töne und Audiodateien (Original Interviewzeilen, Lieder und so weiter) können humorvoll oder auch prägnant Ihre Präsentation unterstützen. Aber setzen Sie sie nur ein, wenn nicht die Gefahr besteht, dass Sie die Nerven Ihres Publikums unnötig strapazieren. Während der Audioeinlage halten Sie den Mund, denn Sie wollen nicht dazu in Konkurrenz um die Aufmerksamkeit treten.
3. Animationen wie das Einblenden von zunächst versteckten Text- oder Grafikelementen oder das kurzfristige Vergrößern vorhandener Stichworte, um auf sie aufmerksam zu machen, sind unglaublich tolle Instrumente, um den Vortrag zu unterstützen. Aber sie sind auch ein gutes Mittel, um Ihrem Publikum den letzten Nerv zu rauben. Gehen Sie sparsam mit den Möglichkeiten um und nutzen Sie sie nur, wenn es auch sinnvoll ist. Es muss nicht jede Zeile auf jeder Folie einfliegen, es muss nicht jedes Wort einer Grafik nach einem anderen erscheinen.
Zusätze wie Notizen und Handouts
Abgesehen davon, dass Sie einen USB-Stick mit Ihrer Präsentation oder Ihren eigenen Laptop zum Vortrag mitbringen sollten, sind zwei weitere Unterstützungsmedien sinnvoll und bereits in den Programmen integriert.
Notizseiten können Sie bei einem Blackout retten, wenn Sie gar nicht mehr wissen, was Sie zu den Stichpunkten auf den Folien erzählen wollten. Sie brauchen sie nur im Notfall oder wenn Sie sich kurz vergewissern wollen, ob Sie auch alles Wichtige besprochen haben. Um sich schnell orientieren zu können, sollten die Notizen mit den Präsentationsfolien übereinstimmen. Gängige Programme bieten die Möglichkeit, unter den Folien etwas zu notieren und sich im Druckmodus »Notizseite« die Folie samt Anmerkungen auszudrucken. Sicherheitshalber sollten Sie diese Ausdrucke nummerieren, denn falls der Stapel doch mal runterfällt, haben Sie schneller wieder den Überblick.
Schreiben Sie keine vollständigen Sätze auf, sonst dauert es zu lang, die richtige Stelle zu finden. Außerdem drucken Sie besser nicht doppelseitig, denn durch das Blättern entsteht Unruhe. Gut geeignet sind auch Notizen auf Karten, die leichter handhabbar als DIN-A4-Blätter sind.
Oft ist es empfehlenswert, vor der Präsentation ein Handout auszuteilen und dazu etwas zu sagen (was nicht kommentiert wird, legen viele beiseite und es landet ungesehen im Papierkorb). Idealerweise gibt es die Präsentationsstruktur wieder und hilft den Zuhörern den Vortrag zu verfolgen und gegebenenfalls in der Präsentation »zurückzublättern«. Auch Raum für eigene Anmerkungen darf freigelassen werden, so dass Gedanken zur späteren Diskussion notiert werden können.
Als Zusammenfassung kann ein Handout, das sehr detailliert ist oder eine andere Struktur als die Präsentation hat, auch nach der Präsentation verteilt werden, damit Ihr Publikum nicht mit Lesen beschäftigt ist, sondern Ihnen zuhört.
Ein Skript mit vollständigen Formulierungen kann Ihnen dabei helfen, zeitlich und in der Länge passende Sätze zu formulieren und zu lernen. Nicht allen ist es gegeben, frei sprechen zu können und sich aus dem Stehgreif gute Sprachbilder einfallen zu lassen. Nur lernen Sie bitte nicht die komplette Präsentation auswendig, denn sonst ist die Gefahr groß, dass Sie sie in der Aufregung monoton und viel zu schnell herunterleiern.
Die Präsentation halten
Alles im Kasten? Gut. Aber noch hat niemand den Vortrag zu sehen oder zu hören bekommen. Den meisten Studierenden verschafft es kein gutes Gefühl, vor den Kommilitonen stehen zu müssen und frei zu reden. Die wenigsten genießen gar den Moment im Rampenlicht. Wie Sie ihn trotzdem bewältigen, hängt davon ab, wie Sie Ihre Sprache anwenden und ob Sie so viel geübt haben, dass Ihnen kein Blackout passieren kann.
Ein paar Worte zur Rhetorik
Eine Grundregel bei Reden, Vorträgen und Präsentationen ist, dass völlig nebensächlich ist, was Sie sagen, solange Sie niemanden damit fesseln, wie Sie es sagen. Erst wenn Sie die volle Aufmerksamkeit Ihrer Zuhörer haben, bekommen Sie die Chance, Inhalte zu vermitteln. Dazu ist es sinnvoll, sich einmal kurz in die Opfer Ihrer Redekunst hineinzuversetzen: Im Gegensatz zu einem Leser können die keine Pause machen, wenn sie müde oder durstig oder gelangweilt sind. Und Publikum, das Sie verlieren, bekommen Sie so leicht nicht wieder. Publikum, das sich langweilt, stört Sie zudem. Menschen tuscheln, räuspern sich, gähnen oder klopfen mit ihren Fingern auf den Tisch und bringen Sie damit aus dem Konzept – keine schöne Situation!
Damit Sie während Ihrer Präsentation einen souveränen Eindruck machen und das Publikum fesseln, gibt es einige Tricks. Mehr davon können Sie übrigens auch im Pocketbuch »Rhetorik für Dummies« nachlesen.
Benutzen Sie eine lebendige Sprache, nicht die Sprache Ihrer Haus- oder Abschlussarbeit. Im Gegensatz zur Schriftsprache darf gesprochene Sprache knackig kurz sein und kann auf Nebensätze meist verzichten.
Vermeiden Sie möglichst Fremdwörter und erklären Sie Fachtermini sofort, damit niemand sein Smartphone zücken muss, um Ihnen zu folgen.
Formulieren Sie positive Aussagen und vermeiden Sie Verneinungen. Hätte ich hier geschrieben: Verwenden Sie keine negativen Formulierungen, wäre es genau das gewesen, wovon ich Ihnen abrate. Der Grund ist einfach: Menschen brauchen länger, eine negative Aussage zu verstehen als eine positive.
Sprechen Sie in ganzen Sätzen, eher langsam (das kommt Ihnen meist schneller vor als den Zuhörern) und laut genug, dass es überall im Raum zu verstehen ist. Achten Sie darauf, die Sätze ordentlich zu Ende zu sprechen und keine Wort- und Satzenden zu verschlucken. Wenn Sie unsicher sind, sprechen Sie mit einem Bekannten ab, dass er sich hinten im Raum platziert und Zeichen gibt, sobald Sie zu leise werden.
Lassen Sie umfangreiche Anekdoten, Klischees oder Witze stecken. Kein Aber, lassen Sie es einfach. Die Gefahr, sich damit zu blamieren, ist viel größer als die Chance, dass Sie der neue Hape Kerkeling sind. Bei einer Rede kann das gut ankommen, bei einem Vortrag auch, aber nicht, wenn Sie benotet werden.
Versuchen Sie die Grundeinstellung zum Vortrag zu entwickeln, dass Sie den Zuhörern helfen, ihr Wissen zu einem Inhalt zu erweitern. Das wirkt viel positiver, als wenn Sie ängstlich wie ein Kaninchen vor der Schlange vor Ihrem Publikum stehen.
Behalten Sie den Ball in der Hand und arbeiten Sie mit den Zuhörern. Wenn Sie merken, dass die abschweifen, müssen Sie sie durch eine kurze Zusammenfassung oder Nachfragen zurückholen: »Sind Sie noch bei mir?« oder »War dieser Punkt für Sie nachvollziehbar?« Nicht so empfehlenswert ist ein – am besten noch leicht beleidigtes – »Ich mach auch nicht mehr lang …«
Arbeiten Sie mit einfachen, gern auch durchlaufenden Beispielen, die Sie sich vorher überlegen und auf den Notizseiten vermerken. Bei den Beispielen und auch sonst sollten Sie auf Empfängerorientierung achten: Passen Sie Ihren Vortrag an das Vorwissen Ihrer Zuhörer an und rechnen Sie im Zweifel damit, dass die anderen Studenten die Basistexte nicht gründlich gelesen haben.
Üben, üben, üben
Nachdem Sie Ihre Inhalte, Grafikelemente und Animationen in der Präsentation untergebracht und sich eine Struktur und einen Spannungsbogen überlegt haben, sollten Sie zur Übung die Präsentation mehrfach halten. Das bringt allerdings nichts, wenn Sie am Bildschirm vor sich hinnuscheln, sondern üben Sie besser im Stehen, am besten vor Publikum, sonst vor einem Spiegel. Achten Sie dabei auf Pausen und Leerzeiten, die beim Wechsel auf eine Grafik oder als Folge auf eine (wenn auch rhetorische) Frage eintreten.
Ihre rhetorischen Fähigkeiten können Sie durch Audioaufnahmen entweder mit einem Diktiergerät oder einfach mit Headset und Computer oder Sprachaufnahme am Handy überprüfen. Viele Vorträge wirken langweilig, weil sie zu leise oder wenig artikuliert gehalten werden.
Durch den vorgegebenen Zeitrahmen ist es sinnvoll, auch mit einem Blick auf die Uhr zu proben. Sollten Sie Timing-Probleme haben, kann ein großer Wecker hilfreich sein. Viele Programme haben auch extra Zeitfunktionen, die Ihnen jeweils das Limit pro Seite oder bis zum Schluss angeben. Wenn Sie Gefahr laufen, nicht rechtzeitig fertig zu werden, gibt es nur einen Weg: Kürzen Sie spontan.
Der Tag X
Und dann ist er da, der Tag, an dem Sie sich und Ihren Vortrag präsentieren müssen. Sie kennen bestimmt den Tipp gegen die Angst, sich Ihre Zuhörer in Unterwäsche oder als Kohlköpfe vorzustellen. Lassen Sie das. Sehen Sie erwachsene Menschen vor sich, die Ihnen wohlgesonnen sind und an Ihrem Wissen teilhaben wollen. Keine Schäfchen, keine Feinde – keine Unterwäsche.
Dennoch müssen Sie »die da« noch etwas genauer zu fassen kriegen. Um ein Publikum einschätzen zu können, sollten Sie sich klarmachen, wer da im Einzelnen vor Ihnen sitzt.
Sind es Kommilitonen, interessierte Laien oder Fachleute?
Haben Ihre Zuhörer, der Professor und eventuelle Beisitzer den gleichen Wissensstand?
Was können Sie voraussetzen, was muss erläutert werden?
Hier läuft der schmale Grat zwischen Unter- und Überforderung der Zuhörer, beide Fälle sind kontraproduktiv.
Auch mit Ihrem Äußeren sollten Sie das Publikum nicht zu sehr vom Vortrag ablenken.
Am Anfang Ihres Vortrags, wenn Sie sich und das Thema vorgestellt haben, können Sie auch etwas dazu sagen, ob Sie sich Zwischenfragen wünschen oder das Publikum darum bitten, sich Unklarheiten zu notieren, so dass sie am Anfang der anschließenden Diskussion geklärt werden können – sofern es eine gibt.
Und hier noch ein paar Tipps, wie Sie besser ankommen können.
Ihre Körpersprache verrät viel über Sie. Stehen Sie gerade und verstecken Sie sich nicht hinter einem Tisch. Auch wenn Sie sich setzen wollen oder müssen, behalten Sie Körperspannung. Sehen Sie das Publikum an und lesen Sie möglichst wenig ab. Sie schaffen Offenheit, indem Sie weder mit verschränkten Armen noch übergeschlagenen Beinen vortragen.
Behalten Sie Ihre Zuhörer im Blick, auch die am Rand. Wenn Sie unsicher sind, können Sie sich freundlich und interessiert wirkende Personen ausgucken und sich bei Bedarf später aufmunternde Blicke abholen.
Bleiben Sie entspannt, auch wenn es am Anfang holprig ist – Sie selbst empfinden Ihre Anspannung meist viel stärker, als es die Zuhörer tun. Wenn Sie mal den Faden verlieren oder sich versprechen, sollten Sie sich kurz sammeln und dann in Ruhe weitermachen. Sparen Sie sich ellenlange Entschuldigungen, falls Sie sich mal verhaspeln, die Zuhörer interessieren sich für die Inhalte und nicht für Ihre Versprecher.
Wenn dann doch mal ein Blackout kommt, ist das auch nicht schlimm. Überlegen Sie sich vorher etwa drei Stellen, an denen Sie gut wieder einsteigen können, und trainieren Sie, diese im Schlaf zu finden. Wenn Ihnen einfach nicht mehr einfällt, was Sie sagen wollten, gehen Sie souverän zum nächsten Punkt über – so als ob der Sprung gewollt war.
Am Ende noch …
Wenn Sie fertig sind, wird Erleichterung einkehren. Allerdings ist nach dem Vortrag vor der Diskussion, die Sie am besten mit etwas Freundlichem wie »Ich freue mich auf Ihre Fragen!« einleiten.
Klären Sie dabei erst die Verständnisfragen, dann die Diskussionsfragen.
Signalisieren Sie Offenheit und Interesse an einer Diskussion der Präsentationsinhalte: Es geht oft weniger darum, die Fakten und Inhalte zu verteidigen (die sollten ohnehin korrekt sein), als vielmehr darum, den Horizont zum Thema zu erweitern.
Sie können sich auch schon vorher überlegen, welche eventuell kritischen Rückfragen kommen könnten und was darauf zu antworten wäre. Nehmen Sie die Fragen interessiert auf und entwickeln Sie sie weiter. Ein Integrieren kommt immer besser an als eine Verteidigungshaltung.
Bereiten Sie sich mit eigenen Diskussionsfragen auf den Fall vor, dass nichts von anderen Studenten kommt. Damit behalten Sie auch selbst die Zügel in der Hand, anstatt sich zu vielen kritischen Fragen des Dozenten auszuliefern.
Nach dem Abschluss Ihres Vortrags, beispielsweise in der folgenden Pause, können Sie den Dozenten und befreundete Kommilitonen um Feedback bitten. Nehmen Sie solche Rückmeldungen als hilfreiche Information, was Sie das nächste Mal noch besser machen können. Darüber hinaus sollten Sie sich selbst bewerten: Hat mein Zeitplan gestimmt, sind die Inhalte rübergekommen, was hat gut geklappt, was hat Schwierigkeiten gemacht? Lernen Sie sich selbst kennen und wenden Sie das Gelernte für die nächste Präsentation an.