Inhaltsverzeichnis
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2008
ISBN: 978-3-527-32450-7
Prof. Dr. Georg Schwedt
Landsberger Straße 29
53119 Bonn
1. Auflage 2003
2. vollst. überarb. u. stark erw. Auflage 2009
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Print ISBN 9783527324767
Epdf ISBN 978-3-527-66140-4
Epub ISBN 978-3-527-66139-8
Mobi ISBN 978-3-527-66138-1
Vorwort zur 2. Auflage
Im Unterschied zu den Experimenten in meinem Buch Experimente mit Supermarktprodukten – Eine chemische Warenkunde (3. Auflage 2008) orientiert sich dieser Band an der Systematik des Periodensystems der chemischen Elemente – vom Wasserstoff bis zu den Halogenen. Es werden zwar auch für diese Experimente Alltagsprodukte überwiegend aus dem Supermarkt verwendet, jedoch zusätzlich einige Laborchemikalien benötigt, die in Schulen aber in der Regel vorhanden oder auf einfache Weise zu beschaffen sind. In diesem Band werden auch die grundlegenden chemischen Formeln und Gleichungen dargestellt. Die in beiden Bänden beschriebenen Experimente werden inzwischen in vielen Schulen und in zahlreichen Schülerlaboren (seit 2007 auch in der »Experimentierküche« des Deutschen Museums Bonn, seit 2008 im Schülerlabor SCOLAB des Hamburger Großmarktes) angeboten und durchgeführt.
Die neue Auflage wurde hinsichtlich der Veränderungen von Produktrezepturen überarbeitet.
Neu sind einige ergänzende Experimente, die dem hinzugefügten 14. Kapitel entsprechen. In diesem Kapitel werden die insgesamt 181 Experimente nach grundlegenden Reaktionstypen und charakteristischen Reaktionen (Gasentwicklung/Verflüchtigung, Niederschlagsbildung/Auflösung von Niederschlägen, Säure-Base-Reaktionen, Komplexbildungen und Reduktion/Oxidation) nochmals erfasst und systematisiert. Nach diesen Informationen lassen sich Alltagsprodukte auch in Experimente zu den Lehrplänen in Chemie für unterschiedliche Schultypen einbinden und veranschaulichen auf diese Weise die Bedeutung der genannten Reaktionstypen in der alltäglichen (angewandten) Chemie.
Bonn, im April 2008
Georg Schwedt
Vorwort zur 1. Auflage
Im Jahre 2001 erschien mein Buch Experimente mit Supermarktprodukten. Eine chemische Warenkunde. Das darin vorgestellte neuartige Konzept, stoffliches Basiswissen in der Chemie durch Experimente fast ausschließlich unter Verwendung von Supermarktprodukten zu vermitteln, also mit einer Warenkunde zu verbinden, wurde 1999 mit einem Förderpreis des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft ausgezeichnet und wird seitdem in dem aus den Mitteln dieses Preises eingerichteten Clausthaler SuperLab – einem Schüler-Mitmachlabor – praktiziert.
Im vergangenen Jahr konnten zahlreiche neue, wiederum auf einfache Weise durchführbare Experimente entwickelt werden. Die qualitativen Experimente zur Erkennung von Stoffeigenschaften in Verbindung mit dem Vorkommen der ausgewählten Stoffe (Stoffgruppen) in Supermarktprodukten wurden durch klassische Titrationsverfahren erweitert.
Chemiker denken »stofflich« und systematisch – und orientieren sich auf diese Weise auch an Alltagsprodukten und ihren Inhaltsstoffen.
Chemiker beschäftigen sich mit den Eigenschaften ihrer stofflichen Umwelt und mit den zwischen verschiedenen Substanzen stattfindenden Umwandlungen.
Unter diesem Motto erfolgt im vorliegenden Buch im Unterschied zur chemischen Warenkunde eine Einteilung nach dem Periodensystem der chemischen Elemente.
Nicht alle Experimente sind neu, einige wurden (mit kleinen Änderungen versehen) aus dem oben genannten Buch entnommen, wenn sie als grundlegende Experimente zur Vervollständigung neuer Versuchsreihen zu einem bestimmten Element erforderlich schienen. Darüber hinaus wird in einem Anhang eine Zuordnung der Experimente aus dem ersten Buch zu den Kapiteln dieses Buches vorgenommen (soweit es sich in den früheren Experimenten um definierte Substanzen handelte).
In den Fällen, in denen zusätzlich zu den Supermarktprodukten Laborchemikalien erforderlich werden, ist in der Materialien-Übersicht das Stichwort Reagenzien zu finden. Die bewährte, im vorangegangenen Buch ausführlich beschriebene experimentelle Grundausstattung aus Schnappdeckelgläsern und Bechergläsern (in Verbindung mit einer Heizplatte) wurde weitgehend beibehalten.
Clausthal, im März 2003
Georg Schwedt
Das Periodische System der chemischen Elemente, kurz Periodensystem (PSE) genannt, ordnet die chemischen Elemente nach ihrem Atombau und ihren davon abhängigen chemischen und physikalischen Eigenschaften.
Der griechische Philosoph Demokrit von Abdera (um 460 bis 370 v. Chr.) entwickelte die von seinem Lehrer Leukipp von Milet begründete Lehre der antiken Atomistik. Er bezeichnete Atome als Grundbausteine der materiellen Welt. Seine philosophischen Gedanken, dass sich Atome (griechisch átomos = der letzte unteilbare Urstoff der Materie) nach Form, Größe und Schwere unterscheiden, haben ihre naturwissenschaftliche Erklärung erst im 19. und 20. Jahrhundert erhalten. Aus dem Zusammenspiel der Atome erklärte Demokrit auch die grundsätzlichen Eigenschaften der Dinge und deren Veränderungen – Begriffe, die wir heute chemisch durch Substanz oder Stoff für Dinge und chemische Reaktionen für Veränderungen ersetzen.
Eine naturwissenschaftlich orientierte Atomlehre entwickelte sich erst ab dem 17. und 18. Jahrhundert. Der Engländer Robert Boyle (1627–1691) stellte in seinem Werk The Sceptical Chemist (1661) seine Auffassung von der Existenz einer Urmaterie als Grundbaustein aller Körper vor und erklärte deren unterschiedliche Eigenschaften ähnlich wie Demokrit aus der ungleichen Größe, Gestalt, Bewegung und Lage der Teilchen. Mit dem Begriff »Teilchen« wurde aus der philosophischen Atomistik eine atomistische Korpuskulartheorie (lateinisch corpusculum = Körperchen; Korpuskel als kleinste Teilchen der Materie, Elementarteilchen). Boyle vertrat die Meinung, ein zusammengesetzter Körper, nach unserem Verständnis eine chemische Verbindung, könne nur zersetzt, d.h. zerlegt werden, wenn die Annäherung der kleinsten Teilchen untereinander (die chemische Bindung) durch einen zersetzenden Körper mit stärkerer Annäherungskraft überwunden würde. Er forderte zu einer Analyse, zur Zerlegung eines Stoffes in seine Grundbestandteile, die Elemente, auf und stellte damit die Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde des Aristoteles (384 –322 v. Chr.) und Salz, Schwefel und Quecksilber des Paracelsus (1493–1541) in Frage. 1680 wurde Boyle Präsident der Royal Society, der 1668 in London gegründeten ältesten Akademie der Wissenschaften.
Im 17. Jahrhundert wurde ein bis dahin unbekanntes Element entdeckt, der Phosphor (1669). Der Hamburger Alchemist und Chemikalienhändler Hennig Brand (gest. 1710) hatte auf der Suche nach Gold und nach dem Stein der Weisen beim Glühen des Rückstandes von Harn ein »kaltes« Leuchten beobachtet, hervorgerufen durch weißen Phosphor.
Im Altertum waren nur 9 Stoffe bekannt, die wir heute als Elemente bezeichnen: Kohlenstoff, Schwefel, Eisen, Zinn, Blei, Kupfer, Quecksilber, Silber und Gold. Bis 1600 kamen Arsen, Antimon, Wismut (Bismut) und Zink hinzu. Erst im 18. Jahrhundert wurden 17 weitere Elemente entdeckt, unter ihnen das Gas Sauerstoff (1774), womit auch Oxidationsvorgänge wie das Rosten von Eisen erklärt werden konnten. Der französische Chemiker Antoine Lavoisier (1743–1794), dessen Leben in der Zeit der französischen Revolution wegen seiner Tätigkeit als Steuereinnehmer unter dem Fallbeil endete, entwickelte eine Theorie der Oxidations- und Reduktionsvorgänge auf der Grundlage des Sauerstoffs und wurde zu einem Wegbereiter der wissenschaftlichen Chemie. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden weitere 27 Elemente als solche erkannt oder in Mineralien entdeckt. Von den 92 natürlichen Elementen auf unserer Erde – mit Uran als Nr. 92 – waren 1844 erst 57 bekannt.
Hundert Jahre nach Robert Boyle, der zwischen den Elementen, die aus gleichen Teilchen aufgebaut sind, und den Verbindungen, die aus verschiedenen Elementen bestehen, unterschieden hatte, entwickelte John Dalton (1766–1844) »die Form der Atomtheorie, die drei Forschergenerationen als Grundlage diente«. Darüber schrieb der Chemiehistoriker Günther Kerstein (1904–1974; Rathsapotheker in Hameln) in seinem 1962 erschienenen Buch Entschleierung der Materie – vom Werden unserer chemischen Erkenntnis wie folgt:
»Dalton, der Sohn eines armen englischen Webers, war schon als Kind an den Naturwissenschaften interessiert. Bereits mit 15 Jahren bekam er von seinem Vetter eine Stellung als Lehrer in dessen Klosterschule. (…) Seine Atomtheorie fußt deutlich auf Newtons (1643–1727) Gravitationsprinzip. Er ist also durch physikalische Überlegungen dazu gekommen. (…) Dalton zog aus Newtons umwälzender Lehre die richtige Konsequenz, indem er die Materie als Anhäufung einer ungeheuren Zahl von äußerst kleinen Atomen ansah, die durch mehr oder weniger starke Anziehungskraft miteinander verbunden sind. Folgerichtig tat er den Schritt: Er postulierte die völlige Gleichheit aller Atome eines Grundstoffes und ihre Unzerstörbarkeit. Erst die Beobachtung der Radioaktivität und ihrer Gesetzmäßigkeiten widerlegte diese Anschauung, die zusammen mit Lavoisiers Satz der Unzerstörbarkeit der Elemente Grundlage der chemischen Forschung dieser Zeit war. Als wesentliches Charakteristikum der verschiedenen Atomarten führte Dalton ihr relatives Gewicht an. Jedem Element entspricht eine einzige, durch ihr Gewicht bestimmte Atomart. Die Verbindungen bestehen aus kleinsten Teilchen, die sich aus einer definierten Anzahl von Elementatomen zusammensetzen und infolgedessen auch ein festes Gewicht besitzen. (…)«
Der schwedische Chemiker Jöns Jacob Baron Berzelius (1779–1848), der ebenfalls zu den Pionieren der wissenschaftlichen Chemie zählt, entwickelte zwischen 1807 und 1812 basierend auf Daltons Hypothesen seine erste Atomgewichtstabelle (veröffentlicht 1814), in der er das Atomgewicht des Sauerstoffs gleich 100 setzte. Berzelius sah dieses vierzig Jahre zuvor entdeckte Element als den »Angelpunkt der Chemie«. Später bezog er die von ihm ermittelten relativen Atomgewichte auf das leichteste Element, den Wasserstoff mit der Zahl 1.
Mit der Bestimmung der relativen Atommassen war die wichtigste Grundlage für die Entwicklung des periodischen Systems der chemischen Elemente geschaffen worden. Für zwei Gelehrte, den englischen Arzt William Prout (1785–1850) und den deutschen Physiker Johann Meinecke (1781–1823), war die Feststellung, dass die Atomgewichte vieler Elemente offensichtlich fast ganzzahlige Vielfache des Gewichts von Wasserstoff waren, Anlass, den Wasserstoff als Urstoff anzusehen. Man lese dazu das Buch von Hoimar von Ditfurth (1921–1989) Am Anfang war der Wasserstoff (Hoffmann & Campe, Hamburg 1972) (siehe auch Kapitel 3).
Ein von Johann Wolfgang von Goethe geförderter Chemiker, der Professor für Chemie an der Universität Jena Wolfgang Döbereiner (1780–1849), entdeckte 1817, dass die relativen Gewichte der Oxide von Calcium (Kalkerde), Strontium (Strontianerde) und Barium (Baryterde) in einem gesetzmäßigen Zusammenhang stehen und stellte fest, dass sich diese Stoffe auch chemisch ähnlich verhalten, so z.B. Basen (Laugen) bilden. Er entwickelte eine Triadenregel, d.h. er fasste die drei genannten Elemente – und später auch Chlor, Brom und Iod – zu einer Gruppe mit ähnlichen Eigenschaften zusammen. Döbereiner fand heraus, dass unter drei chemisch ähnlichen Elementen die relative Atommasse des einen (mittleren) ungefähr dem arithmetischen Mittel der Atommassen der beiden anderen Elemente entsprach – z.B. Calcium 40, Strontium 88, Barium 137 (88 ist ungefähr gleich der Hälfte von 40 + 137 = 177). Weitere Gruppen kamen durch den französischen Chemiker Jean Baptist André Dumas (1800–1884), Sauerstoff, Schwefel, Selen, Tellur (1851/52), sowie durch den deutschen Chemiker und Hygieniker Max von Pettenkofer (1818–1901), Stickstoff, Phosphor, Arsen, Antimon (1850), hinzu. 1860 stellte der italienische Chemiker Stanislaus Cannizzaro (1826–1910) auf dem Chemiker-Kongress in Karlsruhe eine »tellurische Helix« vor, auf der die damals bekannten Elemente in einer Spirale nach der relativen Atommasse angeordnet waren. Seine Vorschläge, die auf wesentlich genaueren Bestimmungen der Atomgewichte beruhten, fanden jedoch wenig Beachtung. 1862 veröffentlichte Alexandre-Emile Béguyer de Chancourtois (1820–1886), Professor für Geologie in Paris, eine Arbeit, in der er die bekannten Elemente ebenfalls in der Reihenfolge ihrer relativen Atommassen in Form einer Schraubenlinie auf einem Zylinder so anordnete, dass Elemente mit ähnlichen Eigenschaften (wie die so genannten Alkalien Lithium, Natrium, Kalium, die Erdalkalien Magnesium, Calcium, Barium oder die Halogene Fluor, Chlor, Brom, Iod) in senkrechten Linien erschienen. Ein weiterer Schritt in Richtung des heute verwendeten Periodensystems gelang dem englischen Chemiker John Alexander Reina Newlands (1837–1898). Er stellte fest, dass bei der Anordnung der Elemente nach steigendem Atomgewicht nach jeweils sieben Elementen ein Element folgt, das dem Anfangsglied der Reihe chemisch ähnlich ist. Daraus entwickelte er, begrifflich angelehnt an die Musiktheorie, das Gesetz der Oktaven (1865).
Der Chemiehistoriker Otto P. Krätz stellte in seiner Arbeit »Zur Frühgeschichte des Periodensystems der Elemente« (in: RETE Strukturgeschichte der Naturwissenschaften, 1, Heft 2 (1972) S. 145–166) jedoch fest, dass bereits fünf Jahre vor Döbereiner der Baseler Doktor der Philosophie und Medizin Johann Ludwig Falckner (1787–1831), Mitglied der schweizerischen Gesellschaft von Naturforschern, ein System natürlicher Familien in seinen Beyträgen zur Stöchiometrie und chemischen Statik (1824) vorschlug. Noch früher beschäftigte sich der Hallenser Professor der Technologie Johann Ludwig Georg Meinecke (1781–1823) in einer Veröffentlichung unter dem Titel »Ueber den stöchiometrischen Werth der Körper, als ein Element ihrer chemischen Anziehung« (Journal für Chemie und Physik, Bd. 27 (1819) S. 39–47) mit der Formulierung von »Familien der Sippschaften«. Dazu schrieb Krätz: »Wir haben hier fraglos eine Idee vorliegen, die der Döbereinerschen Triadenregel vorausgeht.« Meinecke hatte »drei Paare zunächst ähnlicher Körper« zusammengestellt: »Baryt und Strontian«, »Kalk und Talk« sowie »Kali und Natron«. Krätz bescheinigt Meinecke, dass aus seinen »Worten eine Vorahnung des Periodensystems der Elemente zu erblicken« sei und fährt fort: »Tatsächlich hat dann auch bald ein eifrige Leser des Schweiggerschen Journals für Chemie und Physik den Versuch gewagt, ein großes System der natürlichen Elementfamilien zu entwickeln. 1824 trat der Baseler Arzt Johann Ludwig Falckner mit einem kleinen in Basel gedruckten Büchlein hervor. [Titel siehe oben.] Über das Leben Falckners scheint wenig bekannt zu sein. Aus seinem Büchlein kann man nur entnehmen, dass er selbst in einem eigenen Laboratorium stöchiometrische Versuche anstellte, Schweiggers und Gilberts Journal las, an einer geschwächten Gesundheit litt und erstaunlich viel über Zahlentheorie wusste. Seine Betrachtungen nahmen offensichtlich von den Werken Leibnizens über Dualzahlen ihren Ausgang, und dies scheint ihn in die Richtung der Proutschen Hypothese gedrängt zu haben.«
Über die fast gleichzeitige Entdeckung des periodischen Systems der chemischen Elemente durch zwei Wissenschaftler, in Deutschland und in Russland, schrieb Günther Kerstein:
»Zu dem noch heute gültigen periodischen System der Elemente kamen in den Jahren 1864–1870 unabhängig voneinander Dimitri Mendelejew (1834–1907) und Lothar Meyer (1830–1895). Mendelejew war das 14. Kind eines russischen Schuldirektors. Er studierte mit einem staatlichen Stipendium in Petersburg Naturwissenschaften und wurde danach Oberlehrer, dann Dozent für Chemie in Petersburg. Lothar Meyer war Professor der Physik und Chemie in Eberswalde, Karlsruhe und Tübingen.
1864 veröffentlichte Meyer eine Untersuchung der bekannten analogen Elementgruppen, in der er deren konstante Atomgewichtsdifferenzen feststellte. 1868 stellte er eine Tabelle zusammen, die er jedoch nur in Vorlesungen gebrauchte. Im nächsten Jahr trat Mendelejew in der Russischen Chemischen Gesellschaft mit einer Anordnung der Elemente in 19 Spalten an die Öffentlichkeit, 1870 erschien in den »Annalen der Chemie« – durch die Veröffentlichung Mendelejews angeregt – eine verbesserte Zusammenstellung Lothar Meyers, und im selben Jahr stellte Mendelejew das periodische System der Elemente fast in der heute noch gültigen Form auf. Beide Forscher kamen zu den gleichen Vorstellungen, doch hat Mendelejew die Bedeutung seiner Erkenntnisse tiefer erfasst. Er stellt die These auf, dass die Größe des Atomgewichtes den Charakter eines Elementes bestimme, er berichtigte durch die Kenntnis der Analogien einige Atomgewichte, entdeckte neue Analogien und erwartete die Entdeckung neuer Elemente, deren Eigenschaften er voraussah.«
Der Chemiehistoriker Günther Kerstein kommt zu dem Schluss:
»Die Entwicklung des periodischen Systems der Elemente war eine der größten Leistungen der Naturwissenschaften des vorigen Jahrhunderts. Die neuen Erkenntnisse bildeten das Fundament, auf dem die anorganische Chemie weiter aufbauen konnte.«
Abb. 1 Erste Darstellung des periodischen Systems – Übertragung einer handschriftlichen Aufzeichnung von Mendelejew durch B. M. Kedrov (1903–1985, Direktor des Instituts für Geschichte der Naturwissenschaft und Technik in Moskau)
Wilhelm Strube hat in seinem Buch Der historische Weg der Chemie (Köln 1989) das »Periodensystem der Elemente« wie folgt charakterisiert (er verwendet die Transkription »Mendeleev«):
»Mendeleev liebte die Kühnheit des Gedankens. Sein Grundsatz lautete: >Die meßbaren chemischen und physikalischen Eigenschaften der Elemente und ihrer Verbindungen stehen in periodischer Abhängigkeit von den Atomgewichten der Elemente.< Nach dem Vorbild seiner Vorgänger unterschied er >typische Elemente<. Aber er erkannte Lücken in dem System und erkühnte sich zu der Behauptung, daß sie von noch zu entdeckenden Elementen ausgefüllt werden würden. (…)
Die Arbeit von Mendeleev ermunterte L. Meyer noch im gleichen Jahr, 1869, zur Publikation seiner Abhandlung >Die Natur der chemischen Elemente als Funktion ihrer Atomgewichte<. Meyer bezog sich auf Mendeleevs Periodensystem, das er durch einige Umstellung verbesserte. Mendeleev selbst nahm 1870 weitere Verbesserungen vor; das neue System erwies sich als ausbaufähig wie jedes richtig gegründete.«
Strube berichtet weiterhin:
»Die Entdeckung des Germaniums im Jahre 1886 durch Clemens Winkler [1838–1904; Professor für Chemie an der Bergakademie in Freiberg/Sachsen] überzeugte schließlich die meisten Chemiker von der Richtigkeit des Periodensystems. Mendeleev hatte das zur vierten Gruppe zählende unbekannte Element Ekasilicium (ES) genannt…«
Die von Mendelejew (eine dritte gebräuchliche Transkription des Namens!) vorausgesagten Eigenschaften des Germaniums, – z.B. Atomgewicht 72/gefunden 72,60; spezifisches Gewicht 5,5/5,323 u. a. – stimmten außerordentlich gut mit den gemessenen Größen nach der Gewinnung des Metalls aus einem silberhaltigen Mineral überein. Germanium war das wichtigste Metall der Halbleiterindustrie in deren Anfangszeit, heute ist es weitgehend durch Silicium abgelöst.
Bevor die Geschichte der Entdeckung durch Mendelejew nach einem vor kurzen erschienenen Sachbuch mit dem Titel Mendelejews Traum. Von den vier Elementen zu den Bausteinen des Universums (Ullstein, München 2000) von Paul Strathern wiedergegeben wird, sei zur Entwicklung des Periodensystems abschließend Hans Joachim Störig (Kleine Weltgeschichte der Wissenschaft, Fischer Verlag, Frankfurt 1982) zitiert:
»Das periodische System schließt wie jede wissenschaftliche Großtat eine lange Entwicklungsreihe ab. In unserem Falle reicht diese Reihe von den ersten philosophischen Fragen nach den Bausteinen der Welt über die Bemühungen der Alchemisten und über Boyles Programm der Elementensuche bis ins 19. Jahrhundert. Mit dem periodischen System, das sich mit jeder weiteren Auffindung und Einordnung eines neues Elementes neu bestätigte und festigte, hatte die Chemie ein Schema, in das alles bisher über die Elemente Bekannte sich folgerichtig einordnen ließ.«
Auf einem Foto aus dem letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts ist der Chemiker Mendelejew mit einem mächtigen weißen Bart, der ungekämmt in drei Spitzen endet, an seinem mit Papieren übersäten Schreibtisch abgebildet. Hinter ihm ist ein Regal mit Büchern zu sehen. Das ebenfalls ungekämmte Haupthaar reicht ihm bis auf die Schulter. Mendelejew soll die Gewohnheit gehabt haben, sich nur einmal im Jahr, im Frühjahr, seinen berühmten Haarschopf von einem Schäfer mit der Schafschere schneiden zu lassen. Mendelejew beugt sich auf dem Foto über ein Blatt Papier, in der rechten Hand hält er zwischen den äußersten Enden seiner langen schlanken Finger einen Federkiel. Im Februar 1869 wollte Mendelejew vom Moskauer Bahnhof in St. Petersburg zu einer Reise in die Provinz Twer aufbrechen, wo er vor einer Delegation örtlicher Käseproduzenten einen Vortrag über die Verbesserung von Produktionsverfahren halten sollte. Daran anschließend wollte er für drei Tage die Bauernhöfe der Umgebung besichtigen. Paul Strathern schöpft aus der Schilderung eines Kollegen Mendelejews, der diesen am 17. Februar besuchte und darüber im Rückblick auf die Entdeckung einen fantasievoll ausgeschmückten Bericht verfasste.
Abb. 2 Darstellung des Periodensystems 1887 – 18 Jahre nach D. Mendelejeff und L. Meyer. (Aus: J. Lorscheid, Lehrbuch der anorganischen Chemie, 1887. Kapitel »Stöchiometrie«.)
Mendelejew hatte sich offensichtlich schon mehrere Tage lang mit dem Problem der Elemente beschäftigt. Im Korridor seines Hauses habe die fertig gepackte hölzerne Reisetruhe gestanden, durch das Fenster seines Studierzimmers habe man den wartenden Pferdeschlitten sehen können, dessen dick vermummter Kutscher im Schnee auf und ab gestampft sei. Der drängende Gedanke an den Zug, den er erreichen musste, hat Mendelejews Geist vermutlich besonders stark angeregt. Auch nach eigener Schilderung ließ Mendelejew sich in einen inspirierenden Tagtraum gleiten. Mit Hilfe eines Kartenspiels, denn auf den langen Fahrten von Sankt Petersburg nach Twer habe man sich häufig die Zeit mit Patiencelegen vertrieben, habe er in diesem Tagtraum immer wieder auf seinem Koffer drei Karten umgedreht. Habe er Asse gefunden, so habe er sie nacheinander herausgenommen und jede Farbe in einer Reihe nach oben auf den Koffer gelegt: Herz, Pik, Karo, Kreuz. Dann habe er weitere Karten umgedreht – und eine nach der anderen sei aufgetaucht: Herzkönig, Herzdame… Allmählich seien die Reihen auf dem Koffer nach unten angewachsen. Zehn, neun, acht…, eine Reihe aus absteigenden Zahlen. Genau wie bei den Elementen mit ihren Gruppen und geordneten Atomgewichten!
Nach diesem Tagtraum begann Mendelejew, nachdem er dem Diener befohlen hatte, den wartenden Pferdeschlitten wegzuschicken und für den Nachmittagszug zu bestellen, dieses System auf die ihm bekannten Tatsachen über die zu seiner Zeit bekannten Elemente zu übertragen. Er konnte jedoch trotz aller Anstrengungen noch kein System erkennen. Und dann sei er vor Erschöpfung tatsächlich eingeschlafen und habe einen wirklichen Traum gehabt:
»Ich träumte und sah einen Tisch, auf dem sich alle Elemente wie erforderlich zusammenfügten. Als ich erwachte, schrieb ich es sofort auf einem Blatt Papier nieder.«
Im Traum habe er erkannt: Wenn die Elemente in der Reihenfolge ihres Atomgewichts aufgeschrieben werden, wiederholen sich ihre Eigenschaften in periodischen Abständen. Mendelejew war es gelungen, die Triadenregel von Döbereiner mit dem Oktavengesetz von Newlands und der schraubenförmigen Anordnung von de Chancourtois zu vereinen.
Die Chemiehistoriker schreiben heute die Entdeckung des Periodensystems der chemischen Elementen Mendelejew zu: Er veröffentlichte seinen Aufsatz am 1. Mai 1869, nur zwei Wochen nachdem er die richtige Idee gehabt hatte. Meyer publizierte seinen Aufsatz erst ein Jahr später – und was noch entscheidender ist, er zog nur vorläufige Schlussfolgerungen, er konnte die Unregelmäßigkeiten, die noch bestehenden Lücken, nicht schlüssig erklären. Mendelejew dagegen traf die schon angeführten Voraussagen über noch nicht entdeckte Elemente, die sich sämtlich bewahrheiten sollten.
Abb. 3 Stand des Periodischen Systems der Elemente 1902 Lücken z. B. zwischen Br und J: »-100«, 43 Technetium [100], 1940 durch Segré und Wu in Spaltprodukten des Urans entdeckt; nach W: »-190«, 75 Rhenium [186, 207], 1925 von Noddack und Tacke nach planmäßiger Suche in Platinerzen entdeckt.
(Aus: William Forster, Welt und Wunder der Chemie, München 1931)
Abb. 4 Periodisches System aus dem Jahre 1931 (ohne Seltene Erden) »Leere Stellen« z. B. 85: Astat, 1940 von Corson, Mackenzie und Segré beim Beschießen von Bismut mit α-Teilchen entdeckt.
(Aus: William Forster, Welt und Wunder der Chemie, München 1931)
Abb. 5 Das Periodische System der Elemente 1940 »leere Stelle« (Aus: Hans-Joachim Flechtner, Atomzertrümmerung. Zauberei? Alchimie? z.B. 87: Francium, 1939 von Percy als Produkt der natürlichen Wissenschaft?, W. Limpert-Verlag, Berlin 1940, 6.–10. Tausend) radioaktiven Actinium-Zerfallsreihe entdeckt.
Literatur
Siegfried Engels und Alois Nowak: Auf der Spur der Elemente, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 3. Aufl. 1971.
Wilhelm Strube: Der historische Weg der Chemie, Aulis Verlag Deubner, Köln 1989.
Günther Kerstein: Entschleierung der Materie. Vom Werden unserer chemischen Erkenntnis, Franckh-Kosmos, Stuttgart 1962.
William H. Brock: Viewegs Geschichte der Chemie, Vieweg, Braunschweig/Wiesbaden 1997.
Otto Krätz: Faszination Chemie. 7000 Jahre Lehre von Stoffen und Prozessen, Callwey, München 1990.
Paul Strathern: Mendelejews Traum. Von den vier Elementen zu den Bausteinen des Universums, Ullstein, München 2000.
Die Gesetzmäßigkeiten des Periodensystems ermöglichten nicht nur eine Vorhersage der Existenz noch nicht entdeckter Elemente (siehe Kapitel 1), sondern sie geben auch eine Orientierungshilfe hinsichtlich der Eigenschaften von Verbindungen der Elemente untereinander. Der Wissenschaftsjournalist Rolf Froböse bezeichnete das Periodensystem in seinem 1988 erschienenen Buch Schlüssel zur Chemie als »Landkarte« und schrieb dazu: »Elemente mit ähnlichen Eigenschaften stehen untereinander und bilden so genannte Elementfamilien oder -gruppen.«
Die erste Familie (= Hauptgruppe), die er besucht, charakterisiert er als »nicht gerade freundlich gesinnt: Es handelt sich um die Alkalimetalle Lithium (Li), Natrium (Na), Kalium (K), Rubidium (Rb) und Cäsium (Cs) – allesamt aggressive, luft- und wasserscheue Gesellen.« Sie weisen ein s-Elektron in der äußeren Elektronenschale auf, das leicht abgegeben werden kann. Als allgemeine Regel gilt, dass mit steigender Ordnungszahl die Ionisierungsenergie abnimmt und der basische Charakter zunimmt. Die Alkalielemente bilden starke Basen, wobei die Basizität vom Lithium zum Cäsium steigt. Die reinen Alkalimetalle sind sehr weich und überziehen sich an der Luft schnell mit einer Oxid- bzw. Hydroxidschicht. Ihre Salze sind überwiegend gut in Wasser löslich. Nur Lithium weist Ähnlichkeiten zu den Erdalkalimetallen (vor allem zu Magnesium: so genannte Schrägbeziehung im Periodensystem) auf und bildet recht schwer lösliche Carbonate und Phosphate.
Die zweite Hauptgruppe (2s-Elektronen in der äußeren Elektronenschale) mit den Erdalkalielementen ähnelt in ihren Eigenschaften den Alkalimetallen. Das erste Element, Beryllium (Be), steht jedoch dem ersten Element der dritten Gruppe, dem Aluminium, näher (wiederum eine Schrägbeziehung) als den folgenden Metallen Magnesium (Mg), Calcium (Ca), Strontium (Sr) und Barium (Ba). Alle Elemente gehören zu den Leichtmetallen, die Reaktionsfähigkeit nimmt in der Gruppe von oben nach unten ab. Magnesium (und Beryllium) können an der Luft gelagert werden, denn auf der Oberfläche der Metalle bildet sich eine dünne Oxidschicht, die vor einer weiteren Oxidation schützt. Calcium und die beiden übrigen Erdalkalimetalle werden jedoch vollständig oxidiert und müssen daher wie die Alkalimetalle unter Schutzgas oder Petroleum aufbewahrt werden. Die Löslichkeit der Hydroxide nimmt in der Reihenfolge von Be bis Ba zu, die der Sulfate nimmt vom Calcium (Gips) bis zum Barium (Baryt) stark ab. Ebenso, wenn auch weniger deutlich, verringern sich die Löslichkeiten der Carbonate.
In der dritten Hauptgruppe stehen oben zwei sehr verbreitete Elemente, Bor (B) und Aluminium (Al), weiter unten drei seltene, Gallium (Ga), Indium (In) und Thallium (Tl). Bor bildet mit Wasser noch eine sehr schwache Säure, die Borsäure. Aluminiumhydroxid ist amphoter, es kann sowohl basisch als auch sauer reagieren. Bor ist somit ein säurebildendes Element, das Oxid des Aluminiums reagiert eher basisch, kann aber gegenüber starken Basen auch als Säureanhydrid fungieren.
Dazu schreibt Heinrich Remy (1890-1974) in seinem Lehrbuch der Anorganischen Chemie von 1970 (13. Aufl., Akademische Verlagsges. Geest & Portig, Leipzig): »Die Abnahme des sauren Charakters vom Bor- zum Aluminiumoxid und die damit verbundene Zunahme des basischen Charakters erklären sich entsprechend wie die Zunahme des basisches Charakters vom Lithium- zum Natriumhydroxid (und vom Magnesium- zum Bariumhydroxid). Die dreifach positiv geladenen Ionen der Elemente der dritten Hauptgruppe ziehen in ihren Hydroxiden die Oxidionen stark an und wirken auf die Wasserstoffionen verhältnismäßig stark abstoßend. Hierdurch wird die Anziehung der Oxidionen auf die Wasserstoffionen stark geschwächt, wenn der Mittelpunkt des dreifach positiv geladenen Ions, wie es bei kleinem Ionenvolumen desselben der Fall ist, dem Wasserstoffion ziemlich nahe ist. So kommt es, dass bei dem Hydroxid des Ions mit dem kleinsten Volumen in dieser Gruppe, nämlich dem Hydroxid des Bors, die Wasserstoff-Ionen bedeutend leichter als die Hydroxid-Ionen abgespalten werden können. Durch die abstoßende Wirkung des dreifach positiv geladenen Bors auf die Wasserstoff-Ionen erklärt sich auch die Unfähigkeit des Bors, in wässriger Lösung als freies positives Ionen aufzutreten. Der Radius des Al3+- Ions ist bedeutend größer als der des B3+-Ions. Das Aluminium-Ion stößt die H+-Io- nen weniger ab und hält die OH-Ionen bedeutend weniger fest. So erklärt sich der im Vergleich zum B(OH)3 schwächer saure und viel stärker basische Charakter des Al(OH)3.«
Aluminiumsalze wie das Aluminiumsulfat, auch der Alaun als Kalium-Aluminium-Sulfat (Doppelsalz), hydrolysieren in Wasser und die Lösungen reagieren dann sauer.
Bor hat einen ausgesprochen nichtmetallischen Charakter mit Halbleitereigenschaften, die folgenden Elemente sind jedoch typische Metalle.
Die vierte Hauptgruppe enthält die Elemente Kohlenstoff (C), Silicium (Si), Germanium (Ge), Zinn (Sn) und Blei (Pb). Die einzigartige Eigenschaft des Kohlenstoffs besteht darin, mit anderen Kohlenstoffatomen sehr stabile Bindungen eingehen zu können. Die Chemie des Kohlenstoffs beinhaltet die gesamte Chemie des Lebens. Silicium-Silicium-Bindungen sind ebenfalls möglich, aber weniger stabil. Das heute für die Halbleiter-Technologie so herausragend wichtige Silicium bildet bevorzugt sehr stabile Silicium-Sauerstoff-Silicium-Bindungen (Si-O-Si-Ketten), die in natürlich vorkommenden Silicaten zwei- und dreidimensional vernetzt sein können. Kohlenstoff kann sowohl als Isolator wie auch als Leiter wirken, Silicium und Germanium sind klassische Halbleiter, Zinn und Blei sind typische Schwermetalle. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedern dieser Familie sind im Vergleich zu allen anderen Gruppen des Periodensystems am stärksten ausgeprägt.
Zur fünften Hauptgruppe gehören neben dem Leitelement Stickstoff (N) die Elemente Phosphor (P), Arsen (As), Antimon (Sb) und Bismut (Bi). Alle Elemente treten gegenüber dem Sauerstoff maximal fünfbindig (in der Oxidationsstufe +5) gegenüber dem Wasserstoff dreibindig (in der Oxidationsstufe –3) auf. Die Stärke der Säuren nimmt von oben nach unten ab. So bildet Stickstoff die sehr starke Salpetersäure, Phosphor die mittelstarke Phosphorsäure, die übrigen Elemente schwache bis sehr schwache Säuren. Die arsenige Säure, formal das Arsen(III)-hydroxid, ist eine amphotere Verbindung. In wässriger Lösung können nur die Elemente As, Sb und Bi als dreifach positiv geladene Ionen auftreten. Die Ionen von N und P enthalten stets Sauerstoff.
Die sechste Hauptgruppe des Periodensystems umfasst die Elemente Sauerstoff (O), Schwefel (S), Selen (Se) und Tellur (Te) sowie Polonium (Po). Die vier ersten Mitglieder dieser Familie fasst man unter dem Namen Chalkogene (Erzbildner), zusammen. Alle Elemente können mit Wasserstoff Verbindungen eingehen und sind in ihren Verbindungen mit elektropositiven Elementen deutlich elektronegativ. Nichtmetalle sind Stickstoff und Sauerstoff (zugleich bei Raumtemperatur gasförmig), Selen und Tellur nehmen eine Übergangsstellung zwischen den Nichtmetallen und den Metallen ein.
Die siebente Hauptgruppe enthält die Elemente Fluor (F), Chlor (Cl), Brom (Br), Iod (I) sowie das instabile Astat (At). Die Schmelz- und Siedepunkte der Elemente steigen mit zunehmender Ordnungszahl an, die Farbe vertieft sich (von farblos über gelbgrün, braun bis violett), die Elektronegativität und damit die Reaktionsfähigkeit nehmen ab, die thermische Beständigkeit der Wasserstoffverbindungen und die Löslichkeit der Silberhalogenide sinkt. Zwischen Fluor und Chlor ist ein starker Eigenschaftssprung festzustellen. Bei Raumtemperatur sind Fluor und Chlor gasförmig, Brom ist flüssig und Iod fest. Im Gaszustand bilden alle Elemente zweiatomige Moleküle. Alle Elemente sind sehr reaktionsfreudig, das Fluor ist überhaupt das reaktionsfähigste Element, das wir kennen. Es setzt aus Wasser Sauerstoff frei, während Chlor in Wasser zu Salzsäure und hypochloriger Säure disproportioniert. Die Elemente dieser Gruppe werden auch Halogene (Salzbildner), die gebildeten Salze Halogenide genannt. Halogene entreißen Leichtmetallen wie den Elementen der ersten Hauptgruppe ein Elektron und gehen in einfach negativ geladene Ionen über. Die Halogene bilden auch sauerstofffreie Säuren, die Halogenwasserstoffsäuren.
Die Edelgase Helium (He), Neon (Ne), Argon (Ar), Krypton (Kr), Xenon (Xe) und Radon (Ra) bilden die so genannte nullte Familie oder auch achte Gruppe des Periodensystems. Die abgeschlossene Elektronenanordnung (acht Elektronen in der äußeren Schale) bestimmt die chemischen Eigenschaften dieser Gase: Sie sind nahezu inert.
Neben den Hauptgruppen existieren noch acht Nebengruppen. Die Elemente dieser Gruppen sind ausnahmslos Metalle. Zur ersten Nebengruppe zählen Kupfer, Silber und Gold, zur zweiten Nebengruppe Zink, Cadmium und Quecksilber. In der achten Nebengruppe stehen neun Elemente – Eisen, Cobalt und Nickel sowie die sechs Elemente der so genannten Platingruppe. Viele dieser Elemente bilden farbige Ionen bzw. Verbindungen.
Unter dem Titel Am Anfang war der Wasserstoff veröffentlichte 1972 der Mediziner und Wissenschaftspublizist Hoimar von Ditfurth