Contents
Beachten Sie bitte auch weitere empfehlenswerte Titel zu diesem Thema
Böhlmann, D.
Hybriden
bei Bäumen und Sträuchern
343 Seiten mit 194 Abbildungen und 136 Tabellen
2009
Hardcover
ISBN: 978-3-527-32383-8
Roloff, A., Weisgerber, H., Lang, J. U. M., Stimm, B. (Hrsg.)
Enzyklopädie der Holzgewächse
Handbuch und Atlas der Dendrologie. Aktuelles Grundwerk (Lieferung 1–54, Stand: Februar 2010)
4778 Seiten in 5 Bänden
1994
Loseblattwerk in Ordner
ISBN: 978-3-527-32141-4
Autoren
Prof. Dr. Andreas Roloff
Technische Universität Dresden
Inst. für Forstbotanik und Forstzoologie
Pienner Str. 7
01737 Tharandt
2., völlig neu überarbeitete Auflage 2010
Alle Bücher von Wiley-VCH werden sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren, Herausgeber und Verlag in keinem Fall, einschließlich des vorliegenden Werkes, für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler irgendeine Haftung
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <> abrufbar.
© 2010 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim
Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche markiert sind.
Print ISBN 9783527323586
Epdf ISBN 978-3-527-66120-6
Epub ISBN 978-3-527-66119-0
Mobi ISBN 978-3-527-66118-3
Zu diesem Buch
Viele Menschen sind an Bäumen interessiert, weil sie mit ihnen beruflich zu tun haben oder sie ganz einfach lieben. Vor allem zu alten Bäumen haben Menschen oft eine emotionale Beziehung. Dieses Buch erklärt Symptome der Körpersprache, Vorgänge im Inneren und Ursachen von Abweichungen, erläutert Fachbegriffe und will das Interesse an den Hintergründen von baumspezifischen Erscheinungen fördern. Die Ausführungen sollen (mit möglichst hilfreichen bzw. eingängigen Abbildungen) Fragen zur Baumbiologie anschaulich und prägnant beantworten und so das Verständnis für Bäume fördern. Daraus können sich auch sorgsamere und bessere Umgangsformen mit ihnen ergeben als man sie derzeit bisweilen z. T. in Städten oder an Straßen verwirklicht sieht.
Mit Wissen zur Baumbiologie wird man Bäume besser pflegen, schützen und nachhaltig verwenden und nutzen können.
Das Buch will Augen öffnen, Bewusstsein schaffen und Verständnis wecken dafür, in welch faszinierender Weise diese langlebigen und ortsfesten Organismen Techniken und Strategien entwickelt haben, nachhaltig zu überleben. Wenn man sich mit dem Thema beschäftigt, ist es beeindruckend, wie viel sich dazu bei Bäumen finden lässt und wie viel man von ihrer Körpersprache lernen kann. Sie können außerdem zu lebenden Skulpturen werden, die uns ihre Lebens- (und häufig Leidens-) Geschichte erzählen.
Dieses Buch wendet sich an
Die Bezeichnung der Artnamen erfolgt nach ROLOFF & BÄRTELS (2008).
Danksagung
Die Inspiration für dieses Buch stammt aus dem Forstbotanischen Garten Tharandt der TU Dresden, einer weltweit einmaligen Sammlung lebender Gehölze, die ich seit 1994 leiten darf und die mittlerweile ein wichtiger Teil meines beruflichen Wirkens geworden ist. Ich möchte an dieser Stelle allen Mitarbeitern, Freunden und Förderern danken, die sich für den Erhalt, die Präsentation, den Ausbau und die Pflege dieses Arboretums und seine Nutzung für Lehre, Wissenschaft, Kultur und Umweltbildung einsetzen.
Mein Dank gilt außerdem meinen Institutskollegen und -mitarbeitern, die durch Diskussionen, Textdurchsichten, Hinweise sowie Material- und Literaturbeschaffung wesentlich zum Gelingen des Werkes beigetragen haben.
Die Fotografien und Grafiken wurden vom Autor angefertigt. Weitere Bildautoren, denen ich für die Genehmigung des Abdruckes danke, sind: Prof. Dr. HORST BARTELS† (Grasstadium, Palmen), DORIS BERGER (Licht- und Schattenblätter), Dr. STEPHAN BONN (Dendroökologie), Prof. Dr. DIRK DUJESIEFKEN (Barrierezone, Thyllen, Tüpfel), RICO KNIESEL (Spaltöffnungen), Dr. BRITT MARIA GRUNDMANN (Dendroklimatologie), Prof. Dr. DORIS KRABEL (Bast, Periderm, Wurzelanatomie), Dr. MATTHIAS MEYER (Zerstreutporer), Dr. ULRICH PIETZARKA (Baumriesen, Feuerschutz Borke, Kompartimentierung, Langlebigkeit), Prof. Dr. STEFFEN RUST (Stress).
Dem Verlag Wiley-VCH (Weinheim), vor allem Herrn Dr. FRANK WEINREICH, Frau YVONNE ECKSTEIN und Frau STEFANIE VOLK, danke ich für die sehr gute Zusammenarbeit bei der Vorbereitung und Gestaltung des Buches.
Andreas Roloff
Tharandt, Februar 2010
Es ist allgemein bekannt, dass der Stamm von Bäumen der gemäßigten Breiten nach oben immer dünner wird; weniger vielleicht, warum diese Abholzigkeit auftritt. Dies ist die hinsichtlich der mechanischen Belastungen durch das Gewicht der Krone und den Wind optimierte Stammform. Der untere Stammabschnitt muss viel mehr Last tragen und gegen Bruch und Biegung sichern als die oberen Bereiche, so dass das Phänomen der Abholzigkeit die beste Lösung bietet. Zudem ist diese Form auch für den Wassertransport optimiert. Durch das alljährliche
Dickenwachstum von Baumarten der gemäßigten Breiten kommt diese Stammform ganz einfach dadurch zustande, dass der Stamm nach unten immer älter und daher automatisch aufgrund von mehr Jahrringen dicker wird. Dieses Prinzip setzt sich in gleicher Weise an den Ästen fort. Die Stärke der regelmäßigen Windbelastung und die Lichtkonkurrenz wirken sich dabei auf das Ausmaß der Abholzigkeit aus: je freier ein Baum steht, desto abholziger ist er. Bei den meisten Palmenarten tritt keine Abholzigkeit auf (s.
Palmen).
Abholzigkeit an einer Edel-Kastanie
Als „Abschiedskragen“ oder Astring bezeichnet man die Erscheinung, dass sich das baldige Absterben eines Astes durch einen kragenartigen Durchmessersprung an seiner Basis ankündigen kann. Wenn der Ast mit seinen Blättern nicht mehr genügend Assimilate produziert (z. B. durch Beschattung), wird er für den Baum schließlich eher eine Belastung als dass er noch Nutzen bringt. Dann wird er beginnen abzusterben. Mit dem Kragen an der Astbasis wird der Prozess des
Wundverschlusses nach dem Absterben und Abbrechen vorbereitet. Baumbiologisch fundierte Schnittmethoden berücksichtigen diesen Kragen bei
Schnittmaßnahmen – er muss unbedingt erhalten bleiben. Der Durchmessersprung kommt zustande, da der Ast weniger Assimilate ableitet als der Stamm, so dass der Ast keinen nennenswerten
Dickenzuwachs mehr hat, am Astansatz jedoch noch Assimilate des Stammes zu Zuwachs führen. Abschiedskragen (Astringe) treten allerdings nur bei einigen Baumarten auf, d. h. längst nicht jedes Astabsterben kündigt sich dadurch an.
Abschiedskragen unterschiedlicher Entwicklung an vier Ästen einer Edel Kastanie
Die Reaktionen lebender Zellen des Holzes nach Verletzungen werden als Abschottung (s. Kompartimentierung) bezeichnet. Sie sollen die Ausbreitung von
Pathogenen oder Lufteintritt begrenzen. Vgl.
Barrierezone,
CODIT,
Grenzschicht,
Reaktionszone.
Untere, weit ausladende und schpließlich dem Boden aufliegende Äste können sich bewurzeln, was als Absenker oder Ableger bezeichnet wird. Dies geschieht desto schneller, je feuchter der Oberboden ist und ist besonders begünstigt bei einer vorhandenen Moos- oder Laubschicht. Daher ist dies auf Moorstandorten eine häufige (ungeschlechtliche) Form der Vermehrung. Die Tochterbäume stehen dann bisweilen im Kreis um den Mutterbaum, man erkennt ihren Ursprung meist auch viel später noch an dem zum Mutterbaum hin gebogenen Stammanlauf. Absenkerbewurzelung ist nur möglich, wenn die unteren Äste nicht durch Dichtstand oder Beweidung im Laufe der Zeit abgestorben bzw. verschwunden sind. Daher ist sie so selten zu finden, denn die Äste (und damit der Baum) müssen ein gewisses Alter erreicht haben, damit ihre Länge und ihr Gewicht die notwendigen Ausmaße erreichen.
Absenkerbewurzelung an einer Rot-Buche
Einige Baumgattungen wie Eichen, Weiden und Pappeln zeigen als eigenartige Erscheinung das Abwerfen von grün belaubten Seitenzweigen. Dies kann im Sommer auf dem darunter befindlichen Boden so ungewöhnlich aussehen, dass man eine Krankheit vermutet. Es handelt sich jedoch um einen sehr effektiven Schutzmechanismus, wenn Kronenteile unter Trockenstress geraten oder zu wenig Licht erhalten. Dann ist das Abwerfen von ganzen Zweigen der schnellste Weg zur Reduzierung von Verdunstungsfläche oder uneffizienten Zweigen. Zu erkennen sind Absprünge an der glatten Narbe der Zweigbasis (s.
Trennungszone). Wären die Äste einfach nur wie bei anderen Baumarten abgebrochen, würden sie an der Basis eine zerrissene Narbe aufweisen. Das Phänomen ist im Sommer nach längeren Trockenperioden häufiger zu sehen. Vorzugsweise werden sehr junge (ein- bis vierjährige) Zweige abgeworfen, da sie noch eine aktivierbare Trennungszone in ihrer Basis aufweisen, was aber nur an Seitenzweigen der Fall ist (nicht an Jahresgrenzen der Hauptachsen). Ältere Zweige sind schließlich fest mit der Abstammungsachse verbunden, da die Trennungszone deaktiviert ist. Im Übrigen sind Absprünge auch eine interessante vegetative Ausbreitungsform, wenn z. B. von an Fließgewässern stehenden Weiden oder Pappeln Absprünge ins Wasser fallen, davon treiben und flussabwärts ans Ufer gespült werden, wo sie sich bewurzeln können.
Absprung von einer Westlichen Balsam-Pappel
Das stärkste Alarmsignal, das ein Baum in seiner Verzweigung über seinen Gesamtzustand zeigen kann, ist das Absterben von Wipfeltrieben, also der Kronenspitze. Denn dies ist einerseits der wichtigste Kronenbereich des ganzen Baumes (für das Bestehen im Konkurrenzkampf wie auch für die
Photosynthese). Andererseits ist es der Teil eines Baumes, der am schwierigsten mit Wasser und
Nährstoffen zu versorgen ist, da die Transportwege von der Wurzel dorthin am längsten sind. So reagiert dieser Kronenbereich besonders sensibel, wenn es dem Baum insgesamt sehr schlecht geht. Aufgrund der Beziehungen zwischen Krone und Wurzel ist dann davon auszugehen, dass es um die Wurzeln auch nicht mehr gut bestellt ist – dies kann Ursache des schlechten Zustandes sein oder aber Folge davon, denn es werden ja weniger
Assimilate erzeugt, von denen die
Wurzeln abhängen
Absterben des Wipfels einer Winter-Linde
Eine sehenswerte Erscheinung ist das Einwachsen von statisch bedeutsamen Gegenständen/Objekten wie z. B. Geländern in Bäume. Dass der Baum diese Gegenstände nicht nur einfach umwächst, sondern mit gezielten Zuwachsanlagerungen reagiert, ist dadurch zu erklären, dass er z. B. das Geländer im Bild mit in seine Bestrebungen nach höchstmöglicher Stabilität bei geringstem Aufwand eingebaut hat, als er noch jünger war. So kommt es, dass er ein Stück am Geländer entlang wächst, um dessen (solange noch vorhanden) Standfestigkeit optimal mit zu nutzen.
Abstützen einer Stiel-Eiche mithilfe eines Geländers
Adventivknospen entwickeln sich neu an Stellen, an denen zuvor keine Anlagen dafür vorhanden waren, z.B. an Wurzeln oder aus Wundgewebe/ Kallus am Stamm (nach Verletzung). Sie haben also einen anderen Ursprung als
schlafende Knospen, die von Beginn an angelegt sind. Aus Adventivknospen entstehen Adventivsprosse.
Adventivknospen und -sprosse aus dem Stubben einer Rot-Buche
Nach Überflutung von Kronenteilen kann es zur Ausbildung von Wurzeln an Ästen kommen, sog. Adventivwurzeln. Je schneller und intensiver eine Baumart damit reagieren kann, desto besser wird sie mit der Überflutung fertig, denn das Problem ist die Sauerstoffversorgung der unter Wasser befindlichen Zweige und Wurzeln. Die neu gebildeten Wurzeln sind dann speziell an die veränderten Verhältnisse angepasst (durch einen hohen Anteil Luft leitender Gewebe) und ermöglichen so das Überleben. Besonders gut funktioniert dies bei Weiden, die sehr schnell solche Adventivwurzeln bilden (Foto), überhaupt nicht hingegen bei Buchen. Letztere sterben daher bei Überflutung relativ rasch ab und kommen in natürlichen Auenwäldern nicht dauerhaft vor, während Weiden oft den Gewässersaum bilden. Adventivwurzeln entwickeln sich auch nach
Überschüttungen, für die Ähnliches gilt, oder bei Fäule/Rissen im Stamminneren (s.
Innenwurzeln).
Adventivwurzeln nach längerer Überflutung einer Korb-Weide
Die oft bei Bäumen an jedem Jahresabschnitt der Hauptachsen feststellbare Längenzunahme der Seitentriebe von den unteren zu den obersten Seitenzweigen hin wird als Akrotonie bezeichnet. Sie ist bei den meisten Baumarten eine Grundregel der Verzweigung, da sie schnell zu baumförmigem Wuchs führt: die sich entwickelnde Verzweigung ist zur effizienten Eroberung neuen Luftraumes nach vorne (bzw. am Wipfeltrieb nach oben) gerichtet. So kann ein Baum sich besonders effektiv gegen Konkurrenten durchsetzen. Durch die sich alljährlich wiederholende Akrotonie entsteht ein stockwerkartiger Aufbau der Verzweigung mit entsprechenden Absätzen in den Seitentrieblängen an den Jahresgrenzen (
Triebbasisnarben), da unterhalb von diesen besonders lange, oberhalb besonders kurze Seitentriebe vorhanden sind.
Akrotonie an 4-jähriger Verzweigung einer Rot-Buche
Einige Baumarten (z. B. Eukalyptus, Schwarznuss) enthalten in ihren Blättern und Wurzeln Inhaltstoffe, die für andere Pflanzen giftig sind. Das führt zum Unterbleiben der Keimung oder gar Absterben von anderen Arten unter diesen Bäumen, weshalb sich dort die Vegetation gegenüber der Umgebung anders verändert, als wenn nur Beschattung oder Wurzelkonkurrenz die Ursache wären. Man nennt diese Erscheinung Allelopathie – sie ermöglicht also das Ausschalten von Konkurrenten durch die Wirkung giftiger Inhaltsstoffe. Es ist noch relativ wenig darüber bekannt, welche Baumarten auf welche Pflanzen solche Einflüsse ausüben können. Man kann den Effekt in Experimenten nachweisen, indem man z. B. getrocknete, gemahlene Blätter oder Wurzeln dem Gießwasser von Pflanzen zusetzt und dann die Auswirkungen beobachtet. Bei Vorliegen von Allelopathie zeigen sich in der Folge Wachstumseinbußen oder Schäden bis hin zum Absterben, während der Gießwasserzusatz ansonsten eher als Dünger wirkt. Beim einheimischen Walnussbaum ist diese Erscheinung umstritten, es ließen sich nur Keimungshemmungen an einigen Arten nachweisen, der Effekt auf die Vegetation im Stammumfeld ist jedoch nahezu unsichtbar.
Allelopathie unter Walnuss
Bäume altern auf andere Weise als Tiere und Menschen. Dadurch dass sie jedes Jahr neue Blätter, neue Triebe, neue Wurzeln und neue Jahrringe entwickeln, gibt es immer wieder junge Gewebe ( Meristeme), die noch nicht einmal ein Jahr alt sind. Diese ständige innere Verjüngung ist der Grund dafür, dass selbst Bäume mit einem Alter von 1000 Jahren noch ganz junge Organe und Gewebe aufweisen, die so lange weiterleben, sich teilen, wachsen und verjüngen, wie ihre Wasser- und Nährstoffversorgung sichergestellt ist. Das kann schließlich auch nur noch ein Teil des ursprünglichen Baumes sein (s.
Langlebigkeit). Eine vollständige Verjüngung durch Klonen bringen Baumarten zustande, die
Wurzelbrut oder
Absenker entwickeln. Hier kann der Mutterbaum längst abgestorben sein, und seine „Zweige“ leben als eigenständige Individuen weiter. Alter ist also bei Bäumen relativ. Das älteste bekannte Lebewesen der Erde ist unter diesem Gesichtspunkt übrigens eine über 10 000 Jahre alte Nordamerikanische Zitter-Pappel, die sich über diesen langen Zeitraum durch Wurzelbrut immer wieder vermehrt hat. Dieser Klon hat inzwischen eine Fläche von 43 ha erreicht und ist eine so eindrucksvolle Erscheinung, dass ihm ein eigener Name („Pando“) gegeben wurde.
Alterung: eine ca. 800-jährige Winter-Linde
Wenn Samen auf einem umgestürzten Baumstamm oder einem Baumstumpf (Stubben) keimen, bezeichnet man dies als Ammen- oder Kadaververjüngung. Es klappt nur bei ausreichenden Feuchtigkeitsbedingungen, am besten mit einer Moosschicht auf der Rinde bzw. dem Holz des Stammes/Stubbens, z. B. in regen- und luftfeuchten Wäldern, in Gebirgstälern, nahe Meeresküsten oder auf Nassstandorten. Nachdem der liegende Stamm oder der Stubben dann später verrottet ist, stehen die Jungbäume wie auf Stelzen, wenn ihre Wurzeln den Erdboden erreicht haben.
Ammenverjüngung: eine Gemeine Fichte wächst auf einem Fichtenstamm
Wenn Seitenäste höherer Ordnung (s. Astordnungen) beidseitig ihrer Tragachse besonders im Längenwachstum gefördert werden, bezeichnet man dies als Amphitonie. Sie tritt bei den meisten Nadelbäumen auf, z. B. bei Kiefern, Tannen und Fichten. Vgl.
Hypotonie.
Amphitonie an einem Seitenzweig einer Weiß-Tanne
Bäume können nur deshalb Jahrhunderte lang ortsfest all die Umweltveränderungen überleben (Jahreszeiten, Beschattung, Klimaschwankungen, Wassermangel und -überschuss, Stürme, Krankheiten u. ä.) und Nachkommen erzeugen, indem sie einerseits optimal angepasst an aktuelle Umweltsituationen, andererseits im Vergleich zu anderen Organismengruppen auch besonders anpassungsfähig sind. Der Begriff „anpassungsfähig“ besagt, dass Bäume bzw. Baumpopulationen auch mit Umweltveränderungen größeren Ausmaßes zurechtkommen müssen (z. B. derzeit mit einer zunehmenden Erwärmung), um das Überleben der Art über lange Zeiträume zu sichern. Der Begriff „angepasst“ hingegen verdeutlicht, dass ein Baum mit einer bestimmten, in Grenzen variablen Umwelt gut zurechtkommt. Beide Begriffe zusammen bezeichnet man als Anpassungspotenzial. Nur so ist es zu erklären, dass Bäume so alt werden und z. B. auch fernab ihrer Heimat überleben können.
Angepasstheit und Anpassungsfähigkeit von Strobe (vorne rechts) und Riesenmammutbaum (hinten links)
Als Anisophyllie bezeichnet man das Auftreten von Blättern/Nadeln sehr unterschiedlicher Größe an einer Pflanze oder gar wie im Beispiel an einem Zweig. Die direkte oder indirekte Ursache dafür ist fast immer das Licht, das an einem Baum zu Anpassungen führt. Zunächst sind Schattenblätter immer größer als Lichtblätter. Hinzu kommen Phänomene wie Hypotonie: die Förderung unter-/außenseitiger Blätter (und Zweige) zum Ausnutzen von besseren Lichtverhältnissen am Kronenrand. Auf dem Bild erkennt man Tannennadeln, die sich in der Länge um mehr als das Doppelte unterscheiden. Dabei fällt auf, dass die oben befindlichen viel kürzer sind als die unteren/seitlichen. So optimiert der Zweig die Ausnutzung des Lichtes, da die etwas nach oben gerichteten kurzen Nadeln kaum zur Beschattung der darunter befindlichen führen, aber schräg einfallendes Licht besser ausnutzen können. Vgl.
Heterophyllie.
Anisophyllie an einem Seitenzweig der Weiß-Tanne
Mit dem Begriff Apikaldominanz wird die Erscheinung bezeichnet, dass die Gipfelknospe bzw. Sprossspitze eines Triebes eine Vegetationsperiode lang durch Hormone die Seitenknospen am Austreiben hindert. Schwache Apikaldominanz führt zur
Syllepsis. Vgl. auch
Apikalkontrolle.
Apikaldominanz und Apikalkontrolle an den Wipfeltrieben der Edel-Tanne
Durch die Apikalkontrolle beeinflusst die Sprossspitze des Wipfels mittels Hormonen die Wachstumsrichtung der Seitenzweige und hindert sie am Aufrichten. Schwache Apikalkontrolle führt zu aufrechtem Wachstum der Seitenzweige. Vgl. Apikaldominanz,
Orthotropie.
Der Begriff „Architektur“ von Krone und Wurzel fasst äußerlich sichtbare Charakteristika der Gestalt und Strukturen zusammen. Die Kenntnis der Kronen- und Wurzelarchitektur ist für ein Verständnis des ökologischen Verhaltens von Bäumen und Sträuchern grundlegend, da es vielfältige Beziehungen zwischen der Umwelt und der Struktur und Funktion von Holzpflanzen gibt. Zum Beispiel ist die Architektur der Verzweigung von Sprossachsen und Wurzelsystemen für die Vitalitätsbeurteilung und Verwendung von Baumarten nutzbar. Vgl.
Architekturmodelle.
Mit Hilfe von sog. Architekturmodellen lassen sich Baumarten zu Typen ähnlicher Verzweigung und Kronenentwicklung (s.
Architektur) zusammenfassen. Wichtigste Kriterien einer Zuordnung zu den 23 weltweit differenzierbaren und beschriebenen Modellen sind die Wachstumsrichtung von Wipfelund Seitentrieben, die Wachstumsdauer sowie die Position der Blüten. Die fünf wichtigsten Baumarchitekturmodelle Mitteleuropas sind durch folgende Merkmale gekennzeichnet (Name des Architekturmodells vorangestellt):
Architekturmodelle wichtiger mitteleuropäischer Baumarten
–RAUH: alle Triebe ± senkrecht orientiert, Blütenstände seitenständig und daher ohne Auswirkung auf die Verzweigung (z. B. Kiefer, Eiche, Esche, Robinie, Kirsche, Walnuss);
–SCARRONE: alle Triebe ± senkrecht orientiert, Blütenstände endständig und daher Fortsetzung blühender Achsen nur über Seitenzweige möglich, was bei gegenständigen Baumarten zur Gabelung der Hauptachsen führt (z. B. Rosskastanie, Ahorn, Erle, Platane, Tulpenbaum);
–MASSART: Stamm senkrecht, Seitenäste ± waagerecht (z. B. Ginkgo, Stech-Fichte, Stechpalme, Tanne);
–TROLL: alle Triebe zunächst waagerecht, Wipfel sich erst sekundär aufrichtend (z. B. Buche, Hainbuche, Hemlocktanne, Linde);
–CHAMPAGNAT: Wipfeltriebe zunächst senkrecht, sich sekundär abwärts biegend (z. B. ältere Birn-, Apfelbäume, Holunder, Pfaffenhütchen).
Die Art gilt als die wichtigste Kategorie der Pflanzenbenennung (Systematik), von ihr werden alle anderen Rangstufen abgeleitet. Jede Baumart (z. B. Winter-Linde) gehört einer Gattung (Linde) an, die eng verwandte Arten mit zahlreichen gemeinsamen Merkmalen zusammenfasst. In einer Art wiederum werden alle Individuen einschließlich ihrer Vorfahren und Nachkommen zu- sammengefasst, die in wesentlichen Merkmalen übereinstimmen, sich natürlich miteinander kreuzen und fruchtbare Nachkommen erzeugen. Arten können in
Unterarten,
Varietäten und Formen untergliedert werden. Im Deutschen schreibt man Arten inzwischen weit verbreitet mit einem Trennstrich, da dies sofort Art und Gattung deutlich unterscheidet, z. B. Rot-Buche als eine Art der Buchen, aber Hainbuchen als eigene Gattung, Mittelmeer-Zypresse als Art der Zypressen, Sumpfzypressen als eigene Gattung
Als Assimilate bezeichnet man vor allem die bei der Photosynthese produzierten Kohlenhydratverbindungen (Glukose, Fruktose, Saccharose, Stärke).
Als Assimilation im engeren Sinn wird die Synthese organischer Substanzen (Kohlenhydratverbindungen) aus Kohlendioxid und Wasser unter LichteinflussbeiderPhotosynthesebezeichnet.Vgl. Assimilate.
Eine interessante Frage ist, wie viel Assimilationsleistung (Biomasseproduktion) Bäume pro Tag schaffen können. Bei tropischen/subtropischen Bäumen sind es 5–9 g Trockensubstanz pro m2 Blattfläche und Tag, bei sommergrünen Laubbäumen 3–10 g, bei Koniferen 1–5 g und bei immergrünen Hartlaubbäumen 1–3 g. Danach kann z. B. eine Buche mit 100 m2h Kronenschirmfläche (entspr. 11,20 m Kronendurchmesser) und 700 m2 Blattfläche an einem günstigen Tag bis zu 7 kg Trockenmasse (entspr. bis zu 20 kg Frischgewicht) Produzieren
Wenn die Photosynthese erfolgreich verläuft, werden Assimilate erzeugt, die nach einer kurzen Zwischenspeicherung im Blatt abtransportiert werden zu orten des Bedarfs oder einer längeren Speicherung im Baum. Die Verteilung von Photosyntheseprodukten durch
Langstreckentransport ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für Wachstum und Entwicklung von Bäumen. Der Haupttransportweg der Zuckerlösung ist dabei der lebende Teil der Rinde (
Bast). Und da der wichtigste ort der Assimilatproduktion das Blatt, also die Krone, ist und ein bedeutsamer Bereich des Verbrauches die Wurzel, verläuft der Transport überwiegend stammabwärts. Zur Zeit des Austreibens dagegen werden die Assimilate vor allem von den wachsenden Trieben und Blättern benötigt. Dann erfolgt der Transport in der Rinde vorwiegend dorthin (ast-/stammaufwärts), später auch zu den reifenden Früchten. Je nach Jahreszeit und Entwicklungszustand können Produktionsorte auch zu Verbrauchsorten und Verbrauchsorte auch zu Produktionsorten werden. So sind im Sommer und Herbst die Speichergewebe von Bäumen Senken, im Frühjahr jedoch Quellen von Photosyntheseprodukten, in denen Speichersubstanzen mobilisiert und u. a. den sich entwickelnden Blättern per Langstreckentransport zur Verfügung gestellt werden. In Koniferen stellen (neben Wurzeln, Stamm und Ästen) auch die mehrjährigen Nadelblätter solche Speicherorgane dar. Je nach Jahreszeit können somit selbst Baumwurzeln Quellen oder Senken von Photosyntheseprodukten sein. In ähnlicher Weise sind junge Blätter zunächst Senken, sobald sie voll entwickelt sind jedoch Quellen von Photosyntheseprodukten.
Die Früchte einiger Baumarten (z. B. der heimischen Ulmenarten) sind besonders früh und schnell reif, da sie mit ihren Flügeln
Photosynthese betreiben und damit die zum Fruchtreifen notwendigen
Assimilate selbst produzieren können. Ulmen blühen oft schon im März und werden bereits im April grün – man denkt von weitem, die Bäume treiben schon aus (was für eine
ringporige Baumart sehr früh wäre). Bei genauerem Hinsehen erkennt man dann aber, dass es die Fruchtflügel sind, die ergrünen. Sie haben also in diesem Fall nicht nur Verbreitungsfunktion für die reife Frucht, sondern auch ernährungsphysiologische Bedeutung. Denn die Blätter der Ulmen erscheinen erst im Mai – dann sind die Früchte schon fast reif.
Assimilierende Fruchtflügel an einer Holländischen Ulme im Mai
Astnarben sind das Resultat des Wundverschlusses nach Absterben und Abbrechen von Ästen. Baumarten mit glatter Rinde lassen so zeitlebens viel über ihre Lebensgeschichte erkennen. So kann man noch nach Jahrzehnten rekonstruieren, wo sich am Stamm ein Ast befunden hat, wie dick er beim Absterben war, wann er abgestorben ist und wie steil er vom Stamm abzweigte. Das machen sich beispielsweise Holzkäufer zunutze, da sie auf diese Weise schon am stehenden Baum sehr gut die Holzqualität im Inneren des Stammes beurteilen können (zumindest was die Astigkeit angeht). Als „Chinesenbart“ bezeichnet man in diesem Zusammenhang die seitlichen Narbenbereiche, die aufgrund des Schrägstandes des früheren Astes wie Chinesenbärte aussehen (s. Foto). Bei Baumarten mit grober Borke ist diese Rekonstruktion der
Lebensgeschichte oft nur eingeschränkt und schwieriger möglich, mit einiger Erfahrung klappt es aber auch bei diesen.
Astnarben am Stamm einer Sand-Birke mit „Chinesenbärten“
Die Ast- bzw. Zweigordnungen in einer Krone werden gezählt, indem man den Stamm bzw. Wipfeltrieb als Hauptachse (0. ordnung) setzt und alle Äste, die von ihm abzweigen, als 1. Ordnung. Von Ästen 1. Ordnung abzweigende Äste sind dann die 2. Ordnung usw. Eigentlich müsste eine 100-jährige Esche somit 99 Zweigordnungen haben, denn durch das alljährliche Austreiben von Seitenknospen kommt jedes Jahr (außer im ersten Lebensjahr) eine Ordnung hinzu. Man findet aber weltweit höchstens 10 Zweigordnungen an alten Bäumen, oft sogar nur 7. Der Grund dafür ist, dass die Seitenzweige höherer Ordnung schließlich so von Nachbarzweigen beschattet sind, dass sie zur Kurztriebbildung übergehen – und diese verzweigen sich nicht mehr. Hingegen hat das Absterben oder Abfallen von Zweigen (s.
Astreinigung) für die maximalen Astordnungen einer Baumart keine nennenswerte Bedeutung.
Astordnungen in der Krone einer Gemeinen Esche
Die Ast- und Zweigreinigung muss als ein sehr wesentliches Kriterium des Kronenaufbaus einer Baumart angesehen werden. Sie trägt schließlich neben der Verzweigung ganz entscheidend zum charakteristischen Kronenbild der Baumart bei. Während die natürliche Reinigung von älteren Ästen über Pilzbefall nach Absterben des Astes und schließlich sein Abbrechen abläuft, ist die bereits lange zuvor einsetzende Zweigreinigung wesentlich schwieriger zu beobachten (bis auf die Absprünge einiger Baumarten sowie die
Zweigabgliederung). Als Zweigreinigung wird demnach das Abbrechen/Abfallen kleinerer und unwichtig gewordener jüngerer Zweige aus der Peripherie der Verzweigung bezeichnet. Sie beginnt mit dem Abbrechen von
Kurztriebketten, die selbst in einer vitalen Baumkrone reichlich vorhanden sind.
Kurztriebe verlieren jedoch meist schnell ihre Bedeutung für den Baum, da sie sich in den jeweils unwichtigsten Abschnitten der Jahrestriebe und gehäuft in den unwichtigeren inneren und unteren Kronenbereichen befinden. Das Abbrechen der Kurztriebketten setzt etwa mit 5–10 Jahren ein (je nach Baumart, s.
Kurztrieblebensdauer).
Ast- und Zweigreinigung an einer Rot-Buche 12
Ist am Astansatz eine deutliche Verdickung in der Übergangszone zum Stamm erkennbar, spricht man von einem Astring (Weiteres s. unter Abschiedskragen).
In dauernd feuchten Klimaregionen (z. B. Regenwäldern oder schattigen Tälern in Gebirgen) können sich Bäume den ständigen Niederschlägen dadurch anpassen, dass sie aus Seitentrieben direkt in eine vorhandene Moosschicht auf ihren Ästen (s. Epiphyten) hineinwurzeln (im Foto wurde die Moosschicht etwas nach oben geschoben, um die Feinwurzeln sichtbar zu machen). So müssen große Bäume dann nicht unbedingt den (langen) Weg des Wassers über die Bodenwurzeln aktivieren, um ihre Äste mit Wasser zu versorgen – einen Teil ihres Wasserbedarfes decken sie direkt in der Krone. Dafür ist allerdings die ständig feuchte Moosschicht eine wichtige Voraussetzung. In trockenen Perioden und auch sonst erfüllen natürlich vor allem die Bodenwurzeln ihre Funktion der Wasserversorgung des Baumes.
Astwurzeln an einem Zweig der Schwarz-Weide
Baumarten wie die Sumpfzypresse, die am Naturstandort lange Perioden des Jahres im Wasser stehen (s. Überflutung), haben Schwierigkeiten mit der Sauerstoffversorgung der Wurzeln. Eine Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, besteht in der Ausbildung von Atemwurzeln (Pneumatophoren): das sind Wurzelknie, die aus dem Boden (bzw. Wasser) herausragen und die Sauerstoffversorgung der Wurzeln verbessern. Bisweilen behalten Baumarten wie die Sumpfzypresse diese Erscheinung auch bei, wenn sie auf nicht überfluteten Standorten wachsen. Das kann dann sehr eindrucksvoll aussehen, wenn diese Luftwurzeln überall im Stammumfeld z. B. aus einer Wiese herausragen (s. Foto). Andere Baumgattungen wie Erle und Weide stellen die Sauerstoffversorgung ihrer Wurzeln in solchen Situationen mittels Luftkanälen (Aerenchym) im Holz sicher, die den Sauerstoff über die
Lentizellen in der Rinde erhalten.
Atemwurzeln bei einer Sumpfzypresse
Atmung (auch als Dissimilation oder Respiration bezeichnet) ist der zur Photosynthese gegenläufige Prozess, bei dem die in der Photosynthese aufgebauten Zuckerverbindungen zerlegt werden und die darin enthaltene Energie nutzbar gemacht wird (s. auch
Gaswechsel). Biochemisch betrachtet ist die Atmung jedoch nicht einfach eine Umkehrung der Photosynthese, sondern sie verläuft in vollkommen anderen Teilabschnitten. Im Grunde genommen handelt es sich um eine in Teilschritte zerlegte und dadurch steuerbare Verbrennung, für die Sauerstoff notwendig ist und bei welcher der zuvor gebundene Kohlenstoff als CO2 wieder freigesetzt wird. Atmung ist auch essentiell zur Aufrechterhaltung der Lebensfunktionen von Bäumen und läuft daher im Gegensatz zur Photosynthese auch im Dunkeln und im Winter weiter, wobei also Energie freigesetzt wird.
Äste beginnen sich unter bestimmten Umständen zu „verselbstständigen“: sie richten sich auf und wachsen wie zu eigenständigen Bäumen heran. Meist findet man die Erscheinung am unteren äußeren Kronenrand frei stehender Bäume. Der Weg für die h Hormone des Wipfels, die das Herabdrücken von Seitenzweigen bewirken, wird immer länger, je älter bzw. höher der Baum und je länger die Seitenäste werden. Schließlich gelingt es einzelnen Seitenzweigen, den hormonellen Einfluss des Wipfels zu überwinden und sich aufzurichten. Einige Baumarten neigen zu dieser Erscheinung (z. B. der Lebensbaum, Foto), bei anderen tritt sie nur ausnahmsweise auf, wenn die Krone abrupt von der Seite belichtet wird. Es handelt sich um eine Form von Reiterationen.
Aufrichten von Seitenzweigen am Riesen-Lebensbaum
Einige Baumarten treiben sehr früh aus wie z. B. Birke und Weide, andere erst viele Wochen später, wie Esche und Robinie. Dies hat zum einen mit unterschiedlicher Frostempfindlichkeit zu tun. Natürlich ist zunächst von Vorteil, im Frühjahr schnell und zeitig die Blätter zu entfalten – wenn dann nicht noch oft die Spätfröste im Mai kommen würden, die im Abstand von einigen Jahren immer wieder auftreten. In diesem Fall kann Warten vorteilhafter sein. Hinzu kommt, dass einige Baumarten überhaupt erst ein Wasserleitungssystem aufbauen müssen, um die Blätter entfalten und versorgen zu können. Das ist bei den sog. Ringporern der Fall, da die Leitelemente des Vorjahres weitgehend außer Funktion sind. So ist es kein Zufall, dass Esche und Robinie bei uns regelmäßig zu den spätesten Baumarten gehören.
Austriebszeitpunkt: Unterschiede bei der Gemeinen Esche (noch kahl) und dem Spitz-Ahorn (belaubt)
Wird ein Baum verletzt oder dringt ein Pilz von außen in das Holz ein, kann sich der Baum im Bereich des Kambiums mit einer sog. Barrierezone schützen. Mit dieser versucht er durch zusätzliche spezialisierte Zellneubildung des Kambiums – vor allem anatomisch und chemisch veränderte
Parenchymzellen, bei Nadelbäumen auch mit Hilfe von
Harzkanälen – entlang von neuen
Jahrringen z. B. das Vordringen von
Pathogenen zu verhindern. In vielen Fällen ist diese Reaktion sehr erfolgreich; das hängt im Einzelfall von der Aggressivität des Pilzes und vom Zustand des befallenen Baumes und der Baumart ab. Vgl.
Reaktionszone.
Barrierezone aus Parenchymzellen (Bildmitte, blau eingefärbt) an Linde; rechts verfärbtes Holz (rot), links unregelmäßig strukturiertes Wundholz (hell) (aus DUJESIEFKEN UND LIESE 2008)
Wesentlich seltener als Akrotonie sind bei Bäumen andere Typen der Längenförderung der Seitenzweige verbreitet. Basitonie ist die besondere Förderung der unteren Seitenzweige am Jahresabschnitt. Sie ist bei Bäumen sehr selten, da sie eher zu strauchförmigem Wuchs führt. Als übergreifende Basitonie bezeichnet man dabei die Erscheinung, dass bei Sträuchern junge Austriebe aus der Stammbasis, dem Wurzelanlauf oder aus stammnahen Wurzeln schnell große Längen bzw. Höhen erreichen und die bis dahin entwickelte ältere Verzweigung übergipfeln können. Auch eine besondere Förderung der Seitenzweige im mittleren Abschnitt der Jahrestriebe ist möglich, die als Mesotonie bezeichnet wird und z. B. häufig in Verbindung mit
Syllepsis auftritt. Besonders ausgeprägt ist dies bei der bis ins hohe Alter sylleptisch verzweigten Schwarz-Erle.
Übergreifende Basitonie an Hunds-Rose (Foto links); Mesotonie am Jahrestrieb einer Schwarz-Erle (oben: die Seitentriebe sind im mittleren Triebabschnitt am längsten)
Als Bast (= Phloem) wird der lebende, Assimilate leitende Teil der
Rinde bezeichnet. Er befindet sich innerhalb des jüngsten (innersten)
Periderms. Vgl.
Borke.
Bast (= Phloem), Borke, Periderm, Kambium, Mark, Holz (= Xylem), Holzstrahl und Baststrahl an einem dreidimensionalen Stammquerschnitt (Grafik: Doris Krabel)
Im Gegensatz zu Sträuchern besitzen Bäume einen dominierenden Stamm, dessen unterer Abschnitt im Alter erhebliche Durchmesser erreichen und astfrei werden kann. Sträucher hingegen sind mehrstämmig, ein dominierender Stamm fehlt, und sie erreichen eine maximale Höhe von nur einigen Metern (bis zu 10 m). Sie entwickeln im basalen Achsenbereich kräftige Austriebe und verjüngen sich daher „von unten“ (s. Basitonie). Im Vergleich zu Bäumen haben Sträucher Vorteile in Habitaten mit hohem
Stress durch Umweltfaktoren und können als
Anpassung daran verstanden werden.
Baum oder Strauch? Gemeiner Wacholder
Mit Baumbewuchs werden Epiphyten und
Kletterpflanzen bezeichnet, die an oder auf Bäumen wachsen. Dies können z. B. Moose, Flechten und Algen, Misteln, Efeu, Waldrebe und Geißblatt sein. Sie benötigen Bäume als wichtige Lebensgrundlage, schädigen den Trägerbaum daher in den meisten Fällen nicht oder nicht nennenswert.
Baumbewuchs auf einem ca. 500-jährigen Berg-Ahorn
Baumgrenzen, d. h. Grenzen baumförmigen Wachstums, existieren in Gebirgen und im Hohen Norden, an Gewässern und Mooren sowie am Übergang zu anderen extremen Lebensräumen. Sie sind klimatisch oder standörtlich bedingt und bestehen meist aus einer Kampfzone, in der Einzelbäume um ihr Überleben kämpfen. Dies sieht man ihnen dann in der Regel auch an, indem sie einen krüppelförmigen Habitus zeigen. Allerdings gibt es auch Baumgrenzen, die wie mit dem Messer gezogen aussehen, da der Wald schlagartig aufhört und die Randbäume sich noch gegenseitig etwas schützen (Waldgrenze). Es hängt im Einzelfall von dem begrenzenden Umweltfaktor ab, wie der Rand realisiert ist. An diesen Grenzen baumförmigen Wachstums spielen genetische Faktoren eine wichtige Rolle, wie z. B. das
Anpassungspotenzial. Es gibt Kälte-, Trockenheits-/Wärme-, Wind-, Nässe-, Feinbodenmangelgrenzen sowie bodenchemische und Bodenbewegungs-Waldgrenzen.
Baumgrenze in ca. 1900 m Höhe im Karwendelgebirge
Vom Volumen her sind Riesenmammutbäume in Kalifornien mit z. T. über 1500 m3 Holz die größten Bäume der Erde. Maximale Höhen von über 100 m erreichen Küstenmammutbaum und Douglasien im Westen Nordamerikas und Eukalyptus- Bäume in Australien. Die Höhe von Bäumen wird von mechanischen Problemen begrenzt. Ein Wassertransport wäre theoretisch bis in Höhen von 130 m möglich, aber die biomechanischen Grenzen des Baumes lassen diese Höhen nicht dauerhaft zu. Die Nennung des höchsten Baumes der Erde stößt auf Schwierigkeiten, da solche Baumriesen immer wieder ein Stück zurück sterben bzw. ihre Kronenspitze durch Abbrechen verlieren und dann wieder einige Jahre an Höhe zuwachsen, sich die aktuelle Höhe also jährlich ändert. Oder sie stürzen um. Die größten jemals gemessenen Höhen waren um die 130 m, was aber wohl aktuell nirgends von lebenden Bäumen erreicht wird.
Baumriesen: Riesenmammutbäume (Foto: Ulrich Pietzarka)
Bei den Bedecktsamern (Angiospermen) sind die Samenanlagen in einen Fruchtknoten eingeschlossen und daher nicht frei zugänglich bzw. sichtbar. Der Fruchtknoten besteht aus einem oder mehreren Fruchtblättern, die in ursprünglichen Blüten (z. B. Magnolie) getrennt bleiben oder bei anderen zu einer Einheit verwachsen sind. Entscheidend für Bedecktsamigkeit ist, dass die Samenanlagen durch den vom einzelnen Fruchtblatt oder verwachsenen Fruchtknoten gebildeten Hohlraum von der Außenwelt abgeschirmt sind. Die meisten Laubbäume sind Bedecktsamer (nicht jedoch z. B. Gingko).
Bedecktsamer (Angiospermen): Fruchtknoten der Walnuss zum Blütezeitpunkt im April (Bildmitte)