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Inhaltsverzeichnis

Widmung
Vorwort
Erster Teil - Die Banalität des Verbrechens
I. Die Mafiafürsten
II. Die Immunschwäche der Demokratie
III. Das organisierte Verbrechen als höchstes Stadium des Kapitalismus
IV. Was ist organisierte Kriminalität?
V. Töten, um zu herrschen
VI. Das Gesetz des Clans
VII. Raubtiere
Zweiter Teil - Die Wölfe der östlichen Steppen
I. Der Meister
II. Der Tod in Paris
III. Das Blutgeld
IV. Anomie
V. Das organisierte Verbrechen privatisiert den Staat
VI. Der Bruderkrieg
VII. Menschenhandel
VIII. Waisenkinder als Tresorknacker
IX. Der vergebliche Kampf des Josef Oleksy
Dritter Teil - Die Rote Armee – Wiege der Mörder
I. Pascha Mercedes
II. Tschernobyl frei Haus
III. Heroin aus Zentralasien und Wladiwostok
Vierter Teil - Der Hochwürdige Herr und seine »Schwarzen Einheiten«
I. Der Banken-Banditismus
II. Der unaufhaltsame Aufstieg des Agha Hasan Abedi
III. Ein Messias für die Dritte Welt
IV. Die Organisation des Imperiums
V. Straflosigkeit
VI. Eine heiße Nacht in Tampa
VII. Wir schließen
VIII. Agha Sahibs Tod
Fünfter Teil - Der Feldzug der Freiheit
I. Der Schatten des Polizeistaats
II. Die Ohnmacht der Richter
III. Die Ohnmacht der Fahnder
IV. Das Internet vereint die Welt
V. Der große elektronische Lauschangriff
VI. Der verdeckte Ermittler – ein moderner Held
VII. Die Mauer des Schweigens
VIII. Die Anwälte
IX. Die Hydra
Anmerkungen
Vorwort
Teil I: Die Banalität des Verbrechens
Teil II: Die Wölfe der östlichen Steppen
Teil III: Die Rote Armee – Wiege der Mörder
Teil IV: Der Hochwürdige Herr und seine »Schwarzen Einheiten«
Teil V: Der Feldzug der Freiheit
Danksagung
Copyright

Danksagung

Dieses Buch ist das Resultat einer vierjährigen Forschung, die ich in Zusammenarbeit mit Uwe Mühlhoff, einem jungen deutschen Juristen, organisiert und durchgeführt habe. Ich verdanke Uwe Mühlhoff wesentliche theoretische Anregungen und wichtige bibliographische und dokumentarische Hinweise sowie außerordentlich nützliche Kontakte vor allem in Deutschland.

Meine Diskussionen mit UNO-Experten in Genf, Wien und Islamabad haben mir den Zugang zu unveröffentlichten Feldforschungsberichten ermöglicht.

In Italien konnte ich auf die kompetente Mitarbeit von Carlo Carbone und Marco Maglioli zählen. Juan Gasparini hat mir iberische und lateinamerikanische Quellen erschlossen. Wichtige Dokumente erhielt ich von Hans See und dem Business Crime Control Center. Naïla Zegednize assistierte mir bei der Grundlagenforschung für die beiden Kapitel, die den russischen Verbrecherkartellen gewidmet sind.

Raoul Ouedraogo, mein Assistent an der Universität, hat per Internet bedeutsame Dokumente aufgespürt und mir zugänglich gemacht. Der Völkerbundpalast in Genf beherbergt die wichtigste und größte sozialwissenschaftliche Bibliothek (zusammen mit einem internationalen Dokumentationszentrum) Europas. Die Bibliotheksverantwortlichen haben mir unumgängliche bibliographische Orientierungshilfe geleistet und im interkontinentalen Bibliotheksverkehr nützliche Dokumente verschafft.

In verschiedenen Ländern Europas haben meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (insbesondere Uwe Mühlhoff) und ich aufschlußreiche Gespräche mit Staatsanwälten, Richtern, Kriminalbeamten, Strafrechtsprofessoren und Verantwortlichen von Geheimdiensten geführt. Besonders wertvoll waren die Gespräche mit den Mitarbeitern der Abteilung für organisierte Kriminalität (und zum Teil für Wirtschaftskriminalität) im Nordrhein-Westfälischen Landeskriminalamt, der Abteilung für Organisierte Kriminalität in den Landeskriminalämtern Brandenburgs, Hamburgs, Hessens, Nordrhein-Westfalens, der Kriminalpolizei in Frankfurt am Main, Münster und Köln sowie den Staatsanwaltschaften Dortmund, Frankfurt an der Oder und Leipzig.

Die Gesprächspartner werden namentlich erwähnt, wenn sie das ausdrücklich erlauben. Eine Mehrzahl verlangt aus verständlichen Gründen die Anonymität. Alle haben uns mit großer Offenheit, menschlicher Großzügigkeit und hoher beruflicher Kompetenz an ihrem Wissen und ihren Sorgen teilhaben lassen.

Mein Kollege Christian-Nils Robert, Strafrechtsprofessor an der Universität Genf, hat das Manuskript geprüft und mir wesentliche kritische Hinweise gegeben. Wichtige Anregungen gab mir auch Nationalrat Ernst Mühlemann.

Für Schreib-, Organisationsarbeiten und Korrekturen danke ich Catherine Lorenz, Arlette Sallin, Ursula von Abaffy und Irmgard Perkounigg.

Erica Deuber-Pauli und Richard Labeviere sind mir während der ganzen langen Arbeit hilfreich zur Seite gestanden. Sabine Ibach und die Agentur Mohrbooks haben unser Projekt von Anfang an tatkräftig unterstützt. Besonders verpflichtet bin ich Karl Heinz Bittel. Ohne seinen klugen Rat und seine vielfältige Hilfe wäre dieses Buch nicht entstanden.

Allen genannten sowie den nicht namentlich erwähnten Personen schulde ich Dank.

 

Genf, im Januar 1998

Jean Ziegler

Anmerkungen

Vorwort

1

Sie werden in diesem Buch, sofern wir ihre Aussagen zitieren, erwähnt, falls sie uns dazu befugt haben.

2

»Vor v zakone«: offizielle Anrede der russischen Paten, die im Verbrechermilieu als Schiedsmänner gelten; »Buyuk-Baba«, wörtlich »Großvater«: ranghöchste Führer der türkischen Kartelle des organisierten Verbrechens.

3

Time Magazine, New York, 29.7.1991

Teil I: Die Banalität des Verbrechens

1

Saint-Just, Louis Antoine de: Fragments d’institutions républicaines, Paris 1988

2

Werthebach, Eckhart, und Bernadette Droste-Lehnen: Organisierte Kriminalität, in: Zeitschrift für Rechtspolitik, Nr. 2, 1994

3

Der Senat hob Andreottis Immunität am 27.3.1993 auf. Der Prozeß von Palermo begann am 26.9.1996. Er ist immer noch im Gang und führte in ganz Europa zu heftigen Debatten. Ich zitiere stellvertretend zwei der vielen erschienenen Publikationen: Macaluso, Emanuele: Giulio Andreotti tra Stato e mafia, Messina 1996; Macaluso, selbst Überlebender verschiedener Attentate der Mafia, ist Gewerkschafter und kommunistischer Senator. Andreotti selbst hat über den bisherigen Prozeßverlauf ein Tagebuch geführt: Andreotti, Giulio: Cosa loro, mai visti da vicino, Mailand 1995, in dem er sämtliche Anklagepunkte verwirft.

4

Vgl. Revault d’Allonnes, Myriam: Ce que l’homme fait ä l’homme, Paris 1995, S. 164f.

5

Kant, Immanuel: Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, in: Die Metaphysik der Sitten. Hrsg. v. W. Weischedel, Frankfurt a. M. 1977, S. 754 (Werkausgabe Bd. VIII)

6

Kant, Immanuel, a.a.O.

7

Revault d’Allonnes, op. cit.

8

Julliard, Jacques, in: Le Nouvel Observateur, 9. 10. 1996

9

»Hochwürdiger Herr« war die Bezeichnung von Agha Hasan Abedi. Vgl. dazu Kapitel 4

10

Zahlenangaben des UNDP

11

Das UNDP benutzt als Kalkulationsmethode der »menschlichen Entwicklung« zusätzlich zu den gängigen statistischen Indizien (Kaufkraft etc.) eine Kombination von qualitativen Indikatoren: Lebenserwartung, medizinische Versorgung, Zugang zu Schulen, Reinheit des Trinkwassers, Grad der täglichen Nahrungsaufnahme, Situation der Menschenrechte etc.

12

Ein Beispiel: Der Markt des Euro-Dollar ist von 80 Milliarden Dollar 1973 auf mehr als 4000 Milliarden im Jahr 1997 angestiegen.

13

24 junge Traders der Deutschen Bank verdienen mehr als der Präsident der Bank. Dabei übersteigt schon das Einkommen des Bankpräsidenten zwei Millionen DM. Vgl. Der Spiegel, Nr.41, 1996

14

Horkheimer, Max: Die Sehnsucht nach dem ganz Anderen, Hamburg 1970

15

Touraine, Alain, im Gespräch mit dem Autor

16

Facts, Zürich, Nr. 28, 1996. Die Bilanz, Zürich, August 1996

17

Vgl. die Interpretation von: Der Prophet Daniel, 2,40–2,43 (Altes Testament) bei Jean-Marie Guehenno: La Fin de la Democratie, Paris 1993

18

Debray, Regis, und Jean Ziegler: Il s’agit de ne pas se rendre, Paris 1994

19

Vgl. Hobsbawm, John: Histoire economique et sociale de la Grand-Bretagne. Bd. I und II, Paris 1977

20

Kriminaloberrat Schwerdtfeger, vormals Leiter der Abteilung »Organisierte Kriminalität« des Landeskriminalamts von Nordrhein – Westfalen, in einem Gespräch mit Uwe Mühlhoff. Schwerdtfeger ist derzeit Mitarbeiter des Düsseldorfer Polizeipräsidiums.

21

Schweizerischer Nationalfonds für wissenschaftliche Forschung, vgl. Forschungsprogramm (Leiter Marc Pieth): Alltägliche Gewalt und organisiertes Verbrechen, Bern 1995, S.6 6

22

Konferenz der Vereinten Nationen über: Das organisierte Verbrechen und der Drogenhandel, Neapel, 21. – 23. II. 1994

23

Für die Soziogenese der Mafia bedanke ich mich bei meinen Kollegen Carlo Carbone und Luigi Gallo von der Universität Cosenza. Ihr Studienzirkel und das ihm nahestehende Vertagshaus Rubbettino publizierten einige der wichtigsten Bücher zu diesem Thema. Vgl. z. B.: Duggan, Christopher: La mafia durante il fascismo, 1986; Schneider, Jane und Peter: Classi sociali, economia e politica in Sicilia (Vorwort: Pino Arlacchi), 1989; Centorrino, Mario: Economia assistita da mafia, 1995; Santino, Umberto: La mafia interpretata, dilemmi, stereotipi, paradigmi, 1995; Siebert, Renate: La mafia, la morte e il ricordo, 1995

24

Stille, Alexander: Excellent cadavers. The mafia and the death of the first Italian Republic, New York 1995

25

Stille, op. cit.

26

Krim-Dok, CD-Rom, hrsg. von der Fachhochschule für Polizei, Villingen-Schwenningen

27

Putnam, Robert: Making Democracy Work. Civic traditions in modern Italy, Princeton 1993

28

Die Polizisten der SRPJ (Regionalabteilung der Kriminalpolizei) von Lyon halten sie nicht für Kriminelle, sondern für »zufällige Opfer«.

29

In einem Gespräch mit Uwe Mühlhoff

30

Hassemer, Winfried: Innere Sicherheit und Rechtsstaat, in: Der Strafverteidiger, Nr. 12, 1993

31

In Deutschland setzt sich insbesondere die Institution Business Crime Control (BCC), mit Sitz in Mainthal, intensiv mit der begrifflichen und empirischen Erfassung von Wirtschafts- und organisierter Kriminalität auseinander; zusätzlich zur regelmäßig erscheinenden Zeitschrift Business Crime vgl. auch: See, Hans, und Dicter Schenk (Hrsg.): Wirtschaftsverbrechen. Der innere Feind der Marktwirtschaft, Köln 1992

32

Brehier, Louis: Vic et mort de Byzance, Paris 1946, Neuausgabe 1969

33

Lammich, Siegfried: Berliner Anwaltsblatt, 1997, S. 476 (482).

34

Toto Riina wurde am 26.9.1997 in Cälamisetta zu lebenslanger Haft verurteilt; Giovanni Brusca, der mit der Justiz kooperierte, erhielt 26 Jahre Haft.

35

The News, Islamabad, 17.2.1995 und The Dawn, Islamabad, 18.12.1995. Den ehrenvollen Beinamen »Hadji« trägt jeder Muslim, der nach Mekka gepilgert ist; »Sahib« bezeichnet den obersten Führer der Pathanen.

36

Erklärung des Innenministers in: Friday Times, Karatchi, 4. 1.1996

37

Morstein, Manfred: Der Pate des Terrors. Die mörderische Verbindung von Terrorismus, Rauschgift und Waffenhandel, München 1989.

38

Eine Sammlung ritueller Tätowierungen tschetschenischen Ursprungs ist in Jürgen Roths Buch: Die Russen-Mafia, Hamburg 1996, S. 296f., abgebildet.

39

Reichmann, Hannes: Das Netzwerk der Wiener Paten, in: Revue Wirtschaftswoche, Wien, Nr. 18, 18.11.1995

40

Rund zehn Millionen Angehörige ethnischer Minderheiten leben in der Russischen Föderation. Die russische Sprache besitzt einen überaus reichen Schatz an Schimpfworten für sie: »Schorni«, »Schwarzarsch« gilt für Kaukasier; »Gortsy«, »Wilder aus den Bergen« ebenfalls; mit »Tschurka« (»Holzkopf«) werden sämtliche Nichtrussen betitelt.

41

Bourdieu, Pierre, in: Alternatives algériennes. Dezember 1995, S. 3

42

Mössinger, Pierre: Irrationalité individuelle et ordre social, Genf und Paris 1996

43

Vgl. dazu Kapitel 5, S. 250ff.

44

Ganci, Calogero, in: La Repubblica, 6.8.1996

45

Satters Untersuchung ist übersetzt unter dem Titel: Freipaß für Mord an Medienschaffenden, in: Die Weltwoche, Zürich, 7. 3. 1996, erschienen.

46

Für die detaillierte Schilderung des Mordes an Birikow siehe Die Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 26. 2. 1997

47

Aus Kalabrien gebürtig ist Arlacchi Senator der Demokratischen Linken, Professor für Soziologie an der Universität von Florenz und Autor weltberühmter wissenschaftlicher Werke über das organisierte Verbrechen. Im Sommer 1997 wurde er vom Generalsekretär der UNO, Kofi Annan, zum stellvertretenden Generalsekretär für die Bekämpfung des organisierten Verbrechens, des internationalen Terrorismus und des Menschenhandels mit Sitz in Wien ernannt.

Teil II: Die Wölfe der östlichen Steppen

1

Alain Lallemand: Organizatsiye, La mafia russe ä l’assaut de l’Europe, Paris, 1996; auch Roth, Jürgen: Die Russen-Mafia, Hamburg 1996

2

Dieser oberste Rat heißt »Schkod«.

3

Elliot, Dorinda, und Melinda Liu: The Russian mafia goes global, Sonderbericht, veröffentlicht in Newsweek am 2.10.1995

4

Handelmann, Steve: Comrade Criminal, New Haven 1995

5

Lesnik, Renata, und Hélène Blanc, L’empire de touts les mafias, Editions Presse de la Cité, Paris 1996, S. 85

6

Le Monde, Paris, 16.8.1997

7

Die Rolle des belgischen Finanziers in dieser Affäre konnte dagegen nie geklärt werden.

8

Abkürzung für: Traitement des renseignements et action contre les circuits financiers clandestins; etwa: Informationserfassung und Maßnahmen gegen illegale Geldkreisläufe

9

Vgl. »Lagebericht Ostgelder«, Bundesamt für Justiz und Polizei, Bern 1995. Ein neuer Bericht erschien im Dezember 1997.

10

Durkheim entwickelt diesen Begriff vor allem in zwei seiner Werke: Die soziale Arbeitsteilung. Frankfurt a. M. 1988, und: Der Selbstmord, Frankfurt a. M. 1983

11

Aus einem Gespräch mit dem Autor

12

Arlacchi, Pino: Ethique mafieuse et l’esprit du capitalisme. Grenoble 1989; vom selben Autor: Mafia von innen. Das Leben des Don Antonio Calderone, Frankfurt a. M. 1993; Addio Cosa Nostra, Mailand 1994

13

Rumjanzewa, Marina: Der neue russische Traum, in: Die Weltwoche, Zürich, 16.11.1995

14

Berelowitsch, Alexis, und Michel Wieviorka: Les Russes d’enbas, enquete sur la Russie post-communiste, Paris 1996

15

Vgl. Time Magazine, New York, 11.8.1997

16

Den Alptraum westeuropäischer Fahnder bildet die Vorstellung, russische Verhältnisse könnten auch bei uns Wirklichkeit werden. Dr. S. Lammich ist Referent am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg i. B. Er gibt folgende Zahlen: »Von den Experten des russischen Innenministeriums wird geschätzt, daß sich etwa 85 Prozent der nichtstaatlichen Wirtschaftsunternehmen in Rußland unter der Kontrolle organisierter krimineller Gruppen befindet. Nach Erkenntnissen der Hauptabteilung für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität des russischen Innenministeriums wurde Anfang 1995 von organisierten kriminellen Gruppen die Kontrolle über insgesamt 41 000 Wirtschaftsunternehmen, darunter über 1500 staatliche Unternehmen, 4000 Aktiengesellschaften, 500 andere Gesellschaften und über 550 – d. h. mehr als einem Viertel aller in Rußland tätigen – Banken ausgeübt.« S. Lammich, in: Berliner Anwaltsblatt, Heft 10, 1997, S. 476

17

Erklärung Fedotovs in: Facts, Zürich, Nr. 50, 1995

18

Le Monde, Paris, 19.3.1997

19

Tkatch, Roman, in: Russkaja Mysl (Das russische Denken), erschienen in Paris, Nr. vom 9.11.1995

20

Ernst Mühlemann im Gespräch mit dem Autor

21

Seit 1997 steht sie an erster Stelle. Vgl. Newsweek, 1.9.1997

22

Andere Autoren gehen hier weiter. Renata Lesnik und Hélène Blanc beispielsweise halten die Netze des KGB für die wahren Herrscher über die Politik der Föderation und die organisierte Kriminalität. Vgl. Lesnik, Renata, und Hélène Blanc: L’empire de toutes les Mafias, Paris 1996, S. 17ff.

23

Haumann, Heiko: Geschichte Rußlands, München 1996, S. 643 ff.

24

Ausgenommen der Gulag, in dem die Kapos häufig unter den Kriminellen rekrutiert wurden.

25

Vgl. dazu insbesondere die Untersuchung des Bundeskriminalamts Wiesbaden: Osteuropäische organisierte Kriminalität, Stand Oktober 1995; mit einer allgemeinen Einführung über den sozialen Ursprung dieser Banden.

26

Die Aussagen der Moskauer Polizeibehörden in: Newsweek, New York, 1.9.1997

27

Agenturmeldung, veröffentlicht in: Der Tagesanzeiger, Zürich, 3.11.1995

28

Le Matin, Lausanne, 27.8.1997

29

Für die Logistik der Verbrecherkartelle siehe insbesondere: Sieber, Ulrich, und Marion Bögel: Logistik der Organisierten Kriminalität. Pilotstudie, Wiesbaden 1993 (BKA-Forschungsreihe, Band 28)

30

Der Spiegel, Nr. 30, 1996

31

Vgl. die Reportage von Isabelle Lesniak in: Liberation, Paris, 14. 7. 1996

32

Tribune de Geneve, Genf, 23.2.1994

33

Association pour la prévention de la torture: Les mauvais traitements et les conditions de détention en Roumanie. Genf, April 1996

34

Chatelot, Christophe: La détresse des sans-famille roumains, in: Le Monde, Paris, 7.2.1996

35

Betreffend die Soziogenese der polnischen Verbrecherkartelle siehe Jan Grajewski, Richter am Obersten Gerichtshof und Strafrechtsprofessor in Warschau: Die Organisierte Kriminalität in Polen und ihre Verbindungen in Osteuropa, in: Europa im Griff der Mafia? Dokumentation des Symposiums der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, Stuttgart, Oktober 1993

36

Siehe dazu insbesondere die Analyse des Journalisten Pjotr Dobrowolski in der Sonntags-Zeitung, Zürich, 28. 5. 1995

37

Die »Kommission Oleksy« hält die Familiennamen der Opfer geheim.

Teil III: Die Rote Armee – Wiege der Mörder

1

Freeh, Louis in: Newsweek, New York, 17.6.996

2

Lebed wiederum stürzt im Oktober 1996.

3

Le Monde, Paris, 20.6.1996

4

Zur Biographie Rodionovs siehe Der Spiegel, Hamburg, Nr. 30, 1996

5

Der Spiegel, Hamburg, 25.8.1997

6

Westdeutsche Zeitung, 3. 1. 1998

7

Attali, Jacques: Economie de l’Apocalypse, Paris 1995

8

In dieser Zahl sind nur polizeiliche Ermittlungen verfaßt, die zu einer Anklageerhebung führten.

9

Die Welt, 13. 12. 1997

10

Barry, John: Russia’s Nuclear Secrets – inside a Closed Atomic City, in: Newsweek, New York, 2.5.1996

11

Reston, James: Deadline, A memoir, Neun York 1992, S. 467

12

Curtis, Charles B., in: International Herald Tribune, 1.3.1996

13

Lebed, Alexander, in: Le Monde, Paris, 6.9.1997; Die Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 6./7.9.1997

14

Die Bilanz, Zürich, Nr. 9, 1994

15

In der Schweizer Presse erscheinen in regelmäßigen Abständen Artikel über die besondere Rolle des Kantons Zug. Vgl. etwa den Artikel von Pirmin Bosshart: »Hat sich die Ost-Mafia in Zug cingenistet?« in: Der Tagesanzeiger, Zürich, 6. 10. 1995

16

Die Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 2.7.1997

17

Siehe auch das Interview von Hans Christian Poulsen, Delegierter des PNUCID, in: Le Nouveau Quotidien, Lausanne, 30.6.1997

18

Die Welt, 20.12.1997

19

Die Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 13.6.1997

20

1995 entschlossen sich die Strafverfolgungsbehörden der Region zu einem ungewöhnlichen Schritt: Um die Aufmerksamkeit der russischen (und internationalen) Öffentlichkeit auf die Situation vor Ort zu lenken, luden sie Journalisten nach Wladiwostok ein. Darunter befanden sich auch zwei Reporter westlicher Zeitungen: Didier François und Isabelle Lasserre; vgl. Liberation vom 8.11.1995 und Journal de Genève vom 8.11.1995

Teil IV: Der Hochwürdige Herr und seine »Schwarzen Einheiten«

1

New York Times, New York, 7.8.1995

2

Vgl. Truell, Peter, und Larry Gurwin: BCCI – The inside story of the worlds most corrupt financial empire, London 1992; Adams, James Ring, und Douglas Frantz: A full service bank, New York 1992

3

Truell, Peter, und Larry Gurwin: BCCI, op. cit., S. 249

4

Bloy, Leon: Le sang du pauvre, 1909

5

Gaubar, Humayan: The fall guy – Agha Hasan Abedi, in: Politics and business, Karatschi, 22.8.1995

6

Ebd.

7

Besonderen Dank schulde ich in diesem Zusammenhang den Angestellten der Library of Congress in Washington für ihre beständige Hilfe. Vier Berichte (und Zeugenanhörungen) waren besonders aufschlußreich für mich:

– The BCCI Affair. Hearings before the Subcommittee on Terrorism, Narcotics, and International Operations of the Committee on Foreign Relations. U. S. Senate, 102nd Congress, first and second sessions. Part 1 (August 1, 2, 8, 1991), Part 2 (October 18, 22, 1991), Part 3 (October 23, 24, 25, November 21, 1991), Part 4 (February 19, March 18, 1992), Part 5 (may 14, 1992), Part 6 (July 30, 1992);

– The BCCI Affair: A Report to the Senate Committee on Foreign Relations from Senator John Kerry, Chairman, and from Senator Hank Brown, Ranking Member, Subcommittee on Terrorism, Narcotics, and International Operations, at the Conclusion of an Investigation of Matters Pertaining to the Bank of Credit and Commerce International. 102nd Congress, second session, September 30, 1992;

– Bank of Credit and Commerce International (BCCI) Investigation. Hearings before the Committee of Banking, Finance and Urban Affairs, U. S. House of Representatives, 102nd Congress, first session, Part 1 (September 11, 1991), Part 2 (September 13, 1991) and Part 3 (September 27, 1991);

– The Bank of Credit and Commerce International Hearing before the Subcommittee on Consumer and Regulatory Affairs of the Committee on Banking, Housing and Urban Affairs, U.S. Senate, 102nd Congress, first session, May 23, 1991; Auch das englische Parlament führte eine Untersuchung durch:

– Banking Supervision and BCCI: International and National Regulations. The Treasury and Civil Service Committee Reports of the House of Commons, 1991 and 1992;

– Bezüglich der Untersuchungen der Bank von England und der öffentlichen Auseinandersetzung, die die späte Reaktion ihres Gouverneurs im Parlament von Westminster und in der öffentlichen Meinung ausgelöst hat, gilt mein besonderer Dank den Bibliothekaren und Verantwortlichen der Bibliothek der UNO im Palais des Nations in Genf. Der Abschlußbericht der Bank of England wurde in wesentlichen Teilen, mit Kommentaren versehen, von der Financial Times, London, vom 23. 10. 1992 abgedruckt.

8

Die Sozialistische Internationale erfuhr erst viel später von seiner psychiatrischen Vergangenheit.

9

Vargas Llosa, Mario: Der Fisch im Wasser. Erinnerungen, Frankfurt a. M. 1997; sowie mein Gespräch mit dem Autor im Oktober 1996 in Frankfurt

10

Priest, Dana: US worried about foreign Islamic fighters, in: The Washington Post; der Artikel wurde übernommen von The News International, Karatschi, vom 2. 12. 1995

11

Truell, Peter, und Larry Gurwin, op. cit., S. 249

12

Adams, James Ring, und Douglas Frantz: A full service bank. How BCCI stole billions around the world, New York 1992, S. 236

13

Ich schulde von Raab auch persönlichen Dank: Er unterstützte mich in dem Prozeß vor dem Pariser Appellationsgericht, den Hans W Kopp 1990 anläßlich der Veröffentlichung meines Buches »Die Schweiz wäscht weißer« gegen mich angestrengt hatte.

14

Auchlin, Pascal, in: L’Hebdo, 13. 8. 1993

15

Die Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 5./6. 4. 1997

16

Der Bericht über die Pressekonferenz ist nachzulesen bei Peter Truell und Larry Gurwin, op. cit.

17

Reston, James: Deadline. A memoir, op. cit., S. 184

Teil V: Der Feldzug der Freiheit

1

Gerhart Baum, Gespräch mit dem Autor

2

Hassemer, Winfried: op. cit., S.664–665

3

Lisken, Hans: Sicherheit durch Kriminalitätsbekämpfung?, in: Zeitschrift für Rechtspolitik, Frankfurt a. M., Nr. 2, 1994, S. 51ff.

4

Fätkinhäuer, Hans Jürgen: Organisierte Kriminalitäts-Bekämpfung und Rechtshilfe, Gedanken und Anmerkungen eines frustrierten Strafverfolgers, in: Zeitschrift für Kriminalistik, Nr. 5, 1994, S. 307ff.

5

Gasparini, Juan: Roldan-Paesa, la connexion suiza, Madrid 1997; vgl. auch: La Tribune de Geneve, Genf, 17. 7. 1997

6

Urteil des Bundesgerichtes Nr. 262/1997, veröffentlicht am 27. 7. 1997

7

Robert, Denis (Hrsg.): La justice ou le chaos. (Sammelband mit Zeugnissen von Justizbeamten). Paris 1996

8

Bernard Bertossa im Gespräch mit Frederic Montanya, in: Le Courrier, Genf, 6. 3. 1997

9

Erklärung von Louis Freeh in: La Repubblica, Rom, 2. 8. 1996

10

Storbeck, Jürgen: Europol, Probleme und Lösungen, in: Zeitschrift Kriminalistik, Nr. 1, 1996

11

Siehe auch Krüger, Ralf: Innere Sicherheit in Europa, Schengen und Maastricht, Stationen der Polizei auf dem Weg nach Europa, in: Zeitschrift Kriminalistik, Nr. 12, 1994, S. 773 (R. K. war vormals Präsident des LKA Baden-Württemberg.)

12

Für Informationen, die Nutzung des Internet durch das organisierte Verbrechen betreffend, bedanke ich mich bei meinen Kollegen von der Universität Genf, den Internetspezialisten Jean Rossiaud, Muse Tegegne und Raoul Ouedraogo.

13

Kahn, Annie: Internet dans l’œil des policiers du monde entier, in: Le Monde, 1. 8. 1996

14

Zu den Diskussionen im Frühjahr 1996 im amerikanischen Senat siehe Steven Levy: Computers, Scared bitless, in: Newsweek, 10. 6. 1996; vgl. auch das Urteil des Obersten Gerichtshofes der USA vom 26. 6. 1997 (betreffend den Decency-Act)

15

Zitiert in: Freiberg, Konrad, Berndt Georg Thamm und Wolfgang Sielaff: Das Mafia-Syndrom. Organisierte Kriminalität, Geschichte, Verbrechen, Bekämpfung. Verlag Deutsche Polizeiliteratur 1992, S. 235

16

Ostendorf, Heribert: Organisierte Kriminalität. Eine Herausforderung für die Justiz. Verlag Deutsche Polizeiliteratur 1991, S. 68 ff.

17

Pfeiffer, Christian: Kriminalitätskontrolle, Wege aus der Sackgasse, in: Der Kriminalist, Nr. 1, 1994, S. 15ff.

18

Kriminaloberrat Schwerdtfeger im Gespräch mit Uwe Mühlhoff

19

Zur Biographie Jack Blums siehe Truell, Peter, und Larry Gurwin, op. cit., S. 237ff.

20

Beckstein, Günther, zit. in: Der Spiegel, Hamburg, Nr. 30, 1996

21

Süddeutsche Zeitung, München, 17.9. 1997

22

Ebd.

23

Für die Argumente der beiden Seiten siehe: Il 513 diventa legge tra la polemiche, in: La Repubblica, Rom, 1. 8. 1997

24

Im April 1997 kündigt die Regierung in Rom an, daß sie Asinara und Pianosa in naher Zukunft schließen und die Insassen in neue Strafanstalten überführen werde. Staatsanwälte und Richter protestieren. Die Regierung will aus ökonomischen Gründen die beiden Inseln dem Tourismus zugänglich machen.

25

Macaluso, Emanuele, und Giulio Andreotti: Tra stato et mafia, op. cit., besonders das Kapitel I pentiti, S. 157ff.

26

Arlacchi, Pino: Mafia von innen. Das Leben des Don Antonio Calderone, Frankfurt a. M. 1993

27

Die Presse spielt eine entscheidende Rolle in der Affäre SASEA. Insbesondere Jean-Noël Cuénod, der mutige Gerichtsreporter der Tribune de Genève, zwang die Schweizer (und französische) Justiz durch seine Analysen, die Untersuchungen bis zum Ende zu führen.

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Werthebach, Eckhart, zusammen mit Bernadette Droste-Lehnen: Organisierte Kriminalität, in: Zeitschrift für Rechtspolitik, Nur. 2, 1994

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Jullien, Frangois: Fonder la morale. Paris 1995

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Bertolt Brecht, Mutter Courage und ihre Kinder, 1939

I. Die Mafiafürsten

Von Louis-Antoine de Saint-Just stammt der Satz: »Zwischen dem Volk und seinen Feinden gibt es nichts Gemeinsames ... nichts als das Schwert.«1

In den demokratischen Gesellschaften des Westens ist das Schwert stumpf geworden. Das organisierte Verbrechen ist mit Riesenschritten auf dem Vormarsch. Sein Sieg über die Völker steht unmittelbar bevor.

Eckhart Werthebach, Ex-Präsident des deutschen Bundesamtes für Verfassungsschutz, schreibt: »Die Gefahr für den Rechtsstaat liegt nicht in der kriminellen Handlung als solcher, sondern in der Möglichkeit, durch Kapital Einfluß auf gesellschaftliche Entscheidungs- und Entwicklungsprozesse zu nehmen, die sich einer demokratischen Kontrolle weitestgehend entziehen. Die vordergründigste Einflußnahme ist die Korrumpierung von Politikern oder anderer Entscheidungsträger in gesellschaftlich relevanten Positionen ... Durch ihre gigantische Finanzmacht gewinnt die organisierte Kriminalität heimlich zunehmend an Einfluß auf unser Wirtschaftsleben, die Gesellschaftsordnung und in Folge auf die öffentliche Verwaltung, die Justiz wie auf die Politik und kann schließlich deren Normen und Werte bestimmen.«2

Clark Clifford, ehemaliger Verteidigungsminister der Vereinigten Staaten, als Mitarbeiter einer multinationalen Großbank, die auf kriminelle Geldwäsche und internationalen Waffenhandel spezialisiert ist; Giulio Andreotti, siebenmal italienischer Premierminister, vierzehnmal Minister, der vom Staatsanwalt von Palermo der Zugehörigkeit zur Cosa Nostra beschuldigt wird;3 Ernesto Samper, amtierender Präsident Kolumbiens, dem ein Einreisevisum in die Vereinigten Staaten verweigert wird aufgrund der Anschuldigung, er sei Agent der Drogenkartelle – das sind beunruhigende Fakten.

Es wäre jedoch ein Fehler, in der transkontinentalen Kriminalität nur die Symptome einer sozialen Pathologie zu sehen, Manifestationen von abweichendem Verhalten und Perversionen, die jede zivilisierte Gesellschaft in ihrem Kern in sich birgt. Hier geht es um etwas anderes und um mehr.

 

Woher kommt der Staat? Worauf gründet seine Macht? Was erfüllt eine Demokratie mit Leben? Was macht aus einer Ansammlung isolierter Individuen eine strukturierte, zivilisierte Gesellschaft, die den zentrifugalen Kräften Paroli zu bieten vermag?

Immanuel Kant gibt eine Antwort: Der Staat ist eine »Gemeinschaft unreiner Einzelwillen vereint unter einer gemeinsamen Regel«.4 Unter unreinem Einzelwillen versteht er, daß jedem Menschen die schlimmsten Leidenschaften innewohnen, zerstörerische Kräfte, Eifersucht, Machttrieb. Aber in seltenen Momenten der Klarsicht verzichte der Mensch auf einen Teil seiner nicht limitierten, zerstörerischen Freiheit zugunsten des allgemeinen Willens und des öffentlichen Wohls. Mit seinen Mitmenschen begründet er die »gemeinsame Regel«: den Staat, das Gesetz. Diese Schöpfung steht unter dem Zeichen vollkommener Freiheit. Kant: »Weh aber dem Gesetzgeber, der eine auf ethische Zwecke gerichtete Verfassung durch Zwang bewirken wollte! Denn er würde dadurch nicht allein gerade das Gegenteil der ethischen bewirken, sondern auch seine politische untergraben und unsicher machen.«5

Immanuel Kant glaubte an die Perfektibilität des Menschengeschlechts. Doch er wußte besser als jeder andere um die extreme Anfälligkeit der allgemeinen Norm, des sozialen Netzes, das von unreinen Einzelwillen gewebt wird, um den Abgrund, der unablässig auch die scheinbar unumstößlichsten Institutionen bedroht.

 

Das Beunruhigende an der grenzüberschreitenden Kriminalität in Europa ist nicht in erster Linie, daß sie die Institutionen, das Gesetz, den Staat angreift. Wäre es nichts weiter als das, würde eine Verstärkung der repressiven Maßnahmen der demokratischen Gesellschaft, ihrer Gerichte, ihrer Gesetze, ihrer Polizei genügen, um sie zu bezwingen.

Die tödliche Bedrohung durch das organisierte Verbrechen liegt woanders. Durch die Verlockungen eines schnellen Gewinns, endemische Korruption, körperliche Bedrohung und Erpressung schwächt es den unreinen Einzelwillen der Bürger. Der Rest folgt zwangsläufig: Eine Gesellschaft, die sich nicht mehr aus eigenem Antrieb bewegt und deren Institutionen nicht mehr dem freien Willen der Individuen gehorchen, ist zum Untergang verurteilt. Kein Staat, kein Gesetz, keine repressive Macht, wie entschlossen und unerbittlich sie auch vorgehen mögen, kann sie noch schützen. Woraus beziehen die Kartelle des organisierten Verbrechens ihre beeindruckende Effizienz? Die Antwort darauf ist komplex: Die Kartelle des organisierten Verbrechens kombinieren drei Organisationsformen, die sich bisher gegenseitig ausgeschlossen haben.

Ein kriminelles Kartell ist zunächst einmal eine Wirtschafts- und Finanzorganisation kapitalistischen Typs, die nach den gleichen Kriterien der Profitmaximierung, der vertikalen Kontrolle und der Produktivität funktioniert wie jede beliebige normale und legale multinationale Industrie-, Handels- oder Bankgesellschaft. Zugleich aber ist das Verbrecherkartell eine militärische Hierarchie. Gewalt bildet die Basis jeder kriminellen Vereinigung. Eine (häufig) extreme Gewalt, die gänzlich im Dienste der Anhäufung von Reichtum, der territorialen Vorherrschaft und der Eroberung von Märkten steht.

Bisher bestand zwischen der Rationalität der kapitalistischen Akkumulation und der militärischen Struktur ein Widerspruch: Der Erfolg jeder multinationalen Gesellschaft (ob Industrie-, Handels- oder Bankunternehmen) beruht auf der persönlichen Initiative, dem freien Spiel der Kräfte im Rahmen anpassungsfähiger Strukturen, eingebunden in das Primat der Profitschöpfung eines jeden Mitarbeiters.

Eine militärische Struktur hingegen funktioniert nach autoritärem Muster. Die militärische Hierarchie definiert sich durch das Verhältnis Befehl – Gehorsam. Gehorsam gegenüber den Befehlen seiner Vorgesetzten und nicht Eigeninitiative stellt die oberste Pflicht des Soldaten dar.

Die dritte Organisationsform, auf die das kriminelle Kartell häufig zurückgreift, ist der Clan, die Organisation nach ethnischen Kriterien. Diese dritte Form, die ethnozentrische soziale Struktur, schließt beide bereits aufgeführten Gesellschaftsbildungen aus: die militärische Hierarchie und die kapitalistische Formation. Doch auch diesen Widerspruch überwindet das kriminelle Kartell und schafft daraus eine Symbiose.

Jede dieser drei Organisationsformen – die kapitalistische, die militärische und die ethnische – zeichnet sich durch eine spezifische Effizienz aus. Ich betone noch einmal: Im normalen, zivilen Leben schließen diese drei Systeme sich gegenseitig aus oder existieren autonom, parallel nebeneinander, ohne daß eine für die andere durchlässig wäre.

Durch die Kombination dieser drei Sozialformationen gelingt es dem kriminellen Kartell, die jeder einzelnen innewohnende Leistungsfähigkeit zu bündeln. Darin liegt die Wurzel für seinen Siegeszug und für die Resistenz, die es jedem Versuch einer polizeilichen Unterwanderung entgegensetzt.

Kant bezeichnet als das »radikal Böse« jene Macht, die den Gemeinwillen der Bürger wanken läßt und sie dazu führt, die gemeinsame Regel zu schwächen, zu pervertieren oder im schlimmsten Fall aufzuheben.6

Myriam Revault d’Allones, eine Kant-Exegetin, schreibt: »Es gibt die unvergeßliche Großartigkeit des historischen Zeichens, das die moralische Veranlagung der Menschheit enthüllt. Doch demgegenüber steht das radikal Böse als Neigung der menschlichen Natur, eine Neigung, die unausrottbar ist, der unermeßliche Abgrund einer Ur-Macht, die sich auf das Gute oder auf das Böse richten kann ...« Und etwas später: »Der Mensch ist formbar insofern, als er sich nicht von Natur aus unverrückbaren Zielen zuwendet ... Die Menschheit ist das, was wir daraus machen wollen .«7

In den meisten Mafiafürsten, die uns in diesem Buch begegnen werden, steckt etwas von Mephisto. Sie kennen intuitiv, aus Erfahrung den zwiespältigen, widersprüchlichen, seinem Wesen nach brüchigen Charakter all dieser unreinen Einzelwillen, die sie mit so todbringender Effizienz zu verführen suchen. Sie bearbeiten eine formbare Masse, und das wissen sie.

Nach Angaben des Innenministeriums der russischen Föderation kontrollieren heute rund 5700 Mafiabanden direkt oder indirekt mehr als siebzig Prozent des Finanzsektors des gesamten Riesenlandes sowie den Hauptteil der Erdöl-, Erdgas-, Erz-, Holz- und Diamantexporte. In Deutschland, Italien, der Türkei und den Vereinigten Staaten zerrüttet das organisierte Verbrechen ganze Sektoren des Marktes. Die Volkswirtschaften mehrerer schwarzafrikanischer Staaten sind vollkommen kriminalisiert.

Wie konnte es dazu kommen? Dafür gibt es vor allem zwei Gründe.

Der erste ist die Banalisierung der kriminellen Tat in unserem Jahrhundert.

In der Morgendämmerung des 13. Juli 1995 überfallen reguläre Truppen und serbische Milizen unter dem Kommando von Milosevic, Karadzic und Mladic das Tal und die Kleinstadt Srebrenica in Ostbosnien. Srebrenica ist eine Sicherheitszone der Vereinten Nationen. General Bernard Janvier weigert sich im Namen der Vereinten Nationen, den Aggressoren Widerstand entgegenzusetzen und sie zu bombardieren. Die holländischen Blauhelme vor Ort agieren mit willfähriger Gleichgültigkeit. Die Regierungen Europas hüllen sich in Schweigen. Die Serben treiben alle Männer zwischen fünfzehn und siebzig Jahren im Fußballstadion, auf öffentlichen Plätzen, auf unbebautem Gelände zusammen und schlachten sie anschließend systematisch, einen nach dem anderen ab, reißen ihnen die Augen aus, ermorden sie mit Axthieben, selten nur mit einer Kugel in den Kopf. Die Zahl der Getöteten beläuft sich auf achttausend. Der französische Historiker Jacques Julliard stellte daraufhin die Frage: »Muß Janvier vor Gericht gestellt werden?«8 Die Antwort ist komplex. Indes, Janvier wird nie verurteilt werden, sowenig wie die meisten serbischen Mörder.

April-Juni 1994: In den Hügeln Ruandas, im Gebiet der Großen Seen in Zentralafrika, ermorden die Interahamwe unter der Führung von General Théoneste Bagosora und den Ministern des verstorbenen Präsidenten Juvénal Habyarimana  – vorzugsweise mit der Machete – Hunderttausende von Tutsi-Bewohnern und Hutu-Oppositionellen. Die Blauhelme vor Ort intervenieren nicht. Seitens der europäischen Regierungen herrscht Gleichgültigkeit. Wahrscheinliche Zahl der Opfer: zwischen 500 000 und 800 000.

Viele Millionen von Frauen, Männern und Kindern wurden zwischen 1975 und 1979 in Kambodscha, zwischen 1974 und 1989 in Äthiopien, zwischen 1969 und 1974 im Bombenhagel der Amerikaner in Vietnam, zwischen 1954 und 1962 unter der französischen Kolonialherrschaft in Algerien, drei Generationen lang in den sibirischen Gulags und sechs Jahre lang in den Vernichtungslagern der Nazis massakriert.

Buchenwald, Srebrenica, Kolyma, die Lager Kambodschas und die Kerker Äthiopiens sind zu Gradmessern des kriminellen Wahnsinns der Menschheit geworden. Doch Eichmann, Karadzic, Beria, Pol Pot, Mengistu und andere Massenmörder haben alle Maßstäbe außer Kraft gesetzt.

Jedes Verbrechen, jedes Massaker unterhalb dieser Schwelle erscheint infolgedessen zwangsläufig als geringfügiges Vergehen, als kleineres Übel, als letzten Endes hinnehmbares Delikt.

Heroin aus China und Nordkorea überschwemmt auf dem Umweg über Wladiwostok und anschließend Nigeria die Städte Amerikas und Europas und tötet jedes Jahr Zehntausende von Jugendlichen. Russische Banden, die ihre Konkurrenten umbringen und die Kinder widerstrebender Verkäufer entführen, reißen den Immobilienmarkt an der Côte d’Azur an sich. Ganze Segmente des Kleinhandels in Berlin werden von Erpresserbanden terrorisiert. Zehntausende junger Frauen werden wie Vieh verkauft, in ganz Europa zur Prostitution gezwungen.

Im Vergleich zu den Greueltaten der Nazis, der Roten Khmer, der Faschisten vom Balkan wirken all diese Verbrechen wie läßliche Sünden.

Infolgedessen rufen die alltäglichen Machenschaften der Verbrecherkartelle in der öffentlichen Meinung der freien Gesellschaften nicht den entsetzten Abscheu, die mutige Entschlossenheit hervor, die zu ihrer Bekämpfung notwendig wären.

Der zweite Grund ist die Unsichtbarkcit des organisierten Verbrechens. Diese These mag angesichts der offenen Drogenszene, des Rotlichtmilieus, einiger spektakulärer Morde und des in den letzten Jahren gewachsenen medialen Interesses überraschen. Die Öffentlichkeit sieht – wenn überhaupt  – aber nur die Spitze des Eisberges; diese ist schon erschreckend genug, doch gefährlicher für die demokratische Gesellschaft ist das, was verborgen bleibt. Selbst für die Experten der Strafverfolgungsbehörden läßt sich dieses Phänomen kaum fassen.

Die »Schlächter« – wie ein leitender französischer Kommissar sie nennt – treten kaum in Erscheinung. Ihre Verbrechen bleiben meist im dunkeln. Sie geben keine vollmundigen Presseerklärungen ab, in denen ethnische Säuberungen oder Vernichtungsschläge gegen wehrlose Dörfer angekündigt werden. Sie verzichten auf triumphierende Siegesmeldungen am Rande von Massengräbern. Die Killer des »Hochwürdigen Herrn«,9 die türkischen »Buyuk Baba« oder die kolumbianischen Auftragskiller töten vorzugsweise nachts. Geräuschlos und ohne vorhergehende Ankündigung. Fern jeder Kamera.

Das gleiche gilt für die Unterwanderung der wichtigsten Finanzmärkte der Welt durch kriminelle multinationale Banken (wie beispielsweise der Bank of Credit and Commerce International, BCCI): Dies vollzieht sich stillschweigend, im verborgenen, unbehelligt von jeder störenden Neugier.

Erschwerend kommt noch hinzu: Leute wie Toto Riina, genannt »die Bestie«, oberster Führer der Cosa Nostra auf beiden Seiten des Atlantik, Giovanni Brusca, genannt »das Schwein«, die tschetschenischen Mafiafürsten oder die kriminellen Bojaren aus Moskau – sie alle verabscheuen Interviews. Eine Nahaufnahme ist ihnen ein Greuel. Schon ein schlichtes Foto kann den unvorsichtigen Reporter eine Nase, ein Ohr oder das Leben kosten.

Wer wollte unter diesen Umständen gründliche und gefährliche Nachforschungen über die Kartelle des organisierten Verbrechens führen? Alarm schlagen und die öffentliche Meinung dauerhaft mobilisieren? Darum bemühen sich leider nur wenige. Viele Journalisten vermarkten das Thema unter der täglichen Rubrik »Sex and Crime«, die der Bedrohung in keiner Weise gerecht wird, sondern vielmehr zur Abstumpfung und Gewöhnung beiträgt. Und auch die Instrumentalisierung des Schlagwortes vom Kampf gegen die organisierte Kriminalität für Wahlkampfzwecke durch viele Politiker ist der Sache nicht förderlich, sondern erweckt bei vielen Bürgern den Eindruck, organisierte Kriminalität sei eine Erfindung geschickter Wahlkampfstrategen.