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Berliner Küche

Spezialitäten aus der Region

Schlemmer, Kenner und Liebhaber sind sich weitgehend einig: Die Berliner Küche ist schlicht, aber äußerst schmackhaft. Buletten und Soleier spielen eine wichtige Rolle und finden sich allerorten in den Vitrinen der Eckkneipen. Auf den Speisekarten sind aber auch Gerichte vertreten, die Genießer ins Schwärmen geraten lassen und die vom kulinarischen Reichtum des Berliner Umlandes zeugen: Teltower Rübchen, Havelzander, Hasenbraten und Wildschweinrücken, um nur einige zu nennen.

Doch vor allem ist die Berliner Küche bekannt für köstliche und einfallsreiche Hausmannskost, wie beispielsweise Hühnerfrikassee, Hoppel-Poppel, Königsberger Klopse und Erbspüree.

Lernen Sie Küche, Land und Leute kennen und bringen Sie mit typischen Rezepten aus Berlin eine traditionsreiche und schmackhafte Küche auf den Tisch. Wir wünschen gutes Gelingen!

Alle Rechte der Reproduktion, Übersetzung oder anderweitige Verwendungen, auch auszugsweise, weltweit vorbehalten. Dies gilt auch für Mikroverfilmung und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen.

© Komet Verlag GmbH, Köln

www.komet-verlag.de

Gesamtherstellung: Komet Verlag GmbH

ISBN 978-3-8155-8584-9

Bildnachweis:
© Klaus Heidemann / Fotolia.com S. 18
Alle übrigen Abbildungen: Komet Verlag GmbH, Köln

Berliner

Küche

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Inhaltsverzeichnis

Land & Leute

Kalte Küche und kleine Speisen

Suppen und Eintöpfe

Wurst- und Fleischgerichte

Wildgerichte

Fischgerichte

Gemüse- und Kartoffelgerichte

Desserts und Backwaren

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Land & Leute

Haste Hunger, haste Durst, trink wat oder iss' ne Wurst“.

Das rät der sprichwörtliche Berliner Volksmund und stellt damit zugleich das eher entspannte Verhältnis der Berliner zu kulinarischen Höhenflügen unter Beweis. Denn darüber sind sich Schlemmer, Genießer, Kenner und Liebhaber weitgehend einig: Berliner Küche ist mehr von der schlichten, manchmal möchte man meinen, massiven Art. Fragen Sie irgendwo auf der Welt, was Berliner Küche ausmacht, und ich wette, in mindestens jeder zweiten Antwort werden Eisbein, Bulette, Currywurst, Sauerkohl oder Solei eine gewichtige Rolle spielen. Und man mag es kaum glauben: Das stimmt sogar. Wenn es auch gar nicht so einfach ist, zumindest für den Außenstehenden, diese Spezialitäten zu finden. Schließlich geht es in Berlin zu wie in jeder anderen ordentlichen Metropole auch, nämlich ziemlich bunt. Ohne größere Expeditionen zu veranstalten, können Sie thailändische Hühnersuppe, sizilianische Spaghetti, Wiener Schnitzel, äthiopische Graupensuppe, texanische T-Bone-Steaks oder schwedische Fleischklopse essen. Und mag auch die These von der Metropole als Schmelztiegel der Völker sich als Augenwischerei erweisen, ein Schmelztiegel der Küchen sind die großen Städte in jedem Fall. Was sich in Berlin nicht erst an den jetzt allgegenwärtigen neuen Spezialitäten wie Pizza und Döner zeigt, sondern schon an vielen der vermeintlich urberlinerischen Klassiker. Nehmen wir mal die Bulette. Die Spuren ihrer Erfindung und damit Herkunft verlieren sich im märkischen Sand, ihr Name allerdings kommt ganz sicher aus dem Französischen. Von „Boule“, was so viel wie Kugel heißt. Den Namen dürften ihr die Hugenotten verpasst haben, die aus ihrer französischen Heimat vertrieben, aber hier recht freundlich aufgenommen wurden (Preußen brauchte Menschen, da die dauernden Kriege auch an der Bevölkerung nicht spurlos vorübergingen). Und so ist die Bulette das unverzichtbare Requisit jener archetypischen Eckkneipen geworden, die gelegentlich auch Budiken genannt werden (natürlich auch französisch, von boutique). Da liegen sie dann im sogenannten Hungerturm, jenem Schaukasten kulinarischer Preziosen, der nach allen Seiten verglast jeden Tresen schmücken sollte. Denn hier brilliert, was die volkstümliche Küche ausmacht: saure Gurken, Rollmops, Soleier, Bockwürste, Mettschrippen (für Auswärtige: Das sind Brötchen oder Semmeln mit rohem gehacktem und gewürztem Schweinefleisch.) sowie Buletten und Wurst immer schön mit Mostrich, wie hierzulande der Senf heißt.

Nur ein Gericht wird naturgemäß ohne Mostrich gegessen, und das ist die Urberliner Erfindung, die Currywurst. Mehr als 55 Jahre hat sie inzwischen auf dem Buckel und ist darüber fast zu so etwas wie einem kulinarischen Symbol Berlins geworden (seit einiger Zeit allerdings arg bedrängt durch den allgegenwärtigen Döner, doch zu dem kommen wir später). Die Geschichte ihrer Erfindung am 4. September 1949 in einer Imbissbude am Stuttgarter Platz ist hinreichend oft erzählt worden. Deshalb nur kurz: Standbesitzerin Herta Heuwer, später als „Big Herta“ bekannt, langweilte sich, weil wegen schlechten Wetters keine hungrigen Kunden kamen. Also experimentierte sie ein bisschen herum, und flugs war die Currywurst geboren. Ein beliebter Volkssport war es lange Zeit, über die jeweiligen Verdienste der zugrunde liegenden Bratwurst – mit oder ohne Darm – zu streiten. Und natürlich Geheimtipps auszutauschen, wo denn nun die beste aller Currywürste gebraten wird. Mein Freund Alois Albert, Architekt in Kreuzberg, schwört auf die Wurst an der Ecke Mehringdamm/Yorkstraße. Gerhard Schröder sieht das anders, er schwärmt von „Konnopke“ in der Schönhauser Allee, Ecke Dimitroffstraße: „Eine der großen Currywürste gibt es bei Konopke.“

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Nach mehr als einem halben Jahrhundert ist die Wurst so alltäglich geworden, dass sich sogar die Haute Cuisine ihrer angenommen hat, zuerst natürlich in Berlin. Jürgen Fehrenbach vom „Logenhaus“ war es, der in den frühen Neunziger Jahren für die bekannte Zeitschrift „essen & trinken“ eine hochwertige, leicht exotische Currywurst entwickelte. Und vor gar nicht langer Zeit erregte, allerdings in Hamburg, der begnadete Christian Rach vom „Tafelhaus“ erhebliches Aufsehen, als er eine hochfeine Currywurst für stolze 18 Euro anbot. Und eins sei gleich verraten, sie war den Preis wert.

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Ob das jemals mit dem großen Gegenspieler der Currywurst, dem Döner, passieren wird, bleibt abzuwarten. Bis jetzt jedenfalls sind mir keine Experimente aus der Döner-Sterneküche bekannt geworden. Allerdings hat eine deutsch-türkische Kommission eine „Berliner Verkehrsauffassung für das Fleischerzeugnis Dönerkebab“ festgelegt. Und siehe da, seitdem darf ein Döner höchstens 60 Prozent Hackfleisch enthalten.

Nun darf man selbstverständlich nicht glauben, Berliner Küche sei vor allem anderen geprägt durch den Schnellimbiss. Allerdings ist ihr eine gewisse proletarische Direktheit, ein Hang zur bloßen Masse, nicht ganz abzusprechen. Denn fast alles, das den Begriff Berliner Spezialität erfüllt, ist Hausmannskost. Und das kann bekanntlich vielerlei bedeuten. Bei meiner Stief-Großmutter im berüchtigten Berlin N 113 zum Beispiel hieß Hausmannskost vor allem eins: viel. „Ach weeßte, Kinder“, so begann sie häufig ihre Sätze, „nimm noch wat, ist doch jenuch da“. Und tatsächlich war immer reichlich da, ob Eisbein mit Sauerkohl oder Erbsensuppe mit allerhand fettem Schweinefleisch. Immer waren es Portionen, die selbst mich, den pubertierenden Hungerhaken, überforderten. Besonders hatte es mir die Erbsensuppe angetan, dieses Berliner Grundnahrungsmittel aus gelben oder grünen Erbsen (den getrockneten). Schon Heinrich Heine, sonst nicht sehr glücklich in Berlin, hat die Suppe verehrt und bedichtet:

„Ich wollte, meine Lieder, das wären Erbsen klein, ich kocht’ eine Erbensuppe, die sollte köstlich sein.“

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