Dave Collins ist Elite-Soldat. Seine Familie stirbt bei einem Anschlag. Seine Regierung unternimmt nichts. Zeit für Vergeltung.

Während Dave Collins eine internationale Söldnertruppe zusammenstellt und weltweit Jagd auf die Verantwortlichen des Attentats macht, plant Aziz, der Kopf der Terrorgruppe, einen neuen Anschlag. Er soll alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen. Noch fehlen Aziz die Mittel, doch er ist auf dem besten Weg, sie zu bekommen. Wenn Dave und seine Truppe versagen, droht das absolute Inferno.

Don Winslow wurde 1953 in New York geboren. Bevor er mit dem Schreiben begann, verdiente er sein Geld unter anderem als Kinobetreiber, Fremdenführer auf afrikanischen Safaris und chinesischen Teerouten, Unternehmensberater und immer wieder als Privatdetektiv.

Er wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Deutschen Krimi Preis (International) 2011 für Tage der Toten. Sein Roman Savages – Zeit des Zorns wurde von Oliver Stone verfilmt. Don Winslow lebt mit seiner Frau in Kalifornien.

Conny Lösch lebt als Literaturkritikerin und Übersetzerin in Berlin. Sie hat u. a. Bücher von u. a. Ken Bruen, Elmore Leonard und Warren Ellis ins Deutsche übertragen.

Don Winslow

VERGELTUNG

Thriller

Aus dem amerikanischen Englisch
von Conny Lösch

Suhrkamp

Die Originalausgabe trägt den Titel Vengeance.

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2014

Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage der Ausgabe des suhrkamp taschenbuchs 4500

Deutsche Erstausgabe

© Suhrkamp Verlag Berlin 2014

© 2013, Samburu Inc.

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Umschlaggestaltung: Pepperzak, Hamburg

Umschlagillustration: Thomas Kuhlenbeck/Jutta Fricke Illustrators

eISBN 978-3-518-73700-2

www.suhrkamp.de

»Rache ist eine Tat der Leidenschaft;

Vergeltung eine der Gerechtigkeit.«

Samuel Johnson

Dave Collins steht mit seiner HK MP7 im Anschlag auf der Treppe.

Blut erscheint schwarz im grünen Licht des Nachtsichtgeräts.

Der Korditgestank brennt in seiner Nase, ihm ist schlecht, fast muss er würgen, sein Hemd ist durchgeschwitzt unter der Panzerweste – dreißig Pfund Keramikplatten. Unter seinem Gefechtshelm sammelt sich Schweiß und läuft ihm übers Gesicht.

Eine Sommernacht im Irak, immer noch glühend heiße 45 Grad Celsius.

Dazu die Anspannung und das Adrenalin, man schwitzt.

Eine Hand tippt ihm von hinten an die Schulter.

Donovans Startsignal.

Dave rennt die Treppe rauf.

Er steigt über die Leiche der »Krähe«, die er gerade getötet hat.

Wie in einem Videospiel, nur dass man kein zweites Mal spielen darf, Wiederholungen gibt es nicht. Den Bruchteil einer Sekunde zu spät abgedrückt, ein Fehler, eine falsche Bewegung – oder einfach nur Pech –, dann bist du geliefert. Du verlierst Hände oder Beine, vielleicht zerfetzt dir auch eine Sprengladung oder eine Granate das Rückgrat.

Auf dem Treppenabsatz blickt er ohne stehenzubleiben nach oben.

Eine Krähe zielt mit einer Kalaschnikow auf ihn.

Dave drückt ab, macht kurzen Prozess – zwei Schüsse in die Brust, einen in den Kopf. Wieder schwarze Spritzer an der Wand im Treppenhaus. Schließlich willst du nicht, dass er noch mal aufsteht. Die Toten sollen tot bleiben.

Weiter die Treppe rauf.

Der Schweiß läuft ihm jetzt in die Augen.

Brennt.

Nimmt ihm fast die Sicht.

Verschwommen sieht er einen Dischdascha, das lange weiße Gewand der irakischen Männer. Weiß ist grellgrün. Er will abdrücken – scheiße, das ist ein Kind, ein Junge, und er greift unter sein Gewand. Wonach? Eine Handgranate? Eine Waffe? Aktiviert er die Sprengkapsel am Dynamitgürtel um seinen Bauch? Will er uns alle in die Luft jagen?

Dave sollte ihn erschießen.

Aber er tut es nicht.

Er nimmt zwei Stufen auf einmal, packt den Jungen am Arm, zerrt ihn mit sich, hält ihn auf Abstand vom eigenen Körper. Er stößt ihn gegen die Wand, fixiert ihn und richtet die MP7 auf ihn, während er gleichzeitig »Echo! Echo!« in sein Funkmikro schreit.

»Zivilist! Zivilist!« Als gäbe es so etwas überhaupt in diesem gottverfluchten Krieg. Dave spürt Kugeln an seinem Gesicht vorbeizischen, seine Haut versengen, Donovan greift ein und feuert.

Mit einer Benelli M4 Super 90.

Schwarz für den Einsatz bei Nacht.

Kugeln Kaliber 12 zerfetzen die Krähe, die sonst Dave getötet hätte. Die Kalaschnikow klappert die Treppe hinunter. Gefolgt vom dumpfen Aufprall eines Körpers.

Dem Tod so nah, rauscht das Adrenalin durch Dave wie Strom. Sein Herz ist die Bassdrum einer Heavy-Metal-Band. Blut rast durch seine Adern, als gelte es ein Wettrennen zu gewinnen. Er stößt das Kind die Treppe runter, tritt vor Donovan, geht wieder voran.

Krähen verteidigen erbittert den Raum ganz oben an der Treppe. Es ist dunkel, sie können uns nicht sehen, aber wir sie. Die Nacht gehört uns, das ist Angeberei und Realität. Er denkt an den Song – »because the night belongs to lovers«. Ersetzt man »lover« durch »killer«, hat man’s. »Because the night belongs to us.«

Geräusche.

Jammernde Frauen, kreischende Kinder, tiefere Männerstimmen, Zorn und Schmerz. Gebrüllte Befehle. Laufschritte. Schüsse. Ihre, nicht unsere. Unsere sind gedämpft. Sie können uns nicht sehen, sie können uns nicht hören. Aber wir sind hier. Because the night belongs to killers, because the night …

Er kommt auf den nächsten Absatz.

Die schwere Holztür ist geschlossen.

Die Tür – der »tödliche Trichter«.

Der erste, der durch die Tür geht, bekommt die ganze Scheiße mit voller Härte ab.

Dahinter brodelt es.

Die müssen dich nicht sehen, die wissen, wo du bist, und auf die Entfernung kann man kaum danebenschießen.

Dave hört Schritte hinter sich.

Donovan.

Dave tritt beiseite, presst sich an die Wand, zieht mit einer Hand die M84-Blendgranate aus dem Gürtel, mit der anderen deckt er Donovan, während der sich neben der Tür positioniert und Hatton Rounds in seine Benelli lädt. Er nickt Dave kurz zu, dann setzt er sich vor die Tür – vor einer Tür steht man nicht, denn die Krähen feuern auf Brusthöhe.

Donovan schießt, und die Scharniere fliegen weg.

Die Tür klappt auf, und Dave wirft einen »Böller« rein.

Knisterndes Magnesium-Licht.

Eine Million Candela – ohne Schutzbrille wird man davon blind.

Laut – 180 Dezibel.

Erschütternd, gewaltig. Der Trichter verliert etwas von seiner Tödlichkeit.

Unmittelbar nach dem Knall springt Dave in den Raum, die MP7 im Anschlag.

Al-Badri ist genau dort, wo er laut Geheimdienstbericht zu vermuten war – im Bett. Nackt. Er blinzelt ins grelle Licht. Die Frau an seiner Seite zieht sich das Laken über die entblößte Brust und starrt Dave voller Entsetzen an.

Er ist ein Monster.

Die Röhren des Nachtsichtgeräts ragen aus seinem Gesicht wie Hörner. Der Satan persönlich ist aus einem grellweißen Blitz gestiegen, um sie im Schlaf heimzusuchen.

Er zielt mit der Waffe auf sie und winkt sie beiseite – raus.

Sie rührt sich nicht.

»Mach schon«, sagt Donovan.

Sie kann nichts sehen, wird Dave jetzt klar. Die Waffe weiter auf Al-Badri gerichtet, packt er sie am Handgelenk und zerrt sie aus dem Bett.

Sie schreit.

»Mach schon«, sagt Donovan noch einmal.

Dave schleudert sie gegen die Wand. Sie sackt zusammen und schluchzt. Dave dreht sich zu Al-Badri um.

Er hat sich nicht gerührt.

Der Mann – bärtig, langes schwarzes Haar, Anführer der al-Qaida im Irak – grinst und hebt langsam die Hände. Laut Geheimdienstbericht hat Al-Badri höchstpersönlich vier amerikanische Entwicklungshelfer enthauptet. Er ist für Dutzende Hinterhalte und Anschläge mit Sprengfallen verantwortlich. Dave musste das Blut und die Hirnmasse seiner Freunde aus einem der betroffenen Schützenpanzer kratzen. Briefe an ihre Frauen und Kinder schreiben. Sich Lügen über die Umstände ihres Todes ausdenken.

Und jetzt nimmt der Kerl die Hände hoch?

Sie haben sich zu seinem Haus durchgekämpft – durch ein Hornissennest aus sehr sorgfältig angelegten Schussfeldern. Ein paar werden verletzt nach Hause fahren. Andere gar nicht mehr.

Und auch den Rückweg werden sie sich freischießen müssen.

Er richtet das Laservisier seiner MP7 auf das »T«die imaginäre Linie von Schläfe zu Schläfe quer über der Stirn, knapp oberhalb der Brauen – und kann es in seinen Augen sehen: Al-Badri glaubt nicht, dass Dave wirklich abdrücken wird.

Da kennt er mich aber schlecht, denkt Dave.

Und drückt zweimal ab.

Al-Badris Hirn schießt aus seinem Hinterkopf und spritzt über das Bettgestell, sein Mund formt ein O. Die Augen sind verschwunden, wie bei einem Totenschädel in einem Geisterhaus an Halloween.

Die Schreie der Frau werden zur schrillen Totenklage, ein Geheul aus Trauer und Empörung. Sie stürzt sich auf Dave. Er schleudert sie zur Seite.

Donovan spricht in sein Mikro: »EKIAEnemy Killed In Action.«

Schnell raffen sie gemeinsam Handys, einen Laptop und Papiere zusammen. Dann sagt Donovan: »Rückzug.«

Nichts wie weg.

Dave dreht sich um. Und raus durch die Tür.

Exfiltrieren, umgekehrtes Infiltrieren.

Die Treppe runter, über den Hof, durchs Tor.

Er ist schon halb unten, Donovan ist hinter ihm, da hört er das metallische Klappern einer die Stufen hinunterkullernden Granate.

Er dreht sich noch einmal um und sieht die Frau auf dem Absatz oben.

Die kränklich grüne Welt erstarrt, dann …

Sirenengeheul.

In kurzen, durchdringenden Schüben – der Wecker.

Diana muss ihn für sich selbst gestellt haben. Dave ist seit Stunden wach, seit er aus dem Alptraum hochgeschreckt ist.

Falludscha ist Jahre her, man sollte meinen, die Träume würden allmählich aufhören. Er wirft sich warmes Wasser ins Gesicht und verteilt den Rasierschaum. Bevor er den Rasierer nimmt, prüft er, ob seine Hand schon bereit ist.

Kurz nach dem Aufstehen war sie’s nicht. Kein Zittern – dafür hat sich Dave viel zu gut im Griff –, aber die Hand war irgendwie unsicher und fahrig. Er hat gar nicht erst versucht, wieder einzuschlafen, ist nach unten gegangen, hat Kaffee gekocht und sich eine Weile Gedanken gemacht.

Aus einem Krieg kehrt man nie wieder zurück, sagt man, aber das stimmt nicht, dachte er.

Zurück kommt man schon, aber man nimmt den Krieg mit nach Hause.

Verdammt, Falludscha war wirklich ein Alptraum, denkt er jetzt beim Rasieren. Aber wäre es nicht Falludscha gewesen, hätten es noch jede Menge andere Orte und Träume sein können.

Angefangen hatte es mit dem ersten Golfkrieg im Irak, wo er SCUD-Startplattformen aufgeklärt und die dazugehörigen Mannschaften ausgeschaltet hatte. Dave war erst zweiundzwanzig gewesen, knapp über dem Mindestalter eines Delta-Force-Operators, der jüngste seiner Einheit. Als Elitekämpfer, als einer der besten unter den besten, war er manchmal aus 9000 Metern Höhe mit 100 Pfund Gepäck auf dem Rücken in das Kampfgebiet gesprungen, hatte 65 Kilometer im Laufschritt zurückgelegt und die Zielpersonen dann aus einer Entfernung von 1000 Metern getötet. Meistens aber hatte er aus nächster Nähe schießen müssen, so dass er seinem Opfer in die Augen sehen und dessen Angst riechen konnte.

Nach dem Irak kam Mogadischu, »Operation Gothic Serpent«. Ein Alptraum wurde wahr, als die Somalis zwei UH-60-Hubschrauber abschossen und sich der schnelle Überfall von maximal einer Stunde zu einem Belagerungszustand auswuchs, der die ganze Nacht anhielt, ein tausendköpfiger Mob bedrohte sie. Sechs Brüder verlor Dave allein an diesem Tag.

Dann kamen Haiti, Peru, Kolumbien und ein halbes Dutzend anderer Krisenherde in der dritten Welt.

Anschließend ließ sich Dave vom aktiven Dienst freistellen und holte am Army War College seinen Abschluss nach, eine Laufbahn im Pentagon war geplant. Eines Morgens stand er auf, fuhr den Laptop hoch und sah die Türme einstürzen.

Er wird nie vergessen, wie sich Diana hinter ihn stellte, ihm die Hände auf die Schultern legte und – ohne dass er gefragt hätte – sagte: »Natürlich musst du hin. Du würdest es dir sonst nie verzeihen.«

Also ging er wieder zur Delta Force, zurück »an die Front«, fuhr nach Kandahar und anschließend nach Tora-Bora – in gewisser Hinsicht Daves schlimmster Alptraum. Mit seinem Geschwader tötete er massenweise Mudschahedin – ihre Leichen kehren regelmäßig in seinen Träumen wieder –, aber die Mission scheiterte schließlich, weil Bin Laden entkam.

Dann zwei Einsätze im Irak mit der Task Force 145, und er war fertig. Nahm seinen Abschied, verließ den aktiven Dienst, ließ das Töten hinter sich. Eines Abends saß er mit Diana vor dem Fernseher, es lief ein Bericht über die Militäraktion, bei der OBL erschossen wurde, und sie fragte ihn leise: »Tut’s dir leid, dass du nicht dabei warst?«

»Nein«, erwiderte er wahrheitsgemäß. Er war ziemlich sicher, dass er einige der Männer kannte, die ihn schließlich erwischt hatten. Aber nein, er bedauerte nicht, nicht dabei gewesen zu sein.

Dave Collins bedauert nichts.

Er hat Feinde seines Landes getötet. Feinde, die es, wie er glaubte, verdient hatten, getötet zu werden.

Der Wecker jault immer noch.

Diana hat ihn auf 4.45 Uhr gestellt, und jetzt ignoriert sie ihn.

Pünktlichkeit gehört nicht zu Dianas zahlreichen Vorzügen. Dave erzählt den gemeinsamen Freunden gerne, dass seine Frau, bevor sie zusammenkamen, nicht wusste, dass eine Kinoleinwand weiß ist. »Und dann werden da auch noch Trailer gezeigt?«, wundert sich Diana. »Wer hätte das gedacht?«

Er geht ins Schlafzimmer, und natürlich liegt sie noch gemütlich unter der Decke, stellt sich schlafend. Er legt sich neben sie, spürt die Wärme ihres Körpers, riecht den Duft ihres kastanienbraunen Haars. Zwanzig Jahre sind sie nun schon verheiratet, und er genießt es immer noch, in ihrem Duft zu schwelgen, in ihrer Berührung. Aber Sie muss zum Flughafen, deshalb schüttelt er sie sanft an der Schulter.

»Aufstehen«, sagt er.

»Neeeeiiiin«, stöhnt Diana. Sie hat nicht geschlafen – sein Traum hatte auch sie geweckt. Jahrelang hatte sie die Angst gequält, dass er nicht nach Hause kommen würde. Jetzt ist er endlich zu Hause, und nun lebt sie mit seinen Angstträumen.

Alpträume kennen keinen Ruhestand, denkt sie, und du auch nicht.

»Dein Flug geht um Viertel nach acht«, sagt Dave.

»Noch genug Zeit.«

»Berufsverkehr, du musst parken, einchecken, durch die Sicherheitskontrolle …«

»Noch fünf Minuten«, bettelt sie.

»Diana …«

»Nur noch fünf Minuten«, wiederholt sie und reibt ihren Hintern anzüglich an seinem Schritt.

Sofort spürt sie seine Reaktion und sagt: »Okay, vielleicht sogar zehn.«

Erst dreiundzwanzig Minuten später verlassen sie das Bett.

Jetzt haben sie’s eilig.

Dave öffnet Jakes Zimmertür und betrachtet seinen neunjährigen schlafenden Sohn – er hat das Kissen gegen das Kopfteil des Bettes geschoben, auf das ein Cockpit gemalt ist.

Jake kennt nur zwei Geschwindigkeiten – Überschall und Stillstand. Vierzehn Stunden am Tag ist Jake ein typischer hyperaktiver Junge, dann schläft er plötzlich ein und ist weg, Punkt, aus. Dave hat Jake unzählige Male geschultert und ins Bett getragen, ohne dass er dabei aufgewacht ist.

Kinder werden so schnell erwachsen, denkt Dave, und ich habe schon so viel verpasst.

Er hatte sich große Mühe gegeben, trotz seiner Einsätze so »präsent« wie möglich zu sein. Diana hatte mit ihrem Smartphone mitgefilmt, so dass er wenigstens ein paar von Jakes Fußballspielen hatte sehen können, und auch als Jake in der zweiten Klasse einen Preis gewann, war sie mit der Kamera dabei gewesen. Einmal an Weihnachten hatte Dave Jake über Skype beim Geschenkeauspacken zugesehen. Als Jake klein war und es die ganze Technik noch nicht gab, hatte Dave immer, bevor er zu einem Einsatz fuhr, Gutenachtgeschichten für ihn aufgenommen, damit er Jake vor dem Einschlafen noch etwas »vorlesen« konnte.

Jetzt will er auf keinen Fall noch mehr verpassen. Trotz seines anspruchsvollen Jobs als Federal Security Officer am Kennedy-Airport kommt er meist zum Essen nach Hause, hilft bei den Hausaufgaben und ist einfach da.

Eines Abends im Wohnzimmer, als im Hintergrund die Nachrichten liefen, kam ein Beitrag über Afghanistan. Dave achtete nicht darauf, aber Jake anscheinend schon, denn er blickte vom Boden aus zu ihm auf und fragte: »Daddy hast du das auch gemacht?«

»Was?«

»Menschen getötet?«

Einen Augenblick lang war Dave sprachlos. Er wäre nie auf die Idee gekommen, dass Jake tatsächlich schon verstand, was für einen Beruf sein Vater ausübte. Oder dass es ihn überhaupt interessierte. Er zögerte, dann beschloss er, ihm die Wahrheit zu sagen. »Ich habe für unser Land gekämpft, Jake. Um die Menschen hier zu beschützen. Und manchmal musste ich dafür auch jemanden töten. Das war nicht schön, aber manchmal war es notwendig.«

Jake sah ihn eine Sekunde lang an, dann fragte er: »Aber du hast doch nur die Bösen umgebracht, oder?«

»Nur die Bösen.«

Allem Anschein nach zufrieden widmete sich Jake wieder seinen Mathehausaufgaben, aber manchmal fragt sich Dave, ob es den Jungen noch beschäftigte und er lieber mit ihm darüber sprechen oder das Thema doch besser ruhen lassen sollte.

Jetzt beugt sich Dave zu ihm hinunter und flüstert ihm leise ins Ohr: »Zeit aufzustehen, mein Sohn.«

Jake schlägt die Augen auf, er blickt auf die Uhr auf dem Nachttisch und springt aus dem Bett.

»Wir kommen zu spät!«, schreit er und wirft sich in seine Klamotten. Sein Koffer ist längst gepackt und steht am Fußende des Bettes zur Abreise bereit. »Wir verpassen noch das Flugzeug!«

»Das schaffen wir, Jake«, versichert ihm Dave. »Wir dürfen bloß nicht mehr trödeln.«

Um Jake muss sich Dave keine Sorgen machen, er schlüpft bereits in die Schuhe und rennt aus dem Zimmer, die Treppe runter in die Küche. Am Vorabend hatte er eine Schüssel mit löslichen Haferflocken bereitgestellt, und noch bevor Dave wieder im Schlafzimmer ist, hört er schon die Mikrowelle unten brummen.

Dianas Eltern leben in Montana, und in diesem Jahr sind sie mit Weihnachten dran. Als FSO am Kennedy-Airport kann sich Dave an Heiligabend erst nachmittags freinehmen, und auch das nur, wenn er Glück hat, denn er muss erst dafür sorgen, dass alle anderen Familien sicher nach Hause kommen, bevor er zu seiner eigenen fahren darf.

Das ist nicht bloß seine Aufgabe, es ist seine Pflicht.

Inzwischen trägt er zwar Zivilkleidung, aber seine Pflichten nimmt Dave Collins immer noch sehr ernst. Wenn er alles getan hat, was zu tun ist, fliegt er seiner Familie mit der nächsten Maschine nach Bozeman hinterher.

Diana steht vor dem Badezimmerspiegel und schminkt sich.

Dave zieht seinen schwarzen Hugo-Boss-Anzug an. Diana hatte ihn überredet, ihn zu kaufen, als er den Job am Flughafen antrat.

»Ist Jake schon auf?«, fragt Diana.

»Wahrscheinlich ist er längst draußen und lässt den Wagen an.«

Diana schmunzelt. »Ganz der Vater.«

»Er ist ein bisschen aufgeregt.«

»Ein bisschen?«

Jake ist nie nur »ein bisschen« irgendwas. Ihr Sohn ist ein wahrer Enthusiast, der sich über ein paar Kugeln Eis genauso freuen kann wie über ein großes neues Spielzeug.

Diana weiß genau, in welchem Moment er gezeugt wurde.

Dave hatte plötzlich und ganz unerwartet frei bekommen, und sie war nach Miami geflogen, um ihn dort zu treffen. Sie wusste nicht einmal, woher er kommen würde, er hatte es ihr nicht gesagt. Aber sie war sehr aufgeregt, ihn zu sehen, freute sich auf ein romantisches Wochenende in South Beach mit ihrem Mann.

Nur dass es nicht romantisch wurde.

Dave war angespannt, unruhig und schlecht gelaunt.

Seine Haare waren lang, und er hatte einen Bart, weshalb sie nicht unbedingt Sherlock Holmes sein musste, um sich denken zu können, dass er aus Afghanistan kam. Und er war dünn – als hätte er sich ausschließlich von Notrationen ernährt. Aber vor allem war er gereizt.

Sie lackierte sich die Nägel, machte sich fertig, weil sie essen gehen wollten, und im Fernsehen lief irgendwas Blödes – American Idol oder so –, hauptsächlich, um die Stille zu füllen, denn Dave war nicht gerade gesprächig. Plötzlich explodierte er, ging hoch vor Wut: »Wieso guckst du dir diesen bescheuerten Scheiß an? Hast du sie noch alle? Weißt du nicht, dass da drüben Männer sterben?!«

»Das weiß ich«, erwiderte sie ruhig. »Ihre Witwen weinen sich in meinen Armen die Augen aus.«

Er setzte sich aufs Bett, vergrub das Gesicht in den Händen.

Sie setzte sich neben ihn. »Erzähl’s mir.«

Er schüttelte den Kopf. »Wenn ich’s dir erzähle, wirst du mich hassen.«

»Ich kann dich gar nicht hassen.« Ihr mit allen Wassern gewaschener, ultra-alpha-männlicher Ehemann war den Tränen nahe.

»Du wirst mich verlassen«, sagte er.

Sie schob sein Kinn höher, so dass er sie ansehen musste. »David, ich verlasse dich, wenn du’s mir nicht erzählst.«

Er redete drei Stunden. Er erzählte ihr so viel er konnte, und als er fertig war, küsste sie ihn und sagte, dass sie ihn liebe. Zum Essen schafften sie es nicht mehr, stattdessen zeugten sie Jake.

Das Leben als Ehefrau eines Delta-Force-Operators blieb schwierig – die langen Abwesenheiten, die Unsicherheit, niemals zu wissen, wo er war oder ob er wieder zurückkommen würde. Selbst wenn er zu Hause war, durfte er nicht darüber reden, was er machte oder wie er seine Zeit verbrachte. Die Frau eines Polizisten oder eines Feuerwehrmanns wusste wenigstens, wo sich ihr Mann tagsüber aufhielt.

Und wenn er zu Hause war, sah er ständig auf die Uhr, und dann wusste sie, dass er ausrechnete, wie spät es im Irak war und ob seine Freunde gerade zum Einsatz geschickt wurden.

Wenn das Telefon klingelte, erschrak er, und sie wusste, dass er Angst hatte, es könnte einer von diesen Anrufen sein – die Mitteilung, dass wieder ein Freund gefallen war.

Sie kannte das Gefühl – wenn er bei einem Einsatz war, zuckte auch sie bei jedem Klingeln zusammen.

Dann war da die Isolation, die die Geheimhaltung mit sich brachte – den Nachbarn erzählten sie, er sei als Sicherheitsberater für eine internationale Bank tätig. Immer bei der »Alibigeschichte« zu bleiben, wie Dave es nannte, fiel ihr nicht schwer, weil sie häufig umzogen und sich nie mit anderen Paaren anfreundeten – Letzteres machte ihr allerdings zu schaffen.

Selbst als Dave den aktiven Dienst verließ, um am Army War College seinen Master zu machen, redeten sie mit den anderen Offiziersehepaaren nie über seine eigentliche Arbeit. Es verstand sich von selbst, dass darüber nicht gesprochen wurde.

Einmal besuchte sie mit ihm das Weiße Haus, wo ihm der Präsident der Vereinigten Staaten in einem Hinterzimmer einen Orden an die Brust heftete und sich bei ihm und auch bei Diana bedankte. Dann wurde ihm der Orden wieder abgenommen und an einem sicheren Ort weggeschlossen, und sie wurden zu einer Hintertür hinausgeleitet. Dave erzählte ihr nie, wofür er die Auszeichnung bekommen hatte, und sie fragte nicht danach. Sie hütete sich davor, und stolz war sie ja sowieso auf ihn.

Das gehörte nun mal dazu, wenn man die Frau eines Special-Operators war. Es war Teil des Deals, auf den sie sich eingelassen hatte und auf den sie sich jederzeit erneut einlassen würde.

Aber sie war froh und erleichtert gewesen, als er sich vor inzwischen fast vier Jahren von der Army verabschiedet und von einem seiner alten Delta-Force-Kommandanten einen Job in der Sicherheitsüberwachung bei Eagle Airlines angeboten bekommen hatte. Sie kauften das Haus, und sie promovierte fertig. Dave arbeitete sich schon bald an die Spitze, und vor etwas über einem Jahr nahm er das Angebot als FSO am Kennedy-Airport an.

Ein gutaussehender Mann, mein Mann, denkt Diana jetzt, und ihr fällt auf, dass sich an den Schläfen seines sandfarbenen Haars schon ein paar silbrige Streifen eingeschlichen haben. Lässt ihn noch distinguierter wirken, findet sie, seine graublauen Augen werden dadurch betont, und das Grobe der gebrochenen Nase, ein Souvenir aus dem Nahkampftraining im »House of Horrors« der Delta Force, wird ein bisschen relativiert.

Jetzt steht Dave einfach nur da und sieht sie an.

»Ja?«, fragt sie.

Manchmal merkt sie, dass er sie einfach nur ansieht, was ihr gut gefällt, besonders wenn er dazu noch besitzergreifend erklärt: »Ich bin dein Mann, ich darf dich ja wohl ansehen.« Wie jeder verheiratete Mann guckt auch Dave anderen Frauen nach, aber anders als die meisten Männer bleibt er nicht mit Blicken kleben. Er weiß, was er zu Hause hat.

Jakes Stimme ertönt von unten: »Mom, Dad, wir wollen loooooos!«

»Wir kommen!«, schreit Dave zurück, bindet sich noch schnell die Krawatte und schiebt seine Glock 26 in das Thunderwear-Holster. Die »Baby Glock« ist schlank und klein, genau richtig, um verdeckt getragen zu werden, denn sie verschwindet ohne verräterische Ausbeulung unter seinem Sakko.

Jake entdeckt sie trotzdem.

Er ist es gewohnt, seinen Dad so zur Arbeit gehen zu sehen.

Die meisten Menschen in der langen Schlange vor der Sicherheitskontrolle empfinden diese als lästig.

Dave sieht sie eher als Möglichkeit, ihnen das Leben zu retten. Wenn die das hier schon schlimm finden, sollten sie mal nach Israel fahren, wo die Kontrollen zehn Mal schärfer sind.

Und es noch nie zu einer Flugzeugentführung gekommen ist.

Der Flughafen steht während der Feiertage in erhöhter Alarmbereitschaft – zur Weihnachtszeit wäre die propagandistische Wirkung eines Attentats für Terroristen von unschätzbarem Wert.

Der Kennedy Airport gilt als Flughafen der »Kategorie X« – als Hauptangriffsziel.

Und noch dazu ein großes, denkt Dave. Fast 2000 Hektar, 50 Kilometer Fahrwege, sieben Terminals mit 90 verschiedenen Airlines und 125 Flugsteigen. Und da sind die 100 Frachtmaschinen noch nicht mitgezählt, ebenso wenig die 370 000 Quadratmeter Lagerfläche.

Eine riesiges Gelände, das es zu verteidigen gilt.

Und ein belebtes. 50 Millionen Passagiere haben im vergangenen Jahr täglich auf über 1000 Flügen, fast die Hälfte davon international, JFK passiert. Und das sind nur die, die tatsächlich fliegen, dazu kommen die Freunde und Verwandten, die ihre Lieben zum Flughafen bringen oder von dort abholen.

Die Zahlen sind schwindelerregend. Wir müssen immer alles richtig machen, denkt Dave, die Terroristen nur einmal.

Er und seine Leute sind die erste – und vielleicht auch die letzte – Verteidigungslinie.

Dave kennt die Kritik. Das Kürzel TSA – Transportation Security Administration – eine für die Sicherheit im Transportwesen zuständige Abteilung des U.S. Department of Homeland Security, stehe angeblich für »Tausende stehen an« oder »Take your Shoes off, Asshole«. Dabei sind die viel geschmähten Beamten an den Monitoren die heutige Polizei.

Sie verwenden die allerneueste Technik. Dave nutzt alles, was ihrer Aufgabe dient, predigt seinen Leuten aber: »Wir müssen besser werden, indem wir die Bombenleger suchen, nicht die Bombe.« Eine passive Verteidigungsstrategie lädt praktisch zu einem Angriff ein – stattdessen muss man den künftigen Attentäter aktiv ausfindig machen. »Der ›Krieg gegen den Terror‹ ist ein vages und letztlich hinfälliges Konzept. Nicht gegen den Terror müssen wir Krieg führen, sondern gegen die Terroristen.«

Dave ist also einer der größten SPOT-Fürsprecher – Screening of Passengers by Observation Techniques. Auch jetzt laufen seine BDOs – Behavior Detection Officers – durch die Terminals, halten nach Personen Ausschau, die in den Sicherheitsschlangen oder bei der Ausweiskontrolle nervös wirken.

Außerdem sind da noch die Spürhunde, die darauf abgerichtet sind, Sprengmittel wie Nitropenta, Acetonperoxid und andere auf Wasserstoffperoxid-Basis hergestellte Explosivstoffe herauszuschnüffeln.

Terroristen sind versessen darauf, Flugzeuge in die Luft zu jagen. Nach der Einführung verbesserter Sicherheitsstandards in Folge von 9/11 verlegten sie sich zunehmend von einfachen Flugzeugentführungen auf immer raffiniertere Varianten, Sprengstoff an Bord eines Flugzeugs zu schmuggeln. Dave kennt die Zahlen – bei zwei Dritteln der fünfundfünfzig Anschläge auf die amerikanische Luftfahrt waren Sprengstoffe im Spiel.

Dabei geht es nicht »nur« um die Flüge – Dave macht sich mindestens ebenso große Sorgen wegen möglicher Anschläge im Flughafengebäude. Der Umstand, dass es – besonders in der Vorweihnachtszeit – in den Terminals nur so wimmelt vor Leuten, die noch nicht durchleuchtet, aber bereits in den Abflugbereich weitergeschleust wurden, raubt ihm nachts den Schlaf. Sie könnten alles Mögliche dabeihaben.

Eine Bombe in einem gut besuchten Terminal würde sehr viel mehr Menschen das Leben kosten als auf einem einzelnen Flug.

»Grüß Oma und Opa von mir«, sagt Dave zu Jake, als sie zur Ausweiskontrolle kommen.

»Okay.«

»Wir sehen uns Heiligabend«, sagt Dave.

»Bist du da, wenn ich die Geschenke auspacke?«, fragt Jake.

»Versprochen«, erwidert Dave. »Ich bin da, wenn du die Geschenke auspackst.«

»Hab dich lieb«, sagt Jake.

»Ich dich auch«, erwidert Dave.

Dave wendet sich an Diana. »Ruf mich an, wenn ihr in Chicago seid, ja?«

»Mach ich.«

»Okay, dann guten Flug.« Er umarmt sie und küsst sie sanft auf die Lippen. »Ich liebe dich.«

»Ich liebe dich«, sagt Diana. »Sehr.«

Sie drückt seine Hand, dann überreicht sie dem Sicherheitsbeamten die Bordkarten.

Dave bleibt stehen, bis beide durch die Kontrolle gegangen und um die Ecke verschwunden sind.

Martin Peterson beendet die Vorflugkontrolle.

Peterson kennt die Maschine – eine Boeing 747-400 mit vier Pratt & Whitney 4056-Turbofan-Triebwerken. Er kennt sogar genau diese Maschine – Luftfahrzeugkennzeichen N83228 – er ist sie schon häufiger geflogen. Sie ist circa zwölf Jahre alt, bei einer Lebenserwartung von ungefähr zwanzig Jahren liegt sie altersmäßig also im Mittelfeld.

Das Baujahr eines Flugzeugs ist aber gar nicht entscheidend. Worauf es wirklich ankommt, sind die Anzahl von Starts und die Flugmeilen, und von einer 747 erwartet man, dass sie 20 000 erstere und 600 000 letztere schafft. Auch setzen ihr weniger der Aufstieg oder das Fliegen an sich zu als der ständige Wechsel des Kabineninnendrucks, durch den sich der Rumpf bei jedem Flug vorübergehend um mehrere Zentimeter dehnt, was das Material ermüden und an den Vernietungen kaum erkennbare Spalten entstehen lässt.

Die 747 ist eine Höllenmaschine, sie besteht aus über sechs Millionen Einzelteilen und fast 30 000 Metern Kabel. Der Flugzeugrumpf ist siebzig Meter lang, die Flügelspannbreite beträgt 65 Meter und die maximale Reisefluggeschwindigkeit 507 Knoten. Die N83228 wiegt leer knapp über 180 Tonnen, mit Besatzung, Gepäck und Passagieren aber fast das Doppelte.

Der Flug ist komplett ausgebucht – 23 Passagiere in der First Class, 78 im Businessbereich und 315 zusammengepfercht in der Holzklasse. Das sind 416 Menschen, denkt Peterson, für die ich verantwortlich bin.

Wie Chirurgen und Strafverteidiger leiden auch Piloten unter einem Gott-Komplex.

Peterson ist die Checkliste bereits durchgegangen. Die Bremse ist gezogen, die Schubhebel zurückgefahren, die Treibstoffzufuhr unterbrochen. Er überprüft noch einmal das Kraftstoffniveau – heute Morgen hatte die N83228 72,5 Tonnen Kraftstoff in den beiden Tragflächentanks. Der große Zentraltank ist fast leer – nur die üblichen 190 Liter für den relativ kurzen Flug nach Chicago sind noch drin.

Jetzt überprüft er auch noch einmal die Flugkontrollinstrumente. Die Bordelektronik ist eingeschaltet, die Flugsteuerung »free and correct«, der Fahrwerkshebel steht auf »down«, die Landeklappen sind ausgefahren.

»ATIS?«, fragt er seinen Co-Piloten Ted Tarbet, der die Maschine nach Paris weiterfliegen wird.

Tarbet hat beim Wetterdienst nachgefragt. Ein kalter aber klarer Tag – auf der Strecke sind keine Gewitter oder Turbulenzen zu erwarten. Peterson kennt Tarbet gut, sie sind schon häufig zusammen geflogen. Sein Co-Pilot ist ein ruhiger und besonnener Profi mit einem großartigen Sinn für Humor.

Es verspricht, ein guter, reibungsloser Flug zu werden.

Abdullah Aziz nimmt einen Schluck süßen weißen Tee aus seiner dampfend heißen Tasse.

Er sitzt in einem Café gegenüber dem Hamburger Hauptbahnhof und blickt auf die Uhr an dessen neugotischem Turm.

Fast ist es so weit.

Er hat sich bewusst für diesen Ort entschieden, für den meistfrequentierten Personenbahnhof Deutschlands. Täglich passieren ihn 450 000 Menschen, und Aziz ist lediglich einer von ihnen. Im konservativen blauen Nadelstreifenanzug – schön geschnitten, aber nicht auffallend teuer – sieht er wie jeder andere junge Geschäftsmann aus: kurze schwarze Haare, den Bart bis auf ein paar stylische Stoppeln gestutzt (Allah wird es ihm verzeihen, schließlich dient es dem Dschihad).

Das haben Osama und die anderen falsch gemacht, denkt er. Sie sind von der klassischen Maxime abgewichen, derzufolge ein Terrorist wie ein Guerillakämpfer in einem Meer von Menschen schwimmen soll.

Ein Fisch unter tausenden von Fischen.

Immer in Bewegung, wie ein Hai.

So lange Osama in Bewegung blieb, war er unsichtbar – kaum war er isoliert und unbeweglich wie ein Fels, wurde er für die Amerikaner zum angreifbaren Ziel.

Sein Ende war unvermeidbar.

Und auch nicht ganz unwillkommen, denkt Aziz, als er den Zeiger der Uhr um eine Minute vorrücken sieht. Man stutzt den Baumwipfel, damit die Zweige darunter Sonne bekommen. Hätten die Amerikaner Osama nicht getötet, hätten wir es vielleicht selbst machen müssen, das ist die Wahrheit – der Mann war schlicht unfähig, die Welt nach 9/11 zu begreifen, auch wenn er die Entwicklung selbst in Gang gesetzt hatte. Er war ein wandelnder Anachronismus, verstand nichts von neuerer Technologie oder den heutzutage notwendigen modernen Methoden, einen Dschihad zu führen.

Eine neue Art der Kriegführung, überlegt Aziz, braucht auch neue Krieger. Keine religiös fanatischen Imame oder hoffnungsblinden Märtyrer, die sich von deren Predigten anspornen lassen – wobei diese Typen durchaus nützlich sein können –, sondern Hacker, Identitätsräuber, Scheckfälscher, Drogendealer, Scharfschützen, in Sondereinsatzkommandos eingeschleuste Spione und Soldaten, die ebenso gut ausgebildet sind wie ihre westlichen Feinde.

Traurig aber wahr, Osama war zum Sicherheitsrisiko geworden, hatte sie alle aufgehalten und in den vergangenen Jahren kaum mehr geleistet, als auf seinem Anwesen zu hocken und sich mit seinen zahlreichen Frauen zu zanken.

Osamas Tod war insofern bedauernswert, als er dem Feind Anlass zur Freude bescherte, aber er bot ungeheure Chancen.

Wer auch immer ihn rächen würde, katapultierte sich damit automatisch an die Spitze der losen Sammlung dschihadistischer Gruppierungen, die in alle Winde verstreut und zersplittert waren, nachdem die Amerikaner mit dem, was vom Kern der al-Qaida übrig geblieben war, kurzen Prozess gemacht hatten.

In die Hamburger Innenstadt werden die Amerikaner keine Killerteams oder Drohnen schicken. Aziz ist vorsichtig – die vergangenen drei Nächte hat er in einem bescheidenen Hotel in St. Georg verbracht, einem ehemals schäbigen Rotlichtviertel, inzwischen aber Zentrum der »Gentrifizierung«, die von Yuppies und sadji – Homosexuellen, die es hier anscheinend überall gibt – vorangetrieben wird.

Aber westliche Dekadenz kann Aziz schon lange nicht mehr schockieren. Er hat jahrelang in Großbritannien, in Deutschland, Frankreich und Amerika gelebt – in der ungläubigen Welt der Dschāhiliyya – und gelernt, diese mit hämischer Distanz zu betrachten. Tatsächlich gibt es einiges Bewundernswerte im Westen – die Industrie, die Technologie –, vieles, das es zu übernehmen gilt, aber im Großen und Ganzen ist die Zeit des Westens vorbei. Die industrielle Revolution war wichtig, ebenso der Nationalismus.

Aber jetzt ist die Zeit des Islam gekommen.

Er blickt erneut auf die Turmuhr.

Jeden Moment ist es so weit.

Dave geht in die Kommandozentrale. Über eine Reihe von Monitoren kann er sämtliche Terminals überwachen – den Bereich mit den Check-in-Schaltern, die Sicherheitsschleusen, die Ladenzeilen, die Flugsteige. Überall drängen sich Passagiere mit Reisetaschen und Mänteln über den Armen.

Auf weiteren Monitoren sieht er den knapp drei Meter hohen »intelligenten« Zaun, mit dem das Flughafengelände ringsum gesichert ist. Zum Angriffserkennungssystem gehören Kameras, Bewegungsmelder und ein Ortungsradar.

Kameras überwachen Abflug und Ankunft außerhalb der Terminals. Auch der AirTrain, der die Passagiere zum Flughafen und von einem Terminal zum anderen befördert, wird lückenlos kameraüberwacht.

Von der Kommandozentrale aus kann Dave bestimmte Bereiche insgesamt einsehen oder auf die Hände eines einzelnen Mitarbeiters zoomen, der am Bildschirm eines der Geräte sitzt, mit denen das Handgepäck durchleuchtet wird. Er kann in die Gesichter der Reisenden blicken, wenn sie die Sicherheitskontrollen passieren.

Aber jedes System, egal wie sicher, hat Schwachstellen.

Die des JFK ist der AirTrain.

Man kann von jedem beliebigen Ort in New York City die U-Bahn nehmen und in Howard Beach in den AirTrain umsteigen, ohne eine Personen- oder Gepäckkontrolle durchlaufen zu müssen.

Die beiden Waggons des Zugs halten an allen Terminals, aber Sorgen macht Dave vor allem Terminal 4 – dort hält der Zug zwar auf der Ankunftsebene, aber direkt unterhalb der Abflughalle.

Genauer gesagt unter El Al, der israelischen Fluggesellschaft.

Er betrachtet den zweiten Waggon des AirTrain auf dem Monitor.

Etwas weckt seine Aufmerksamkeit. So wie ihm in Falludscha der verdächtige Gesichtsausdruck eines Straßenhändlers auffiel, der eine Schusswaffe unter der Jacke versteckt hatte, oder eine seltsame Verwerfung auf dem Boden, unter der sich eine Sprengfalle verbarg. Dieser genaue Blick hat bereits mehreren Menschen das Leben gerettet, auch ihm selbst.

Jetzt fällt ihm ein junger Mann in dem brechend vollen Zug auf.

Dem Aussehen nach ist er knapp zwanzig, trägt eine blaue Daunenjacke zur Jeans. Typisch. Aber er hat kein Gepäck – keinen Koffer und keinen Rucksack, obwohl Daves Erfahrung nach die meisten jungen Männer in seinem Alter wenigstens eine Art Rucksack dabeihaben. Keine Ohrstöpsel, kein iPod.

Dave sieht täglich tausende junge Männer durch den Flughafen strömen. Nur wenige hören keine Musik, lauschen dem eigenen Soundtrack im Kopf. An sich bedeutet das nichts, aber …

Der junge Mann hat olivfarbene Haut und unter seiner grauen Wollmütze kommt schwarzes Haar zum Vorschein – er könnte aus dem Nahen Osten stammen.

Okay, das ist ethnisches Profiling, nicht schön, aber leider funktioniert’s. Die neue Strategie der al-Qaida besteht darin, »einheimische« Terroristen zu rekrutieren – muslimische Einwanderer oder Konvertiten. Der junge Mann hier könnte beides sein.

Dave sieht den Zug an Terminal 4 halten, der Mann steigt aus, dann gehen zwei weitere junge Männer – mit Rucksäcken und iPods – auf ihn zu.

Gelächter und High Fives.

Freunde, die sich voneinander verabschieden oder jemanden abholen.

Dave überprüft noch ein paar weitere Monitore und geht dann runter in den Terminal. Monitore sind super, aber er will sich lieber persönlich ein Bild machen. Und es gibt noch einen anderen Grund – von den tausenden Menschen heute am Flughafen ist Dave einer der wenigen, der schon einmal einem Terroristen in die Augen gesehen hat.

Hassan Al Hulwah greift in seinen Rucksack, öffnet den 22-Liter-Beutel mit Flüssigerdgas und macht sich bereit, das Ding zu zünden.

Er zwingt sich zu warten.

Bei der Übergabe des Rucksacks hatten ihm die Genossen erklärt, er solle warten, bis er richtig drin sei in Terminal 4, unter den Schaltern der El Al, der Fluggesellschaft der verhassten Zionisten.

Ein dreifacher Schlag.

Gegen die Juden.

Gegen die Amerikaner.

An ihrem heiligen Festtag.

Flüssigerdgas, kurz LNG – Liquefied Natural Gas –, besteht zu neunzig Prozent aus Methan. Und ist hochentzündlich.

LNG ist in flüssigem Zustand nicht explosiv. Wenn es aber mit Luft in Berührung kommt, entsteht eine Dunstwolke, und der kleinste Funke genügt, um ein Feuer zu entfachen, das so heiß ist, dass Stahlträger noch auf vierhundert Meter Entfernung einfach einknicken. Auf tausendfünfhundert Meter Entfernung verursacht es auf ungeschützter Haut immerhin noch Brandwunden zweiten Grades.

Ein Terminalgebäude und alle, die sich darin befinden, würden schmelzen.

Einen Augenblick lang denkt Hassan an die Menschen, die sterben werden – nicht nur Männer, auch Frauen und Kinder. Dann wappnet er sich mit Abdullahs Lehre, dass alle Opfer im Tod gerecht entlohnt werden – die Unschuldigen kommen direkt ins Paradies, nur die Schuldigen fahren zur Hölle.

Noch wenige Sekunden, denkt Hassan, dann bin ich ein shahid, ein Märtyrer.

Er riecht Blumen.

Die verheißenen Rosen des Paradieses.

Dave hat den jungen Mann aus dem AirTrain entdeckt.

Jetzt hat er einen Rucksack und zwar vor sich, vor der Brust. Und seine Hände sind im Rucksack, er fingert an etwas herum.

»An alle Sicherheitskräfte«, meldet Dave über Funk, »Crash. Crash. Alle Einheiten Terminal 4, Ankunftshalle.«

Während Dave sich durch die Menge schiebt, laufen verdeckte Marshals mit ihm los.

Sie werden es nicht schaffen.

Dave zieht die Glock, schießt aber nicht. Zu viele Leute sind im Weg. Er schiebt sich weiter durch die Menge, brüllt: »Runter! Runter! Flach auf den Boden!«

Die Menschen schreien.

Dave wirft eine Frau zu Boden.

Der junge Mann sieht ihn.

Und bedenkt Dave mit dem seltsamsten Lächeln, das dieser je gesehen hat.

Heiter.

Triumphal.

»Stop!«, brüllt Dave und zielt auf den Kopf des Jungen. »Hände hoch und nicht bewegen!«

Hassan reißt sich den Rucksack von der Brust, kippt ihn aus, so dass der Inhalt zu Boden fällt. Dave riecht das Gas. Auch die Menschen im Terminal riechen es, schreien und laufen weg.

Dann zieht Hassan ein Feuerzeug aus der Tasche.

Wenn er es anzündet, fliegt der Terminal in die Luft.

Dave hat nur eine Chance.

Er muss den Hirnstamm treffen, die Medulla oblongata, und sämtliche Vitalfunktionen unterbinden, bevor das Gehirn das Signal zum Anzünden des Feuerzeugs an die Finger weiterleiten kann.

Er drückt zweimal ab.

Ein Ruck fährt durch Hassans Körper.

Seine Finger erstarren, und das Feuerzeug fällt ihm aus der Hand.

Dann kippt er um.

Dave lässt die Waffe sinken und atmet.

Eine halbe Sekunde später, und es wäre zur Katastrophe gekommen.

»Einen schönen guten Morgen. Ich bin Captain Martin Peterson. Mit mir im Cockpit sitzt heute Ted Tarbet. Es ist ein wunderschöner Tag zum Fliegen. Mit Turbulenzen ist nicht zu rechnen. Unsere Route führt uns östlich über Jamaica Bay …«

Mit einer Geschwindigkeit von sieben Metern pro Sekunde, die Nase drei Grad aufwärts gerichtet, steigt die 747 auf ihre planmäßige Flughöhe.

»Heimwehkranker Engel« nennen Piloten ein himmelwärts strebendes Flugzeug.

Diana betrachtet ihren Sohn, er mampft einen großen Chocolate-Chip-Cookie und schaut aus dem Fenster. Sie weiß, dass Jake den Cookie komplett aufessen, in einen Zuckerrausch verfallen und einschlafen wird, kurz bevor der Pilot die bevorstehende Landung in O’Hare ankündigt.

Sie zieht eine Vogue aus der Tasche und macht es sich bequem. Das Beste am Fliegen ist, dass sie ohne Gewissensbisse schlechte Zeitschriften lesen darf, weshalb sie außerdem noch eine People und eine Cosmopolitan eingesteckt hat. Als Schulpsychologin muss sie ständig Zeugnisse und Gutachten lesen und kommt sonst zu kaum etwas anderem. Dass ihr normalerweise recht sparsamer Ehemann First-Class-Tickets gebucht hat, war eine schöne Überraschung gewesen. Ein Glas Wein, später auf dem Verbindungsflug nach Bozeman, und …

KRACH!

Die Maschine macht einen Sprung, als wäre sie von einem überdimensionalen Baseballschläger getroffen worden.

Jake dreht sich zu Diana um, die Augen ängstlich aufgerissen. Diana zwingt sich zu lächeln.

»Wenn wir in Montana sind, bauen wir eine riesige Schneeburg.«

Jake lächelt zurück. Wenn sich Mama keine Sorgen macht …

Dann explodiert etwas.

Die Druckwelle reißt auf Höhe des Zentraltanks ein riesiges Loch in den Flugzeugboden.

Die Sitzreihen 17 bis 28 lösen sich aus ihren Verankerungen, und die Passagiere werden durch das klaffende Loch in die eiskalte Luft hinausgesogen. In 8000 Meter Höhe schlagen 100 Menschen fest an ihre Sitze geschnallt wie verrückt Purzelbäume.

Eine Flugbegleiterin im Gang fällt um, wird über den Boden der Kabine geschleift und mit wehendem roten Haar ebenfalls nach draußen gesogen.

Das Flugzeug kippt und stürzt.

Peterson will es hochziehen, aber die Hydraulik reagiert nicht. Während sich die Maschine schon im Sturzflug befindet, schaltet er auf manuelle Kontrolle.

Die Stromleitungen sind unterbrochen, und in der Kabine wird es dunkel, als sich der vordere Teil durch die Wucht der Explosion verbiegt. Tausende Nieten platzen ab und schießen wie Maschinengewehrsalven durch den Passagierraum.

Jake schreit: »Mama!«

Der Mann auf der anderen Seite des Gangs ist tot, eine Niete hat sich ihm in den Kopf gebohrt. Die Frau neben ihm starrt mit offenem Mund auf ihr linkes Handgelenk, Blut spritzt aus dem Stumpf an der Stelle, wo eben noch ihre Hand war. In der Reihe hinter Jake und Diana versucht ein Mann, den Blutfluss aus seiner Halsschlagader eigenhändig zu stoppen.

Die Schreie der Passagiere sind entsetzlich.

Wegen des ohrenbetäubenden Luftstroms, der durch das Loch im Maschinenboden dringt, kann Diana ihre eigene Stimme kaum hören, als sie in Jakes Richtung brüllt: »Alles wird gut! Uns passiert nichts!«

Zwei Sekunden später hört sie Metall reißen.

Hinter den Tragflächen schält sich ein Streifen vom Rumpf wie die Schale von einer Orange.

Diana wendet den Kopf und sieht einen Alptraum – die komplette hintere Hälfte des Flugzeugs trennt sich ab.

Die Sitze lösen sich aus ihrer Verankerung, und weitere Passagiere stürzen ins Leere.

Der hintere Teil sackt nach vorne und fällt.

Jetzt trifft ein Luftstrom von 650 Stundenkilometern die Menschen in der ungeschützten Kabine. Von der Wucht werden ihnen Kleidung und Fleisch von den Körpern gezogen, die Knochen gebrochen und die inneren Organe zerquetscht. Die meisten sind bereits tot oder bewusstlos, als die Stahlstreben über ihnen zusammenkrachen.

Der plötzliche Masseverlust lässt den vorderen Teil der Maschine um 103 Grad nach oben schwingen und 900 Meter in die Höhe schnellen, wobei Diana und Jake brutal in ihre Sitze gepresst werden.

Diana wird um ein Haar ohnmächtig, versucht aber verzweifelt, für Jake bei Bewusstsein zu bleiben. Sie fällt auf ihn, als das Flugzeug nach links gerissen wird, die Triebwerke auf dieser Seite verbrennen den Treibstoff aus dem Tragflächentank.

Die Gepäckfächer springen auf.

Taschen und Koffer purzeln heraus.

Als der rechte Tragflächentank leer ist und die Maschine zur anderen Seite geworfen wird, fällt Jake auf Diana.

Plötzlich ohne Treibstoff stottern die Motoren und gehen aus.

In weniger als einer Sekunde sinkt die Geschwindigkeit von dreihundert auf hundert Knoten.

Der abrupte Beschleunigungsstopp führt zur »inneren Enthauptung« vieler erwachsener Passagiere. Das Genick bricht, der Kopf ist nur noch durch die Haut mit dem Körper verbunden. Die Kinder sind widerstandsfähiger, und viele leben noch, als die Nase des Flugzeugs vornüberkippt und nun auch der vordere Teil zum Sturzflug ansetzt, Spiralen drehend vom Himmel kracht.

Obwohl er weiß, dass die Verbindung wahrscheinlich tot ist, schreit Martin Peterson in sein Funkgerät: »Eagle Two-One-One, heavy! 416 Menschen an Bord!«

Der Co-Pilot ist tot – sein Genick ist gebrochen, die leblosen Augen treten hervor.

Peterson reißt den Steuerknüppel zurück, aber die HandEagle Two-One-One