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JACK WILLIAMSON

 

 

 

WING 4

 

Roman

 

 

 

 

WILHELM HEYNE VERLAG

MÜNCHEN

 

 

 

 

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www.diezukunft.de

INHALT

 

Vorbemerkung zur deutschen Erstausgabe

Wing 4

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Kommentar zur deutschen Erstausgabe

Gotthard Günther – Ein Pionier der Science Fiction in Deutschland

 

Vorbemerkung zur deutschen Erstausgabe{1}

 

Genau wie der »Unglaubliche Planet« von John W. Campbell, Jr. (Rauchs Weltraum-Bücher Band 1), ist »Wing 4« als zweites Buch unserer Reihe eine phantastische Erzählung über eine unendlich zukünftige Daseinsform des Menschen, die zunächst als aufregende kosmische Abenteurergeschichte zur reinen Unterhaltung gelesen werden kann, mit der sich aber auch eine ernsthafte denkerische Beschäftigung lohnt, weil hinter dem erzählenden Text sehr tiefe geschichtsphilosophische Ausblicke zu ahnen sind.

Wer daran nicht interessiert ist, der kann den »Kommentar des Herausgebers«{2} mit gutem Gewissen ignorieren und sich einfach durch die bizarre Phantasie Williamsons die Zeit vertreiben lassen. Man kann ja auch den »Don Quijote« des Cervantes genießen, ohne sich der melancholischen Philosophie über die seelische Gebrechlichkeit des Menschen bewusst zu sein, die hinter dieser großartigen Dichtung steht.

Ist der Leser jedoch an der Tatsache interessiert, dass ein künftiges Vordringen des Menschen in kosmische Räume von einer grundsätzlichen Veränderung im Aufbau des menschlichen Bewusstseins begleitet sein wird, dann sei er zu einer ersten Information über jene tieferen Perspektiven des Buches auf den als Anhang beigegebenen Kommentar verwiesen.

Wie im Falle des »Unglaublichen Planeten«, rät der Herausgeber auch hier, mit der Lektüre des Kommentars zu warten, bis der Leser erst einmal Williamsons »Story« selber rein erzählerisch in sich aufgenommen hat.

Der Herausgeber

For John W. Campbell, Jr.

who pointed out to me some of the

consequences of folded hands

 

1

 

Der Feldwebel, der ein Gesicht hatte, das hart war wie Granit, und der dem Wachkommando am Tor angehörte, fand sie außerhalb der hohen stählernen Umzäunung. Mit großen ängstlichen, flehenden Augen schaute sie zu ihm auf. Sie war eine schmutzige kleine Göre in einem billigen gelben Kleid. Ihre nackten braunen Füße spielten verlegen auf dem heißen Asphalt. Sein erster Gedanke war, dass sie sich was zum Essen erbetteln wollte.

»Bitte, Herr, ist dies das Starmont-Observatorium?« Sie schien atemlos und furchtsam. »Könnte ich bitte den Herrn Direktor sprechen? Herrn Dr. Clay Forester?« Ihre feuchten Augen glänzten. »Bitte, Herr Soldat! Es ist schrecklich wichtig.«

Der Feldwebel runzelte die Stirn und betrachtete sie unsicher. Wie sie wohl hierhergekommen sein mochte? Sie war ungefähr neun Jahre alt. Ihr Kopf war zu groß, und ihre Augen saßen in tiefen Höhlen, als hätte sie lange gehungert. Ihre glatten schwarzen Haare waren kurz geschnitten und sorgfältig gekämmt. Missbilligend schüttelte er den Kopf. Sie war viel zu jung, um allein hier zu sein. Er konnte spüren, wie dringend sie wünschte, dass ihre Bitte erfüllt würde; aber herumstrolchende Straßenkinder gehörten nicht zu denen, die zu Dr. Forester vorgelassen wurden.

»Nicht ohne Passierschein.« Sie zuckte zusammen unter dem rauen Ton seiner Stimme, und der Feldwebel versuchte zu lächeln. »Starmont ist militärisches Sperrgebiet, verstehst du?« Als er die Not in ihren dunklen, nach oben gewandten Augen sah, versuchte er seiner Stimme einen wärmeren Ton zu geben. »Aber wie heißt du denn, Schwesterchen?«

»Jane.« Mutig hob sie ihre dünne Stimme. »Und ich muss ihn einfach sprechen.«

»Jane? Hast du sonst gar keinen Namen?«

»Manche Leute haben mich auch anders genannt, weil ich nämlich gar nicht weiß, wie ich wirklich heiße.« Für einen kurzen Augenblick senkte sie die Blicke. »Man hat mich Schreihals und Käferchen und Vögelchen genannt und noch andere, nicht so hübsche Dinge. Herr White sagt aber, mein wirklicher Name sei Jane Carter – und er hat mich hierhergeschickt, um Herrn Forester zu sprechen.«

»Wie bist du denn hier heraufgekommen?«

Der Feldwebel schaute über sie hinweg hinüber zu der engen Straße auf der anderen Seite des Gitters, die sich in Kehren an der Seite des für sich allein aus der Ebene aufsteigenden Berges ins Tal hinunterzog. Schwarz und kerzengerade durchschnitt diese Straße drunten die gelblichbraune Wüste. Salt City war dreißig Meilen entfernt. Das war viel zu weit, als dass sie den Weg hätte zu Fuß zurücklegen können. Irgendein Fahrzeug konnte er aber nicht erblicken.

»Herr White hat mich geschickt«, wiederholte sie in festem Ton. »Ich soll …«

»Wer«, unterbrach sie der Feldwebel, »ist denn dieser Herr White?«

Tiefe Verehrung leuchtete in ihren Augen auf.

»Er ist ein Philosoph.« Sie zerbrach sich fast die Zunge an diesem Wort. »Er hat einen roten buschigen Bart, und er kommt von irgendwoher. Er nahm mich bösen Leuten weg, die mich immer geschlagen haben, und er ist furchtbar gut zu mir. Er lehrt mich Tele…« Sie verschluckte den Rest des Wortes. »Er hat mir eine Nachricht für Dr. Forester mitgegeben.«

»Was für eine Nachricht?«

»Hier.« Ihre dünne Hand kam zur Hälfte aus der Tasche ihres Kleides heraus, und der Feldwebel konnte einen flüchtigen Blick auf eine graue Karte werfen, die sie festumschlossen in ihren dünnen schmutzigen Fingern hielt. »Es ist eine Mitteilung … und sie ist furchtbar wichtig, Herr Soldat!«

»Du kannst sie hineinschicken.«

»Vielen Dank!« Ihr dünnes bläuliches Gesicht lächelte höflich. »Herr White hat aber gesagt, dass niemand sonst die Mitteilung sehen darf, außer Dr. Forester selbst.«

»Ich hab dir schon einmal gesagt, Schwesterchen …« Der Feldwebel sah, wie sie zusammenzuckte, und versuchte seiner Ablehnung einen milderen Ton zu geben. »Dr. Forester ist ein großer Mann, verstehst du? Er hat zu viel zu tun, um irgendjemand zu empfangen – außer natürlich vielleicht einen General auf einer Inspektionsreise, vorausgesetzt, dieser hat die nötige Autorisation von der Verteidigungsbehörde. Du hast aber überhaupt keinen Ausweis, verstehst du? Tut mir leid, aber ich kann dich wirklich nicht hereinlassen.«

Sie nickte versunken. »Dann lassen Sie mich … nachdenken!«

Einen Augenblick lang stand sie still. Sie vergaß selbst, ihre Füße auf dem heißen Straßenbelag zu bewegen. Ihr knochiger Kopf neigte sich zur Seite, und ihre Augen schlossen sich halb, als lausche sie auf etwas, das aus weiter Ferne zu ihr kam. Sie nickte und flüsterte vor sich hin und wandte sich dann hoffnungsvoll wieder dem Feldwebel zu.

»Könnte ich bitte Herrn Ironsmith sprechen?«

»Selbstverständlich, Schwesterchen.« Erleichtert lächelte er ihr mit einem lederartigen Lächeln zu. »Warum hast du nicht gleich gesagt, dass du ihn kennst? Es ist schwierig, von Forester empfangen zu werden, aber jeder kann mit Frank Ironsmith sprechen. Er ist nichts Besonderes, und überdies bin ich mit ihm befreundet. Komm hierher in den Schatten, und wir rufen ihn heraus!«

Furchtsam und still kam sie in den Schatten der schmalen Markise vor dem Wachhäuschen. Der Feldwebel nahm den Telefonhörer vom Apparat, um das Amt des Observatoriums anzurufen.

»Natürlich hat Frank Ironsmith Telefon«, wurde die nasale Stimme der Beamtin hörbar. »Er arbeitet in der mathematischen Abteilung. Starmont 88. Sicher ist er in seinem Büro. Hat mir gerade auf seinem Weg zur Arbeit 'ne Tasse Kaffee spendiert. Bleiben Sie am Apparat!«

Ironsmith hörte dem Feldwebel zu. Er versprach, sofort herunterzukommen. Das kleine Mädchen hielt, während sie auf ihn wartete, die Karte mit der Mitteilung krampfhaft in seiner Hand. Nervös bückte es sich, um ein paar hellgelbe Blüten von einer Wüstenpflanze außerhalb des Gitters zu pflücken. Dann wanderten ihre großen Augen unruhig zurück zu dem Feldwebel.

»Mach dir keine Sorgen, Schwesterchen!« Er versuchte, seiner Kasernenhofstimme einen sanften Klang zu geben. »Frank Ironsmith ist nämlich ein guter Kerl, verstehst du? Er ist nicht viel und wird auch wahrscheinlich nie viel werden. Seine ganze Tätigkeit besteht darin, die elektrischen Rechenmaschinen in der mathematischen Abteilung zu bedienen. Ich weiß aber ganz sicher, dass er versuchen wird, dir zu helfen.«

»Ich hab Hilfe auch wirklich nötig« – sie packte die Karte noch fester –, »um diese Mitteilung zu Dr. Forester gelangen zu lassen.«

»Frank wird sich schon was ausdenken.« Der Feldwebel grinste und versuchte mit diesem Grinsen, ihre großäugige Feierlichkeit zu überspielen. »Er ist sehr gerissen, auch wenn er nur ein einfacher Angestellter ist.«

Wieder hatte sie ihren Kopf zur Seite geneigt. An dem Soldaten vorbei starrte sie auf den Rasen und auf das dunkle Immergrün, das aus Starmont eine kühle Oase machte. Beunruhigt stand der Feldwebel für einen kurzen Augenblick unter dem Eindruck, als lausche sie noch auf etwas anderes als nur auf seine Stimme.

»Frank ist wirklich in Ordnung, Schwesterchen.« Er fuhr fort zu reden, denn die eigenartige Spannung des Kindes machte ihn nervös. »Und er weiß 'ne ganze Menge. Selbst wenn er mit uns anderen in die Kantine geht, um ein Bier zu trinken, hat er meistens ein Buch dabei. Mein Gott, er kann sogar eine uralte Sprache, von der er behauptet, man habe sie in den Zeiten des ersten Planeten gesprochen.«

Nun schaute sie ihn wirklich aufmerksam an.

»Der ist irgendwo da droben unter den anderen Sternen, verstehst du?« Er machte eine vage Geste nach dem heißen Himmel. »Dieser Planet, der die erste Welt war, von der – wie Frank sagt – alle Menschen herkommen. Einmal hat er mir nachts die Muttersonne gezeigt.« Die Erinnerung einer überstandenen Furcht schien ihren Widerhall im Klang seiner Stimme zu finden. »Ist nichts Besonderes. Einfach ein weiterer Stern im Fernrohr.«

Denn Starmont lag nicht auf der Erde, noch war Jane Carters Sprache Englisch oder Deutsch. Selbst ihr Name erscheint hier übersetzt und ist in Wirklichkeit unaussprechbar. Hundert Jahrhunderte waren seit Einstein und den Tagen von Hiroshima vergangen. Das gebändigte Atom hatte Raumschiffen die Energie geliefert, um die menschliche Rasse über viele Tausende bewohnbare Planeten hin und bis zu einer Entfernung von hundert Lichtjahren von der Erde zu verbreiten. Unzählige menschliche Kulturen – isoliert voneinander durch die ungeheuren Entfernungen, die zwischen ihnen lagen (für deren Überwindung selbst die besten Atomschiffe viele Generationen benötigten) – waren entstanden und vergangen, waren mutig wieder ins Leben getreten und hatten neue Zerstörung herausgefordert. Diese Welt nun, von der wir sprechen, war im Netz der brutalen Wiederholung des Geschichtsablaufs – sowohl was ihre chemische Zusammensetzung, als auch was ihr Klima anbetraf, war sie dem ursprünglichen Erdplaneten recht ähnlich – mit dem Zusammenbruch ihrer Mutterzivilisation fast in den Zustand der Barbarei zurückgesunken. Dann hatten etwa ein Dutzend Jahrhunderte unabhängigen Fortschrittes ihre Menschen ungefähr dahin zurückgebracht, wo die Erde sich bei Anbruch des Atomzeitalters befand. Allerdings war die Technik mit all ihren sozialen Folgeerscheinungen etwas weiter fortgeschritten. Eine Weltrepublik hatte die langen Epochen nationalistischer Kriege beendet. Dieser Universalstaat wurde aber seinerseits bereits von neuen Konflikten in einem erweiterten Universum bedroht. Die lokale Wiederentdeckung der Atomspaltung nämlich hatte Forscher, Händler und Abgesandte von neuem dazu veranlasst, im Weltraum herumzureisen. Ihre primitiven Raumschiffe führten den Virus der Wissenschaft mit sich und brachten ihn zu nahen anderen Planeten, deren Bevölkerungen noch zu rückständig waren, um in sich selbst die nötige Immunität gegen die durch die industrielle Revolution hervorgebrachten aufrührerischen Ideologien erzeugt zu haben. In diesem Augenblick, in dem die langsame Welle des Fortschrittes ihren Höhepunkt überschritt, schickte sich die Welt Jane Carters und des Feldwebels an, den alten Zyklus von Aufstieg und Zerfall zu wiederholen – allerdings mit gewissen Abwandlungen. Diese Welt hatte ihre eigenen Fabrikationsmethoden exportiert. Nun wurde sie bedroht von den unvermeidbaren Früchten, die andere aus diesen Methoden zogen. Schon musste die demokratische Republik in ihren verzweifelten Aufrüstungsanstrengungen wesentliche Grundsätze der Demokratie opfern, um einer feindlichen Allianz der totalitären triplanetarischen Mächte entgegentreten zu können.

»Verstehst du, Schwesterchen?« Der Feldwebel grinste aufmunternd. »Frank Ironsmith ist derjenige, der dir helfen wird … und da kommt er auch schon.«

Das verschüchterte Straßenkind schaute schnell auf. Ein schlanker junger Mann näherte sich dem Tor. Auf einem rostigen Fahrrad kam er einen schattigen, kiesbestreuten Pfad entlang, der zwischen Immergrün von einem Haus mit rotem Ziegeldach herüber zum Eingang führte. Kameradschaftlich winkte er dem Feldwebel und wandte dann seine freundlichen grauen Augen dem Kind zu. Unsicher lächelte dieses ihn an.

Ironsmith, der trotz seiner sechsundzwanzig Jahre sehr jungenhaft wirkte, hatte ein schmales, sonnenverbranntes Gesicht und unordentliche, sandfarbene Haare. In seinem verwaschenen Hemd mit dem offenen Kragen und seinen unförmigen uralten Hosen sah er unbekümmert und sorglos aus. Das scheue Lächeln des Kindes beantwortete er mit einem freundlichen Nicken und wandte sich dann fragend an den Feldwebel.

»Fräulein Jane Carter«, sagte der Feldwebel, »wünscht Herrn Dr. Forester zu sprechen.«

Ironsmith klopfte seine Pfeife am Fahrradrahmen aus. Geistesabwesend prüfte er die Temperatur des Pfeifenkopfes mit den Spitzen seiner Finger. In ihren Augen sah er die atemlose Dringlichkeit ihres Wunsches. Schnell schüttelte er bedauernd den Kopf.

»Du müsstest mindestens ein General sein.« Seine Stimme war sanft und freundlich. »Könnte es denn nicht auch jemand anderer sein?«

»Nein«, sagte sie fest. »Und es ist furchtbar wichtig.«

»Daran habe ich gar keinen Zweifel«, stimmte Ironsmith zu. »Und um was handelt es sich denn?«

Ihre großen feuchten Augen starrten über ihn hinweg. Ihre dünnen bläulichen Lippen bewegten sich lautlos. Dann schien sie zu lauschen.

»Ich darf es nicht sagen«, sagte sie zu Ironsmith. »Nur, dass es etwas ist, was sich sofort ereignen wird, sagt Mr. White. Etwas ganz Schreckliches. Deshalb möchte er Dr. Forester warnen.«

Ironsmith schaute über sie hinweg auf die lange, leere, sich in Kurven heraufwindende Straße, die sich in der flimmernden Ferne in der Richtung Salt City verlor. Dann bemerkte er die unbehaglichen Bewegungen ihrer nackten wunden Füße, und Sorge um sie ernüchterte ihn.

»Sag mal, Jane – wo hast du eigentlich deine Angehörigen gelassen?«

»Ich habe keine Angehörigen«, sagte sie traurig. »Ich habe nie Angehörige gehabt, und die Schutzleute haben mich in ein großes dunkles Haus eingeschlossen, wo es schlecht roch und Gitter an den Fenstern waren. Jetzt aber geht es mir gut.« Ihre Miene klärte sich auf. »Mr. White hat mich herausgenommen, einfach so durch die Wand, und er sagt, ich brauche nicht zurückzugehn.«

In Gedanken versunken, rieb Ironsmith sein glattes Kinn.

»Es ist ziemlich schwer, bis zu Dr. Forester vorzudringen«, sagte er zu ihr. »Vielleicht aber können wir's doch arrangieren. Was würdest du dazu sagen, wenn wir hinübergingen zum Kaffee und eine Portion Eis äßen, während wir uns unterhalten?« Er schaute den Feldwebel an. »Ich begleite sie zurück zum Tor.«

Widerstrebend schüttelte sie den Kopf.

»Bist du nicht hungrig?«, versuchte er sie zu locken. »Die da drüben im Kaffee haben viererlei Sorten Eis.«

»Danke schön!« Er konnte die Lust in ihren feuchten dunklen Augen sehen, aber fest entschlossen trat sie zurück. »Doch, ich bin schon sehr hungrig. Mr. White sagt aber, ich hätte keine Zeit zum Essen.«

Sie wandte sich um und begann, sich vom Tor zu entfernen. Über sie hinweg konnte man die Straße sehen. Sie war wie eine schmale Kerbe, die man in die Basaltpfeiler des Berges hineingesprengt hatte. Der nächste Ruhepunkt war jener dunkle Fleck, der fern im Horizont zitternd im Lichte der heißen Morgensonne lag.

»Warte, Jane!«, rief er angstvoll. »Wohin gehst du denn?«

»Zurück zu Mr. White.« Sie blieb stehen. »Damit er mir sagen kann, wie ich es machen muss, um zu Dr. Forester zu kommen. Dass ich kein Eis essen kann, ist freilich sehr arg.«

Sie schob die Karte tief in ihre Tasche hinein. Dann begann sie die schmale Straße bergabzurennen. Ironsmith, der sah, wie sie fortwährend versuchte, sich auf der kühlen Seite unter dem Schatten der Felsen zu halten, empfand eine wachsende Besorgnis um sie. Sie sah aus wie die Tochter der Not. Hunger hatte ihren Körper zu klein werden lassen für ihren Kopf. Ihre gebückten Schultern gaben ihr fast den Anschein, als sei sie eine kleine alte Frau. Dennoch war sein Hauptgefühl nicht Mitleid, sondern Verwirrung. Er begriff nicht, was es bedeutete, wenn sie auf eigenartige Weise in die Ferne lauschte, noch was hinter der sonderbaren Dringlichkeit steckte, mit der sie Dr. Forester sprechen wollte. Er wünschte, er hätte Mut genug besessen, sich nicht um den Amtsschimmel zu kümmern und ihr Einlass zu Dr. Forester zu verschaffen.

Im nächsten Augenblick verschwand ihr flatterndes gelbes Kleid hinter dem ersten dunklen Felsvorsprung des Berges. Er bestieg sein Fahrrad, um sich zu seiner Arbeit zurückzubegeben, aber irgendetwas hielt ihn zurück. Er wartete, beobachtete die tiefere Kurve der Straße, die weiter unten in seinem Blickfeld lag; aber das kleine Mädchen tauchte nicht mehr auf.

»Lass mich hinaus!«, sagte er plötzlich zu dem Feldwebel. »Ein heimatloses Kind mit dieser verrückten Idee, dass es eine wichtige Nachricht für Dr. Forester hat – das können wir doch nicht einfach ganz allein in die Wüste hineinrennen lassen. Ich bring es zurück und werde versuchen, Forester zu überreden, dass er es empfängt. Ich übernehme die Verantwortung.«

Er radelte hinunter und um die Kurve herum und noch eine ganze Meile weiter. Er fand Jane Carter nicht. Schließlich kam er zum Tor zurück. Sein Rad schob er neben sich her.

»Hast du sie gefunden?«, begrüßte ihn der Feldwebel.

Er schüttelte den Kopf, während er staubigen Schweiß von seinem rosafarbenen, besorgten Gesicht wischte.

»Wohin ist sie denn gegangen?«

»Ich weiß nicht.« Beunruhigt starrte Ironsmith die leere Straße hinter sich hinunter. »Aber sie ist verschwunden.«

»Ich habe unausgesetzt die Straße beobachtet.« Der Feldwebel legte seinen Feldstecher neben sich auf den Tisch. »Ich konnte sie nirgends entdecken, noch hab ich eine andere Menschenseele gesehen zwischen hier und Salt City.« Er kratzte sich am Kopf, setzte dann automatisch seine Mütze wieder vorschriftsmäßig zurecht und prüfte die militärische Korrektheit seiner Knöpfe und seiner Krawatte. »Eine komische Geschichte«, sagte er schließlich. »Verdammt komisch.«

Ironsmith nickte milde. Dann bat er, das Telefon benutzen zu dürfen.

»Belle«, sagte er zu der Beamtin, »bitte verbinden Sie mich mit Dr. Foresters Büro! Wenn er noch nicht da ist, möchte ich mit einem seiner Mitarbeiter sprechen.«

2

 

Das Telefon neben seinem Bett würde gleich läuten. Man würde ihm schlechte Nachrichten über »das Projekt« übermitteln.

Diese angespannte Erwartung riss Clay Forester aus einem unruhigen Schlaf. Sein Haus war klein und weiß und stand im Schatten der Observatoriumskuppel. In der vergangenen Nacht hatte er zu lange an »dem Projekt« gearbeitet. Eine braune Pelzigkeit hatte sich in seinem Munde festgesetzt, und der gelbe Glanz des Sonnenlichtes in seinem Schlafzimmer schmerzte seine Augen. Steif drehte er sich um und griff nach dem Telefon.

Wahrscheinlich würde es Armstrong sein, der ihm irgendeine wichtige Mitteilung der Verteidigungsbehörde zu übermitteln hatte.

Vielleicht – und bei dem Gedanken überlief es ihn kalt – war der Spion Mason Horn mit neuen Nachrichten über die Feindtätigkeit der triplanetarischen Mächte zurückgekehrt. Vielleicht hatten sogar die Fernschreiber schon das rote Alarmzeichen gegeben, was bedeutete, dass man »das Projekt« für einen interplanetarischen Krieg bewaffnen musste.

Forester berührte den kühlen Apparat und zog seine Hand zurück. Die Glocke hatte nicht geläutet. Wahrscheinlich würde sie auch gar nicht läuten. Seine verwirrte Erwartung eines derartigen Anrufs war gar nichts weiter als die Folge von zu viel Sorgen, die er sich machte – und sein ungutes Gefühl bedeutete keineswegs eine Warnung vor zukünftigen Schwierigkeiten. Natürlich war bei »dem Projekt« eine Katastrophe immer möglich, an Gedankenübertragung und Ähnliches aber glaubte er nicht.

Vielleicht war das Gefühl auch das Resultat einer sinnlosen Unterhaltung über Vorahnungen, in die Frank Ironsmith ihn tags zuvor verwickelt hatte. Er hatte nicht die Absicht gehabt, sich zu streiten. »Das Projekt« ließ es nicht zu, dass er Zeit vergeudete. Überdies war sein Verstand viel zu praktisch, als dass ihm irgendwelche zwecklosen mathematischen Phantasien hätten Spaß machen können. Er hatte lediglich eine von Ironsmith' erstaunlichen Vereinfachungen einer schwierigen Berechnung erdmagnetischer Ballistik angezweifelt. Die oberflächliche Erklärung, die Ironsmith so ganz nonchalant auf eine Papierserviette, die auf dem Tisch lag, gekritzelt hatte, bedeutete nicht mehr und nicht weniger als eine völlige Zurückweisung aller orthodoxen Theorien von Raum und Zeit. Die Gleichung sah wirklich eindrucksvoll aus. Dr. Forester aber, der der mühelosen Genialität des jüngeren Mannes misstraute, hatte ungläubig dagegen protestiert.

»Ihre eigene Erfahrung wird Ihnen zeigen, dass ich recht habe«, hatte der Mathematiker leichthin gemurmelt. »Die Zeit wirkt wirklich nach beiden Richtungen. Ich bin überzeugt davon, dass auch Sie selbst häufig in die Zukunft sehen. Ich weiß, dass dies nicht bewusst geschieht … und auch nicht in Einzelheiten. Unbewusst aber und gefühlsmäßig geschieht es tagtäglich. Schwierigkeiten deprimieren Sie, ehe sie eintreten, und andererseits fühlen Sie sich glücklich, noch ehe der Grund für dieses Glücksgefühl sichtbar wird.«

»Blödsinn«, schnaubte Forester. »Sie verwechseln Ursache und Wirkung.«

»Und wenn?«, erwiderte Ironsmith freundlich. »Mathematik beweist, dass Kausalität tatsächlich umkehrbar ist.«

Forester hatte nicht länger zugehört. Ironsmith war nur ein einfacher Angestellter, obwohl er die Rechenmaschinen in der mathematischen Abteilung tadellos bediente. Vielleicht sogar zu tadellos, da er offenbar über genügend Freizeit verfügte, um sich mit solchen unrentablen Paradoxa zu amüsieren. Ursache und Wirkung aber bleiben die Eckpfeiler aller Wissenschaft. Forester schüttelte den Kopf, richtete sich auf den Ellbogen in die Höhe und starrte verschlafen auf das Telefon. Es sollte sich nur getrauen zu läuten!

Es läutete nicht. Nicht in fünf und nicht in zehn Sekunden. Entspannt schaute er auf seine Uhr. Zwölf Minuten nach neun. Nur selten ließ »das Projekt« ihn so lange schlafen. Meist kam er nachts überhaupt nicht nach Hause. Was ihn nun am meisten überraschte, war, dass Armstrong nicht bereits wegen dem oder jenem angerufen hatte.

Er versuchte, seine Gedanken über Vorahnungen zu vergessen, und schaute hinüber zu dem anderen Bett. Es war leer. Ruth musste bereits zu ihrer Arbeit im Büro der Verwaltungsabteilung gegangen sein. Schwerfällig setzte er sich auf. Er empfand einen dumpfen Ärger über ihre Abwesenheit. Das Gehalt, das sie verdiente, hatte sie bei Gott nicht nötig. Allerdings – er musste das zugeben – war sie eine ausgezeichnete Sekretärin. Auch stimmte es, dass »das Projekt« ihm nur wenig Zeit für sie ließ.

Er erhob sich. Durch das nach Westen gehende Fenster konnte er die ungeheure Aluminiumkuppel des Observatoriums sehen. Silbrig leuchtete sie im Sonnenlicht. Früher einmal hatte sie sein ganzes Leben bedeutet, nun aber deprimierte ihn ihr Anblick. Jetzt hatte er keine Zeit mehr für nicht lebenswichtige Dinge. Er wusste nicht einmal, welcher Art von Arbeit sich die Angestellten am großen Reflektor gegenwärtig widmeten.

Noch immer hatte das Telefon nicht geläutet. Aus einem inneren Impuls heraus griff er danach, um Armstrong anzurufen; wieder aber hielt er mitten in der Bewegung inne. Warum sollte er es eilig haben, sich wieder an die Kette zu legen, die ihn mit »dem Projekt« verband? Er hatte Zeit, diesen neuen Tag furchtbarer Anstrengung und unerträglicher innerer Belastung zu beginnen. Müde ließ er sich zurücksinken auf den Rand des Bettes, schaute hinüber zu der leuchtenden Kuppel und dachte verstimmt an all die Dinge, die jene Kuppel ihm versprochen und schließlich nicht gehalten hatte.

Er war gerade erst neunzehn gewesen, noch ein eifriger Student der Astrophysik, als er in jenem Sommer zum ersten Mal diesen nackten Basaltfelsen aus der Wüste aufsteigen sah. Wie ein breiter Finger, der auf die ungelösten Rätsel des Himmels deutet, erhob er sich. Damals kam Forester bereits der Gedanke, dass er hier an dieser Stelle, wo die saubere klare Luft das Sehen leicht machte, sein eigenes Teleskop bauen müsste.

Starmont hatte ihm viele Jahre seines Lebens gekostet. Den ganzen unwiderstehlichen Elan seiner Jugend verwandte er darauf, von reichen Männern Spenden zu erbetteln sowie den immer wieder sinkenden Mut seiner Mitarbeiter aufrechtzuerhalten, alle Schwierigkeiten zu überwinden, die darin lagen, dass der ungeheure Spiegel angefertigt und schließlich auf diesen Berg gebracht werden musste. Er war ein Dreißiger, als er endlich so weit war, dass er mit der Arbeit beginnen konnte. Er war hart geworden und nüchtern, besaß aber immer noch den inneren Schwung des wahren Wissenschaftlers.

Später erst waren seine Niederlagen gekommen. Verräterisch waren sie aus dem Unbekannten, das er zu erforschen versuchte, über ihn hergefallen. Er hatte nach der Wahrheit gesucht, und immer war sie ihm entwischt. Einmal hatte der riesige Reflektor ihm etwas gezeigt, was er für die letztendliche Wahrheit hielt. Unter seinen Händen aber hatte sich dieses Gold verwandelt. Entstanden war Verwirrung und Widerspruch – und die bleierne Wirklichkeit »des Projektes« selbst.

Sein langes Suchen und seine Niederlage fielen ihm eben jetzt wieder ein, während er diese leeren Augenblicke verwandte, um auf sein eigenes Leben zurückzuschauen, an die Anstrengungen und Enttäuschungen jener ersten Wissenschaftler des Mutterplaneten, der Alchimisten. Vor kurzem hatte Ironsmith ihm das Bruchstück eines historischen Dokumentes vorgelesen, aus dem deutlich wurde, wie jene ersten Wahrheitssucher ihr Leben damit verbracht hatten, die Prima Materia zu entdecken und den Stein der Weisen … jenes zufolge ihrer nativen Theorie existierende Grundmaterial des Universums und das legendäre Prinzip, nach dem es entweder als ganz gewöhnliches Blei oder als wertvolles Gold erschiene.

Auch sein eigenes enttäuschendes Leben, so schien es ihm jetzt, war in einer ähnlichen Bahn verlaufen … als hätte sich das Ziel der Wissenschaften in all den vielen Jahrtausenden niemals verändert. Auch er war – wenn auch mit mehr Fakten und besserer Ausrüstung – auf der Jagd gewesen nach der verborgenen Natur der Dinge. Er hatte neues Wissen gefunden, wie dies auch den ersten Alchimisten geglückt war, und zusammen damit bittere Misserfolge erlitten.

Er dachte darüber nach, wie die ganze Anstrengung der Wissenschaft darin bestanden hatte, die Prima Materia aufzustöbern und den Schlüssel zu finden für ihre mannigfachen Offenbarungen. Andere Pioniere auf dem Gebiet des Denkens hatten in der Tat in präatomaren Zeiten eine sehr nützliche Art vom Stein der Weisen in gewöhnlichem Eisen gefunden.

Eisen, das Zaubermetall des ersten atomaren Zeitalters, hatte die mächtige Wissenschaft des Elektromagnetismus geschaffen. Alle Wunder der Elektronik und der Wissenschaft vom Atomkern waren daraus hervorgegangen. Schließlich hatte man in ihm sogar die Kraft gefunden, Raumschiffe mit der nötigen Energie zu versorgen. Sogar das alte Traumziel der ersten Alchimisten wurde mit seiner Hilfe erreicht, als es gelang, mit dem Zyklotron neue Elemente zu erzeugen.

Die Philosophen jenes unruhigen Zeitalters hatten die Wunderstoffe an den gewöhnlichen Fakten des Universums geprüft, und Forester konnte sich das kurze Gefühl ihres Triumphes vorstellen, als sie glaubten, dass mit einem Mal sich alle Rätsel vor ihren Augen lösten. Das elektromagnetische Spektrum erstreckte sich von Wärmewellen bis zu kosmischen Strahlen, und eine kurze Zeitlang träumten die Mathematiker jener Zeit den Traum ihrer eigenen Prima Materia – einer einheitlichen Feldgleichung.

Forester konnte sich die konfuse Enttäuschung jener Wissenschaftler vorstellen, als ihre unausweichliche Niederlage kam, die ihnen von ein paar eigensinnigen Tatsachen, die sich ihrer auf Eisen basierenden Theorie nicht einpassen ließen, beigebracht wurde. Ein paar Phänomene – so unterschiedlich voneinander wie die Kraft, welche die Atome zusammenhält, und die Abstoßung, die Galaxien auseinanderreißt – sträubten sich perverserweise gegen ihre Einordnung in das elektromagnetische System. Eisen allein genügte also nicht.

Bei seiner eigenen Suche hatte er sich eines anderen Schlüssels bedient.

Die Prima Materia, welche er gesucht hatte, war nichts Materielles, sondern einfach tieferes Verständnis. Sein erhabenes Ziel war es gewesen, eine einzige Gleichung zu finden, die als Grundlage für alle Wirklichkeit dienen könnte, als letztgültiger Ausdruck aller Natur und jeder Beziehung zwischen Materie und Energie, Raum und Zeit, Schöpfung und Zerfall. Wissen – er wusste das wohl – bedeutete oft Macht; aber die Schwierigkeiten seiner Untersuchungen hatten ihm keine Zeit gelassen, darüber nachzudenken, was andere Männer vielleicht mit der Kraft jener Wahrheit, die er zu finden hoffte, anfangen würden.

Eisen hatte versagt. Er hatte es mit Palladium versucht. Ganz Starmont war nichts als das Werkzeug, das er für seine Anstrengung erschaffen hatte. Die Kosten waren ungeheuer gewesen und bestanden aus der Hälfte eines nutzlos gelebten Lebens, einem vergeudeten großen Vermögen, nutzloser Arbeit und den zerbrochenen Hoffnungen vieler Männer. Das letzte Resultat war eine Katastrophe titanischen Ausmaßes, ebenso unerklärlich wie irgendein Fehlschlag jener ersten Alchimisten, wenn deren Schmelztiegel geschmolzenen Bleis und Schwefels sich nicht in Gold verwandelten. Sein Fehlschlag hatte ihn fast zerbrochen, trotz des großen Wissens, das er sozusagen als Abfallprodukt bei seinen Untersuchungen erworben hatte, und selbst jetzt konnte er nicht begreifen, was eigentlich geschehen war.

Ein fernes Klappern in der Küche sagte ihm, dass Ruth noch zu Hause war. Froh, dass sie sich noch nicht ins Büro begeben hatte, schaute er hinauf zu ihrem schwarzhaarigen Kopf, der ihn aus einer Fotografie, die auf seiner Kommode stand, ruhevoll anlächelte. Es war ein Bild, das sie ihm kurz vor ihrer Hochzeit gegeben hatte – es musste wohl fünf Jahre her sein oder beinahe sechs.

Damals war Starmont neu gewesen. Seine eigene ungeheure Vision war noch unzerstört. Schwierigkeiten in der mathematischen Abteilung brachten Ruth Cleveland zum ersten Mal ins Observatorium. Er hatte es erreicht, dass man ihm einen Zuschuss aus militärischen Mitteln bewilligte, um die modernsten Computer anzuschaffen und das hierfür nötige Personal zu bezahlen. Die Abteilung wurde so eingerichtet, dass sie sowohl alle Routinearbeit für die Forschungsabteilungen tun konnte, als auch jene für militärische Projekte, die vielleicht später einmal errichtet werden würden. Ihre Arbeit begann jedoch mit einer Reihe fortwährender kostspieliger Irrtümer.

Ruth war jene Fachkraft gewesen, die von der Computerfirma entsandt wurde, um die Maschinen in Ordnung zu bringen. Schnell und tatkräftig hatte sie die Einrichtung geprüft und das gesamte Personal interviewt – den Chefmechaniker und seine vier Assistenten sowie den Astronomen, unter dessen Aufsicht das Ganze stand. Selbst mit Frank Ironsmith hatte sie gesprochen. Dieser war damals noch keine zwanzig Jahre alt gewesen und nichts weiter als Bürojunge und Hausmeister.

»Die Maschinen sind tadellos in Ordnung«, berichtete sie Forester. »Ihre ganze Schwierigkeit hat offenbar in der menschlichen Gleichung gelegen. Was Sie wirklich brauchen, ist ein Mathematiker. Mein Vorschlag ist, das ganze Personal zu versetzen und Frank Ironsmith mit der Bedienung der Maschinen zu betrauen.«

»Ironsmith?« Forester erinnerte sich daran, wie er sie ungläubig angestarrt und wie seine Abwehr sich langsam in eine scheue Bewunderung ihrer feinen geraden Nase und der klaren Intelligenz hinter ihren dunklen Augen verwandelt hatte. »Diesen frechen Burschen?«, murmelte er schwach. »Der hat ja noch nicht einen einzigen akademischen Titel.«

»Ich weiß. Er ist der Sohn eines Prospektors und hat nicht viel Zeit gehabt, zur Schule zu gehen. Er liest aber viel, und er hat einen mathematischen Verstand.« Ein bittendes Lächeln schien der schlanken Schönheit ihres Gesichtes Wärme zu geben. »Auch Einstein – jener Mathematiker auf dem Mutterplaneten, der zum ersten Mal Atomenergie entdeckte – war zuerst nur einfacher Angestellter in einem Patentamt. Frank hat mir das vorhin alles erzählt.«

Nie hatte Forester irgendwelche ungewöhnliche Fähigkeiten hinter Ironsmith' fröhlicher Frechheit vermutet. Die ungelösten mathematischen Probleme häuften sich aber bereits. Die mathematische Abteilung besaß für seine Forschung ebensoviel Bedeutung wie das Teleskop selbst. Widerstrebend stimmte er, da Ruth keine andere Wahl sah, ihrem Vorschlag zu, es mit Ironsmith zu versuchen.

Und dann hörten die Irrtümer plötzlich auf. Ohne jede nervöse Hetze, als wäre sein Hauptwerkzeug ein einfacher Besen, erschien dieser junge Mann nie zu beschäftigt, um nicht in Ruhe eine Tasse Kaffee zu trinken oder seine Ideen jedem, der zuhören wollte, zu erläutern. Dennoch schmolz jener Haufen ungetaner Arbeit weg. Alle Anfangsaufgaben wurden wie von selbst gelöst. Und als schließlich die Supernova in der Sternengruppe Krater ausbrach – ein Stern, dessen Erforschung ungeheuer viel zu versprechen schien –, war Forester vorbereitet.

Damals waren er und Ruth jung verheiratet. Müde lächelte er zu ihrem Bild hinauf. Er musste daran denken, wie sehr es ihn erschreckt hatte, dass eine unvorhergesehene Leidenschaft plötzlich das saubere Schema seiner Karriere in Unordnung bringen sollte. Fast fühlte er Erstaunen über den damaligen Schmerz seiner Eifersucht und seiner Begierde, über seine schon krankhafte Angst, dass Ruth vielleicht diesen Ironsmith ihm vorziehen könnte.

Er fragte sich, woher es komme, dass er eine solche Empfindung hatte haben können, obwohl sie selber nie an etwas Derartiges dachte. Im Anfang war sie lediglich deshalb dageblieben, um Ironsmith zu zeigen, wie man die Maschinen bedienen musste. Den ganzen Winter über waren die beiden zusammen, während das neue Teleskop seine Nächte völlig in Anspruch nahm. Ironsmith und Ruth waren fast gleichen Alters. Wahrscheinlich sah Ironsmith auch gut genug aus, und bestimmt war er intelligent genug, und sicherlich war es so, dass Ironsmith selber damals auf jeden Fall in Ruth verliebt war.

Vielleicht lag die ganze Lösung des Problems in Ironsmith' Tätigkeit, in seinem Mangel an Initiative und Schwung. Er hatte nicht genug verdient, um ihnen beiden ein Auskommen zu sichern, noch hatte er jemals eine Gehaltserhöhung verlangt. Vermutlich hatte sie eingesehen, dass er es niemals zu etwas bringen würde trotz all des Glanzes seiner Unterhaltung. Wie dem auch sei, sie hatte aus einer seltsamen Mischung von Liebe, Achtung und ganz gewöhnlicher Klugheit Forester gewählt – Forester, der fünfzehn Jahre älter war als sie selber und bereits eine führende Stellung in der wissenschaftlichen Welt einnahm. Zu seiner Erleichterung hatte er den Eindruck gehabt, als machte dies Ironsmith nicht das Geringste aus. Diese Anlage der Unberührbarkeit und Oberflächlichkeit des jungen Mannes erschien ihm überhaupt sympathisch. Es sah so aus, als mache sich Ironsmith über nichts in der Welt besorgte Gedanken.

Forester hatte, in seine Gedanken versunken, das Telefon völlig vergessen. Sein plötzliches Läuten ließ ihn zusammenzucken. Wieder spürte er das Kommen einer Katastrophe, und dieses Gefühl brachte seine dünne Hand zum Zittern, als er den Hörer von der Gabel nahm.

»Chef?« Es war Armstrongs besorgte Stimme, genau wie er befürchtet hatte. »Tut mir leid, Sie zu stören, aber etwas ist geschehn, das – wie Ironsmith meint – Ihnen zur Kenntnis gebracht werden muss.«

»Na?«, sagte er beunruhigt. »Und was ist das?«

»Haben Sie irgendeine Nachricht durch Spezialboten erwartet?« Dieser sehr fähige Techniker schien ganz eigenartig zu zögern. »Von irgendjemand namens White?«

»Nein.« Nun konnte er wieder atmen. »Wieso?«

»Herr Ironsmith hat gerade angerufen wegen eines Kindes, das Sie am Tor sprechen wollte. Die Wache ließ es, da es keinen Passierschein besaß, nicht herein. Herr Ironsmith hat aber mit ihm gesprochen. Das Kind behauptet, eine vertrauliche Mitteilung von einem gewissen Mr. White zu haben.«

»Ich kenne keinen Mr. White.« Einen Augenblick lang war er einfach froh darüber, dass es sich bei diesem Anruf nicht um den roten Alarm gegen die Raumschiffe der triplanetarischen Mächte handelte. Dann fragte er: »Wo ist dieses Kind?«

»Niemand weiß das.« Armstrong schien verärgert. »Das eben ist die sonderbare Seite der Sache. Als die Wache ihm den Eintritt verwehrte, ist es einfach verschwunden. Das ist's, was Sie wissen sollten, wie Ironsmith meint.«

»Ich verstehe nicht, warum.« Es war nicht der rote Alarm, und das allein empfand er als wichtig. »Wahrscheinlich ist es einfach irgendwo anders hingegangen.«

»Gut, Chef.« Armstrong schien durch die Sorglosigkeit Foresters erleichtert. »Ich selbst wollte Sie eigentlich gar nicht stören, aber Ironsmith sagte, Sie müssten unbedingt verständigt werden.«

3

 

Forester gähnte und streckte sich. Er fühlte sich besser. Bestimmt war das Läuten des Telefons kein Beweis für irgendwelche Gedankenübertragung. Fast immer, wenn er versuchte, ein wenig auszuruhen, läutete es. Ein unbekanntes Kind, das ihn am Tor verlangte, war doch wahrhaftig kein Grund sich aufzuregen … weder vorher noch nachher.

Noch immer konnte er Ruth in der Küche herumhantieren hören. Vielleicht buk sie einen Kuchen. Noch immer hatte sie, wenn sie dem Büro fernblieb, um zu putzen oder zu kochen, periodische Anfälle von Häuslichkeit. Wieder betrachtete er die stille Lebendigkeit ihres Gesichtes auf jener Fotografie. Dunkel packte ihn ein Bedauern über die Leere ihrer Ehe.

Niemand war schuld daran. Ruth hatte verzweifelt versucht, alles richtig zu machen, und er hatte – wie es ihm schien – sein Bestes getan. All die Schwierigkeiten stammten eigentlich von jenem fernen Stern in der Gruppe Krater, der tatsächlich schon explodiert war, lange ehe sie beide geboren wurden. Es fiel ihm ein, dass – wäre das Licht ein wenig langsamer – er jetzt vielleicht ein aufopfernder Vater und Ruth eine zufriedene Mutter und Frau sein könnten.

Mit diesen Gedanken griff er geistesabwesend nach seinen Hausschuhen unterm Bett, wo Ruth sie hingestellt hatte, und schlurfte ins Badezimmer. Einen Augenblick lang blieb er dort vor dem Spiegel stehen und versuchte sich zu erinnern, wie er an ihrem Hochzeitstage ausgesehen haben mochte. Vermutlich war er damals weder so dünn noch so glatzköpfig gewesen, noch solch ein runzelstirniger, sorgenvoller, braunäugiger Gnom. Sicher hatte er glücklicher ausgesehen und gesünder und menschlicher. Sonst hätte Ruth doch bestimmt Ironsmith vorgezogen.

Er wusste es. Jenes verlorene Selbst war ein anderer Mann gewesen, einer, der noch tief versunken war in die Suche nach der endgültigen Wahrheit und voller Vertrauen, dass es eine solche gäbe. Sein Platz war innerhalb der Aristokratie der Wissenschaft bereits gesichert gewesen, und der aufsteigende Pfad seiner Karriere erschien ebenmäßig. Er hatte die Absicht gehabt, sein Leben mit Ruth auf anständige Art und Weise zu teilen, bis »das Projekt« kam und ihn forderte.

Die ersten kalten Strahlen des neuen Sterns verkürzten, als sie, schließlich schon zweihundert Jahre alt, ankamen, ihre Flitterwochen und änderten alles. Ruth war sehr jung gewesen, und trotz ihrer großen Erfahrungen mit elektronischen Rechenmaschinen hatte sie ernsthaft und peinlich genau die ganze Reise geplant gehabt. Sie befanden sich gerade in der kleinen Stadt an der Westküste, in der Ruth geboren worden war, und an jenem Abend waren sie zu einem verlassenen Leuchtturm hinausgefahren und hatten die Tasche mit dem Picknick zu dem schmalen Strand am Fuße der Felsen hinuntergetragen.

»Dies ist der alte Drachenleuchtturm.« Ausgestreckt lagen sie nebeneinander auf einer Decke in der Abenddämmerung. Ihr dunkler Kopf ruhte auf seiner Schulter. Und strahlend vor Glück war sie dabei, ihn mit ihren liebsten Kindheitserinnerungen vertraut zu machen. »Mein Großvater war hier Leuchtturmwärter, und manchmal kam ich herunter, um ihn zu besuchen …«

Da sah er über dem Felsen ein fernes kaltes Licht. Er wandte den Kopf und entdeckte den Stern. Er erkannte den violetten Glanz. Sein Atem stockte. Er fuhr in die Höhe. Immer ist ihm dieser Augenblick in lebendiger Erinnerung geblieben. Heute noch spürte er deutlich das kühle Stechen und den salzigen Geschmack des Schaums der Wellen, die sich an den Felsen brachen, den scharfen Geruch verrottenden Treibholzes, den Duft von Ruths Parfüm … eines Parfüms, das sich Süßes Delirium nannte. Heute noch konnte er, wenn er die Augen schloss, das harte blaue Glänzen des dünnen Sternenlichtes in ihren ersten Tränen sehen.

Denn sie weinte wirklich. Sie war kein Astronom. Sie wusste, wie man einen Computer aufzustellen und zu bedienen hatte, die Supernova im Sternbild Krater aber bedeutete für sie nichts als einen beliebigen Lichtpunkt. Sie wollte Forester diese Gegend hier zeigen, Plätze, die geheiligt waren durch die Erinnerung an ihre Jugend, und es schmerzte sie, dass so ein dummer Stern ihn mehr interessieren sollte als alle Gefühle ihrer jungen Liebe.

»Aber, Liebling.« – Während er dabei war, die Stellung des Sternes zu prüfen, versuchte er ihr zu erklären, was eine Supernova eigentlich sei. »Ich erkenne diesen Stern an seiner Helligkeit. Gewöhnlich ist er elfter Größe – zu schwach, als dass man ihn ohne Hilfe eines starken Teleskops sehen könnte. Jetzt aber muss sie ungefähr minus neun sein. Ein Wechsel von zwanzig Größen. Das bedeutet, dass er mindestens hundert Millionen Mal heller ist, als er es noch vor wenigen Tagen war. Dies ist eine Supernova – und zwar gerade hier in unserer eigenen Galaxis, nur ungefähr zweihundert Lichtjahre entfernt. Solch eine Chance wird niemals wiederkommen – bestimmt nicht innerhalb der nächsten tausend Jahre.«

Verletzt und stumm beobachtete sie ihn und nicht den Stern.

»Jeder Stern, und natürlich auch unsere Sonne, ist ein großer Atomreaktor.« Er machte alle Anstrengungen, ihr Verständnis zu wecken. »Millionen und Milliarden von Jahren geht alles ganz normal. Die Masse verwandelt sich in Energie. Manchmal aber flammt einer, um sein Gleichgewicht den Umständen anzupassen, mit ungeheurer Hitze auf – einer Hitze, die groß genug ist, seine Planeten zum Schmelzen zu bringen. Dann nennt man das eine gewöhnliche Nova. Bei manchen Sternen aber geschieht dann etwas ganz Sonderbares. Ihre innere Beständigkeit bricht vollständig zusammen. Der Stern explodiert und wird vielleicht um eine ganze Milliarde Mal so hell, als er vorher gewesen ist. Er gibt eine Flut von Neutrinos ab und ändert seinen Status vollständig – und zwar zieht er sich zusammen und wird zu einem weißen Zwerg. Dieser ganze Vorgang ist ein ungelöstes Rätsel – ebenso fundamental wie das plötzliche Versagen der inneren Bindekraft, wodurch ein Atom zerfällt.«

Das rote Leuchten des erlöschenden Feuers setzte warme Lichter in Ruths Haar, das Licht des Sternes aber lag kalt auf ihrem weißen Gesicht mit seinem verletzten Ausdruck. Es wandelte ihre Tränen zu harten blauen Diamanten.

»Bitte, Liebling!« Er machte eine Geste nach dem violetten stechenden Punkt hin und erkannte den scharfen schwarzen Schatten seines Armes quer über ihrem Gesicht. Sichtlich nahm die Größe dieses Sternes noch immer zu. »Ich wusste, dass dieser Stern reif war für einen derartigen Ausbruch«, teilte er ihr atemlos mit. »Ich wusste dies aus seinem Spektrum. Immer habe ich gehofft, dass dies geschehen würde, solange ich lebte. Die mathematische Abteilung hat die Vorarbeiten beendet, und ich habe eine Spezialeinrichtung aufgestellt, um gerade diesen Stern zu studieren. Möglicherweise werden wir aus diesen Untersuchungen alles – die letzten grundlegenden Gesetzmäßigkeiten – erfahren. Bitte, Liebling!«

So freundlich, als sie vermochte, gab sie seiner dringenderen Leidenschaft nach. Korb und Decke blieben vergessen am Strand zurück. Sie reisten, so schnell sie konnten, um Starmont noch zu erreichen, ehe der Stern unterging. Sie begleitete ihn in die flüsternde Dunkelheit unter der hohen Kuppel, beobachtete mit einer Mischung von Verletztsein und Neugier, wie er zäh daran arbeitete, spezielle Spektographen aufzustellen und seine Platten zu belichten, solange der Stern noch sichtbar blieb.

Foresters blitzartige Eingebung war zumindest ebenso blendend wie das Licht der Supernova. Diese seine Eingebung machte die Ursache des Sternenzusammenbruchs sichtbar, sie erschloss eine neue Geometrie des Universums und ließ ihn eine tiefere Bedeutung selbst in so völlig bekannten Dingen erkennen wie dem periodischen System der Elemente.

In seiner ersten hellen Begeisterung glaubte er sogar noch mehr als das sehen zu können. Er glaubte, er habe seine eigene Prima Materia gefunden – das letzte Verständnis des Grundstoffes der Natur, nach dem die Wissenschaft auf der Suche war, seitdem die Wissenschaft existierte. Alle Gesetze des Universums – so glaubte er – konnten von seiner Grundgleichung, die Erdmagnetismus und elektromagnetisches Feld verband, abgeleitet werden.

Überfallen von Zittern und Atemlosigkeit, stürzte er und ruinierte dabei die besten Aufnahmen – jene, die am deutlichsten die durch das veränderte Schwerkraftfeld verursachten spektralen Verschiebungen zeigten, und damit die Ursache für den inneren Zusammenbruch des Gleichgewichts dieses Sternes. Er brach seinen Schreibstift ab, während er gelbe Seiten wild mit mathematischen Symbolen bedeckte. Kein alter Alchimist hätte beim Anblick eines goldenen Glanzes in seinem Schmelztiegel begeisterter sein können!

Mit einem traurigen Lächeln erinnerte er sich nun jener zitternden Erregung, die ihn aus dem Observatorium hinausgefegt hatte. Ohne Rock und Hut war er in der bläulichen Dämmerung eines frühen Wintermorgens zu Ironsmith gerannt, um mit den Fäusten an dessen Tür zu hämmern und zu rufen. Ironsmith bewohnte zwei Räume in der mathematischen Abteilung, die früher die Räume des Personals gewesen waren. Schließlich erschien dieser verschlafene junge Mann, und Forester drückte ihm seine in Hast angefertigten Berechnungen in die Hand.

Trunken von seinem eingebildeten Triumph, bildete sich Forester ein, dass die Erweiterungen und Transformationen seiner Gleichungen auf alle Fragen, die Menschen stellen konnten, Antwort geben würden … Antwort auf die Frage nach dem Anfang, der Natur und dem Schicksal aller Dinge, nach den Grenzen des Raumes, der Mechanik der Zeit und der Bedeutung des Lebens. Er glaubte den lange versteckten Eckpfeiler des Universums gefunden zu haben.

»Ich wünsche schnellste Arbeit«, schrie er ungeduldig. »Ich möchte, dass Sie diese Berechnungen sofort prüfen – ganz besonders diese Ableitung von Rho.« Dann kam ihm durch Ironsmith' gähnendes Erstaunen die Frühe der Stunde zu Bewusstsein, und er murmelte entschuldigend: »Bedaure, Sie aufgeweckt zu haben.«

»Das macht gar nichts«, sagte der junge Mann lächelnd. »Ich habe ohnehin bis vor einer Stunde am Computer gearbeitet und ein wenig mit meinem neuen Tensor herumgespielt. Derartige Dinge bedeuten für mich keine wirkliche Arbeit, Herr Forester.«

Mit brennender Ungeduld sah Forester zu, wie Ironsmith die Seiten seiner in Eile niedergeschriebenen Zahlen und Symbole überflog. Plötzlich runzelte Ironsmith die Stirn. Mit einem »Ts, ts, ts« schüttelte er den Kopf mit den sandfarbenen Haaren. Noch immer ohne etwas zu sagen, wandte er sich mit einer Bedächtigkeit, die Forester fast in Wut brachte, zu seinem Terminal um und fing an, spielend die Tasten zu bedienen.

 

Viel zu nervös, um neben den seelenlos knisternden Maschinen zu warten, ging Forester wieder hinaus. Auf den windigen Rasenflächen Starmonts ging er wie ein planetgebundener Gott auf und ab. Während er beobachtete, wie der heraufkommende Tag die Wüste vergoldete, überkam ihn die Überzeugung, dass er eine weit mächtigere Kraft verstanden hatte als jene der aufgehenden Sonne. Eine Stunde lang fühlte er sich als ein Großer. Dann kam Ironsmith auf seinem Fahrrad hinter ihm hergefahren. Er zwinkerte verschlafen und wälzte einen Kaugummi im Mund – und dann zerbrach der ganze Glanz seiner Vision.