Die letzten Gespräche mit
Srī Nisargadatta Mahārāj
Ins Deutsche übersetzt von Dr. Hans-Georg Türstig
Titel der Originalausgabe: Consciousness and the Absolute
© 1994 Jean Dunn
Published by Acorn Press, Durham, North Carolina, USA
Jean Dunn: Bewusstsein und das Absolute
Projektmanagement: Marianne Nentwig
Übersetzung: Dr. Hans-Georg Türstig
Lektorat: Dirk Grosser
Covergestaltung und Satz: Wilfried Klei
Umschlagmotiv: © Jitendra Arya, by permission of Chetana Pvt.Ltd., Mumbai, India
© J.Kamphausen Verlag & Distribution GmbH, Bielefeld 2013, info@j-kamphausen.de
www.weltinnenraum.de
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN Print 978-3-89901-591-1
ISBN E-Book 978-3-89901-744-1
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten.
Danksagungen
Einleitung
1. MAI 1980
10. MAI 1980
14. MAI 1980
29. JULI 1980
5. OKTOBER 1980
8. NOVEMBER 1980
9. NOVEMBER 1980
12. NOVEMBER 1980
17. NOVEMBER 1980
18. NOVEMBER 1980
20. NOVEMBER 1980
21. NOVEMBER
24. NOVEMBER 1980
25. NOVEMBER 1980
5. DEZEMBER 1980
8. DEZEMBER 1980
15. DEZEMBER 1980
18. DEZEMBER 1980
22. DEZEMBER 1980
25. DEZEMBER 1980
26. DEZEMBER 1980
30. DEZEMBER 1980
3. JANUAR 1981
4. JANUAR 1981
7. JANUAR 1981
8. JANUAR 1981
9. JANUAR 1981
11. JANUAR 1981
12. JANUAR 1982
14. JANUAR 1981
17. JANUAR 1981
20. JANUAR 1981
24. JANUAR 1981
29. JANUAR 1981
30. JANUAR 1981, VORMITTAGS
30. JANUAR 1981, NACHMITTAGS
31. JANUAR 1981
5. FEBRUAR 1981
7. FEBRUAR 1981
8. FEBRUAR 1981
9. FEBRUAR 1981
11. FEBRUAR 1981
12. FEBRUAR 1981
13. FEBRUAR 1981
25. FEBRUAR 1981
27. FEBRUAR 1981
2. MÄRZ 1981
4. MÄRZ 1981
7. MÄRZ 1981
12. MÄRZ 1981
13. MÄRZ 1981
21. MÄRZ 1981
24. MÄRZ 1981
29. MÄRZ 1981
6. APRIL 1981
10. APRIL 1981
11. APRIL 1981
22. APRIL 1981
5. JUNI 1981
7. JUNI 1981
9. JUNI 1981
10. JUNI 1981
11. JUNI 1981
14. JUNI 1981
16. JUNI 1981
18. JUNI 1981
19. JUNI 1981
21. JUNI 1981, VORMITTAGS
21. JUNI 1981, NACHMITTAGS
22. JUNI 1981, VORMITTAGS
22. JUNI 1981, NACHMITTAGS
23. JUNI 1981
25. JUNI 1981
27. JUNI 1981
28. JUNI 1981
30. JUNI 1981
Über die Autorin
Glossar
Das wahre Selbst
Ein Geschenk
Über den Verlag
Die Gespräche mit Sri Nisargadatta Maharaj wurden von Ms. N. Vanaja, die nie eine Zusammenkunft verpasste, aufgenommen. Wir sind ihr dankbar für ihren treu ergebenen Dienst.
Ich war ununterbrochen mit Maharaj zusammen, während ich die Gespräche vom Tonband zu einem Manuskript transkribierte, und ich habe diese Bänder täglich transkribiert. Mit seinem Segen kam ich am 24. April 1981 zurück nach Amerika und versuchte, diese Gespräche noch vor seinem Tod zu veröffentlichen. Sie wurden jedoch erst nach seinem Tod gedruckt. Da Maharaj nur Mārāthī sprach, waren immer Übersetzer gegenwärtig. Die wichtigsten unter ihnen waren Saumitra K. Mullarpatan, der viele Jahre mit Maharaj zusammenarbeitete; Ramesh S. Balsekar, der die letzten drei Jahre von Maharajs Leben mit ihm verbrachte, und Damayanti Doongaji, die eine langjährige Schülerin von ihm war. Unser aufrichtiger Dank gilt ihnen allen.
Besonders dankbar bin ich Marjorie Russell für ihre Unterstützung bei der Aufbereitung des Manuskripts für die Veröffentlichung.
Dem Wunsch meines Gurus, Nisargadatta Maharaj, folgend, der diese Gespräche ohne Veränderungen veröffentlichen wollte, habe ich die Worte, wie sie aus dem Marathi übersetzt wurden, nicht verändert. Das Manuskript wurde nur auf Schreibfehler hin korrigiert, nicht auf die Sprache oder den Stil. Für alle Leser/innen, die Schwierigkeiten haben, einige der Ausdrücke zu verstehen, wurde am Ende ein Glossar hinzugefügt.1
In einigen der Gespräche mit Maharaj finden sich Wiederholungen. Die Erklärung dafür liegt darin, dass Maharaj gegen Ende seines Lebens, als sein Körper schon sehr schwach war, uns seine Lehren immer wieder eingehämmert hat. Nirgends ist das offensichtlicher als in seinen letzten Worten an uns in „Bewusstsein und das Absolute“.
1 In der deutschen Übersetzung wurden ergänzende und erklärende Fußnoten hinzugefügt.
Die Lehren von Nisargadatta Maharaj wurden in mehreren Büchern veröffentlicht. Dabei wurde das ursprüngliche Format von Fragen und Antworten, in denen die Lehren vermittelt wurden, beibehalten. Maurice Friedmans Übersetzung von Maharajs Gesprächen, „I Am That“2 und die anderen, folgenden Sammlungen, einschließlich meiner eigenen3, dienten als Wegweiser für die Philosophie von Maharaj. Viele Menschen aus dem Westen haben angefangen, aufgrund der Lektüre dieser Sammlungen seine Lehren zu befolgen. Mit dem vorliegenden Buch wird nun ein weiterer wertvoller Wegweiser hinzugefügt.
In „Bewusstsein und das Absolute“ findet man die letzten Lehren von Sri Nisargadatta Maharaj, die letzten Dialoge, die er mit seinen Anhängern führte, die aus allen Teilen der Welt gekommen waren, um seinen Worten zu lauschen. Diese Worte, die in den letzten Tagen seines Lebens aus ihm hervortraten, waren der Höhepunkt dieser sehr seltenen Lehren, die er uns gegeben hat; sie sind der Gipfel der Höhen seiner Weisheit.
Der Schauplatz dieser Gespräche war das obere, kleine Zimmer, das er fünfzig Jahre zuvor als seinen eigenen Meditationsraum gebaut hatte. Über vierzig Jahre hinweg sind unzählige Suchende zu ihm gekommen, um von ihm spirituelle Anweisungen zu erhalten. In den schmerzerfüllten Tagen seiner Krebserkrankung waren seine Vorträge kurz und knapp. Es war aber vollkommen klar, dass er trotz seiner schrecklichen körperlichen Schmerzen wusste, dass er nicht dieser Körper war. Wir wussten, dass sein Körper litt, weil er uns das sagte. Und doch vernahmen wir nie auch nur ein Stöhnen oder Wimmern von seinen Lippen. Es war Ehrfurcht einflößend, ihn einfach nur zu beobachten.
Maurice Friedman beschrieb seinen großen Lehrer als „warmherzig, liebevoll, scharfsinnig, humorvoll, vollkommen furchtlos und aufrichtig; inspirierend, führend und unterstützend für alle, die zu ihm kamen.“ Andere beschrieben ihn als einen Tiger. Er war das, was jeweils nötig war: freundlich, sanft, geduldig, schroff, grob, ungeduldig. Stimmungen gingen über ihn hinweg wie ein sommerlicher Hauch, der ihn kaum berührte.
Die Kraft seiner Botschaft erklingt mit seiner aufrichtigen Absicht: „Vergiss alles, was du gelesen und gehört hast, und SEI einfach. Du, als das Absolute, bist nicht dieses „Ich-bin-Sein“, aber zurzeit musst du in diesem „Ich-bin-Sein“ verweilen.“ Das sagte er immer wieder. Aber diese Wiederholungen seiner Lehren sind sinnvoll, denn wir haben uns eine harte Schale um unser Pseudo-Ego zugelegt, um es zu beschützen. Deswegen ist es nötig, uns das dauernd einzuhämmern, um diese Schale zu zerbrechen. Dieser Stil, seine Lehren immer zu wiederholen, ist Teil seiner Lehren und seiner Lehrfähigkeit.
Er lehrte uns, die Dinge selbst herauszufinden, über seine Worte nachzusinnen und uns zu fragen: „Kann das wahr sein?“ Er sagte, man müsse herausfinden, was der Körper ist und woher er kam. Man müsse ihn losgelöst untersuchen und ihn beobachten, ohne ihn zu beurteilen. Schon bald sähe man dann, dass er wie ein Roboter sei, der von anderen programmiert wurde. Wir sollten uns nach innen wenden, zu dem, was uns wissen lässt, dass wir da sind, um eins damit zu werden.
Wenn wir im „Ich-bin-Sein“ verweilen, oder im Bewusstsein, in der reinen Liebe, dann wird uns das Bewusstsein selbst alle Antworten geben. Zurzeit sind wir Bewusstsein, nicht persönliches Bewusstsein, sondern unpersönliches, universelles Bewusstsein. Mit der Zeit wird uns das Bewusstsein dann zeigen, dass wir nicht einmal das sind, sondern das ewige Absolute, ungeboren und unsterblich.
Alle Schattierungen dieser einzigartigen Weisheit spiegeln sich wider in diesen letzten, ergreifenden Gesprächen mit denen, die privilegiert waren, in seiner Gegenwart zu sein.
Wenn ihr diese Worte lest, möget ihr in ihnen seinen Segen finden.
Jean Dunn
2 In deutscher Sprache erschienen unter dem Titel „ICH BIN“. Verlag J. Kamphausen, Bielefeld: Teil I, 1989; Teil II, 1997; Teil III, 2003.
3 In deutscher Sprache erschienen außerdem:
Stephen Wolinsky: „Ich bin dieses Eine: Begegnungen mit Sri Nisargadatta Maharaj“.
VAK Verlags GMBH, Kirchzarten bei Freiburg, 2002
Ramesh S. Balsekar: „Pointers – Wegweisende Gespräche mit Sri Nisargadatta Maharaj“. Verlag J. Kamphausen, Bielefeld 2002
„Die ultimative Medizin. Nisargadatta”. Noumenon-Verlag, Hamburg, 2009
„Weisheiten von Nisargadatta Maharaj“. Verlag J. Kamphausen, 2004
„Nisargadatta“. Octopus-Verlag, Wien, 1988
Frage: Wie sieht ein Jñānī4 die Welt?
Mahārāj5: Ein Jñānī ist sich des Ursprungs und des Wertes von Bewusstsein bewusst, dieses Zustands des reinen Seins, das ihm spontan dämmerte. Dieses selbe Bewusstsein spielt eine Menge Rollen, manche sind glückliche, andere unglückliche. Aber was für eine Rolle auch immer, ein Jñānī betrachtet sie nur. Sie haben auf ihn keinerlei Wirkung.
All deine Probleme sind Körper-Geist6-Probleme. Trotzdem klammerst du dich an diesen Körper. Da du dich mit dem Körper-Geist identifizierst, benutzt du bei Gesprächen bestimmte höfliche Ausdrucksformen. Ich tue das nicht und bringe dich möglicherweise in Verlegenheit. Vielleicht kannst du das, was ich sage, nicht akzeptieren. Ich habe kein Gefühl für Angemessenheit.
Du bist an deine eigenen Konzepte und Ideen gebunden. Eigentlich liebst du nur dieses Gefühl von „Ich“. Dafür tust du alles. Du arbeitest nicht für irgendjemanden, auch nicht für dein Land, sondern ausschließlich für dieses Gefühl von „Ich“, das du so sehr liebst.
Aber ich handele gern, ich arbeite gern.
All diese Aktivitäten passieren, aber sie dienen nur der Unterhaltung. Das Wachsein und der Tiefschlaf sind Zustände, die spontan kommen und gehen. Aufgrund des Ich-Gefühls taucht in dir spontan der Wunsch zu arbeiten auf. Aber du solltest herausfinden, ob dieses Ich-Gefühl Wirklichkeit ist oder nicht, ob es bleibt oder vergänglich ist.
Das „Ich“, das erscheint, ist unwirklich. Wie unwirklich es ist, habe ich bewiesen. Sobald das „Ich“ aber als unwirklich bewiesen wurde, wer weiß dann, dass das „Ich“ unwirklich ist? Dieses Wissen in dir, das weiß, dass das „Ich“ unwirklich ist, dieses Wissen, das Veränderung kennt, muss selber unveränderlich und unvergänglich sein.
Du bist eine Illusion, Māyā7, eine Vorstellung. Nur, weil ich weiß, dass ich unwirklich bin, weiß ich, dass auch du unwirklich bist. Es ist nicht so, dass du unwirklich bist, weil ich wirklich bin, sondern alles ist unwirklich, weil ich unwirklich bin.
Bewusstsein ist abhängig vom Körper, und der Körper ist abhängig von der Essenz der Nahrung. Es ist das Bewusstsein, das jetzt spricht. Wenn die Essenz der Nahrung nicht gegenwärtig wäre, könnte der Körper nicht existieren. Könnte ich ohne den Körper sprechen?
Kannst du irgendetwas tun, um dieses Ich-Gefühl beizubehalten? Weil es spontan aufgetaucht ist, wird es auch spontan vergehen. Es wird dich nicht vorwarnen und ankündigen: „Morgen gehe ich fort.“
Ein Zweifel ist aufgetaucht, und du versuchst, eine Lösung zu finden. Aber wer ist es, der diesen Zweifel hat? Das musst du selbst herausfinden.
4 Einer, der Wissen (jñāna) hat; ein Wissender.
5 Wörtlich „Großkönig“, von Sanskrit mahā + rāja. Häufig als ehrenvoller Titel verwendet.
6 Körper-Geist bezeichnet alles, was wir normalerweise unserem „Ich“ zuschreiben, alles, was wir wahrnehmen, für wahr halten: Sinneseindrücke, Körper, Gedanken, Gefühle.
7 Māyā – objektive Täuschung, Illusion.
Mahārāj: Wie bin ich zu der Wahrheit gelangt, dass ich für immer bestehen werde? Weil ich über den Meditierenden meditierte, weil „Ich-bin-Sein“ mit „Ich-bin-Sein“ verschmolz. Erst dann verstand ich, was meine wahre Natur ist. Die bedeutenden Weisen haben auf dieselbe Art meditiert. Niemand hat mir gesagt, wie ich es machen soll. Ich habe dieses Wissen nicht im Äußeren gesucht. Es ist in mir aufgekeimt.
Ich meditierte wie die Weisen und hatte eine Vision. Zu Anfang gab es Raum, und in dem Raum sah ich die Prinzipien verkörpert. Streng genommen haben sie zwar keine Körper, aber in meiner Vision hatten sie Körper. Ich nannte sie Purusha und Prakriti8, den männlichen und weiblichen Aspekt des kosmischen Bewusstseins.
Bis zur Vereinigung von Prakriti und Purusha ruhte das alldurchdringende Bewusstsein in einem latenten Zustand. Bei der Vereinigung des männlichen und weiblichen Aspektes wurden in den weiblichen Körper Absonderungen eingepflanzt. Als sich diese Absonderungen in der Gebärmutter vermischten, nahmen sie Gestalt an, und nach einer Wachstumsperiode von neun Monaten wurde ein Säugling geboren.
Das Bewusstsein, das in die Gebärmutter eingepflanzt worden war, war der Kausalkörper, der „Lingadeha“9. In diesem „Lingadeha“ ruhte das Wissen vom „Ich bin“ in einem latenten Zustand. Das sah ich in der Meditation.
Frage: Wie haben wir diesen Zustand des reinen Bewusstseins verloren?
Jedes Lebewesen erfährt den Īshvara-Zustand10, entweder unmittelbar oder in potenzieller Weise, aber es ist so verstrickt in diese objektive Welt, dass es seine Identität verliert. Du musst wissen, was dieses Prinzip des „Ich bin“ ist. Es taucht ganz spontan auf, und damit beginnt das Rätsel des begrifflichen Lebens.
Wie beginne ich mit dieser Suche nach meinem Selbst?
Fang beim Anfang an. In dieser grobstofflichen Welt fing ich bei meinen Eltern an, denn ich wusste genau, dass mein Prinzip bereits in der Vereinigung ihrer körperlichen Elemente vorhanden war, aus denen ich hervorging. Aber ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich nicht dieses Prinzip sein konnte, das aus dem Körper der Mutter kam.
Es gibt niemanden hier, der 100 Jahre alt ist. Bedeutet das, dass du vor 100 Jahren nicht existiertest?
Ich weiß nicht.
Der, der „ich weiß nicht“ sagt, muss da gewesen sein. Kurz gesagt, du warst zwar nicht so, aber du musst doch irgendetwas gewesen sein. Du musst das richtig begreifen. Vor 100 Jahren war ich nicht so. Der, der darauf hinweist, muss aber da gewesen sein. Du warst immer da und wirst bis in alle Ewigkeit existieren.
Was ich hier erläutere, bezieht sich nicht auf weltliches Wissen. Du willst weder das weltliche, noch das sogenannte spirituelle Wissen aufgeben, und doch möchtest du mithilfe dieser weltlichen Konzepte das Rätsel deiner Existenz verstehen. Gerade deswegen kannst du es nicht verstehen.
In Wahrheit ist dein Zustand absolute Glückseligkeit und nicht dieser an die Phänomene gebundene Zustand. In diesem nichtphänomenalen Zustand bist du voller Seligkeit, aber es gibt keine Erfahrung ihrer Gegenwärtigkeit. In diesem Zustand gibt es keine Spur von Leiden oder Unglück, nur ungetrübte Glückseligkeit. Wovon spreche ich?
Ānanda (Glückseligkeit).
Weil du eine Befriedigung gemäß deiner eigenen Konzepte möchtest, versuchst du, die ungetrübte Glückseligkeit mit Eigenschaften zu belegen. Der Begriff „ānanda“ hat nur dann eine Bedeutung, wenn es ein körperliches Sein gibt, das man erleben kann. Wenn du im Tiefschlaf Gebilde siehst, dann träumst du ja. Kommen denn solche Traumgebilde etwa nicht aus deinem eigenen Sein? Was du auch siehst, sogar im Wachzustand, kommt es nicht aus deinem eigenen Sein, das im Körper wohnt?
Im Tiefschlaf war das Bewusstsein in einem latenten Ruhezustand. Es gab weder Körper, noch Konzepte, noch Behinderungen. Nach der Ankunft dieses scheinbaren Wachzustandes, mit der Ankunft des Konzeptes „Ich bin“, erwachte die Liebe für das „Ich bin“. Das ist schon Māyā, Illusion.
Meinen Sie, Mahārāj, dass es das Selbst ist, das die drei Zustände erfährt?
Das ist der Zustand des Saguna Brahman11. Wegen deines Seins gibt es die anderen Zustände. Die Traumwelt ist sehr alt, sie ist nicht neu. In deinen Träumen siehst du alte Monumente. Dein Sein ist äußerst machtvoll.
Allein das Auftauchen dieses Seins macht die Zeit aus. Alles ist Sein, aber ich, das Absolute, bin das nicht. In der Meditation gab es Raum, und da erschienen plötzlich zwei Formen aus der Formlosigkeit, Prakriti und Purusha. Und die Quintessenz dieser Formen war das Wissen „Ich bin“. Es gab keine Formen, und dann erschienen plötzlich Formen, so wie in der Traumwelt.
Du als Träumer schläfst in deinem Bett, aber in deiner Traumwelt siehst du einen Körper und denkst, dass du das bist und dass du alles mithilfe dieses Traumkörpers machst. In derselben Weise werden Körper im sogenannten Wachzustand erschaffen.
Der Zustand von Prakriti und Purusha hat keine Form und ist ewig, hat also weder einen Anfang noch ein Ende. Aber aus ihm kommen die fünf Elemente, und gleichzeitig mit ihnen wird in dem Moment, in dem zum ersten Mal Zeit erfahren wird, der Körper gebildet. Dieser Prozess geht immer weiter, wobei die körperliche Gestalt lediglich die Möglichkeit anzeigt, Zeit zu erfahren. Diese Erklärung wird nicht allen einleuchten.
Mit welcher Identität würdest du gern im Moment des sogenannten Todes fortgehen?
Als Parabrahman12.
Das Absolute, das ich Parabrahman nenne, wie ist es? Du machst nichts anderes, als Worte mit weiteren Worten zu multiplizieren, Konzepte mit weiteren Konzepten.
Mahārāj, Sie müssen mich da herausbringen.
Kannst du definieren, was du bist?
Ich brauche Ihren Segen, um zu verstehen, was ich bin.
Du bist ein geschickter Wortspieler. Während ich über das Wissen jenseits dieser phänomenalen Welt spreche, versuchst du, mit weltlichen Konzepten und Worten zu verstehen. Gib all diese Konzepte auf und frage nach der Natur deines Seins. Wie kam es dazu, dass es dich gibt? Denk darüber nach! Der wahre Segen des Gurus kommt, wenn dein Wissen von selber in dir aufkeimt.
8 In der dualistischen Sāmkhya-Philosophie, deren praktische Anwendung man im Yoga, insbesondere dem Hatha-Yoga findet, sind Prakriti und Purusha die beiden grundlegenden Prinzipien des Weltgeschehens: das Aktive, Materielle (prakriti) und das Passive, Geistige (purusha). Es gibt nur eine Prakriti, aber unendlich viele Purushas.
9 Von Sanskrit linga – Zeichen Symbol, und deha – Körper.
10 Īshvara, wörtlich „Herrscher, Gott“, bezeichnet allgemein den höchsten persönlichen Gott, also z.B. sowohl Shiva als auch Vishnu.
11 Brahman bedeutet das Absolute, sa-guna – mit Eigenschaften (guna), im Gegensatz zu nir-guna – ohne Eigenschaften. Nicht zu verwechseln mit dem Gott Brahmā.
12 Parabrahman – das höchste Brahman oder Absolute.
Mahārāj: Die Ärzte haben diagnostiziert, dass dieser Körper Krebs hat. Wäre jemand anderes so froh wie ich, bei so einer ernsten Krankheit? Die Welt ist deine direkte Erfahrung, deine eigene Beobachtung. Was auch immer passiert, es geschieht auf dieser Ebene. Aber ich bin nicht auf dieser Ebene. Ich habe mich von Sattva Guna13, vom Sein, distanziert.
Der endgültige Zustand der Spiritualität ist der, in dem zu keiner Zeit Bedürfnisse gespürt werden, in dem nichts für irgendetwas nützlich ist. Dieser Zustand wird Nirvāna oder Nirguna14 genannt, die ewige und endgültige Wahrheit. Die Essenz und das Gesamtergebnis dieser ganzen Rede wird Sad-guru Parabrahman15 genannt, der Zustand, in dem es keinerlei Bedürfnisse mehr gibt.
Was nach der Auflösung des Universums, wenn überhaupt keine Spur von Schöpfung mehr erkennbar ist, übrig bleibt, ist mein vollendeter Zustand. Durch die Schöpfung und Zerstörung des Universums hindurch bleibe ich immer unberührt. Ich habe diesen Teil nicht erklärt: Mein Zustand hat nie die Schöpfung und Zerstörung des Universums gespürt. Ich bin das Prinzip, das alle Schöpfungen, alle Zerstörungen überlebt. Das ist mein Zustand und auch deiner, aber du erkennst es nicht, weil du dich an dein Sein klammerst. Das zu erkennen ist nur möglich, wenn man von unerschütterlichem Glauben unterstützt wird, von jenem ewigen Sad-guru Parabrahman. Dieser Zustand, dieses Parabrahman-Prinzip, ist ewig und ist auch der Sad-guru. Er ist das ewige Eigentum eines jeden Schülers eines Gurus.