Lothar Pöhlitz / Jörg Valentin
Trainingspraxis Laufen
Beiträge zum Leistungstraining
Meyer & Meyer Fachverlag & Buchhandel GmbH
© 2015 by Meyer & Meyer Verlag, Aachen
Auckland, Beirut, Budapest, Cairo, Cape Town, Dubai, Hägendorf, Indianapolis, Maidenhead, Singapur, Sydney, Teheran, Wien
Member of the World Sport Publishers’ Association (WSPA)
ISBN 978-3-8403-3597-6
verlag@m-m-sports.com
www.dersportverlag.de
ISBN 978-3-8403-3597-6
Komplexe Leistungsdiagnostik.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit haben wir uns entschlossen, durchgängig die männliche (neutrale) Anredeform zu nutzen, die selbstverständlich die weibliche mit einschließt.
Das vorliegende Buch wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder die Autoren noch der Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch vorgestellten Informationen resultieren, Haftung übernehmen.
„TRAININGSPRAXIS LAUFEN“
Veränderungen bringen den Fortschritt
In der Quantität des Qualitätstrainings finden auch Sie den Schlüssel
Mit Trainingspraxis Laufen wird die gegenwärtige Fachliteratur für die olympischen Laufdisziplinen von 800 m bis zum Marathonlauf ergänzt und Trainern und Läufern aller Altersklassen werden vor allem Praxishilfen für ihre Arbeit mit leistungsorientierten Läuferinnen und Läufern im Wald, im Gelände, in der Halle, im Kraftraum oder auf der Laufbahn gegeben. Die Theorie aus den angrenzenden Wissenschaftsgebieten ist nur so weit Basis, wie sie für das bessere Verständnis der Trainingswissenschaft erforderlich ist. Tiefgründiges, bekanntes Wissen aus der Physiologie, Bewegungslehre, der Sportmedizin, der Ernährungslehre oder Psychologie wird nicht wiederholt, weil Sie es in der entsprechenden Fachliteratur finden.
Nach dem schnellen Ausverkauf der beiden ersten Bücher zur Trainingsmethodik in den olympischen Laufdisziplinen präsentieren wir Ihnen nun mit Trainingspraxis Laufen ein drittes umfangreiches Werk. Lothar Pöhlitz hat sein bisher bereits vielfältig publiziertes Wissen und seine umfangreichen sportpraktischen Erfahrungen aus inzwischen langjähriger Arbeit im Leistungs- und Hochleistungstraining für ambitionierte, leistungsorientierte Läufer, Trainer, Sportlehrer und Sportstudenten überarbeitet, ergänzt und neu aufbereitet aufgeschrieben.
Unter dem Motto „Trainer für Trainer“ werden trainingspraktische Empfehlungen auf der Basis moderner Trainingsmethoden in allen Mittel- und Langstreckendisziplinen und im Marathonlauf angeboten.
Jörg Valentin
Das Hochleistungstraining zielt auf sportliche Spitzenleistungen bei den jährlichen internationalen Höhepunkten wie Europameisterschaften (EM), Weltmeisterschaften (WM) und Olympische Spiele (OS) ab. Durch die besondere Stellung Olympischer Spiele in der Öffentlichkeit und die Tatsache, dass sie nur alle vier Jahre stattfinden, sind olympische Medaillen bzw. der Olympiasieg das „Größte“, was ein Sportler in seiner Karriere erreichen kann. Olympiasieger im Mittel- und Langstreckenlauf gehören wegen der beträchtlichen Konkurrenz in der Welt, aber auch wegen ihrer Wettkampfpräsenz, zu den durch die Bevölkerung und die Medien mit am höchsten geschätzten Sportlern weltweit und das ein Leben lang!
Unter professionellen Bedingungen ist die Vorbereitung solcher Erfolge nur möglich, wenn der Sportler das erforderliche Talent, die entsprechende Motivation und die notwendigen Rahmenbedingungen für das Hochleistungstraining hat. Aus Abb. 1 „Voraussetzungen zur Erreichung sportlicher Höchstleistungen“, sind die aus Sicht der Trainerpraxis notwendigen Bedingungen abzulesen, die im Endeffekt zu sportlichen Spitzenleistungen führen können. Dabei spielen die Faktoren „Talent + Arbeit + Organisation + Belastbarkeit“ die größte Rolle. Das heißt, dass Hochbegabte, die nicht zur notwendigen Trainingsbelastung bereit sind, ständig verletzt sind (Bindegewebsschwächen) und in ihren Voraussetzungen (besonders in der Belastbarkeit) im Kinder- und Jugend-Aufbautraining nicht systematisch aufgebaut wurden, nur selten die Weltspitze erreichen.
Wenn am Tag x alle vier Jahre z.B. bei den Olympischen Spielen – vielleicht um 16.30 Uhr – das Finale stattfindet und der Sportler Sieger sein oder zu den Besten der Welt gehören will, muss er zu diesem Zeitpunkt eine der Weltspitze entsprechende, bis dahin höchste Leistungsfähigkeit (persönliche Bestleistung), seine höchste sportliche Form erreichen und auch zur optimalen „Leistungsabgabe“ (Leistungs-/Kampfbereitschaft) bereit und fähig sein!
Sportler mit solchen Fähigkeiten und Zielen und ihre Trainer denken in „Olympiazyklen“. Das bedeutet, dass in den vier Jahren zwischen zwei Olympischen Spielen alles diesem Ziel untergeordnet und der Leistungsaufbau so vorgenommen wird, dass im Olympiajahr die höchste Belastung realisiert werden kann. Die dazwischen liegenden sportlichen Aufgaben – Europameisterschaften und Weltmeisterschaften – sind im Sinne von „Zwischenzielen“ ebenfalls gewissenhaft vor-, aber auch nachzubereiten, damit alle Erfahrungen letztendlich in die Olympiavorbereitung eingebracht werden können. Trotzdem hat für die Weltbesten das Olympiajahr immer eine besondere Bedeutung.
Streben Sie nach einer Verallgemeinerung von Bestlösungen
Das heißt, das absolvierte Training, das zu persönlichen Bestleistungen oder zu sehr guten Leistungen, zu Medaillengewinnen führte – Erfahrungen bilden die Grundlage für die immer wieder zu präzisierende, jährliche, konkrete Trainingsplanung. Dabei sollten Sie für Ihren Sportler herausfinden, welche Leistungsausprägung innerhalb der letzten 10-14 Tage sowie der letzten 3-4 Tage zu solchen Leistungen führte. In der Trainingspraxis zeigt sich, dass erfolgreiche Trainingskonzepte, auf immer höherem Niveau wiederholt, auch immer wieder zu guten Leistungen führen!
Dies setzt voraus, dass vor allem die Vorbereitung persönlicher Bestleistungen auf der Grundlage gewissenhafter Protokollierung analysiert wird und als Grundlage für das weitere trainingsmethodische Vorgehen verallgemeinert gilt. Die Orientierung auf die Weltspitze ist von den gültigen Weltrekorden (bei Einschränkungen von WR aus der „Anabolikaära“ ), bei Berücksichtigung abzusehender Entwicklungstrends, abzuleiten, weil man davon ausgehen muss, dass immer zum Zeitpunkt Olympischer Spiele Sportler über eine Leistungsfähigkeit verfügen, die, bei entsprechenden Wettkampfbedingungen und Rennverläufen, einen neuen Weltrekord zulassen würde! In der nachfolgenden Übersicht macht die Stellung der deutschen Lauf-/Gehrekorde im Vergleich zu den bestehenden Weltrekorden deutlich, dass der Abstand zur Weltspitze in allen Disziplinen relativ groß ist. Betrachtet man die Breite in den aktuellen deutschen Bestenlisten (z.B. die Leistungen der ersten 10), wird die Vernachlässigung der Arbeit im Nachwuchsleistungssport im letzten Jahrzehnt deutlich. Hoffnung macht die Tatsache, dass in den 1980er-Jahren von den deutschen Trainern und Athleten in Ost und West viel bessere Leistungen als derzeit erarbeitet wurden, das trainingsmethodische Wissen also vorhanden sein müsste. Neben zu verändernden Rahmenbedingungen ist wohl in erster Linie ein nationales Bekenntnis zur Leistung und Elite Voraussetzung für eine internationale Konkurrenzfähigkeit unserer Läufer und Geher.
Tab. 1: Weltrekorde (Stand: 7/2013) im Vergleich zu deutschen Rekorden
MÄNNER | FRAUEN | |
1:40,91 min/1:43,65 min | 800 m | 1:53,28 min/1:55,26 min |
3:26,00 min/3:31,58 min | 1.500 m | 3:50,46 min/3:57,71 min |
12:37,35 min/12:54,70 min | 5.000 m | 14:11,15 min/14:42,03 min |
7:53,63 min/8:09,48 min | 3.000-m-Hindernis | 8:58,81 min/9:18,54 min |
26:17,53 min/27:21,53 min | 10.000 m | 29:31,78 min/31:03,62 min |
2:03:38 h/2:08:47 h | Marathon | 2:15:25 h/2:19:19 h |
Aufgrund der weiter gestiegenen Kommerzialisierung im Hochleistungssport und der stürmischen Entwicklung in den Laufdisziplinen, besonders in den afrikanischen und asiatischen Ländern, wurden auch in den letzten Jahren neue Weltrekorde aufgestellt, hat die Leistungsdichte in allen Laufdisziplinen weiter zugenommen. Eine solche Entwicklung im Spitzenbereich der Weltelite lässt den Schluss zu, dass in den nächsten Jahren in den Ausdauerdisziplinen in Spitze und Breite noch keine Stagnation eintreten wird, zumal die IAAF bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch kein weltweit sicheres und wirksames Doping- bzw. Trainingskontrollsystem durchgesetzt hat. Damit ist z. Zt. ein fairer, gleichberechtigter Wettbewerb auf der Weltbühne nicht gegeben. Gelingt dies eines Tages, ist zunächst mit einer Abflachung weiterer Leistungsfortschritte zu rechnen. Außergewöhnliche Talente werden aber bei optimaler Vorbereitung in früher Zukunft noch weiterhin für neue Weltrekorde sorgen.
Aus Analysen und den in der nachfolgenden Tabelle vorgegebenen Prognoseleistungen sollten Läufer/Geher und Trainer ihre Aufgaben und Ziele für die nächsten Jahre ableiten und überlegen, wie sie das Tempo ihrer eigenen Leistungsentwicklung erhöhen können. Bei ihrer Planung muss aber berücksichtigt werden, dass sich auch die Gegner im vergleichbaren Zeitraum in der Regel mindestens genauso schnell weiterentwickeln.
Die wichtigsten Voraussetzungen zur Erhöhung des Entwicklungstempos im Laufen und Gehen sind die notwendige Zeit für das Hochleistungstraining, kompetente, qualifizierte Trainer, eine möglichst optimale Nutzung des Höhentrainings sowie eine offensive sportwissenschaftliche Begleitung des Trainingsprozesses durch entsprechende Teams (Sportmedizin, Physiotherapie, Psychologie, Ernährungswissenschaftler).
Der bisherige Entwicklungsstand lässt die Prognose zu, dass eine Zugehörigkeit zur Weltspitze (als Voraussetzung zu einer erfolgreichen Teilnahme an WM/OS Finale Platz 1-8) in den nächsten Jahren folgende Leistungsfähigkeiten in den Lauf-/Gehdisziplinen voraussetzt.
Tab. 2: Leistungsvoraussetzungen in den Lauf-/Gehdisziplinen
Disziplin * | Männer | Frauen | ||
m/s | Zeit | m/s | Zeit | |
800 m | 7,76 m/s | 1:43,0 min | 6,86 m/s | 1:56,5 min |
1.500 m | 7,12 m/s | 3:30,5 min | 6,33 m/s | 3:57,0 min |
5.000 m | 6,49 m/s | 12:50 min | 5,71 m/s | 14:35 min |
10.000 m | 6,21 m/s | 26:50 min | 5,48 m/s | 30:25 min |
3.000-m-Hi. | 6,25 m/s | 8:00 min | 5,47 m/s | 9:05 min |
Marathon | 5,58 m/s | 2:06:00 h | 4,95 m/s | 2:22:00 h |
20 km Gehen | 4,26 m/s | 1:18:20 h | 3,83 m/s | 1:27:00 h |
50 km Gehen | 3,83 m/s | 3:37:30 h |
* Dabei ist davon auszugehen, dass für vordere Platzierungen bei internationalen Höhepunkten auch bei Taktikrennen eine solche Leistungsfähigkeit erforderlich ist!
Voraussetzungen zur Erreichung sportlicher Höchstleistungen
© Lothar Pöhlitz
Foto: Olympiasiegerin über 10.000 m – Tirunesh Dibaba (Äthiopien)
© Gladys Chai - von der Laage
Die Leistungsentwicklung in den Mittel- und Langstreckendisziplinen ist auf den jeweiligen Jahreshöhepunkt auszurichten, ein umfangreiches Wintertraining, Wettkämpfe mit Zwischentrainingsphasen bereiten eine hohe Leistungsstabilität über viele Wochen im Sommer vor. Ziel ist die neue persönliche Bestleistung beim individuellen Jahreshöhepunkt. Leistungsfortschritte sind in der Regel an Belastungserhöhungen in den wichtigen leistungsrelevanten Bereichen (Gipfelwochen in Quantität und Qualität) gebunden. Diese wiederum erfordern Konsequenzen der Sportler für das Mehr in der Organisation des Trainings und der Wettkampfleistung. Ziel muss sein, den höchsten Grad der individuellen Fitness in den Wettkampfperioden zu erreichen. Dafür muss das komplexe Training der Leistungsstruktur der Wettkampfleistung entsprechen und das Mosaik von Unter-, Überdistanz- und Spezialstreckenleistung zum Höhepunkt abrufbar sein.
Nachwuchstraining von Talenten ist Voraussetzungstraining, für das folgende Jahr, für das Anschlusstraining und für das Hochleistungstraining.
Der Hauptweg zur Sicherung der Leistungsentwicklung ist eine Belastungssteigerung in Einheit von Quantität und Qualität.
Die Trainingsbelastung ist die zentrale Kategorie und Voraussetzung für den Leistungsfortschritt.
Der Grad der technischen Fertigkeiten bestimmt die Fähigkeit, die angestrebte Wettkampfleistung bei hoher Laufökonomie abrufen zu können, wesentlich.
Für jüngere Athleten erfolgt eine Belastungssteigerung im umfassenden Sinne (unter Einbeziehung aller Bereiche – komplexes Training).
Für ältere Athleten in Höhepunktjahren unter vorrangiger Erhöhung der leistungsbestimmenden Faktoren (spezielles Training). Die Wettkampfleistung wird vor allem durch den realisierten Umfang im Geschwindigkeitsbereich zwischen 93-105 % vom Leistungsziel ermöglicht.
Die Trainingsstruktur ist auf die Anforderungen der Leistungsziele auf der Spezialstrecke und der Unterdistanzstrecke auszurichten. Individuelle Schwächen werden vor allem im ersten Teil der Vorbereitungsperioden „bekämpft“. Das absolvierte Wintertraining entscheidet darüber, ob im Frühjahr das erforderliche neue, höhere Belastungsniveau zur Erreichung der persönlichen Bestleistung realisiert werden kann.
Eine höhere Spezifik in der Trainingsbelastung erfordert vorbereitend immer wieder einen höheren Aufwand zur Sicherung der Belastungsverträglichkeit bzw. Belastbarkeit:
im Umfang und der Qualität des allgemeinen und speziellen Krafttrainings (Fußkraft), der Koordination sowie des Beweglichkeitstrainings.
Eine steigende Belastung erfordert auch eine verbesserte Vor- und Nachbereitung des Trainings und der Wettkämpfe:
trainingsmethodisch,
sportmedizinisch/physiotherapeutisch/pharmakologisch,
psychisch (mentale Einstellung auf höhere Trainingsbelastungen und harte „Gefechte“ in Wettkämpfen – konzentriert – selbstbewusst – kampfbereit – aber möglichst entspannt).
Belastung und Erholung sind gleichermaßen für den Leistungsfortschritt wichtig, die erforderliche Zeit und die eingesetzten Maßnahmen für die Erholungs- und Wiederherstellungsprozesse müssen ausreichend sein.
Entlastungszeiträume zur Transformation realisierter Trainingsbelastungen sind am Ende von Ausbildungsetappen nicht nur zu planen, sondern auch zu realisieren.
Im Jahresverlauf ist die Belastung folgerichtig, systematisch ansteigend, aber auch komplex, aufzubauen:
in Einheit von Fähigkeits- und Fertigkeitsentwicklung,
mit einem systematischen Intensitätsanstieg zum Wettkampfhöhepunkt hin, dabei nimmt in der Regel, vor allem in den Kurz- und Mittelzeitdisziplinen, bei einer parallelen Entwicklung der Spezialstreckenleistung und der Unterdistanzleistungsfähigkeit, die Geschwindigkeit die Führungsrolle ein.
Das Tempo der Leistungsentwicklung kann durch folgende Maßnahmen erhöht werden:
Gruppen- bzw. Partnertraining von gleich leistungsstarken und leistungsbereiten Läufern;
Teambildung (Sportler, Trainer, Arzt, Physiotherapeut, Physiologe, Psychologe, Ernährungswissenschaftler);
regelmäßig begleitende Leistungs- und Trainingsanalysen, sportmedizinische Untersuchungen (KLD[1]), Überwachung des „Blutstatus“ (z.B. Eisen-HB-Problematik);
3-5-malige Trainingslageraufenthalte und zusätzliche Wochenendmaßnahmen nach dem Beispiel der Weltbesten mit „Sparringspartnern“ und sportmedizinische/physiologische Begleitung ((Laktatsteuerung);
Höhentrainingsketten;
verbesserte Wettkampfgestaltung, Streben nach „schnellen Zeiten“, offensive Renngestaltung, verbesserte Vorbereitung auf die Auseinandersetzung mit gleichstarken Gegnern (erste 300 m schneller als RT), Rennen im Ausland.
Im Hochleistungstraining hat es sich bewährt, wenn sich Umfangs- und Intensitätsjahre abwechseln. Trotzdem ist bei normalem Belastungsverlauf der Leistungsfortschritt gesichert. Dabei sollten Olympiajahre Intensitätsjahre sein.
Trainingsumfang nach Zielstrecken
Praxiserfahrung ist, dass die nachfolgenden Trainingsumfänge Voraussetzung für Spitzenleistungen im Mittel- und Langstreckenlauf sind:
Tab. 3: Trainingsumfänge im Mittel- und Langstreckenlauf
Basisausdauer | Spezielle Ausdauer | ||
Marathon | Dreiviertel-Anderthalbfache | 30-60 km | 15-25 km |
10.000 m | 2-3 x | 20-30 km | 7,5-15 km |
5.000 m | 3-4 x | 15-20 km | 1,5-2 x 7.500-10.000 m |
3.000 m | 4-5 x | 12-15 km | 1,5-2 x 4.500-6.000 m |
1.500 m | 6-8 x | 9-12 km | 2-3 x 3.000-4.500 m |
800 m | 8-10 x | 6-8 km | 3-4 x 2.400-3.200 m |
© Lothar Pöhlitz
Eine Steigerung der Wettkampfleistung bis zum Weltniveau ist möglich, wenn:
schrittweise – bei realistischen jährlichen Leistungszielen – auf der Basis eines für die jeweilige Disziplin (Spezialstrecke) erforderlichen Grundlagenausdauerniveaus ein längerfristiger, leistungszielorientierter Geschwindigkeitsaufbau (TL2 -> TL3 -> SA), bei streckenabhängigem Tempolaufumfang pro TE und einer entsprechenden Pausengestaltung, erfolgt.
Mittel- und Langstreckenläufer sind vor allem dann erfolgreich, wenn es ihnen gelingt, ihr Training so zu kombinieren, dass ihre aerobe Basis möglichst hohe submaximale, reizwirksame Geschwindigkeiten bei niedrigen Laktatauslenkungen (aerob-anaerober Übergang) zulässt, sodass eine hohe maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) erarbeitet ist, sie mit einer hohen Laktatverträglichkeit-toleranz im Verhältnis zur Wettkampfstreckenanforderung und einer hohen Laufökonomie (durch Kraft, Technik und Beweglichkeit/Flexibilität) die zur Verfügung stehende Energie in Vortrieb/Geschwindigkeit umzusetzen in der Lage sind. Eine im Verhältnis zur Körperkonstitution stehende, optimale Schrittlänge in der Leistungszielgeschwindigkeit über die Dauer des Wettkampfs muss in Verbindung mit einer möglichen variablen Schrittfrequenzgestaltung in den Endphasen das Ziel der speziellen Ausdauer und des Krafttrainings sein! Für erfolgreiche Wettkämpfe ist eine hohe sportliche Form, die mentale Stärke, ein von sich selbst überzeugtes taktisches Konzept/Verhalten und eine sehr gute Spurtfähigkeit Voraussetzung. Sie wird vor allem durch starke Fußgelenke möglich.
Sportliches Training ist darauf ausgerichtet, den Gleichgewichtszustand der Körperfunktionen in Ruhe zu stören und durch variable Belastungen Anpassungen auszulösen. Eine wichtige Belastungsform für Läufer zielt auf die Entwicklung der aeroben Grundleistungsfähigkeit (aerobe Schwelle bei 2 oder 3 mmol/l Laktat). Innerhalb eines mehrjährigen Trainings, bei dem ein Teil der Laufkilometer im Dauerlauf über mindestens 20 Minuten oder lange Tempoläufe in einer Geschwindigkeit im Laktatgleichgewicht (Laktat-Steady-State) ohne Laktatakkumulation abgeleistet wird, steigt die Fähigkeit, in diesem Gleichgewichtszustand immer schneller zu laufen. Diese Fähigkeit ist Grundlage für eine weitere Intensivierung für alle Laufdisziplinen.
Die entscheidende Voraussetzung für die erhöhte Belastbarkeit von Sportlern ist die durch Training erreichte Adaptation des Gesamtorganismus, welche nach gegenwärtigem Wissen durch ein Vier-Stufen-Modell am besten mit der Trainingsrealität übereinstimmt. Das Ausmaß der Funktionsumstellungen hängt von Art, Intensität und Dauer der Trainingsbelastungen ab.
Erste Anpassungsstufe
In der ersten Stufe der Anpassung kommt es zu Veränderungen im Bewegungsprogramm mit der Konsequenz verminderter Bewegungsamplituden. Sportartspezifisch passen sich schnell (Typ IIa und IIb) und langsam (Typ I) kontrahierende Muskelfasern an die nervalen Anforderungen an. Nach 1-2 Wochen fallen die sportartspezifischen Bewegungen leichter und der Bewegungsablauf wird flüssiger. Das motorische Steuerungsprogramm stellt sich auf zweckmäßige Belastungsbewältigungsstrategien ein.
Zweite Anpassungsstufe
In der zweiten Anpassungsstufe kommt es zur eindeutigen Vergrößerung des alaktazid verfügbaren Energiespeichers Kreatinphosphat (CP) sowie des aerob und anaerob verfügbaren Glykogens. Das CP nimmt nur bei kurzzeitigen, hochintensiven, alaktaziden Trainingsreizen von sechs Sekunden Dauer zu. Nach aerobem und aerob-anaerobem Ausdauertraining steigt der Muskelglykogengehalt. Wiederholte aerobe Belastungen über 120 Minuten. Dauer und wiederholte aerob-anaerobe Belastungen bis zu 70 Minuten Dauer vergrößern die Glykogenspeicher und die Mitochondrienbiogenese und damit auch den aeroben Energiestoffwechsel.
Dritte Anpassungsstufe
In der dritte Anpassungsstufe kommt es zu einer Optimierung zwischen den neu gebildeten muskulären Strukturen und den sportspezifischen Anforderungen. Die Ansteuerungscharakteristik der FT- und ST-Fasern erfolgt nach den energetischen Bedürfnissen der belasteten Muskulatur. Kürzere, intensive Belastungen oder Kurzzeitwettkämpfe mit längeren Kompensationszeiten sind in diesen Phasen möglich. Der wirksamste Umbau in den beanspruchten Strukturen erfolgt in den Entlastungszeiträumen des Trainings. Werden regelmäßige Entlastungen nicht eingehalten, kommt es zu keiner oder nur zu einer geringen Leistungsverbesserung.
Vierte Anpassungsstufe
In der vierte Anpassungsphase werden alle leistungsbeeinflussenden Systeme koordiniert. Das vegetative Nervensystem, das Zentralnervensystem, das kardiopulmonale System, der Elektrolythaushalt, der Energiestoffwechsel, das Hormon- und Immunsystem gehören zu diesen Systemen. Die Adaptation ist erst abgeschlossen, wenn in der sportartspezifischen Muskulatur alle Systeme abgestimmt funktionieren. Die Funktionsabstimmung des Zentralnervensystems mit den durch Training veränderten Muskelstrukturen erfolgt zwischen dem 30. und 40. Tag.
– Zusammenfassung –
Organisation des Trainings und der Wettkampfleistung
Tages-, Wochen-, MEZ-Jahres-Organisationsplan;
Planung und Realisierung der Physiotherapie und Prophylaxe;
Planung der Leistungsdiagnostik;
periodischer Gesundheitscheck, sportmedizinische Betreuung, optimale Ernährung/Substitution;
Planung des Höhentrainings und von Klimareiztrainingslagern, Nutzung von Höhenkammern, ganzjährig optimale Trainingsbedingungen;
Organisation des Partnertrainings;
Erarbeitung eines Aufgabenkatalogs mit dem Manager;
zielgerichteter Erfahrungsaustausch und neuer Erkenntnisgewinn;
Organisation der Wettkampfleistung (es wird nichts dem Zufall überlassen).
Foto: Spezielles Krafttraining dient nicht nur für den Hindernislauf der Verbesserung der disziplinspezifischen Ausdauer.
© Gladys Chai - von der Laage
Erschließung trainingsmethodischer Reserven
Steigerung der Trainingsbelastung im Vergleich zum Vorjahr (Umfang/Intensität/Pausengestaltung/Gipfelbelastungen);
systematische Erschließung von Reserven im Fettstoffwechseltraining -> Überdistanztraining;
geschwindigkeitsgeführter Belastungsaufbau – Geschwindigkeits-/Umfangsbeziehung sichern;
ganzjährig Schnelligkeits-/Motorik- und Unterdistanztraining;
Erschließung von Reserven im GA-Training/Laktatbereich 2-7 mmol/l als Voraussetzung zur Steigerung der Anteile und Qualität im SA- und wsA-Training;
ständige, schwerpunktmäßige Verbesserung der allgemeinen und speziellen Belastbarkeit, Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit, Koordination und Sprungkraft;
Nutzung des speziellen Krafttrainings (Hügelläufe/ZWL/Hantelkraft) als Voraussetzungstraining zur Verbesserung der disziplinspezifischen Ausdauer;
Nutzung von Aufbauwettkämpfen als wirksame Trainingsbelastung;
Weiterentwicklung des Höhentrainings auf der Grundlage einer umfassenden Trainingsanalyse der bisherigen Höhenaufenthalte.
Die Psychologie – Ihr Helfer bei der Umsetzung des absolvierten Trainings in optimale Wettkampfleistungen
Keine Angst bzw. Scheu vor der Zusammenarbeit mit Psychologen.
Ihr Trainer ist der Psychologe in der täglichen Zusammenarbeit.
Motivation – Selbstvertrauen und Risikobereitschaft sind die wichtigsten Helfer für den Leistungsfortschritt, ohne Leidenschaft und Besessenheit geht es nicht.
Man muss nicht auf das Sofa, wenn der Kopf klar ist, aber vergessen Sie nie: Auch der Kopf ist „trainierbar“. Was nicht im Kopf ist, ist im Wettkampf nicht abrufbar.
Nutzen Sie Ihre Gegner im Training (Trainingslager), um sie im Wettkampf zu besiegen, Partnertraining beschleunigt den Leistungsfortschritt.
Wenn ich mich besser organisiere als meine Gegner, kann ich besser trainieren als sie.
Erfolge verstärken Gefühle und Antriebe, aber ich muss positiv denken.
Ich hab's im Training gekonnt, heute geht's auch im Wettkampf.
Foto: Läuferinnen und Läufer brauchen manchmal den gewissen „Kick“, um Hindernisse zu meistern.
© Theo Kiefner
Zur Verbesserung des Ausdauerleistungsniveaus bedarf es ständiger, reizwirksamer Einwirkungen auf den Organismus bei systematischer Steigerung der Belastungsanforderungen. Für den erforderlichen Sauerstofftransport zur Muskulatur ist die Herzleistungsfähigkeit (Schlagvolumen) von erstrangiger Bedeutung. Sind die Belastungsreize auf die Muskulatur und die Organe zu gering, bleiben positive Anpassungen aus. Adaptationen setzen also ein quantitatives und qualitatives Belastungsminimum voraus. Durch Training ausgelöste Ermüdungen sind in Verbindung mit nachfolgender Erholung und der Ernährung die Grundlage jedes Leistungsfortschritts. Je intensiver die zeitweiligen Auslenkungen durch Belastungen sind, umso größer sind die Bemühungen des Körpers, das Gleichgewicht wiederherzustellen. Dafür bedarf es belastungsabhängiger, ausreichender Regenerationszeiten. Um spezifische Anpassungen der verschiedenen Energiesysteme auszulösen, muss jedes Energiesystem durch gezieltes, reizwirksames Training angesteuert werden.
Es besteht immer ein „Miteinander“ der einzelnen Systeme der Energiebereitstellung mit fließenden Übergängen in Abhängigkeit von der Belastungsintensität (nach Keul).
Belastung in den Mittel- und Langstreckendisziplinen ist immer als Summe von Trainingsumfang, Intensität, Dichte, Pausen und Streckenlängen zu verstehen, die die Energiebereitstellungssysteme ausbilden. Im Prozess der Erholung werden die ausgeschöpften Energiepotenziale wieder aufgefüllt oder durch Überkompensation der Aufbau von Energiereserven über das ursprüngliche Ausgangsniveau hinaus angelegt, die Abläufe ökonomisiert und das Leistungsniveau schließlich erhöht.
Tab. 4: Klassifizierung der aeroben und anaeroben Ausdauer nach Laktatkonzentrationen aus trainingsmethodischer Sicht
Aerobe Ausdauer | bis 2 mmol/l Laktat |
Aerob-anaerobe Ausdauer | 2-6 mmol/l Laktat |
Anaerob-aerobe Ausdauer | 6-10 mmol/l Laktat |
Anaerobe Ausdauer | 10 mmol/l Laktat |
nach Hottenrott & Neumann, 2010
Mit Energiesystemen sind die Stoffwechselwege gemeint, über die Energie für die intensitätsabhängige Muskelarbeit auf den olympischen Laufstrecken von 100 m bis zum Marathon zur Verfügung gestellt wird. In Abhängigkeit von der Dauer und Intensität der Trainingsbelastungen nutzt der Körper drei Energiebereitstellungsformen, um ihn mit Energie zu versorgen: alaktazid, anaerob und das aerobe Energiesystem.
Die Energiebereitstellungsformen
Dafür wird Adenosintriphosphat (ATP) insbesondere in Muskelzellen gespeichert und für die biochemischen Abläufe der Muskelkontraktion zur Verfügung gestellt. Während der Muskel arbeitet, wird in 4-6 Sekunden ATP abgebaut. Dies führt zur Freisetzung von Energie „ohne Laktat“. Je größer der Bedarf ist, umso schneller verläuft der Abbau. Je intensiver das Training, umso schneller ist der Vorrat in den Muskelzellen erschöpft. Danach hilft Kreatinphosphat (CP) etwa 12-15 Sekunden die schnelle Arbeit fortzusetzen. Um diese Energie zu entwickeln, sind kurze Trainingsbelastungen über 2-12 Sekunden mit hoher/höchster Intensität nahe der Maximalgeschwindigkeit und darüber erforderlich.
Beispiele:
4-5 x 15 m oder 4-5 x 20 m fliegend/maximal – lange Pausen
4 x 10 m + 4 x 20 m + 4 x 30 m P: 2´-3´/Sp: 5´-6´
20 + 30 + 40 + 60 + 40 + 30 + 20 m P: 3´-6´
2 x 4 x 30 m fl P: 2-3´/Sp: 5´
Im Training hat sich gezeigt, dass bereits nach maximalen 60-m-Sprints Laktat akkumuliert. Wenn ATP und CP fast aufgebraucht sind, nutzen die Muskeln Glykogen (anaerobe Glykolyse) als „Brennstoff“. Die dabei anfallende Milchsäure/Laktat wird zum Teil „verstoffwechselt“, d.h., als Energieträger genutzt, der Überschuss akkumuliert und hat bei länger andauernder, intensiver Belastung bekanntlich zunehmend negative, übersäuernde Auswirkungen auf die Muskulatur. Um Laktat zu tolerieren und die Milchsäure als Energielieferant zu nutzen, ist eine hohe Geschwindigkeit und Ausdauer erforderlich. Für die Entwicklung des anaeroben Energiesystems und einer zunehmenden Laktatverträglichkeit/Laktattoleranz werden kurze, schnelle (150-300 m TL) und längere, schnelle Tempoläufe/Intervalle (400-800 m) mit hohen Intensitäten und relativ kurzen Pausen eingesetzt:
Beispiele:
6-10 x 150 m (115-120 % v. RT) P: 3´
(auch Abbruch, wenn die Geschwindigkeit nicht mehr zu realisieren ist)
6-8 x 300 m (110-115 % v. RT) P: 2´-4´
4-6 x 400 m (105-110 % v. RT) P: 2,5´-5´
4-6 x 500 m (105-115 %) P: 3´-5´
2-3 x 600 m (100-10 %) P: 6´-10´
Die aerobe Ausbildung zielt auf die Fähigkeit, Sauerstoff aufzunehmen, zu transportieren und zur Energiebildung zu nutzen. Die dafür benötigte Energie wird vorwiegend durch Kohlenhydrate und Fette geliefert (aerobe Glykolyse). Das erfordert sowohl Ausdauer als auch Intensität. Ziel ist immer, länger möglichst schnell im Steady State – um 2-3 mmol/l – laufen zu können, aber auch die maximale Sauerstoffaufnahme (V02max) zu verbessern. Während sich das Grundlagenausdauerniveau an der aeroben Schwelle bei 2-3 mmol/l Laktat orientiert und durch langes, kontinuierliches, umfangreiches Training nach der Dauerleistungsmethode (15-25 km) und langen Tempoläufen zu entwickeln ist, erfordern die kurzen, schnellen Langstrecken (5.000 m/3.000-m-Hindernis) auch die Ausbildung der aeroben Kapazität, der maximalen Sauerstoffaufnahme, das Üben entsprechender wettkampfnäherer Geschwindigkeiten im aerob-anaeroben Übergangsbereich. Dafür sind „harte Tempolaufprogramme“ im 5.000-m-/3.000-m-Tempo vor allem zwischen 3-7 Minuten Dauer wirksam.
Beispiele:
FS oder TL 4-6 x 3´-5´/Lp: 5´-2,5´
FS mit 7´ + 6´ + 5´ + 3´ + 4-6 x 1´/1´ - Lp: 5´-3´
10-12 x 400 m im 5.000-3.000-m-Tempo / Tp: 60-90“
TDL über 4-8 km
Es ist ein immer wieder auftauchender Van Aaken-Mythos, dass LSD die beste Möglichkeit für den Läuferfortschritt ist. Natürlich ist es sinnvoll, mit einem „langen langsamen“ Lauf wöchentlich oder auch maximal zweiwöchentlich den jungen Organismus Ihres Talents die Fettverbrennung „zu lehren“, ersparen Sie ihm aber nicht den Umgang, die Auseinandersetzung mit den drei dargestellten Energiebereitstellungssystemen, mit Intensitäten, die für die angestrebte Trainingswirkung, für die Entwicklung der aeroben, alaktaziden oder anaeroben Energiesysteme notwendig sind. Natürlich fängt man mit den jüngeren Läufern „ganz behutsam an“, in der Anzahl der Wiederholungen, den Pausen- oder auch Streckenlängen. Erhalten Sie aber schon früh die ererbten, schnell zuckenden FT-Muskelfasern mit alaktazidem Training oder fordern Sie, die „Dauerlauf-Komfort-Zone“ hin und wieder zu verlassen, indem der mittlere Dauerlauf zunächst vielleicht nur 10 Minuten lang, aber „flott“ – mit zunehmender Leistungsfähigkeit, später 20 oder sogar eines Tages 30 Minuten lang als Tempodauerlauf gestaltet wird, dafür aber mit Anspruch an die Lauftechnik.
Mischkost ist nicht nur die Empfehlung für die Mittagsmahlzeit, mischen Sie auch – natürlich maßvoll – das Training in Vorbereitung auf das Hochleistungstraining. Bedenken Sie dabei auch, dass bei Jugendlichen nach einem 1.500-m- oder 3.000-m-Wettkampf Laktatwerte zwischen 12-16 mmol/l gemessen wurden und es sträflich wäre, wenn sie nicht darauf vorbereitet würden. Die Größe der maximalen Sauerstoffaufnahme ist für das Wettkampfergebnis in den Laufdisziplinen genauso wichtig wie das aufzubauende Niveau der aeroben Schwelle. Ohne Einwirkungen finden keine Anpassungen statt. Und auch die anderen Zubringer, wie Kraft, Schnellkraft, Beweglichkeit oder Sprünge, sollten Teil der Trainingslehre im Jugend-Aufbautraining sein.
Der Sauerstoff muss rein, das Kohlendioxid muss raus.
Foto: Moderne Diagnostik ist fester Bestandteil des Leistungstrainings.
© Lothar Pöhlitz
Obwohl Läufer mit den Begriffen Sauerstoffversorgung, Sauerstoffpuls, Sauerstoffaufnahmevermögen, Sauerstoffdefizit, Sauerstoffschuld, Sauerstoff-Dauerleistungsgrenze, Vitalkapazität oft wie selbstverständlich umgehen, kommt die Lehre von der richtigen Atmung zur optimalen Sauerstoffversorgung und Kohlendioxidabatmung in der Trainingspraxis von Leistungsläufern, in der Trainerausbildung, selbst auch in der speziellen Literatur, oft zu kurz. Es wird mehr oder weniger jungen Athleten überlassen, wie sie beim langsamen, mittleren oder auch schnellen Laufen atmen, ob durch den Mund oder die Nase oder ob sie nach maximalen Belastungen durch eine bewusste Sauerstoffmehraufnahme die Rückkehr zum Ruheausgangswert und damit auch das Regenerationstempo unterstützen.
Die Atmung „betreibt“ die Versorgung der Zellen mit Sauerstoff und die Ausscheidung von Kohlendioxid, den Gasaustausch zwischen Zellen und Blut. Kohlendioxid ist im Blut als Kohlensäure gelöst, deshalb spielt die Atmung eine wichtige Rolle auch im Säure-Basen-Haushalt. Bei der aktiven Einatmung dehnt sich die Lunge aus und es gelangt von außen frische, sauerstoffreiche Atemluft in die Alveolen. Bei der überwiegend meist passiven Ausatmung zieht sich die Lunge zusammen und gibt die verbrauchte, kohlendioxidreiche, sauerstoffarme Luft nach außen wieder ab.
Durch das Atemzentrum wird also der Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalt sowie der pH-Wert in den erforderlichen Grenzen geregelt.
Bei jedem Atemzug strömt belastungsabhängig Luft durch Nase und Mund möglichst direkt in die Lungen zur Sauerstoffversorgung der Muskulatur mithilfe eines möglichst optimalen Blutflusses, aber gleichzeitig auch auf umgekehrtem Wege der Abtransport des Kohlendioxids nach außen. Millionen Lungenbläschen tauschen in diesem Prozess frischen Sauerstoff gegen Kohlendioxid und sichern die Energiebereitstellung in den unterschiedlichsten Belastungssituationen durch Verbrennung von Kohlenhydraten und/oder Fetten. Je mehr Sauerstoff angeboten wird, umso besser. Dies ist für Leistungsläufer ein äußerst bedeutsamer Prozess.
Die Sauerstoffversorgung der Muskulatur (optimale Durchblutung) ist eine unabdingbare Voraussetzung für eine sportliche Leistung, für langsames, aber auch für schnelles Laufen. Bei Sauerstoffmangel reduziert der Körper die Muskelarbeit, ohne Sauerstoff stellt er sie ein.
Alle wissen, dass unser Gehirn schon bei einer kurzfristigen Unterbrechung der Sauerstoffzufuhr Schaden nehmen kann, die aerobe Energiezufuhr lebensnotwendig ist und in Abhängigkeit von der Intensität der Muskelarbeit der Körper gegen ein Defizit in der Sauerstoffversorgung (Übersäuerung) anzukämpfen hat. Die maximale Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems, des Stoffwechsels und der Muskulatur bei intensiver Arbeit unter Sauerstoffmangel in den Mittelstrecken wird wesentlich begrenzt von einer bedarfsgerechten Sauerstoffzufuhr, dem Sauerstofftransport zu den Lungen bis in die Zellen der Gewebe, der -verarbeitung und dem Kohlendioxidabtransport über das Blut. Durch Ausdauertraining erreichen Hochtrainierte, in Abhängigkeit von der Körperkonstitution, im Atemminutenvolumen das Vielfache, in der maximalen Sauerstoffaufnahme mehr als das Doppelte Untrainierter.