»Der Ausgangspunkt aller staatsdirigistischen Eingriffe in die Wirtschaft ist das Geldsystem – das ist Frank Schäfflers Erfahrung nach vielen Jahren als Bundestagsabgeordneter. Er will deshalb eine marktwirtschaftliche Geldordnung als Grundlage für eine liberale Ordnung von Politik und Wirtschaft in Deutschland und Europa. Schäfflers Buch ist für alle, die einen neuen liberalen Aufbruch für dringend nötig halten.«
Bert Flossbach, Gründer der Kölner Vermögensverwaltung Flossbach von Storch und einer der erfolgreichsten deutschen Vermögensverwalter
Frank Schäffler ist seit vielen Jahren Anhänger einer marktwirtschaftlichen Geldordnung. Er wirbt damit nicht nur für ökonomisch-ethisch akzeptables Geld, sondern auch für eine Reform des Geldes, die den Weg aus der Krise des ungedeckten Papiergeldes weist.
Dr. Thorsten Polleit, Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH und Präsident des Ludwig von Mises Institut Deutschland
Frank Schäffler, dem klassisch-liberalen »Euro-Rebellen«, ist ein packendes Buch zu seinen politischen Kämpfen und zu seinen Zielsetzungen und Idealen gelungen. Es bezeugt einen Mann von Zivilcourage, Mut, intellektueller Aufrichtigkeit und analytischer Klarheit, wie er in der politischen Szene selten geworden ist.
Dr. Gerd Habermann, Vorsitzender der F.A. von Hayek-Stiftung für eine freie Gesellschaft, Berlin
Frank Schäffler ist, anders als die meisten Bundestagsabgeordneten, mit der Österreichischen Schule der Nationalökonomie bestens vertraut. Sein sachkundiges Protokoll über Ereignisse während der aufkeimenden Finanz- und Eurokrise wird auf Dauer eine wesentliche Erkenntnisquelle, nicht nur für Wirtschaftshistoriker, bleiben.«
Carlos A. Gebauer, Buchautor, Anwalt und Richter am Anwaltsgericht
Frank Schäffler ist einer der wenigen Politiker, denen ich mein Geld bedenkenlos anvertrauen würde. Abgeordnete sind nach dem Grundgesetz nur ihrem Gewissen verpflichtet. Frank Schäffler ist das. Dieser erhellende und erschütternde Bericht zeigt, wie weit ansonsten die Herrschaft der Pateifunktionäre bereits fortgeschritten ist. Ein Blick hinter die Kulissen von jemandem der den Diebstahl an deutschen Bürgerinnen und Bürgern durch die politische Klasse verhindern wollte. Gnadenlos.
Prof. Dr. Max Otte, Bestseller-Autor, Ökonom, Leiter des Instituts für Vermögensentwicklung (IFVE)
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2. Auflage 2015
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Redaktion: Ulrike Kroneck
Lektorat: Desirée Šimeg
Umschlaggestaltung: Maria Wittek, München
Umschlagabbildung: Frank Schäffler, shutterstock
E-Book-Umsetzung: Georg Stadler, München
ISBN Print 978-3-89879-652-1
ISBN E-Book (PDF) 978-3-86248-660-1
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86248-661-8
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Für Marie und Anton
Ich danke den folgenden Personen, ohne die ich das Buch nicht hätte verwirklichen können:
Markus Schiml, Dr. Thomas Mayer, Norbert F. Tofall, Dirk Friedrich, Kalle Kappner, Benjamin Buchwald, Prof. Dr. Thorsten Polleit, Claus Vogt, Günther Lachmann
Danksagung 6
Vorwort 9
Über den Autor 263
Literaturverzeichnis 264
Stichwortverzeichnis 266
Anmerkungen 270
Griechenland war unter den Eurostaaten der sprichwörtliche Kanarienvogel in der Kohlemine, der von der Stange fiel, als die globale Kreditblase platzte. Griechenland war auch das Land, das die Tür zu einer umfangreichen Stützungsaktion für mehrere Mitgliedsländer der Europäischen Währungsunion (EWU) öffnete, die den Charakter der Währungsunion verändert hat. Weil viele Veränderungen in Griechenland angestoßen wurden und werden, bin ich seit Ausbruch der Eurokrise mindestens einmal im Jahr nach Athen gereist, um der Krise den Puls zu fühlen. Im Jahr 2012 stieg mir noch der Geruch von Tränengas in die Nase, als ich über den Syntagmaplatz spazierte. Damals stand das Land am Rand des Zusammenbruchs. Ein Jahr später betrat ich das Finanzministerium durch die Tiefgarage, denn vor dem Haupteingang lärmte ein Trupp von Demonstranten, der mich mit einem Vertreter der Troika verwechselte. Die Stimmung war düster und angespannt. Dagegen schien im Jahr 2014 die Frühlingssonne über ein befriedetes Athen. Die übliche Demonstration gegen die »Austeritätspolitik« der Regierung schien eher wie eine für Touristen arrangierte folkloristische Veranstaltung.
Vertreter von Politik und Wirtschaft erklärten mir, man habe es nun geschafft. Die Krise sei vorüber und die Stimmung hebe sich. Vom Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) brauche man kein Geld mehr, da sich die Anleger um Anleihen des griechischen Staates und der Banken wieder reißen würden. Die europäische Statistikbehörde Eurostat habe zertifiziert, dass der Staatshaushalt vor Zinsausgaben und besonderen Belastungen durch die Bankenrettung im Jahr 2013 einen Überschuss von 0,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausgewiesen hätte. In zyklisch bereinigter Form entspreche das einem Überschuss von mindestens 4,5 Prozent des BIP, wie es das Anpassungsprogramm der »Troika« erst ab Mitte des Jahrzehnts fordere. Man brauche also keine weiteren Sparmaßnahmen, sondern müsse nur noch die Erholung der Wirtschaft abwarten, um die fiskalpolitischen Ziele zu erreichen. Außerdem habe man 80 bis 90 Prozent der von der Troika geforderten strukturellen Reformen verwirklicht. Auch da bleibe nur noch abzuwarten, bis sich die wirtschaftlichen Erfolge zeigen würden. Die Arbeit der Troika sei daher beendet. Allenfalls lasse man das IWF-Programm bis zu seinem natürlichen Ende im März 2016 weiterlaufen, um ausländische Anleger nicht zu verstören. Es war klar: Der Kanarienvogel saß wieder auf der Stange.
Auf die Frage, ob denn eine Staatsschuldenquote von rund 177 Prozent des BIP nicht etwas bedrückend sei, kam von hoher politischer Warte die entwaffnende Antwort: Dies sei kein Thema mehr, denn man habe die griechische Staatsschuld »japanisiert«. Gemeint war damit der Umstand, dass nun der größte Teil der griechischen Staatsschuld von europäischen Regierungen und Institutionen gehalten wird, die wie die japanischen Besitzer einheimischer Staatsanleihen nicht mehr auf die Rückzahlung der Schuld drängen. Man möchte die Laufzeit dieser Schuld auf 50 Jahre verlängern und die Schuldzinsen möglichst nahe an die Refinanzierungskosten des Europäischen Stabilitätsmechanismus drücken. Das Platonische Ideal, dem man sich nähern möchte, ist der Nullzinskredit mit unendlicher Laufzeit. Der noch in privater Hand verbleibende Teil der Schuld wird indirekt durch die Garantie der EZB gedeckt, alles zu tun, was nötig ist, um die EWU zusammenzuhalten. Wie die Bank von Japan steht nun auch die EZB hinter der Staatsschuld als Käufer der letzten Instanz, falls es noch einmal schwer werden sollte, am Markt Käufer zu günstigen Konditionen zu finden.
Dieses Mitglied der griechischen Regierung hatte mir die Augen geöffnet. Unter dem im Maastricht-Vertrag gesetzten Rahmen für die EWU hatte die Schuld der Staaten der EWU den Charakter von Schuld in Fremdwährung. Den Staaten war ja der Zugang zu der Druckerpresse der Notenbank vertraglich strikt verwehrt. Da viele Euroländer während des ersten Jahrzehnts der EWU hohe Leistungsbilanzdefizite auflaufen ließen, die durch Kapitalimporte aus anderen Euroländern finanziert wurden, hatten sie zudem hohe Auslandsschulden. Die Erfahrung vieler Schwellenländer hat gezeigt, dass Fremdwährungsschuld an Ausländer höchst gefährlich sein kann. Schon mit einer staatlichen Schuldenquote von 40 Prozent oder weniger kann das Land bankrottgehen, wenn die ausländischen Gläubiger ihre Anlagen abziehen. Deshalb ist die Schuldentragfähigkeit eines Landes unter diesen Umständen recht gering. Dies wurde einigen Euroländern, mit Griechenland an der Spitze, zum Verhängnis, als ausländische Anleger nach dem Platzen der globalen Kreditblase unsichere Schuldner zu meiden begannen. Die Schuldentragfähigkeit kann aber erhöht werden – und zwar auf japanische Verhältnisse von 250 Prozent des BIP und mehr – wenn es gelingt, in Fremdwährung denominierte Auslandsschuld zu in heimischer Währung denominierter Inlandsschuld zu verwandeln. Die Errichtung des ESM und die Aufstellung der EZB als Kreditgeber der letzten Instanz für Staaten mithilfe der Ankaufprogramme der Bank für Staatsanleihen hatten exakt diesen Effekt. Das hatte die griechische Regierung sehr gut verstanden.
»Japanisierung« der Schuld ist das Instrument, das die Politik zur Entschärfung der Finanzkrise der EWU gewählt hat. Damit wird abzutragende Schuld in nicht rückzahlbare Buchungsposten verwandelt, die man getrost vernachlässigen kann. »Japanisiert« wird auch die Schuld anderer Euroländer, die sich wie Griechenland finanziell übernommen haben. Zwar können Länder wie Italien oder Spanien nicht wie Griechenland ihre Schuld vertrauensvoll in die Hände des ESM legen. Dafür ist dessen Kapazität zu klein. Doch entfaltet die Aufstellung der EZB als Kreditgeber der letzten Instanz für Eurostaaten die gleiche Wirkung. Sollte die Refinanzierung staatlicher Schuld am Markt nicht möglich sein, steht im Notfall die EZB bereit. Die Möglichkeit der Hilfe durch die Zentralbank macht auch sehr hohe Schuldenlasten tragbar und den Abbau der Verschuldung weniger dringlich. Deshalb erlahmt der Elan zu fiskalpolitischen Anpassungen und strukturellen Reformen.
Nicht mit unserem Geld! zeigt, wie es zu der »Japanisierung« der Eurozone gekommen ist. Durch die Krise getrieben und dem Prinzip »Not kennt kein Gebot« folgend, hat sich die Politik Schritt für Schritt von dem im Vertrag von Maastricht geschaffenen Rechtsrahmen für die EWU verabschiedet und eine neue, außerhalb dieses Rechts stehende Form geschaffen. In diesem Prozess wurde der Euro von einer unpolitischen Währung mit dem Charakter von Warengeld zu einem staatlichen Finanzinstrument, zu Staatsgeld. Die EZB wurde von einem unpolitischen Emittenten von Warengeld zu einer Staatszentralbank. Und um das Staatsgeldsystem abzurunden, wurde über die Errichtung neuer Institutionen sowie den Abschluss zwischenstaatlicher Verträge und Pakte ein staatsähnliches Gebilde für den Euroraum geschaffen, das man wegen seiner Existenz im Verborgenen einen Euro-Schattenstaat nennen kann. Die Architekten dieser Konstruktion halten ihren Kritikern entgegen, dass jeder Schritt zur Errichtung dieses Schattenstaats demokratisch legitimiert war, da die Parlamente allem zugestimmt hätten. Wie Schäfflers Erzählung der Ereignisse jedoch zeigt, agierten viele Parlamentarier wie Schlafwandler, die sich den Konsequenzen ihres Tuns nicht bewusst waren. Auf diese Art kann demokratische Legitimität nicht entstehen.
Schäffler macht deutlich, dass die Vergiftung der EWU von den Wurzeln unseres Geldsystems ausgeht. In diesem System wird Geld in einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) erzeugt. Banken werden durch staatliche Lizenz ermächtigt, über die Vergabe von Krediten Giralgeld als privates Schuldgeld zu schöpfen. Die Zentralbank versucht, den Prozess zu steuern, indem sie den Zins am Geldmarkt setzt. Auch ist es ihre Aufgabe, das System gegen Liquiditätskrisen abzusichern, indem sie als Kreditgeber der letzten Instanz für Banken bereitsteht. Staaten übernehmen in diesem System die Rolle des Rückversicherers für die privaten Versicherungen der Einlagen, die mit staatlicher Lizenz von den Banken geschaffen wurden. Und wie die Finanzkrise gezeigt hat, ist der Rückversicherer des Rückversicherers wieder die Zentralbank. Die Geldproduktion im ÖPP-Verfahren braucht also eine Zentralbank und einen Staat als Partner für die Banken. Der Geburtsfehler der EWU war, dass man die ÖPP nur teilweise institutionell abgesichert hat. Der EWU fehlte von Anfang an der Staat, da Versuche, eine politische Union parallel zur Währungsunion auf den Weg zu bringen, scheiterten. Die meisten Staaten waren nicht bereit, größere Teile ihrer nationalen Souveränität – darunter vor allem die Hoheit über die Staatsfinanzen – an eine europäische Zentralregierung in einem europäischen Bundesstaat abzugeben. Mit der Errichtung des Schattenstaats hinter dem Rücken der Bürger wurde versucht, diesem Mangel abzuhelfen. Doch weil dem Schattenstaat die demokratische Legitimation fehlt, wird er kaum die wirkungsvolle Rolle spielen können, die für eine stabile öffentlich-private Partnerschaft in der Geldproduktion notwendig ist. Gegenwärtig schlägt dem Schattenstaat Widerstand von zwei Seiten entgegen: Die Schuldnerländer wehren sich gegen die mit der fremden Hilfe verbundene Einschränkung ihrer nationalen Souveränität. Man möchte zwar gerne die Schuld, aber ja nicht die staatliche Souveränität vergemeinschaften. Die Gläubigerländer fürchten dagegen, auf ihren Forderungen sitzen zu bleiben. Die Haltung Griechenlands zeigt, dass diese Furcht gute Gründe hat. Am Ende wird die EZB die Rolle des Kreditgebers der letzten Instanz für Banken und Staaten mit Liquiditäts- und Solvenzproblemen übernehmen müssen. Damit kann man zwar einen plötzlichen Kollaps der EWU kurzfristig verhindern. Aber wie das Beispiel historischer Währungsunionen zeigt, kann Staatsgeld ohne Staat langfristig keinen Bestand haben. Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass der von den Regierungen und der EZB eingeschlagene Weg zur Eurorettung letztlich zum Scheitern der EWU führen wird.
Die Krise der EWU ist aber nur ein Teilaspekt der Probleme unseres in öffentlich-privater Partnerschaft erzeugten Geldes. Wie insbesondere Ökonomen der Österreichischen Schule, der Frank Schäffler angehört, gezeigt haben, führt die Kredit- und Geldschöpfung aus dem Nichts zu systematischer Instabilität der Wirtschaft. In der jüngeren Vergangenheit wurde dies nirgendwo so deutlich sichtbar wie in Japan. Nach der »Blasenökonomie« der Achtzigerjahre begann mit dem Abschwung des Kreditzyklus in den Neunzigerjahren eine lange Leidensphase der Wirtschaft. In dem Bemühen, die privaten Haushalte von der Misere abzuschirmen, ließ der Staat seine Verschuldung in schwindelerregende Höhen steigen. Mit dem im Jahr 2013 angelaufenen Programm der Bank von Japan zum Kauf von Staatsanleihen auf breiter Front setzt nun die Phase der Monetisierung der Schuld ein. Man hofft, aus dem Schuldenberg herauswachsen zu können, aber auch die Optimisten können nicht sagen, wie dies gelingen soll. Wenn kein Wunder geschieht, dürfte daher am Ende der Geschichte eine Krise der japanischen Währung stehen. Mit der »Japanisierung« der Staatsschuld im Euroraum haben wir uns angeschickt, Japan auf dem Weg in die Geldkrise zu folgen.
Was kann man dagegen tun? Schäffler plädiert für die Ausgabe privaten Geldes im Wettbewerb, wie es F. A. von Hayek vorgeschlagen hat. Hayeks Idee blieb lange unbeachtet, da die Wirtschaft mit billigem Staatsgeld von Scheinblüte zu Scheinblüte getrieben wurde. Seit dem Kollaps von Lehman Brothers steht jedoch unser Finanzsystem in der Kritik, und seit dem Beginn der Eurokrise sind die Schwächen eines Staatsgelds ohne Staat offensichtlich. Vor diesem Hintergrund ist die Verwirklichung von Hayeks Vorschlag in Europa wieder möglich geworden. Das Buch von Frank Schäffler liefert triftige Gründe dafür.
Thomas Mayer im Mai 2014
Senior Fellow, Center for Financial Studies,Goethe Universität, Frankfurt am Main
Als ich im August 2012 mit meinen beiden damals fünf und acht Jahre alten Kindern bei meiner örtlichen Sparkasse ein Sparbuch eröffnen wollte, um den Inhalt ihrer Spardose dort einzahlen zu können, fragte mich die freundliche Sparkassenangestellte, ob ich denn einen Freistellungsauftrag für die zu erwartenden Zinsen für meine Kinder benötige. Immerhin könnten beide 801 Euro pro Jahr an Zinserträgen steuerfrei vereinnahmen.
Ich erwiderte diese Frage mit der Gegenfrage, welchen Zinssatz es denn derzeit auf das Sparbuch gebe? Etwas verstohlen sagte sie 0,25 Prozent. Instinktiv, ohne es genau nachzurechnen, winkte ich mit einer kurzen Handbewegung ab, weil mir die Mühe das Ganze nicht wert erschien. Zu Hause angekommen, tippte ich die Zahlen in den Taschenrechner. Tatsächlich hätten beide Kinder jeweils bis zu 320 400 Euro auf ihrem neuen Sparbuch parken können, ohne bei einem Zinssatz von 0,25 Prozent Kapitalertragsteuern zu bezahlen. Oder anders ausgedrückt, wer 320 400 Euro auf dem Sparbuch hatte, bekam zu diesem Zeitpunkt 801 Euro Zinsen pro Jahr – steuerfrei. Im April 2013 sagte mir ein Sparkassenmitarbeiter, dem ich diese Geschichte erzählte, dass es mittlerweile nur noch 0,1 Prozent Zinsen auf einem Sparbuch gebe. Und auch mehr als ein Jahr später, im Mai 2014, hat sich an dieser Miniverzinsung nichts geändert. Doch jetzt könnten meine Kinder theoretisch bis zu 801 000 Euro auf ihren Sparbüchern liegen lassen, ohne dass eine Kapitalertragssteuer anfällt. Wenn das kein attraktives Steuersparmodell ist!
Doch da beide Spardosen nicht so viel hergaben, war es völlig wurst, ob von einem Minibetrag an Zinsen noch 25 Prozent Kapitalertragsteuer an den Fiskus abgehen. Die Anreize des Herrn Draghi für meine Kinder waren klar. Mein Sohn kaufte sich anschließend lieber das fünfte Bayern-München-Quartett und meine Tochter ihre zehnte Puppe. Sparen lohnt sich in ihren Augen ja nicht. So verändern sich Konsumentscheidungen im Kleinen. Unabhängig davon, ob ein Sparbuch die ideale Geldanlage ist, hat das Ganze tiefgreifende Folgen. Denn es betrifft uns alle. Es betrifft vor allem denjenigen, der selbst vorsorgt, der darauf hofft, dass derjenige, der arbeitet und etwas erwirtschaftet, auch etwas zur Seite legen kann und am Lebensabend mehr hat, als der, der dies nicht getan hat. Dafür schafft der Staat sogar Anreize in Form der Riester-Förderung, der Basis-Rente, der Privilegierung von Lebensversicherungen und bei der betrieblichen Altersvorsorge. Nicht nur das, er zwingt gleichzeitig ganze Berufsgruppen vorzusorgen. Die freien Berufe sparen in Versorgungswerke und Journalisten legen in das Presseversorgungswerk an. Doch worin legen Riester-Renten, Rürup-Renten, Lebensversicherungen, Versorgungswerke, betriebliche Versorgungseinrichtungen ihr Geld überwiegend an? Die Antwort ist sehr einfach: in die Schulden Europas und der Welt. Wenn die Notenbanken dieser Welt und die EZB im Besonderen mit ihrer Politik des »billigen Geldes« dafür sorgen, dass das Zinsniveau für Staatsanleihen (Schulden) künstlich niedrig gehalten wird, dann können Lebensversicherungen, Riester-Renten und Versorgungswerke ihren Kunden auch weniger auszahlen. Das hat Konsequenzen für die nominale Auszahlung der Versicherungsunternehmen, aber vor allem auf die um die Inflationsrate bereinigte reale Auszahlung. 2013 hatten wir in Deutschland eine negative Realverzinsung von deutschen Staatsanleihen von fast minus 2 Prozent. Hält dieser Prozess 20 Jahre an, haben alle, die in diese Anleihen investieren, am Ende ein Drittel weniger in der Tasche. Sind es nicht minus 2, sondern minus 10 Prozent, dann sind schon 97 Prozent weg. Was bei einer positiven Realverzinsung zum Turbo in der Geldanlage werden kann, ist bei einer längerfristigen Niedrigzinsphase die Enteignung von Sparvermögen.
Die vermeintliche Lösung der Überschuldungskrise von Staaten und Banken wird zwangsläufig auf dem Rücken der Sparer ausgetragen. Das ist der unausgesprochene Lösungsweg in den USA, Japan und auch in Europa. Die Regierungen und Notenbanken nehmen billigend in Kauf, dass nicht diejenigen, die fehlinvestiert haben, für ihre eingegangenen Risiken haften und die Verantwortung übernehmen, sondern dass dieses individuelle Versagen sozialisiert wird. So wie uns die Linken das immer wieder vorwerfen: Die Gewinne werden privatisiert und die Verluste werden sozialisiert. Selten hatten die Linken so recht.
Einige mögen jetzt einwenden, dass Geldentwertung und Inflation doch aktuell sehr niedrig seien. Für die Konsumgüter mag das aktuell noch der Fall sein. Wer jedoch spart, verliert Geld.
Dieses Buch ist aus der Sorge geschrieben, dass wir, wie es Friedrich August von Hayek formuliert hat, auf dem »Weg zur Knechtschaft« sind. Die Manipulation des Geldwertes und des Zinses zerstört eine freie Gesellschaft. Das Gefährliche dabei ist, dass diese Manipulation wie süßes Gift wirkt. Es schmeckt gut, seine Wirkung ist aber tödlich.
Denn wir leben zur Zeit in einer Schönwetterperiode, an deren Horizont sich ein gewaltiger Orkan zusammenbraut. Ich durfte acht Jahre lang im Deutschen Bundestag die ersten Gewitter und Blitzeinschläge hautnah verfolgen. Einige Keller wurden dabei nass, ein Paar Dächer wurden abgedeckt und einige morsche Bäume stürzten um. Schnell rückte die Feuerwehr an, löschte Brände und räumte die Straßen wieder frei. Auch die Dachdecker waren schnell zur Stelle und kümmerten sich fürsorglich um die kaputten Dachpfannen. Doch es war bislang nur ein leises Lüftchen. Denn wir befinden uns inmitten eines weltweiten Experiments, das es in dieser Dimension in der Wirtschaftsgeschichte noch nie gegeben hat. Eine mindestens über 40 Jahre dauernde, expansive Geldpolitik faktisch aller großen Notenbanken stößt an ihre Grenzen. Die klassischen Instrumente der Notenbanken versagen und zeigen keine Wirkung auf das Wirtschaftswachstum mehr. Wahrscheinlich erleben nicht erst unsere Kinder die einschneidenden Folgen, sondern bereits wir.
Dennoch ist das Wesen dieser Krise vielen in der Politik und außerhalb nicht klar. Viele haben auf die Frage, was da eigentlich gerade vor sich geht, keine Antwort. Worum geht es also? Es geht um die »Mutter der Krise«, die Krise des Geldsystems. Alle Staaten und deren Banken sind mehr oder weniger überschuldet – die USA, Japan, China und wie gesagt die Staaten Europas. Die Ursache liegt im Geldsystem. Der Staat hat sich mithilfe seiner Notenbank das Geldmonopol angeeignet. Er legt das gesetzliche Zahlungsmittel fest. Hier ist es der Euro, dort der Dollar, und andernorts ist es der Yen. So steuert der Staat über die Politik seiner Notenbank die Geldmenge und damit den Zins für jeden von uns. Investitionen lohnen sich dadurch mal mehr, mal weniger. Je nachdem, ob die Notenbank die Zinsschraube lockert oder anzieht, boomt die Wirtschaft oder sie bricht ein. An der Seite des Staates stehen die Banken, die über die Kreditvergabe die wesentliche Menge des Geldes produzieren. Denn diese Kreditvergabe entsteht im Wesentlichen nicht durch die Einlagen der Sparer bei den Banken. Nein, sie geschieht durch einen simplen, rein technischen Vorgang. Bewilligt die Bank einen Kredit, verbucht sie diesen auf der Haben-Seite des Kreditnehmer-Kontos und als Gegenbuchung auf der Aktivseite ihrer Bilanz. So erhöht sie ihre Bilanzsumme und die Geldmenge. Diese auf nicht gesparten Forderungen basierende Kreditausweitung führt zu Blasen bei Vermögensgütern wie Immobilien und Aktien. Und diese Blasen wollen sich immer wieder korrigieren, wenn die Investoren sich zurückziehen, wenn sie Übertreibungen als solche erkennen. Das erleben wir in der jüngeren Entwicklung seit dem Schwarzen Montag 1987.
Wir erleben derzeit den vorläufigen aber nicht endgültigen Höhepunkt der Fehlentwicklung des Geldwesens und der Geldschöpfung aus dem Nichts durch die Banken. Dies ist kein Defizit der Marktwirtschaft, sondern das Versagen staatlicher Planung. Denn in einer Marktwirtschaft gehört der Wettbewerb dazu wie das Oktoberfest zu München. Wenn es auf dem Oktoberfest immer die gleiche Blaskapelle gäbe und in den Bierzelten von Jahr zu Jahr immer mehr gepanschtes Bier serviert würde, hätte das größte Volksfest der Welt schnell seine Attraktivität verloren.
Doch das, was München und andernorts in fast allen Wirtschaftsbereichen gilt, lässt der Staat beim Geld nicht zu. Dort will man keinen Wettbewerb. Dort traut man den Bürgern nicht zu, dass sie zwischen gutem und schlechtem Geld wählen können. Und dort kann nur einer das Zahlungsmittel festlegen, der allumfassende und fürsorgende »Vater Staat«.
Seitdem ich im Bundestag seit Mai 2010 konsequent gegen die »Rettungsmaßnahmen« gestimmt habe, bin ich oft gefragt worden, warum ich so dezidiert gegen die »Hilfen« bin. Das ist simpel zu beantworten: Die Planwirtschaftler des Geldes glauben daran, dass niedrige Zinsen zu einer höheren Kreditvergabe führen, die wiederum zu Wachstum und Arbeitsplätzen beitragen. Am Ende soll dies dann zu erhöhten Steuereinnahmen und einer sinkenden Staatsverschuldung führen. Ich bezweifle diesen Zusammenhang, und das ist wohl der fundamentale Unterschied zwischen den Geld-Alchemisten in den Hinterzimmern der Notenbanken und mir. Ich bestreite, dass man aus dieser Krise dauerhaft mit noch mehr Kredit und damit noch mehr neuen Schulden »herauswachsen« kann. Im Gegenteil, je länger die Korrektur der Fehlinvestitionen hinausgezögert wird, umso verheerender ist die anschließende Korrektur.
Der von mir sehr geschätzte Ökonom Ludwig von Mises beschrieb bereits Anfang des letzten Jahrhunderts die Folge dieser Entwicklung:
»Es gibt keine Möglichkeit, den finalen Zusammenbruch eines Booms zu verhindern, der durch Kreditexpansion erzeugt wurde. Die einzige Alternative lautet: Entweder die Krise entsteht früher durch die freiwillige Beendigung einer Kreditexpansion – oder sie entsteht später als finale und totale Katastrophe für das betreffende Währungssystem.«1
Es steht in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren sehr viel auf dem Spiel. Meine große Sorge ist, dass das billige Geld der Notenbanken unsere freiheitliche Gesellschaft untergräbt, zersetzt und letztlich zerstört. Das dürfen wir nicht zulassen. Dafür sind mir meine Familie, dieses Land und Europa zu wichtig.
Wenn ich in diesem Buch von Europa schreibe, mache ich oft einen grundlegenden Fehler. Dieser Fehler ist mir so richtig bewusst geworden, als ich zu einer Vortragsveranstaltung im Juni 2011 in Bern in der Schweiz war. Damals redete ich über die Schuldenkrise in Europa (Frank Schäffler, »Das Zentralbank-Monopol muss fallen!«) und mitten im Satz fiel mir ein, dass ich mich gerade mitten in Europa – in der Schweiz – befand, in einem Land, das nicht Mitglied der Europäischen Union und schon gar nicht des Euro-Währungsraums ist. Europa besteht aus rund 50 souveränen Staaten, die EU aus 28 Mitgliedern und der Währungsraum aus 18. Wenn ich also im Verlauf des Buches von Europa rede und die EU oder den Euro-Club meine, so seien Sie bitte nachsichtig.
Dieses Buch will Sie aufrütteln. Es ist nicht zu spät für eine Umkehr. Es gibt immer einen Weg zurück zu solidem Wirtschaften und zu gutem Geld. Und diese Umkehr ist immer besser als einfach verantwortungslos weiterzumachen wie bisher. Der Kampf dafür fängt jetzt erst richtig an.
Frank Schäffler im August 2014