Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1 Lucy will nicht in die Schule
Kapitel 2 Mammut im Anmarsch!
Kapitel 3 Pippa hilft dem Mammut etwas zu verlieren
Kapitel 4 Anton findet Mädchengeburtstage doof
Kapitel 5 Seltsame Geschenke
Kapitel 6 Pippa gegen den CX 2000
Kapitel 7 Emil soll verschickt werden
Kapitel 8 Ein bedeutsamer Sturz
Kapitel 9 Pippa erfindet den Nürnberger Trichter
Kapitel 10 Gloria hat Schiss
Kapitel 11 Glasaugen-Rudi
Kapitel 12 Pippa hilft Gloria beim Gruseln
Kapitel 13 Olivia schläft lieber woanders
Kapitel 14 Doktor Pepperkorn ist auch Pschüchater
Kapitel 15 Pippa heilt Hugo
Kapitel 16 Pippa hat ein schlechtes Gewissen
Kapitel 17 Der Liebesbrief
Kapitel 18 Die Entdeckung des Mammuts

Lucy hat es nicht eilig, in die Schule zu kommen. So was von gar nicht eilig! Jede Minute ohne Frau Tabak ist eine gute Minute. Wäre die Lehrerin ein Essen, sie wäre sicher Spinatsuppe mit Knorpel.
„Jetzt gib halt ein bisschen Gas!“, drängelt Lucys Mutter, die in ihrem rosa Jogginganzug vor Lucy herläuft. „Jeden Morgen das gleiche Theater. Ich will pünktlich um acht beim Yoga sein!“
Aber Lucy wird sogar noch langsamer, als sie in den Schulhof biegen. Sie findet Schule einfach doof.
„Heute kommt ein neues Mädchen zu uns in die Klasse“, erzählt sie. „Aus Amerika.“
„Interessant! Willst du sie nicht zu deinem Geburtstag einladen?“
„Nö!“, sagt Lucy und denkt: Wär ja noch schöner!
Sie darf eh nur vier Gäste einladen. Wenn man’s genau nimmt, sogar nur drei. Weil Anton ist leider Pflicht. Dabei will Anton noch nicht mal kommen. Aber ihre Mütter kennen sich schon aus dem Schwangerschaftskurs.
„Überleg’s dir noch mal!“, sagt Mama und schmatzt Lucy einen Abschiedskuss auf die Wange. Dann joggt sie davon. Dabei schiebt sich ihr rosa Po von einer Seite zur anderen.
Links, rechts.
Links, rechts.
Seufzend zieht Lucy die schwere Schulhaustür auf.
Pfff!, denkt sie und schleicht im Schneckentempo die breite Treppe nach oben. Ein Mädchen einladen, das keiner kennt und das womöglich nur schüchtern in der Ecke hockt und mit niemandem spricht! Kommt ja so was von gar nicht in die Tüte!
Die Neue ist schon da, als Lucy das Klassenzimmer betritt. Sie sitzt auf dem Lehrerpult und lässt die Beine baumeln. Alle stehen um sie herum und starren sie an. Filippa Pepperkorn ist ganz bestimmt das ungewöhnlichste Mädchen, das die Klasse je gesehen hat.
Lucy findet Pippa gleich doof: Sie hat Hosenträger an und eine komische Frisur. Außerdem trägt sie grüne Cowboystiefel – aus Schlangenleder!
„Das ist ja gemein, sich Schuhe aus Schlangen zu machen“, ruft Olivia, die alle Tiere liebt, sogar Mücken und Motten und Maikäfer. Empört deutet sie auf Pippas Stiefel.
„Gemein?“ Pippa mustert Olivia aus zwei moosgrünen Augen. „Ich sag dir mal, was gemein ist.“ Langsam rutscht sie von der Tischkante und baut sich vor Olivia auf. „Gemein ist, wenn sich zwei siamesische Monsterschlangen, die aussehen wie Schläuche voller Schleim, über unschuldige Kaninchen hermachen.“
Lucy schluckt.
„Echt?“, fragt sie. „Wollten sie die Kaninchen fressen?“
„Natch!“, ruft Pippa, was sich wie „Nätsch“ anhört und wohl so viel wie „Na klar!“ oder „Logo!“ bedeutet. „Und zwar neugeborene Zwergkaninchen. Aber zum Glück kam mein Vater dazwischen. In letzter Sekunde konnte er die Schlangen mit seinem Laserschwert töten.“
„Laserschwert, Alter?“ Antons wasserblaue Augen werden so groß wie Eiswürfel.
„Natch!“, wiederholt Pippa. „Und dann hat mir eine schielende Indianerin die Stiefel draus genäht. Ist das nicht verrückt?“
Lucy nickt. Das ist wirklich verrückt.
Grinsend streckt Pippa ihnen ein Bein entgegen.
„Dürft ruhig mal anfassen!“
Lucy und Olivia treten näher.

Vorsichtig streifen sie mit den Händen über das Leder. Als sich die Schuppen überhaupt nicht aufstellen, können sie erkennen, dass das Schlangenleder gar nicht echt ist.
„Wo ist übrigens eure Lehrerin?“ Neugierig sieht Pippa sich im Klassenzimmer um.
„Frau … Tabak?“, fragt Gloria, die so langsam spricht, als müsste sie jedes Wort aus einer Speisekarte auswählen. „Die kommt … immer zu spät“, erklärt sie und zupft nachdenklich an ihren karamellbraunen Locken. „Wahrscheinlich … liest sie wieder heimlich … Liebesromane … auf dem Klo.“
„Ist sie nett?“, will Pippa wissen.
„Kommt drauf an.“ Anton zuckt mit den Schultern. „Wenn du auf fiese, alte Schachteln stehst.“
Emil, der Kleinste von allen, rümpft die Nase. „Sie hat Haare am Kinn.“
„Na und?“, sagt Pippa. „Das hat mein Vater auch und ist trotzdem nett.“
„Aber sie mag keine Kinder“, gibt Emil zu bedenken. „Also von daher … Man müsste sie in einem Museum ausstellen, als abschreckendes Beispiel. Damit alle wissen, wie man als Lehrer garantiert nicht sein soll.“
„Genau, Alter“, pflichtet Anton ihm bei und scherzt: „Weiß doch jeder: Tabak ist schlecht für Kinder.“
„Ihr dürft so nicht reden“, zischt Olivia. Warnend reißt sie ihre Augen auf. „Sie ist unsere Lehrerin.“
„Schon …“ Gloria schlurft in Zeitlupe an ihren Platz. „Aber sie ist … nur Lehrerin geworden, weil sie nicht wusste … was sie sonst tun soll.“
„Sie ist auch zu sonst nichts gut“, meint Lucy. „Neulich hat sie Emil so was von angeschrien!“
„Genau!“, piepst Emil. „Nur weil ich meinen Schulranzen zu Hause vergessen hab.“
„Na und?“, sagt Pippa. „Anschreien ist ja nicht schlimm. Kommt drauf an, was sie schreit. Wenn sie schreit: ‚Ich hab dich gern! Komm doch mal zu Kakao und Kuchen vorbei!‘, dann habe ich nichts dagegen.“
„Wenn du gern mit einem Elefanten Kuchen isst, Alter.“
„Mit einem Elefanten?“, fragt Emil. „Eher mit einem Mammut! Weil meine Mutter sagt, solche Lehrer wie Frau Tabak sind eigentlich schon ausgestorben. Also von daher …“
Weiter kommt Emil nicht. Denn in dem Moment beginnt auch schon der Boden zu beben.