Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1:

Übersicht Kodiermodelle

23

Abbildung 2:

Dokumentationsworkflow

23

Abbildung 3:

Überblick Fachkenntnisse von Medizinischen Dokumentaren/Dokumentationsassistenten

69

Abbildung 4:

Überblick über die Aus- und Fortbildungsangebote zur DRG-Kodierung und -dokumentation

71

Abbildung 5:

Aktuelle Projekte im Medizin-Controlling

77

Abbildung 6:

Administrative Dokumentation (in Minuten pro Tag)

81

Abbildung 7:

Umsetzung prozessoptimierender Maßnahmen

98

Abbildung 8:

Historische Abteilungsorientierung im Krankenhaus

100

Abbildung 9:

Ineffiziente Aufnahme- und OP-Saal-Synchronisation

111

Abbildung 10:

Effiziente Aufnahme- und OP-Saal-Synchronisation

112

Abbildung 11:

Beispiel Heidelberger Basis-DRG „Perkutane Koronarangioplastie“

128

Abbildung 12:

Beispiel-Prozess für die Einzelfal-Anfragen bearbeitung der Kategorie „medizinisch“ (ohne Widerspruchsverfahren)

175

Abbildung 13:

Fallbeispiel zur Demo-Berechnung der Methoden zur Erlösverteilung

188

Abbildung 14:

Fallbeispiel-Berechnung mit der AKVD-Methode

190

Abbildung 15:

Fallbeispiel-Berechnung mit der modifizierten AKVD-Methode (Inter Nova GmbH)

193

Abbildung 16:

Fallbeispiel-Berechnung mit dem aufwandsorientierten DRG-Erlös splitting

195

Abbildung 17:

InEK-Kostenmatrix am Beispiel der DRG F06B

198

Abbildung 18:

Schematischer Ablauf der DDMI-Methode

200

Abbildung 19:

Fallbeispiel-Berechnung mit der DDMI-Methode

202

Abbildung 20:

„E1+“Fallmix-Simulation

216

Abbildung 21:

Gegenüberstellung InEK-Kalkulation

221

Abbildung 22:

Vergleich Normal- zu Kurz- und Langliegern

222

Abbildung 23:

Medizinischer Pfad I03D (Beispielausschnitt)

223

Abbildung 24:

Intensitätsmonitoring des Pflegeprozesses

224

Abbildung 25:

Kostenpfadanalyse

225

Abbildung 26:

Produktivitätskennzahl- Kostensatzvergleich für PPR-Minuten

226

Abbildung 27:

Kostenartenmodule der F39B (Beispielmodule)

227

Abbildung 28:

Prozessbenchmark Verweildauer. Im Beispiel die F39B im Vergleich zwei er Krankenhäuser

228

Abbildung 29:

Ablauf Kostenträgerkalkulation

232

Abbildung 30:

Kalkulation von Kostensätzen

234

Abbildung 31:

Budgetsteuerung Soll gegen Ist

237

Abbildung 32:

Beispiel-Pfad – Soll-Ist-Vergleich (Ausschnitte für Liegedauer/Normal station, OP und Röntgen)

239

Abkürzungsverzeichnis

§ 301

Datenübermittlung nach § 301 SGB V

Abt.-CMI

Abteilung-Casemix-Index

ACVB

Aorto-coronarer-Venen-Bypass

AEP

Appropriateness Evaluation Protocol

AFGIB

Ärztliche Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Geriatrie in Bayern e. V.

AKVD

Aufwandskorrigierte Verweildauer

AWMF

Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich medizinischen Fachgesellschaften

AP-DRG

All patient-diagnosis related groups

BfDI

Bundesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit

BG

Berufsgenossenschaft

BQS

Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung

BR

Bewertungsrelation

BSG

Bundessozialgericht

BVmed

Bundesverband Medizintechnologie e. V.

BWRnom

Nominale Bewertungsrelation

CC

Complication or Comorbidity

CCL

Complication or Comorbidity Level

CM

Casemix

CMI

Casemix Index

COPD

Chronic Obstructive Pulmonary Disease

CW

Cost Weight (relatives Kostengewicht)

CWeff

Effektives Kostengewicht

DAG-KBT

Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Knochenmark- und Blutstammzelltransplantation e. V.

DDMI

Dual-Day-Mix-Index

DFÜ

Datenfernübertragung

DGÄK

Deutsche Gesellschaft der Ärzte im Krankenhausmanagement

DGfM

Deutsche Gesellschaft für Medizincontrolling e. V.

DGHM

Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie e. V.

DGVS

Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e. V.

DIMDI

Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information

DKG

Deutsche Krankenhausgesellschaft

DKI

Deutsches Krankenhausinstitut

DKR

Deutsche Kodierrichtlinien

DMI

Day-Mix-Index

DMP

Disease Management Programm

DokuAbschluss

Dokumentationsabschluss

DPR

Deutscher Pflegerat

DRG

Diagnosis Related Groups = diagnosebezogene Fallgruppen

DSG

Deutsche Schlaganfall Gesellschaft e. V.

DSL

Digital Subscriber Line

DVMD

Deutscher Verband Medizinischer Dokumentare

EBM

einheitlicher Bewertungsmaßstab

EER

Erlösorientierte Ergebnisrechnung

ePA

elektronische Patientenakte

FaMI

Fachangestellter für Medien- und Informationsdienste

FP

Fallpauschale

G-AEP

German Appropriateness Evaluation Protocol = deutsche Kriterien zur Begründung einer stationären Notwendigkeit

G-DRG

German Diagnosis Related Groups = diagnosebezogene Fallgruppen (deutsche Version)

GMDS

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.

GOÄ

Gebührenordnung für Ärzte

HD

Hauptdiagnose

HGB

Handelsgesetzbuch

ICD

International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems = internationale Klassifikation der Krankheiten

IMC

Intermediate Care

InEK

Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus

i.V.m.

in Verbindung mit

k. A.

Keine Angabe

KBS

Koordinierte Belegungssteuerung

KFPV

Krankenhausfallpauschalen-Verordnung

KH

Krankenhaus

KHG

Krankenhausfinanzierungsgesetz

KHK

Koronare Herzkrankheit

KHEntG

Krankenhausentgeltgesetz

KIS

Krankenhaus-Informations-System

KÜA

Kostenübernahmeantrag

KÜV

Kostenübernahmeverlängerung

KV

Krankenversicherung

MD

Medizinischer Dokumentar

MDA

Medizinischer Dokumentationsassistent

MDC

Major Diagnostic Category

MDK

Medizinischer Dienst der Krankenkassen

MDS

Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen e. V.

MedCO

Medizin-Controlling

MRE

Multiresistente Erreger

MRSA

Multiresistenter Staphylococcus aureus

MTA

Medizinisch-technische Assistentin

MVD

mittlere Verweildauer

MVZ

Medizinisches Versorgungszentrum

MWBO

Musterweiterbildungsordnung

ND

Nebendiagnose

NON-OR

Non-operating room

NPO

Non-Profit-Organisationen

NUB

Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden

OGVD

obere Grenzverweildauer

OPS

Operationen- und Prozeduren-Schlüssel

OR

Operating room

ORSA

Oxacillin-resistenter Staphylococcus aureus

PCCL

Patient Clinical Complexity Level

RG

Relativgewicht, relatives Kostengewicht

SE

Sonderentgelt

UGVD

untere Grenzverweildauer

UKJ

Universitätsklinikum Jena

VDGH

Verband der Diagnostica-Industrie e. V.

VK

Vollkräfte

VPN

Virtual Private Network

VRE

Vancomycin-resistente Enterokokken

VWD

Verweildauer

ZVK

zentraler Venenkatheter

Anhang

Begleitbogen Totenschein

Name des Verstorbenen:

Fallnummer:

Bitte benennen Sie die im Rahmen der Todesursache relevanten Diagnosen (Bitte ankreuzen):

R09.2

Atemstillstand

I46.1

Plötzlicher Herztod, so beschrieben

I46.9

Herzstillstand, nicht näher bezeichnet

[Anmerkung: Dieser Kode darf nur verwendet werden, wenn Wiederbelebungsmaßnahmen (OPS 8-770, 8-771 oder 8-779 Reanimation) erfolgt sind – siehe auch DKR 0903a]

I49.0

Kammerflimmern

R57.0

Kardiogener Schock

R96.0

Sonstiger plötzlicher Tod

K72.0

Akutes/Subakutes Leberversagen

T88.8

Organversagen postoperativ

D62

Akute Blutung

R57.1

Hypovolämischer Schock

R57.9

Schock, nicht näher bezeichnet

R40.2

Koma

I97.8

Exitus letalis postoperativ

Sonstige: @@@_____

A49.0 + B95.6 + Z29.0 ORSA/MRSA-Infektion

Bitte benennen Sie die von Ihnen erbrachten Prozeduren (ankreuzen):

8-771

Kardiale Reanimation/ kardiopulmonal

8-779

Sonstige Reanimation, ohne nähere Angabe

Bitte bei Polytrauma/Mehrfachverletzung ankreuzen:

5-981

Versorgung bei Mehrfachverletzung

5-982.y

Versorgung bei Polytrauma

Datum:

Name (Klartext):

Unterschrift (Arzt):

Begleitbogen Ernährungs- und Stoma-Therapie

img

Dokumentationsbogen MRSA 141

img

Begleitbogen Patientenschulungen

Name des Versicherten:

Fallnummer:

Datum:

Bei dem o. g. Patienten wurden folgende Schulungsmaßnahmen durchgeführt:

9-500

Präventive Maßnahmen

9-500.0

Basisschulung (Dauer mindestens 2 Stunden)

9-500.1

Grundlegende Patientenschulung (Dauer 5 Tage mit 20 Stunden)

9-500.2

Umfassende Patientenschulung (Dauer 6 Tage mit durchschnittlich 4 Stunden pro Tag)

8-984

Multimodale Komplexbehandlung des Diabetes mellitus

8-984.0

Mindestens 7 bis höchstens 13 Tage

8-984.1

Mindestens 14 bis höchstens 20 Tage

8-984.2

Mindestens 21 Tage

Bemerkungen:

Datum:

Unterschrift:

141 Rapp (2006), S. 38

1 DRG-Kodierung

Die vollständige und korrekte DRG-Abrechnungsdokumentation stellt eine große Herausforderung für Krankenhäuser dar. Die Krankenhausträger gehen aber völlig unterschiedliche Wege, um diese Problematik in ihren Häusern zu lösen. In diesem Kapitel sollen die derzeit in Deutschland etablierten Kodier- und Anreizmodelle vorgestellt werden. Vorab wird kurz die Komplexität der Thematik skizziert, vor der Akutkliniken seit Beginn des „DRG-Zeitalters“ im Jahre 2003 stehen.

1.1 Anforderungen an die DRG-Kodierung und -Dokumentation

Die DRG-Kodierqualität wird auf Seiten der Leistungserbringer häufig auf die Vollständigkeit der kodierten Informationen beschränkt. Kostenträger hingegen legen den Schwerpunkt auf die Korrektheit der abgerechneten Patientendaten. Beide Sichtweisen bilden nur einen geringen Teil der gesamten DRG-Kodierung ab, die sich anhand von zehn Dimensionen beschreiben lässt (Tabelle 1). Gerade die Nichtbeachtung sämtlicher Ausprägungen kann mitunter zu erheblichen Erlöseinbußen bzw. überproportional vielen Kostenträgeranfragen führen. Dem optimalen DRG-Management kommt da her eine zentrale Aufgabe auf Seiten der Krankenhausträger zu. Mit der Wahl eines geeigneten Kodiermodells ist die Aufgabe allerdings nicht abgeschlossen. Vielmehr muss gewährleistet werden, dass insbesondere die Kontrolle und Steuerung der Kodierung im Sinne der Qualitätsdimensionen in der Aufbau- und Ablauforganisation umgesetzt werden.

In vielen Krankenhäusern zeigt sich, dass die Aufwandsbezogenheit der kodierten Daten, also die Tatsache, dass alle abgerechneten Diagnosen und Prozeduren auch mit einem dokumentierten Aufwand in der Krankenakte korrelieren, eine besondere Schwierigkeit darstellt. Die Qualität der Patientenakten entspricht nicht in allen Fällen den gesteigerten Anforderungen im DRG-System. Häufig lässt sich der Aufwand für erfasste Nebendiagnosen oder Prozeduren nur mit Mühe aus den Krankenakten herauslesen. Insbesondere die ärztlichen Entlassungsberichte, die in der Regel vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) zur ersten Fallprüfung herangezogen werden, entsprechen in vielen Fällen nicht den Abrechnungsanforderungen, da sich meist nicht für alle kodierten Diagnosen hier ein textliches Korrelat finden lässt. Die Ärzte geben zu Bedenken, dass der Entlassungsbericht einen anderen Empfänger als den Kostenträger hat, nämlich den niedergelassenen Arzt, der andere Anforderungen an einen stationären Arztbrief stelle als derjenige, der damit die Abrechnung prüfe.

Tabelle 1: Zehn Qualitätsdimensionen der DRG-Kodierung

Dimension

Beschreibung (Beispiele)

Vollzähligkeit

Hat jeder Patient einen Entlassungsdatensatz?

Vollständigkeit

Sind alle Diagnosen und Prozeduren im System erfasst?

Richtigkeit

Existieren die verwendeten Schlüssel (noch)?

Zulässigkeit

Ist die Kodierung nach Deutschen Kodierrichtlinien bzw. ICD/OPS-Katalog zulässig? Sind ggf. Fallzusammenführungen berücksichtigt?

Präzision

Sind die kodierten Kodes präzise?

Plausibilität

Ist die Kodierung plausibel (z. B. Geschlechtskonflikt)?

Dublettenfreiheit

Sind keine unerlaubten Doppelkodierungen enthalten?

Korrektheit

Stimmt die Kodierung mit der durchgeführten Diagnostik/Behandlung überein?

Aufwands bezogenheit

Lässt sich für alle Kodes ein Aufwand in der Krankenakte zuordnen?

Sachgerechtigkeit

Bildet die Kodierung den Fall sachgerecht ab?

In vielen Häusern sind Grundsatzdiskussionen darüber entbrannt, wie in der Krankenakte bzw. im Entlassungsbrief zu dokumentieren ist. Lösungen lassen sich hier nur mithilfe eines Gesamtkonzeptes finden, d. h. jedes angewandte Modell sollte bis ins Detail durchdacht, professionell umgesetzt und betreut werden. Problematisch ist derzeit vor allem, dass Missstände in der Regel erst im Rahmen von Kostenträgerprüfungen auffallen, sodass das finanzielle Risiko, das sich für den Krankenhausträger dahinter verbirgt, in vielen Fällen noch nicht einmal grob abgeschätzt werden kann. Wenn die Fehler in der Dokumentationsqualität auffallen, zum Beispiel im Rahmen einer Stichprobenprüfung des Medizinischen Dienstes, ist es meist schon viel zu spät, da sich in diesen Fällen schmerzhafte Budgetkürzungen ergeben können.

1.2 Etablierte Kodiermodelle

Zu Beginn der DRG-Einführung hatte man in Deutschland – anders als in anderen Ländern wie zum Beispiel Australien – schnell die Verantwortlichen für die gesamte Kodierung und Datenerfassung gefunden. Man wollte dies nicht aus den Händen der Ärzte nehmen, vor allem in der Annahme, dass hier das größte Know-how für eine korrekte und vollständige Kodierung liegt. Schnell hat sich allerdings gezeigt, dass viele Ärzte mit dieser Aufgabe überfordert waren. Kam es unter dem System der Bundespflegesatzverordnung nur auf eine rudimentäre Datenerfassung mit zumindest einer Hauptdiagnose an, waren es nun vor allem die Nebendiagnosen, die zum Teil zu erheblichen Erlöseffekten geführt haben.

Durch intensive Schulungs- und Motivationsbemühungen hat man vielerorts die Ärzte „fit“ für die DRG gemacht – nicht ganz ohne Folgen. Diese Aktivitäten haben manchmal zu einer förmlichen Flut von Nebendiagnosen geführt. Das beste Beispiel ist die Nikotinabhängigkeit (ICD-Kode F17.2), die regelmäßig bei jedem Raucher – oft unter Missachtung der Kodierrichtlinien – erfasst wurde. Dies hat letztendlich dazu geführt, dass man diesen Schlüssel ab 2006 abgewertet hat. Er kann seitdem keine Erlössteigerung mehr bewirken.

An diesem Beispiel zeigt sich auch die Problematik der ärztlichen Kodierung. Aufgrund der hohen Fluktuation im ärztlichen Bereich und der ohnehin hohen zeitlichen Belastung dieser Berufsgruppe ist es schwierig, sämtliche kodierenden Mitarbeiter auf dem aktuellen Stand zu halten. Das DRG-System in Deutschland lässt klare Tendenzen erkennen. Waren es zu Beginn im Jahr 2003 fast ausschließlich die Nebendiagnosen, die eine Schweregradrelevanz hatten, kamen mit den Jahren immer deutlicher die neben dem Haupteingriff erbrachten Prozeduren hinzu. Solche Trends werden in den Krankenhäusern häufig nicht rechtzeitig, d. h. erst mit zeitlichem Verzug von zum Teil mehreren Jahren, erkannt und umgesetzt. Der Schulungsaufwand der Ärzte – vor allem wenn man diese Berufsgruppe vollständig erreichen möchte – ist sehr umfangreich.

Andere Häuser haben die Brisanz dieser Situation früh erkannt und andere Modelle der Kodierung entwickelt. Hier sind es dann nicht mehr die Ärzte, sondern spezifisch aus- oder weitergebildetes Personal, das unter ärztlicher Anleitung die Datenerfassung selbstständig vornimmt. Bislang hat sich noch kein einheitliches System fest etabliert, von Haus zu Haus gibt es zum Teil noch deutliche Unterschiede.

Grundsätzlich Vorsicht geboten ist bei einem Vergleich der deutschen Situation mit dem australischen DRG-System, wie er vielfach herangezogen wird. Haas (2006) hat übersichtlich dargestellt, dass die „... Vergütung stationärer Aufenthalte ... in keinem der acht australischen Bundesstaaten ausschließlich über die [DRG-]Pauschalen [erfolgt]. Es ist zwar in Australien gesetzlich vorgeschrieben, für alle Krankenhauspatienten bei Entlassung eine Diagnose zu kodieren. Allerdings läuft nur ein Teil der Finanzierung über die DRG, ansonsten erfolgt die Abrechnung mit Hilfe ‚historischer Budgets‘. Die Situation in den Staaten ist dabei uneinheitlich. ‚Das australische System‘ gibt es folglich nicht. Die Bundesstaaten unterscheiden sich in ihren Abrechnungsmodalitäten“ (Haas, 2006, S. A-1729). Der Autor stellt weitere Unterschiede dar: „In deutschen Krankenhäusern ist es die Regel, dass Ärzte für die Verschlüsselung der Diagnosen verantwortlich sind. Das ist in Australien grundsätzlich nicht der Fall. Vielmehr ist das Analysieren der Daten und Kodieren der Patientendiagnosen und Therapien durchweg eine nicht-ärztliche Tätigkeit. Die Kodierung der Fälle erfolgt anhand der Akten nach Entlassung der Patienten. Sie wird von professionellen Kodierern vorgenommen. Diese verfügen entweder über eine einjährige Ausbildung in medizinischer Terminologie (Clinical Coders) oder haben sich als Medical Health Information Management Officers qualifiziert. Die Kodierer durchforsten die Akten und geben die DRG anhand der Aktenlage in das Computersystem ein. Ein Feedback zu den behandelnden Ärzten oder Rückfragen zur Plausibilität erfolgen nicht.2

Eine umfassende Linksammlung mit Informationen zum australischen DRG-System hat die DRG Research Group der Uniklinik Münster zusammengestellt.3

In den folgenden Kapiteln werden die bislang etablierten Modelle gegenübergestellt. Die Vorstellung erfolgt nach einem einheitlichen Schema: Zunächst wird kurz der jeweilige Verfahrenskern dargestellt, gefolgt von einer Übersicht über die Vorteile und Defizite sowie einer weiteren Diskussion des Modells. Von der grundsätzlichen Ausrichtung lassen sich unterschiedliche Modellprinzipien unterscheiden, die in der Abbildung 1 dargestellt sind.

1.2.1 Ärztemodell

Bei dem derzeit noch am häufigsten in Deutschland etablierten Ärztemodell kodieren die Ärzte während des stationären Aufenthaltes eines Patienten. Je nach Organisationsform erfolgt die Überprüfung der Kodierung durch einen Entgeltverantwortlichen der Abteilungen bzw. durch einen zentralen DRG-Manager. Entgeltverantwortlicher bzw. DRG-Manager haben hierbei in der Regel die Funktion eines Multiplikators. Die durch externe Schulungen oder Eigenstudium gewonnenen Erkenntnisse über wichtige Kodierfragen werden von ihnen an die kodierenden Assistenzärzte weitergeleitet.

img

Abbildung 1: Übersicht Kodiermodelle (eigene Darstellung)

In vielen Häusern hat sich ergänzend etabliert, dass innerhalb der Pflege eine eigene Liste (Pflege-ICD, Liste pflegerelevanter Nebendiagnosen) verwendet wird, auf der die Mitarbeiter der Pflege Diagnosen und Prozeduren ankreuzen, die für sie im Rahmen der stationären Behandlung eines Patienten eine Relevanz hatten.

Der prinzipielle Ablauf des Ärztemodells wurde am Beispiel eines konkreten Krankenhauses bereits ausführlich von Baller (2005) beschrieben. Zusammenfassend lässt sich der Dokumentationsworkflow wie in Abbildung 2 darstellen:

img

Abbildung 2: Dokumentationsworkflow (nach Baller, 2005)

Das Ärztemodell findet derzeit vor allem noch in kleinen Krankenhäusern Anwendung. Hier wird vielfach aus Kostengründen auch auf die Einstellung eines zentralen DRG-Managers verzichtet. Das jährliche DRG-Know-how wird über externe Schulungsangebote von Seminaranbietern gewährleistet.

Da bei diesem Modell die Kodierung und ihre Kontrolle in der Hand von Stationsärzten und Entgeltverantwortlichen liegen, bestehen für die Einrichtung gewisse Risiken. Neben der zum Teil eingeschränkten Motivation und der ohnehin schon großen zeitlichen und administrativen Belastung der Stationsärzte ist die Identifikation von systematischen Fehlern in Kodierung und Dokumentation äußerst schwierig. Nur die Häuser, die einen eigenen, abteilungsunabhängigen DRG-Manager einstellen, haben die Möglichkeit der Kontrolle und Optimierung.

Gerade systematische Kodierfehler oder hausspezifische Auffälligkeiten können Auswirkungen auf die Folgejahre haben. Wenn Ärzte zum Beispiel nur noch das notwendige Minimum an Nebendiagnosen kodieren, hat dies für die Einzelfallabrechnung und den über das Jahr erreichten Casemix zunächst noch keine Relevanz. Werden in den Folgejahren aber für diese DRG Nebendiagnosen-getriggerte Schweregrad-Splits eingeführt, kann sich dies deutlich auf die Budgetverhandlungen auswirken, da hier in der Regel die Daten des aktuellen Jahres mit dem Grouper des Folgejahres gruppiert werden. Werden im laufenden Jahr Kodes weggelassen, die im nächsten Jahr relevant werden, ergibt dies ein nicht repräsentatives Bild, auf dessen Basis allerdings die Verhandlung stattfindet. Ein solches Haus wird sich schwer tun, die Vertreter auf Kostenträgerseite zu überzeugen.

Die Ärztekodierung hat allerdings auch Vorteile. Der zusätzliche Personalaufwand hält sich für die Krankenhäuser in Grenzen. Durch die direkte Verantwortlichkeit der medizinischen Leistungserbringer für die Abrechnung steigt die Sensibilisierung der Ärzte für ökonomische Belange. Theoretisch müsste dieses Modell auch – aufgrund der nur geringen Zahl an Zwischenstufen – zu einer schnellen Abrechnung führen. Die Praxis zeigt vielerorts allerdings ein anderes Bild.

Eine Zusammenstellung der Vor- und Nachteile zeigt die Tabelle 2.

Für ein auf Basis des Ärztemodells aufgebautes dreistufiges Kodiermodell hat sich auch das Universitätsklinikum Aachen entschieden (Brost et al., 2004):

In Aachen wurde erkannt, dass die „DRG-Oberärzte der Fachabteilungen ... eine wichtige Überwachungsfunktion ein[nehmen]. Gerade die medizinischen Inhalte entziehen sich oft einer qualifizierten externen Kontrolle.

Tabelle 2: Vorteile und Defizite des Ärztemodells

Defizite

Vorteile

  • hohes Risiko bei fehlenden oder falschen Kodierungen
  • großer Schulungsaufwand, da i. d. R. hohe Personalfluktuation im ärztlichen Dienst
  • zeitliche Belastung (u. U. Überstunden)
  • eingeschränkte Rückmeldemechanismen (abhängig vom jeweiligen Entgeltverantwortlichen)
  • Risiko systematischer Fehler
  • fehlende Motivation
  • Pflege-ICD-Listen häufig veraltet, unvollständig
  • theoretisch schnelle Abrechnung, da nur wenige Zwischenstufen
  • kein zusätzlicher Personalaufwand in der Verwaltung
  • Leistungserbringer/Stationsärzte sind direkt verantwortlich
  • Sensibilisierung der Ärzte für ökonomische Belange

Vor diesem Hintergrund erscheint es plausibel, dass es nach Etablierung der DRG-Oberärzte zu einem Anstieg der Diagnosenzahl und gleichzeitig zu einem starken Absinken der Rate unspezifischer Kodes kam. Ähnlich war die Entwicklung bei den Prozeduren. In Zeiten zunehmender Transparenz im Gesundheitssektor wird es immer wichtiger, das Leistungsspektrum einer Klinik präzise abzubilden.“4

Ein ähnliches vierstufiges Modell wurde von Kraus und Farrenkopf (2005, S. A-722) für die Chirurgische Universitätsklinik Heidelberg beschrieben: „Weil die Stationsärzte in der Chirurgischen Klinik sämtliche Diagnosen erfassen und die Krankenhaushauptdiagnose festlegen, die Operateure die Operationsprozedur dokumentieren und alle Non-Operation-Prozeduren am Ort des Leistungsgeschehens und damit überwiegend von Pflegekräften erfasst werden (Stufe 1), kann eine Überprüfung und Korrektur durch die DRG-Controllerin5 grundsätzlich nur in engen Absprachen mit den Erfassenden stattfinden. Damit ist neben der Erlössicherung gewährleistet, dass die gesetzlichen Kodier-Vorgaben eingehalten werden (Stufe 2). Eine Schulung aller an der Dokumentation Beteiligten ist unerlässlich und gehört zu ihren Kernaufgaben. Für die inhaltliche Korrektheit zeichnet ein DRG-Oberarzt durch Unterschrift verantwortlich (Stufe 3). Anschließend werden die DRG-Daten an das zentrale Klinikums-Controlling zur Endabrechnung versandt (Stufe 4). Die DRG-Dokumentation ist somit vollständig und zeitnah als 4-Stufen-Prozess realisiert.“ Für dieses Modell wurde eine ökonomische Betrachtung durchgeführt, die die Autoren wie folgt zusammenfassen: Inzwischen liegen Daten zur Effizienz dieses DRG-Controlling-Ansatzes vor. „Es wurde ein Vorher-Nachher-Vergleich der Erlössituation erstellt. Am Tage nach der Entlassung wurden alle dokumentierten Fälle gruppiert und die Casemix (CM)-Punkte dieser ‚roh gruppierten Fälle‘ [...] addiert. Nach Überarbeitung durch das DRG-Controlling wurden die Fälle abgerechnet und die erzielten CM-Punkte ebenfalls über das Gesamtjahr erfasst. Für das Jahr 2004 betrug die Erlös-Differenz 1.387 CM-Punkte. Das entspricht 15 % des gesamten Casemix der chirurgischen Abteilung“ (Kraus und Farrenkopf, 2005, S. A-722).

1.2.2 Profiler-Modell

Beim Profiler-Modell erfolgt die Kodierung der DRG-Informationen hauptsächlich durch die Stationsärzte während bzw. kurz nach Abschluss des Aufenthaltes eines Patienten. Speziell ausgebildete Mitarbeiter der Verwaltung (DRG-Profiler) führen anhand der Systemkodierung Plausibilitätsprüfungen durch. Sie geben den Ärzten, z. B. in Form von regelmäßig stattfindenden Kodierbesprechungen, Hinweise, die sie anhand der Untersuchung von Standardabweichungen identifiziert haben.

Das Tätigkeits- und Anforderungsprofil der DRG-Profiler lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:

Durch den Einsatz von Profilern besteht eine gute Möglichkeit, das Kodiergeschehen zu überprüfen. Darüber hinaus wird der „Verwaltungssicht“ eines Falles in besonderer Weise Rechnung getragen. Durch regelmäßige Gespräche zwischen Profilern und kodierenden Ärzten kann eine gute Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Medizinbetrieb aufgebaut werden, die auch für andere Kommunikationsprozesse und Belange genutzt werden kann. Systematische Fehler können von den Profilern schnell aufgedeckt und an die Abteilungen gemeldet werden.

Die Nachteile dieses Modells liegen auf der Hand. Durch die rein systemseitige Überprüfung der Kodierungen findet kein Abgleich mit der physischen Patientenakte statt. Nur in den Häusern, in denen es eine elektronische Patientenakte (ePA) gibt, ist es den Profilern möglich, auch problemlos die medizinische Dokumentation einzusehen. Kritisch ist auch die u. U. fehlende medizinische Kompetenz der Mitarbeiter einzuschätzen, der häufig dadurch begegnet wird, dass auch Mitarbeiter der Pflege für einen Einsatz in diesem Bereich qualifiziert werden. Bei einer festen Abteilungszuordnung ist es aber auch Mitarbeitern mit einer kaufmännischen Ausbildung nach Einarbeitung möglich, zahlreiche medizinische Sachverhalte zu hinterfragen. Dies wird insbesondere durch die direkte Kommunikation mit den kodierenden Ärzten gefördert.

Tabelle 3 gibt eine Übersicht über die Vor- und Nachteile des Profiler-Modells.

Tabelle 3: Vorteile und Defizite des Profiler-Modells

Defizite

Vorteile

  • zusätzlicher Personalaufwand im Bereich der Verwaltung
  • Liegen keine Standardabweichungen vor, können in der Akte dokumentierte relevante/erbrachte Leistungen nicht aufgedeckt werden
  • kodierte Leistungen sind evtl. nicht durch die Krankenakten dokumentation gedeckt
  • Kontrollen auf Vollständigkeit und Korrektheit der Kodierung sind nur eingeschränkt möglich
  • unter Umständen fehlende medizinische Kompetenz der Verwaltungskraft
  • Vertretungsregelung ggf. schwierig
  • durch Kodiergespräche während der Anwesenheit des Patienten können Kodierdefizite aufgedeckt werden (prospektives Grouping)
  • Fall ist in der Liegedauer steuerbar bzw. Entlassungsplanung in Abhängigkeit von mittlerer Verweildauer (MVD)/oberer Grenzverweildauer (OGVD)
  • Durchsicht der Datensätze aus „Verwaltungssicht“
  • Aufdecken und Rückmeldung systematischer Fehler

1.2.3 Koder-Modell

Beim Koder-Modell wird nach Abschluss des Aufenthaltes die Dokumentation komplett in Kodierung umgesetzt. Diese Verschlüsselung wird in der Regel von dafür speziell ausgebildeten Verwaltungskräften oder Pflegenden durchgeführt. Sie findet anhand der Krankenakte und gegebenenfalls weiterer schriftlicher Aufzeichnungen über einen Patienten statt. Je nach Ausgestaltung wird die komplette Kodierung des Entlassungsdatensatzes nach der Entlassung des Patienten durchgeführt. Bei der Aufnahmedokumentation gibt es unterschiedliche Varianten. Häufig praktiziertes Prinzip ist eine Papierdokumentation von Diagnosen durch die Ärzte und die Umsetzung in Systemkodierung durch den Koder.

Tätigkeits- und Anforderungsprofil der DRG-Koder:

Das Koder-Modell findet seinen Ursprung in Australien, wo sich der Medical Coder als eigener Beruf fest etabliert hat (siehe auch Kapitel 1.1). Klarer Vorteil ist, dass ein vollständiger Abgleich zwischen Kodierung und Dokumentation bzw. Krankenakte stattfindet. Das Risiko berechtigter Kostenträgeranfragen sinkt. Da die gesamte Kodierung nur von wenigen Mitarbeitern durchgeführt wird, nimmt ebenfalls der Schulungsaufwand ab.

Dieses Modell hat allerdings auch Nachteile. Durch seinen retrospektiven Ansatz (Kodierung erst nach Entlassung des Patienten) kann kein Einfluss mehr auf das Patientenmanagement genommen werden. Das betrifft im Wesentlichen die Verweildauer, die im Nachhinein nicht mehr beeinflusst werden kann. Da ein Fokus der Kostenträgeranfragen im Bereich der Dauer des stationären Aufenthaltes liegt, müssen hier alternative Lösungen gefunden werden. Auch werden durch die Koder die Ärzte ihrer wirtschaftlichen Verantwortung teilweise entbunden.

Je nach Modell wird nur ein Teil der Kodierungen vom Koder durchgeführt. Drösler et al. (2004) vertreten zur OPS-Kodierung zum Beispiel die Auffassung, dass hier die Leistungserbringer direkt kodieren sollten. „Nur die Leistungserbringer ... wissen genau, welche Leistungen ... erbracht wurden und sollten diese direkt am Ort des Geschehens erfassen. Bei der Überschaubarkeit der Prozedurenkodes für Bild gebende Verfahren, Endosonographieleistungen und auch Endoskopien spricht vieles dafür, das Funktionspersonal in die Datenaufzeichnung zu integrieren. Anders ist der Sachverhalt für operative Leistungen zu beurteilen. Hier biete der Prozedurenschlüssel oftmals eine differenzierte Auswahl, die der Operateur selbst treffen sollte.“6

Sämtliche Vorteile und Defizite sind in Tabelle 4 zusammengefasst.

Tabelle 4: Vorteile und Defizite des Koder-Modells

Defizite

Vorteile

  • sehr hoher Personalaufwand
  • Dokumentationslücken bedeuten Kodierungslücken
  • retrospektiver Ansatz (während des Aufenthaltes kann kein Ein fluss auf das Patienten management genommen werden, der Koder „reagiert“ nur)
  • differenzialdiagnostische Beurteilung und Berücksichtigung bei der Kodierung erschwert
  • Ärzte verantworten nicht den wirtschaftlichen Prozess
  • Kodierung nur in wenigen Händen, Risiko bei Personalfluktuation der Know-how-Träger
  • ärztliche Handschrift mitunter schwer zu entziffern
  • fachlich vollständige und korrekte Kodierung
  • Dokumentation und Kodierung sind identisch und vor dem MDK unangreifbar (minimiertes Risiko)
  • dadurch schnellere Bearbeitung von Kostenträgerrückfragen, da ohne Rücksprache mit Abteilung zu bearbeiten
  • alle in der Akte dokumentierten Leistungen sind kodiert
  • zeitlich klar definierter Rechnungslauf (aber nicht zwingend schneller)
  • geringerer Schulungsaufwand, da nur kleine Gruppe zu schulen ist (im Gegensatz zur gesamten Ärzteschaft)

Eine besondere Vorreiterrolle bei der Umsetzung eines Koder-Modells hatte mit ihren 3.300 Betten und über 120.000 stationären Patienten die Charité in Berlin. Hier hatte man bereits frühzeitig eine neue Berufsgruppe der „Medizinischen Dokumentationsassistenten“ etabliert. Die Ziele der Integration dieser Gruppe in den Dokumentationsprozess wurden von Hansen und Grasse (2004) mit drei Punkten beschrieben:7

  1. Entlastung der Ärzte
  2. korrekte, valide und vollständige Erfassung von sämtlichen für die Abrechnung relevanten Informationen (inkl. Informationen zu Aufnahme und Entlassung)
  3. Sicherung einer MDK-festen Dokumentation (Übereinstimmung von Primärdokumentation in Akte und Arztbrief mit der Kodierung).

„Die Medizinischen Dokumentationsassistenten kodieren Nebendiagnosen und Prozeduren und erstellen einen Kodiervorschlag einschließlich der Festlegung der Fachabteilungs- und Krankenhaushauptdiagnose. Dieser wird dem behandelnden Arzt zur abschließenden Bewertung vorgelegt. Eine zentrale elektronische Prüfung der Datensätze unterstützt die Sicherung der Korrektheit und Validität der Dokumentation. Täglich werden die Fälle aller am Vortag entlassenen Patienten vor der Freigabe zur Abrechnung anhand von Prüfregeln EDV-gestützt [...] geprüft. Die Prüfregeln wurden teilweise in der Charité entwickelt und mit Regeln eines führenden Software-Unternehmens kombiniert. Im Falle einer auffälligen Kodierung wird der zuständige MDA informiert und um Korrektur oder Rücksprache mit dem behandelnden Arzt gebeten. Erst nach Korrektur der Kodierung wird der Fall zur Abrechnung freigegeben. Dieser Korrekturprozess wird von den MDA durchgeführt und entlastet die Ärzte zusätzlich.“8

Am Klinikum Ludwigshafen entschied man sich auch für ein Koder-Modell. Dort wurde folgendes Ablaufmodell etabliert9:

Neben der Kodierung ist die aktive Begleitung von MDK-Anfragen eine weitere Aufgabe der Koder.

Stein et al. (2004) kommen zum Fazit, dass durch die „Tätigkeit von [...] [Kodern], deren Arbeit weitaus mehr umfasst als das ‚reine Kodieren‘, [...] das Klinikum Ludwigshafen in die Lage [versetzt wird], die ‚objektive Primärdokumentation‘ vollständig und richtig auszuwerten. Im Sinne eines ‚Right-Coding‘ werden nur die Diagnosen und Prozeduren zur DRG-Abrechnung gebracht, die nach dem Augenschein der Patientendokumentation und unter Beachtung der Kodierrichtlinien zu identifizieren sind. Eine Schwäche in der Delegation der DRG-Dokumentation an Ärzte dagegen kann darin gesehen werden, dass von ihnen Diagnosen unter anderem aus dem persönlichen Kenntnisstand der Fälle gemeldet werden, die in der Akte (zum Beispiel durch einen äquivalenten Aufwand) nicht immer ausreichend belegt sind“ (Stein et al., 2004, S. 695).

Im Uniklinikum Jena mit ca. 45.000 Fällen sind zum Teil in einzelnen Kliniken auch Dokumentare im Einsatz. Anders als in der Charité ist man hier einen anderen Weg gegangen. „Als zentrale Vorgabe bestehen die Forderung nach dem DokuAbschluss durch einen Arzt und die Benennung von mindestens einem DRG- und MDK-Beauftragten pro Klinik. Die Wahl einer Methode der Dokumentation liegt im Ermessen der Kliniken.“10 Die Empfehlung von Leder (2005) geht aber auch in Richtung Koder-Modell: „Diagnose-Kodierung und/oder Vorprüfung durch einen vor Ort und zentral angeleiteten, besonders zu qualifizierenden DRG-Dokumentar mit Arbeitsplatz direkt auf der Krankenstation, überwiegend ärztliche Kodierung der OP-Prozeduren, der Fallabschluss bleibt in den Händen des prozessverantwortlichen, behandelnden Arztes.“11 Besonderheit in Jena ist, dass dort alle MDK-Anfragen vom zentralen Medizin-Controlling ärztlich beurteilt werden, was ca. 30 % der 2,2 Vollkräfte in Anspruch nimmt.12 „Bei offensichtlichem Verstoß gegen Kodierregeln durch das UKJ/das Gutachten erfolgt die Korrektur/der Widerspruch zentral durch das MedCO.“13

1.2.4 Aktenprüfung

Eine vereinfachte Variante des Koder-Modells ist die Aktenprüfung. Flächendeckend werden hierbei die von den Ärzten kodierten Akten kontrolliert und noch nicht im System erfasste Leistungen hinzugefügt. Nicht dokumentierte, aber kodierte Leistungen werden im Abrechnungsdatensatz entfernt. Diese Veränderungen werden nach Rücksprache mit den jeweiligen Abteilungen durchgeführt, kodierverantwortlich bleibt der Stationsarzt.