Über den Autor:
Ingo Schulze wurde 1962 in Dresden geboren, studierte klassische Philologie in Jena und arbeitete in Altenburg als Schauspieldramaturg und Zeitungsredakteur. Seit 1993 lebt er in Berlin. Bereits sein erstes Buch 33 Augenblicke des Glücks (1995) wurde vielfach ausgezeichnet. Für Simple Stories (1998) erhielt er den Berliner Literaturpreis mit der Johannes-Bobrowski-Medaille. 2005 erschien sein großer Roman Neue Leben, für den er in diesem Jahr mit dem Premio Grinzane Cavour geehrt wurde. Für seinen Erzählungsband Handy (2007) bekam er den Preis der Leipziger Buchmesse. Zuletzt erschien sein Roman Adam und Evelyn (2008). Ingo Schulze ist Mitglied der Akademie der Künste Berlin und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Seine Bücher wurden in 30 Sprachen übersetzt.
Einige Texte wurden für diesen Band überarbeitet, um Überschneidungen zu vermeiden. Die Überschriften der Erstveröffentlichung in den Tageszeitungen weichen in aller Regel von den hier verwendeten Titeln ab.
Ich danke all jenen, die mir diese Arbeiten abgefordert und sie nicht selten durch Kritik und Vorschläge verbessert haben. I. S.
1. Damals in der Provinz – Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26. August 1999
2. Wähle eine Benennung – in: Je näher man ein Wort ansieht, desto ferner sieht es zurück – Sprachglossen deutscher Autoren, Göttingen 2007
3. Vorstellung in der Darmstädter Akademie – Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung, Jahrbuch 2007
4. Tausend Geschichten sind nicht genug – in: Tausend Geschichten sind nicht genug, Frankfurt am Main 2008 (Der Absatz über Adam und Evelyn wurde nachträglich eingefügt.)
5. Stil als Befund – Sprache im technischen Zeitalter 141/1997
6. Die Nachtigall sang, was das Zeug hielt – Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. Dezember 2000
7. Mit Charms ist alles auszuhalten – Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 3. Dezember 2002
8. Die Norm des Romans – Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. März 1999
9. Endstation Sehnsucht – in: Worüber wir reden, wenn wir von Liebe reden von Raymond Carver, Berlin 2000
10. Der Ort, an dem die Minotauren weiden – Süddeutsche Zeitung vom 26. Mai 2007
11. Der Boxer und der Duft des Ginsters – Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. Juni 2007
12. Unterm Spiegel zerrinnt der See – in: Jedes Gedicht ist das letzte, Briefwechsel Johannes Bobrowski, Michael Hamburger, Marbach a. N. 2004
13. Wie die Trompeten von Jericho – Literaturen 12/2006
14. Auszüge aus dem Notizbuch meiner Reise im März 2005 – in: Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung, Leipzig 2006
15. Nach der Flut – Sinn und Form 3/2009
16. Kleines Lothar-Müller-ABC – Sprache im technischen Zeitalter 188/2008
17. Eine Amerikanerin in Berlin – Neue Rundschau 1/2007
18. Böse Schafe – Der Spiegel 36/2007
19. Drei Tage in Thessaloniki – in: Die Stadt an den Golfen von Perikles Monioudis, Aachen 2004
20. Nachtgedanken – in: Mythos Dresden, eine kulturhistorische Revue, Wien/Köln/Weimar 2006
21. Der Marmor von Pergamon – Süddeutsche Zeitung vom 21. November 2006
22. Was wollen wir? – Süddeutsche Zeitung vom 6. November 2007
23. Die Soldaten, die Mauer und die Aliens – Süddeutsche Zeitung vom 14./15. August 2007
24. Sein 27. September – in: sich aussetzen das Wort ergreifen, Texte und Bilder zum 80. Geburtstag von Christa Wolf, Göttingen 2009
25. Mein Westen – Süddeutsche Zeitung vom 6. März 2009
26. In der Grube – Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. August 2009
27. Das Wort für die Sache halten – unveröffentlicht, Teil einer Vorlesung im Rahmen der Brüder-Grimm-Gastprofessur an der Universität Kassel im Oktober 2009
Wir waren von der Autobahn abgefahren, näherten uns auf Landstraßen von Norden her Berlin und suchten nach einem Lokal fürs Mittagessen. Ich hielt mich an die Verkehrsordnung und genoss die Landschaft mit ihren Alleebäumen, Buchenwäldern, Seen und abgeernteten Feldern. Fast zehn Jahre war ich nicht mehr hier gewesen und voller Erwartung, ohne zu wissen, worauf, nahezu heiter aus unerklärlicher Vorfreude – bis meine Beifahrerin am Ortsschild von S. sagte: »Früher waren solche Städtchen viel interessanter. Da hast du immer was gefunden.«
»Was gefunden?«
»Na, Bücher.«
Plötzlich war ich im selben Maß ernüchtert, wie ich eben noch voller Aufregung gewesen war.
Etwas Ähnliches hatte ich ein paar Monate zuvor erlebt. Auf dem Weg zu Freunden, deren Wohnung mir während des Studiums ein zweites Zuhause gewesen war, sah ich beim Näherkommen, dass im Erdgeschoss die Scheiben kaputt waren, Unkraut überwucherte den Weg zur verschlossenen Haustür … Sie waren längst umgezogen, ich hatte sie sogar schon in ihrer neuen Wohnung besucht. Trotzdem sah ich sie in meiner Vorstellung noch immer in den alten Räumen.
In der DDR waren die Buchläden in den Kleinstädten und größeren Dörfern die eigentlichen Schatzkisten – je kleiner das Nest, desto besser. Oft genügte schon ein Schreibwarenladen, um Auto- oder Fahrradfahrten zu unterbrechen. Sah man im Schaufenster einen bislang ungehobenen Schatz, wartete man auch gern das Ende der Mittagspause ab oder meditierte vor dem Schild »Komme gleich wieder«. Waren wir zwei oder mehr Interessenten, konnte es Streit geben. Wer hatte es zuerst gesehen? Wem war beim letzten Mal der Vortritt gelassen worden? Was in Dresden oder Leipzig gar nicht erst in der Auslage erschien oder noch am selben Tag ausverkauft war, dämmerte in kleineren Orten oft einige Tage, mitunter unfassbare Wochen lang unentdeckt vor sich hin. In der Provinz geschahen die Wunder.
Plötzlich konnte man vor einem grauen Buch mit der weißen Aufschrift Dubliner stehen. Oder ein dunkelvioletter Band der Insel-Bücherei – überhaupt: Inselbücher! – hypnotisierte den Blick: Nadja. Auf einem schwarzen Band der Spektrum-Reihe fügten sich die Buchstaben zu Sensationen zusammen wie: Malamud, Frisch, Pynchon, oder ein Reclam-Band warb in aller Schönheit mit Namen wie Singer, Camus, Onetti, Schmidt. Oder diese unvergleichlichen weißen Lyrik-Bände, eingeschlagen in Pergaminpapier: Tarkowski, Ungaretti, Pavese, Pasternak, Enzensberger, Auden, Pound, Celan, Benn, Stevens … Jedes Kaff konnte das Leben verändern.
Woher man die Namen kannte? Man wusste sie halt – von Freunden, aus Nachworten, man stieß den anderen mit dem Ellbogen an: Da liegt noch ein Exemplar, willst du das denn nicht? – Oh! Danke! Natürlich! Wer ist das?
Geradezu verstörend war es, wenn man, nach mehrfachen Bestellungen und Nachfragen oder schmerzlichen Tauschgeschäften, etwas erkämpft hatte und nun zum zweiten Mal Gelegenheit erhielt, den neuen Fühmann oder Braun, die Kassandra oder Horns Ende zu erwerben. Geschah das öfters, entstanden Zweifel an der Wichtigkeit des Buches, also an seiner Sprengkraft. In aller Regel kaufte man es trotzdem – und verschenkte oder verkaufte es weiter.
Bei Reclam-Büchern griff man auf Verdacht zu, vor allem dann, wenn der Autor nicht aus dem Osten kam. Die eine Mark fünfzig oder drei Mark hatte man meist. Bei Büchern der Spektrum-Reihe sowieso, schon wegen der Fotomontage auf dem Einband. Deshalb entdecke ich bis heute meinen Bücherschrank: Ach, das ist der Carver, der Heaney, der Donald Barthelme.
Was nicht »aktuell« oder lizenzpflichtig war, gab es mehr oder minder ausreichend und konnte gelassener betrachtet werden. Aber auch bei Dostojewski oder E. T. A. Hoffmann, bei Novalis oder Jean Paul war man gut beraten, sofort zuzugreifen. Die eigentlichen Probleme entstanden mit dem 20. Jahrhundert, und das begann bei Baudelaire und Rimbaud. Trotz aufwendiger Suche gelang es mir nie, die sieben Bände Proust aufzutreiben.
Mitunter zögerte man zu lange, glaubte, die drei Bände von Alexander Block würden sich noch eine Weile halten. Manches, wie die Memoiren von Ehrenburg, Nerudas Canto General kaufte ich nur auf Drängen einer Buchhändlerin, auch Babels Reiterarmee – sollte ich freiwillig Propaganda lesen?
Mein Lateinlehrer, ein Brecht-Experte, beklagte sich einmal vor der Klasse – er warf es uns regelrecht vor –, dass die Bücher Platonows in den Buchläden herumstünden. Mit der flachen Hand schlug er sich gegen die Stirn und rief: »So was will mir einfach nicht in den Kopf! Platonow!«
Beschreibe ich hier ein fragwürdiges, ein schäbiges Glück? Weil es dem Geist der Restriktion und des Mangels entspringt? Weil es wichtige Autoren gab, von denen nichts erschien, von anderen oft nicht mehr als ein Splitter ihres Werkes?
Heute hat sich die Literatur aus dem flachen Land zurückgezogen in die urbanen Oasen – und Antiquariate. Außerhalb davon existiert sie nur virtuell, im Computer, so exterritorial wie die Tankstellen.
Ja, tanken mussten wir auch, zu Mittag aßen wir im »Aalhof« und zwei Kilometer weiter hielten wir zum dritten Mal: an einem Antiquitätenladen.
Nachdem ich unter Aufsicht der Verkäuferin das Zimmer mit Militaria besichtigt hatte, stieß ich vor einem Glasschrank mit Zigarrenbilderalben gegen einen Chiquita-Bananen-Karton, in dem Taschenbücher standen – Reclam-Leipzig-Ausgaben –, jeder Band fünfzig Pfennig: Sarah Kirsch, Musik auf dem Wasser, Pavese, Bobrowski, Musil, Mandelstam, Rilke.
Lächelnd kam meine Beifahrerin zu mir herüber. Mit beiden Armen hielt sie eine riesige Steingutschüssel umschlungen, in der eine filigrane Briefwaage stand. Sie versuchte, die Namen auf den Büchern, die ich gegen meinen Bauch drückte, zu erkennen. »Warum kaufst du das denn?« Keine Frage hätte mich mehr überraschen können.
Ich besaß alle diese Bücher, brauchte dringend jeden Regalzentimeter; zum Verschenken waren sie zu vergilbt, exotisch kostbar erschienen sie nicht mal mir. Bin ich nostalgisch oder einfach falsch konditioniert?
»Findest du nicht, dass sie unglaublich preiswert sind?«, fragte ich und legte die Bücher zurück in den Karton. Sie zuckte mit den Schultern, und ich klopfte mir den Staub vom Hemd.
(1999)
In Vercors’ Les animaux dénaturés von 1952 (dt. Das Geheimnis der Tropis) entdecken Anthropologen in Neuguinea Geschöpfe, von denen sie nicht wissen: Sind sie noch Tiere oder bereits Menschen? Ein Unternehmer sieht in den Tropis billigste Arbeitskräfte für die australische Textilindustrie, kauft die Rechte an jenem Landstrich samt Flora und Fauna und erklärt die Tropis zu Tieren. Das ruft die britische Textilindustrie auf den Plan. Der Journalist Templemore, Held des Romans, lässt eine weibliche Tropi mit seinem Samen befruchten. Sie gebiert in England ein Geschöpf, das Templemore, nachdem er es hat taufen und amtlich registrieren lassen, umbringt. Danach ruft Templemore die Polizei, er fordert Strafverfolgung und Prozess. Hat er ein Tier getötet oder seinen Sohn ermordet? Staatsanwaltschaft und Verteidigung laden wissenschaftliche Koryphäen vor. Die Geschworenen sind ratlos, weil ihnen niemand eine verbindliche Definition des Menschen geben kann. Deshalb sehen sie sich außerstande, ein Urteil zu fällen. Da jedem neuen Prozess ein ähnlicher Ausgang droht, beauftragt das britische Parlament eine Kommission, die eine juristische Definition des Menschen erarbeiten soll. Die Begründung, mit der die Tropis schließlich zu Menschen erklärt werden, fällt höchst fadenscheinig aus: Man deutet die Tatsache, dass sie Fleisch räuchern, als eine Art Fetisch-Handlung. Die britische Textilwirtschaft atmet auf.
Aus dieser fabelartigen Geschichte erfährt man, wie Benennungen entstehen und wie Benennungen unser Verhältnis zum anderen definieren. Vielleicht musste ich deshalb an Vercors’ Tropis denken, als ich vergeblich versuchte, eine Sprachglosse zu schreiben.
(2007)
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
dieses Vor-Sie-Hintreten lässt sich weder mit irgendeiner bisherigen Prüfung noch mit einem anderen Auftritt vergleichen. Es hat seine Entsprechung am ehesten in den Träumen eines Jungen von dreizehn oder vierzehn Jahren, der sich möglichst schnell einen Namen machen wollte, weil er glaubte, dass dann vieles einfacher würde, zum Beispiel berühmte und interessante Leute kennenzulernen.
Ich glaube nicht, dass solche Vorstellungen spezifisch sind für jemanden, der 1962 in Dresden geboren wurde. Aber sicher hatten Zeit und Ort ihre eigenen, diesen Wunsch begünstigenden Faktoren: Die so kunstsinnige wie selbstverliebte Stadt, das Hochhalten des Bürgerlichen samt vergleichsweise hierarchischen Umgangsformen und die heute kaum noch vorstellbare Aufmerksamkeit, die jedem Wort zuteilwurde.
Meine Mutter, alleinerziehend, von Nachtdiensten geplagt, aber ihren Beruf liebend, hatte den größten Einfluss auf mich. Vor allem Frauen hatten Anteil an der Erziehung meiner Gefühle. Den Umgang mit Männern, die mir als Lehrer, Trainer oder gefürchtete Väter von Klassenkameraden entgegentraten, musste ich erst erlernen.
Schon im Kindergarten hatte ich Angst vor der Armee und schöpfte Trost aus der Bemerkung einer Nachbarin, vielleicht wäre ja alles ganz anders, wenn ich achtzehn sein würde. Aber darauf zu hoffen, gab ich bald auf.
Aus Faulheit habe ich erst spät begonnen zu lesen. Zu Hause wurde jedoch viel erzählt und vorgelesen. Vergeblich bemühte ich mich, meinem Leben dieselbe Intensität zu verleihen, wie ich sie aus mündlichen und schriftlichen Geschichten kannte.
1981 legte ich an der Kreuzschule in Dresden das Abitur ab und wurde von November 1981 bis April 1983 Soldat der NVA in Oranienburg. Das Kriegsrecht in Polen und die Haltung der DDR dazu ließ die als Schüler gestellte Frage, ob man den Wehrdienst verweigern sollte oder nicht, plötzlich ungeahnt folgenreich erscheinen. Während der Armeezeit schrieb ich erste Erzählungen.
In Jena studierte ich Latein und Altgriechisch, dazu ein bisschen Germanistik und Kunstgeschichte. Ich hatte Glück mit einigen Hochschullehrern, die zu Freunden wurden. In Gesprächen außerhalb der Universität lernte ich vieles von dem, was noch meine heutige Sichtweise prägt.
Nach Altenburg kam ich 1988 als Schauspieldramaturg. Das Theater, zumindest jenes, das ich kennenlernte, war bestimmt von Autonomie im Alltag und einem ungewöhnlichen politischen Freiraum.
Der Herbst 89 war auch für mein Leben ein Umbruch. Doch der eigentliche Weltenwechsel stand mir noch bevor. Eben noch fast ein Berufsrevolutionär, wurde ich aus derselben Intention heraus zum Mitbegründer einer Zeitung. Die Währungsunion schien alle Worte überflüssig gemacht zu haben. Offenbar konnte man alles tun und lassen, wenn es sich nur rechnete. Ich hatte den Eindruck, als politischer Mensch nicht mehr gebraucht zu werden. Dieses Gefühl korrespondierte mit meinem erstmaligen Interesse an Geld. Aus dem Journalisten wurde ein Anzeigenblattverleger.
In dieser Eigenschaft entsandte mich ein Geschäftsmann Anfang 1993 nach St. Petersburg, damit ich dort das erste kostenlose Anzeigenblatt aufbaute.
Sehr vereinfacht gesagt, hat mich St. Petersburg zum Schriftsteller gemacht. Dort begriff ich, dass ich nicht weiter nach meiner eigenen unverwechselbaren Stimme suchen musste, sondern dass es angemessener ist, sich der Welt nach dem Resonanzprinzip zu nähern. Die Forderung Alfred Döblins, den Stil immer aus dem Stoff kommen zu lassen, wurde für mich maßgebend.
Über Literatur spreche ich lieber aus der Sicht des Lesers. Denn als Leser kann ich mit Bestimmtheit sagen, dass ich Literatur brauche, weil sie mich mit meinen Erfahrungen nicht allein lässt, weil sie diese an Menschheitserfahrungen misst.
Seit 1993 lebe ich in Berlin, ich bin verheiratet, wir haben zwei Töchter.
Ich erhoffe mir von der Akademie, die als Idee ja älter ist als die meisten Religionen, einen Ort des freundschaftlichen Disputs und der Verständigung. Wenn ich die Akademie auch als eine eminent politische Einrichtung auffasse, dann deshalb, weil sie eine vergleichsweise unabhängige Institution ist und weil ich keinen anderen Ort wüsste, der geeigneter wäre, wieder grundsätzliche Fragen zu stellen. Mein Problem ist nicht das Verschwinden des Ostens, sondern das Verschwinden des Westens unter der Lawine einer selbstverschuldeten Ökonomisierung aller Lebensbereiche, die Begriffe wie Freiheit und Demokratie zunehmend zum Popanz macht.
Ich kenne die Gepflogenheiten dieser Akademie noch nicht, ich freue mich aber und danke Ihnen, dass Sie mich hierhergerufen haben.
(2007)
Den Versuch, eine Poetikvorlesung zu halten, unternehme ich gegen verschiedene Widerstände. Zum einen hat künstlerische Nabelschau immer etwas Prätentiöses. Zum anderen enthält mein Roman Neue Leben bereits eine Art Poetik. Das trifft natürlich auf viele Bücher zu, denn die Auseinandersetzung mit dem eigenen Medium ist in meinen Augen ein entscheidendes Kriterium für Kunst überhaupt, doch ist in Neue Leben von einem die Rede, der Schriftsteller werden möchte und dessen Lebensstationen die meinen sind. Es ist nicht meine Geschichte, ich halte aber seine Geschichte für interessanter und aussagekräftiger. Und natürlich ist Literatur immer komplexer als das Reden über Literatur.
Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich mit diesem Beginn durch die Aufnahmeprüfung jeder Rhetorikschule fallen würde, denn statt Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, neugierig zu machen, zu fesseln und womöglich sogar durch eine Anekdote zum Lachen zu bringen, stoße ich Sie vor den Kopf, als wollte ich Ihnen zu verstehen geben, dass Sie sich für den Abend des Reformationstages wirklich etwas Besseres hätten vornehmen können.
Ich habe die Aufgabe aber nicht nur übernommen wegen der Ehre, hier vortragen zu dürfen, sondern weil ich in dieser Einladung auch die Möglichkeit sah, im Zusammenhang über meine bisherigen Bücher zu sprechen.
Indem ich versuche, meiner Schreiber-Biographie nachzugehen und etwas über das Werden der Bücher zu sagen, hoffe ich, mich den Orten und Zeiten zu nähern, in denen sie entstanden sind. Und vielleicht gelingt es dadurch, die Veränderungen meiner Sichtweise offenzulegen. Denn jede neue Erfahrung verändert den Blick auf die Vergangenheit und damit unser Bild von ihr.
Wenn im Folgenden von Schwierigkeiten die Rede ist, dann deshalb, weil sich gerade an jenen Stellen, an denen man nicht weiterweiß, die Fragen kristallisieren, die einen beim Schreiben umtreiben, und so noch am ehesten etwas über das Spezifische dieser Arbeit gesagt werden kann.
Mein Blickpunkt ist der eines Fünfundvierzigjährigen, der, in Dresden geboren, das Glück hat, seit dem Erscheinen seines ersten Buches 1995 von der Schreiberei gut leben zu können.
Oberflächlich betrachtet, bin ich das geworden, was ich als Dreizehnjähriger werden wollte, nämlich Schriftsteller. Gemessen an meiner damaligen Vorstellung, wurde ich es zu spät. Gravierender ist, dass meine heutige Existenz vor allem in puncto Heldenhaftigkeit in keiner Weise meinen damaligen Phantasien entspricht.
Denn mehr noch als Schriftsteller wollte ich berühmt werden, und das möglichst so schnell, dass es sich die DDR nicht mehr leisten konnte, mich zur Armee einzuberufen, und mich stattdessen in den Westen reisen ließ. Dort würde ich wegen meiner Heldenhaftigkeit nur in den besten Hotels wohnen.
Das Schriftstellerdasein erschien mir im Kampf ums Berühmtwerden als die einzige noch verbliebene Möglichkeit. Ansonsten war der Zug schon abgefahren. Im Fußball, in der Musik und der Malerei besaß ich kein besonderes Talent, in den Naturwissenschaften gleich gar nicht. Hingegen fiel es mir leicht, Geschichten auszuspinnen. Schriftsteller genossen bei uns zu Hause höchstes Ansehen. Nicht, dass meine Mutter oder jemand aus ihrem Freundeskreis einen Schriftsteller gekannt hätte, aber E. T. A. Hoffmann und Thomas Mann, Hesse und Heine gehörten irgendwie mit zur Familie, wie auch Albert Schweitzer und Johann Sebastian Bach, Mozart und Beethoven.
Im Herbst 1976, ich war fast vierzehn und in der achten Klasse, wurde Wolf Biermann ausgebürgert. Sein Name sagte mir nichts. Dieser Biermann musste aber unglaublich wichtig und berühmt sein, denn die Zeitungen bestanden für einige Tage fast ausschließlich aus Artikeln, in denen alle möglichen Leute und Kollektive ihn für seine Lieder und Äußerungen verurteilten. Ich spürte, wie absurd die ganze Empörung war, nicht zuletzt deshalb, weil sie auf Sendungen des Westfernsehens oder Westradios reagierte, also voraussetzte, dass man diese sah und hörte. In den Diskussionen zu Hause kam dieser Biermann allerdings auch nicht gut weg. In den Augen meiner Mutter war er ein ungehobelter Prolet, und seine politischen Ansichten fand sie viel zu kommunistisch. Ich begriff jedoch: Gedichte können einen Staat ins Wanken bringen. Solche Gedichte wollte ich auch schreiben.
Ich las von Reiner Kunze Brief mit blauem Siegel und von Sarah Kirsch Musik auf dem Wasser – beide Gedichtbände waren bei Reclam Leipzig erschienen.
In einem Hausaufsatz in der neunten Klasse versuchte ich, eines von Sarah Kirschs Gedichten zu interpretieren. Auch wenn mir selbst schleierhaft blieb, »was die Dichterin damit sagen wollte« – wichtig war allein, dass es von jener Sarah Kirsch stammte, die die DDR verlassen hatte.
Ich schrieb viel Tagebuch und versuchte mich an Gedichten und Prosa. Heute wünschte ich manchmal, ich hätte es bleiben lassen. Unentwegt fühlte ich meine freie Zeit bedroht. Permanent setzte ich mich unter Druck, etwas Vorweisbares zu produzieren. Mit sechzehn schrieb ich ein paar Gedichte, von denen zwei in einer Anthologie ver öffentlicht wurden, zweimal fuhr ich zum »Zentralen Poetenseminar der FDJ« nach Schwerin, was keine schlechte Schule war und eine Erfahrung, die ich doch nicht missen möchte.
Während der achtzehn Monate bei der NVA entstanden einige Geschichten, die die Armee zum Hintergrund hatten. Noch in den beiden Jahren danach schrieb ich Armeegeschichten. Drei davon schickte ich an den Schriftsteller Gert Neumann, den ich bei einer Lesung in Jena angesprochen und um seine Adresse gebeten hatte. Zumindest in einer Geschichte sah er gute Ansätze. Gern hätte ich ihm weitere Arbeiten vorgelegt. Aber mir gelang nichts mehr.
Zwischen dreiundzwanzig und dreißig schrieb ich kaum noch. Nicht, dass ich es nicht gewollt hätte – im Gegenteil. Doch bei allem, was ich versuchte, wusste ich recht schnell, dass es so nicht ging, ohne zu ahnen, warum das so war. Ich las viel und hoffte, bald meine eigene, unverwechselbare Stimme zu finden.
Seit meiner Armeezeit war mir klar: Dieser Wehrdienst, dem sich in der DDR kaum ein Mann entziehen konnte, ließ sich weder in Briefen noch in Gesprächen wirklich beschreiben. Was ich im Urlaub erzählte, waren Anekdoten, die mal gut, mal schlecht ausgingen. Aber das Eigentliche, das, was mir auf der Seele lastete und mich lange vor dem Weckpfiff wach liegen ließ, blieb stumm. Nur in ganz seltenen Momenten erfuhr ich, wie befriedigend es ist, wenn man schreibend etwas von dem zu fassen bekommt, was sonst ungesagt bleibt und allein in einer Geschichte sagbar wird.
Alles andere, sei es die Diplomarbeit, ein Programmheft oder Zeitungsartikel, waren Aufgaben, die man erledigte. Daran ließ sich vor allem genießen, dass man sie geschafft und hinter sich gebracht hatte. Mit dem Glück, das sich beim Gelingen einer Geschichte einstellt, hatte das nichts zu tun.
Nach dem Studium war ich 1988 als Dramaturg nach Altenburg ans Theater gekommen. Merkwürdigerweise hatte ich dort, ich war sechsundzwanzig, eine Ahnung, die mir selbst nicht behagte. Um wirklich gut zu schreiben, so meine innere Stimme, müsste mir »erst noch mal so richtig der Kopf gewaschen werden«. Was sollte das sein? Ich hatte die Armee erlitten und Liebeskummer kennengelernt. Ich arbeitete am Theater – gab es etwas Wichtigeres als Theater? Am Theater konnten wir beinah alles machen, was wir wollten, zumindest 1988/89 in Altenburg. Sollte ich vielleicht einen Ausreiseantrag stellen oder Kontakt zu den Gruppen suchen, die sich für Menschenrechte oder Umweltschutz einsetzten? Fehlte es mir an Reibung?
Im September 1989 wurde mir klar, dass ich die Schreiberei bis auf weiteres vergessen konnte. Ich war nicht aus der DDR weggegangen, weil ich immer das Gefühl gehabt hatte, die Freiräume und die sich damit bietenden Möglichkeiten nicht ausgeschöpft zu haben. Eine andere Begründung, die spätestens seit Gorbatschow nicht vollkommen abwegig klang, lautete: »Für die Stunde X müssen ja auch noch ein paar Leute da sein.«
Und nun war sie tatsächlich da, die Stunde X. Mit Angst und ungläubigem Staunen, mit Verlegenheit und euphorischer Aktivität machte ich mit, unterschrieb beim Neuen Forum, fuhr am 2. Oktober zum ersten Mal zur Montagsdemonstration nach Leipzig; nach den Vorstellungen am Altenburger Theater verlasen wir Resolutionen, organisierten Matineen, hielten in der Kirche Reden und hofften, dass daraus eine Demonstration entstehen würde.
Ich unternahm mehrere Versuche, Tagebuch zu führen. Doch war ich zu beteiligt, um zur Reflexion fähig zu sein. War nicht alles klar? Mitmachen oder nicht. Es aufzuschreiben, empfand ich schon deshalb als überflüssig, weil mir jeder Tag derart präsent blieb, dass ich meinte, ihn nie zu vergessen.
Ende 1989 war nichts so langweilig wie das Theater, nichts so interessant wie Fernsehen, Radio, Zeitung. Dass ich zusammen mit Freunden eine Zeitung gründete, geschah aus politischem Sendungsbewusstsein – wir wollten die Demokratisierung begleiten. Zudem glaubte ich, die neue Zeit auf diese Weise besser kennenzulernen, und erwartete, als Journalist viele Geschichten erzählt zu bekommen. Das eigentliche Ereignis jedoch – die eigentliche Geschichte – bestand darin, dass ich Geschäftsmann wurde. In dieses Abenteuer geriet ich gegen meine Absicht. Da uns kein Neues Forum finanzierte und wir die Entscheidungsgewalt nicht einem allein überlassen wollten, wurde ich Mitgesellschafter.
Die drei Jahre nach dem Mauerfall erlebte ich anfangs als Journalist, von Woche zu Woche aber mehr als Geschäftsmann, bis der Journalist vollkommen verloren ging. Nach einem halben Jahr gründeten wir parallel zu unserem Altenburger Wochenblatt noch ein Anzeigenblatt, um unsere Verkaufszeitung zu schützen. Nach anderthalb Jahren wollten wir die für uns wichtigen Artikel lieber in einem Blatt veröffentlichen, das eine Auflage von 120 000 Exemplaren hatte, statt in einer Zeitung, die – je nach Titelstory – mal etwas mehr, mal etwas weniger als 7000 Käufer fand. Übrig blieb allein das Anzeigenblatt, und die Artikel wurden zum Füllstoff zwischen den Anzeigen.
Mir selbst waren, ohne dass ich es recht bemerkt hatte, die Worte abhandengekommen. Mich interessierten nur noch Zahlen. Geschäft und Literatur schienen nicht kompatibel zu sein – ich las ja selbst kaum noch. Mit den Nöten und Freuden eines ums ökonomische Überleben kämpfenden Geschäftsmannes hatten Romane nichts zu tun. Die Literatur, so kam es mir vor, besaß keinerlei Einfluss mehr auf die Gesellschaft. Waren nicht sämtliche Künste zum Dekor verkommen?
Ich selbst verachtete heimlich alle, die ihr Geld am Monatsende ganz selbstverständlich bezogen. Wir dagegen mussten uns den Lohn Woche für Woche erkämpfen, und wenn uns das nicht gelang, würde ich verschuldet in die Pleite gehen und fünfzehn bis zwanzig Leute zum Arbeitsamt schicken. Zugleich träumte ich davon, einfach nur arbeitslos zu werden, ohne Schulden, ohne für die Arbeitslosigkeit der anderen verantwortlich zu sein. Ich hielt auch körperlich diesem Druck kaum mehr stand. Ich wollte nur halbwegs heil davonkommen.
Mein Plan war, mich möglichst schnell der Zeitung zu entwinden und es noch mal mit der Schreiberei zu versuchen, und sei es nur, um herauszufinden, dass nichts dran war an diesem Traum. Bald würde ich dreißig sein. Ich wollte nach Berlin ziehen, die Zeitung sollte mich eine Zeit lang finanziell unterstützen, soweit ihr das möglich wäre. Ich hoffte, irgendeinen Job zu finden.
Heute wundere ich mich selbst über meinen Entschluss. Ich hatte nicht nur den Kontakt zur Welt der Bücher verloren, ich wusste auch immer noch nicht, was und wie ich schreiben sollte. Es gab nur den Wunsch. Vielleicht war für mein Ansinnen auch der Mangel an Alternativen verantwortlich. Zu schreiben und in Berlin Taxi zu fahren erschien mir besser als die Aussicht, in irgendeiner Tretmühle so weiterzumachen wie in den letzten Jahren.
In dieser Situation bekam ich von einem privaten Geschäftsmann, über dessen Solidität ich keinerlei Illusionen hegte, das Angebot, in seinem Auftrag nach St. Petersburg zu gehen, um dort das erste kostenlose Anzeigenblatt der Stadt zu gründen. Das war eine dieser vielen Ideen, die man spätabends nach einem Geschäftsessen spinnt. Ich nannte ein für meine Begriffe utopisches Monatsgehalt von 7000 D-Mark und sagte zu.
Ich wäre überall hingegangen, nur fort von diesem Alltag. Zudem war es für mich einfacher zu sagen, ich gehe nach Russland, ich mache Karriere, als zu erklären: Ich gehe nach Berlin, um zu schreiben, ich weiß nur noch nicht, was.
Im Sommer 1989, als ich das letzte Mal Leningrad besucht hatte, wäre ich am liebsten dort geblieben, denn die allerorten spürbare Liberalität wog für uns Touristen die katastrophale Versorgungslage auf. Im Herbst 1992 kam ich nicht mehr aus der DDR, sondern aus der BRD, ich flog nicht in die Sowjetunion, sondern nach Russland, Leningrad hieß wieder St. Petersburg. Während eines der zahlreichen Geschäftstreffen zog ich, auf der Suche nach einem Stift, das Taschenbuch Erinnerungen an Leningrad von Joseph Brodsky hervor. Die Frau, die das Englisch meines Auftraggebers ins Russische übersetzte, sah das Buch und lud mich im Anschluss ein, gemeinsam zu dem Haus zu gehen, in dem Brodsky gelebt hatte. Sie war es auch, die mir in der Folge die Redakteure vorschlug. Als ich am 2. Januar 1993 mit zwei Apple-Computern, einem Drucker und einer Klebemaschine nach St. Petersburg flog, erwartete mich in zwei angemieteten Räumen im TASS-Gebäude an der Sadowaja bereits eine kleine Redaktionsrunde. Am 12. Januar erschien dann die erste Ausgabe von Priwet Peterburg.
Als Ostler in der Rolle des westlichen Geschäftsmannes lehrte ich das, was ich selbst erst zwei oder drei Jahre zuvor gelernt hatte. Die Marktwirtschaft in Russland war noch kein Jahr alt, wir lebten mit der Inflation und mussten beinah wöchentlich eine neue Anzeigen-Preisliste drucken.
Jeden Abend schrieb ich an meinen Freund Helmar Penndorf einen Faxbrief, eine Art Tagebuch. Helmar war bereits so krank, dass wir nicht wussten, ob wir uns wiedersehen würden. Beim Schreiben gab ich mir Mühe; ich wusste, wie genau er meine Sätze lesen würde, denn ihm hatte ich gestanden, was ich eigentlich werden wollte: Schriftsteller. Nach den ersten Briefen antwortete er mit Zeichnungen, auf die ich einging, was zu neuen Zeichnungen führte. Zur Hauptfigur unseres Zwiegesprächs wurde Nos, ein Wiedergänger der Gogol’schen Nase.
Helmar Penndorf starb Anfang Februar 1993. Mit seinem Tod endeten nicht nur die Faxbriefe. Auch meine Aufmerksamkeit, die den ganzen Tag über nach Erzählenswertem gesucht hatte, erlosch. Ich brachte es nun sogar fertig, in den wenigen freien Stunden meine alten Manuskripte hervorzuholen, um nach jahrelanger Unterbrechung an ihnen herumzubosseln. Verwundert fragte mich Helmars Frau, warum ich denn nicht über St. Petersburg schriebe, schließlich hätte ich doch die Stadt vor der Nase.
Ich glaube, dass mich St. Petersburg zum Schriftsteller machte.
Die Stadt war zu Beginn der neunziger Jahre ein Ort, an dem verschiedene Zeiten aufeinanderprallten: Die Zeiten Puschkins und Dostojewskis waren ebenso präsent wie das Laboratorium der Moderne vom Anfang des 20. Jahrhunderts oder das Petrograd der Oktoberrevolution und des Bürgerkriegs. Und natürlich gab es noch Leningrad, die unmittelbare Erinnerung an stalinistischen Terror, die deutsche Blockade im Zweiten Weltkrieg, und jene Stadt, die wir als DDR-Touristen besucht und in der wir uns über Gorbatschow und Jelzin gestritten hatten. Seit einigen Monaten führte nun ein brutaler, unberechenbarer, schriller Kapitalismus seine Ouvertüre auf. Es genügte, ein paar hundert Meter den Newski entlangzugehen, um die monströsen Widersprüche eng nebeneinander zu erleben: die Superreichen und das Heer der Armen, die westlichen Geschäfte und die leeren Staatsläden, die orthodoxen Priester neben den sogenannten »Müttern der Erde« und Hare-Krishna-Jüngern, Royalisten neben Kommunisten, Faschisten neben Demokraten, die alte Avantgarde neben den verdienten Künstlern der Sowjetunion oder den jungen Sozartisten. Außerdem gab es in dieser Stadt kaum einen Quadratmeter, der nicht auf irgendeine Weise literarisch gepflastert war. Man konnte immer noch mit Raskolnikow den Weg zur Gemüsehändlerin gehen oder vom Haus von Alexander Block zu dem von Brodsky pilgern.
Und ich kam aus jenem Land, das am Tod von über einer Million Bewohnern Leningrads Schuld trägt, die während der Blockade von 1941 bis 1943 verhungerten. Ich arbeitete mit Journalisten zusammen, die noch Kindheitserinnerungen an diese Zeit hatten. Verglichen mit ihrem Gehalt, verdiente ich das Hundert- bis Zweihundertfache.
Im Nachhinein scheint es mir so, als wäre meine Aufmerksamkeit mit dem Länger- und Wärmerwerden der Tage zurückgekehrt. Die Müdigkeit der Wintermonate legte man mit den Mänteln und Mützen ab, die Gerüche und Farben kamen wieder, die Straßen und Parks waren voller Redner, Musiker, Händler und Flaneure. Der Mai, in dem der Sommer fast übergangslos auf den Winter folgte, war eine Befreiung. Ich trug Ossip Mandelstams Reise nach Armenien mit mir herum – und begann eigene Beobachtungen zu notieren. Erst jetzt wurde ich mir wieder meiner fünf Sinne bewusst. Ich genoss es, über die Welt schreiben zu können, die mein Alltag war. Zwischen dem Bericht einer Straßenbahnfahrt und Skizzen über eine Verkäuferin entstand eine erste Geschichte.
Das Hochgefühl, um nicht zu sagen: die Euphorie dieser Wochen galt weniger den einzelnen Versuchen, sondern vielmehr einem unbekannten Raum, der sich plötzlich vor mir auftat. Ich wurde im Sätzemachen und in St. Petersburg gleichermaßen heimisch. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass etwas möglich wurde, was ich bisher immer vergeblich erhofft und versucht hatte.
Aber erst nach meiner Rückkehr im Juli 1993 in ein Deutschland, das gerade seine erste wirtschaftliche Krise seit dem Beitritt erlebte, begriff ich die Analogien der Erfahrungen. Bei aller Fremdheit gab es diesen Weltenwechsel, den Übergang von einem System zu einem anderen, hier wie dort. Und die DDR war wie kaum ein anderes Land von der Sowjetunion geprägt gewesen. Nur hatten wir praktisch keine Übergangszeit erlebt. Vom vierzigsten Jahrestag der DDR bis zum Beitritt war kaum ein Jahr vergangen.
Ich hatte Glück: Meine ehemalige Zeitung sowie ein paar Ersparnisse ermöglichten es mir, anderthalb Jahre tun zu können, was mir beliebte.
Doch auf den Rausch der Weißen Nächte folgte eine gewisse Ratlosigkeit. Meine Versuche, die Petersburger Reise in Skizzen zu beschreiben, stockten. Die unmittelbare Anschauung, die tagtäglichen Beobachtungen fehlten mir. Ich las viel und fast ausschließlich russische und sowjetische Literatur, manchmal tippte ich eine Idee in den Computer. Ab September jedoch, mitten im Umzug nach Berlin-Neukölln, stellten sich plötzlich die Geschichten ein. Ausgangspunkt waren meistens nur ein Satz, dem ich nachspürte, oder eine Gesprächskonstellation, in der ein Wort das andere gab und sie sich zu einer Erzählung fügten.
So erinnerte ich mich an die Absicht einer russischen Kollegin, die gesagt hatte, wenn wir für die Redaktion neue Räume samt Küche bekämen, würde sie nur noch für uns kochen. Ich malte mir die Folgen dieses Wunsches aus und schrieb über eine Zeitungsredaktion, die von ihren Mitarbeiterinnen zur Wohnung umfunktioniert wird. Der Ausgangspunkt für die Banja-Geschichte in der Mitte des Buches war der Versuch, von einer feiernden Männergesellschaft im Dampfbad zu erzählen. Dass diese Situation sich zu einer kannibalistischen Orgie steigerte, überraschte mich selbst und gab mir Rätsel auf. Ich war der Stimmigkeit der Bilder gefolgt, ein Schritt hatte den nächsten als notwendig erscheinen lassen. In anderen Geschichten blieb von der ursprünglichen Idee nichts zurück. So wollte ich einmal etwas über leere Bier- und Coladosen erzählen, die für die einen Abfall, für die anderen Reliquien waren. Die Geschichte, die daraus entstand – es ist die zweite im Buch –, schrieb ich innerhalb von zwei Stunden. Ich folgte ihr wie ein Leser – ohne zu wissen, was im nächsten Satz stehen würde. Bei einem Urlaub in der Toskana wurden die Nikolaus-Darstellungen zum Auslöser einer Nikolaus-Geschichte. Sah man in Siena und Florenz die Entstehung der Kunst aus dem Kult, so ließ sich in Russland der umgekehrte Prozess beobachten. Das brachte mich auf die Idee, die der Ikonengeschichte zugrunde liegt.
Sollte ich in einem Satz zusammenfassen, worum es mir beim Schreiben ging und geht, dann müsste er lauten: Ich will etwas über einen bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit sagen. Das heißt, ich versuche, den alten Geschichten von Liebe und Tod etwas von unserer Zeit mitzugeben. Indem ich mich vorhandener Muster bediene, hoffe ich auch die alten Geschichten lebendig und lesbar zu halten. Denn Literatur, wenn sie diesen Namen verdient, bedeutet immer zeitliche und räumliche Vergegenwärtigung. Nichts ist vergangen, wenn wir die Spuren in unserer Zeit zu finden vermögen, wenn es uns gelingt, sie zu sehen, zu hören, zu tasten, zu schmecken, zu riechen, also zu lesen.
Hatte ich immer vergeblich nach der unverwechselbaren eigenen Stimme gesucht, so begriff ich während des Schreibens, dass ich diese eigene Stimme gar nicht brauchte, dass es für mich vielmehr darauf ankam, mich auf die verschiedenen Stimmen und Erlebnisse einzulassen. Mit der russischen Literatur am Ohr hörte ich auf die Resonanz, die sich zwischen dem Erlebten und den eigenen Erfahrungen ergab. Gar nicht zu überschätzen war dabei der Einfluss der Moskauer Konzeptualisten, insbesondere der Prosa von Vladimir Sorokin und der Schriften von Boris Groys. Ihre Arbeiten waren für mich Katalysatoren wie auch Geburtshelfer. Es war meine kopernikanische Wende. Nicht mehr ich selbst mit meiner unverwechselbaren Sichtweise und Stimme stand im Mittelpunkt; stattdessen versuchte ich mich von verschiedenen Positionen aus und auf unterschiedlichen Wellenlängen der Wirklichkeit zu nähern. Ich war nicht mehr die Sonne, sondern der Sputnik.
Das, was ich für das Besondere am St. Petersburg jener Zeit hielt, ließ sich nicht durch einen einzigen Stil ausdrücken, sondern nur durch ein Bündel unterschiedlichster Stile und Geschichten. So wie sich eine Auffassung vom Glück an der anderen relativiert, sollte sich ein Stil, eine Geschichte an der anderen relativieren. Ich begriff, dass es keine veralteten oder obsoleten Erzähltechniken gab, sondern nur angemessene und unangemessene.
Den angemessenen Stil fand ich nicht immer, oft gelang es mir erst nach längerer Suche. So wollte ich eine Geschichte schreiben, in der zwei westliche Geschäftsleute über einen Russen sprechen, von dem sie glauben, betrogen worden zu sein. Aber diese Geschichte ließ sich nicht schreiben. Ich hatte sie schon aussortiert, als ich mich daran erinnerte, was wir im Literaturunterricht gelernt hatten, nämlich dass Ernest Hemingway ein Meister des Dialogs war. Ich weiß nicht mehr, welche von Hemingways Short Storys ich benutzte, jedenfalls war es eine, die mit einem Dialog begann. Ich zählte die Silben des Wortwechsels, der durch ein »sagte er«, »sagte XY« unterbrochen wurde, und füllte diese Struktur mit meinem Text. Nach ein paar Zeilen hatte ich den Gestus begriffen, und die Geschichte schrieb sich nun wie von selbst. Im Nachhinein erscheint es mir geradezu folgerichtig, dass ich für diese Erzählung in der russischen beziehungsweise sowjetischen Literatur keine Vorbilder fand. Die Zeit Hemingways hielt gerade erst Einzug in Russland.
Was mir leider nie gelang, war eine Geschichte über den Besuch von Petersburgern in Berlin. Mich beschäftigte die Erfahrung, dass Freunde, die ich in Russland wegen ihrer Souveränität bewundert hatte, in Berlin davor zurückschreckten, allein die U-Bahn zu benutzen, während andere, die mir in St. Petersburg nie aufgefallen waren, in Berlin regelrecht aufblühten. Sobald jedoch meine Figuren deutschen Boden betraten, bekamen sie weiche Knie.
Beflügelnd war die Anerkennung, die ich durch meine erste Leserin, meinen ersten Leser erfuhr. Ihre Ermutigungen schenkten mir Vertrauen in die eigenen Gehversuche und ließen mich weitermachen. Abgesehen vom Vorwort und einer späteren grundsätzlichen Umarbeitung einer Episode, waren die 33 Geschichten im Juni/Juli 1994 geschrieben.
Ich bin kein Zahlenmystiker, trotzdem erschien mir die 33 erstrebenswert. Mit einigen Klimmzügen schaffte ich es, auf diese Anzahl Geschichten zu kommen. Danach hatte ich das Gefühl, alles Material, allen Odem, alle Lust aufgebraucht zu haben.
Da ich jede Geschichte als gleichberechtigten Teil einer einzigen Erzählung ansah, gab ich ihnen keine Überschriften. Die anfangs als selbständige Skizzen geplanten Beobachtungen hatte ich in Geschichten eingebaut oder aussortiert. Schon beim Schreiben hatte ich das Gefühl, dass sich die Erzählungen in Paaren einstellten oder dass ein Pendant existierte. Die Anordnung der Texte entspricht dieser Idee insofern, als ich glaube, dass die erste mit der letzten korrespondiert, die zweite mit der vorletzten und so weiter. Nur für die Banja-Geschichte, die auch die umfangreichste ist, fand sich keine Entsprechung, deshalb platzierte ich sie in der Mitte.
Durs Grünbein, der mich früh ermuntert hatte, weiterzuschreiben, schickte das Manuskript an verschiedene Verlage, Karin Graf, die gerade erst ihre Literaturagentur gegründet hatte, nahm sich meiner an, was für mich die erste Anerkennung außerhalb des Freundeskreises bedeutete.
Genauso wichtig wie der Beginn des Schreibens war dann jener Augenblick, in dem ich im Berlin Verlag saß und meine spätere Lektorin Elisabeth Ruge mich nach einer halben Stunde Plauderei fragte: »Wären Sie denn bereit, uns Ihr Manuskript anzuvertrauen?« Viel fehlte nicht, und ich hätte laut losgelacht, weil ich selbst kurz davor gewesen war zu fragen: »Wären Sie denn unter Umständen bereit, sich meines Manuskriptes anzunehmen?« Von diesem 31. Januar 1995 an konnte ich nun auf die Frage, was ich denn mache, antworten: Ich schreibe.
Das Lektorat habe ich genossen. Noch heute empfinde ich es als eine beglückende Erfahrung, dass andere sich hauptberuflich darum bemühen, meine Texte besser zu machen.
Es gibt ein paar Geschichten in den 33 Augenblicken des Glücks, die mir nach zwölf Jahren auf eine angenehme Art und Weise fremd geworden sind. Die lese ich fast so, als hätte nicht ich sie geschrieben. Etwa eine Handvoll Geschichten würde ich gern verbessern. Damit meine ich nicht nur, dass sich hier und da ein Wort streichen oder austauschen ließe. Nein, ich möchte etwas ändern, weil ich die Idee von damals wiedererkenne, weil ich mir unsicher bin, ob sie sich zu etwas Eigenem verselbständigt hat. Doch für Korrekturen ist es zu spät. Der Raum, den ich hatte betreten dürfen, hat sich schon lange wieder hinter mir geschlossen.
Etwa zur selben Zeit, in der ich das Manuskript beendete, erschien das Zwiegespräch mit Helmar Penndorf in Faxen und Zeichnungen als Privatdruck. Der Künstler Olaf Wegewitz hatte Arbeiten von Helmar Penndorf im Kunstverein Schloss Röderhof ausgestellt und Von Nasen, Faxen und Ariadnefäden anstelle eines Kataloges herausgegeben. Sicher hat es auch etwas Fragwürdiges, Briefe – noch dazu nach so kurzer Zeit – ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen. Doch die Reaktionen besänftigten die schlimmsten Zweifel.
Nachdem ich Katharina Wagenbach-Wolff, deren Vorfahren als Buchhändler und Verleger bis 1917 in Petrograd gelebt hatten, ein Exemplar geschenkt hatte, endete keine unserer Begegnungen ohne ihre Mahnung: »Wir müssen etwas mit den Zeichnungen machen!« Alle Versuche, Briefe und Zeichnungen zu trennen oder den Text zumindest zu reduzieren, endeten unbefriedigend. Und so erschien das Buch ein zweites Mal, diesmal mit ISBN-Nummer, im Jahr 2000 in der Friedenauer Presse.
Jedes Wort über dieses Buch erscheint mir als ein Zuviel. Werde ich am Anfang einer Lesung vorgestellt, dann höre ich oft Helmars Namen. Auch deshalb bin ich froh, dass es dieses Buch gibt.
In dem Dreivierteljahr zwischen dem Abschluss des Manuskriptes und der Veröffentlichung der 33 Augenblicke des Glücks versuchte ich mich, unterbrochen durch das Lektorat, an verschiedenen Ideen. Doch nichts gelang. Die Arbeit an 33 Augenblicke war zumeist lustvoll gewesen. Jetzt hockte ich vor dem Computer und hatte das Gefühl, dass mein Schriftstellerdasein beendet war, bevor es überhaupt begonnen hatte. Ich befürchtete sogar, nur über Russland schreiben zu können. Für Deutschland, so vermutete ich, fehle mir wohl die Distanz, die Zeit sei einfach noch nicht reif dafür.
Dabei hatte ich den Wunsch, über Ostdeutschland nach 1989 zu schreiben, denn darüber zu reden und zu generalisieren erschien mir immer unangemessener. Ich war damals nicht besonders gut auf uns Ostdeutsche zu sprechen. Die Mehrheit hatte in Kohl eine Art Weihnachtsmann gesehen. Ich empfand die Entwicklung deshalb weniger als eine Vereinnahmung durch den Westen. Vielmehr hatte ich das Gefühl, von den eigenen Leuten von hinten umgeschubst worden zu sein. Wie ließ sich das Wahlergebnis vom März 1990 anders deuten? Wir hatten unser Geschick selbst gewählt. Zudem immunisierten mich meine Petersburger Erlebnisse gegen Larmoyanz. Mitte der neunziger Jahre war jedoch offensichtlich geworden, dass das Wirtschaftswunder im Osten nicht stattfinden würde. Mit einer Ideologie, die auf wirtschaftliches Wachstum setzte, war den Problemen nicht beizukommen. Zudem wurde mir mehr und mehr bewusst, dass das, was im Englischen als transition, also als Transformationsprozess bezeichnet wurde, etwas historisch Neues war und dass sich diese Veränderungen nirgendwo in solcher Radikalität und Schnelligkeit vollzogen hatten wie in Ostdeutschland. Für den Westen war mit der ehemaligen DDR ein neuer, staatlich subventionierter Absatzmarkt entstanden, ohne dass man damit zugleich lästige Konkurrenz hinzubekommen hätte.
Der entscheidende Schreibimpuls für das zweite Buch wurde durch Erlebnisse ausgelöst, die mir in ihrer Vertracktheit und Widersprüchlichkeit als exemplarisch für die neue Zeit erschienen.
Eines Abends rief mich meine Freundin vollkommen aufgelöst an, um mir mitzuteilen, dass sie einen Dachs überfahren habe. Nachdem sie erzählt hatte, wie groß und schön dieses Tier sei und wie stark sein Wildgeruch, verkündete sie in ihrer Verzweiflung, sie wolle am nächsten Morgen zum Naturkundemuseum fahren, um dort zu fragen, ob das Museum nicht einen Dachs brauche. »So wäre das nicht ganz umsonst gewesen!«, sagte sie – und musste über sich selbst lachen.
Dann ein Wochentag Ende Juli 1995, Sommerwetter. Die letzten Korrekturen am Manuskript der 33 Augenblicke waren beendet, ich war frei! Sooft ich mir diesen Moment vorgestellt hatte, war er immer mit der Erwartung eines völlig neuen Hochgefühls verbunden gewesen. Davon jedoch fehlte jede Spur, als ich am frühen Abend in den Zug stieg, um über Magdeburg nach Halberstadt zu fahren, auf dem Weg zu meinem ersten Stipendium. Ich wusste, was mich erwartete. Der Kunstverein Schloss Röderhof brachte seine Stipendiaten für zwölf Wochen in einem Bungalow unter. Vom Vorhof des Schlosses stieg man über eine breite, schon recht desolate Treppe zu einer Art Terrasse hinauf, durch deren Wildnis ein Trampelpfad führte, der an dem Bungalow endete. Die alles umgebende Schlossmauer war an einigen Stellen zerstört, so dass plötzlich verirrte Rehe oder Spaziergänger aus dem angrenzenden Wald vor einem standen. Ich sah dieser Einsamkeit mit Unbehagen entgegen. Außer Faulkner hatte ich noch ein Taschenbuch mit Short Storys von Raymond Carver in der Tasche, darin las ich, um auf andere Gedanken zu kommen.
Es war gerade noch so hell, dass ich bei meiner Ankunft die Türme vom Dom, von der Martini- und der Liebfrauenkirche aus dem Zugfenster erkannte.
Ich stieg aus. Im Halberstädter Bahnhof sprach mich eine Japanerin an. »To Magdeburg? To Frankfurt?«, hauchte sie. Ich ging mit ihr zum Fahrplan. ging mit der Japanerin zum nächsten Taxi. Der Fahrer, ziemlich jung, braungebrannt, in kurzen Hosen, blieb mit verschränkten Armen hinter der Tür stehen und sagte nur, Hotelzimmer seien knapp und schlecht, und unter hundert Mark spiele sich da sowieso nichts ab. Mit hundert Mark komme man ziemlich weit, zum Beispiel nach Magdeburg. Ich übersetzte. Mein Taxifahrer rief, dass er seine Zeit nicht geschenkt bekomme. Die Japanerin sagte: »To Magdeburg.« Da verschwand der Fahrer im Taxi und stieß die Beifahrertür von innen auf. Die Japanerin drehte sich noch einmal um, rief: »Thank you very much«, und stieg ein. »Nach Magdeburg!«, schrie mein Fahrer. Er war aus seinem Wagen gesprungen. »Nach Magdeburg!« Ich riss die hintere Tür des Taxis auf, streifte den Bauch des Fahrers undPlötzlich hielten wir.