Du und ich: Die erste Begegnung

Fettnapf 1: Sich verbeugen | Fettnapf 2: Die Hand schütteln | Fettnapf 3: Beides gleichzeitig tun | Fettnapf 4: Sich in die Augen schauen

»Sie sehen aus, als ob Sie gleich ins Bett wollten«, ließ Prinz Philip, Duke von Edinburgh, im Jahr 2003 den nigerianischen Präsidenten Olusegun Obasanjo wissen, als dieser ihn bei einem Staatsbesuch vor Ort im traditionellen Gewand begrüßte. Mit diesem unschlagbaren Intro zementierte der Ehemann von Queen Elisabeth nicht nur seinen Ruf als »Prinz Peinlich«, sondern demonstrierte auch gleich noch, dass sich selbst die höflichen Briten hier und da im Ton vergreifen (obwohl man auf der Insel gerne auch die deutschen Vorfahren Prinz Philips dafür verantwortlich macht). Über das weitere Gespräch ist nichts übermittelt, beste Freunde sind Prinz Philip und Präsident Obasanjo aber wahrscheinlich nicht geworden.

Immerhin braucht Obasanjo die Bemerkung nicht persönlich zu nehmen, denn dies ist nicht Prinz Philips erster verbaler Ausrutscher gewesen: Ebenfalls gerne erinnert man sich in Großbritannien an seinen Besuch bei Helmut Kohl 1997, den er mit den Worten »Guten Tag, Herr Reichskanzler« einläutete, oder seine Frage an das schwarze Mitglied des House of Lords, Lord Taylor of Warwick, den er mit einem »Und aus welcher exotischen Ecke der Welt kommen Sie?« bedachte. (Was jedoch im Nachhinein wenig Beachtung fand, da sich besagter Lord in einem gigantischen Skandal diskreditierte, in dessen Folge er seine Anwaltszulassung verlor und wegen falscher Ausgabenabrechnungen im Knast landete.)

Alles in allem ist Prinz Philip der Beweis, dass man, bei effizienter Arbeitsweise, schon mit wenigen Worten zu Beginn einer Begegnung echte Zeichen setzen kann. Nur wenige Sekunden dauert es, bis sich Menschen bei neuen Bekanntschaften ein Urteil bilden, das fortan nur noch schwer umzustoßen ist. Der Grund dafür ist so einfach wie einleuchtend: Für den Menschen ist es seit jeher wichtig, Freund und Feind schnell zu unterscheiden, und zwar bevor einem die Keule über den Kopf gezogen wird. Ist der erste Eindruck erst versemmelt, braucht es viel Mühe und Aufwand, bis die Scharte wieder ausgebügelt ist.

Da dürfte es für Prinz Philip und all die anderen Menschen, die sich notorisch im Ton vergreifen, tröstlich zu wissen sein, dass das gesprochene Wort nur einen kleinen Teil des ersten Eindrucks ausmacht. Haltung, Mimik und Gestik spielen eine viel größere Rolle. Andererseits ist auch das keine wirklich gute Neuigkeit – denn wer kann schon von sich behaupten, all die Gesten zu beherrschen, die einen im jeweiligen Land zum Insider oder Outsider machen? Niemals wird es einem Europäer beispielsweise gelingen, eine perfekte japanische Verbeugung hinzubekommen, deren Winkel je nach der eigenen Position und der des anderen sowie dem Alter und anderen sozialen Aspekten variiert. Und wer weiß schon, dass man in Schwarzafrika niemandem (schon gar nicht dem Vorgesetzten!) direkt ins Gesicht blicken sollte? Wo die US-Amerikaner im festen Blick Charakterstärke erkennen, sehen viele Afrikaner schlicht Unverschämtheit. Andersherum sind vermeintlich schüchterne Sambier oder Südafrikaner, die bei der Begrüßung eines Fremden aufmerksam dessen Schuhe studieren, einfach nur höflich.

Auch die gelungene Maori-Begrüßung des Hongi dürfte dem Ortsfremden schwerfallen: Dabei werden Stirn und Nase aufeinandergedrückt (gegenseitig versteht sich!), sodass man den Atem des anderen spürt (und JA, es gibt Touristen, die versuchen das allen Ernstes nachzuahmen und wundern sich, wenn sie dafür nicht gleich beim ersten Treffen mit einer Einladung in einen echten Maori-Haushalt belohnt werden).

So blamieren Sie sich richtig!


Ende der Leseprobe