Jan Moewes     Ohne Liebe herrscht nur Trauer

Das Buch

Für den Autor ist dieses Buch die logische Ergänzung seines Erfolgstitels von 1996 über das Universum, den er gerade erneut veröffentlicht hat. Und es ist sein Vermächtnis, sagt er. Leichte Lektüre ist es nicht und einfachen Gemütern oder Angsthasen sei von der Lektüre abgeraten. Wissbegierige und Mutige dagegen werden nach dem Lesen dankbar und erfreut sein, weil sie den Zustand der Welt besser verstehen und somit ihr Planen und Handeln entsprechend klarer sehen werden.

In fast jedem Leser werden sich Widerstände gegen einzelne Aussagen regen, weil man manche Dinge einfach nicht hören möchte. Aber gerade die sind es, die unser Selbstverständnis behindern. Wer nicht weiß, woher er kommt, weil er nicht zurückschauen mag, kann auch nicht wissen, wohin er sich wenden soll. Und da Erziehung und ihre Folgen immer wieder in den Blickpunkt geraten, möchte der Autor das Buch gerade jungen Eltern empfehlen, auch denen, die es werden möchten, und besonders denen, die es werden, ohne es gewollt zu haben.

Der Autor

Ein Vielschreiber ist Jan Moewes nicht, zumindest, was seine eigenen veröffentlichten Bücher betrifft, zum Einen, weil er neben dem Schreiben noch viele andere Interessen hat und ein geselliges Wesen, zum Anderen, weil er sich nur dann in dieser Form äußert, wenn er denkt, dass er wirklich etwas zu sagen hat. Er erfindet ja keine Geschichten, sondern beschreibt komplexe Zusammenhänge, zum Glück immer locker und leicht zu verstehen.

Sprache ist eine seiner Leidenschaften, deshalb hat er doppelt so viele Übersetzungen veröffentlicht (4) wie größere Texte aus eigener Hand, wobei die Kritik immer wieder die kraftvolle Sprache des Autors lobte – das größte Lob für einen Übersetzer, vor allem, wenn genau diese für ihn der erste Anlass seiner Übersetzung war. Schon vor der neuen deutschen Welle hatte er seine 50 Rock’n Roll und Punk Favoriten singbar ins Deutsche übertragen – aus Spaß an der Sache, zum Üben und aus Liebe zur Sprache, denn ohne Liebe herrscht ja nur Trauer.

Diese Aussage stammt aus „Eine kleine Geschichte des Raums“, S.84, dem ersten Buch des Autors, auch bei tredition.de erschienen.

Jan Moewes

Ohne Liebe herrscht nur Trauer

Vom Zustand der Welt

Inhalt

Vorwort

A  Rückblick

1  Bei den Müttern

2  Der Anfang vom Ende

3  Die Erfindung der großen Liebe

4  Masochismus – eine seltene Verirrung?

5  Die feige Bestie Mensch oder die innere Kernspaltung

6  B    Rundblick

C   Ausblick

7  Die universelle Kraft

8  Schwingung und Resonanz

9  Liebe und Wahrheit

10  Wo die Liebe anfängt

11  Die körperliche Liebe

12  Lieben und Teilen

13  Schwingung und Resonanz im Alltag

14  Wachsen und Erblühen

15  In Liebe Erziehen

16  Die Kinder der Zukunft

Bibliographie

Anmerkungen

Da nun das Weib als letzte

aller Kreaturen geschaffen wurde

und Abschluss und Vollendung

aller Geschöpfe Gottes bildet,

ja, die Vollkommenheit der Welt,

wer will da leugnen, dass sie

die Allervortrefflichste unter den Kreaturen ist.

(Agrippa)

Vorwort

Die Welt befindet sich im konstanten Wandel. Niemand sagt, dass dieser Wandel gleichmäßig ablaufen muss. So wissen wir zum Beispiel, dass die Kontinente „driften“, sich also aufeinander zu bewegen oder voneinander fort. Dieser Prozess ist so langsam, dass ihn normalerweise kein Mensch wahrnimmt, außer in einzelnen Momenten, dann aber sehr deutlich, oft genug erschreckend deutlich. Erdbeben oder gar Tsunami wird sie dann genannt. Erdbeben entstehen, wenn der Druck und die Spannung zwischen zwei kontinentalen Platten so groß geworden sind, dass es zu einer plötzlichen und heftigen Korrektur kommt. Wenn Sie ein Brett zu biegen versuchen, passiert auch nicht viel – bis Sie den Punkt erreichen, wo das Brett plötzlich bricht. Wenn Sie damit nicht rechnen, werden Sie sich möglicherweise sehr weh tun, weil sich viel angestaute Spannung in einem kurzen Moment entlädt und dabei gewaltige Kräfte frei werden.

Auch Gesellschaften befinden sich in konstantem Wandel. Wir alle wissen, dass auch dieser Wandel nicht ruhig und gleichmäßig abläuft. Auch dabei können sich Spannungen aufbauen, die desto gewaltiger sein müssen, je stärker die gesellschaftlichen Kräfte sind, die sich gegen diesen Wandel stemmen. Revolutionen sind sozusagen gesellschaftliche Erdbeben. Genau wie diese sind sie Korrekturen unerträglicher Zustände, schlichte Notwendigkeiten. Je gewaltiger die Spannung war, die sich aufgebaut hat, desto gewalttätiger werden die korrigierenden Kräfte sein, die für den überfälligen Quantensprung im Wandel sorgen müssen. Denn ohne Wandel kann das Leben nicht weitergehen. Stillstand ist Tod. Daher der begeisterte Schrei: „Es lebe die Revolution!“, obwohl alle wissen, dass Revolutionen auch mit persönlichem Schmerz und Tod verbunden sind.

Es ist offensichtlich, dass die gesellschaftlichen Spannungen heute weltweit ein Ausmaß erreicht haben, das für sehr viele Menschen unerträglich geworden ist. Viele sagen sogar, dass alles Leben auf dem Erdball bedroht ist und unerträglich leidet. Andere behaupten, das wäre gar nicht so schlimm, das sei schon immer so gewesen und zu ändern wäre es auch nicht. Die Spannung zwischen beiden Gruppen wächst derweil weiter. Die ewigen Opportunisten versuchen, sich mit kleinen Veränderungen durchzulügen; sie versuchen, das dicke Brett, das zu brechen droht, notdürftig zu flicken, indem sie hier und da kleine Leisten zur Verstärkung annageln. Jedem intelligenten Menschen ist klar, dass es dadurch allenfalls etwas später kracht, und dafür umso heftiger. Ich kann nur jedem raten, auf alles gefasst zu sein und höllisch aufzupassen. Ich denke, es wird bald krachen, und zwar gewaltig. Ich höre es schon überall knirschen und knacken, und bin keineswegs der Einzige, der das hört und sieht. Hoffentlich sind Sie nicht der Letzte, der es merkt.

Gehen wir also besser davon aus, dass sich Einiges verändern wird in der nächsten Zeit. Wahrscheinlich wünscht sich das sogar fast jeder in irgendeiner Form. Doch genau so haben die meisten auch Angst davor, denn niemand weiß, was danach sein wird. Den Ängstlichen möchte ich hier Mut machen: lesen Sie das schöne Märchen von den Bremer Stadtmusikanten! „Etwas Besseres als den Tod werden Sie allemal finden!“

Immer sind Wandel, Aufstand, jeder Umsturz und jede Revolution von immensen Hoffnungen begleitet. So groß die Ungewissheit auch ist, die Möglichkeiten sind noch größer. Doch nicht alle Hoffnungen erfüllen sich, und nicht alle Ängste waren begründet. Häufig, wenn nicht sogar meistens, kann man beobachten, dass sich die Verhältnisse nur wenig geändert haben, sobald der Regen erstmal das Blut von den Straßen gewaschen hat. Die Fahnen haben die Farbe gewechselt und die Uniformierten die Uniform, aber für die Meisten sind die Lebensbedingungen fast wie vorher, manchmal sogar schlimmer. Selten dauert es länger als eine Generation, bis sich die alten Verhältnisse wie von selbst wieder hergestellt haben, die mühsam erkämpften Rechte und Freiheiten kaum noch wahrgenommen werden. Das liegt daran, dass sich zwar die politischen Vorgaben verändert haben, aber nicht das Wesen der Akteure. Schnell sind oben wieder Unterdrücker und unten Unterdrückte – wo anders sollten sie auch sein? Das hat Wilhelm Reich sehr klar erkannt und ausgesprochen. Jede Revolution muss scheitern, hat er gesagt, solange der Charakter der Beteiligten der gleiche bleibt. Und jede Erfindung muss nach hinten losgehen, wenn sie in die Hände von Böswilligen fällt, möchte ich hinzufügen.

Die französische Revolution hat den Menschen gleiche Freiheit und gleiche Rechte versprochen, aber der Abgrund zwischen arm und reich ist heute steiler und tiefer geworden als zu Zeiten des Feudalismus. Die Demokratie ist wirklich ein nobles System, aber im Zweifel das Volk zu befragen, ist ausdrücklich nicht vorgesehen. Die großartigen Menschenrechte gelten vor allem für Körperschaften, die sie als „juristische Person“ für sich beanspruchen, und daher wirklich überall auf der Welt Mauern bauen können, die dann reale Menschen voneinander trennen. Die Sklaverei ist schon lange abgeschafft, und die Kindersklaverei sowieso, aber fragen Sie mal einen Leiharbeiter, wie er sich fühlt, oder fragen Sie nach, wie alt die Jungen und Mädchen sind, die in den sogenannten Schwellenländern unsere Markenkleidung, unsere Sportschuhe oder unsere Fußbälle herstellen. Die Medizin macht täglich größere Fortschritte, und immer mehr Menschen sind krank. Alle reden vom Frieden und leben vom Waffenhandel.

Das bedeutet, dass politische Programme allein nicht ausreichen, um einen wirklichen Wandel zu bewirken, so nötig der auch wäre. Es bedeutet, dass wir nicht nur die Umstände verändern müssen, sondern den Menschen – angefangen bei uns selbst, wenn wir wirklich etwas verändern wollen. Wie es aussieht, werden wir uns selbst sogar dann verändern müssen, wenn wir es gar nicht wollen. Insofern könnte man genauso gut sofort damit beginnen. Bei sich selbst anfangen ist keineswegs leicht, liegt jedoch auf jeden Fall näher als das Rathaus unserer Stadt, als Berlin, Brüssel und Washington - oder gar Peking, wenn wir schon vom Wandel reden.

Und wir werden zurückschauen müssen, um zu begreifen, wie wir so weit kommen konnten, dass der Mensch des Menschen Bestie geworden ist – und auch alles anderen Lebens auf der Erde. Nur ein Narr sägt den Ast ab, auf dem er sitzt, heißt es. Doch auch ein Selbstmörder könnte auf die Idee kommen, und vor allem ein Psychopath, dessen Hass und Zerstörungswut so weit gehen, dass er wie ein tollwütiger Fuchs vor nichts zurückschreckt. Die Nachrichten sind voll von diesen Leuten, und sie begegnen uns ständig auf der Straße, fallen uns aber selten auf, bevor sie in den Nachrichten sind.

Fest steht, dass es eine Zeit gab, in der die Menschheit ohne Militär und Festungen auskam, ohne Polizei und Gefängnisse, ohne Strafen und Gerichte, ohne Herrscher und Untertanen, ohne die große Kluft zwischen arm und reich, ohne Proletariat, ohne Psychiatrien, ohne Prügel, ohne Pornographie und ohne Prostitution. Weiterhin steht fest, dass diese Menschen Barbaren genannt wurden, als unsere Kultur über die Welt hereinbrach und sich selbst als Zivilisation bezeichnete.

Deshalb werden wir unsere Rückschau bei diesen Barbaren beginnen, die auch gern Wilde genannt werden. Aber wenn wir uns das Aufeinandertreffen der Europäer und der Indianer vor Augen halten, das noch nicht so lange her ist, erkennen wir schnell, dass die Wilden gar nicht so wild waren und die Zivilisierten ganz schön barbarisch. Wie so oft dienen die Worte der Verschleierung der Tatsachen und der Beschönigung der Untaten. Auf diese Art der Geschichtsfälschung werden wir bei unserem Blick zurück öfter stoßen.

Denn die Wahrheit über unsere Geschichte ist so entsetzlich, dass sie eigentlich nur als Schande bezeichnet werden kann, und wer gibt so etwas schon gerne zu. Zu unserem Entsetzen werden wir erkennen müssen, dass die Geschichte unserer „Zivilisation“ mit Kindesmisshandlung, Frauenhass und einem authentischen Krieg gegen die Liebe beginnt, der noch heute anhält. Sklaverei, Imperialismus, Militarismus und Faschismus sind nur logische Folgen dieses Krieges, vor denen wir unsere Augen nicht verschließen dürfen, wenn wir verstehen wollen, warum wir geworden sind, wie wir sind.

Zum Glück wird der unangenehme Blick in die Vergangenheit uns zu der Erkenntnis führen, dass die Liebe diesen Krieg niemals verlieren kann, weil sie eine der elementaren Urkräfte des Lebens ist, die das ganze Universum bewegen und zusammenhalten. Insofern richtet sich der Krieg nicht gegen die Liebe, die ist unendlich, sondern dagegen, dass wir für sie offen sind. Der Krieg, den wir führen, ohne uns dessen bewusst zu sein, richtet sich gegen uns selbst. WIR sind des Menschen und der Erde Bestie geworden, und jeder Einzelne von uns ist sein erstes Opfer. Das ist der Grund, weswegen jeder Wandel, jede Revolution, ihren Anfang nur in jedem Menschen selbst finden können, in seiner Mitte, um ganz genau zu sein.

Dort anzufangen, ist gar nicht so einfach, wie es eigentlich sein müsste. Dort liegt all unsere Schande, unsere Scham und unser existenzielles Leid versteckt, all das, was wir selbst zuallerletzt sehen wollen. Aber wenn wir da nicht anfangen, kommen wir nie ans Ziel.

Dieses Buch muss mit einem Rückblick beginnen, bei einem besinnlichen Rundblick innehalten, um dann zum Ausblick zu finden. Uns wird dieses Buch in seinem zweiten Teil, um den es eigentlich zuerst geht, so viele Möglichkeiten und Chancen aufzeigen, dass wir am Ende voller Hoffnung in die Zukunft schauen können. Dann wird dieses Buch zu dem werden, was es sein soll: ein Loblied auf die Liebe. Beginnen wird es jedoch dort, wo unser aller Leben begann – bei den Müttern.