Inhalt

  1. Cover
  2. Über die Autorin
  3. Titel
  4. Impressum
  5. Widmung
  6. Prolog
  7. Erstes Kapitel: Reisefieber
  8. Zweites Kapitel: Ein gefährlicher Auftrag
  9. Drittes Kapitel: Schlecht geflogen …
  10. Viertes Kapitel: Zu Besuch in Gloxby
  11. Fünftes Kapitel: Eine seltsame Entdeckung
  12. Sechstes Kapitel: Dornröschens Schloss
  13. Siebtes Kapitel: Die Klabauter
  14. Achtes Kapitel: Kalifornische Hexen
  15. Neuntes Kapitel: Camper-Leben
  16. Zehntes Kapitel: Eine wunderbare Entdeckung
  17. Elftes Kapitel: Böse Überraschungen
  18. Zwölftes Kapitel: Ein Halbelf zum Verlieben
  19. Dreizehntes Kapitel: Noch mehr Überraschungen
  20. Vierzehntes Kapitel: Neue Pläne
  21. Fünfzehntes Kapitel: Der Ball
  22. Sechzehntes Kapitel: Beinahe ein Fehler
  23. Siebzehntes Kapitel: Ziemlich dumm gelaufen
  24. Achtzehntes Kapitel: Entsetzliche Nachrichten
  25. Neunzehntes Kapitel: Kryptozoologie
  26. Zwanzigstes Kapitel: Die Hütte der Baba-Jaga
  27. Einundzwanzigstes Kapitel: Der Dislapideus-Zauber
  28. Zweiundzwanzigstes Kapitel: Die Jagd beginnt
  29. Dreiundzwanzigstes Kapitel: Auch das noch
  30. Vierundzwanzigstes Kapitel: Abschied nehmen
  31. Fünfundzwanzigstes Kapitel: Glückliche Heimkehr
  32. Sechsundzwanzigstes Kapitel: Der schlafende König
  33. Siebenundzwanzigstes Kapitel: Glück im Unglück
  34. Achtundzwanzigstes Kapitel: Auf Nimmerwiedersehen!
  35. Epilog

Über die Autorin

Sabine Städing, geboren und aufgewachsen im Norden Deutschlands, hat sich schon als Kind gerne Geschichten ausgedacht. Mit ihren Büchern rund um die Hexe Magnolia hat sie endlich angefangen, die Abenteuer aufzuschreiben, die ihr schon so lange im Kopf herumspuken. Magnolia Steel ist eine dreibändige Serie, bestehend aus den Einzelbänden Hexendämmerung, Hexenflüstern und Hexennebel.

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Sabine Städing

Titel

BASTEI ENTERTAINMENT

Für meine Mutter,
die sich ihre Liebe zu allem Märchenhaften
bis heute bewahrt hat

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Prolog

Ein eisiger Wind fuhr schneidend durch die engen, dunklen Gassen von Salem. Er kam über das Meer und brachte den salzigen Geruch von Tang und Fisch mit.

Eine Kogge, gebaut in längst vergangener Zeit, legte lautlos an der Kaimauer an. Sechs hochgewachsene, schwarzgekleidete Frauen stiegen aus und setzten ihre Füße auf den Pier. Sofort lösten sich die Konturen des Schiffes auf und verschmolzen mit dem unruhigen Spiegelbild des Wassers, so als hätte es dieses Schiff nie gegeben.

Die Frauen sahen sich kurz nach allen Seiten um und tauschten ein paar gezischte Worte. Dann verschmolzen auch ihre Umrisse mit der Dunkelheit. In Zweierreihen streiften sie suchend durch die leeren Gassen. Vor jedem Fenster blieben sie stehen und schickten gierige, rotglühende Blicke tief in das Innere des Hauses. Sie hatten keine Eile, denn sie wussten, sie würden ihn finden – den Schlüssel zu dem gefährlichen Schatz.

Erstes Kapitel
Reisefieber

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Magnolia blieb in der Schultür stehen und hielt ihr Gesicht in die warme Mittagssonne.

Ja, genauso musste sich ein letzter Schultag anfühlen. Warm und weich, voller Versprechungen. Sie atmete tief ein und hielt ganz plötzlich die Luft an. Ja, und genauso musste er aussehen. Groß, schlank und absolut umwerfend.

Ein Knuff in den Rücken vertrieb diesen wundervollen Gedanken.

»Was soll das werden? Der kleine Sonnengruß?« Lachend drängte sich Birte an ihrer Freundin vorbei.

»Eher die Ode an Leander«, kicherte Merle. »Zu dumm, dass er seine Freundin dabeihat.«

Magnolia seufzte. Leider hatte Merle recht. Leander war der Schwarm von ungefähr einer Million Mädchen und konnte sich die Herzen aussuchen, die er zerbrochen auf dem Schulklo zurücklassen wollte.

Schnell schloss sie sich ihren Freundinnen an. »Endlich Ferien! Die letzten Wochen waren echt hart.« Magnolia warf sich ihren Rucksack über die Schulter.

»Das kannst du laut sagen! Sechs himmlische Wochen ohne binomische Formeln oder eine Lehrernase, die Past Perfect krächzt«, grinste Merle, während sie zu den Fahrradständern gingen.

»Macht ihr in den Ferien etwas Besonderes?«

Birte schüttelte den Kopf. »Ich soll meinem Vater im Garten helfen. Die Kräutersaison ist in vollem Gange und er stellt für die Apotheke viele Salben und Tees selbst her.«

»Wie uncool.« Mitleidig sah Magnolia sie an.

»Ich wäre auch lieber mit dir und deiner Tante unterwegs«, versicherte Birte.

»Wieso, wo fahrt ihr denn hin?« Neugierig sah Merle Magnolia an.

»Wir fliegen zu meiner Mutter, nach Connecticut«, antwortete diese, und noch während sie das sagte, merkte sie, wie ein breites Lächeln über ihr Gesicht huschte.

»Nach Connecticut. Ist das nicht irgendwo in Amerika?«

Magnolia nickte.

»Wow, dafür würde ich auch eine verrückte Tante in Kauf nehmen«, sagte Merle und stellte ihren Rucksack in den Fahrradkorb auf ihrem Gepäckträger.

»Wer fliegt nach Amerika?«

Magnolia verdrehte die Augen. Sie musste sich nicht einmal umdrehen, um genau zu wissen, wer da hinter ihr stand. Schon der Klang von Samanthas glockenheller Stimme verursachte ihr einen leichten Brechreiz. Die blonde, hübsche, immer top gestylte Mrs Perfect.

Magnolia fragte sich noch immer, warum ausgerechnet sie dazu hatte beitragen müssen, Samantha aus den Fängen des unheimlichen Graf Raptus zu befreien. Das Schicksal konnte wirklich grausam sein. Nicht einmal dankbar war die blöde Ziege. Immer wieder gerieten sie aneinander.

Fairerweise musste gesagt werden, dass Samantha ganz einfach deshalb nicht dankbar war, weil sie bis heute überhaupt nicht wusste, dass sie jemals in Gefahr geschwebt hatte. Dafür hatte seinerzeit Tante Linettes Erinnere-dich-nicht-Zauber gesorgt.

»Also, wer fliegt nach Amerika?«, wiederholte Samantha ungeduldig. Sie war es nicht gewohnt, dass man ihre Fragen so einfach überhörte.

»Magnolia«, antwortete Birte knapp.

Samantha zog die Augenbrauen hoch. »Und wohin fliegst du genau?«

»Nach Connecticut zu meiner Mutter«, sagte Magnolia und hob ihr Rad mit Schwung aus dem Ständer. Sie hatte keine Lust, sich mit der blöden Nuss weiter zu unterhalten.

Samantha sah die Sache anders, schließlich bestimmte sie, wann eine Unterhaltung zu Ende war.

»Connecticut! Zu den Hillbillies?«, rief sie ungläubig. »Du Ärmste! Da möchte ich nicht eine Stunde lang tot überm Zaun hängen. Ich war letztes Jahr mit meiner Mutter zur ›Fashion Week‹ in New York. Da war was los, sage ich euch …!«

Magnolia konzentrierte sich ganz auf das kleine Dreirad, das etwas abseits der Fahrradständer stand, während Samantha munter weiterplapperte. Wozu hatte sie sich all die trostlosen langen Winterabende mit dem Thema »Magnetismus« herumgeplagt? Zu irgendetwas musste dieses langweilige Kapitel in ihrer Hexenausbildung schließlich gut sein.

Sie dankte dem kleinen Geschwisterkind, das eben dieses Dreirad dort abgestellt hatte, und fixierte es mit zusammengekniffenen Augen. Langsam setzte es sich in Bewegung, dann kam es in Schwung. Magnolia lächelte böse.

»Und war es schön in Miami?«, fragte sie abwesend und ließ das Dreirad nicht aus den Augen.

Irritiert sah Samantha sie an. »Wieso Miami, wir waren in … Aua!!!« Scheppernd fuhr ihr das Ding in die Hacken. Samantha ruderte wild mit den Armen, verlor aber nicht das Gleichgewicht, was Magnolia sehr enttäuschte. Am Schwung musste sie also noch üben.

»Wo kommt denn dieses blöde Teil plötzlich her?«, empörte sich Samantha. Wütend untersuchte sie ihre Beine. »Ich schwöre euch, wenn ich hier irgendwo einen Kratzer habe, dann zeig ich den Typen an, dem das Dreirad gehört!«

Birte und Merle kicherten.

»Das solltest du unbedingt tun«, sagte Magnolia ebenfalls lachend und schwang sich auf ihr Rad. »Ich schicke euch eine Postkarte! Auch wenn ich vielleicht schon wieder zurück bin, ehe sie ankommt.« Sie winkte Birte und Merle zu und radelte davon. Insgeheim hoffte sie, noch einen Blick auf Leander werfen zu können, aber der war leider längst verschwunden.

Ihr Heimweg führte sie über mittelalterliches Kopfsteinpflaster, vorbei an hübschen Fachwerkhäusern, mitten über den Marktplatz von Rauschwald. Seit knapp einem Jahr lebte sie nun schon bei ihrer Tante und manchmal staunte Magnolia selbst, wie vertraut ihr hier alles in so kurzer Zeit geworden war. Der elend lange Schulweg, ihre neuen Freundinnen, die Zwerge aus Hackpüffel, Jeppe, der Kobold, und natürlich das Regenfass, denn so hieß das Haus, in dem ihre Tante lebte. Überhaupt war Tante Linette ein einziger Glücksgriff. In Magnolias Bauch machte sich ein warmes, sonniges Gefühl breit. Kaum hatte sie den Stadtkern hinter sich gelassen, da wanderten ihre Gedanken auch schon zu der bevorstehenden Reise.

Bereits in ein paar Tagen würde sie mit ihrer Hexenfreundin Jörna und Tante Linette nach Amerika fliegen.

Tante Linette nahm in Salem am WWC teil, dem weltgrößten Hexenkongress, und Magnolia und Jörna wollten im Nachbarstaat Connecticut für ein paar Tage Magnolias Mutter besuchen. Anschließend, so war es geplant, würden die beiden Mädchen ebenfalls weiter nach Salem reisen, um am Jugendprojekt des Kongresses teilzunehmen. Das spannende Thema in diesem Jahr lautete: »Wo die Liebe hinfällt«. Und beschäftigte sich mit allen möglichen und unmöglichen Verbindungen zwischen magischen und nicht magischen Wesen. Magnolia und Jörna freuten sich schon sehr darauf.

Die gemeinsame Zeit mit Magnolias Mutter würde sich dadurch zwar ein wenig verkürzen, doch das nahm Magnolia gerne in Kauf. Denn ehrlich gesagt war allein die Vorstellung, dass sie sich die ganze Zeit unablässig auf der Pelle hockten, mehr als anstrengend.

Schwungvoll bog Magnolia von der Landstraße in den schlaglochgepflasterten Weg, der zum Haus ihrer Tante führte.

»Ich bin wieder da!«, rief sie fröhlich, während sie ihr Rad in der Brombeerhecke parkte.

Bilder ihres ersten Besuchs kamen ihr in den Sinn. Sie war entsetzt gewesen über das schiefe, reetgedeckte Haus mit dem kleinen Turm, in dem sie jetzt so gerne wohnte. Und sie hatte beim Anblick ihrer Tante schockiert nach Luft geschnappt. Von Anfang an war Magnolia klar gewesen, dass Linette keine gewöhnliche Tante war, und sie hatte sich nicht geirrt, denn Tante Linette war eine Hexe. Magnolia grinste, als sie die Haustür mit einem kräftigen Schwung aufstieß und beinahe über Serpentina stolperte, Linettes einäugige schwarze Katze.

»Hallo, meine Süße«, sagte sie und strich der Katze über das weiche Fell. Serpentina maunzte und rieb ihren Kopf an Magnolias Bein, dann schlüpfte sie durch die offene Tür hinaus in den Garten.

Magnolia warf ihren Rucksack mit den Schulbüchern hinter die Treppe und machte sich auf die Suche nach ihrer Tante. »Tante Linette!«, rief sie. »Tante Linette, wo steckst du denn?«

»Ich bin hier, verflixt und zugenäht, dieses blöde Ding …!«

Magnolia horchte auf. Glücklich und entspannt klang anders. Beim besten Willen konnte sie nicht ausmachen, woher die Stimme ihrer Tante kam. Sie klang irgendwie dumpf.

»Wo bist du?«

»Ich bin hier im roten Zimmer …«

Das rote Zimmer war ein magischer Raum. Hier bewahrte Tante Linette ihre Zauberbücher und die Kristallkugel auf, hier mischte sie Liebespulver und Zaubertränke. Und hier empfing sie ihre Kundschaft.

Jetzt stand sie vor einer prallgefüllten Reisetasche und versuchte verbissen, auch noch eine handballgroße Kristallkugel darin unterzubringen. Ein hoffnungsloses Unterfangen. Linette richtete sich schnaubend auf. Die grauen Haare standen ihr in allen Himmelsrichtungen vom Kopf ab. Sie sah aus, als hätte sie gerade den Kampf mit einem Troll verloren.

»Die Tasche platzt ja aus allen Nähten«, stellte Magnolia statt einer Begrüßung fest. »Wozu um Himmels willen nimmst du eine … Ist das eine Bratpfanne?«

»Allerdings!« Grimmig klopfte Tante Linette gegen den gusseisernen Stiel.

Magnolia seufzte. »Wozu brauchst du die denn? Kein Mensch nimmt auf so eine Reise seine Küchengeräte mit. Wir besuchen meine Mutter!«

Ihre Tante Linette machte eine wegwerfende Handbewegung.

»Du besuchst deine Mutter. Ich besuche den WWC und das ist wahrhaftig kein Zuckerlecken. Mich schüttelt es jetzt noch, wenn ich an die schmuddelige Zeltstadt vor drei Jahren denke!«

»Aber diesmal wohnst du in einem Hotel!«

»Na und, wer weiß, was uns da erwartet. Runa meint auch, es könnte nicht schaden, wenn wir unser eigenes Geschirr, Bettzeug und …«

»Runa kommt auch mit?!« Entsetzt sah Magnolia ihre Tante an.

»Natürlich!« Tante Linette lächelte milde.

»Warum das denn? Ich dachte, dass nur wir drei, du, Jörna und ich, ganz gemütlich Urlaub machen! Und jetzt schleppst du auch noch Runa mit, diesen alten Drachen.«

Energisch hob Tante Linette die Hand. »Das will ich nicht gehört haben! Sie ist Angehörige des Hexenrates und Trägerin des goldenen Pferdefußes.«

»Das ist mir egal! Du musst sie nicht an vier Nachmittagen beim Hexunterricht ertragen«, erwiderte Magnolia mürrisch.

»Da hast du recht. Aber ich erinnere mich zufällig noch genau an meine eigene Schulzeit«, antwortete ihre Tante, während sie grimmig versuchte, die Kristallkugel in ihre Tasche zu quetschen.

Magnolia verdrehte die Augen. »Das wird nie was!«, versicherte sie.

»So? Das wollen wir doch mal sehen.« Mit einem kurzen Wink ihres Zauberstabs ließ Tante Linette die Tasche wachsen, bis sie größer war als der Tisch, auf dem sie stand.

»Jetzt ist es kein Kunststück mehr«, sagte sie zufrieden und ließ die Kugel behutsam in ihre Tasche gleiten.

»Nein«, erwiderte Magnolia bissig. »Das Kunststück ist jetzt, sie in den Flieger zu kriegen.«

Ihre Tante seufzte. »Das Flugzeug! Ich hätte viel lieber den Besen genommen. Weshalb muss dieser Kongress auch in Amerika stattfinden?«

Magnolia musste gegen ihren Willen lachen. »Vielleicht damit es auch die amerikanischen Hexen einmal gut haben?«

Mit diesen Worten verließ sie den Raum und stieg hinauf in den Turm, in dem sie wohnte.

Sie hatte ihr Zimmer im Turm vom ersten Moment an geliebt. Sie liebte die schlichte, zweckmäßige Einrichtung, sie liebte das Knarren der Dielenbretter, wenn sie morgens aus dem Bett stieg, und sie liebte vor allem den wundervollen Ausblick, den man von hier oben in alle Himmelsrichtungen hatte.

Gerade jetzt war Magnolia der Ausblick allerdings herzlich egal. Sie musste die Nachricht, dass nicht nur Tante Linette, sondern auch Runa Rickmoor, ihre strenge Lehrerin in Sachen Magie, auf die Reise mitkam, erst einmal verdauen – und das ging am besten zu zweit. Denn nicht umsonst heißt es: Geteiltes Leid ist halbes Leid.

Magnolia setzte sich an ihren Schreibtisch und schaute in ihre kleine, faustgroße Kristallkugel. Es war sehr praktisch, dass sie sich auch als Telefon benutzen ließ. Natürlich konnte man damit nur Menschen anrufen, die ebenfalls im Besitz einer solchen Kugel waren. Bei ihrer Hexenfreundin Jörna war das zum Glück der Fall.

Es dauerte nicht lange, da füllte sich die Kugel mit pinkfarbenem Rauch, der sich schnell lichtete und Jörnas Gesicht Platz machte. Das mit dem rosa Rauch war Jörnas Idee, denn normalerweise war der Rauch in der Kugel weiß.

»Hi, Maggie, schön, dass du anrufst. Ich bin die ganze Zeit am Kofferpacken«, quasselte Jörna sofort drauflos. »Da tut eine Pause ganz gut.«

Eigentlich wollte Magnolia gleich von Runa erzählen, doch jetzt wurde sie hellhörig. »Wieso packst du die ganze Zeit? Was nimmst du denn alles mit?«

»Einfach alles! Ich meine alles, was in meinen Koffer passt. Man weiß ja nie …«, kicherte Jörna. »Ich habe sogar ein Ballkleid eingepackt, das sieht megascharf aus! Hat meine Mutter für mich von den Feen besorgt.«

Magnolia runzelte die Stirn. »Wozu nimmst du ein Ballkleid mit? Ich meine, wir fahren zu meiner Mutter und auf einen Hexenkongress.«

»Du hast es erfasst. Hexenkongress! Jugendprojekt …, na, klingelt es?«

»Emm!« Magnolia räusperte sich. Sie war zwar nicht blöd, aber da klingelte nichts.

»Ich sehe schon, du stehst auf der Leitung«, stellte Jörna fest. »Also noch einmal langsam. Wir nehmen an einem Jugendprojekt teil, oder? Alles Hexen und Zauberer in unserem Alter, richtig? Und womit endet so ein Projekt meistens?«

»Aaah!« Endlich hatte Magnolia begriffen, worauf Jörna hinauswollte. »Du meinst die Abschlussfeier!«

Jörna nickte. »Fast. Was hier eine Abschlussfeier ist, ist da ein Abschlussball. In Amerika ist immer alles ein bisschen größer.«

Magnolia staunte.

»Und jetzt überleg mal, wer an diesem Ball teilnimmt.«

»Du und ich?«, versuchte es Magnolia noch einmal.

Jetzt wurde Jörna aber ungeduldig. »Logisch, du und ich! Aber wer noch?« Sie wartete Magnolias Antwort gar nicht ab. »Die französischen Junghexen, die brasilianischen Junghexen und …« Sie machte eine bedeutungsvolle Pause. »Die kalifornischen Junghexen, verstehst du? Und wie die aussehen, weiß man ja. Die werden mit Lipgloss und Extensions geboren! Wenn wir also nicht als Vollpfosten dastehen wollen, müssen wir uns kräftig ins Zeug legen!«

Daran hatte Magnolia überhaupt nicht gedacht. Es war auch noch »Schaulaufen« angesagt. Und als Vollpfosten wollte sie natürlich nicht dastehen. Vor ihrem geistigen Auge sah sie die kalifornischen Hexen schon als Samantha-Klone. Eine perfekter als die andere. Sie schluckte.

»Gut, dass du mich daran erinnerst«, sagte sie. »Ich werde Tante Linette bitten, mir schnell etwas Nettes zu zaubern. Ich hoffe, ich kann sie dazu überreden. Sie ist total im Stress.«

Jörna nickte. »Mach das. Ich muss jetzt leider weiter packen. Wolltest du eigentlich etwas Bestimmtes? Oder weshalb hast du angerufen?«

»Was?«, Magnolia winkte ab. Ihre Gedanken kreisten jetzt um kalifornische Hexen. »Ich wollte dir eigentlich nur erzählen, dass wir nicht nur Tante Linette, sondern auch Runa an den Hacken haben!«

»Waaas?!!«, schrie Jörna. »Machst du Witze? Den alten Drachen …!«

Aber Magnolia war da schon weiter. Die kalifornischen Hexen waren im Moment durch nichts zu toppen.

»Ja, ich finde es auch blöd, aber wir sind ja zu zweit«, sagte sie deshalb abgeklärt.

»Danke, dass du mir Bescheid gesagt hast«, erwiderte Jörna muffig. »Bis eben hatte ich nämlich noch gute Laune.«

»Tut mir leid!« Magnolia konnte schon wieder lachen. »Aber ich musste dieses dunkle Geheimnis mit jemandem teilen. Jetzt ist mir wohler. Morgen holen wir dich übrigens in aller Frühe ab. Also stell dir den Wecker, damit du nicht verpennst. Das heißt, wenn wir pünktlich aus dem Haus kommen und nicht von tausend Zwergen aufgehalten werden, die sich unbedingt von Tante Linette verabschieden wollen.«

»Wird schon nicht so schlimm werden, schließlich sind wir schon in ein paar Tagen wieder da.«

Magnolia zuckte mit den Schultern. »Das sieht Tante Linette anders. Sie redet jedenfalls ständig von einer Weltreise in den Bäuchen eiserner Vögel.«

Jörna verdrehte die Augen. »Aber sie weiß schon, dass wir im 21. Jahrhundert leben und dass die eisernen Vögel Flugzeuge sind?«

Magnolia lachte. »Klar weiß sie das! Aber sie liebt es eben dramatisch.«

Sowie Magnolia das Gespräch mit Jörna beendet hatte, machte sie sich auf die Suche nach ihrer Tante. Diesmal fand sie sie in der Küche.

»Gut, dass du kommst, Maggie!« Inzwischen war Linette wieder gut gelaunt. »Ich habe uns eine grüne Suppe gekocht, mit allem, was der Garten so hergibt. Setz dich und nimm auch ein Stück Brot dazu.«

Tante Linette schenkte großzügig in die tiefen Teller ein und ließ sich auf einen Stuhl fallen.

»Es ist erstaunlich, wie viel Zeit die Reisevorbereitungen in Anspruch nehmen, und das, obwohl ich schon hier und da mit einem kleinen Zauber nachhelfe«, sagte sie, während sie geräuschvoll ihre Suppe löffelte.

Magnolia grinste. »Wenn man so viel einpackt wie du, sicher. Aber wo du gerade vom Zaubern sprichst … Könntest du mir vielleicht noch schnell ein extrem cooles Ballkleid hexen?«

Erstaunt sah Tante Linette von ihrem Teller auf. »Ein Ballkleid? Weshalb willst du ein Ballkleid tragen?«

Magnolia erklärte die Sache kurz und erwähnte auch die kalifornischen Hexen.

»Verstehe!« Ihre Tante lächelte wissend. »Leider hat die Sache einen großen Haken.«

»Und der wäre?«

»Deine Bestellung kommt drei Wochen zu spät. Ballkleider kann man nicht mal eben schnell hexen. Manifestierungszauber erfordern, genau wie Verwandlungs- und Kreativzauber, eine gründliche Vorbereitung und viele verschiedene Zutaten. Abgesehen davon werden Ballkleider, die wirklich etwas Besonderes sein sollen, von Feen gewebt und haben natürlich ihren Preis.«

Magnolia sah ihre Tante erschrocken an.

»Und nun? Oh, bitte, Tante Linette, ich muss unbedingt so ein Kleid haben. Jörna hat auch eins, und du willst doch sicher nicht, dass deine Nichte wie … na wie die in diesem Märchen …!«

»Aschenputtel?«, half Tante Linette freundlich nach.

»Genau wie dieses Aschenputtel in der Ecke steht und zusehen muss, wie alle anderen ihren Spaß haben!«

»Natürlich will ich das nicht. Aber, wie gesagt, du hättest es dir früher überlegen müssen. Zum Glück hast du noch ein paar hübsche Kleider im Schrank.«

»Och, Tante Linette, die kann man dafür doch nicht gebrauchen.« Flehend sah Magnolia ihre Tante an.

Sofort bekam Linette Mitleid. Sie war eine liebende Tante und Magnolia war ihr im letzten Jahr wie eine Tochter ans Herz gewachsen.

»Jetzt schau mich nicht so an!«, brummte sie. »Ich werde sehen, ob sich noch etwas machen lässt. Extra anfertigen lassen können wir es nicht mehr. Aber vielleicht ist ja eins zurückgekommen.«

Zurückgekommen? Magnolia runzelte die Stirn. »Ich möchte lieber kein zurückgekommenes Kleid«, wandte sie zaghaft ein.

»Ein anderes wird es leider nicht geben. Aber ich kann dich beruhigen. Feenkleider sind immer etwas ganz Besonderes. Und die Feen in Rauschwald haben weltweit einen guten Ruf!«

Magnolia schluckte. Scheinbar blieb ihr nichts anderes übrig, als darauf zu hoffen, dass genau das richtige Kleid zurückgekommen war. Nachdenklich stellte sie ihren Teller ins Waschbecken. Ein »Wuuuuschschsch« von Tante Linettes Zauberstab und schon füllte es sich mit Seifenwasser. Ein Teller nach dem nächsten sprang hinein, wurde von einer Spülbürste geschrubbt und von einem Geschirrtuch blank geputzt. Tante Linette musste nichts anderes tun, als dem Geschirr seinen Platz im Küchenschrank zuzuweisen.

Magnolia war froh, dass es so praktische Dinge wie die Zauberei gab. Bei ihrer Mutter war immer sie es gewesen, die den Geschirrspüler ausräumen musste.

Schnell stieg sie hoch in ihren Turm. Vielleicht sollte sie tatsächlich mit dem Packen anfangen, denn bisher lagen nur ihr Handy, Unterwäsche und ein Nachthemd im Koffer.

Magnolia nahm die letzten Stufen mit einem Schritt und blieb wie angewurzelt stehen. Sie hätte schwören können, dass sie ihre Zimmertür hinter sich geschlossen hatte, als sie zu ihrer Tante nach unten gegangen war. Jetzt stand sie jedoch einen Spalt weit offen. Leise schlich die junge Hexe heran und spähte vorsichtig durch den Spalt. Natürlich …! Mit einem Satz war sie im Zimmer.

»Ich hab’s doch gewusst!! Was machst du auf meinem Bett, Kobold?!«, rief sie erbost. Und tatsächlich! Dort saß ein kleiner, rothaariger Mann mit blauer Kappe und inspizierte in aller Ruhe den Inhalt ihres Koffers. Blitzschnell wirbelte er herum und ließ das Nachthemd sinken, das er gerade in den Händen hielt. Angeekelt verzog Magnolia das Gesicht.

»Ma… Ma… Magnolia!«, rief der Kobold erschrocken und stopfte das Nachthemd hastig zurück in den Koffer. »Es … es ist nicht so, wie es aussieht!«

»Soooo?!«, sagte Magnolia und kam drohend einen Schritt näher.

Abwehrend hob Jeppe die Hände. «Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich …« Magnolia kniff böse die Augen zusammen.

»Dass ich … in deiner Wäsche wühle!« Mit Genugtuung sah Magnolia, wie Jeppe tomatenrot anlief.

»Stell dir vor, genau das glaube ich«, zischte sie. Wütend griff sie nach einer Haarbürste, die auf ihrer Kommode lag, und schleuderte sie in Richtung Kobold. Wie der Blitz sprang Jeppe vom Bett.

»He, he … nun mal langsam. Mach dich nicht unglücklich!«, keuchte er. »Ich wollte bloß sehen, wie viel Platz in deinem Koffer ist.«

»Wie viel Platz …? Wozu willst du wissen, wie viel Platz darin ist?«

Ein listiges Lächeln huschte über Jeppes Gesicht. Dann sagte er schnell: »Ich meine, ob du auch genügend Platz in deinem Koffer hast. Schließlich machst du eine weite Reise und musst eine Menge mitnehmen. Ein guter Freund sorgt sich eben um den anderen.«

Magnolia runzelte die Stirn. Jeppe und Sorge passte irgendwie nicht zusammen. Sie konnte sich nicht mal daran erinnern, dass sie gute Freunde waren.

»Hör auf, mir Märchen zu erzählen. Also, was suchst du in meinem Koffer?«

»Nichts, ich habe mir deinen Koffer tatsächlich nur angesehen«, verteidigte Jeppe sich. »Und er ist wirklich zu klein«, setzte er bedauernd nach.

»Quatsch, der Koffer reicht völlig aus. Ich nehme ja auch noch meinen Rucksack mit und schließlich bin ich nicht Tante Linette. Ihre Tasche ist riesig. Ich glaube nicht, dass irgendein Flieger sie mitnimmt.«

Freudig überrascht sah Jeppe Magnolia an.

»Sie ist riesig, sagst du?«

Magnolia nickte abwesend. »Sie ist gigantisch.« In Gedanken war sie bereits beim Packen.

»Also, dann will ich dich nicht länger stören. Mach’s gut, Jungfer Riesengroß, und schreib mir mal.« Der Kobold winkte zum Abschied und verließ eilig das Zimmer.

Zweites Kapitel
Ein gefährlicher Auftrag

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Linette ahnte nichts Gutes, als sie den Sämling in ihrem Garten fand, mit dem die Oberhexe Pestilla ihre Nachrichten verschickte. Rasch drückte sie ihn in die dunkle, feuchte Erde auf ihrem Kräuterbeet. Sie deckte ihn mit ihrem Hut ab und flüsterte alte Hexenworte, während ihre Hände magische Zeichen in die Luft malten.

Samen der Erinnerung,

gebe preis den wahren Grund,

weshalb du auf den Weg gebracht.

Gehorche meiner Hexenmacht!

Es dauerte nicht lange und der Hut ruckte und zucke und schoss ganz plötzlich in die Höhe. Der Sämling hatte sich zu einer stattlichen Pergamentrolle entwickelt. Vorsichtig brach Linette das schwarze Siegel und überflog rasch den Inhalt.

Pestilla bat, oder besser befahl sie in knappen Worten zu sich ins Schloss. Noch heute Abend, denn die Sache duldete keinen Aufschub.

Linette spürte, wie sie nervös wurde. Pestilla wollte ihnen sicher nicht nur eine gute Reise wünschen. Wenn sie rief, gab es immer einen triftigen Grund.

»Ich muss noch einmal nach Hackpüffel«, sagte sie wenig später und steckte ihren Kopf in Magnolias Zimmer.

Wie nicht anders zu erwarten, saß ihre Nichte vor ihrer Kristallkugel und unterhielt sich mit Jörna. Magnolia drehte sich um und lächelte ihrer Tante zu.

»Ist in Ordnung, grüß die Zwerge von mir und sag Una, dass ich ihr die Freiheitsstatue mitbringe.«

»Mach ich!« Linette zog ihren Kopf wieder zurück. Sie hatte kein schlechtes Gewissen, dass sie ihre Nichte soeben belogen hatte. Magnolia war ein aufgewecktes Mädchen und es würde schwer sein, ihr etwas vorzumachen, sobald sie das wahre Ziel ihres Besuchs kannte.

In der Diele schlüpfte Linette in ihren Mantel, setzte sich den spitzen Hexenhut auf und nahm Hugin, ihren Besen, aus dem Schrank. Dann trat sie vor die Tür. Erleichtert stellte sie fest, dass es bereits dunkel wurde. Es flog sich besser im Dunkeln, man brauchte dann keine Angst haben, gesehen zu werden. Rasch stieg Linette auf.

»Nach oben hinaus und nirgends an«, murmelte sie. Augenblicklich stieg der Besen in die Luft. »Schloss Drachenstein!«, nannte sie das Ziel ihres Ritts. Hugin richtete sich nach Osten hin aus und zischte über die dichten Bäume davon.

Es war windig und in dieser Höhe empfindlich kalt. Fest hüllte sich Linette in ihren Mantel und zog auch ihren Hut noch tiefer ins Gesicht. Beinahe lautlos flogen sie durch die Dämmerung. Von hier oben konnte sie zusehen, wie in den Dörfern unter ihnen die Lichter angingen. Kleine helle Inseln im dunklen Meer, aufgereiht wie auf einer Perlenschnur. Doch bald veränderte sich die Landschaft. War sie eben noch über Wiesen und bestellte Felder geflogen, wurde das Land jetzt karg.

In schnellem Tempo trug sie ihr Besen über dunkle Moore, verlassene Gehöfte und finstere Tannenwälder. Bis schließlich in der Ferne ein schwarzes, scharfkantiges Gebirge auftauchte. Der Drachenstein. Das Zuhause einer mächtigen Hexe. Ohne zu zögern, stieg Hugin an den senkrechten Felsen empor, stürzte sich in zerklüftete Schluchten und fand sicher seinen Weg zu Pestillas Schloss. Bereits von Weitem leuchteten dem Besucher die blutroten Zinnen entgegen. Linette war jedoch zu oft hier gewesen, als dass sie die garstigen Wasserspeier oder die von Efeu umrankten Mauern beeindruckt hätten. Sie konzentrierte sich darauf, im richtigen Moment den Kopf einzuziehen, als Hugin auch schon über die Zugbrücke in den Schlosshof donnerte. Linette war gerade von ihrem Besen gestiegen, als ein Tosen einsetzte und der graue Rüssel einer Windhose in den Hof fuhr. Der Wind war so stark, dass Linette ihren Hut mit beiden Händen festhalten musste. Runa, die zweite Vorsitzende des Hexenrates, war angekommen. Groß und hager stand sie inmitten der wirbelnden Blätter.

»Verhexter Krötendreck, Runa! Irgendwann reißt es mir die Ohren ab, wenn du direkt neben mir landest«, schimpfte Linette zur Begrüßung.

»Stell dich nicht an wie ein Mädchen«, antwortete Runa gelassen. »Lass uns lieber reingehen und hören, was die Alte von uns will. Muss ja ungeheuer wichtig sein.«

Seite an Seite stiegen die beiden Hexen die Stufen zum Schlosstor hinauf, das ihnen von einem hässlichen Guhl geöffnet wurde.

»Guten Abend, Stelzfuß«, grüßte Linette.

Runa stieß sie an. »Mich schüttelt es jedes Mal, wenn ich ihn sehe. Kann gar nicht verstehen, weshalb …«

»Haltung, meine Liebe, Haltung …«, murmelte Linette, während sie ihm durch die langen Flure folgten. Der Ghul war so groß wie ein dreijähriges Kind, mit langen Armen, die bis zur Erde herabhingen. Sein Kopf war so dick, dass er von einer Seite zur anderen rollte, als wäre sein Hals zu schwach, ihn zu tragen. Das Scheußlichste an ihm aber war seine Haut. Sie war dünn wie Papier. So dünn, dass man das gelbe Blut in seinen Adern fließen sah. Er war wirklich eine abscheuliche Erscheinung.

Endlich blieb der Ghul stehen und öffnete unter großer Mühe eine hohe Flügeltür.

Für eine Sekunde überlegte Linette, ihm zu helfen, dann verwarf sie den Gedanken wieder. Schließlich wusste sie, wie empfindlich diese Spezies war. Ghule fühlten sich schnell in ihrer Ehre gekränkt. Und konnten dann sehr unangenehm werden.

Der Saal, der nun vor ihnen lag, wurde von einem riesigen Kamin beherrscht. Die Feuerstelle war so groß wie ein Scheunentor und verbreitete eine unangenehme Hitze. Pestillas Vorfahren waren Kaminhexen und denen konnte es bekanntlich nicht heiß genug sein.

Die Oberhexe saß am Ende des Saals auf einem Thron aus verblichenen Knochen und drehte nervös ihr Hexenzepter in den Händen.

Als die beiden Hexen eintraten, stand sie auf und kam ihnen eilig entgegen.

»Gut, dass ihr da seid, meine unholden Schwestern! Setzen wir uns gleich an den Kamin.«

Linette brach schon jetzt der Schweiß aus.

»Stelzfuß, bring uns den stärksten Nesselwein, der im Keller ist. Ich fürchte, die beiden werden ihn gleich brauchen.«

Runa und Linette nahmen auf zwei storchenbeinigen Stühlen Platz. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt.

Sie warteten eine kleine Ewigkeit, bis Stelzfuß den Wein serviert hatte. Dann fing Pestilla endlich an zu sprechen.

»Ich will es kurz machen und sage zur Einleitung nur ein Wort. Kyffhäuser!«

Runa und Linette zuckten zusammen, als hätte sie ein Peitschenhieb getroffen.

»D…Das ist unmöglich!«, stammelte Runa.

»Ist der K…König erwacht?«, stotterte Linette.

Pestilla schüttelte den Kopf. »Nein, der alte Zausel sitzt noch immer versteinert an seinem Tisch. Es ist schlimmer! Viel schlimmer!« Sie machte eine bedeutungsvolle Pause. »Der Beryll wurde entdeckt! Wir sind vor den Faltern des Lichtes nicht länger sicher. Sie kratzen bereits an ihrem Gefängnis.«

»Unmöglich …«, flüsterte Linette.

»Aber … haben ihn die Klabauter nicht vor vielen hundert Jahren in die Neue Welt gebracht und dort versteckt?«, fragte Runa.

»Versteckt!«, höhnte Pestilla mit lauter Stimme. »Jedem Troll wäre ein besseres Versteck einfallen. Sie haben ihn ausgestellt!«

»Ausgestellt?«, echoten die beiden Hexen.

Pestilla nickte. »Im Heimatmuseum von Salem, als Brille eines amerikanischen Siedlers.«

Linette schnappte nach Luft.

»Da leck mich doch einer am … Ärmel«, japste auch Runa.

Pestilla nickte grimmig. »Es war also nur eine Frage der Zeit, bis er dort entdeckt würde. Und genau das ist jetzt geschehen.«

»Wer?«, fragte Linette.

»Gorgonen«, antwortete Pestilla.

»Haben sie ihn?«

Die Oberhexe schüttelte den Kopf.

»Den nichtsnutzigen Klabautern ist es gelungen, den Beryll in letzter Sekunde an sich zu nehmen. Aber er ist bei ihnen nicht sicher. Sie haben den Gorgonen nichts entgegenzusetzen.« Pestilla richtete sich kerzengerade in ihrem Stuhl auf. »So wie es aussieht, müssen wir uns wieder einmal selbst helfen. Die Brille muss zu uns zurückgebracht werden. Und ihr seid unsere einzige Chance. Vergesst das ganze Klimbim um den WWC, der ist jetzt nur noch die Kulisse in einem echten Thriller. Niemand außer euch kann den Beryll unbemerkt außer Landes schaffen. Ich sage es höchst ungern: Aber wenn die Gorgonen in seinen Besitz gelangen und die Falter des Lichtes befreien, dann sind unsere Tage gezählt.«

Linette bekam weiche Knie. Sie war sich der ungeheuren Verantwortung bewusst.

»Für eine solche Aufgabe reichen zwei Hexen nicht aus«, sagte sie matt.

»Wenn es jemand kann, dann ihr«, erwiderte Pestilla. »Ihr müsst den Beryll zurückholen. Nur hier können wir für seine Sicherheit garantieren. Dass es nicht einfach ist, weiß ich selbst. Aber wir haben keine andere Wahl. Ein Scheitern können wir uns nicht erlauben!« Die Oberhexe nahm einen großen Schluck aus ihrem Weinglas.

»Hast du vielleicht auch schon eine Idee, wie wir das Ding außer Landes bringen? Sollen wir uns den Beryll einfach in die Rocktasche stecken und fröhlich winkend nach Hause fahren?«, wollte Runa bissig wissen.

»Du kannst ihn dir auch auf die Nase setzen. Er ist schließlich eine Brille!«, antwortete Linette spitz.

Pestilla sah sie streng an. Ihr war nicht zum Scherzen zumute. »Also?«

»Haben wir denn eine Wahl?«

Pestilla schüttelte den Kopf.

»Oder wenigstens eine Chance?«

Pestilla nickte. »Hoffe ich zumindest. Ihr dürft die Gorgonen nur nicht unterschätzen! Eigentlich ist es ganz einfach: Im Trubel des Hexenkongresses werden die Klabauter zu euch Kontakt aufnehmen und euch die Brille übergeben. Ihr habt dann nichts weiter zu tun, als sie unverzüglich nach Hause zu bringen. Mit unverzüglich meine ich selbstverständlich auch unverzüglich. Nicht, dass ihr auf die Idee kommt, den WWC bis zum letzten Tag zu genießen oder irgendwelche Verwandtenbesuche zu machen.«

Linette und Runa sahen Pestilla so empört an, dass die abwehrend ihre Hände hob. »Schon gut … schon gut! Ich wollte es bloß gesagt haben. Wir zählen auf euch!«

Mit diesen Worten wurden sie entlassen.

Der Rückflug war alles andere als angenehm. Tausend Fragen und Gedanken wirbelten durch Linettes Kopf.

Als sie schließlich zu Hause landete, kam ihr Magnolia aus der Küche entgegen. »Hallo, Tante Linette! Bist du nach Hackpüffel geflogen, oder warum hast du den Besen dabei?«

»Was? Ach so.« Abwesend sah die Hexe ihre Nichte an. »Ich hatte noch etwas in Rauschwald zu tun.«

»Hast du das Ballkleid bestellt?«

Linette sah Magnolia bestürzt an. »Ach du Schreck! Das habe ich tatsächlich vergessen.«

»Oh, Tante Linette, was ist, wenn sie jetzt keins mehr haben?«, jammerte Magnolia.

»Mach dir keine Sorgen. Ich werde unsere Bestellung sofort aufgeben. Falls sie noch ein Kleid haben, sollen sie es gleich morgen früh liefern. Deine Maße dürften ihnen noch von dem Mantel vorliegen, den du zur Hexenweihe bekommen hast.«

»Das muss aber sehr früh sein. Schließlich müssen wir zum Flughafen und vorher noch Jörna abholen.«

»Wird schon klappen«, antwortete Linette und hängte ihren Mantel in den Schrank.

Drittes Kapitel
Schlecht geflogen …

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Es war noch stockdunkel, als Magnolia von Stimmen geweckt wurde. Die eine Stimme gehörte unverkennbar Tante Linette, die andere Stimme war ihr fremd, aber sie klang hell und melodisch. Allerdings meinte Magnolia so etwas wie Entrüstung herauszuhören. Neugierig sprang sie aus dem Bett und lief zur Treppe, um besser hören zu können.

»Das ist Ihre Meinung, Madame Kater! Aber wenn Sie nicht wollen, nehme ich es wieder mit.« Magnolia hörte, wie ihre Tante etwas mit gedämpfter Stimme erwiderte.

»Nun, da hätten Sie sich früher melden müssen. Diese Kleider liegen bei uns schließlich nicht auf Halde.« Die melodische Stimme bekam einen spitzen Unterton.

»So habe ich das nicht gemeint!« Tante Linettes Stimme klang beschwichtigend. »Es wird meiner Nichte schon gefallen, Mädchen lieben Rosa.«

Magnolia glaubte nicht recht zu hören. Sie hasste Rosa! In Windeseile sauste sie die Treppe hinunter. Zu spät. Die Haustür klappte und außer Tante Linette war niemand mehr zu sehen.

»War das mein Kleid?«

»Guten Morgen«, sagte ihre Tante betont langsam. »Ja, es war dein Kleid. Eine männliche Fee hat es gerade gebracht.«

»Kann ich es sehen?«

»Später, jetzt habe ich es bereits in meiner Tasche verstaut. Ich zeige es dir, wenn wir in Amerika angekommen sind.«

Das war ja reichlich merkwürdig. Magnolia kam ein schrecklicher Verdacht. »Zeig mir das Kleid, Tante Linette!«, forderte sie bestimmt.

»Ich habe dir doch gesagt, dass es bereits eingepackt ist …«, erklärte ihre Tante mit Nachdruck.

»Oh Tante Linette, ich glaube dir kein Wort! Sicher ist es …!«

»Hinreißend. Du wirst entzückend darin aussehen. Und jetzt wollen wir kein weiteres Wort darüber verlieren. Zieh dich an und bring deinen Koffer herunter, dann können wir noch schnell zusammen frühstücken.«

Wütend stampfte Magnolia mit dem Fuß auf. Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich zu gedulden. Wenn ihre Tante so sprach, war jeder Widerstand zwecklos.

Während sie angezogen, mit Rucksack und Koffer im Schlepptau die Treppe herunterkam, hörte sie abermals Stimmen. Und obwohl sie sich noch über ihre Tante ärgerte, musste sie grinsen. Denn diesmal wusste sie genau, zu wem diese Stimmen gehörten. Jacko Rosenstolz und seine Leute waren aus dem Zwergendorf gekommen, um ihnen eine gute Reise zu wünschen.

Die Wohnstube war so voll, dass Magnolia den Bauch einziehen musste, damit sie noch hineinpasste.

»Hallo, Magnolia! Wir wollen gar nicht lange stören«, erklärte Jacko.

»Ganz recht, wir möchten euch nur eine gute Reise wünschen«, ergänzte eine Zwergenfrau, die Greta hieß und ein blaues Häubchen trug, unter dem zwei Zöpfe hervorlugten.

»Gute Reise! Ja, gute Reise! Lasst euch nicht vom Yeti fressen!« Jetzt riefen alle Zwerge durcheinander.

»Wie reizend von euch. Ihr stört überhaupt nicht!« Das war Tante Linette. »Setzt euch, dann können wir ein letztes Mal gemeinsam frühstücken.«

»Tante Linette! … Tante Linette!« Magnolia drängte sich durch die Besucher. »Du kannst sie unmöglich alle zum Frühstück einladen, wir müssen in einer halben Stunde los! Flugzeuge warten nicht«, flüsterte sie.

»Papperlapapp!«, erwiderte ihre Tante schroff. »Du glaubst doch nicht, dass ich auf Weltreise gehe, ohne mich von meinen Freunden zu verabschieden.«

Magnolia verdrehte die Augen. »Du gehst nicht auf Weltreise. Wir sind bald wieder hier!«

»Wenn nichts dazwischenkommt«, erklärte ihre Tante starrköpfig. »Und nun steh mir nicht im Weg. Mach dich lieber nützlich und setze ein paar Kannen Kaffee auf. Ich sorge für den Rest.« Mit einem Schubs wurde Magnolia Richtung Küche bugsiert. Im Hinausgehen sah sie gerade noch, wie ihre Tante einmal in die Hände klatschte und sich Tische und Stühle verdoppelten. Ein erneutes Klatschen und sie teilten sich abermals. Magnolia wusste, es würde Jahre dauern, bis sie so etwas ebenfalls konnte.

Eine Viertelstunde später hatten alle einen Platz gefunden und langten kräftig zu. Reiseerlebnisse wurden zum Besten gegeben und mit Ratschlägen wurde auch dann nicht gegeizt, wenn man es selber bloß bis zur Nordsee geschafft hatte.

Magnolia wurde langsam nervös. Wenn das Frühstück nicht bald zu Ende war, konnten sie den Flug knicken. Ihre Tante schien das nicht zu interessieren, denn sie brachte gerade ein neues Tablett mit Käsebrötchen herein. Energisch zog Magnolia sie am Ärmel.

»Tante Linette, wir müssen jetzt wirklich los! Eigentlich müssten wir längst am Flughafen sein.«

Erstaunt sah ihre Tante auf die Uhr. »Es ist seltsam, wie schnell die Zeit vergeht, wenn man mit guten Freunden plaudert.«

»Für die dritte Ladung Brötchen ist nun wirklich keine Zeit mehr«, drängte Magnolia. »Du musst dich von den Zwergen verabschieden, Jörna wartet bereits.«

Ihre Tante warf einen Blick auf die alte Standuhr und seufzte. »Ruf Jörna an, sie soll zu uns kommen. Wir schaffen es nicht mehr, sie abzuholen. Ich sage unseren Gästen inzwischen auf Wiedersehen.«

Magnolia winkte zum Abschied in die Runde, dann sauste sie hoch und rief Jörna an. Keine zwanzig Minuten später stand die Junghexe in der Tür.

»Das nenne ich schnell!«, sagte Magnolia anerkennend und fiel ihrer Freundin um den Hals. »Bin ich froh, dass du da bist. Hat deine Mutter dich nicht begleitet?«

Jörna schüttelte vergnügt ihre rote Lockenpracht. »Zum Glück konnte ich sie davon abhalten. Sie ist furchtbar dramatisch, was Abschiede angeht.«

Magnolia strahlte. »Prima, dann machen wir Tante Linette jetzt Beine.«

»Nicht nötig, Schätzchen! Deine Tante hat zwei Beine und ist reisefertig.«

Verdutzt sah Magnolia ihre Tante an. Sie musste zweimal hinsehen, denn so hatte sie Tante Linette noch nie gesehen. Sah sie sonst wie eine kleine, dickliche Hexe aus, trug sie nun ein dunkelblaues Kostüm mit schmalem Rock und eine weiße Spitzenbluse. Die rundlichen Waden wurden durch elegante Pumps gestreckt und sogar ihre struppigen Haare lagen in ordentlichen Wellen um ihren Kopf.

»Wow, siehst du gut aus«, sagte Magnolia anerkennend. »Bist du sicher, dass du auf den Schuhen laufen kannst?«

»Natürlich, Kindchen. Ich stehe schließlich nicht zum ersten Mal auf diesen Dingern.«

Magnolia und Jörna tauschten einen skeptischen Blick.

»So ein enger Rock macht immer eine gute Figur«, sagte Jörna vorsichtig. »Aber er eignet sich nicht besonders zum Fliegen, ich meine, auf dem Besen.«

Linette zog unwirsch die Augenbrauen hoch. »Danke für den Hinweis, meine Liebe, aber das ist glücklicherweise meine Sache. Und nun kommt.« Schwankenden Schrittes marschierte sie zur Haustür hinaus und winkte ihrer Reisetasche, ihr zu folgen.

Nichts geschah, dafür kam aus dem roten Zimmer ein polterndes Geräusch. Linette winkte abermals. Wieder polterte es, doch von der Reisetasche war nicht mal ein Henkel zu sehen. Das war merkwürdig. Die Mädchen gingen nachsehen und stellten schnell fest, woran es lag. Die Tasche passte nicht durch die Tür.

Verzweifelt nahm sie immer wieder Anlauf. Doch es nützte nichts, jedes Mal blieb sie im Türrahmen stecken. Was nicht weiter verwunderlich war, denn sie hatte die Größe eines mittleren Schlauchboots.

Verlegen stöckelte Tante Linette zurück in die Diele und klatschte zweimal energisch in die Hände. Sofort wurden aus einer Tasche drei deutlich kleinere Gepäckteile. Eines nach dem anderen schwebte nun durch die Tür in den Garten, wo Tante Linettes Besen bereits wartete.

Serpentina stand als Abschiedskomitee im Garten und Magnolia strich ihr ein letztes Mal über den Kopf. Dann stieg sie auf ihren Besen. Sie war sehr stolz auf Huckebein. Nur ihm war es zu verdanken, dass Jörna und sie im letzten Jahr aus den Fängen des Grafen gerettet wurden. Jörna war ebenfalls startklar. Die Koffer hängten sie über ihre Besen, die Rucksäcke saßen fest auf den Rücken.

»Taschen, folgt mir!«, rief Linette. Augenblicklich umkreisten die Taschen sie, wie Satelliten die Erde. Magnolia wartete auf das Startzeichen, aber nichts geschah. Ungeduldig sah sie sich um. Warum saß ihre Tante nicht längst auf dem Besen?

Die Antwort war ganz einfach. Es funktionierte nicht. Der enge Rock ließ nicht zu, dass Tante Linette ihr Bein hob, um auf den Besen zu steigen. Als sie es trotzdem versuchte, rutschte er hoch, bis über das Knie. Linettes Wangen überzog ein rosiger Hauch. Schnell ließ sie den Besen fallen und strich ihren Rock glatt. Magnolia und Jörna grinsten.

»Ich wüsste nicht, was es da so dämlich zu grinsen gibt!«, schimpfte Linette, bevor sie sich würdevoll im Damensitz auf ihren Besen setzte. Dann startete sie Richtung Flughafen und die beiden Junghexen beeilten sich, ihr zu folgen.

Als die ersten Flugzeuge in Sicht kamen, verließen die Hexen ihre Flughöhe und landeten schließlich zwischen den dichten Büschen, die am Zaun zum Flughafen wuchsen.

Fasziniert beobachtete Magnolia das Rollfeld. Eine Maschine der Air France positionierte sich dort gerade zum Start.

Abenteuerliches Kribbeln breitete sich in ihrem Körper aus. »Das wird cool!«, verkündete sie. »Ich werde mir einen Film nach dem anderen reinziehen. Du kannst meinetwegen am Fenster sitzen.« Sie sah Jörna großzügig an.

Die guckte verlegen auf ihre Schuhspitzen. »Nicht nötig, ich guck da lieber nicht raus.«

Neugierig sah Magnolia ihre Freundin an. »Hast du Schiss?«

»Irgendwie schon …«, stammelte Jörna verlegen.

»Vielleicht kann Tante Linette dir helfen. Einen Abwesenheits- oder Süße-Träume-Zauber.«

Jörna zeigte ihr einen Vogel. »Spinnst du? Ich will doch von meinem ersten Atlantikflug etwas mitkriegen.«

»Huuuuhhuuu!!« Es knackte im Gebüsch und Runa trat zwischen den Zweigen heraus. »Da seid ihr ja endlich. Fesch siehst du aus!« Das galt Linette.

»Weshalb versteckst du dich im Gebüsch?«, fragte diese anstelle einer Begrüßung.

»Ich verstecke mich nicht. Ich war nur kurz für kleine Mädchen.«

Magnolia und Jörna rümpften die Nase.

»Jetzt kommt! Ein Stück weiter gibt es einen Seiteneingang, den wir benutzen können.«

Runa hatte recht, ein Fußweg führte direkt zum Abfertigungsterminal. Glücklicherweise stand dort auch ein Gepäckwagen bereit, sodass Linette damit aufhören konnte, ihre drei Koffer über den Boden schweben zu lassen.

»Hast du die Bordkarten?«, wollte Magnolia wissen.

Ihre Tante nickte. »Wo steht das Flugzeug?«

»Wir müssen zuerst das Gepäck aufgeben und durch den Sicherheitscheck. Du kannst da nicht einsteigen wie in eine Straßenbahn«, erklärte Magnolia.

»So«, schnaubte Linette und guckte verdrießlich auf die lange Menschenschlange, die sich vor den Schaltern gebildet hatte. »Ich habe keine Lust, mich in die langsamste Polonaise der Welt einzureihen!«, verkündete sie mit Nachdruck. »Wo müssen wir hin?«

»Wir müssen zuerst das Gepäck aufgeben. Und dazu musst du dich wohl oder übel hier anstellen!«, meinte Magnolia.