Der Prolog des Prologs

Kurzmitteilung


Von:

Ladidadiel, Eigentümerin Elbenhotelbetriebe International

Betreff:

Milbos Buch möglicherweise nicht ganz akkurat

An:

Die Verbündeten der Bonität

Die Welt ist im Wandel, und wer mag schon Veränderungen?

Ich spüre es am Wasserkocher, ich rieche es im Pausenraum. Vieles, was einst war, ist verloren, da niemand mehr lebt, der sich erinnert. Lassen Sie mich das erklären.

Es scheint, dass der ehemalige Subunternehmer/Dieb Milbo Muffin in seinem Buch Einmal Hin- und Rückfahrt, bitte! (erschienen in der Wobbit-Presse als Der Wobbit) zwei entscheidende Dinge nicht korrekt beschrieben hat. Dadurch ist viel Verwirrung entstanden, weshalb es einer Klärung bedarf.

Für den Fall, dass jemand bezüglich dieser beiden Dinge im Unklaren ist (hier wende ich mich vor allem an den Zauberer und Projektmanager Ranndarf für den unwahrscheinlichen Fall, dass er diese Mitteilung überhaupt zur Kenntnis nimmt), lassen Sie mich ins Detail gehen.

Zunächst einmal ist der Ring, den Milbo von der Kreatur Go-Lump »gewonnen« hat, nicht einfach bloß irgendein Unsichtbarkeitsring von der Stange, den man schnell mal gegen einen Katastrophenmantel oder eine Schubkarre eintauscht. Sondern er ist in Wahrheit ein Ring und der mächtigste und verderblichste Gegenstand Drittmittelerdes.

Es kommt einem gerade mal wie gestern vor, dass die Wirklich Großen Ringe geschmiedet wurden. Drei wurden den Elben gegeben, klaro, denn damals waren keine besseren Ringe erhältlich. Sieben wurden den Zwergen gegeben, denn die Großväter der Zwerge, die Schöpfer des Lieds »Heiho, heiho, wir sind vergnügt und froh«, zählten ebenfalls sieben. Und neun wurden den Königen der Menschen gegeben, denn die Königinnen der Menschen wollten keine, weil sie Ringe zu protzig fanden.

Doch sie wurden alle reingelegt, denn es wurde noch ein Ring, ein WIRKLICH großer Ring gefertigt. Im Lande Schmoddor, in den Feuern des Schreck-lass-nach-Bergs, setzte der Herr und Geschäftsführer der Versklavungs-, Kredit- und Zerstörungsanstalt Schmoddor, Saubohn, einen Vertrag über das Schmieden eines Superrings auf, um alle anderen Ringe zu beherrschen. In diesen Ring flossen seine Ungeduld, seine Kleinlichkeit und sein Wille, das Unternehmen durch feindliche Übernahmen zu vergrößern. Er hätte es sich niemals leisten können, den Ring in Schmoddor fertigen zu lassen, deshalb heuerte er einen Handwerker aus dem Äußersten Süden an, der konkurrenzlos billig war und ganz alleine arbeitete. Und daher bekam der Ring auch seinen Namen: Der Alleine Ring.

Der Reihe nach wurden die freien Länder Drittmittelerdes durch die Macht des Rings entweder zerstört oder gekauft. Doch einige leisteten Widerstand, indem sie hartnäckig Mengenrabatte forderten. Ein Beinahe Letztes Bündnis von Elben und Menschen, die danach noch viele Male als die Verbündeten der Bonität in Erscheinung treten sollten, zog in die Schlacht gegen die Achse des Bösen.

Scheußlich waren die Orks und Trolle und Marge, gegen die sie stritten. Die Luft war erfüllt von Pfeilen und Kreischen und von kreischenden Pfeilen. Obwohl Sonnenschein bei milden Temperaturen vorhergesagt war, blieb der Himmel unglücklicherweise wolkenverhangen. Der Sieg war nahe, als Saubohn einen seiner seltenen Cameo-Auftritte hinlegte. Obwohl er ein Elb war, sah er aus wie ein Riese mit unbequemer Dornenrüstung. Darunter trug er ein Ringel-T-Shirt und Ringelsocken, was vielleicht seine damalige miese Stimmung erklärt. Allenthalben zerschmetterte er Elben und Menschen. Gerade wollte er Müslipur zerschmettern, den Sohn des verstorbenen Menschenkönigs Ölunddill, doch erst trat er auf Müslipurs Schwert, Nasal, und brach es aus schierer Bösartigkeit entzwei.

Überraschend griff Müslipur nach dem Schwertgriff und tötete Saubohn mit dem Stumpf der Klinge. Niemand weiß genau, wie. Ich habe es selbst nicht mit angesehen. E.On hat mir erzählt, Müslipur hätte Saubohn fies in die Weichteile gestochen, doch andere berichten, in Saubohns Rüstung hätte es eine Sollbruchstelle gegeben, direkt über der linken Brust. Auf jeden Fall verging Saubohn mit einem Schrei: »Du verfluchter Rotzlöffel! Sieh doch nur, was du getan hast! Ich schmelze! Was für’n Ding! Wer hätte gedacht, dass ein armseliges Menschlein wie du meine wunderschöne Schlechtigkeit zerstören könnte? Oh, sieh nur! Ich schwinde! Oh! Oh!«

Seine Rüstung in Übergröße blieb zurück, da Müslipur selbst nach erheblichen Änderungen keine Verwendung dafür hatte. Ebenso das XXL-Ringel-T-Shirt und die Ringelsocken. Doch Müslipur stellte fest, dass sich der Ring auf magische Weise seiner geringeren Größe anpasste. Er hob ihn auf, steckte ihn aber nicht an, vielleicht weil er Handschuhe trug. Andere behaupten, dass er ihn nicht anstecken wollte, weil er wie ein Ehering aussah: »Ich habe meiner Frau gesagt, dass ich so etwas nie tragen würde.« Aber da er um den Wert der Dinge wusste, behielt er ihn.

Auf dem Heimweg von der Schlacht geriet Müslipur in einen Orkhinterhalt. Die Orks hatten noch nicht mitgekriegt, dass die Schlacht zu Ende war und sich ihr capo di tutte capi in Luft aufgelöst hatte. Müslipur hatte herausgefunden, dass der Alleine Ring ihn unsichtbar machte, deshalb tauchte er in einen nahegelegenen Fluss, um zu entkommen. Was er nicht wusste, war, dass der Alleine Ring ihm nicht die Macht verleihen würde, unter Wasser zu atmen oder seinen Atem unendlich lange anhalten oder in voller Rüstung schwimmen zu können. Er soff ab.

Der Ring schwamm wie eine Muschel. Indem er sich zusammenzog und ausdehnte, stieß er sich im Wasser vorwärts, bis er einen neuen Träger fand, das nervtötendste Geschöpf, das man sich nur vorstellen konnte. Genau weiß es niemand, aber man kann annehmen, dass es so etwas sagte wie: »Ei, sieh da! Dich nenne ich meinen Schatz, sage ich, meinen Schatz!«

Sein Name war Go-Lump. Er war ohnehin schon etwas plemplem, und der Alleine Ring machte ihn noch um einiges plemplemer. Erneut können wir annehmen, dass seine inneren Selbstgespräche, die er immer laut führte, ungefähr folgendermaßen verliefen: »Meins, sag ich, alles meins! Mit deiner Hilfe, mein Schatz, werde ich kleine, schlanke Orks fangen und sie roh verschlingen und werde für die nächsten tausend Jahre in einer Höhle leben! Bua, hahah!« In erster Linie sprach da der Ring aus ihm.

Schließlich wurde dieser vom zuvor erwähnten Dieb Milbo Muffin gestohlen, einem Wobbit aus dem Aualand. Unter Anwendung der Regel »Wer’s findet, darf’s behalten« entwendete er den Ring aus Go-Lumps tristem Heim und steckte ihn in seine Weste. Milbo überliefert uns die letzten Worte, die Go-Lump ihm hinterherrief: »Verdammich! Muffins! Wir hassen, ich sage, wir hassen ihn auf ewig!« Milbo trieb sich nicht lange genug in der Gegend rum, um zu sehen, was als Nächstes passieren würde.

Neben seiner unvollständigen Geschichte des Alleinen Rings sind auch seine Angaben zu Saubohn nicht korrekt. In seinem Buch schreibt Milbo, dass Saubohn laut Ranndarf besiegt worden wäre. Obgleich Ranndarf dies mit Sicherheit behauptet hat, ist die Aussage doch in einem gemeingefährlichen Maße falsch. Es stimmt, dass die Achse des Bösen in der Schlacht geschlagen wurde, es stimmt aber nicht, dass Saubohn von Müslipur getötet wurde. Der dunkle Geschäftsführer war wieder entschmolzen und versuchte, sich ein neues Label zu verpassen: »Der Geisterbetörer.« Doch er wurde vom Weißen Rat aus seiner Bürozentrale im Wüsterwald hinausgeworfen. So geschlagen, begann er erneut zu schmelzen. Ranndarf hätte seine geschmolzenen Überreste eigentlich in einer Kapsel aus Invincibilium verwahren sollen, damit er sich künftig nicht wieder entschmelzen würde, aber der Zauberer war vollauf damit beschäftigt, für ein Siegerportrait zu posen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Alleine Ring viel gefährlicher ist, als es Ranndarf auf dem Schirm hat. Und obwohl er schon zweimal geschmolzen ist, betreibt Saubohn noch immer seine gefährlichen Geschäfte. Wenn Sie Ranndarf sehen, dann geben Sie ihm bitte Bescheid. Es gilt, sogleich Maßnahmen zu ergreifen, um eine Destabilisierung des Marktes zu verhindern, die unser aller Kapital gefährden würde.