cover

Thomas Wieke

Das D-Mark Gedenkbuch

Geschichten und Anekdoten
rund um unsere Mark

ISBN 978-3-641-09728-8

© 2013 by Bassermann Verlag, einem Unternehmen der
Verlagsgruppe Random House GmbH, 81673 München

Die Verwertung der Texte und Bilder, auch auszugsweise, ist ohne die Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen.

Projektleitung: Dr. Iris Hahner

Bildredaktion: Christa Jäger

Gesamtproducing: AntiquaNova, Berlin

Umschlaggestaltung: © 304000 medienkreationen, München unter Verwendung eines Bildes von fotolia/lassedesignen

Herstellung: Achim Preußer

Bildnachweis: AntiquaNova: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17

Deutsche Bundesbank: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10

Jerry Woody (creative commons 3.0): 1

pixelio.de: 1 (Dieter Schütz), 2 (Gerold Vogel)

public domain: 1, 2, 3, 4, 5, 6

Süddeutsche Zeitung Photo: 1 (imagebroker), 2 (SZ Photo), 3, 4 (ddpimages/AP)

ullstein bild: 1, 2 (Gircke), 3 (dpa), 4 u., 5 (Schlegelmilch)

Inhalt

Die gute alte Mark ...
... und der noch ältere Pfennig

Sieben Gulden sind vier Taler sind zwölf Mark

Die mühsamen Jahre

Jahrzehnte des Glanzes

Bundesadler

Der Bankier Robert Pferdmenges, finanzpolitischer Berater von Konrad Adenauer, wurde in einem Interview gefragt: „Was würden Sie tun, wenn Sie eine Million D-Mark hätten?“

Pferdmenges antwortete trocken: „Ich würde mich einschränken.“

Bundesadler

Die gute alte Mark ...
... und der noch ältere Pfennig

„Nach dem zum Haushund domestizierten Wolf dürfte das Geld wahrscheinlich der treueste Begleiter des Menschen in dessen Geschichte sein“, sagte Karl-Ludwig Thiele, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank zur Eröffnung des Symposiums „Bargeld in der Volkswirtschaft“ im Oktober 2012.

Gemessen an einer alten Eiche wie dem britischen Pfund Sterling war unsere Deutsche Mark ein junges Bäumchen. Wir unterteilten sie in 100 Pfennige. Diese Zweige – die Pfennige – waren sogar bedeutend älter als der Stamm. Denn schon im Mittelalter ließen die Münzherren Denare prägen, die in Deutschland Pfennig hießen. Ihr Gebrauch war so allgemein, dass eine regelmäßige Zahlung, zum Beispiel eine Kriegssteuer (der Türkenpfennig), eine Alkoholabgabe (der Bierpfennig) oder eine Abgabe für die römische Kurie (der Peterspfennig), die Münzbezeichnung fest in den Namen einband. In der Bundesrepublik Deutschland erinnert man sich des Kohlepfennigs, mit dem der deutsche Steinkohlebergbau subventioniert wurde.

Infolge der Münzverschlechterungen im Mittelalter – immer mehr Münzen wurden aus der gleichen Menge Silber ausgebracht – waren die Pfennige bald nur noch hauchdünne Silberplättchen. Man nannte sie Brakteaten oder Hohlpfennige. Man konnte sie nur noch einseitig prägen. Um 1250 begann man daher, Groschen zu prägen. Diese Münzeinheit ist uns heute noch sehr vertraut. Sie leitet sich vom lateinischen Grossus (groß) ab und bezeichnet Münzen, die ein Vielfaches des Pfennigs darstellen. Zu den Groschen gehört auch der Schilling. Er begann seine Laufbahn als Recheneinheit und Gewichtsmaß. So wurde ein Pfund Silber in 20 Schillinge unterteilt und der Schilling wiederum in je 12 Pfennige. England kannte eine Schillingmünze seit dem 17. Jahrhundert; bis zum Jahr 1971 galt 1 Pound Sterling = 20 Shillings = 240 Pence.

Aus dem Norden kommt die Mark

Den dänischen und norwegischen Wikingern war die Mark schon vor dem Jahr 1000 ein Begriff. Dort war sie ursprünglich eine Gewichtseinheit: Man schlug aus 1 Mark Silber 240 Pfennige. Die Wikinger verbreiteten die Mark auch in England; dort galt sie zwei Drittel eines Pfunds Sterling; erst im 15. Jahrhundert kam sie außer Gebrauch. Mit zunehmender Münzverschlechterung, das heißt der Verringerung des Silbergehalts der Münze, begann man die „Mark Geld“ zur „Mark Silber“ in ein bestimmtes Kursverhältnis zu setzen. Im 14. Jahrhundert waren „10 Mark Geld“ nur noch „1 Mark Silber“ wert. Seit dem 15. Jahrhundert folgte man in Dänemark der lübischen Münzordnung, teilte die Mark in 16 Schillinge zu je 12 Pfennigen (also 192 Pfennige auf die Mark). Die dänische Mark war etwas leichtgewichtiger; 2 Mark dänisch entsprachen 1 Mark in Lübeck. Die ersten Mark-Münzen (1/3- und 2/3-Markstücke) wurden 1502 in Mecklenburg geprägt. 1506 einigten sich die Seestädte darauf, Markstücke als Konkurrenz zum Taler prägen zu lassen. Mit der Mark wurde auch im preußischen Ordensland gerechnet. In Dänemark wurden 1529 die ersten Markmünzen geprägt; lange Zeit spielte die Mark dort eine wichtige Rolle als Rechen- und Münzeinheit. Zum letzten Mal wurde die Mark in Dänemark 1858 geprägt; endgültig abgeschafft wurde sie 1875 beim Übergang zur Kronenwährung. Finnland, damals Teil Russlands, erwirkte Mitte des 19. Jahrhunderts von der russischen Regierung die Erlaubnis, für sein Gebiet Viertelrubelscheine zu drucken, sie kamen 1860 mit der Bezeichnung „Markka“ in Umlauf. Seit 1864 prägte Finnland silberne Markka-Münzen, seit 1878 auch Goldmünzen. Die finnische Mark ist also kein Ableger der deutschen, sondern – aus nordeuropäischer Münztradition – unabhängig und vor ihr entstanden.

Taler und Gulden

Um 1500 begann man besonders in Sachsen und Böhmen eine neue Art großer Silbermünzen zu prägen. Die Silbermünzen, die aus dem böhmischen Joachimsthal kamen, gaben diesem Geld den Namen: aus dem Joachimsthaler wurde der Taler – und aus dem Taler in Italien der Tallero, in Nordeuropa der Daler, schließlich in Amerika der Dollar und im postkommunistischen Slowenien von 1991 der Tolar.

Jeder Münzherr ließ eigene Ableger des Talers und seiner Stückelungen prägen. Und wenn es die politischen Verhältnissen nahelegten, nahmen die Münzherren auch Geldverschlechterungen in Kauf oder führten sie selbst herbei – mancher Fürst hat so seine Schulden, die er in gutem Geld aufnahm, in schlechtem Geld zurückgezahlt. Bis er verwundert feststellte, dass seine Untertanen ihm auch die fälligen Steuern in schlechtem Geld zahlten. In Norddeutschland war der Taler zweifellos die Erfolgsmünze vor Einführung der Mark.

Preußen dominierte seit dem 18. Jahrhundert den Norden Deutschlands. Mit der politischen und militärischen Stärke und der bis 1866 anhaltenden territorialen Expansion verbreitete sich auch der preußische Taler: etwa seit 1857 als sogenannter Vereinstaler über das gesamte Gebiet des Deutschen Zollvereins.

Vereinstaler_Prussia_1860_thaler_Sincona_4-04336_wiki_cc.jpg Vereinstaler_Prussia_1860_thaler_Sincona_4-04336_wiki_cc.jpg

Preußischer Vereinstaler von 1860

Halber_Gulden_bayern_001.jpg

Halber Gulden von 1846

Im süddeutschen Raum war trotz des Vereinstalers der Gulden weit verbreitet. Aber er machte seinem Namen wenig Ehre, denn er war nicht aus Gold, sondern aus Silber. Im Mittelalter war der im reichen Florenz geprägte Goldgulden berühmt gewesen. Man nannte die Münze „Fiorino“, „der Florentiner“, auch „Floren“ und daraus wiederum ist die Abkürzung für den Gulden – fl. – abgeleitet. Der Silbergulden des 18. und 19. Jahrhunderts – Gulden aus Gold nannte man jetzt Dukaten – war ein eigenartiges Zwitterwesen. Einesteils wurde er als Zweidritteltaler (oder mit der Wertbezeichnung „60 Kreuzer“) ausgeprägt; so kursierte er auch als Handelsmünze in Norddeutschland. Andernteils legte der Münchner Münzvertrag von 1837 den Standard für den „eigentlichen“ Gulden in den süddeutschen Staaten fest. Und das bedeutete: Aus der gleichen Menge Silber (1 Kölner Mark = 233,855 g) brachten die von Preußen angeführten Talerländer 14 Taler aus und die süddeutschen Guldenländer 24 ½ Gulden. Als 1857 das Zollpfund zu 500 g zum Münz-Grundgewicht wurde, schlug man daraus 30 Taler oder 52 ½ Gulden – das Umrechnungsverhältnis war demzufolge 4 Taler = 7 Gulden.

Woran sich unserer Sprache erinnert

Wer von echtem Schrot und Korn, ist, hat nichts mit der Jagd oder mit der Landwirtschaft zu tun. Vielmehr war ein Schrötling früher der Rohling, aus dem die Münze geschlagen wurde. Vor dem Prägen stellte man den Feingehalt – das Korn – des Schrötlings fest. Stellte sich beim Probieren das richtige Verhältnis von Edelmetall und Legierungsmetallen heraus, so war die Münze von echtem Schrot und Korn. Eigenschaften, die wir auch gern an Menschen sehen, mit denen wir es zu tun haben: dass sie ehrlich, aufrichtig und geradezu sind, also von echtem Schrot und Korn.

Von jemandem, der finanziell völlig abgebrannt ist, sagt man, er habe keinen roten Heller mehr. Der Heller, einst eine silberne Reichsmünze, die in der Stadt Schwäbisch Hall geprägt wurde, war zur kupfernen – roten – Scheidemünze geworden, der kleinsten, nicht mehr teilbaren Münzeinheit.

Wir bezahlen eine Rechnung auf Heller und Pfennig. Darin lebt eine Erinnerung daran, dass der Heller den Pfennig noch teilte. Und als das Deutsche Reich 1871 gegründet wurde, baten sich die Bayern als eine ihrer Bedingungen zum Beitritt aus, dass der Heller weiterleben durfte; uns so blieb er den Bayern noch ein paar Jahre erhalten, trotz und neben Mark und Pfennig.

Wer heute einen schönen Batzen Geld verdienen will, weiß oft nicht mehr, dass mit dem Batzen nicht nur ein Klumpen oder ein großer Haufen gemeint ist. Seit dem 14. Jahrhundert wurden Batzen-Münzen in Bern geprägt, sie waren sehr praktisch, standen sie doch als 15. Teil eines Guldens in der Mitte zwischen den großen Münzen und den ganz kleinen wie Pfennigen, Hellern und Kreuzern.

„Der ist ja keinen Deut besser als sein Nachbar“, sagt man, wenn man einen kaum merklichen Unterschied bildhaft ausdrücken will. Die meisten wissen nicht, dass sie mit dieser Redewendung in kleiner Münze zahlen. Der Deut war einst eine holländische Kupfermünze, die auch in Deutschland verbreitet war.

Geld spielt eben in vielen sprichwörtlichen Redewendungen, Volksliedern und in manchen regionalen sprachlichen Eigenheiten eine wichtige Rolle. Oft erinnert uns dann die Sprache an Geldsorten, die wir schon lange nicht mehr benutzen. „Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert“, hörte mancher noch von seinen Großeltern.

Bundesadler

Sieben Gulden sind vier Taler sind zwölf Mark

Keine ganz einfache Umrechnung. Und auch nur ein grobes Raster. Denn immerhin mussten sieben verschiedene Währungssysteme und eine Vielzahl umlaufender Münz- und Papiergeldsorten in Übereinstimmung gebracht werden.

Warum eigentlich ausgerechnet die Mark? Zum Zeitpunkt der Reichsgründung im Januar 1871 waren 126 verschiedene deutsche Münzsorten, zehn verschiedene ausländische Silbermünzen, dazu diverse ausländische Goldmünzen und Papiergeld von 54 Emittenten aus deutschen Ländern im Umlauf. Dass dieses Währungschaos binnen weniger Jahre geordnet werden konnte, ist ein großes Verdienst der damaligen deutschen Finanzbürokraten.

Das Goldene Zeitalter