Das DDR-Mark Gedenkbuch
Geschichten und Anekdoten
rund um den Alu-Chip
ISBN 978-3-641-09729-5
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ullstein bild: 1; 2 (Fritz Eschen), 3 (Gircke), 4 (dpa), 5 (Abraham Pisarek), 6 (Schlegelmilch)
Vorwort
Die Mark, die aus dem Osten kam
Auf Mark und Pfennig
Sieben Gulden sind vier Taler sind zwölf Mark
Zwei Währungsreformen
Was war die Mark wert?
Das Politbüro der SED berät über die Aufwertung der DDR-Mark. Der erste Vorschlag lautet: „Wir bohren ein Loch in die Mark und füllen es mit Gold.“ Leider gibt es dafür nicht genug Gold. Der zweite Vorschlag lautet: „Wir bohren zwei Löcher in die Mark und füllen sie mit Silber.“ Leider gibt es dafür auch nicht genug Silber. Schließlich schlägt Günter Mittag vor: „Wir bohren vier Löcher in die Mark und verkaufen sie als Knopf für 1,50 Mark.“
Vorwort
Die Mark, die aus dem Osten kam
Im Unterschied zur Deutschen Mark im Westen Deutschlands, die von der Währungsreform 1948 bis zur Vollendung der Europäischen Währungsunion 2002 ihren Namen unverändert beibehielt, änderte die Mark des Ostens ihre Bezeichnung im Laufe ihrer wirtschaftlichen Existenz.
Die Mark des Ostens begann ihren Weg, wenige Tage nach der Währungsreform in den drei westlichen Besatzungszonen, am 23. Juni 1948. Nach einem namenlosen Monat wurde sie „Deutsche Mark der Deutschen Notenbank“. Das offizielle Währungskürzel war genau wie im Westen „DM“. Das führte zu Verwirrung – und bis heute muss man genau sagen, was man eigentlich meint, wenn man von der „DM Ost“ spricht. Umgangssprachlich hieß das Geld in der Bevölkerung mit schönster polit-geografischer Deutlichkeit: Ostmark. Die offizielle Bezeichnung änderte sich zum ersten Mal 1964; im August kam eine neue Banknotenserie in Umlauf und jetzt lautete die Währungsbezeichnung „Mark der Deutschen Notenbank“ – abgekürzt „MDN“. Nicht nur die Geldscheine wurden neu gedruckt, auch die Schulbücher mussten überarbeitet werden, damit in den Textaufgaben des Rechenbuches die richtige Währungsbezeichnung stand. Schon nach vier Jahren kam der Mark aber die Notenbank abhanden. Ab 1. Januar 1968 hieß die Zentralbank „Staatsbank der DDR“. Die Währungsbezeichnung änderte sich nun in „Mark der Deutschen Demokratischen Republik“ – offizielles Währungskürzel „M“. Die meisten werden es gar nicht gleich bemerkt haben; denn die Banknoten der 1964er-Serie waren unverändert gültig.
Auch auf den Münzen änderte sich die Währungsbezeichnung. Die ersten Kursmünzen in den Mark-Nominalen wurden 1956 geprägt. Die Bezeichnung hieß „Deutsche Mark“; 1957 kam die Münze zu „2 Deutsche Mark“ hinzu. Ab 1972 wurden die Mark-Nominale bei sonst unveränderter Gestaltung nur noch mit der Bezeichnung „Mark“ geprägt. Neben den Kursmünzen kamen seit 1966 Gedenkmünzen heraus. Die ersten vier Silbermünzen zu 10 und 20 Mark erschienen 1966 und 1967 noch mit der Währungsbezeichnung „MDN“ auf der Bildseite. Alle nachfolgenden Gedenkmünzen zu 5, 10 und 20 Mark trugen die Währungsbezeichnung Mark.
Als es mit der DDR-Mark zu Ende ging, wurde sie ironisch „Alu-Chip“ genannt. Wann diese Bezeichnung genau aufkam, lässt sich nicht mehr mit Sicherheit sagen. Manches spricht dafür, dass sie erst in der Wendezeit populär geworden ist, als die Begehrlichkeit nach der Westmark größer und das Bedürfnis, die Ostmark auch begrifflich weiter abzuwerten, dringlicher wurde. Das Münzmetall Aluminium war gewiss das Geringste, was der Ostmark vorzuwerfen war. Aber natürlich stand das Spottwort für die Leichtgewichtigkeit, ja Wertlosigkeit der Währung „Mark der DDR“ gegenüber dem „richtigen“ Geld. Spielgeld war daher auch eine abwertende Bezeichnung, die in der Wendezeit oft anzutreffen war. Das wichtigste Kriterium für die Beurteilung der Mark der DDR war doch: Was konnte man damit anfangen? Im Inland wie im Ausland ließ sich diese Frage nicht uneingeschränkt positiv beantworten.
Seit 1974 war für DDR-Bürger der Besitz von D-Mark nicht mehr ausdrücklich verboten. Obwohl „Westgeld“ dem Gesetz nach seit 1979 bei der Staatsbank in Forumschecks für die Intershops hätte eingetauscht werden müssen, liefen nach Schätzungen der Bundesbank in den Achtzigerjahren DM-Beträge in Milliardenhöhe in der DDR um; als illegale Zweitwährung, Wertaufbewahrungsmittel – und für alle Fälle. Wer über D-Mark verfügte, konnte die Widrigkeiten des Alltags besser meistern, genoss ein höheres Sozialprestige.
Als dann aber das Ende der DDR-Mark am 30. Juni 1990 tatsächlich kam, rieben sich manche am darauf folgenden Montag verwundert die Augen, als sie in ihre Konsum-Kaufhalle kamen: Die 1000 kleinen Dinge des täglichen Bedarfs, die sie vorher für Spielgeld und zu Spielgeldpreisen bekamen, mussten sie jetzt mit richtigem Geld – und zu Marktpreisen – bezahlen.
Auf Mark und Pfennig
Als Währung ist die Mark ein gesamtdeutsches Phänomen mit einer gemeinsamen Geschichte. Das Trennende zwischen Ost und West stand stets im Bezugsrahmen der gemeinsamen Geschichte und forderte beständig zu Vergleichen heraus.
Gemessen an einer alten Eiche wie dem britischen Pfund Sterling war unsere Mark ist ein junges Bäumchen. Wir unterteilten sie in 100 Pfennige. Diese Zweige waren sogar bedeutend älter als der Stamm. Denn schon im Mittelalter ließen die Münzherren Denare prägen, die in Deutschland Pfennig hießen. Sie setzten sich überall als gängigen Handelsmünzen durch. Ihr Gebrauch war so allgemein, dass eine regelmäßige Zahlung, zum Beispiel eine Kriegssteuer (der Türkenpfennig), eine Alkoholabgabe (der Bierpfennig) oder eine Abgabe für die römische Kurie (der Peterspfennig), die Münzbezeichnung fest in den Namen einband. In der Bundesrepublik Deutschland erinnert man sich des Kohlepfennigs, mit dem der deutsche Steinkohlebergbau subventioniert wurde.
Infolge der Münzverschlechterungen im Mittelalter – immer mehr Münzen wurden aus der gleichen Menge Silber ausgebracht – waren die Pfennige bald nur noch hauchdünne Silberplättchen. Man nannte sie Brakteaten oder Hohlpfennige. Um 1250 begann man daher, Groschen zu prägen. Diese Münzeinheit ist uns heute noch sehr vertraut. Sie leitet sich vom lateinischen Grossus (groß) ab und bezeichnet Münzen, die ein Vielfaches des Pfennigs repräsentieren. Zu den Groschen gehörte auch der Schilling. Er begann seine Laufbahn als Recheneinheit und Gewichtsmaß. So wurde ein Pfund Silber in 20 Schillinge unterteilt und der Schilling wiederum in 12 Pfennige. England kannte eine Schillingmünze seit dem 17. Jahrhundert; bis zum Jahr 1971 galt 1 Pound Sterling = 20 Shillings = 240 Pence.
Den dänischen und norwegischen Wikingern war die Mark schon vor dem Jahr 1000 ein Begriff. Dort war sie ursprünglich eine Gewichtseinheit: Man schlug aus 1 Mark Silber 240 Pfennige. Die Wikinger verbreiteten die Mark auch in England; dort galt sie zwei Drittel eines Pfunds Sterling, erst im 15. Jahrhundert kam sie außer Gebrauch. Mit zunehmender Münzverschlechterung, das heißt der Verringerung des Silbergehalts der Münzen, begann man die „Mark Geld“ zur „Mark Silber“ in ein bestimmtes Kursverhältnis zu setzen. Im 14. Jahrhundert waren „10 Mark Geld“ nur noch „1 Mark Silber“ wert. Seit dem 15. Jahrhundert folgte man in Dänemark der lübischen Münzordnung, teilte die Mark in 16 Schillinge zu je 12 Pfennigen (also 192 Pfennige auf die Mark). Die dänische Mark war etwas leichtgewichtiger; 2 Mark dänisch entsprachen 1 Mark in Lübeck. Die ersten Mark-Münzen (1/3- und 2/3-Markstücke) wurden 1502 in Mecklenburg geprägt. 1506 einigten sich die Seestädte darauf, Markstücke als Konkurrenz zum Taler prägen zu lassen. Mit der Mark wurde auch im preußischen Ordensland gerechnet. In Dänemark wurden 1529 die ersten Markmünzen geprägt; lange Zeit spielt die Mark dort eine wichtige Rolle als Rechen- und Münzeinheit. Zum letzten Mal wurde die Mark in Dänemark 1858 real ausgeprägt; endgültig abgeschafft wurde sie dann 1875 beim Übergang zur Kronenwährung. Etwa zur gleichen Zeit erwirkte Finnland (damals Teil Russlands) von der russischen Regierung die Erlaubnis, für sein Gebiet Viertelrubelscheine zu drucken, sie kamen 1860 mit der Bezeichnung „Markka“ in Umlauf. Seit 1864 prägte Finnland silberne Markka-Münzen, seit 1878 auch Goldmünzen. Die finnische Mark ist also kein Ableger der deutschen, sondern aus nordeuropäischer Münztradition unabhängig und vor ihr entstanden.
Um 1500 begann man besonders in Sachsen und Böhmen eine neue Art großer Silbermünzen zu prägen. Die Silbermünzen, die aus dem böhmischen Joachimsthal kamen, gaben diesem Geld den Namen: aus dem Joachimsthaler wurde der Taler – und aus dem Taler in Italien der Tallero, in Nordeuropa der Daler, schließlich in Amerika der Dollar und im postkommunistischen Slowenien von 1991 der Tolar.
Jeder Münzherr ließ eigene Ableger des Talers und seiner Stückelungen prägen. Und wenn es die politischen Verhältnissen nahelegten, nahmen die Münzherren auch Geldverschlechterungen in Kauf oder führten sie selbst herbei – mancher Fürst hat so seine Schulden, die er in gutem Geld aufnahm, in schlechtem Geld zurückgezahlt. Bis er verwundert feststellte, dass seine Untertanen ihm auch die fälligen Steuern in schlechtem Geld zahlten. In Norddeutschland war der Taler zweifellos die Erfolgsmünze vor Einführung der Mark.
Preußen dominierte seit dem 18. Jahrhundert den Norden Deutschlands. Mit der politischen und militärischen Stärke und der bis 1866 anhaltenden territorialen Expansion verbreitete sich auch der preußische Taler: etwa seit 1857 als sogenannter Vereinstaler über das gesamte Gebiet des Deutschen Zollvereins.
Preußischer Vereinstaler von 1860