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1. Auflage 2010

© 2010 by riva Verlag, ein Imprint der FinanzBuch Verlag GmbH, München,
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Die amerikanische Originalausgabe erschien 2009 unter dem Titel James Cameron’s Avatar. An activist’s survival guide, bei !tbooks, einem Imprint von HarperCollins Publishers, LLC.
James Camerons Avatar ist eine eingetragene Marke der Twentieth Century Fox Film Corporation ™ & © 2009 by Twentieth Century Fox Film Corporation.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Karlheinz Dürr und Helmut Dierlamm/VerlagsService Dr. Ulrich Mihr
Redaktion: Werner Wahls/VerlagsService Dr. Ulrich Mihr
Umschlaggestaltung: Twentieth Century Fox Film Corporation,
bearbeitet für die deutsche Ausgabe von Moritz Röder
Umschlagabbildung: Twentieth Century Fox Film Corporation
Satz: Moritz Röder
Druck: Firmengruppe Appl, aprinta Druck, Wemding
Printed in Germany
E-Book-Konvertierung: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm

ISBN (Print) 978-3-86883-096-5
ISBN (ePub/Mobi) 978-3-86413-358-9

»ES GIBT VIELE GEFAHREN AUF PANDORA, UND EINE DER TÜCKISCHSTEN BESTEHT DARIN, DASS MAN ES IRGENDWANN ZU SEHR LIEBT.«

DR. GRACE AUGUSTINE

INHALT

PANDORA: ÜBERLEBENS-HANDBUCH

WARNUNG!

1ASTRONOMIE UND GEOLOGIE

2PHYSIOLOGIE UND KULTUR DER NA’VI

3DIE FAUNA PANDORAS

4DIE FLORA PANDORAS

5IRDISCHE TECHNOLOGIE AUF PANDORA

RDA-WAFFEN-HANDBUCH

RDA-DOKUMENTE

GLOSSAR

NA’VI-DEUTSCH-WÖRTERBUCH

PANDORA

ÜBERLEBENS–HANDBUCH

AN DIE ERDBEWOHNER

Die Heere der Habgier verwüsten die Erde und vernichten ihre Geschöpfe. Der unbändige Energiehunger zerstört unseren Planeten. Wir versinken in Abfallhalden und ersticken unter Müllbergen.

Übervölkert, überentwickelt, von Terrorismus und Umweltkriegen bedroht, verstrahlt von Kernkraftwerken und Atomabfällen ist die Erde. Luft- und Wasserverschmutzung, Klimawandel, Artensterben … unser einst so schöner Blauer Planet ist nur noch eine tödlich giftige Jauchegrube und verunstaltet wie eine eiternde Wunde das Antlitz des Universums. Mit jedem Dollar bezahlen wir unseren eigenen Untergang.

Wer also bin ich? Ein Nachbar, ein Freund, der Feind. Anonym. Unsichtbar. Allgegenwärtig. In der Menge schlurfe ich neben dir, Schulter an Schulter, ungewaschen stinkend, weil das Wasser rationiert wird, krank durch die einzige Nahrung, die uns noch bleibt: ein ekliger Brei aus billigen Kohlehydraten und synthetischen Proteinen. Wie du lebe ich gefangen in einem Rattenloch aus schmutziggrauem Beton, überwacht vom alles fressenden, allmächtigen Netz, und sauge schweflige Luft in die kranken Lungen. Einer der Unzähligen, die meist nur betäubt dahinvegetieren. Voller Narben, voller Angst, gehetzt – und doch nur allzu menschlich.

Was mir an Lebenskraft geblieben ist, wird durch Zorn angetrieben – durch die aufrührerische, explosive Wut eines sterbenden Planeten!

Ich schaue auf aus diesem Hightech-Jammertal und erblicke in der Ferne einen viel schöneren Lebensraum – das reine Pandora, das sanft in der samtblauen Dunkelheit schimmert. In seiner Anmut, Schönheit und Fruchtbarkeit, seiner Flora und Fauna liegt unsere Hoffnung und Rettung.

Doch die Gier der Megakonzerne überschreitet auch planetare Grenzen und breitet sich auf Pandora wie ein Pilzgeschwür aus, um es mit kalter Berechnung und brutaler Gewalt zu zerstören.

Du befindest dich in höchster Gefahr. Denn vor dir liegt ein Dokument, das entscheidend ist für das Überleben Pandoras und der Erde. Diese Aufzeichnungen wurden illegal beschafft und zur Erde geschmuggelt; wie, darf ich nicht enthüllen. Beschafft von mutigen Menschen, die ihr Leben riskierten, um die Wahrheit zu verbreiten. Und ihre Zahl wächst.

Es gibt keine Garantie, dass diese Informationen stimmen. Aber es gibt jene, die nicht wollen, dass du sie erhältst, die wollen, dass du weiter unwissend und betäubt dahinvegetierst, dass du wie eine glückliche Kuh ihre sorgfältig manipulierten Lügen wiederkäust. Sei also vorsichtig: Sie lauern in jeder Nische des allgegenwärtigen Netzes und warten.

Organisiere den Widerstand! Überzeuge andere! Verbreite die brutale und schmerzliche Wahrheit! Das tödliche Gift der Konzerne darf sich nicht weiter ausbreiten!

Denke an die Hoffnung, die Pandora heißt, und an die Na’vi. Im Gegensatz zu uns besitzen sie fast gar keine Technologie. Und doch müssen wir ums Überleben kämpfen, während sie im blühenden Überfluss leben. Kann uns das Wissen dieser heilen, heiligen Welt helfen, unser furchtbares Schicksal abzuwenden? Vielleicht nicht. Doch wenn viele die Wahrheit erfahren, gibt es Hoffnung – für Pandora und für unsere geschundene Erde. Wenn wir Pandora nicht retten können, wie wollen wir dann uns selbst retten?

Komm zu uns und kämpfe. Kämpfe für Pandora! Kämpfe für die Erde! Kämpfe für dein eigenes Überleben!

Dies ist ein Überlebens-Handbuch – für unser eigenes Überleben wie auch das unseres geliebten Planeten. Diese Daten, von mir und anderen unter Lebensgefahr gesammelt, können uns helfen, Land, Wasser und Luft zu entgiften und gegen die alles verzehrende Habgier der Megakonzerne anzukämpfen.

Aber eins sollte klar sein: Unser erklärtes Ziel ist, die RDA, die Resources Development Administration, abzuschaffen. Nur so sind Pandora und die Erde selbst zu retten. Die vorliegenden Aufzeichnungen über Pandora sind daher äußerst wertvoll – über seine Astrobotanik, Geologie, Anthropologie, Paläontologie, Biologie. Wissenschaftliche Erkenntnisse, die Tausende Jahre überspannen und die nicht nur aus Neugier entstanden, sondern auch aus Staunen und Ehrfurcht. Sie machten uns wieder zu dem, was wir einst waren: Menschen. Diese Informationen sollen belehren und warnen. Benutze sie, denn sie sind alles, was du erhalten wirst, und viel mehr, als die Feinde dir zugestehen wollen.

Pandoras Reichtum, weit mehr als nur ein Mineral, kann uns retten. Die Blume Dakteron zum Beispiel hat bemerkenswerte medizinische Kräfte und könnte die globale Plage der Flussblindheit ausrotten. Der schnell wachsende radiotropische Pilz Octoshroom absorbiert bestimmte Gifte im Boden und könnte verseuchte Prärien entgiften. Teylu, eine Raupe, enthält weit mehr verschiedenartige Proteine als unser immer seltener werdendes Phytoplankton; sie könnte für den Erhalt des Lebens entscheidend sein.

Du weißt, es gibt längst keine Nationalparks mehr, sie wurden alle mit Luxusapartments oder Wohncontainern zugebaut oder in Proteinfarmen umgewandelt. Die riesigen, tausendjährigen Mammutbäume wurden zu Brennholz. Die einst so stolzen 740 Meter hohen Yosemite-Wasserfälle kriechen heute nur noch als dünnes Rinnsal über die Felsen herab. Der größte Teil der Küsten wird für Marikultur genutzt, denn für die Ernährung der Menschheit ist nur noch ein einziges Nahrungsmittel ausreichend vorhanden: die Blaualge Spirulina. Irgendwie erstaunlich, was man aus Algenproteinkonzentrat machen kann, wenn man die richtigen Gewürze verwendet.

Ich selbst bin ziemlich an meine Wohnbox gebunden, musst du wissen. Ich sehe aus wie du – mittelgroß, unauffällig. Früher kannte ich weder Zweck noch Ziel. Heute gibt es die »Sache«. Ich wurde von der Liebe überrascht – zur berühmten Xenobotanistin, dem weiblichen Darwin von Pandora: Dr. Grace Augustine. Sie wurde meine Führerin, meine Erleuchtung. Das hier tue ich für sie.

Sie erweckte Pandora in mir. Ich begann zu träumen – großartige Träume, grenzenlos, eingestimmt auf diesen Ort weit jenseits unseres fahlgelben Himmels, in der blauschwarzen Unendlichkeit des Alls.

Ich ließ mich anlocken von der Magie und dem Mysterium dort draußen, von Hoffnung und Glaube an einen allwissenden Geist, von dem Pandora durchwoben ist und der Urheber und Ursprung der lebenserhaltenden Verbundenheit allen Lebens ist. Es ist kein Mythos, kein abstrakter Glaube. Auf Pandora gibt es nur ein größeres Wesen. Es verbreitet sich in einem komplexen Wurzelsystem unter der Oberfläche, ähnlich den Nervengeflechten des menschlichen Gehirns. Ein einziges, riesiges Empfindungsvermögen, das das ganze Land umfasst.

Die Na’vi nennen dieses Wesen Eywa. Ist sie intelligent, diese Eywa? In gewisser Weise. Aber sie gleicht eher einem Bio-Internet. Sie ist ein Erinnerungsspeicher, ein kollektives Bewusstsein, eine genau kalibrierte Waage. Sie zeichnet die Gedanken und Gefühle aller denkenden und fühlenden Wesen auf. Sie sorgt dafür, dass sich das gesamte System im Gleichgewicht hält, sodass es vollkommen unabhängig ist und seine Biovielfalt, seine Fähigkeit zur Selbstregulation und seine Einheit erhalten kann.

Aber anders als ein Netzwerk hat sie auch einen Willen. Sie leitet, sie formt, sie schützt. Manchmal opfert sie etwas, das sie liebt, zum Wohl des größeren Ganzen. Eywa ist nicht parteiisch; sie wird dich nicht unbedingt retten. Ihre Rolle ist es, alles Leben zu schützen, und das Gleichgewicht des Lebens. Sie ist, buchstäblich, Mutter Natur.

Wir dagegen sind verloren. Durch Habgier, Achtlosigkeit, schiere Dummheit.

Wache endlich auf! Erkenne deinen Feind – die gesetzlosen Bastarde, die die Sonne versklaven und über Tag und Dunkelheit herrschen wollen.

Dieser Feind ist, wie schon erwähnt, die RDA. Sie hat die Lizenz, in alle Ewigkeit Welt und Weltall auszubeuten und zu plündern. Gegründet wurde sie im 21. Jahrhundert mit ein paar geborgten Dollars als winzige Garagenfirma im Silicon Valley. Heute ist sie die größte kommerzielle Organisation des Universums. Mit dem Monopol auf alle Produkte, die auf Pandora geschürft und von dort exportiert werden, jenem empfindlichen Mond, der in tänzerisch anmutigem Orbit um den riesigen Gasplaneten Polyphemus kreist.

Weder durch Vorschriften noch durch Schwerkraft eingeschränkt, übernahm die RDA allmählich die Herrschaft über den Himmel. Schon wenige Jahrzehnte nach ihrer Gründung betrieb sie Hunderte von Weltraumfabriken auf dem Mond, dem Mars und im Asteroidengürtel des Sonnensystems. Fabriken, die von oben ihre toxischen Abfälle auf die Erde regnen ließen. Ja, ein ständiger Giftregen – auf dich.

Und das »Konsortium«, wie sie keineswegs liebevoll genannt wird, griff immer weiter aus, um den ständig nach Energie gierenden Rachen zu füttern. Auch nach Pandora, als dort Unobtanium entdeckt wurde, eines der begehrtesten und kostbarsten Materialien, die jemals gefunden wurden, mit einem Wert, der den von Gold um ein Vielfaches übersteigt.

Unobtanium kommt nur auf Pandora vor. Es handelt sich um eine Verbindung aus Seltenen Erden, einen Hochtemperatursupraleiter. Supraleitung nennt man den Effekt, bei dem ein Material Elektrizität verlustfrei leitet. Früher war das nur bei sehr niedrigen Temperaturen möglich. Dann wurden Zimmertemperatursupraleiter zum höchsten Ziel der Materialwissenschaft – doch Elektrizität ohne Verluste bei noch höheren Temperaturen leiten zu können, wurde lange Zeit für ein unerreichbares Ziel gehalten. Bis man Unobtanium entdeckte. Das Mineral wurde zum Rückgrat der Weltwirtschaft. Und die RDA kontrolliert alles, vom Abbau bis zur Verteilung.

Die RDA will Geld machen, das ist klar. Eine Menge Geld für eine Menge Leute. Sie hat Millionen Aktionäre und ist die rentabelste unter den Quasi-Regierungsorganisationen. Wie ein Virus hat sie sich in alle Bereiche unseres Daseins geschlichen.

Aber ich spüre eine eigenartige Hoffnung. Ich schließe die Augen und stelle mir Streifen und Wirbel zerfetzter Wolken vor, die vor dem türkisfarbenen Himmel um schwebende Berge treiben – ja, schwebende Berge aus hartem Gestein, mitten im Kumulus, Stratus, Zirrus treibend. Manche der schwebenden Berge sind mehr als sechzehn Kilometer breit und schweben Hunderte Meter über dem Boden. Und Bäche, die auf Hochebenen entspringen und als Wasserfälle wie eine Kaskade von Juwelen über senkrechte Felswände stürzen, um dann wie Geysire auf den zerklüfteten Felsen zu zersprühen – aber in umgekehrter Richtung.

Wie winzige Ascheflocken im Wind glitzern fledermausähnliche farbenprächtige Geschöpfe unterschiedlicher Größe in der Luft. Weit darunter, auf den endlos grünen Ebenen von Pandora, machen sich große Herden von Sturmbeest auf ihre Wanderung.

Dazwischen höre ich ein meditatives Na’vi-Lied erklingen, das den Clan zusammenruft und die Jäger zur Rückkehr drängt.

Und dann wieder sehe ich unsere Erde, voller Narben, aber wieder belebt und erneuert. Die Ozeane glitzern in ihrem Blau, eine frisch gewaschene Welt, die von Neuem beginnt. So, wie sie einmal war. Vielleicht hat uns Eywa gerufen, ohne auf ihre eigene Gefährdung zu achten, um die Erde zu retten.