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XII. Zu guter Letzt:
die bekanntesten ­Fake-Fälle

Die nachfolgenden Fälle kursieren seit vielen Jahren im Internet, in der Presse oder in anderen Medien – und halten sich dort mit einer ähnlichen Resistenz wie Heino im Musikantenstadel. Genau wie Heino sind sie ebenso erfolgreich wie absurd. Anders als Heino sind sie jedoch alle frei erfunden.

Kathleen Robertson aus Texas wurden 780 000 US-Dollar Schadenersatz von einem Gericht zugesprochen, nachdem sie in einem Möbelladen über ein Kleinkind gestolpert und sich den Knöchel gebrochen hatte. Die Ladenbesitzer waren verständlicherweise überrascht von dem Urteil, da das Krabbelkind der Sohn von Frau Robertson war. Diese Geschichte findet ihren Ursprung übrigens in der Anwaltsserie Boston Legal.

Carl Truman, 19, aus Los Angeles bekam 74 000 US-Dollar für Arztkosten zugesprochen, nachdem sein Nachbar mit seinem Honda Accord über dessen Hand gefahren war. Der junge Herr Truman bekam offensichtlich nicht mit, das jemand hinter dem Lenkrad des Wagens saß, dessen Radkappen er gerade klauen wollte.

Terrence Dickson aus Bristol/Pennsylvania wollte das Haus, in das er gerade eingebrochen war, durch die Garage verlassen, als er bemerkte, dass die Fernbedienung für das Gara­gentor kaputt war. Zurück ins Haus konnte er nicht. Er hatte die Türe zufallen lassen – und die ließ sich nur in eine Richtung öffnen. Da sich die Hausbesitzer im Urlaub befanden, war Dickson acht Tage lang in der Garage gefangen. Er ernährte sich von einer Kiste Pepsi und einem Sack Trockenfutter für Hunde, die er in der Garage gefunden hatte. Dickson verklagte die Hausbesitzer, da ihm die Gefangenschaft in deren Garage unglaubliche Qualen bereitet hätte. Das Gericht sprach ihm eine halbe Million US-Dollar zu.

Jerry Williams aus Little Rock/Arkansas, bekam 14 500 US-Dollar für Arztkosten zugesprochen, nachdem er vom Beagle seines Nachbarn in den Hintern gebissen wurde. Der Hund befand sich an einer Kette im eingezäunten Grundstück des Nachbarn – genau da, wo auch Jerry Williams war. Die Summe fiel wesentlich geringer aus, als von Williams gedacht, da die Jury ihm eine gewisse Eigenschuld gab: Williams hätte den Hund provoziert, indem er wiederholt mit einem Schrotgewehr auf ihn schoss.

Amber Carson aus Lancaster/Pennsylvania bekam 113 500 US-Dollar von einem Restaurant in Philadelphia erstattet, nachdem sie auf einem verschütteten Softdrink ausgerutscht war und sich das Steißbein gebrochen hatte. Es war genau das Getränk, auf dem sie ausrutschte, das sie 30 Sekunden zuvor im Streit nach ihrem Freund geworfen hatte.

Kara Walton aus Claymont/Delaware verklagte den Besitzer eines Nachtclubs mit Erfolg, nachdem sie aus dem Toilettenfenster flog und sich am Boden zwei Schneidezähne ausgeschlagen hatte. Dies wiederum geschah, weil Ms Walten sich durch die Damentoilette davonstehlen wollte, ohne die Gedeckkosten von 3,50 US-Dollar zu bezahlen. Ihr wurden vom Gericht 12 000 US-Dollar für die Zahnbehandlung anerkannt.

Und der älteste Hoax der Welt:

Dorothy Johnson verklagte Kenmore Inc., die Hersteller ihres Mikrowellenherdes, auf Schadenersatz, weil sie ihren frisch gebadeten Pudel »nur für ein paar Minuten« zum Trocknen in die Mikrowelle steckte. Der Fall wurde nicht nur abgewiesen, sondern vorher erst mal erfunden. Manchmal taucht der Pudel in der Geschichte auch als Katze auf.

1 Die folgende leicht nachvollziehbare Zuständigkeit gilt: Das SchlHOLG verkündete am 21.04.98 Az. 12 WF 46/98: »Da ein Hund ein Haustier ist und Haustiere als Hausrat im Sinne der Hausratsverordnung gelten, ist für die Zuweisung eines gemeinsamen Hundes von Eheleuten das Familiengericht zuständig.«

2 Übrigens verzichtete das Gericht auf eine Sichtung der Beweismittel und verwies auf die Aktenlage.

3 Wachstumsstörungen, Schädigungen der inneren Organe etc. Nicht gemeint sind Nasenbrüche infolge von Prügeleien im betrunkenen Zustand.

4 Leider entgeht uns hier ein neckisches Wortspiel, das nur im Englischen prima funktioniert: »Cat’s suit against Disney ...« denn suit heißt sowohl »Anzug« als auch »Klagesache«.

5 Im Einzelnen deckt sich das amerikanische Schulsystem und dessen Amts- und Würdenträger nicht mit dem unsrigen.

6 Leider sieht es in manchen Teilen der USA so aus, dass man Anwaltskosten nicht von der Steuer absetzen kann. Betty musste also 60 000 Dollar als Einkommen versteuern, obwohl sie nur 15 000 Dollar erhielt. Kurz gesagt: Der Spaß kostete sie unter dem Strich knapp 10 000 Dollar.

7 Einen echten Medienknüller, den ein Journalist durch Recherche oder Zufall entdeckt.

8 Das Traurige: Völlig am Ende mit seinen Kräften, pleite und seelisch schwer erkrankt, schoss sich Jack Ass mit seiner Schrotflinte in den Kopf.

9 Das Capgras-Syndrom ist sehr selten. Betroffene glauben, gerade die nächsten Lebensgefährten, Freunde und Verwandte seien durch identisch aussehende Doppelgänger ersetzt worden. Es wurde nach Joseph Capgras (1873–1950) benannt, der das Syndrom 1923 erstmals beschrieb. (Quelle: Wikipedia)

10 Henry Louis »Hank« Aaron (geboren am 5. Februar 1934 in Mobile/Alabama, USA), auch Hammerin’ Hank genannt, ist ein ehemaliger Spitzenspieler des US-Profibaseballs. (Quelle: Wikipedia)

11 Liberty Bell (Freiheitsglocke) ist der Name einer in den Staaten und darüber hinaus berühmten Glocke, die geläutet wurde, als die Amerikanische Unabhängigkeitserklärung in Philadelphia am 8. Juli 1776 zum ersten Mal auf dem Independence Square in der Öffentlichkeit verlesen wurde. Der Zusammenhang mit der haltlosen Anschuldigung R.s ist gleichzeitig das Besondere an der Glocke: ein riesiger Riss in deren Klangkörper, der sie funktionsunfähig macht. Wann genau dieser Sprung entstanden ist, war bis dato unklar, so wie viele Geschichten um die Glocke nur unzureichend belegt und eher anekdotisch sind. Seit R. wissen wir es aber besser. Einem historisch umstrittenen Bericht zufolge soll die Glocke im Jahr 1846 zum Geburtstag von George Washington das letzte Mal geschlagen haben, wobei sich der Riss irreparabel vergrößerte. Sollte diese Theorie sich bewahrheiten, wäre dies ein klarer Entlastungsbeweis für Barry Bonds. (Quelle: Wikipedia)

12 Econo Lodge ist eine US-amerikanische Hotel-Kette.

13 Die »Gambino Crime Family« ist eine der »fünf Familien«, die das organisierte Verbrechen in New York City in der Hand haben, und auch als Mafia bekannt ist.

14 Three Mile Island ist der Titel eines Buches von J. Samuel Walter Samuel Walker aus dem Jahr 2004.

15 Die Magna Carta (der »große Freibrief«) ist eine am 15. Juni 1215 unterzeichnete Vereinbarung des englischen Königs mit dem revoltierenden Adel. Sie gilt als die wichtigste Quelle des englischen Verfassungsrechts.

16 Das Lincoln Memorial ist ein Denkmal zu Ehren Abraham Lincolns in Washington D.C.

17 Wie verhält es sich eigentlich, wenn Anwälte zu »lustigen« Krawatten à la Uli Stein und Diddl-Maus greifen? Verunglimpfung des Gerichtes? Schwere Beleidigung? Kann Beugehaft wegen alberner Fliegen angeordnet werden?

18 Wikipedia meldet sich kurz zum Thema Kleiderordnung vor Gericht zu Wort: In der Kabinettsorder vom 15. Dezember 1726 verfügte König Friedrich Wilhelm I. in Preußen ziemlich sarkastisch die Einführung einer einheitlichen Juristentracht in den Gerichten seines Territoriums: »Wir ordnen und befehlen hiermit allen Ernstes, dass die Advocati wollene schwarze Mäntel, welche bis unter das Knie gehen, unserer Verordnung gemäß zu tragen haben, damit man diese Spitzbuben schon von Weitem erkennen und sich vor ihnen hüten kann.«

19 Ob Stella tatsächlich 75 Millionen US-Dollar für ihr Missgeschick bekam? Eher nicht. Stella kann – und McDonald’s wird – uns dies Frage leider nicht mehr beantworten. Warum dieses Buch dann trotzdem so heißt? Ganz einfach, weil diese Zahl nun mal im Internet kursiert und man sich außerdem 75 viel besser merken kann als 2,9 Millionen Dollar.

20 Man unterscheidet zwischen »actual damages« und »punitive damages«. Ersteres lässt sich als Schadenersatz verstehen, Letzteres als Buß- oder Strafgeld.

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2. Auflage 2015

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ISBN E-Book (PDF) 978-3-86413-149-3

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Inhalt

Die verrücktesten Klagen der Welt

I. Lehrer-Klagen

II. Ehe, Beziehungen und Familie

III. Promi-Klagen

IV. Tierische Klagen

V. Senioren und Kinder

VI. Nordamerikaner

VII. Job und Arbeitswelt

VIII. Urlauber klagen

X. Verkehr und Auto

XI. Nachbarschaft und Mieter

XII. Zu guter Letzt: die bekanntesten ­Fake-Fälle

Die verrücktesten Klagen der Welt

Nehmen wir an, Sie hätten einen eher alltäglichen und unauffälligen Namen. »Jack Ass« finden Sie als Namen für sich viel passender. Ab sofort nennen Sie sich so. Mit gesetzlicher Genehmigung und allen zugehörigen amtlichen Einträgen. In den USA ist das kein Problem. Da heißt ein Mann freiwillig Jack Ass, was sich milde mit »Dummkopf« übersetzen lässt. So weit so wenig nachvollziehbar. Und dann passiert es: Da erdreisten sich die Macher einer Fernsehsendung des Musikkanals MTV, ihr Format ausgerechnet Jackass zu nennen. Eine Unverschämtheit! Was macht also Mr Jack Ass? Er klagt gegen den Sender. Weil sein guter Name dadurch beschädigt würde.

Die besten Geschichten schreibt nicht das Leben selbst. Das Leben selbst kann nämlich gar nicht schreiben. Die besten Geschichten protokollieren die Aktuare der Gerichte. Richtig unglaubliche, skurrile, freche und teilweise absurde Geschichten brocken sich die Menschen gegenseitig ein. Die wenigsten Beteiligten können selbst darüber lachen. Sie beklagen ja irgendeinen Schaden. Wie Mr Ass, der sich selbst damit zu seinem Nachnamen macht. Darüber kann und darf man lachen. Jack Ass macht es uns leicht. Ist ja (zunächst) auch weiter nichts Schlimmes passiert. Wir werden sehen.
Ein wenig anders ist die Sache gelagert, wenn Personenschäden oder gar Schäden mit Todesfolge zu beklagen sind. So wie bei der im Internet kursierenden Geschichte eines Amerikaners, der sein nagelneues Wohnmobil während einer Autobahnfahrt auf »Autopilot« gestellt hatte. Was in diesem Fall nichts anderes war als ein simpler Tempomat. Daraufhin ging er nach hinten, brühte sich einen Kaffee und starb im Wrack seines recht zügig verunglückten Autos. Seine Angehörigen verklagten den Automobilhersteller auf Schadenersatz. Es stand schließlich nirgends, dass das Kaffeekochen während der Fahrt gefährlich sein kann.

Wie blöd kann man sein? Darf man trotzdem lachen? Ich finde: ja. Der Tod ist natürlich nicht lustig, die Umstände können es aber sein. Und über Umstände darf gelacht werden. Lachen Sie übrigens ruhig über den hummeldummen Wohnmobilmann. Denn die Geschichte ist erfunden. Den Mann gibt es nicht, die Klage auch nicht. Eine Urban Legend, ein Hoax. Davon gibt es viele. Doch diese Story ist die einzige erfundene in diesem Buch. Alle anderen Klagen, Fastklagen oder Klageabweisungen und Geschichten darum herum entsprechen, soweit ich es mit den Mitteln meiner fleißigen Recherchearbeit herausfinden konnte, der Realität. Und die ist, wie Sie sehen werden, lustig genug.

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I. Lehrer-Klagen

Spick mich nicht!

Die Klage der Lehrerin gegen die Betreiber des Bewertungsportals spickmich.de war zuletzt vor dem Bundesgerichtshof (BGH) gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht sah von einer Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich ab (Az. 1 BvR 1750/09). Der BGH hatte im Juni 2009 die Lehrerbenotungen für zulässig erklärt, da sie »weder schmähend noch beleidigend« seien. Der Persönlichkeitsschutz der Lehrerin und ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung müssten hinter das Recht auf freien Meinungsaustausch zurücktreten. Die Bewertungen seien Meinungsäußerungen, die die berufliche Tätigkeit der Klägerin beträfen. Dabei genieße der Einzelne grundsätzlich nicht den gleichen Schutz wie in der Privatsphäre. Dass die Bewertungen anonym abgegeben werden, macht sie aus Sicht des BGH nicht unzulässig. Der BGH verwies zudem auf die relativ hohen Zugangsbeschränkungen des Internetportals.

Jetzt ist es auch vom Bundesverfassungsgericht bestätigt: Schüler dürfen ihre Lehrer im Internet auf der Webseite Spickmich.de benoten. In ihrem Beschluss verwarfen die Karlsruher Richter die Verfassungsbeschwerde einer Lehrerin aus Nordrhein-Westfalen.

Der Bundesgerichtshof betonte zugleich, dass er nur über die Webseite spickmich.de entschieden habe. Wie andere Portale zu bewerten sind, sei offen. Bislang sind nach Angaben der Betreiber der Plattform mehr als 1,6 Millionen Schüler auf spickmich.de registriert. Die Bewertungen der namentlich genannten Lehrer auf spickmich.de entsprechen den Schulnoten 1 bis 6 und orientieren sich an Kriterien wie »cool und witzig«, »beliebt«, »motiviert«, »menschlich«, »gelassen« und »guter Unterricht«. Die Gesamtnote des Lehrers errechnet sich aus den von den Schülern der entsprechenden Schule anonym abgegebenen Bewertungen. Die klagende Gymnasiallehrerin erhielt für ihr Fach Deutsch eine Gesamtnote von 4,3. Ziel ihrer Klage war, dass ihr Name, der Schulname und die unterrichteten Fächer im Zusammenhang mit einer Gesamt- und Einzelbewertung auf spickmich.de gelöscht werden. Das Bundesverfassungsgericht hat bestätigt, dass sich Lehrer einer Beurteilung ihrer beruflichen Leistung im Internet stellen müssen, sagt Tino K., einer der Betreiber des Internetportals. »Mehr Transparenz verbessert das Schulsystem in Deutschland, und Bewertungen der Schul- und Lehrerqualität sind dazu unbedingt notwendig«, ergänzt der ehemalige BWL-Student.

Der Deutsche Lehrerverband hatte das BGH-Urteil scharf kritisiert und seine Hoffnung auf das Bundesverfassungsgericht gesetzt. Verbandspräsident Josef K. bemerkte im Juni 2009, für das Schulklima seien solche Gerichtsentscheidungen nicht förderlich. Besser wäre es, Schüler und Klassen brächten ihre Kritik an Lehrern im offenen und sachlichen Dialog vor. Enttäuscht reagierte auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE). Auf spickmich.de würden »Aburteilungen« von Lehrern ermöglicht, die allein auf Stimmungslagen und Meinungsmache basierten.

Hey, Teacher, wir sehen uns vor Gericht!

Laut Landesschulamt kommt es selten vor, dass Schüler Strafanzeigen gegen ihre Lehrer erstatten und vor Gericht ziehen. Es ist auch kein Fall bekannt, bei dem Schülern rechtskräftig der Tafeldienst angeordnet werden konnte. Ferner liegt strafrechtlich kein Tatbestand der Bestechung vor, wenn ein Schüler dem Lehrer die Tasche hinterherträgt und sehr viele Hausaufgaben werden strafrechtlich auch nicht als Nötigung verfolgt. Eine Berliner Gymnasiastin sah trotzdem nur noch eine Möglichkeit, sich gegen eine Fünf in Mathe zu wehren: Jana B. erstattete Strafanzeige gegen den Studienrat Dr. Robert G. Und zwar wegen Verleumdung. Der 51-jährige Mathelehrer soll ihr im Januar vergangenen Jahres vorgeworfen haben, im Nachhinein ihre Mathematik-Klausur manipuliert zu haben. Ihre Arbeit war vom Lehrer mit der Note Fünf bewertet worden. Die Schülerin beanstandete später, dass er eine von ihr richtig gelöste Aufgabe übersehen habe, die ihr eine bessere Note eingebracht hätte. »Er warf mir vor, ich hätte die Aufgabe erst später richtig hingeschrieben und seine Korrektur am Rand mit Tipp-Ex übermalt«, sagt Jana vor Gericht. Weil sie eine solche Behauptung als »menschenverachtend« empfunden habe, sei sie zur Polizei gegangen. Vorher hatten sie Eltern und Schüler ihrer Klasse 11c in diesem Schritt bestärkt. »Es gab einen Elternabend, da haben wir darüber gesprochen«, so die Schülerin. Das Verhältnis zwischen dem Lehrer Dr. Robert G. und der Klasse 11c war offenbar angespannt. Der Notendurchschnitt seiner Mathematik-Klasse lag bei 4,2 und damit noch nicht einmal bei ausreichend. Am Elternabend war Robert G. nicht anwesend. In einem Beschwerdebrief an die Schulleitung hatte die Klasse 11c gefordert, Dr. G. zu ersetzen. Sie warf ihm Sturheit und Unpünktlichkeit vor, er schweife im Unterricht öfter ab und referiere lieber über die Stellung der Frau in Afrika oder den Verfall der Gesellschaft. Der Lehrer schickte als Antwort auf den Brief eine Stellungnahme an das Landesschulamt. Bei der Schulleitung fand Robert G. keinen Rückhalt. Sie hatte zu der Anzeige der Schülerin keine Stellung bezogen. Und auch vor Gericht nahm der amtierende Direktor Harald M. seinen Lehrer mit keinem Wort in Schutz. »Ich hatte den Eindruck, dass Dr. G. Schwierigkeiten im Umgang mit den Schülern auf persönlich-menschlicher Ebene hatte«, sagte der Schuldirektor. Der Studienrat selbst sieht sich als Mobbingopfer. Als er 1996 mit viel Elan am Gymnasium angefangen habe, sei er schon »nicht so gut« empfangen worden. »Der Direktor gab mir nie eine richtige Chance. Man machte Stimmung gegen mich.« Auch habe es nie klärende Gespräche mit ihm gegeben. Jetzt hat der Studienrat freiwillig unbezahlten Urlaub genommen. Strafrechtliche Konsequenzen werden die Querelen am Schadow-Gymnasium für ihn aber nicht haben. Die Klage wurde vor dem Amtsgericht Tiergarten gar nicht verhandelt: Amtsrichter Guido R. stellte das Verfahren ein. Derartige Probleme müssten an der Schule geklärt werden und nicht vor Gericht. »Wir können doch nicht im Namen des Volkes darüber urteilen, wie befähigt ein Lehrer ist«, sagte der Richter.

Hattu Mores?

Eine Realschülerin in Vechta darf Hasen an die Tafel des Klassenzimmers malen und darüber hinaus behaupten, ihre Lehrerin verlasse bei deren Anblick schreiend das Klassenzimmer. Die Erdkundelehrerin verklagte die 16-Jährige, weil sie Gerüchte über ihre angebliche Angst vor Hasen gestreut haben soll. Und das nicht zum ersten Mal. Schon 2008 hatte die Pädagogin eine andere Schülerin wegen desselben Themas verklagt, wie die Gerichtssprecherin sagte. Im vergangenen Sommer verließ die Lehrerin die Schule in Goldenstedt im niedersächsischen Landkreis Vechta. Auch die vor Gericht verklagte Minderjährige ging von der Schule ab. Beide trafen sich zufällig auf der Haupt- und Realschule in Vechta wieder. Nach Angaben der Sprecherin erzählte das Mädchen auch dort von der Geschichte mit der Hasenangst. Allerdings sollen es laut Medienberichten andere Schüler gewesen sein, die daraufhin die Probe aufs Exempel versuchten. Das Amtsgericht Vechta wies eine darauffolgende Unterlassungsklage der Pädagogin ab.

Endgültige juristische Niederlage für eine Lehrerin, die gegen das Bewertungsportal spickmich.de zu Felde zog: Nachdem der Bundesgerichtshof schon im Jahr zuvor entschieden hatte, dass die Benotung von Lehrern zulässig ist, wies nun das Bundesverfassungsgericht ihre Klage ab.

Mehr als Ärger in der Luft: Lehrer klagt wegen Bienen.

Winfried K. ist Hausmann und Imker. Auf seinem Grundstück in Sedlitz, im Kreis Oberspreewald-Lausitz, hält er 50 Bienenvölker und hat jede Menge Ärger am Hals. Rechtlichen Ärger. Wegen der Bienen. Da fragt man sich: Was machen denn Bienen Schlimmes außer summen und Honig sammeln? Versuchen Sie doch mal, selbst darauf zu kommen. Spontane Möglichkeiten für rechtsbrecherische Bienen wären: (Nur eine Antwort ist richtig.)

a) Die Bienen machen einen Höllenlärm.

b) Die Bienenvölker wandern unaufgefordert in fremde Gärten aus.

c) Die Bienen kacken die Autos voll.

d) Die Bienen stechen (Körperverletzung!).

e) Die Bienen riechen übel.

Herr K. erreichte Post von einem Anwalt. Dessen Klient, ein Lehrer, arbeitet in einem benachbarten Institut. Winfried K. versteht die Welt nicht mehr: »Seit der Wende haben wir in Brandenburg viel zu wenig Imker und damit viel zu wenig Bienen.« Die Landesregierung werbe seit Jahren für Imker-Nachwuchs. Und dann so eine Klage.

Um das Rätsel um die bösen Bienen aufzulösen: Eines Tages war der glänzende Lack des Lehrerautos verunreinigt von Bienenkot. Die Verschmutzung des Autos sei eine »Eigentumsbeeinträchtigung«, lässt der Lehrer gegenüber dem Hobby-Imker Winfried K. erklären. Dieser solle dafür sorgen, dass die Bienen keine Autos mehr verdreckten. Sonst würden weitere rechtliche Schritte eingeleitet. Denn Bienen hinterlassen eben nicht nur Honig, sondern auch Kot – vor allem beim ersten sogenannten Reinigungsflug nach der Überwinterung. In der kalten Jahreszeit geben die Tiere keine Exkremente ab, weil es sonst innerhalb des Bienenstocks zu gefährlichen Seuchen kommen könnte. »Die Bienen (...) halten so lange an, wie es geht«, erklärt Winfried K. »Manche haben so viel Kot im Leib, dass sie zu schwer sind zum Fliegen und sogar sterben.« Deshalb ist der Reinigungsflug nachvollziehbar befreiend für die Bienen. Die Imker, auch Herr K., geben in der Regel den Nachbarn Bescheid, dass diese ihre Wäsche an diesen Tagen nicht raushängen. Als Entschädigung für die Einschränkungen bekommen die Nachbarn dann ein Glas Honig. »Diesmal war der Flug leider nicht am Sonntag, wenn keine Schule ist«, sagt K., »sondern am Montag.« An diesem Tag stand das Auto des Lehrers auf dem Parkplatz direkt unter der Flugroute der Bienen. »Auf dem Lack entsteht ähnlicher Schmutz, wie wenn der Wagen unter einer Linde steht«, sagt der Imker. Doch unter einer Linde sei der Wagen komplett mit Dreck überzogen, bei Bienen sei das nur an einigen Stellen so. Winfried K. kann sich einen Prozess nicht leisten und hofft, dass es nicht zu einer Klage kommt. Der Imkerverband will nun sein Mitglied unterstützen. Es ist übrigens nicht der erste so geartete Fall: Nach der Klage eines Autohändlers hatte der Imker recht bekommen. Der Autohändler wurde dazu verpflichtet, seine Autos für die ein bis zwei kritischen Tage abzudecken. »Trotzdem hat die juristische Auseinandersetzung ewig gedauert«, sagt K. Ärger, weil seine Bienen jemanden gestochen hätten, hat er übrigens noch nie bekommen.

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II. Ehe, Beziehungen und Familie

Mann stinkt, Frau klagt

Eine Beziehungsgeschichte der besonderen Art. Nach acht Jahren Ehe hat eine Iranerin die Nase voll: sie reicht die Scheidung ein. »Mein Mann sagt, er mag kein Wasser und will deshalb nicht duschen. Er will nicht einmal sein Gesicht waschen, wenn er morgens aufsteht«, zitierte eine iranische Zeitung die verzweifelte Frau. Früher habe ihr Gatte noch einen regelrechten Waschzwang an den Tag gelegt, so die 36-Jährige: »Er duschte dreimal täglich stundenlang und wusch sich alle paar Minuten die Hände.« Dies habe sich aber plötzlich von heute auf morgen geändert. Nun könne es wegen seines strengen Geruchs keine(r) mehr mit ihm aushalten – weder seine Kollegen noch die Kinder, noch sie selbst. Sich scheiden zu lassen, ist für Frauen im Iran allerdings äußerst schwierig. Normalerweise müssen sie nachweisen, dass ihr Ehemann sie finanziell oder sexuell vernachlässigt hat, drogensüchtig ist oder sie misshandelt. Ob Stinken als Scheidungsgrund ausreicht, ist noch nicht entschieden.

Alles Gute und 20 Tonnen zum Geburtstag

Acton Vale/Québec, Kanada – Isidora Provest dürfte Bauklötze gestaunt haben, als sie in der Einfahrt ihr Geburtstagsgeschenk sah. Da lag ein 20 Tonnen schwerer Stein mit pinkfarbenem Schleifchen und aufgesprühten Geburtstagswünschen. Einen »Big Rock« hatte sie sich schon immer von ihrem (Ex-)Ehemann gewünscht. Allerdings hatte Isidora dabei mehr die Metapher von »Big Rock« in Form eines großen Edelsteins im Kopf. Da war er jetzt, der Stein, aber irgendwie anders. Nett war das ungewöhnliche Geschenk also offenbar nicht gemeint. Laut der Zeitung La Voix de l‘Est stand auf dem Stein ein kleiner Gruß: »Dies ist für alles, was du mir antust.« – dem Blatt zufolge eine Anspielung auf die hohen Scheidungskosten des Ex-Ehemannes. Denn die Scheidung von Isidora Provest hatte sich lange hingezogen. »Es ist ein Geschenk. Seit Jahren wollte sie einen großen Stein von mir haben. Jetzt habe ich einen passenden für sie gefunden«, verteidigte sich der Exmann und amtierende Bürgermeister aus Saint-Théodore-dActon vor der Presse. Obwohl er den Stein mittlerweile entfernen ließ, wird die Sache für ihn möglicherweise schwere Folgen haben: Die Beschenkte hat sich bei der Polizei beschwert, der Staatsanwalt hat sich angeblich bereits eingeschaltet. Der Ausgang der Geschichte ist bis heute noch offen.

Füße vom Tisch, oder ...

Weil der Mann seine Füße zur Entspannung auf den Tisch legte, hat seine 46-jährige Ehefrau ihm mit einem Küchenmesser in den Knöchel gestochen. Der 49-Jährige erlitt dabei eine stark blutende Wunde und musste zur Behandlung in ein Krankenhaus gebracht werden. Da es bereits öfter zu Handgreiflichkeiten zwischen den beiden Eheleuten aus Regensburg gekommen sei, wurde auch die Frau zur Untersuchung ins Krankenhaus geschickt. Demnach dürfte übermäßiger Alkoholgenuss zur Eskalation des Streits beigetragen haben. Gegen die Frau wird nun wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Da klagt nicht nur der Mann, sondern auch der Staat. Welches genaue Strafmaß der gegenüber der Täterin verhängte, konnte leider nicht recherchiert werden.

Sag es mir direkt ins Facebook

»Facebook ermöglicht es dir, mit den Menschen in deinem Leben in Verbindung zu treten und Inhalte mit diesen zu teilen.« So steht es auf der Startseite des sozialen Netzwerkes. Beim Bezirksgericht Wolfsberg in Österreich ist nun ein Strafverfahren wegen eines Facebook-Eintrages anhängig. Ein Vater verklagt seine Tochter, weil sie ihn über Facebook beleidigt habe. Diesem Verfahren geht ein längeres Unterhaltsverfahren voraus, innerhalb dessen es im Februar 2011 bezüglich der Überweisungsmodalitäten zwischen Vater und Tochter zu unterschiedlichen Ansichten kam. Über das Verhalten ihres Vaters offensichtlich erbost, postete die 18-Jährige folgenden Kommentar, der übrigens nur für ihre »Freunde« zugänglich war: »I vastehs a net warum unser vota des greste orschloch is wos frei umadum rennt auf dera wöt«. Nachdem der Kindsvater diesen Kommentar gelesen hatte, brachte er eine Privatanklage im Sinne des § 115 StGB beim Bezirksgericht Wolfsberg ein. Er fühle sich beschimpft und verspottet. Der Vater zog seine Anzeige auch dann nicht zurück, als die Tochter den Kommentar von ihrer Facebook-Pinnwand gelöscht hatte. Er hätte erwartet, dass sie sich für die Äußerung bei ihm entschuldigte.

Das Gericht muss nun feststellen, ob Kommentare in Social Networks dazu geeignet sind, den Tatbestand der Beleidigung im Sinne des Strafgesetzbuches zu erfüllen. Unabhängig davon, ob die Beleidigungen sich gegen ein Familienmitglied richten – oder ob die Tochter eventuell sogar die Wahrheit postete. Kurz vor dem Prozess, in einem Zimmer des Amtsgerichtes Kärnten, konnten sich Vater und Tochter dann doch noch versöhnen. Das Gericht erklärte daraufhin das Verfahren für beendet.

Keine Asche für Asche

Ein Bestattungsinstitut wurde 2010 von einer Frau beauftragt, deren unlängst verstorbenen Herrn Vater einzuäschern. Kurz nach der Einäscherung fand die Frau jedoch heraus, dass es sich bei dem Eingeäscherten gar nicht um ihren leiblichen Vater handeln konnte. Bei der Durchsicht ihrer Unterlagen musste sie nämlich feststellen, dass ihre Mutter den Mann zum Zeitpunkt ihrer Geburt noch gar nicht kannte. Daraufhin weigerte sich die Frau, die 450 Euro für dessen Beerdigung zu zahlen. Das Bestattungsinstitut erhob Klage vor dem Amtsgericht München – und das Institut bekam recht, wie das Amtsgericht mitteilte. »Die Stellung als leibliche Tochter sei in keinster Weise Gegenstand der vertraglich vereinbarten Leistung gewesen«, hieß es in der Begründung. Die Tatsache, dass die Beklagte erst nach dem Tod des Vaters festgestellt habe, dass sie nicht seine Tochter ist, sei »sicherlich für diese persönlich belastend«, stelle aber keinen Anfechtungsgrund dar. Das Urteil ist rechtskräftig.