WARRIOR CATS
In die Wildnis (Band 1)
Feuer und Eis (Band 2)
Geheimnis des Waldes (Band 3)
Vor dem Sturm (Band 4)
Gefährliche Spuren (Band 5)
Stunde der Finsternis (Band 6)
WARRIOR CATS
Die neue Prophezeiung
Mitternacht (Band 1)
Mondschein (Band 2)
Morgenröte (Band 3)
Sternenglanz (Band 4)
WARRIOR CATS
Special Adventure
Feuersterns Mission
WARRIOR CATS
DIE WELT DER CLANS
Das Gesetz der Krieger
Alle Abenteuer auch als Hörbücher bei
Beltz & Gelberg
www.warriorcats.de
Besonderer Dank an Cherith Baldry
Hinter dem Namen Erin Hunter verbergen sich gleich drei Autorinnen. Während Victoria Holmes meistens die Ideen für die Geschichten hat und das gesamte Geschehen im Auge behält, bringen Cherith Baldry und Kate Cary die Abenteuer der Katzen-Clans zu Papier. Alle drei mögen Katzen und haben großen Spaß daran, neue und spannende Geschichten rund um die KatzenClans zu erfinden.
www.beltz.de
© 2011 Beltz & Gelberg
in der Verlagsgruppe Beltz · Weinheim Basel
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
© 2006 Working Partners Limited
Die Originalausgabe erschien 2006
unter dem Titel Warriors, The New Prophecy, Starlight
bei HarperCollins Children’s Books, New York
Aus dem Englischen von Friederike Levin
Lektorat: Julia Röhlig
Covergestaltung/Artwork: Hanna Hörl, München
E-Book: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza
ISBN 978-3-407-74283-4
DIE HIERARCHIE DER KATZEN
|
Anführer |
FEUERSTERN – attraktiver Kater mit rotem Fell |
Zweiter Anführer |
GRAUSTREIF – langhaariger, grauer Kater |
Heilerin |
RUSSPELZ – dunkelgraue Kätzin; Mentorin von BLATTPFOTE – hellbraun gestreifte Kätzin mit bernsteinfarbenen Augen und weißen Pfoten |
Krieger |
(Kater und Kätzinnen ohne Junge)
BORKENPELZ – dunkelbraun getigerter Kater
SANDSTURM – kleine, gelbbraune Kätzin
WOLKENSCHWEIF – langhaariger, weißer Kater
FARNPELZ – goldbraun getigerter Kater; Mentor von WEISSPFOTE
DORNENKRALLE – goldbraun getigerter Kater
LICHTHERZ – weiße Kätzin mit goldbraunen Flecken und vernarbtem Gesicht
BROMBEERKRALLE – dunkelbraun getigerter Kater mit bernsteinfarbenen Augen
ASCHENPELZ – hellgrauer Kater mit dunkleren Flecken und dunkelblauen Augen
REGENPELZ – dunkelgrauer Kater mit blauen Augen
SCHLAMMFELL – hellgrauer Kater mit bernsteinfarbenen Augen
EICHHORNSCHWEIF – dunkelrote Kätzin mit grünen Augen
SPINNENBEIN – langgliedriger, schwarzer Kater mit bernsteinfarbenen Augen |
Schüler |
(über sechs Monde alt, in der Ausbildung zum Krieger)
EICHHORNPFOTE – dunkelrote Kätzin mit grünen Augen
SPINNENPFOTE – langgliedriger, schwarzer Kater mit braunem Bauch und bernsteinfarbenen Augen
WEISSPFOTE – weiße Kätzin mit grünen Augen |
Königin |
(Kätzinnen, die Junge erwarten oder aufziehen)
RAUCHFELL – hellgraue Kätzin mit dunkleren Flecken und grünen Augen |
Älteste |
(ehemalige Krieger und Königinnen, jetzt im Ruhestand)
GOLDBLÜTE – helle Kätzin mit goldbraunem Fell
LANGSCHWEIF – Kater mit hellem Fell und schwarzen Streifen; früh im Ruhestand, weil fast blind |
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Anführer |
SCHWARZSTERN – großer, weißer Kater mit riesigen, pechschwarzen Pfoten |
Zweite Anführerin |
ROSTFELL – dunkle, goldbraune Kätzin |
Heiler |
KLEINWOLKE – sehr kleiner, getigerter Kater |
Krieger |
EICHENFELL – kleiner, brauner Kater
BERNSTEINPELZ – schildpattfarbene Kätzin mit grünen Augen
ZEDERNHERZ – dunkelgrauer Kater
ESCHENRALLE – rotbrauner Kater; Mentor von KRALLENPFOTE
NACHTFLÜGEL – schwarze Kätzin |
Königin |
MOHNBLÜTE – langbeinige, hellbraun gescheckte Kätzin |
Älteste |
TRIEFNASE – kleiner, grau-weißer Kater; ehemaliger Heiler
KIESELSTEIN – magerer, grauer Kater |
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Anführer |
RIESENSTERN – schwarz-weißer Kater mit sehr langem Schwanz |
Zweite Anführerin |
MOORKRALLE – dunkelbraun gesprenkelter Kater |
Heiler |
RINDENGESICHT – brauner Kater mit kurzem Schwanz |
Krieger |
FETZOHR – getigerter Kater; Mentor von EULENPFOTE
KURZBART – braun gescheckter Kater
SPINNENFUSS – dunkelgrau getigerter Kater; Mentor von RENNPFOTE
KRÄHENFEDER – dunkelrauchgrauer, fast schwarzer Kater mit blauen Augen
ASCHENFUSS – graue Kätzin
NACHTWOLKE – schwarze Kätzin
HELLSCHWEIF – kleine, weiße Kätzin |
Älteste |
MORGENBLÜTE – schildpattfarbene Kätzin
HAFERBART – cremefarben-braun gestreifter Kater |
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Anführer |
LEOPARDENSTERN – ungewöhnlich getupfte, goldfarbene Kätzin |
Zweite Anführerin |
NEBELFUSS – dunkelgraue Kätzin mit blauen Augen |
Heilerin |
MOTTENFLÜGEL – schöne, golden gestreifte Kätzin mit bernsteinfarbenen Augen |
Krieger |
SCHWARZKRALLE – rauchschwarzer Kater; Mentor von FELDPFOTE
BLEIFUSS – untersetzter, gestreifter Kater; Mentor von KIESELPFOTE
HABICHTFROST – breitschultriger, dunkelbrauner Kater
SCHWALBENSCHWEIF – dunkelbraun gestreifte Kätzin mit grünen Augen |
Königinnen |
MORGENBLUME – hellgraue Kätzin
MOOSPELZ – schildpattfarbene Kätzin |
KATZEN AUSSERHALB DER CLANS |
SOCKE – muskulöser grau-weißer Kater, der in einer Scheune in der Nähe des Pferdeortes wohnt |
MINKA – Kätzin mit langem, cremefarbenem Fell, die mit SOCKE zusammenlebt |
MOLLY – kleine grau-weiße Kätzin, die mit SOCKE und MINKA zusammenlebt |
PROLOG
Mondlicht strich über die Hügel und warf tiefe Schatten hinter einen Wall aus Dornengestrüpp. Die Hecke schützte eine Senke aus steilen Felswänden über einem halbmondförmigen kleinen See. Auf halber Höhe sprudelte ein Wasserlauf aus dem Felsen, plätscherte über die moosbedeckten Steine und mündete glitzernd wie flüssiger Sternenschein im See.
Die Zweige raschelten und teilten sich; Katzen erschienen auf der Anhöhe und bahnten sich ihren Weg zum Rand des Teiches. Von ihren schimmernden Pelzen ging ein sanftes, fahles Licht aus und mit ihren Pfoten hinterließen sie frostig glitzernde Spuren auf dem moosbedeckten Boden.
Eine schildpattfarbene Kätzin hatte den Teichrand als Erste erreicht. Mit leuchtenden Augen sah sie sich um. »Ja«, schnurrte sie. »Dies ist der richtige Ort.«
»Du hast recht, Tüpfelblatt. Mit den vier Katzen, die ihre Clans aus dem Wald führen sollten, haben wir eine gute Wahl getroffen.« Geantwortet hatte eine blaugraue Kriegerin, die sich von der anderen Seite der Mulde näherte. Sie sprang von einem Felsvorsprung und landete auf gleicher Höhe mit der Schildpattkätzin am gegenüberliegenden Ufer des mondbeschienenen Wassers. »Trotzdem haben die Clans noch immer eine schwere Aufgabe vor sich.«
Tüpfelblatt neigte zustimmend den Kopf. »Ja, Blaustern. Ihr Mut und Glaube werden bis aufs Äußerste auf die Probe gestellt. Aber jetzt sind sie so weit gekommen – sie werden nicht aufgeben.«
Mehr Sternenkrieger versammelten sich um sie, drängten sich am Ufer, bis ihre leuchtenden Gestalten die Kuhle umringten.
»Unsere Reise war auch nicht leicht«, miaute eine Katze.
»Auch wir haben die Pfade, auf denen wir so lange gewandelt sind, schweren Herzens verlassen«, fügte eine andere hinzu.
»Wir werden uns daran gewöhnen, an neuen Himmeln zu wandeln.« Tüpfelblatts Stimme war voller Zuversicht. Sie saß auf einem Stein in der Nähe der plätschernden Quelle und hatte den Schwanz um die Pfoten gelegt. »Wir müssen unseren Clans den Weg zu diesem neuen Versammlungsort weisen, wo wir zu ihren Anführern und Heilern sprechen können. Erst dann ist dies wirklich eine neue Heimat für alle fünf Clans.«
Zustimmendes Gemurmel erhob sich, und ein Hoffnungsschimmer leuchtete in den Augen der Katzen, die sich um sie versammelt hatten.
»Sie werden im See Fische fangen«, miaute eine Katze.
»Und in den Wäldern und am Ufer wimmelt es vor Beute«, warf eine andere ein. »Alle Clans werden Nahrung finden, selbst in der Blattleere.«
Blaustern schien immer noch unsicher. »Das Leben besteht nicht nur aus Frischbeute«, miaute sie.
Ein rotbrauner Kater bahnte sich den Weg zum Kopf der Versammlung. »Sie sind keine Jungen mehr«, hob er ungehalten hervor. »Sie wissen, wie man den Zweibeinern und ihren Hunden aus dem Weg geht. Genau wie den Füchsen und den Dachsen.«
»Nicht alle Übel kommen von den Zweibeinern«, erklärte Blaustern verärgert. Ihr Kopf fuhr herum und sie sah dem Kater in die Augen. »Und auch nicht von Füchsen oder Dachsen, Eichenherz. Das weißt du genauso gut wie ich. Die Clans schaffen sich ihren Ärger selbst.«
Die Krieger sahen sich verunsichert an, aber Eichenherz neigte den Kopf. »Natürlich. Und das werden sie immer tun. Auch das gehört dazu, wenn man ein Krieger sein will.«
»Der Ärger, den sie selbst schaffen, birgt größte Gefahr.« Eine neue Stimme hatte das Wort ergriffen, tief und unheilvoll.
Mit gesträubtem Nackenfell wirbelte Blaustern herum und starrte den Neuankömmling auf der Anhöhe böse an. Für eine Katze war er zu groß und zu kräftig. Es war, als wäre ein finsterer Brocken in den Kreis der Dornenhecke getreten, von dem die Katzen nur starke, kräftige Gliedmaßen und kleine, funkelnde Augen ausmachen konnten.
Wenige Herzschläge später entspannte sich Blaustern. »Willkommen, Freundin«, miaute sie. »Der SternenClan schuldet dir Dank. Du hast wohl gehandelt.«
»Wenig ist von mir vollbracht«, antwortete der Neuankömmling. »Diese Katzen haben ihr Geschick gemeistert mit viel Mut.«
»Die Clans sind weit gereist und haben viel Trauriges erlebt, das schwer auf ihnen lastet«, stimmte ihr Tüpfelblatt zu. »Sie haben durchgehalten, obwohl wir jede Spur von ihnen verloren hatten, als sie in den Bergen auf den Pfaden eines fremden Stammes wanderten. Jetzt müssen sie neu lernen, sich wie vier Clans zu verhalten.« Sie sah die Fremde mit ernsten Augen an. »Ihnen steht viel Leid bevor, vor allem jenen, die zum Wassernest der Sonne gereist sind. Sie werden ihre Freundschaft nur schwer vergessen können.«
»Sie müssen so bald wie möglich ihre neuen Grenzen markieren.« Eichenherz’ Stimme grollte tief aus seiner Kehle. »Das wird Ärger geben.«
»Jeder treue Krieger wird das Beste für seinen Clan wollen«, miaute Blaustern.
»Solange sie für ihre Clans kämpfen«, warf Eichenherz ein, »und nicht für sich selbst.«
»Genau da liegt die Gefahr«, flüsterte eine ängstliche Stimme. Ein Kater mit glänzend schwarzem Pelz blickte gebannt ins silberne Wasser, als sähe er von dort eine Gefahr aus der Tiefe aufsteigen. »Ich sehe eine Katze, die begierig nach Macht strebt, obwohl sie kein Recht dazu hat ...«
»Kein Recht?« Am gegenüberliegenden Ufer sprang ein schlanker Kater mit schiefem Kiefer auf die Pfoten, dessen Fell sich vor Wut auf den Schultern sträubte. »Nachtstern, wie kannst du es wagen, so etwas zu behaupten?«
Im Mondlicht lief ein Schauder über den Pelz des schwarzen Katers, als er aufblickte. »Nun gut, Streifenstern, zumindest noch kein Recht hat«, miaute er. »Diese Katze muss erst noch lernen, welche Tugenden ein Mächtiger zu beherrschen hat. Macht ist nicht wie Frischbeute, die man einfach packt, bevor sie entkommen kann.«
Die Katze mit dem schiefen Kiefer setzte sich wieder, aber ihre Augen blitzten immer noch vor Wut. »Möchtest du, dass unsere Krieger alle zaghaft wie die Mäuse werden?«, fauchte sie leise.
Nachtstern kniff die Augen zusammen, und seine Schwanzspitze zuckte, aber bevor er eine Antwort zurückfauchen konnte, trat noch eine Katze vor: eine Kätzin mit dickem, grauem Fell, einem breiten Gesicht und einem boshaften Funkeln in den Augen. Sie blieb neben Tüpfelblatt am bemoosten Ufer des Teiches stehen und senkte den Blick auf die Wasseroberfläche. Kurz darauf entstanden in der Mitte des Sees Wellen, die sich kreisförmig ausbreiteten und am Ufer aufschlugen.
Die graue Kätzin hob den Kopf. »Ich habe gesehen, was geschehen wird«, brummte sie. »Finstere Zeiten stehen bevor.«
Wie der Wind im Schilf fuhr eine leise Furcht durch die Katzenversammlung, aber niemand wagte, der Kätzin laut zu widersprechen.
»Nun?«, fragte Blaustern, nachdem einige Herzschläge lang Stille geherrscht hatte. »Sag uns, was du damit meinst, Gelbzahn.«
Die graue Kätzin zögerte. »Ich weiß nicht genau, was ich gesehen habe«, krächzte sie schließlich. »Doch was ich euch zu sagen habe, wird euch nicht gefallen.« Sie schloss die Augen, und als sie erneut das Wort ergriff, war ihre Stimme tiefer und leiser als zuvor, sodass sich jede Katze anstrengen musste, sie zu verstehen: »Blut wird Blut vergießen und rot in den See fließen, erst dann kehrt Frieden ein.«
Blaustern erstarrte, dann beugte sie sich vor und senkte den Blick auf den Teich. Ein roter Fleck tauchte an der Oberfläche auf, der größer und größer wurde, bis das Wasser eine scharlachrote Farbe angenommen hatte. Es sah aus, als würde sich das Feuer der aufgehenden Sonne darin spiegeln, dabei schwebte nach wie vor der Mond zwischen dünnen Wolkenfetzen über der Senke. Entsetzt schrien die Katzen auf. Tüpfelblatt trottete zitternd vor und blickte verzweifelt ins Wasser, auf der Suche nach einem Zeichen, das Gelbzahns unheilvolle Worte Lügen strafen könnte.
»Versuchst du zu ergründen, was mit Feuerstern geschehen wird?«, fragte Blaustern sanft. »Bemüh dich nicht zu sehr, Tüpfelblatt. Von allen Katzen solltest du am besten wissen, dass wir manche Dinge nicht verhindern können.«
Als Tüpfelblatt den Kopf hob, blitzten ihre Augen wild entschlossen. »Ich würde alles tun, um Feuerstern zu helfen«, fauchte sie. »Ich werde ihn mit der ganzen Kraft des SternenClans beschützen.«
»Aber selbst das könnte zu wenig sein«, mahnte Blaustern.
Einer nach dem anderen verließen die Krieger des SternenClans jetzt den Teich, liefen die Böschung hinauf und schlüpften wieder durch die Dornenhecke. Dann waren ihre schimmernden Pelze verschwunden und die Senke blieb bis auf die Spiegelung des Mondes auf dem Teich im Dunkeln zurück.
Die Gestalt in den Schatten sah schweigend zu. Erst als die letzte Katze gegangen war, regte sie sich und ein Mondstrahl fiel auf ihre mächtigen Schultern.
»Mitternacht, dein Ort ist dies nicht«, knurrte sie in sich hinein. »Gibt nichts mehr zu tun.« Sie hielt inne, dann ergänzte sie: »Einmal noch vielleicht mit den Clans werde ich mich treffen. Finstere Zeiten werden kommen.«
Als sie sich anschließend umdrehte, um ihren Rückweg durch die Dornen anzutreten, fiel das Mondlicht auf den breiten weißen Streifen auf dem Kopf der Dächsin. Dann war Mitternacht fort und die Senke lag verlassen da.
1. KAPITEL
Brombeerkralle stand oben auf der Anhöhe und betrachtete die silbern funkelnden Sterne, die sich wie Krallenspitzen unter ihnen auf dem See spiegelten. Die Clans hatten endlich ihr neues Zuhause gefunden, ganz wie es ihnen Mitternacht prophezeit hatte. Der SternenClan erwartete sie und sie waren endlich vor den Monstern der Zweibeiner in Sicherheit.
Um ihn herum sprachen Krieger aller vier Clans flüsternd miteinander, die Blicke ängstlich auf den finsteren, fremdartigen Ort am Fuß der Anhöhe gerichtet.
»Bei diesem Licht kann man überhaupt nicht erkennen, was das da unten sein soll.« Lichtherz, eine weiß-braune Kriegerin des DonnerClans, drehte sich herum, bis sie die ganze Umgebung mit ihrem einen gesunden Auge überblicken konnte.
Ihr Partner Wolkenschweif zuckte mit dem Schwanz. »Was kann schon noch kommen? Denk daran, was wir hinter uns haben. Wir werden mit allem fertig, was vier Beine hat.«
»Und was ist mit den Zweibeinern?«, wollte Rostfell, die Zweite Anführerin des SchattenClans, wissen.
»Wir sind alle müde und geschwächt von der Reise«, fügte Spinnenfuß vom WindClan hinzu. »Hier draußen sind wir so frei und ungeschützt, dass uns Füchse und Dachse mit Leichtigkeit aufspüren können.«
Für einen Moment begann Brombeerkralle vor Angst zu zittern. Dann straffte er die Schultern. Der SternenClan hätte sie nicht hierhergeführt, wenn er daran zweifeln würde, dass sie in ihren neuen Territorien überleben könnten.
»Worauf warten wir noch?«, meldete sich eine neue Stimme zu Wort. »Wollen wir hier die ganze Nacht herumstehen?«
Ein amüsiertes Schnurren unterdrückend drehte sich Brombeerkralle um, wo er seine Clangefährtin Eichhornpfote hinter sich stehen sah. Die rote Schülerin zupfte mit ihren Krallen im rauen, faserigen Grasteppich, ihre grünen Augen leuchteten erwartungsvoll.
»Brombeerkralle, sieh doch!«, miaute sie. »Wir haben es geschafft! Wir haben unser neues Heim gefunden!«
Sprungbereit duckte sie sich, aber bevor sie den Abhang hinunterstürzen konnte, hatte sich Feuerstern durch die Katzenversammlung gedrängt und ihr in den Weg gestellt.
»Warte.« Der Anführer des DonnerClans berührte seine Tochter liebevoll mit der Schwanzspitze an der Schulter. »Wir machen uns alle zusammen auf den Weg und werden sorgsam nach Gefahren Ausschau halten. Vielleicht ist dies der Ort, an den uns der SternenClan führen wollte. Dass wir dabei aber unseren Verstand im Wald zurücklassen, hat er ganz sicher nicht gewollt.«
Eichhornpfote senkte respektvoll den Kopf, trat zurück und warf Brombeerkralle einen Blick von der Seite zu. Ihre Augen leuchteten immer noch vor Aufregung. Für Eichhornpfote war das Ende ihrer Reise kein bisschen beängstigend.
Feuerstern kehrte an seinen Platz zurück neben Schwarzstern und Leopardenstern, den Anführern des SchattenClans und des FlussClans. »Ich schlage vor, wir schicken eine Patrouille voraus«, miaute er. »Nur ein paar Katzen, die sich umsehen sollen, was uns dort unten erwartet.«
»Gute Idee – trotzdem können wir nicht einfach hier herumstehen und warten, bis sie wieder da sind«, warf Leopardenstern ein. »Hier gibt es viel zu wenig Deckung.«
Schwarzstern knurrte zustimmend. »Wenn jetzt ein Fuchs vorbeikommen würde, könnte er sich problemlos die schwächeren Katzen herauspicken.«
»Wir brauchen aber eine Pause.« Moorkralle vom WindClan war vorgetreten, um sich an der Diskussion zu beteiligen. Sein Anführer Riesenstern lag etwas abseits am Boden, und Rindengesicht, ihr Heiler, beugte sich über ihn. »Riesenstern kann nicht mehr viel weiter laufen.«
»Dann sollten wir die Patrouille sofort losschicken«, schlug Feuerstern vor, »und wir Übrigen folgen langsam, bis wir eine geschützte Stelle gefunden haben. Ja, Moorkralle«, fügte er hinzu, als der Zweite Anführer des WindClans das Maul öffnete, um etwas zu erwidern, »wir sind alle müde, aber wir werden besser schlafen, wenn wir nicht so ungeschützt auf einem Hügel sitzen wie hier.«
Schwarzstern rief Rostfell zu sich, während Leopardenstern ihrer Zweiten Anführerin Nebelfuß mit der Schwanzspitze ein Zeichen gab.
»Lauft bis zum See und dann kommt ihr sofort zurück«, befahl Leopardenstern. »Erkundet, so viel ihr könnt, aber beeilt euch und bleibt in Deckung.«
Die beiden Katzen zuckten mit den Ohren, dann wirbelten sie herum und sausten mit den Bäuchen dicht über dem Boden davon, wenige Herzschläge später hatte die Dunkelheit sie verschluckt.
Feuerstern sah ihnen nach, dann versammelte er die übrigen Katzen mit einem Jaulen um sich. Moorkralle kehrte zu Riesenstern zurück, dem er mit der Schnauze auf die Pfoten half. Ihre Clans drängten sich hinter den Anführern des DonnerClans, des FlussClans und des SchattenClans zusammen und folgten ihnen den Abhang zum See hinunter.
»Was ist los?«, wollte Eichhornpfote wissen, die bemerkt hatte, dass sich Brombeerkralle nicht vom Fleck rührte. »Warum stehst du da wie ein verschrecktes Kaninchen?«
»Ich will ...« Brombeerkralle blickte sich um und entdeckte seine Schwester Bernsteinpelz, die in einiger Entfernung vorbeitrottete. Mit einer Kopfbewegung winkte er sie zu sich heran. »Ich finde, wir sollten gemeinsam da hinuntergehen«, erklärte er, als sich die Schildpattkatze zu ihnen gesellt hatte. »Alle Katzen, die zusammen auf der ersten Reise waren.«
Von den sechs Katzen, die vor vielen Monden auf der Suche nach einem neuen Zuhause den Wald verlassen hatten, waren vier übrig geblieben. Außer einer neuen Heimat für die vier Clans hatten sie auf jener Reise etwas sehr Kostbares gefunden: Ein starkes Band der Freundschaft war zwischen ihnen entstanden, härter als Stein und tiefer als die endlosen Wasser, die dort, wo die Dächsin Mitternacht lebte, gegen die Klippen schlugen.
Jetzt wollte Brombeerkralle noch ein letztes Mal zusammen mit seinen Freunden reisen, bevor sie sich trennen mussten, weil sie wieder allein ihren jeweiligen Clans verpflichtet sein würden.
Bernsteinpelz schnurrte zustimmend. Ein Blick in ihre grünen Augen sagte Brombeerkralle, dass sie genauso gut wie er wusste, dass sie bald wieder Rivalen sein mussten und sich möglicherweise beim nächsten Mal in einem Kampf gegenüberstehen würden. Der Trennungsschmerz machte ihm das Herz schwer. Mit seiner Nase berührte er die seiner Schwester und spürte, wie ihr warmer Atem über seine Schnurrhaare strich.
»Wo ist Krähenfeder?«, fragte sie.
Brombeerkralle sah auf und entdeckte den jungen WindClan-Krieger, der wenige Schwanzlängen entfernt vorsichtig neben Riesenstern hertrottete. Der Anführer des WindClans war so erschöpft, dass er kaum eine Pfote vor die andere setzen konnte; sein langer Schwanz schleifte am Boden und er lehnte schwer an dem braun gescheckten Kater Kurzbart. Der WindClan-Heiler Rindengesicht lief mit besorgter Miene dicht hinter ihnen.
»He, Krähenfeder!«, rief Eichhornpfote.
Der WindClan-Kater kam angesprungen. »Was willst du?«
Brombeerkralle ignorierte seinen unfreundlichen Ton. Krähenfeder konnte einem mit seiner scharfen Zunge die Ohren abschneiden, aber wenn Gefahr drohte, würde er bis zum letzten Atemzug kämpfen, um seine Freunde zu verteidigen.
»Lauf mit uns zusammen zum See hinunter«, bat er. »Lass uns unsere Reise so beenden, wie wir sie begonnen haben – gemeinsam.«
Krähenfeder senkte den Kopf. »Wozu denn?«, flüsterte er. »Wir werden nie wieder zusammen sein. Sturmpelz lebt jetzt in den Bergen und Federschweif ist tot.«
Brombeerkralle strich dem jungen Krieger sacht mit seinem Schwanz über die Schulter. Er teilte seine Trauer um die schöne FlussClan-Kätzin, die ihr Leben gegeben hatte, um Krähenfeder und die Stammeskatzen vor der schrecklichen Bergkatze Scharfzahn zu retten. Federschweifs Bruder Sturmpelz war anschließend aus Liebe zu der Beutejägerin Bach beim Stamm des eilenden Wassers geblieben. Brombeerkralle vermisste ihn schmerzlich, wusste aber, dass sein Schmerz nichts war im Vergleich mit den Qualen, die Krähenfeder wegen ihres Todes litt.
»Federschweif ist jetzt bei uns«, sagte Eichhornpfote, die sich zu ihnen gesellt hatte. Ihr fester Glaube leuchtete aus ihren Augen. »Wenn du das nicht weißt, bist du noch mäusehirniger, als ich dachte. Und Sturmpelz werden wir wiedersehen, da bin ich sicher. Hier sind wir viel näher an den Bergen als im Wald.«
Krähenfeder seufzte schwer. »Also gut«, miaute er. »Gehen wir.«
Die meisten Katzen waren bereits an ihnen vorbeigezogen, bewegten sich vorsichtig in dem unbekannten Territorium und blieben weiterhin so dicht beieinander, wie sie es während ihrer langen und gefährlichen Reise bis hierher getan hatten. Etwas weiter vorn sah Brombeerkralle Mottenflügel, die Heilerin des FlussClans, neben einer Gruppe von Schülern aller vier Clans laufen. Am äußersten Ende eines Ginstergebüschs fiel das Gelände ab bis in eine grasbewachsene Senke. Mohnblüte, eine SchattenClan-Königin, hatte Mühe, ihre Jungen den steilen Abhang hinunterzuführen, weshalb Wolkenschweif und Lichtherz ihr zu Hilfe eilten und je ein Junges im Genick packten. Etwas weiter unten strich Zedernherz, ein grauer SchattenClan-Krieger, am Rand eines Dornengestrüpps entlang. Seine Augen huschten wachsam hin und her, um nach Füchsen und Dachsen Ausschau zu halten, die auf leichte Beute aus sein mochten.
Wenn Brombeerkralle all diese Katzen nicht schon sein Leben lang gekannt hätte, hätte er unmöglich einen Clan vom anderen unterscheiden können. Sie liefen Seite an Seite und halfen sich gegenseitig. Traurig fragte er sich, wie lange es dauern mochte, bis sie wieder getrennt wurden, und wie schmerzlich diese Trennung ausfallen würde.
»Komm jetzt, Brombeerkralle, oder sollen wir hier für dich ein Nest bauen?«, rief Eichhornpfote ungehalten und riss ihn aus seinen Gedanken. Also machte er sich an den Abstieg, wobei er viele Pausen einlegte, um die Nachtluft zu prüfen. Am stärksten roch es nach Katzen, aber darunter entdeckte er auch den Geruch von Mäusen, Wühlern und Kaninchen. Er konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt etwas gegessen hatte. Die Anführer würden ihnen doch hoffentlich bald erlauben, auf die Jagd zu gehen?
Während er noch von dem köstlichen Geschmack einer Frischbeute träumte, schreckte ihn ein Fauchen von Bernsteinpelz auf, die wenige Schwanzlängen vor ihm lief. »Seht euch das an«, knurrte die SchattenClan-Kriegerin und deutete mit dem Schwanz nach vorn.
Brombeerkralle spitzte die Ohren, als er das feine Gitter eines Zweibeinerzauns wie ein riesiges Spinnennetz im fahlen Morgenlicht schimmern sah. Zwei oder drei weitere Katzen waren ebenfalls stehen geblieben und starrten in die gleiche Richtung.
»Wusste ich doch, dass wir früher oder später auf Zweibeiner stoßen würden!«, miaute Eichhornpfote und peitschte angewidert mit dem Schwanz.
Brombeerkralle prüfte noch einmal die Luft. Er roch Zweibeiner, aber der Geruch war verblasst und schal. Es gab noch einen Geruch, nicht ganz so vertraut, und er musste sich konzentrieren, bis ihm einfiel, was es war.
»Pferde«, bestätigte Krähenfeder seine Vermutung. »Da drüben ist eins.«
Er deutete mit dem Schwanz auf eine große, dunkle Gestalt, die hinter dem Zaun in einiger Entfernung zwischen ein paar Bäumen stand, und Brombeerkralle glaubte ein zweites danebenstehen zu sehen, aber es war zwischen den Schatten der Zweige nicht gut zu erkennen.
»Was sind Pferde?«, miaute Weißpfote besorgt, während sie durch das Zaungewebe spähte.
»Nichts, worüber du dir Sorgen machen solltest«, versicherte ihr Fetzohr vom WindClan und berührte die Schulter der Schülerin mit der Schwanzspitze. »Sie sind manchmal durch unser Territorium gerannt, mit Zweibeinern auf ihren Rücken.«
Weißpfote blinzelte ungläubig.
»Auf unserer Reise zum Wassernest der Sonne haben wir auch welche gesehen«, fügte Brombeerkralle hinzu. »Sie haben uns überhaupt nicht beachtet, als wir ihr Feld überquerten. Vor den Zweibeinern, die sich um sie kümmern, müssen wir uns mehr in Acht nehmen.«
»Ich kann keine Zweibeinernester entdecken«, erklärte Bernsteinpelz. »Vielleicht sorgen diese Pferdedinger für sich selbst.«
»Hoffen wir, dass es so ist«, miaute Brombeerkralle. »Pferde allein sollten uns nichts ausmachen.«
»Solange wir uns von ihren klobigen Pfoten fernhalten«, ergänzte Eichhornpfote.
Die Katzen folgten dem Zweibeinerzaun, bis sie an ein Waldstück kamen, wo sich die übrigen Katzen versammelt hatten. Brombeerkralle sah sich um und entdeckte Rußpelz, die Heilerin des DonnerClans, mit ihrer Schülerin Blattpfote, Eichhornpfotes Schwester.
»Was ist los?«, wollte Eichhornpfote wissen. »Warum halten wir hier?«
»Die Patrouille, die von den Anführern losgeschickt wurde, ist zurück«, erklärte Rußpelz.
Ihrem Blick folgend sah Brombeerkralle die Anführer der vier Clans und den Zweiten Anführer des WindClans, Moorkralle, neben einem Baumstumpf dicht beieinanderstehen. Nebelfuß und Rostfell, die vorausgeschickt worden waren, standen bei ihnen. Die übrigen Katzen waren auf dem kurzen weichen Gras niedergesunken, dankbar für die Pause.
Gemeinsam mit seinen Reisegefährten bahnte sich Brombeerkralle einen Weg durch die Katzen, bis sie nahe genug waren, um zu hören, was die Anführer besprachen.
Nebelfuß erstattete gerade Bericht: »Am See ist der Boden sehr sumpfig. Es hat keinen Sinn, vor Tagesanbruch weiterzugehen. Wir wollen keine Katzen im Morast verlieren.«
»Der SchattenClan ist nassen Grund unter den Pfoten gewöhnt«, erinnerte sie Schwarzkralle, bevor einer der Anführer etwas sagen konnte. »Wir werden trotzdem bei euch bleiben, wenn ihr wollt.« Der spitze Unterton in seiner Stimme sollte vermutlich andeuten, dass ihnen der SchattenClan einen großen Gefallen tun würde, wenn er nicht vorauslief, um die Gegend zu erkunden.
Brombeerkralle kniff die Augen zusammen. Für seinen Geschmack fingen die Clans zu früh mit ihrem Streit um territoriale Grenzen an. Er hatte sich daran gewöhnt, alle vier Clans um sich zu haben und die Differenzen zu ignorieren, die sie mehr Monde, als sich irgendeine Katze vorstellen konnte, gegeneinander aufgebracht hatte. Außerdem fürchtete er, dass einige Katzen schwächer und erschöpfter waren als andere, weshalb Zusammenstöße mehr Schaden anrichten mochten, als sie gebrauchen konnten.
Er hoffte, dass die Anführer entscheiden würden, den Rest der Nacht an Ort und Stelle zu bleiben. Die Berge waren immer noch nah genug, um den scharfen Wind abzuhalten, und die Bäume boten zusätzlichen Schutz. Aus den Schatten wehte ein kräftiger Beutegeruch, der ihm die Jagdlust in die Pfoten trieb.
»Ich denke, wir sollten hierbleiben«, miaute Feuerstern zu Brombeerkralles Erleichterung. »Wir brauchen alle eine Pause und am See ist es anscheinend ziemlich ungemütlich.«
Leopardenstern murmelte Zustimmung. Feuerstern hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als Riesenstern zusammenbrach und keuchend liegen blieb; er konnte offensichtlich keinen Pfotenschritt mehr weiter. Moorkralle trat zu ihm, beschnupperte ihn kurz und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
»Riesenstern sieht erschöpft aus«, flüsterte Brombeerkralle Krähenfeder zu. »Das ist sein letztes Leben, nicht wahr?«
Krähenfeder nickte ernst. »Jetzt, da wir angekommen sind, wird er es schaffen«, miaute er. Brombeerkralle vermutete, dass er damit vor allem sich selbst überzeugen wollte.
Schwarzstern sprang auf einen Baumstumpf. Der mächtige weiße Kater hielt den Schwanz steil aufgestellt, stemmte seine riesigen schwarzen Pfoten fest auf das raue Holz und jaulte energisch, worauf sich ihm die Gesichter sämtlicher Katzen zuwandten.
»Katzen aller Clans!«, rief er, als die letzten Nachzügler eingetroffen waren. »Wir haben den Ort gefunden, an den uns der SternenClan führen wollte, aber wir alle sind müde und hungrig. Wir werden hier unser Lager aufschlagen, bis wir uns ausgeruht haben.«
»Wer hat den denn gebeten, im Namen aller Anführer zu sprechen?«, murmelte Eichhornpfote. Ihre grünen Augen funkelten ungehalten, als Brombeerkralle, der einige SchattenClan-Krieger in Hörweite entdeckt hatte, ihr mit dem Schwanz über die Nase fuhr, um sie zum Schweigen zu bringen.
»Wie steht’s mit Frischbeute?«, rief eine Katze aus den hinteren Reihen.
»Wir warten bis Sonnenaufgang«, antwortete Schwarzstern. »Dann ist genug Beute für alle unterwegs.«
»In der Zwischenzeit sollten wir Wachen einteilen«, fügte Feuerstern hinzu und sprang ebenfalls auf den Stumpf, sodass Schwarzstern zurücktreten musste. »Die Zweiten Anführer suchen jeweils zwei oder drei Krieger, die noch eine Weile wach bleiben können. Wir wollen nicht von Füchsen aufgespürt werden, während wir schlafen.«
Moorkralle, der anscheinend für den WindClan sprach, solange Riesenstern zu schwach war, miaute seine Zustimmung, gefolgt von Leopardenstern, der Anführerin des FlussClans. Die kurze Versammlung löste sich auf und die Katzen machten sich auf die Suche nach Schlafplätzen. Rindengesicht half Riesenstern auf die Pfoten und manövrierte ihn zu einem hohen Grasbüschel, wo der gebrechliche WindClan-Anführer von der Nase bis zur Schwanzspitze zitternd wieder zusammensank. Kurzbart ließ sich dicht an seiner Seite nieder und begann, ihm fürsorglich das Fell zu lecken.
»Ich schätze, ich werde gebraucht«, miaute Krähenfeder und sprang zu den übrigen WindClan-Katzen.
Bernsteinpelz verabschiedete sich Nase an Nase von ihrem Bruder. »Ich sollte mich bei Rostfell melden«, miaute sie. »Bis später, Brombeerkralle.« Sie machte kehrt und gesellte sich zu ihren Clangefährten, die sich um die Zweite Anführerin des SchattenClans versammelt hatten.
Brombeerkralle überlegte, ob er sich freiwillig für die Wache melden sollte. Er war zwar erst vor knapp vier Blattwechseln zum Krieger ernannt worden, aber der DonnerClan brauchte jede Katze, um die Mitglieder des Clans zu ernähren und zu schützen – vor allem, seit sie ihren Zweiten Anführer kurz vor ihrer Abreise aus dem Wald verloren hatten. Schaudernd erinnerte sich Brombeerkralle, wie Graustreif von Zweibeinern gefangen und in einem Zweibeinermonster entführt worden war. Er warf einen Blick auf Feuerstern, der Eichhornpfote und Farnpelz Anweisungen erteilte. Hier wurde er anscheinend gerade nicht gebraucht, also sah er sich um, ob er irgendwo anders nützlich sein konnte.
Borkenpelz stand unter einem Baum, zusammen mit seiner Partnerin Rauchfell und ihrem Sohn Birkenjunges, dem einzigen Jungen ihres letzten Wurfs, das den Beutemangel im Wald überlebt hatte. Rauchfell beugte sich über Langschweif, der im Gras lag, und beschnüffelte ihn ängstlich. Langschweif war nur wenige Blattwechsel älter als Borkenpelz, hatte sich aber zu den Ältesten begeben müssen, als er sein Augenlicht verlor. Für ihn war die Reise besonders mühsam gewesen. Goldblüte, Brombeerkralles Mutter, lag dicht an seiner Flanke auf der anderen Seite. Sie war die älteste Königin des DonnerClans, und Brombeerkralle bemerkte traurig, dass sie zu erschöpft wirkte, um irgendetwas zu tun, außer Langschweif mit ihrem Pelz zu wärmen.
Borkenpelz stupste den Krieger mit dem blassen Pelz an die Schulter. »Komm schon, Langschweif«, miaute er. »Jetzt ist es nicht mehr weit.«
Als Eichhornpfote angesprungen kam, um zu helfen, entdeckte Brombeerkralle wenige Schwanzlängen entfernt eine geschützte Stelle, wo das Gelände hinter ein paar Baumstümpfen eine Senke bildete. Dichtes Gras wuchs dort und ein paar Büsche mit überhängenden Zweigen.
»Wie wäre es, wenn wir dort drüben ein Nest bauen?«, schlug er vor und deutete mit der Schwanzspitze auf die Mulde.
»Gute Idee«, miaute Borkenpelz. Wieder stieß er Langschweif mit der Nase an. »Ist schon gut, Langschweif. Du kannst schlafen, so lange du willst, wenn du erst mal auf einem geschützten Lager liegst.«
Langschweif rappelte sich auf die Pfoten. Eichhornpfote trat an seine Seite und legte ihm den Schwanz um den Hals, um ihn zu führen. Brombeerkralle bot Goldblüte seine Schulter zur Unterstützung, während Rauchfell Birkenjunges gut zuredete, ihnen zu folgen.
»Hoffentlich ist das auch der Ort, den wir suchen«, bemerkte Borkenpelz, als er sich nach den erschöpften Katzen umsah. »Uns allen fehlt die Kraft, um noch weiter zu reisen.«
Brombeerkralle sagte nichts dazu. Er wusste, dass Borkenpelz recht hatte – ob dies aber wirklich der Ort war, den der SternenClan für sie auserwählt hatte, konnte er nicht mit Gewissheit sagen. Er sah zu, wie die anderen zwischen die Zweige schlüpften und sich im trockenen Laub unter den Büschen niederließen. Blattpfote kam mit einem Maul voller Moos für die Nester angetrottet und erinnerte ihn an den ungebrochenen Glauben der Heiler-Schülerin, dass ihre Kriegerahnen mit ihnen gereist waren. Er wünschte, er könnte ihre Zuversicht teilen. Die ganze Zeit hatte er sich an den Gedanken geklammert, all ihre Probleme wären gelöst, sobald sie in ihrem neuen Territorium angekommen waren. Jetzt entmutigte ihn all das Fremde seiner Umgebung und zeigte ihm, dass sie erst ganz am Anfang standen.
Eichhornpfotes Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. »Borkenpelz, sollen wir für euch jagen?«
Ihr Mentor schnippte mit dem Schwanz. »Nein, wir jagen später alle zusammen. Sieh dich an, du schläfst fast auf den Pfoten ein. Geh mit Brombeerkralle und ruh dich aus.«
»In Ordnung.« Eichhornpfote riss das Maul zu einem riesigen Gähnen auf.
»Wie wäre es da unter dem Ginsterstrauch?« Brombeerkralle lief voraus zu einer Stelle, die er etwas weiter oben am Hang entdeckt hatte, und kroch unter die niedrigsten Zweige.
Eichhornpfote folgte ihm, rollte sich zu einem festen Ball zusammen und legte den Schwanz über die Nase. »Gute Nacht«, murmelte sie schläfrig.
Brombeerkralle kratzte das Laub unter dem Busch zusammen, bis er ein gemütliches Nest gebaut hatte. Dicht an Eichhornpfote gekuschelt atmete er ihren warmen, vertrauten Duft ein. Er war froh, dass sie noch kein richtiges Lager eingerichtet hatten, wo Krieger und Schüler ihre getrennten Baue haben würden. Eichhornpfote würde ihm beim Einschlafen neben sich fehlen, war sein letzter Gedanke. Dann trug ihn der Schlaf wie eine sanfte schwarze Woge davon.
Brombeerkralle träumte wirr und unheilvoll. Mitten in einem dichten Wald war er auf der Suche nach irgendwas, konnte sich aber nicht erinnern, was er suchte, und ganz gleich, welchen Weg er einschlug, alle Pfade endeten plötzlich in wirrem Gestrüpp oder einer Dornenhecke. Verzweifelt versuchte er, sich hindurchzukämpfen, aber ein Zweig stach ihn in die Seite.
»Wach auf, Brombeerkralle! Du hast ewig geschlafen. Wofür hältst du dich? Für einen Igel vielleicht?«
Brombeerkralle schlug die Augen auf und sah Eichhornpfote, die ihn mit der Vorderpfote anstieß. Wässrig gelbes Morgenlicht sickerte durch die Zweige des Ginsterstrauchs.
»Es ist Morgen«, fuhr Eichhornpfote fort. »Lass uns jagen gehen. Falls du deinen Blattleereschlaf unterbrechen kannst.«
Blinzelnd rappelte sich Brombeerkralle auf die Pfoten, schüttelte sich das Laub aus dem Pelz und folgte Eichhornpfote ins Freie.
Die Verwirrung seines Traums verflüchtigte sich, als ihm einfiel, wo er sich befand. Aber dann sah er sich seine Umgebung zum ersten Mal bei Tageslicht an, worauf ihn neue Furcht überkam. Er fragte sich, ob er sich in dieser weiten, ungemütlichen Gegend jemals zu Hause fühlen könnte.
Ein kalter Wind blies, wühlte das Wasser des Sees auf und pfiff durch das Schilf am Ufer. Die schimmernde graue Wasserfläche erstreckte sich vor Brombeerkralle fast bis zum Horizont. Über den Bergen, die an einer Seite aufragten, kündigte ein Leuchten den bevorstehenden Sonnenaufgang an. Hinter ihm, in der Richtung, aus der sie gekommen waren, erhoben sich die sanften Hügel einer kargen Moorlandschaft. Mittendrin wurde sie vom Zweibeinerzaun geteilt und im Dämmerlicht konnte er in der Ferne einige Zweibeinernester gerade noch erkennen. Er stieß einen schwachen Seufzer der Erleichterung aus. So kleine Nester konnten nicht allzu viele Zweibeiner beherbergen, und so weit weg würden sie den Clans kaum in die Quere kommen.
Weiter um den See herum, unterhalb der Berge, war ein Fleck, der wie graugrüner Nebel aussah. Brombeerkralle erkannte jedoch, dass es blattlose Äste waren, die sich am Ufer und die Anhöhe hinauf bis zum Gebirgskamm erstreckten. Sein Herz hüpfte bei dem Gedanken, dass er sich bald wieder unter Bäumen bewegen könnte, auch wenn sie noch so seltsam aussehen mochten.
Am äußersten Ende des Sees wurde der graue Fleck mit den Bäumen dunkler, und Brombeerkralle vermutete, dass hier Nadelbäume wuchsen, die auch mitten in der Blattleere immer noch grün waren. Sie verdeckten den Boden wie ein sich leicht kräuselnder Pelz, über den der Wind blies.
Das Leuchten am Horizont wurde zu hell, um länger hinschauen zu können. Die Sonne ging auf, die letzten Sterne verblassten und der Himmel darüber erstrahlte in einem klaren, blassen Blau.
»Zeit zum Jagen«, miaute Brombeerkralle Eichhornpfote zu, die neben ihm stand.
Als er sich nach Feuerstern oder einem der älteren Krieger umsah, musste er feststellen, dass die meisten Patrouillen bereits ausgeschickt worden waren. Sein Anführer trat gerade mit Leopardenstern, Schwarzstern und Moorkralle aus einem Ginstergebüsch in der Nähe. Die Anführer mussten eine Versammlung abgehalten haben, dachte Brombeerkralle, wobei er mit Besorgnis erkannte, dass Moorkralle immer noch an Riesensterns Stelle den WindClan vertrat.
»Ob Riesenstern wohl letzte Nacht zum SternenClan gegangen ist?«, flüsterte er, wobei sich sein Magen vor Kummer zu einem festen Klumpen zusammenzog.
Eichhornpfote schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht«, miaute sie. »Sie hätten sonst seinen Leichnam herausgetragen, damit ihm sein Clan die letzte Ehre erweisen kann.«
Brombeerkralle hoffte, dass sie recht hatte. Bevor er noch etwas sagen konnte, war Feuerstern auf den Baumstumpf gesprungen, von dem sich die Anführer gestern an die Clans gewandt hatten. Schwarzstern sprang neben ihn und Moorkralle kletterte von der anderen Seite hinauf. Der Platz auf der flachen Stumpffläche reichte kaum für alle drei Katzen aus, weshalb Leopardenstern gar nicht erst versuchte, sich zu ihnen zu stellen, und sich am Fuß auf einer krummen Wurzel niederließ.
»Wir brauchen einen neuen Ort für unsere Versammlungen«, bemerkte Eichhornpfote.
Feuersterns Jaulen, mit dem er die Clans zusammenrief, unterbrach sie. Gras- und Farnbüschel teilten sich und Zweige bewegten sich, als die Katzen ihre Schlafplätze verließen. Alle sahen abgemagert und erschöpft aus, leichte Beute für feindselige Kreaturen, und blickten nervös um sich, als ob sie hungrige Augen spüren könnten, die sich von allen Seiten in ihre Pelze brannten.
Brombeerkralle sprang die Böschung hinunter auf den Baumstumpf zu, Eichhornpfote folgte dicht hinter ihm. Auf halbem Weg nach unten entdeckte er Riesensterns schwarz-weiße Gestalt zusammengerollt im Gras, wo er sich in der vergangenen Nacht schlafen gelegt hatte. Der WindClan-Heiler Rindengesicht saß neben ihm und beschnüffelte beunruhigt sein Fell. Keine der beiden Katzen machte Anstalten, sich mit den Übrigen um den Stumpf zu versammeln. Riesenstern war unverkennbar zu schwach, um an der Versammlung teilzunehmen.
»Katzen aller Clans«, verkündete Feuerstern, als Brombeerkralle seine Gefährten erreicht hatte. »Heute müssen Entscheidungen gefällt und Pflichten erfüllt ...«
»Die Jagdpatrouillen werden sich sofort auf den Weg machen«, unterbrach Moorkralle und drängte Feuerstern beiseite. »Der WindClan wird die Berge übernehmen und der FlussClan kann im See Fische fangen. Der DonnerClan ...«
Sein Clangefährte Kurzbart sprang vor Wut fauchend auf die Pfoten. »Moorkralle, was soll das? Wie kommst du dazu, hier Befehle zu erteilen?«, fauchte er. »Als ich das letzte Mal nach Riesenstern gesehen habe, hat er immer noch den WindClan angeführt.«
»Das wird sich bald ändern.«
Brombeerkralle blinzelte vor Überraschung über die Kälte in der Stimme des Zweiten Anführers. Er hoffte, dass Riesenstern ihn nicht gehört hatte, reckte den Hals und stellte erleichtert fest, dass der alte Kater in seinem Nest fest weiterschlief.
»Eine Katze muss die Verantwortung übernehmen«, fuhr Moorkralle fort. »Oder willst du, dass die übrigen Clans das Territorium untereinander aufteilen und den WindClan übergehen?«
»Als ob wir das tun würden!«, miaute Eichhornpfote empört.
Kurzbart sah Moorkralle an, sein Fell sträubte sich und seine Augen sprühten Funken vor Wut. »Du solltest etwas mehr Respekt zeigen!«, fauchte er. »Riesenstern war schon Anführer dieses Clans, als du noch als Junges in der Kinderstube herumgemaunzt hast.«
»Jetzt bin ich kein Junges mehr«, konterte Moorkralle. »Ich bin der Zweite Anführer. Und Riesenstern hat nicht gerade viel getan, um uns aus dem Wald hinauszuführen.«
»Schluss jetzt.« Feuerstern brachte die beiden mit einer Schwanzgeste zum Schweigen. »Kurzbart, ich weiß, dass du dir wegen Riesenstern Sorgen machst. Aber Moorkralle tut nur seine Pflicht.«
»Er braucht sich nicht so aufzuspielen, als ob er schon Anführer wäre«, knurrte Kurzbart. Er setzte sich und blickte drohend von einer Seite zur anderen, damit ja keine Katze wagen würde, ihm zu widersprechen.
»Da hat Kurzbart recht«, wandte sich Feuerstern jetzt an Moorkralle. »Wenn ein Zweiter Anführer die Aufgaben eines Anführers übernehmen muss, ist das gar nicht so einfach – und zwar für alle Katzen des Clans.«
Moorkralle, der arrogant den Hals gereckt hatte, als Feuerstern für ihn einzuspringen schien, wurde wütend. Sein Kiefer klappte auf, aber bevor er etwas sagen konnte, wurde er von Schwarzstern daran gehindert.
»Falls der WindClan ein Problem mit der Führung hat, soll er das unter sich diskutieren. Wir verschwenden Zeit.«
Moorkralle fauchte wütend und wandte sich demonstrativ ab. Brombeerkralle fuhr die Krallen aus, sprungbereit, falls der Zweite Anführer des WindClans noch mehr Ärger machen wollte. Moorkralle gehörte zu den aggressivsten Katzen aller vier Clans und hatte weder Feuerstern noch den DonnerClan jemals gemocht. Brombeerkralle rechnete mit Schwierigkeiten, falls er Anführer des WindClans werden sollte, vor allem jetzt, wo die Clangrenzen noch nicht festgesetzt waren.
Feuersterns Stimme riss ihn aus seinen trüben Gedanken. »Ich möchte die Ankunft des DonnerClans an diesem Ort feiern, indem ich eine neue Kriegerin ernenne. Eichhornpfote, wo bist du?«
»Was? Ich!« Vor Überraschung piepste Eichhornpfote wie ein Junges. Sie sprang auf die Pfoten, spitzte die Ohren und ihr Schwanz ragte senkrecht in die Höhe.
»Ja, du.« Brombeerkralle sah Feuersterns Augen belustigt aufblitzen, als er seine Tochter zu sich winkte. »Der DonnerClan schuldet dir mehr, als ich in Worte fassen kann, für die Reise zum Wassernest der Sonne und deine Hilfe bei unserer Suche nach einem neuen Zuhause. Borkenpelz und ich sind uns einig: Wenn je eine Schülerin ihren Kriegernamen verdient hat, dann du.« Brombeerkralle streckte sich und tippte Eichhornpfote sanft mit der Nase ans Ohr. »Geh schon«, flüsterte er. »Feuerstern hat recht. Für alles, was du für den Clan getan hast, hast du die Ernennung zur Kriegerin längst verdient.«
Sie blinzelte ihn an, zu überwältigt, um etwas zu sagen, dann machte sie kehrt und bahnte sich ihren Weg zum Baumstumpf, wo Feuerstern auf sie wartete. Bevor sie dort angekommen war, trat Sandsturm, ihre Mutter, vor. Eichhornpfote blieb vor ihr stehen. Sandsturms Augen strahlten voller Stolz. Sanft fuhr sie ihrer Tochter ein paarmal mit der Zunge über das Fell, um es zu glätten. Blattpfote kam ebenfalls angesprungen, um ihrer Schwester liebevoll die Nase an die Flanke zu drücken.
Eichhornpfotes Mentor Borkenpelz trottete heran, um für den Rest der Strecke zum Baumstumpf die Führung zu übernehmen. Dann blieben Mentor und Schülerin nebeneinanderstehen und warteten darauf, dass Feuerstern das Wort ergriff.
Feuerstern sprang hinunter und blinzelte ermutigend, bevor er den Kopf hob, um sich an die Katzenversammlung zu wenden. »Zum ersten Mal spricht heute eine Katze diese Worte in unserem neuen Zuhause«, hob er an. »Ich, Feuerstern, Anführer des DonnerClans, rufe meine Kriegerahnen an und bitte sie, auf diese Schülerin herabzublicken. Sie hat hart gearbeitet, um eure edlen Gesetze zu erlernen. Der SternenClan möge sie als Kriegerin willkommen heißen.«
Da war ein intensives Leuchten in seinen Augen, und Brombeerkralle wusste, wie viel dieser Moment für Feuerstern bedeutete, für den DonnerClan, und auch für alle vier Clans, die von ihrem Heim in so weiter Ferne bis hierher gereist waren. Indem sie sich an den SternenClan wandten, um eine neue Kriegerin zu ernennen, machten sie sich diesen unbekannten Ort zu eigen. So viele Male hatten sie auf ihrer Reise gefürchtet, sie hätten ihre Kriegerahnen zurückgelassen, aber die Gewissheit, mit der Feuerstern jetzt seine Worte an sie richtete, ließ an ihrer Existenz so wenig Zweifel, als ob ihre strahlenden Seelen direkt über ihnen leuchten würden. Brombeerkralle kribbelte das Fell vor Schuldgefühlen, weil es ihm nicht gelang, wirklich zu glauben, dass der SternenClan mit ihnen gereist war. Und doch, sagte er sich, waren sie an einem Ort angekommen, der so aussah, als könne er für die Clans zu einem sicheren Zuhause werden. Vielleicht war das Vertrauen seines Anführers berechtigt. Er schüttelte den Kopf, um seine Sorgen zu zerstreuen, und lauschte der Kriegerzeremonie.
»Eichhornpfote«, sagte der DonnerClan-Anführer gerade, »versprichst du, das Gesetz der Krieger zu achten, deinen Clan zu schützen und ihn zu verteidigen, selbst wenn es dein Leben kostet?«
Eichhornpfote antwortete klar und deutlich: »Ich verspreche es.«
»Dann gebe ich dir mit der Kraft des SternenClans deinen Kriegernamen. Eichhornpfote, von nun an wirst du Eichhornschweif heißen. Der SternenClan ehrt deinen Mut und deine Entschlossenheit und wir heißen dich als vollwertige Kriegerin des DonnerClans willkommen.«
Feuerstern legte Eichhornschweif seine Schnauze auf den Kopf und sie leckte ihm respektvoll die Schulter. Entschlossenheit wurde nur selten bei der Ernennung eines Kriegers hervorgehoben. Bei Eichhornschweif zeigte sie sich manchmal als Dickköpfigkeit und hatte sie mehr als einmal in Schwierigkeiten gebracht. Brombeerkralle fragte sich, ob Vater und Tochter wohl noch wussten, wie oft sie sich gestritten hatten, wenn Eichhornschweifs wilde Unabhängigkeit zu Konflikten mit ihrem Anführer und dem Gesetz der Krieger geführt hatte. Aber dann, dachte Brombeerkralle, hatte es auf ihrer Reise so viele Momente gegeben, in denen sie mit ihrer Entschlossenheit und ihrem Optimismus all ihren Gefährten neue Zuversicht geschenkt hatte. Voller Stolz erinnerte er sich an ihren nimmermüden Glauben, dass sie das Ziel ihrer Reise am Ende doch erreichen würden.
Als sie sich von Feuerstern löste, kam Blattpfote angesprungen und begrüßte sie mit ihrem neuen Namen: »Eichhornschweif! Eichhornschweif!«