Inhalt

  1. Cover
  2. Über die Autorin
  3. Über die Illustratorin
  4. Titel
  5. Impressum
  6. Apfelhaus und Gurkenhut
  7. Das Fledermauslauschohr
  8. Familie Kuchenbrand
  9. Schattenspiele
  10. Hornissen, Wespen, Bienenschwärme …
  11. Zu Besuch im Hexenhaus
  12. Nebelgeister
  13. Eine elende Warterei
  14. Neue Freunde
  15. Ein Rezept zum Verlieben
  16. Tolle Torten
  17. Ein schlechter Verlierer
  18. Erste Hilfe
  19. Ein unseriöses Angebot
  20. Herr Kümmerling hält Wort
  21. Schreck in der Abendstunde
  22. Unheimliche Besucher
  23. Zauberhut und Hexenmeister
  24. Eine klitzekleine Erpressung
  25. Zur Zaubermühle
  26. Kürbiskopf und Lichterschimmer

Über die Autorin

Sabine Städing wurde 1965 in Hamburg geboren und hat sich schon als Kind gerne Geschichten ausgedacht. Nach ihren drei Büchern rund um die Hexe Magnolia hat sie jetzt das erste Abenteuer aufgeschrieben, dass die kleine Hexe Petronella Apfelmus zusammen mit ihren Freunden erlebt. Die Autorin sitzt schon an der Fortsetzung der Reihe.

Über die Illustratorin

SaBine Büchner, geboren 1964 in Wuppertal, arbeitete als Sozialpädagogin in einem Kinderheim, bevor sie Kommunikationsdesign in Wuppertal und Animation an der Hochschule für Film und Fernsehen in Babelsberg studierte. Sie hat zahlreiche Bücher illustriert und auch eigene Bilderbücher veröffentlicht. Ihre Arbeiten wurden bereits mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet.

Sabine Städing

Petronella Apfelmus

Verhext und festgeklebt

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Mit Illustrationen von
SaBine Büchner

BASTEI ENTERTAINMENT

Apfelhaus und Gurkenhut

Petronella Apfelmus traute ihren Augen nicht. Energisch nahm sie ihr goldenes Piratenfernrohr von ihrem linken Auge und polierte die Linse mit dem Zipfel ihres Ärmels.

»Unmöglich«, murmelte sie. Dann schaute sie noch einmal hindurch.

»Tatsächlich!« Da schlichen wahrhaftig fünf Gestalten durch ihren Garten und um die alte Mühle herum. Hatten die bei diesem Wetter nichts Besseres zu tun?

Der erste Herbststurm fegte über das Land, rüttelte an Türen und Fenstern, zauste die Blätter und fegte die ersten reifen Äpfel von den Bäumen.

Verbissen versuchte Petronella das Fernrohr ruhig zu halten, was bei diesem Sturm gar nicht so einfach war. Schon gar nicht, wenn man in einem schwankenden Apfel saß. Ungeduldig schnippte sie mit den Fingern, und augenblicklich hatte das Schaukeln ein Ende. Denn Petronella Apfelmus war eine Hexe.

Keine gewöhnliche Hexe, wie man sie in jedem Märchen oder in jeder Geisterbahn findet. Nein, Petronella Apfelmus war eine Baumhexe. Genauer gesagt, eine Apfelbaumhexe. Und wie es sich für eine Apfelbaumhexe gehört, lebte sie nicht in irgendeiner windschiefen Hütte oder einem angeknabberten Lebkuchenhaus, sondern ganz standesgemäß in einem Apfel. Ihr Apfelhaus hing hoch oben in einem prächtigen Apfelbaum, mitten in dem verwilderten Garten einer alten Mühle.

Seit Petronella den letzten Müller vergrault hatte, stand die Mühle still und das dazugehörige Müllerhaus leer. Petronella brauchte den Garten mit niemandem mehr zu teilen.

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Aber jetzt waren da plötzlich diese fünf Menschen. Drei große und zwei kleine.

»Lucius!«, rief sie nervös. »Lucius, wo steckst du? Verflixt, nie bist du da, wenn man dich braucht!«

»Na, na, wo brennt’s denn?« Verschlafen schob sich ein Hirschkäfer in Petronellas gute Stube.

»Es brennt nicht«, antwortete Petronella ungeduldig. »Aber da sind Menschen vor dem Müllerhaus.«

Umständlich drängte Lucius die Apfelhexe zur Seite und sah aus dem Fenster. »Warum nimmst du nicht ein anderes?«, murrte Petronella und rückte selbst einen Fensterplatz weiter. Jetzt war nicht die Zeit, mit Lucius zu streiten, denn das, was dort vor sich ging, bedeutete gewiss nichts Gutes. Angestrengt sah sie durch ihr Fernrohr.

»Den Mann im dunklen Anzug habe ich schon einmal gesehen«, sagte sie. »Damals, als Giesbert Mühlstein die Mühle verlassen hat, hat er ihm seinen Schlüssel gegeben.«

Jetzt schloss der Anzugmann mit einer großen Geste die Haustür zur Mühle auf und bat die anderen hinein.

»Den beiden kleinen Menschen ist kalt«, kommentierte Petronella weiter.

»Das sind Kinder.«

»Was?« Petronella sah Lucius ungeduldig an.

»Die kleinen Menschen sind Kinder«, erklärte er.

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»Ihnen ist aber trotzdem kalt«, sagte Petronella.

Die beiden Kinder hatten die Schultern zu den Ohren hochgezogen und standen fröstelnd im kalten Wind. Trotzdem schüttelte die Frau, die zu der Gruppe gehörte, den Kopf. Sie wollte das Müllerhaus nicht betreten.

»Sehr vernünftig, die Gute«, kommentierte Petronella weiter. Doch dann zog sie der zweite Mann einfach am Ärmel hinein, und die Kinder trotteten hinterher.

»Es scheint sich um eine Familie zu handeln«, gab Lucius seine Eindrücke wieder.

»Mir egal«, schnaubte Petronella und ließ das Haus nicht aus den Augen.

Zwei Minuten später flog die Haustür wieder auf, und die Frau stürmte hinaus. Ihr Mann und die beiden Kinder folgten mit hastigen Schritten. Ganz zuletzt verließ der Mann im dunklen Anzug das Müllerhaus. Er schloss sorgfältig ab und ging der Familie nach.

Mit einem Stirnrunzeln nahm Petronella das Fernrohr von ihrem Auge. Langsam fing sie an, sich wirklich Sorgen zu machen. Nur zu gut war ihr noch in Erinnerung, wie schwierig es gewesen war, Gisbert Mühlstein aus seiner Mühle zu vertreiben.

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»Was hältst du davon?«, fragte sie.

Lucius wackelte mit dem Kopf. Er hatte sich noch keine endgültige Meinung gebildet.

»Wir müssen auf jeden Fall verhindern, dass sie dort einziehen«, erklärte Petronella bestimmt.

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»Ich glaube, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Du weißt doch, in welch erbärmlichen Zustand das Müllerhaus ist. Wer würde dort schon freiwillig einziehen?« Schwerfällig verließ Lucius seinen Platz am Fenster.

»Vermutlich hast du recht. Trotzdem sollten wir uns das Haus noch einmal genauer ansehen. Ich will mich davon überzeugen, dass das Dach tatsächlich so löchrig ist, wie ich es in Erinnerung habe. Am besten wir drehen jetzt gleich eine Runde über die Mühle.« Entschlossen stand Petronella auf.

Ohne Lucius’ Antwort abzuwarten, legte sie sich ihren grünen Umhang um, zog ihren schwarzen Hexenhut über beide Ohren und trat aus der Haustür. Behände hüpfte sie auf den dicken Ast darunter. Ungeduldig wartete sie auf Lucius, der bei diesem Wetter absolut kein Verlangen verspürte, aus dem Haus zu gehen. »Nun komm schon, Lucius! Oder willst du, dass ich von der nächsten Windböe vom Baum gepustet werde?« Grummelnd trat der Käfer vor die Tür und ließ sich auf den Ast plumpsen, wo Petronella ihn bereits erwartete. »Flieg los, mein Guter!«, rief sie vergnügt, nachdem sie auf seinem Rücken Platz genommen hatte.

Lucius startete sein tiefstes Käfergebrumm, nahm kurz Anlauf und stürzte sich dann in die Tiefe. Das war nicht ungefährlich, und Petronella musste ungeheuer aufpassen, nicht von seinem Rücken zu rutschen. Dann zog Lucius wieder an, schoss fast senkrecht in die Höhe und umkreiste einmal die Baumkrone, bevor er Kurs auf das Müllerhaus nahm.

Das Dach war leider in einem besseren Zustand, als Petronella es in Erinnerung hatte. Hier und dort fehlte zwar ein Dachziegel, was jedoch nicht bedeutete, dass es automatisch auch hineinregnete. Da würde sie kräftig nachhelfen müssen, sollten die Besucher beschließen, in das alte Haus einzuziehen.

Nie und nimmer würde Petronella tatenlos zusehen, wie sich Menschen in der Mühle breitmachten. Menschen wie Gisbert Mühlstein und seine Frau. Menschen, die die alten Apfelbäume roden wollten, nur um einen freien Blick ins Tal zu bekommen. Menschen, die Rosen pflanzten, die nicht dufteten, und die ihren Rasen mit der Nagelschere schnitten. Menschen, die so viel Insektengift versprühten, dass nicht der kleinste Käfer überleben konnte. Kurz, Menschen, die ihre Gärten in seelenlose Schönheiten verwandelten.

Während Petronella noch ihren zornigen Gedanken nachhing, drehte Lucius eine letzte Runde über dem Dach der alten Mühle. »Hast du genug gesehen?«, rief er.

»Ja!«, schrie Petronella. »Und es ist schlimmer, als ich geglaubt habe. Das Dach ist dicht. Ich fürchte, ich muss Gurkenhut und seine Männer um Hilfe bitten. Bringst du mich hin?« Lucius nickte und nahm Kurs auf einen Apfelbaum, der am äußersten Ende des Gartens stand.

Gurkenhut war der älteste der Apfelmännchen. Er lebte, wie nicht anders zu erwarten, unter den Wurzeln eines mächtigen Apfelbaums. Und war, genau wie die anderen seiner Art, für die Hege und Pflege der Bäume zuständig. Niemand sonst erkannte so früh die Anzeichen von Kragenfäule oder Apfelschorf wie ein Apfelmännchen. Sie waren die Hirten der Obstbäume. Und ein Apfelbaum, in dessen Wurzeln sich ein Apfelmännchen eingenistet hatte, durfte sich über ein langes Leben bei bester Gesundheit freuen.

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Inzwischen war Lucius am Fuße des Apfelbaums gelandet und putzte seine mächtigen Fühler. Petronella rutschte umständlich von seinem Rücken und klopfte an eine kleine Tür, die hinter einer mächtigen Baumwurzel verborgen lag. Es dauerte eine Weile, dann wurde die Tür von einem kleinen braunen Männlein geöffnet, das wie ein dünnes Stöckchen mit Armen und Beinen aussah.

»Guten Abend, Gurkenhut«, begrüßte Petronella den kleinen Mann. »Ich hoffe, ich störe dich nicht bei einer wichtigen Arbeit?«

»Überhaupt nicht«, erwiderte Gurkenhut freundlich. »Ich freue mich, dass du mich bei solch einem Wetter besuchen kommst. Es ist genau die richtige Stimmung, um einander ein paar Schauergeschichten zu erzählen.« Gurkenhut liebte Schauergeschichten, aber nur, wenn er sich anschließend nicht auf den Heimweg machen musste und hinter seinem Besuch die Tür fest verschließen konnte. »Du kennst doch wieder eine richtig gruselige Schauergeschichte, oder?«

»Natürlich kenne ich eine neue gruselige Geschichte«, erwiderte Petronella. »Und die, die ich dir heute erzählen will, ist schauriger als alle, die ich dir bisher erzählt habe.«

Gurkenhut ließ sich behaglich in seinen Sessel plumpsen.

»Erzähl«, sagte er gespannt.

»Es waren heute Menschen in der Mühle!«, antwortete Petronella mit ernster Miene. Dann sagte sie nichts mehr.

»Und?«, fragte Gurkenhut. »Wurde einer von ihnen vom Mühlgeist verschlungen?«

»Unsinn«, erwiderte Petronella. »Sie waren da, um sich das Haus anzuschauen.«

»Und weiter?«, fragte Gurkenhut ungeduldig.

»Nichts«, gab Petronella zu und ließ sich in den Sessel neben Gurkenhut fallen. »Nach zwei Minuten haben sie die Mühle verlassen, als sei der Leibhaftige hinter ihnen her.«

»Ist das alles?« Nun klang Gurkenhut enttäuscht.

»Ja, verflixt noch mal, das ist alles!«, erwiderte Petronella gereizt. »Verstehst du nicht, was das bedeutet?«

Gurkenhut schüttelte den Kopf.

»Gisbert Mühlstein will das Haus vermieten. Über kurz oder lang werden dort wieder Menschen einziehen.« Petronella seufzte tief. »Ich darf das nicht zulassen. Und du und deine Männer, ihr müsst mir dabei helfen, sie zu vertreiben. Ihr kennt euch am besten mit dem Gebälk im Müllerhaus aus. Ihr wisst, wie man es in kürzester Zeit morsch werden lässt, ihr wisst, was getan werden muss, damit sich Fensterrahmen und Türen verziehen. Ihr könnt das Haus in kürzester Zeit krank machen.«

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Gurkenhut kratzte sich am Kopf. »Du hast recht, das können wir. Aber es ist gegen unsere Natur. Wir Apfelmännchen sind dazu da, Holz zu heilen und nicht, um es in kürzester Zeit zu zerstören. Trotzdem verspreche ich dir, dass du auf uns zählen kannst, wenn es sein muss.« Denn auch Gurkenhut erinnerte sich nur zu gut an den letzten Müller. »Ich werde Karottenwams, Spargelzahn und den anderen von deiner Bitte berichten. Aber vielleicht kommt es gar nicht so schlimm, wie du befürchtest«, fuhr Gurkenhut fort.

»Ich wünschte, du hättest recht«, sagte Petronella und erhob sich aus ihrem Sessel.

»Was?!«, rief Gurkenhut da erstaunt. »Du willst schon gehen? Ist das dein Ernst? Nicht die allerkleinste gruselige Geschichte?«

Petronella seufzte und ließ sich zurück in den Sessel sinken.

»Also gut«, sagte sie. »Aber wirklich nur eine allerallerkleinste Geschichte.« Gurkenhut nickte.

»Ich weiß nicht, ob du sie schon kennst …«, fuhr Petronella fort und senkte die Stimme. »Aber sie geht so … In einem dunklen, dunklen Wald – da stand ein dunkles, dunkles Haus. In diesem dunklen, dunklen Haus – da war ein dunkler, dunkler Raum. In diesem dunklen, dunklen Raum – da stand ein dunkler, dunkler Tisch. Auf diesem dunklen, dunklen Tisch – da lag ein dunkles, dunkles Buch. In diesem dunklen, dunklen Buch – da stand mit dunkler, dunkler Schrift: ERSCHRICK DICH NICHT!!!« Die letzten Worte hatte Petronella gebrüllt und dabei mit der Hand auf den Tisch geschlagen. Gurkenhut, der bis dahin an ihren Lippen gehangen hatte, sprang vor Schreck aus seinem Sessel.

»Nein, Petronella!«, rief er und schnappte nach Luft. »Willst du mich umbringen? Ich hätte fast einen Herzschlag bekommen.«

Petronella grinste zufrieden. »Hast du nun genug von schaurigen Geschichten?«

»Für heute reicht’s«, gab Gurkenhut mürrisch zurück. »Obwohl … Ich werde diese Geschichte gleich meinen Männern erzählen. Bin gespannt, ob sie sich genauso erschrecken wie ich.« Ein listiges Lächeln huschte über sein Gesicht.

Petronella stand auf und ging zur Tür. Gurkenhut begleitete sie.

»Ich glaube, du machst aus einer Mücke einen Elefanten«, sagte er gutmütig zum Abschied. »Schließlich sind die Menschen weggerannt. Höchst unwahrscheinlich, dass sie wiederkommen, um im Müllerhaus einzuziehen.«

Aber da hatte sich Gurkenhut gründlich geirrt.

Das Fledermauslauschohr

Ein paar Tage später, als sich der Sturm verzogen und jede Menge Äpfel vom Baum gepustet hatte, stieg Petronella in den Garten hinab. Sie benutzte dafür eine eigens angefertigte magische Strickleiter, die sie mit jeder Sprosse, die sie hinunterkletterte, größer werden ließ. Unten angekommen, stand sie in normaler Hexengröße da.

Tief atmete sie den speziellen Duft nach feuchtem Gras und reifem Obst ein. Sie liebte den Garten, den sie dem Müller abgerungen hatte. Außer den Apfelmännchen ahnte niemand, welchen Schatz er beherbergte. Uralte Apfelsorten hatten hinter seinen Zäunen überlebt. Hier wuchsen Herbstprinz, Winterrenette oder der Altländer Pfannkuchenapfel.

In einem kleinen runden Wohnwagen, der versteckt hinter hohen Brombeerhecken stand, bewahrte Petronella ihre Gartengeräte auf. Ein langer, wackeliger Tisch und ein genauso wackeliger Stuhl erleichterten ihr die Arbeit im Garten.

Heute wollte sie das Fallobst, das der Sturm heruntergepustet hatte, zusammenharken. Petronella hatte gerade mit der Arbeit begonnen, als sie ein Geräusch hörte, das sie herumfahren ließ. Motorengeräusch!

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Hastig warf sie die Harke ins Gras und schaute vorsichtig hinter der dichten Brombeerhecke hervor. »Beim mächtigen Donnermann!« Ihre Ohren hatten sie nicht getäuscht. Ein Möbelwagen rollte auf den Hof und hielt schnaufend vor dem Müllerhaus. Die Türen öffneten sich und Menschen stiegen aus.

Zwei große und zwei kleine.

»Die Familie«, stöhnte Petronella in ihrem Versteck. »Ich hab’s gewusst! Und jetzt?« Aufgeregt trat sie von einem Fuß auf den anderen. Fast wäre sie dabei auf zwei Apfelmännchen getreten, die gerade dabei waren, einige abgeknickte Ranken der Brombeere zu verarzten.

Gurkenhut und Spargelzahn rettete nur ein beherzter Sprung hinter die Hecke.

»He, Petronella! Willst du uns in den Boden stampfen?!«

»Wa… Was?« Erschrocken fuhr die Hexe herum. »Gurkenhut, Spargelzahn! Habe ich euch verletzt!?«

»Gerade noch mal gut gegangen«, murrte Spargelzahn und klopfte sich die Hosen ab. »Weshalb springst du hier so herum?«

»Die Menschen sind da«, flüsterte Petronella aufgeregt.

Spargelzahn und Gurkenhut linsten nun ebenfalls hinter den Zweigen der Hecke hervor. »Vielleicht sind sie nur auf der Durchreise oder sie haben sich verfahren«, sagte Gurkenhut nach einer Weile.

»Auf der Durchreise? In einem Möbelwagen?«, wunderte sich Spargelzahn.

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Trotzdem schöpfte Petronella sofort Hoffnung. Vielleicht war die Familie tatsächlich nur auf der Durchreise oder hatte sich verfahren. Das würde sie natürlich gleich sehr viel sympathischer machen. Petronella spitzte die Ohren. Zu dumm, dass sie in ihrem Versteck nicht hören konnte, was dort gesprochen wurde. Sie musste näher an die Menschen heran. In einem günstigen Augenblick huschte sie hinter den dicken Stamm eines Apfelbaums. Stamm für Stamm pirschte sie sich so näher an den Möbelwagen heran.

Die ersten Worte, die Petronella dann vernahm, ließen ihre Hoffnungen wie Seifenblasen zerplatzen.

»Das Haus liegt am Arsch der Heide«, sagte der Junge und kickte mit dem Fuß gegen einen Kieselstein. »Ich will hier nicht wohnen! Um zum Fußballtraining zu kommen, muss ich erst eine halbe Stunde mit dem Bus fahren.« Das Mädchen, das genauso groß war wie der Junge, sagte nichts.

»Nun komm schon Luis, ich dachte die Sache wäre geklärt.« Sein Vater strich ihm über den Kopf. »So schlimm ist es hier nun auch wieder nicht. Schnapp dir einen Karton und trag ihn hinein. Ein anderes Haus können wir uns nun mal nicht leisten.« Wortlos griffen sich beide Kinder einen Umzugskarton und trugen ihn ins Haus. Kurz darauf hörte man einen Schrei. »Iiiiii!« Das Mädchen stürzte aus der Haustür. »In meinem Zimmer sitzen fünf soooo fette Spinnen.« Ihre Hände zeigten ungefähr die Größe eines Schuhkartons. »Ich geh da auf keinen Fall wieder rein!«

»Stell dich nicht so an, Lea«, sagte ihre Mutter und schob den Karton, den sie gerade in den Händen hielt, zurück in den Umzugswagen. »Komm, wir sehen zusammen nach!« Gemeinsam gingen sie ins Haus.

Kurz darauf folgte ein zweiter Schrei. »Paul, Paul, komm schnell! In Leas Zimmer sitzen wirklich fünf riesige Biester. Du musst sie einfangen und raussetzen!«