Der König der Eifel
Vom Autor bisher bei KBV erschienen:
Mords-Eifel (Hg.)
Der letzte Agent
Requiem für einen Henker
Der Bär
Tatort Eifel (Hg.)
Mond über der Eifel
Der Monat vor dem Mord
Tatort Eifel 2 (Hg.)
Die Nürburg-Papiere
Die Eifel-Connection
Eifel-Bullen
Eifel-Krieg
Jacques Berndorf ist das Pseudonym des 1936 in Duisburg geborenen Journalisten, Sachbuch- und Romanautors Michael Preute.
Sein erster Eifel-Krimi, Eifel-Blues, erschien 1989. In den Folgejahren entwickelte sich daraus eine deutschlandweit überaus populäre Romanserie mit Berndorfs Hauptfigur, dem Journalisten Siggi Baumeister. Dessen bislang jüngster Fall, Eifel-Krieg, erschien 2013 als Originalausgabe bei KBV.
Berndorf setzte mit seinen Romanen nicht nur die Eifel auf die bundesweite Krimi-Landkarte, er avancierte auch zum erfolgreichsten deutschen Kriminalschriftsteller mit mehrfacher Millionen-Auflage. Sein Roman Eifel-Schnee wurde im Jahr 2000 für das ZDF verfilmt. Drei Jahre später erhielt er vom »Syndikat«, der Vereinigung deutschsprachiger Krimi-Autoren, den »Ehren-Glauser« für sein Lebenswerk.
»Ein liebenswertes Paar« und »Wer liebt, geht über Leichen«
mit freundlicher Abdruckgenehmigung
Dörnersche Verlagsgesellschaft, Reinbek
Originalausgabe
© 2014 KBV Verlags- und Mediengesellschaft mbH, Hillesheim
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Fax: 0 65 93 - 998 96-20
Umschlagillustration: Ralf Kramp
Unter Verwendung von: © RalfenByte - www.fotolia.de
Print-ISBN 978-3-95441-198-6
E-Book-ISBN 978-3-95441-212-9
Döppekooche
Hoffnungen
Brief an eine ganz frische Witwe
Nie wieder Lippstadt
Brunkowski
Der König der Eifel
Minna, die Mumie
Saumord
Der Mann, der immer da war
Eine gute Stunde
Jonnys Coup
Heerdegens Rache zu Werl
Sie hieß Madeleine
Kischkewitz ahnt etwas
Die Sache mit Gitte
Alfred, der Angeber
Bernie
Der Nachbar
Kowalski
Jim, Jonny und Jonas
Wer liebt, geht über Leichen
Rache
Ein liebenswertes Paar
Der Gast von Zimmer 316
Opherdicker Totenlegung
Als die Nachricht kam, jemand habe die alte Theresia Mockenhoff erschlagen, steckte ich gerade knietief in einem doppelten Espresso bei Thea Greif im Kleinen Landcafé und freute mich des Lebens.
»Du wirst es nicht glauben«, röhrte Rodenstock, »aber jemand hat in Walsdorf die alte Mockenhoff erschlagen. Einfach so, am helllichten Morgen, vor ungefahr zwei Stunden. Wahrscheinlich mit einer alten Milchkanne. Wer macht sowas?«
»Wenn du eine Antwort kriegst, hast du den Mörder«, sagte ich nicht sonderlich interessiert. »Ist denn irgendetwas geklaut worden? Oder hat jemand ihr Bargeld erobert? Und gleich noch eine Frage: Wer, zum Teufel, war denn Theresia Mockenhoff?«
»Das war die mit dem ewig betrunkenen Sohn, du weißt schon: Stubbi, die Flasche.«
»Keine Ahnung. Es gibt eine Million Stubbis in der Eifel.«
»Du lebst auf einem anderen Stern. Jeder kennt die Geschichte. Emma ist gerade da und kümmert sich um die Tochter.«
»Und die Tochter ist fünfundsiebzig und weint herzzerreißend.«
»Du bist … du bist eine Nulpe, wenn man dir so zuhört.«
»Das macht mich so bezaubernd. Warum ist denn Emma dahingefahren?«
»Weil wir doch immer Kartoffeln von Theresia Mockenhoff kriegen«, antwortete er einfach.
»Noch einmal: Hat jemand irgendetwas geklaut? Ihr Bargeld erobert?«
»Nichts geklaut. Die alte Frau war in der alten, leeren Scheune. Warum, weiß kein Mensch. Dann ist jemand gekommen und hat sie erschlagen.«
»Warum rufst du mich an?«
»Fahr hin und sieh mal nach.«
»Rodenstock, das ist rücksichtslos, das ist Arbeit.«
»Tu was für deine Rente.«
»Ja, ja.«
Der Espresso war jetzt sowieso kalt, also zahlte ich und ging.
Der Tag war typisch für diesen Eifler Sommer. Eine Menge Wolken am Himmel, manchmal für Minuten die Sonne, immer ein kühler Wind, immer die Hoffnung, es könnte doch mal richtig warm werden.
Der Hof lag rechts von der Bundesstraße auf der Strecke von Hillesheim her, dicht oben am Abbaugebiet der Vulkanasche. Zu fragen brauchte ich nicht. Je näher der Tatort heranrückte, desto mehr Autos säumten die Straße, bis ich den Technikwagen der Mordkommission sah. Er war achtlos in die Einfahrt eines Feldweges gefahren worden, wahrscheinlich brauchte man ihn gar nicht.
Es war ein Trierer Einhaus. Alles unter einem Dach, in einer Front gebaut. Das Wohnhaus, in gleicher Flucht die große Scheune, irgendwo dazwischen die Stallungen, wahrscheinlich um 1870, hochgezogen aus massiven Feldsteinen, Mauern um die sechzig bis achtzig Zentimeter stark, kühl im Sommer, wärmend im Winter.
Der Leiter der Mordkommission, Kriminalrat Kischkewitz, stand neben dem Scheunentor und machte einen phlegmatischen, traurigen Eindruck.
»Du kommst umsonst«, sagte er. »Das Ding ist eigentlich nichts. Wahrscheinlich ist ein Penner vorbeigekommen, wollte ein Trinkgeld, wurde ausgeschimpft und hat wütend zugeschlagen.«
Die Limousine eines Bestatters kam herangefahren.
»Stimmt das mit der Milchkanne?«
»Das stimmt. Da standen zwei Kannen. Er hat die schwerere benutzt, er muss wütend gewesen sein. Die Dinger sind unhandlich und schwer. Emma ist auch da.«
»Und nichts gestohlen?«
»Nichts. Der Täter war nicht einmal im Wohnhaus. In der Küche lag ihr Geldbeutel auf dem Tisch, ziemlich gut gefüllt. Alles noch da.«
»Hat sie die Milchkanne gegen den Kopf gekriegt?«
»Hat sie. Mit ziemlicher Wucht. Sie wird nichts gespürt haben.«
Die Bestatter zogen eine Liege aus dem Fahrzeug und gingen damit in die Scheune.
»Ich mache eine Meldung«, sagte ich. »Wie hieß sie denn?«
»Theresia Mockenhoff«, sagte er, »geborene Jaax. Jahrgang 1936, Oktober, glaube ich. Verheiratet mit Theo Mockenhoff, Bauer. Zwei Töchter, ein Sohn. Die Töchter haben sich auch gekümmert. Sie hat den Mann vor acht Jahren verloren. Krebs. Eigentlich gehörte sie in ein Altenheim. Sie hatte Ausfälle, sie wusste nicht mehr, wie alt sie war und manchmal auch nicht mehr, wer sie war. Ihr Kreislauf, soviel ist sicher, war nicht mehr in Schuss. Als es ihr noch besser ging, galt sie als ein rüdes Weib. Immer die große freche Schnauze, immer feste druff.«
»Der Sohn. Er hatte einen Spitznamen. Was ist mit dem?«
»Stubbi, die Flasche. Lebt als Rentner in Daun. Den hat sie vom Hof gejagt. Das ging bis vors Gericht. Muss in den frühen Achtzigern gewesen sein. Der sollte den Hof weitermachen. Hat auch damit angefangen. Seine Familie hat hier gewohnt. Sie hatten drei Kinder. Stubbi fing an zu saufen, schlug seine Frau, drangsalierte die Kinder. Da hat sie den eigenen Sohn vom Hof gejagt und ihm das Haus verboten. Er hat daraufhin das Gericht angerufen. Die gaben der Mutter recht, der Mann kriegte die Auflage, mindestens dreißig Kilometer entfernt zu leben. Aus der Traum. Die Schwiegertochter hat irgendwann einen anderen Mann geheiratet und ist mit den Kindern an die Ahr gezogen. Seitdem lebte die alte Frau hier allein. In den letzten Jahren baute sie ab. Beginnende Demenz, hat ein Arzt gesagt. Sie ging seit Jahren nicht mehr zum Arzt, weil sie Angst hatte, er würde irgendeine Krankheit feststellen und sie in ein Heim einweisen. Ziemlich mühselig so ein Leben. Sie hatte kaum noch Kontakte, sie war aggressiv, ging auf Leute los, schimpfte rum. Ich nehme an, sie vereinsamte und kam damit nicht zurecht.«
»Und du glaubst an den zufällig vorbeikommenden Penner?«
»Findest du das unlogisch?«
»Ja, eigentlich schon. Ein Penner, das wissen wir genau, schaut sich vorher aufmerksam um. Er müsste also gewusst haben, dass die alte Frau allein hier lebte. Warum geht er dann nicht in das Haus und nimmt wenigstens das Geld mit?«
»Vielleicht hat er nach dem Ding mit der Milchkanne einen Schreck gekriegt und ist panisch geflüchtet.«
»Gibt es Fingerabdrücke?«
»Gibt es. Auf der Milchkanne. Aber unsere Computerliste zeigt keinen Treffer an. Da ist nichts.«
»Gab es irgendwelche Besonderheiten? War sie verschuldet?«
»Nichts bekannt. Sie hat vor vier Jahren drei Wiesen und einen Acker verkauft. An die Firma, die hier das Gestein abbaut. War ein gutes Geschäft, reichte noch für Jahre.«
»Vielleicht hatte sie Feinde?«
»Keine bekannt. Im Dorf weiß keiner was von irgendwelchen Feinden. Nur, dass sie früher ein rüdes Weib war und manchmal mit Prügeln gedroht hat, wenn ihr einer zu nahe kam. Aber deswegen schlägt niemand mit Milchkannen. Und sie war eine alte Frau.«
»Alte Frauen sind unberechenbar«, sagte ich. »Hatte sie denn eine Freundin hier im Dorf?«
»Weiß ich noch nicht, wird sich zeigen. Angeblich war sie mit der Frau des alten Bürgermeisters befreundet. Agnes Subier heißt die. Derselbe Jahrgang, also siebenundsiebzig Jahre alt.«
Die Bestatter trugen die Leiche aus der Scheune und ließen die Trage auf die Schienen gleiten. Dann fuhren sie davon. Das Land lag friedlich unter der Sonne.
»Tessa kommt gleich«; sagte Kischkewitz. »Sie ist die zuständige Staatsanwältin. Ich dachte, ihr habt telefoniert.«
»Haben wir nicht«, antwortete ich. »Ich fahr mal nach Hause und schreibe ein paar Zeilen.« Das klang peinlich, aber was sollte ich sonst sagen? Dass wir seit Wochen nicht mehr miteinander gesprochen hatten? Das ging Kischkewitz nichts an.
»Und wo finde ich diese Agnes Subier?«, fragte ich.
»Da vorne, der nächste Hof. Hundert Meter. Die hockten ihr Leben lang zusammen wie die Glucken«, antwortete er. »Dass sie nicht die Männer getauscht haben, ist ein Wunder.« Dann lachte er, als habe er einen Witz gemacht und setzte hinzu: »Aber vielleicht haben sie das ja auch.«
»Gibt es Fotos?«
»Ja, gibt es. Ganze Alben voll.«
»Dann sag Tessa bitte, dass ich zu Hause bin.«
»Das mache ich.«
Die Vogelbeeren färbten sich orange, Hahnenfuß machte die Wiesen gelb, im Süden über der Mosel türmten sich weiße und graue Gewitterwolken auf, an einem Waldrand rechts von mir stand eine Ricke mit ihrem Kitz und äste. Am Himmel waren zwei Milane, sie schrien hoch und dünn. Es war still.
Am hellen Tag. Mit einer Milchkanne.
Mein Kater Satchmo kam auf die Terrasse geschlichen, als sei das Leben eine Mühsal. Er sah mich, er maunzte kurz und hart und sprang dann auf die Bank neben mir. Dann drehte er sich ein paarmal auf einem Kissen, ehe es ihm passte und schloss die Augen.
»Du bist ein alter Mann«, sagte ich verächtlich. »Ein alter, fauler, bequemer Mann.«
Wie üblich antwortete er nicht. Bei derartigen Vorwürfen blinzelte er nicht einmal.
Ich rief Stephan Sartoris beim Trierischen Volksfreund an, und wir einigten uns auf hundertzwanzig Zeilen plus ein Foto der Toten. Wir einigten uns sogar auf die Titelzeile.
WER KANN BEI MYSTERIÖSEM VERBRECHEN HELFEN?
Ich telefonierte einige Male mit Menschen, die die Tote gekannt hatten, mit Leuten, die möglicherweise etwas wussten, mit der Polizei, die nach einem Unbekannten suchte, mit einem alten Mann aus Walsdorf, der sich an die Tote als junge Frau erinnern konnte und der vor Verwunderung und Furcht über diesen Tod mehrmals zu stottern begann. »Mit einer Milchkanne!«, sagte er erstaunt. »Das muss man sich mal vorstellen.«
Ich telefonierte auch noch einmal mit Kischkewitz, der mir sagte, dass der Pathologe zu dem Schluss gekommen sei, die Milchkanne sei mit großer Kraft gegen den Körper der Toten geschwungen worden und habe einen Halswirbel zertrümmert. »Irgendwie professionell!«, formulierte er.
Tessa kam nicht so einfach, Tessa rief gegen Abend an. Sie klang müde und erschöpft. »Ich bin hier. Kischkewitz sagte, du bist zu Hause.«
»Ja. Ich nehme an, du solltest vielleicht hier schlafen und nicht mehr nach Trier zurückfahren. Ich rücke dir auch nicht auf die Pelle.« Der letzte Satz war eine blöde Bemerkung.
Sie schwieg eine Weile, dann murmelte sie: »Ich komme vorbei.« Es klang dumpf.
Eine Weile später rollte sie auf meinen Hof, nahm eine Tasche aus dem Kofferraum und klingelte.
»Ich habe einen Kaffee«, sagte ich unsicher.
»Das ist gut«, sagte sie. Sie ließ die Tasche fallen und ging in das Wohnzimmer. Sie ließ sich auf ein Sofa fallen, streifte die Schuhe von den Füßen und zog die Beine unter den Körper.
»Ich war lange nicht mehr hier«, sagte sie. »Wie geht es dir?«
»So einigermaßen. Nichts Besonderes.«
Sie war noch immer der alte, schmale, sehr lebendige Kobold mit blitzenden Augen und sanften Bewegungen der Hände, noch immer das Energiebündel mit den rot gefärbten Haaren und den langen, rot lackierten Fingernägeln. Plötzlich fiel mir ein, dass es so lange noch nicht her war. Sechs Monate vielleicht, eine Ewigkeit.
»Hast du eine Freundin?«
»Nein, habe ich nicht. Wie geht es deinen Kindern?«
»Gut. Sie vertragen sich wieder mit meinem Ex, und das Leben fließt ruhig und gleichmäßig, alles in Ordnung.«
Ich holte ihr einen Becher Kaffee und setzte mich dann in den Sessel gegenüber. »Was glaubst du: Wer hat die alte Frau erschlagen?«
»Der große Unbekannte. Jemand kam vorbei, es passierte. Ein Streit um irgendetwas. Ein Penner war es nicht. Er ließ das Geld da und war nicht mal im Haus.«
»Aber was suchte sie in der Scheune?«, fragte ich.
»Da steht in einer Ecke ein alter Lanz-Schlepper. Eine Kostbarkeit. Steht da und verstaubt. Die Nachbarin sagt, sie wollte das Ding endlich verkaufen. Der stand schon da, als der Ehemann noch lebte. Vielleicht war jemand da, der ihn kaufen wollte?«
»Aber so jemand schlägt nicht mit einer Milchkanne zu. Was sollte er kosten?«
»Zwanzig ist gesagt worden. Die Dinger sind viel wert, der Markt ist wie leer gefegt Die Trecker-Treffen in der Eifel werden immer mehr zum Renner.«
»Hat sie den Schlepper denn zum Verkauf angeboten?«
»Hat sie nicht. Brauchte sie auch nicht. Sie hätte nur anzudeuten brauchen, dass sie vielleicht verkauft, und schon hätten die Freaks Schlange gestanden.«
»Kein Penner, kein Schlepper-Interessent. Wer also?«
»Ich weiß es nicht«, sagte sie und schloss die Augen. »Irgendjemand wird irgendwen gesehen haben. Morgen werden wir es wissen, vielleicht übermorgen. Ein Fremder geht dort nicht vorbei, ohne gesehen zu werden. Niemand geht dort vorbei, ohne dass irgendwer ihn sieht. Etwas Geduld.«
»Was passt denn zu der Milchkanne?«, fragte ich.
Sie schwieg eine Weile. »So etwas wie heftiger Ärger«, antwortete sie dann. »Plötzlicher, heftiger Ärger. Wut vielleicht.«
»Ich mache uns etwas zu essen«, schlug ich vor. »Du darfst dir was wünschen.«
»Bratkartoffeln«, schlug sie vor. »Bratkartoffeln aus rohen Kartoffeln. Mit Speck. Und einen Haufen Spiegeleier.«
»Nicht schon wieder«, sagte ich leise, nickte aber. »Kannst du haben.«
Es folgte eine Stunde heftiger Küchenarbeit, und als ich endlich Teller auftrug und meine Kostbarkeiten servieren wollte, war sie eingeschlafen und schnarchte leise. Man hat so seine Schwierigkeiten mit der arbeitenden Bevölkerung.
Der Duft der Kartoffeln, der Eier und des Specks weckten sie natürlich, und einen Augenblick lang sah sie aus wie ein kleines Mädchen, das sich morgens im Bett die Augen reibt.
»Es tut mir leid, dass ich nicht öfter angerufen oder mich gemeldet habe. Ich hätte auch häufiger nach Trier kommen sollen.«
Sie legte ihr Besteck sorgsam neben den Teller, sah mich an, deutete mit dem rechten Zeigefinger auf mich und sagte: »Baumeister, hör mir in Ruhe zu. Wir sind beide erwachsen, manchmal jedenfalls. Du hast nichts von dir hören lassen, du hast alle Kontakte erkalten lassen, du hast geschwiegen. Versuche nicht, das auf die Schnelle zu reparieren. Und ich schlafe hier nur, wenn ich das alte Bett im Dachgeschoss kriege. Ich schlafe allein. Damit das klar ist. Was ist los mit dir?«
»Ich weiß es nicht.«
»Aber ich weiß es. Du bist faul geworden, bequem. Du schläfst im Stehen ein. Du brauchst nicht mehr als das hier: Eifel, Bäume, Grün, manchmal einen Bach und irgendeine Kirchenglocke, die morgens und abends läutet. Das reicht dir. Siehst du eigentlich noch die Nachrichten? Weißt du, was da draußen los ist?«
»Es erreicht mich nicht mehr.«
»Das glaube ich. Schlaf weiter.« Sie stand auf, sie wischte sich den Mund mit der Serviette ab, sie nahm ihre Tasche. Sie sagte trocken: »Ich kenne den Weg« und verschwand die Treppe hinauf. Sie war sehr wütend.
Es wurde eine lange Nacht, weil ich nicht schlief, auf dem Rücken lag und gegen die Decke starrte. Sie hatte recht, und ich schämte mich.
Ich stand gegen sechs Uhr wieder auf und setzte einen Kaffee auf. Um sieben Uhr rief ich die Frau an, die wahrscheinlich als Einzige weiterhelfen konnte: Die Nachbarin Agnes Subier.
»Kann ich vorbeikommen, und wir gehen die Sache in Ruhe noch einmal durch?«
»Wenn Sie meinen«, sagte sie zögernd.
Ich schrieb einen Zettel für Tessa, dass der Kaffee fertig und alles andere im Kühlschrank zu finden war. Dann fuhr ich hinüber nach Walsdorf.
Agnes Subier hatte ein schönes, altes Gesicht, durchfurcht von einem langen Leben, mit erstaunlich hellen Augen und einem wohlgeordneten Schopf aus silbern schimmerndem Haar. Sie trug eine blassblaue Bluse über einer Jeans und spielte mit einer langen, dünnen, goldenen Kette, die sie um den Hals trug.
»Ich kann nur einen Kaffee anbieten. Sonst habe ich nichts im Haus«, sagte sie.
»Wasser aus dem Hahn wäre gut«, sagte ich. »Können Sie sich vorstellen, wer das getan haben könnte?«
»Kann ich nicht«, antwortete sie einfach und räumte ein Glas auf den Tisch. »Es ist ja so, dass wohl jemand vorbeigekommen ist. Vielleicht ein Streuner oder so was. Im Sommer gibt es das ja oft. Diese Leute ziehen durch, solange das Wetter warm ist.«
»Aber die Scheune. Wieso macht sie das Scheunentor auf? Da ist doch nichts.«
»Na ja, ein Träumerchen war sie schon immer.«
»Ein Träumerchen?«
»Ein Träumerchen. Hing alten Zeiten nach. Als der Karl noch lebte. Manchmal machte sie die Scheune auf und stand einfach da und guckte.«
»Was guckte sie?«
»Alte Zeiten. Sie sagte immer: Manchmal denke ich, ich mache das Scheunentor auf, und da steht Karl und fummelt an dem alten Schlepper rum. Das war natürlich Unsinn, aber so war sie nun mal. Karl hier, Karl da … Karl hat das gesagt … Karl hat das gemeint … Einmal hat es nachts schwer gestürmt und da steht sie plötzlich vor meinem Bett und sagt: Karl muss irgendwo sein. Ich habe ihn rufen hören.«
»Kann es auch sein, dass jemand den Schlepper kaufen wollte?«
»Ja, das kann sein. Das habe ich den Damen und Herren von der Polizei auch schon gesagt. Ist ja ein kostbares Ding, das alte Hündchen. Wer hätte das gedacht?« Bis jetzt hatte sie gestanden und sich auf dem Küchentisch abgestützt, jetzt setzte sie sich.
»War die Ehe der beiden gut?«
Sie sah mich erstaunt an. »Das will ich meinen. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Wieso? Was hat das mit dem zu tun, was da passiert ist?«
»Ich versuche einfach, mich da reinzudenken. Wieso geht sie am hellen Tag hin und macht die Scheune auf? In der Scheune ist nichts. Außer dem alten Schlepper.«
»Vielleicht hat sie Karl wieder rufen hören?«, fragte sie listig. Dann lächelte sie unvermittelt: »Die und ihr Karl. Gesponnen hat sie ja immer schon ein bisschen. Wenn Karl ein Furz quer saß, hat sie gleich die Nerven verloren und vom Krankenhaus geredet. Ich glaube, Karl war manchmal ganz verzweifelt mit ihr.«
»Hat er das jemals gesagt?«
Sie hatte ganz große Augen. »Oh nein, niemals. Karl doch nicht. Der sagte nie ein Wort gegen sie. Tut man ja auch nicht.«
»Und Ihr eigener Mann? Sagte der auch, Theresia wäre eine Träumerin?«
»Der hat sich für so was nicht interessiert. Der hat hier den Bürgermeister gemacht, jahrzehntelang, der war immer unterwegs von früh bis spät. Ich habe immer gesagt: Du kriegst nicht mal mit, wenn ich tot in der Küche liege.«
»Ist es jemals vorgekommen, dass Sie Theresia Mockenhoff erlebt haben, wie sie das Scheunentor aufgeschoben hat und einfach da stand und in die leere Scheune blickte?«
»Ja, sicher. Also zehn-, zwanzigmal ist das bestimmt passiert. Sie sprach ja auch immer mit Karl. Ganz laut. Nach seinem Tod, meine ich. Therese, habe ich gesagt, das kannst du doch nicht machen. Wenn jemand vorbeikommt und das hört. Das geht keinen was an, hat sie gesagt. Ich weiß nicht.«
»Sie war also ein phantasiebegabtes Mädchen«, sagte ich.
»Da kannste aber für!«, nickte sie.
»Sie steht also in der leeren Scheune, jemand kommt vorbei und schleudert ihr die Milchkanne gegen den Kopf. Das ist das, was wir wissen.«
»Tja, da kann ich nicht helfen.«
»War sie eine gute Mutter?«
»Ja, schon. Bisschen nervös, aber nervös war sie immer.«
»Hat sie gut gekocht und für alle gesorgt, und so? Mit den Kindern die Schulaufgaben gemacht?«
»Ach, du lieber Gott.« Agnes Subier ließ die Augen zur Küchendecke wandern.
»Was heißt das?«
»Sie konnte nicht kochen. Sie konnte überhaupt nicht kochen! Sie wusste gar nicht, wie das geht. Außer Butterkuchen.«
»Aber ihr Mann ist nicht verhungert, und die Kinder sind groß geworden.«
Sie saß da und starrte auf den Tisch und sagte trocken: »Dafür hatte sie mich.« Dann setzte sie hinzu: »Karl mochte vor allem Eintöpfe. Und Döppekooche.«
»Also waren Sie es, die für die Familie Mockenhoff gekocht hat?«
»Ja«, antwortete sie fest. »Mein Leben lang. Kartoffeln kochen kriegte sie vielleicht einigermaßen hin, harte Eier auch. Aber bei Gemüse konnte es schon mal passieren, dass sie reichlich Zucker nahm, und Fleisch hat sie grundsätzlich mit zu viel Pfeffer versaut. Bei allem, was sie probierte, musste ich würzen. Sie ist mit viel Essig an Erbsensuppe gegangen. Ich habe das dann immer wieder gerichtet. Und Karl wollte oft Döppekooche. Und zu Weihnachten Früchtebrot und solche Dinge. Und zu Ostern einen schönen Hefezopf.«
»Wie sah das in der Praxis aus?«
Sie stützte den Kopf in beide Hände. »Es war das reine Chaos. Ich hatte ja nun auch meine eigene Familie, und die wollte ja auch versorgt werden. Das war schwierig. Ich war dauernd unterwegs zu Therese und zurück. Aber Döppekooche musste für Karl einfach sein. Sonst ist das kein Leben, hat er immer gesagt. Also ein leichter Döppekooche im Frühling und im Sommer, im Herbst ein bisschen mehr Bauchspeck, dann im Winter mit Kabanossi in Scheiben geschnitten und Frühstücksspeck in dünnen Lagen. Naja, wenigstens Butterkuchen konnte sie. Einmal im Jahr. Zu Ostern.«
»Wie lange?«
»Na ja, gute fünfzig Jahre. Man muss sich ja helfen.«
»Ich nehme also an, sie macht die Scheune auf und steht einfach da und starrt in den leeren Raum. Dann kommt eine Erinnerung. Wahrscheinlich eine Erinnerung an Karl. Sie sagt also irgendetwas. Was könnte das gewesen sein?«
»Ich weiß nicht.«
»Doch, doch, das wissen Sie sehr genau. Was hat sie gesagt? Komm zum Essen, Karl! Irgendetwas in der Art?«
»Nein, nein!«
»Es war kein durchreisender Penner, es war kein Interessent für den Schlepper, es war wahrscheinlich Karl. Was hat sie gesagt?«
»Hör auf da, Karl«, hat sie gesagt. Sie spuckte das regelrecht aus. »Sie sagte: Hör auf, da rumzufummeln und komm rein. Und ich habe sie angefahren und habe gesagt: Hör du auf! Hör du doch endlich auf damit! Und sie hat gar nicht auf mich gehört und weiter zu ihrem Karl gesprochen, der gar nicht da war und hat gerufen: Komm rein, es gibt meinen wunderbaren Döppekooche.« Sie betonte die letzten Worte besonders und wiederholte sie gedehnt: »… meinen wunderbaren Döppekooche!«
Dann kam sehr leise und zurückhaltend: »Aber, dass sie fällt, wollte ich nicht.«
Ihre Finger strichen über die Tischkante, ihr Mund wurde zu einem schmalen Strich. In den Augenwinkeln glänzte es feucht. »Wollte ich nicht.«
Wir schwiegen eine Weile.
»Bei mir zu Hause ist eine gute Freundin. Sie sollten ihr das erzählen, dann ist es einfacher. Was halten Sie davon, wenn wir zu ihr fahren?«
»Aber ich wollte nicht, dass sie umfällt«, sagte sie noch einmal zaghaft.
»Das glaube ich Ihnen sogar«, sagte ich.
Während der kurzen Fahrt nach Brück saß sie sehr aufrecht neben mir und sah sich aufmerksam um. Als uns ein schwerer Truck entgegenkam, sagte sie: »Uii! Das war aber dicht!«
Mein Hof stand voller Autos, ich musste an der Straße parken. In meinem Wohnzimmer saßen mindestens sechs wildfremde Menschen beiderlei Geschlechts und diskutierten erregt miteinander.
Tessa sagte verlegen: »Das sind ein paar Kollegen von mir. Wir überlegen, wie wir am besten vorgehen.«
»Ich habe etwas für euch«, sagte ich. »Aber geht bitte gut mit ihr um.«
Sie war siebenundzwanzig, und ihre Mutter hatte erklärt: »Also, in deinem Alter noch streng Single zu sein, ist ziemlich riskant. Und du sagst, du würdest auch gern Kinder haben. Ja, nun, wo sind sie denn, die Kinder?«
»Sie werden schon kommen!«, versicherte Gerlinde. »Gut Ding will Weile haben, sagst du doch immer.« Und dazu lächelte sie versonnen und hatte ein ganz weiches Gesicht wie eine Madonna.
»Das sagst du so leichtfertig«, entgegnete ihre Mutter. »Aber nichts passiert. Und wenn ich an die armen Mauerblümchen hier im Dorf denke, wird mir ganz schlecht. Du hast ein eigenes Geschäft in Daun, du kriegst dieses Haus hier, du bist eine richtig gute Partie. Aber du schlägst allen ins Gesicht, die sich um dich bemühen. Neulich mit dem Gerd war es doch dasselbe. Erst rennt er dir die Bude ein, dann triffst du ihn drei-, viermal, dann kommt er nicht mehr. Wieso denn das, wenn er dich unbedingt haben wollte?«
»Na ja, eigentlich wollte er mir bloß unter den Rock fassen. Und das ist ja ein bisschen wenig, oder? Ich habe ihn zwei-, dreimal fassen lassen, und dann ging bei ihm schon die Post ab. Und ich lag da und hab die Sterne gezählt. Er ist einfach ein Arsch, verstehst du, er kann nicht denken, er hat überhaupt keine Fantasie, er ist ein völlig dummdreister, schief gewickelter Macho. Von der Sorte kann ich jeden Tag drei zum Frühstück haben. Aber so was heiratet man doch nicht.«
»Wie du redest!«
»Tja, Mama, so ist das heute. Diese Gesellschaft ist genauso dämlich, wie sie sich gibt. Und das ist auch in der Eifel so, oder hältst du das hier für den letzten Hort irdischer Intelligenz?«
Manchmal war sie wirklich geradezu bösartig. Ihr Vater bemerkte zuweilen: »Sie hat eine bösartige Schnauze!«
»Kindchen, Kindchen, wenn das nicht irgendwann mal schief geht.«
Das war jetzt die zweihundertsiebzigste Auflage desselben Themas, und Gerlinde konnte es nicht mehr hören.
Außerdem dachte sie an Thomas aus Hillesheim, und da war die quengelige Mutter nur im Weg. Thomas war das pralle Leben.
Gerlinde ging also in ihre Wohnung im ersten Stock und wählte das neue Dunkelblaue aus. Das würde Thomas hoffentlich den Atem nehmen und ihm ordentlich einheizen. Ich liebe diese Fetzen! dachte sie inbrünstig. Und ich liebe diese Fetzen umso mehr, als ich daran denken muss, wie er sich beim Anblick dieser Fetzen vorbereitet. Wow! Das Leben war im Augenblick ganz wunderbar.
Sie trafen sich auf dem schmalen Wirtschaftsweg zwischen Loogh und Stroheich. Thomas kam mit seinem rostigen Golf von Stroheich her, parkte in einem Waldweg und kam ganz langsam auf sie zu. Sie hatte das Cabrio in einem anderen Weg abgestellt, und sie sah unglaublich gut aus in der weißen Bluse, dem hellblauen geblümten Rock und den langen blonden Haaren.
Thomas dachte verwirrt: Sie wirkt wie ein Geschenk. Mein Gott, ist das eine heiße Type!
Dann sagte er mit ganz trockenem Mund: »Grüß dich!« Und weil sie nichts sagte, sondern ihn nur anstrahlte, setzte er hinzu: »Du siehst unglaublich gut aus! Wieso habe ich dich nicht früher kennengelernt?«
»Das weiß ich auch nicht«, murmelte sie. Er war wahrscheinlich über einen Meter achtzig groß, er war schlank, er hatte einen Dreitagebart, er hatte lange, empfindsame Hände, und sie wusste schon, wie diese Hände sich anfühlten. Und er roch gut, er roch ständig nach Mann. Zweimal hatte sie das schon erleben dürfen.
»Gehen wir ein bisschen?«, fragte sie.
»Oh ja, natürlich. Wohin? In den Wald? Oder da runter in die Wiesen?«
»In die Wiesen möchte ich gern«, sagte sie. »Sie sind nicht gemäht, sie sind voller wilder Blumen. Was hast du alles getrieben, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben?«
»Nichts Besonderes«, erwiderte er. »Halt gearbeitet, wie man das so macht. Von morgens früh bis spätabends. Dann geschlafen, weil ich kaputt war. Und ich habe verdammt oft an dich gedacht.«
»Das geht mir mit dir genauso«, sagte sie und hatte einen trockenen Mund.
Der Wiesenweg endete, weil er zugewuchert war. Es gab violette Blumen, dunkelrote, hellgelbe, blaue Glockenblumen, es gab die ganz dunkle Teufelskralle. Und es lag ein leichter Duft in der Luft von all den Herrlichkeiten.
»Was treibst du so, wenn du allein bist?« fragte sie.
»Tja, was treibe ich?«, wiederholte er. »Ich denke, ich bin ein ganz normaler Mensch. Mit all den Sehnsüchten und Träumen, die man so hat.«
»Was hat man denn für Sehnsüchte?«
»Na ja, den Glauben, dass du eines Tages das Glück erwischst. Kann ja sein, dass dir eine Frau über den Weg läuft, die genau das ist, wovon du die ganze Zeit geträumt hast. Und was hast du getan, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben?«
»Das kann ich dir genau sagen. Ich habe unanständig viel an dich gedacht. Jedenfalls in jeder freien Minute, die ich hatte.« Sie war stehen geblieben, hatte ihn festgehalten, sank leicht gegen ihn, krallte sich in seinem Hemd fest. »Du bist ein Scheißkerl, dass du mich so blockierst!« Sie hatte eine ganz helle Stimme, das letzte Mal hatte er diese Stimme ein Glockenläuten genannt.
»Ich bin eben ein cooler Zauberer«, sagte er tonlos.
Er zog sie langsam aus, sie sanken nebeneinander in das Gras. Und als sie in den blauen Fetzen unter ihm lag, sagte er ganz erstickt: »Diese paar Quadratzentimeter Dunkelblau machen mich ganz verrückt.«
»Dann zieh sie mir aus«, erwiderte sie. »Ich bin nämlich auch eine ganz coole Zauberin.«
Später, als sie erschöpft nebeneinanderlagen, fragte sie: »Magst du mir ein wenig von dir erzählen? Wo kommst du her? Aus Hillesheim bist du nicht, dann hätte ich dich schon eher getroffen.«
»Ich bin aus der Gegend von Münster«, sagte er. »Mein Vater hat eine Schweinezucht, und ich tauge nicht zum Schweinezüchter. Ich dachte, ich hätte dir das beim letzten Mal schon erzählt. Na ja, ich habe Elektroinstallateur gelernt. Und irgendwann kam ich in die Eifel und lebe jetzt hier. Es ist eine schöne Gegend, nicht so platt wie bei mir zu Hause.«
»Hast du eine Wohnung?«
»Ja, habe ich. Nicht viel Platz, aber genug für mich. Und nimm deine Hand da weg, sonst passiert was.«
»Ich möchte ja, dass etwas passiert.«
»Du bist eine hungrige Frau!«, sagte er lächelnd.
»Das bin ich. Und wenn du schon damit angefangen hast, mich zu küssen, dann bitte etwas mehr südwärts.«
»Die Himmelsrichtung kannst du bestimmen«, sagte er undeutlich.
Irgendwann fragte sie: »Ich weiß gar nicht, ob es mich interessiert, aber wie alt bist du?«
»Sechsundzwanzig«, sagte er. »Ein Jahr jünger als du. Stört dich das etwa?«
»Überhaupt nicht. Und was hast du so mit deinem Leben vor?«
»Das weiß ich nicht genau. Ich denke manchmal, ich bin ein Familientier. Und manchmal denke ich, ich sollte besser allein bleiben. Das ist unkomplizierter. Aber wenn ich dich so ansehe, dann ist mir das Glück begegnet. Also jedenfalls glaube ich nicht mehr an die Einsamkeit.« Er grinste, und sie zündete ihm eine Zigarette an.
»Hast du Lust, mich mal zu Hause zu besuchen?«
»Oh ja«, sagte er gedehnt. »So lange du mich nicht mit deinen Eltern verkuppelst, ist das eine verdammt gute Idee.«
»Ich habe ziemlich häufig gute Ideen«, sagte sie.
Sie trennten sich, als der Mond längst aufgegangen war und kein Baum mehr einen Schatten warf.
Mitte der Woche rief Gerlinde eine alte Freundin in Hillesheim an. Sie machte es kurz: »Bei euch da ist ein Typ zugezogen, Thomas heißt er. Sieht irre aus, ist Elektroinstallateur …«
»Ja, ja, ja, kenne ich. Sieht wirklich klasse aus. Mit diesem drei-Millimeter-Bart, mit dieser irren Stimme. So sanft und gleichzeitig knallhart. Da kannst du als Jungfrau lange dran rummachen.«
»Also so was!«, rügte Gerlinde. »Ich wollte nur wissen, wie der Typ so ankommt, was er drauf hat und so. Nichts Besonderes, wirklich nichts Besonderes.«
»Du klingst, als hättest du einen Engel getroffen. Okay, Engelchen, Schluss mit dem Schmus. Was willst du wissen?«
»Alles.«
»Okay. Ich ruf dich an.«
Sie rief am Freitag an, und die Botschaft, die sie brachte, war von ganz besonderem Reiz. Gerlinde schwieg, kommentierte das nicht, rief ihn stattdessen an und säuselte ganz sanft: »Hast du morgen schon was vor? Treffen wir uns bei mir?«
»Gut«, sagte er knapp. »Abends? Zwanzig Uhr?«
»Ja, ist recht«, sagte sie. »Ich freue mich!«
»Ich mich auch«, murmelte er sanft.
Er kam, er schellte im ersten Stock, sie war da, und sie sah bezaubernd aus.
»Das ist ja ein Riesenhof«, sagte er. »Milchkühe?«
»Ja«, nickte sie.
»Wie viele?«
»Zweihundertsechzig«, antwortete sie.
»Fantastisch!«, murmelte er.
»Warte, ich zeig dir den Betrieb.«
Sie schlenderten gemeinsam Händchen haltend durch die bäuerliche Welt, und Gerlinde zeigte ihm alles, was er wissen sollte und worauf sie so stolz war.
»Mein Vater hat das alles aufgebaut. Er ist der Mann meines Lebens, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Ja, natürlich verstehe ich das. Und eine Käserei habt ihr?«
»Ja, eine richtige gute Käserei. Die macht meine Mutter. Zweihundert Laibe pro Woche, jede Geschmacksrichtung. Alter Käse, neuer Käse, Käse mit grünem Pfeffer, Käse mit Bärlauch, sogar Käse mit Kümmel. Und sie wird richtig wohlhabend dabei.«
»Wie schön«, sagte er. »Drei Zugmaschinen, wieso drei?«
»Braucht man einfach. Von sechzig PS bis sechshundert. Es fehlt an nichts. Aber das musst du doch eigentlich als Sohn eines Schweinezüchters kennen.«
»Oh ja, natürlich. Bloß: dieser Maschinenpark ist ja fast unheimlich. Da wird man als Kerl ja richtig wieder kleiner Junge.«
»Wie schön!«, sagte sie. »Das hast du richtig hübsch gesagt.«
»Und diese Scheunen. Riesig. Und gleich drei davon.«
»Ja, die auf der rechten Seite ist ganz besonders alt. Und es ist meine Lieblingsscheune. Da habe ich als kleines Kind immer oben im Heu gesessen und mit Minka gespielt. Minka war meine Katze, alles meine Katzen hießen Minka. Es war so schön, es roch so schön. Und jetzt habe ich für die Scheunenspiele keine Zeit mehr. Weißt du, ich machte es so, dass ich von hinten an die Scheune ging. Da stand immer eine Leiter. Und ich dachte: Niemand weiß, wo ich bin, niemand sieht mich, niemand kann mir folgen. Aber meine Eltern wussten ganz genau, wo ich war. Sie hatten mir schließlich die Leiter da hingestellt. Guck mal da, das ist meine Leiter. Komm, wir steigen hoch, und ich zeige dir mein Traumreich.« Sie begann, die Leiter hochzusteigen, und er sah ihr nach, und er sah unter ihren Rock, und ihm wurde ganz schwindelig, bis er hinter ihr hochstieg.
Dann lagen sie im Heu, dann waren sie sehr gierig, dann ging es ihnen nicht schnell genug. Ihr Atem vermischte sich, und ihre Gier machte sie wild.
»Hey!«, sagte sie hell, als er in sie eindringen wollte. »Langsam, mein Lieber, nicht so hastig, mein Lieber, nimm Rücksicht auf eine alte Frau.«
»Ich bin ganz langsam und ganz vorsichtig, bis ich dir alles geben kann, was ich habe. Und alles soll dir gehören bis zum letzten Atemzug.«
»Nicht so dramatisch!«, sagte sie plötzlich mit einer ganz metallen klingenden, scharfen Stimme. »Ach, Thomaslein, du mein liebes Thomaslein. Elektroinstallateur, ja?«
»Ja?«, fragte er dagegen, und er hörte sich an, als habe er keine Zeit mehr.
»Du bist ein Hilfsarbeiter, nicht wahr? Und du bist arbeitslos, nicht wahr? Und du lebst auf Hartz vier, nicht wahr?«
»Häh?«, machte er, weil ihm nicht anderes einfiel.
»Hast du denn deiner Frau auch gesagt, wo du heute Abend bist? Hast du ihr von mir erzählt? Und von dem Spaß, den wir beide miteinander hatten?«
Er sagte nicht mehr »Häh!«, er sagte gar nichts mehr.
»Und du bist auch nicht aus dem Münsterland gekommen. Du kommst aus Wanne-Eickel, und du bist schon seit vier Jahren arbeitslos, und dein Vater ist auch kein Schweinezüchter. Der ist nicht einmal Bauer, der ist Maurer. Warum nutzt du Menschen so aus? Findest du nicht, dass du ein Schwein bist?«
Er sagte nichts mehr, er konnte nichts mehr sagen. Er atmete mühsam.
Sie setzte sich hin. Sie setzte sich so, dass er vor ihr auf dem Heu saß, und sie legte ihm beide Hände auf die Schultern. Sie wiegte ihn vor und zurück, und er ließ das mit sich geschehen, weil er vollkommen überrascht war.
Dann sagte sie hart und bösartig: »Und grüß mir bitte deine drei kleinen Kinder!«
Mit beiden Füßen stieß sie ihn mit aller Gewalt vorwärts, und er rutschte auf der Heubahn ganz schnell bis zur Kante, verschwand dann, stieß einen gar nicht mal lauten Schrei aus, bis es platschte.
Stille.
Als die Mordkommission eintraf, als Kischkewitz aus dem Auto stieg und stinksauer war, weil dieser unbekannte Tote nach allen Sorten von Scheiße roch und außerdem hoch oben am Fahnenmast aus Aluminium hing, stellte man sich im Dorf die Frage: Wer ist das? Warum hängt der da oben? Und warum stinkt der so gewaltig?
»Also, junge Frau«, murmelte Kischkewitz. »Wieso hängt der am Mast?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Gerlinde brav. »Ich habe den mal flüchtig getroffen, weil man hier in der Eifel schließlich jeden mal flüchtig trifft. Der muss jedenfalls – also meine Eltern und ich denken das so – in der Scheune da drüben vom Heuboden gefallen sein. Und – Platsch – genau in die alte Jauchegrube, die wir immer noch benutzen. Aber wie der dann aus der Scheiße an den Fahnenmast von Papa gekommen ist, weiß ich nicht, kann ich nicht sagen. Fragen Sie doch mal meine Mutter.«
Liebe gnädige Frau!
Verzeihen Sie diese etwas anbiedernde, altmodische Anrede, aber Sie werden gleich erstaunt begreifen, dass wir beide etwas gemeinsam haben, was eine vorsichtige Form von Vertraulichkeit durchaus möglich macht. Wir haben beide denselben Feind.
Ahnen Sie, wen ich meine? Wahrscheinlich ahnen Sie es. Es ist Ihr Ehemann, dieser Conrad-Ferdinand, dieses reiche, einflussreiche, immer nur CF genannte, unglaublich arrogante Monster.
Ich habe Sie beobachtet, als er zu Grabe getragen wurde. Sie sahen schön aus, fast überirdisch entrückt, ein alleingelassener Engel. Und: ein großes Kompliment an Ihren Schneider. Sie trugen eine Sonnenbrille, ein wahrscheinlich von Porsche-Design entworfenes Stück, dezent elegant, so wie ich es mag. Die fünfhundert Trauergäste auf dem Friedhof haben Ihnen Ihre Trauer geglaubt. Mit Sicherheit war ich der Einzige, der wusste, dass Sie absolut nicht traurig waren. Sie waren eher neugierig. Sie fragten sich: Wer, um Gotteswillen, hat ihn umgebracht?
Nun ja, um dieses Rätsel zunächst aus der Welt zu schaffen: Der Mörder bin ich! Wenn Sie bis hierher gelesen haben, werden Sie sich hinsetzen, meinen Brief wahrscheinlich in der rechten Hand halten und auf einen Ihrer kostbaren Teppiche starren. Sie werden sich fragen: Kenne ich ihn? Ich gebe Ihnen auch dazu sofort die Antwort: Ja, Sie kennen mich. Sie werden sich allerdings an mein Gesicht nicht erinnern, an meine Stimme auch nicht. Ich bin einer der vielen tausend Menschen, die Ihnen bei irgendeiner festlichen Angelegenheit vorgestellt wurden, und die Sie eine Sekunde später bereits vergessen hatten. Das wird so bleiben, gnädige Frau, wir werden uns nie kennenlernen.
Und noch etwas sei gleich zu Beginn dieser kleinen, vergnüglichen Beichte erwähnt: Mit der Frage, ob Sie den Mörder kennen, könnten sich Irrtümer einschleichen, denn möglicherweise bin ich eine Frau. Auch das werden Sie nie in Erfahrung bringen, denn ich lege als Mörder großen Wert auf professionelle Perfektion. Suchen Sie also nicht in Ihrem Gedächtnis, das ist eine unnötige Anstrengung. Lesen Sie weiter!
Es kann durchaus sein, dass Sie in Panik geraten, weil Sie nicht zu Unrecht begreifen werden, dass ich sehr wohl weiß, wie Sie Ihren Mann umbringen wollten. Sie dachten an Gift, Sie dachten an eine permanente Erhöhung der Dosierung, Sie dachten, er solle die letzte und tödliche Dosis im Urlaub auf Ihrer Finca auf Mallorca schlucken. Dann würde irgendein diensteifriger spanischer Arzt in Anbetracht einer beträchtlichen Honorarzahlung selbstverständlich auf plötzlichen Herztod erkennen, was angesichts des übertriebenen Arbeitseifers von CF durchaus glaubwürdig erscheinen musste. Gut geplant, gnädige Frau, und durchaus sicher, denn die spanische Art, Todesbescheinigungen auszustellen, ist nahezu grenzenlos naiv. Und kein Staatsanwalt im Bereich Ihres Wohnortes hätte den Totenschein angezweifelt. Sie werden erstaunt sein und sich fragen, woher ich das mit dem Gift denn weiß. Nun, das ist leicht aufgeklärt. Sie verwenden zur Pflege Ihrer Rosen ein bestimmtes, leichtfertig hoch dosiertes Mittel, und ich war Zeuge, wie Sie es kauften. Zwölf Liter, genug, um eine Kleinstadt auszurotten. Ganz richtig, ich habe Sie eine Weile begleitet, und Sie haben mich nicht bemerkt. Selbstverständlich ist die Staatsanwaltschaft bei der Obduktion der Leichenteile Ihres lieben Verblichenen auf Spuren des Giftes gestoßen, wollte aber kein Aufsehen darum machen, weil er nun ohnehin sehr gründlich getötet worden ist.
Es ist, das müssen Sie mir zugestehen, im Grunde schon sehr erheiternd, dass zwei Menschen zum exakt gleichen Zeitpunkt daran gedacht haben, CF zu töten. Wettlauf der Mörder gewissermaßen. Ich konnte nicht zulassen, dass Sie den Wettlauf gewinnen. Ich wollte es sein, der CF in das große Nirwana schickt. Und ich habe es perfekt in Szene gesetzt, wobei es Ihnen unappetitlich vorkommen mag, dass ich seine Leiche zerstückelte. Aber natürlich steckt dahinter der einfache Gedanke, die Staatsanwaltschaft in die Irre zu führen, was bekanntermaßen zu einhundert Prozent gelang.
Erinnern Sie sich an die Aufmacher in den Zeitungen, als man die ersten Leichenteile fand? Ich denke, dass sämtliche an der Aufklärung arbeitenden Kriminalisten und Staatsanwälte vollkommen irritiert waren. Und selbstverständlich haben sie diese Irritation an die Presse weitergegeben. Von möglichem Lustmord war die Rede, von einem wahrscheinlich geistig kranken Täter, von einem abartigen Killer, die BILD sprach sogar von einem Monster im Nebel. Erinnern Sie sich? Nun ja, hoch oben im moorigen Venn gleich neben Monschau drängen sich derartige Bilder auf.
Als man dann zuletzt seinen Kopf zusammen mit den ineinandergreifenden Händen fand, stand die Staatsanwaltschaft vor einem wirklich gewaltigen Problem. Wie sollte man denn einer großen, auf Neuigkeiten geilenden Öffentlichkeit erklären, dass dieser CF nun wirklich ein Schwein war? Öffentlich war er ein reicher Mann, ein sehr reicher Mann. Öffentlich war er jemand, der im Namen von UNICEF den hungernden Kindern dieser Welt half, der Altenheime sponserte, der der Freiwilligen Feuerwehr eine neue Wasserpumpe schenkte, der dem Pfarrer die Kirche neu deckte. Wir beide wissen, dass er letztlich ein menschliches Schwein war. Gewiss, ein genialer Architekt und ein großer Ordensritter vom Heiligen Grab. Aber eben auch das monströse Ungeheuer, das Sie, gnädige Frau, schon betrog, als Sie noch gar nicht im heiligen Stand der Ehe lebten. Aber das wissen Sie längst. Es muss unvorstellbares Leid in Ihre Seele gesenkt haben, Stück um Stück begreifen zu müssen, dass er gnadenlos betrog, log und seine Umgebung manipulierte, wie es ihm beliebte, jeden Tag.
Natürlich interessiert es Sie jetzt massiv, wie ich ihn denn tötete, aber haben Sie noch eine Weile Geduld, denn zunächst einmal will ich Ihnen mein Motiv verraten, damit Sie begreifen können, wie das alles sich zu einem Bild fügte. Mein Motiv ist einfach, mein Motiv ist Rache, Ihr Mann, der große CF, zerstörte meine Ehe.
Da er, wie wir beide zur Genüge wissen, hemmungslos bisexuell lebte, kann ich nun behaupten, dass er meinen Mann betörte, oder aber meine Frau.
Merkwürdig, diese bipolaren Strukturen. Ich habe mich dazu entschieden so zu schreiben, als habe er meine Frau verführt, das macht Einzelheiten etwas einfacher, das ist auch möglicherweise glaubwürdiger – zumindest für all jene, die sich zu den Normalen zählen, wenngleich wir beide gut wissen, dass Normalität immer sehr fragwürdig ist.
Ich nenne meine Frau einmal Anna, mache aber wiederum darauf aufmerksam, dass es sich auch um meinen Mann namens Claus handeln könnte.
Anna muss von Beginn an CF gefesselt haben. Anna ist schön mit einem Hauch ins Laszive, Anna lässt immer und grundsätzlich an Sünde denken. CF ging auf die übliche Art vor. Anna arbeitete für ihn, hatte Zeichnungen zu erstellen, brachte sie in sein Büro. Er traktierte sie mit Champagner, er war charmant, er lachte mit ihr. Er verführte sie.
Du lieber Himmel, wie banal das klingt, aber tatsächlich war es ja auch banal, trivial. Es hätte aus irgendeiner Soap in irgendeinem Fernsehprogramm stammen können. Zu diesem Zeitpunkt waberte unsere Ehe in einer Durststrecke, Anna erfuhr durch CF ungeheure Anerkennung, Anna gab sich dem Rausch hin, Anna betrog mich gut und gerne drei Monate lang, beinahe jeden Tag. Anna bekam sogar Geld dafür. Zumindest erhöhte Ihr Mann Annas Honorar um unanständige fünfhundert Prozent. Das Bestürzende an der Situation war, dass Anna es mir sagte – schon weil sie erklären musste, woher denn der große Verdienst stammte. Als Ihr Mann sie dann wie ein benutztes Küchentuch beiseite fegte, standen wir vor den Scherben unserer Ehe. Wir hatten zwei kleine Kinder, unser Unglück war perfekt. Meine Eltern nahmen zunächst die Kinder, denn weder Anna noch ich hatten die Kraft, sie allein zu versorgen. Als Anna sich grauenvoll tötete, nahm ich die Kinder zu mir und lebe jetzt mit ihnen in heiterer Gelassenheit. Damals aber schwor ich Rache. Nicht theatralisch, durchaus nicht. Ich sagte eines Morgens im Bad: »CF, ich werde dich töten!« Ich will ehrlich sein. Zunächst glaubte ich nicht daran, dass ich die charakterliche Strenge aufbringen würde, die Tat zu vollbringen. Sehr oft sagen wir Menschen im Rausch der Wut: Den könnte ich töten! Und wir tun es nie. Aber bei CF begann ich sofort, Pläne zu machen, von denen die ersten durchaus kindisch und unüberlegt waren. Ich blieb kühl, ich wollte einen einfachen, klaren Plan, gepaart mit kühler Kreativität und durchaus der Hürde des Risikos.
Die größte Schwierigkeit dabei würde darin liegen, Ihren Mann irgendwohin zu locken, wo ich sicher sein konnte, nicht gestört zu werden. Und da kam mir das unergründliche Moor im Venn in den Sinn, Sie wissen schon: Die Straße, die von Monschau aus nach Mützenich über die Grenze nach Belgien hineinführt. Dann linker Hand der schmale Pfad zu den moorigen Flächen, zu den scheinbar harmlosen Wasserlachen, die doch so unbedingt lebensgefährlich sind. Nein, nein, ich wollte ihn nicht im Moor versenken, wie das dieser dämliche Oberstaatsanwalt vermutet hat, der der BILD sagte: »Der Täter wollte die Leiche verschwinden lassen und hat nicht mit der Findigkeit meiner Fahnder gerechnet.« Es war von Anfang an mein Ziel, dass man ihn fand, zumindest erst einmal gewisse Teile von ihm.