J. J. Voskuil
Das Büro 3
Plankton
Aus dem Niederländischen von Gerd Busse
Mit einem Nachwort von Gerbrand Bakker
Er tippte einen Punkt, schob den Wagen nach rechts, rückte dreimal ein, dachte mit seinem Finger über der Tastatur kurz nach und tippte dann: »Der Schriftführer gab am 15. Dezember vor den Studenten von Prof. Dr. W. Güntermann, Lehrstuhlinhaber an der Universität Münster, eine Einführung in die Verbreitung des Weihnachtsbaums in den Niederlanden.« Er hielt kurz inne, betätigte zweimal den Zeilenschalthebel und tippte dann an den Anfang einer neuen Zeile: »Mitarbeiter am Fragebogen«. Er schob den Wagen nach rechts, unterstrich die Wörter, dachte, die Hand am Drehknopf der Walze, erneut nach, ließ den Drehknopf los, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und zog mechanisch Pfeife und Tabak zu sich heran. Während er den Tabak feststopfte, blickte er gedankenverloren durch das Fenster vor sich, ohne etwas zu sehen. Er steckte die Pfeife in den Mund, stand auf, verließ den Raum und ging die Treppe hinunter.
Im Kaffeeraum saß nur Tjitske. Wigbold sah, auf den Tresen gelehnt, durch den Schalter. »Wir können den Laden eigentlich dichtmachen«, fand er, während er langsam hochkam, um Maarten eine Tasse Kaffee einzuschenken.
»Es ist ruhig«, gab Maarten zu und schob ihm einen Bon hin.
»Ich kenne genug Einrichtungen, die zwischen Weihnachten und Neujahr einfach schließen.«
»Ich auch, aber ich finde es angenehm ruhig so.« Er nahm die Tasse, die Wigbold ihm reichte, und setzte sich neben Tjitske. »So«, sagte er.
Tjitske nickte.
Er rührte in seinem Kaffe, zündete seine Pfeife an und streckte die Beine aus. »Was machst du gerade?« Er sah zur Seite.
»Oh, Ausschnitte«, sagte sie gleichgültig.
»Ich sitze am Jahresbericht.«
Sie reagierte nicht darauf.
»Ich habe ausgerechnet«, sagte er, während er in den Raum sah, »dass ich mit diesem hier noch zwanzig Jahresberichte schreiben muss. Ich darf gar nicht daran denken.« Er stieß eine Rauchwolke aus. »Dann wirst du auch schon zwanzig Jahre hier sein.« Er schmunzelte.
»Denkste.«
»Wie viele dann?« Er sah sie an.
»Man sollte nie irgendwo länger als vier Jahre bleiben.«
»Dann ist man gerade eingearbeitet.«
»Oh, das ist mir egal.«
»Ja, das ist mir klar«, sagte er ironisch, »aber ich kannte diese Regel noch nicht. Früher blieb man irgendwo vierzig Jahre, dann bekam man einen Lehnstuhl. So habe ich es zumindest noch gelernt.«
Sie kniff die Augen zusammen und lachte lautlos.
»Ja.« Er schmunzelte.
Sie schwiegen.
Er zog seine Tasse zu sich heran, rührte noch einmal um und nahm einen Schluck. »Hattet ihr früher eigentlich einen Weihnachtsbaum?« Er steckte die Pfeife wieder in den Mund.
»Nein.«
»Weil kein Geld dafür da war«, vermutete er, während er sie ansah.
»Nein, weil meine Eltern Sozialisten waren.«
»Mein Vater war auch Sozialist, aber wir hatten einen Baum, sogar einen sehr großen.«
»Ja.« Sie lachte überheblich.
»Ein Sozialist ist nicht wie der andere«, stellte er fest.
Sie lachte wieder auf dieselbe Weise, wobei sie sich ein wenig schüttelte.
»Wir hatten zu Hause auch keinen Weihnachtsbaum«, sagte Wigbold durch den Schalter.
Seine Einmischung irritierte Maarten. »Waren Ihre Eltern auch Sozialisten?«, fragte er, während er ihn widerwillig ansah.
»Nein, Bauern.« Er kam hoch, als Rik Bracht, ein neuer Mitarbeiter der Abteilung Volkssprache, durch die Schwingtür hereinkam, und nahm eine saubere Tasse von dem Stapel.
»Hallo«, sagte Rik.
»Wo?«, fragte Maarten, um nicht unfreundlich zu sein.
»In der Achterhoek«, antwortete Wigbold, während er die Tasse für Rik einschenkte.
»Und die anderen Bauern?«
»Die meisten hatten keinen Weihnachtsbaum. Das war eher etwas für die Stadt.«
»Wir hatten auch keinen Weihnachtsbaum«, sagte Rik, ein kleingewachsener junger Mann mit dunklen, lockigen Haaren und dem Gesicht eines Menschen, der über den Dingen steht. Er setzte sich neben Maarten.
»Ja, aber deine Eltern sind katholisch«, sagte Maarten.
»Du sagst das, als ob das etwas Schlechtes wäre«, sagte Rik mit einem müden Lächeln.
»So sage ich alles«, versicherte Maarten, »aber es ist natürlich etwas Schlechtes.« Er lachte gemein.
»Das finde ich selbst eigentlich auch«, gab Rik zu.
Mia van Idegem und Hans Wiegersma kamen hintereinander aus dem Hinterhaus und betraten den Kaffeeraum. »Guten Morgen allerseits«, sagte Mia lautstark.
»Ja«, sagte Hans mit einer verlegenen Geste.
Sie begaben sich an den Schalter.
»Hattet ihr eine Krippe?«, erkundigte sich Maarten.
»Ja«, sagte Rik, »mit Figuren und Tieren.«
»Will nicht einer von euch eine Katze haben?«, fragte Mia, während sie sich setzte.
»Was für eine Katze?«, fragte Maarten.
»Einen Streuner.«
Maarten zögerte. »Wir haben schon zwei.«
»Ich habe schon zwölf.«
»Ich würde gern eine Katze nehmen«, sagte Tjitske abrupt.
»Wo wohnst du denn?«, fragte Mia.
»Im Staatslieden-Viertel.«
»Kann sie da nicht weglaufen?«, fragte Mia, ihr Gesicht drückte Bedenken aus.
Bavelaar trat durch die Schwingtür. »Ebenfalls einen guten Morgen.«
»Warum?«, fragte Tjitske.
»Na ja, im Staatslieden-Viertel, da gibt es doch diese Gemeinschaftstreppen?«
»Hast du noch mal etwas von Slofstra gehört?«, fragte Maarten Bavelaar.
Sie setzte sich ihm gegenüber. »Seine Frau hat mich erst vor ein paar Tagen angerufen. Sie will ihn in ein Altersheim geben, und jetzt wollte sie wissen, ob sie dann seine Rente behält. Das finde ich ja … also wirklich! Findest du nicht auch?«
»Und warum soll er in ein Altersheim?«
»Weil sie es mit dem Mann nicht mehr aushält. Das kann ich mir schon vorstellen.«
Geert Meierink kam aus dem Hinterhaus. »Sieh mal an«, sagte er nölig, »da sind ja doch noch mehr, als ich gedacht habe.«
»Ja, Geert, das Leben ist immer anders, als man denkt«, sagte Maarten. Er stand auf, stellte seine Tasse auf den Tresen, nahm den Stapel Briefe, der für seine Abteilung bereitlag, und verließ den Kaffeeraum durch die Schwingtür. De Vries saß regungslos hinter der Telefonanlage. »Geht es, Herr de Vries?« Er blieb stehen.
»Jawohl, Mijnheer, vielen Dank, Mijnheer«, antwortete de Vries.
Maarten zögerte einen Moment. Es lag ihm auf den Lippen zu fragen, ob de Vries früher auch einen Weihnachtsbaum gehabt hatte, da ihm nichts anderes einfiel, doch er behielt es für sich und wandte sich verlegen ab. Unzufrieden mit sich selbst stieg er die Treppe hinauf in den zweiten Stock. Das Zimmer von Jaring Elshout war leer. Er zog eine Schreibtischschublade auf, um ein Stück Papier zu suchen. In der Schublade lagen nur das Büchlein mit den Entgeltgruppen im öffentlichen Dienst und das Beamtenreglement. In der nächsten Schublade fand er einen Packen Briefpapier, einen Packen Durchschlagpapier und einen Stapel Umschläge. Er riss ein Stück des Papiers ab, in dem das Briefpapier eingeschlagen war, und schrieb darauf mit einem Bleistift, den er in der dritten Schublade fand: »Jaring – kann ich für meinen Jahresbericht die Angaben zu euren Aktivitäten im vergangenen Jahr bekommen? Danke. Maarten.« Es gab keinen Aschenbecher, den man als Briefbeschwerer verwenden konnte, nur eine Schachtel Lakritzbonbons. Er stellte sie auf das Blatt und verließ den Raum wieder, ging die Treppe hinauf in den dritten Stock. Das Zimmer von Frau Moederman war ebenfalls leer. Auf ihrem Schreibtisch lagen Stapel mit Umschlägen, teilweise aufgerissen, und Fragebogen. Die vier Karteikästen auf der Ecke waren geöffnet, als sei gerade noch darin gearbeitet worden. In der Schreibmaschine, auf einem Tisch, der im rechten Winkel zum Schreibtisch stand und auf dem sich ebenfalls Mappen und Fragebogen zwischen Karteikästen stapelten, steckte ein halbfertiger Brief. An einem Garderobenständer in der Ecke hing eine violette Strickweste, und auf einem Tisch vor dem Fenster standen Pflanzen. Im Gegensatz zu Elshouts Zimmer machte dieser Raum den Eindruck, als ob darin gelebt wurde. Er setzte sich auf ihren Stuhl hinter den Schreibtisch und schrieb auf ein Stück Papier: »Frau Moederman – kann ich für den Jahresbericht von Ihnen die Zahlen der in diesem Jahr eingegangenen Fragebogen bekommen? Vielen Dank im Voraus. Koning.« Er legte das Blatt so, dass ihr Blick sofort darauf fallen würde, wenn sie sich hinsetzte, sah sich noch einmal um und stieg dann wieder die Treppe hinab, um in sein eigenes Zimmer zu gehen. Er drehte seinen Stuhl eine Vierteldrehung herum, machte sich Platz auf seinem Schreibtisch, legte die Post ab und griff zum Brieföffner. Während er den ersten Brief aufschnitt, begann in seinem Kopf ein Lied zu klingen: Nu sijt wellecome. Jesu, lieve Heer. Er ließ den Brief sinken und lauschte. In seiner Erinnerung sah er sich selbst im Dunkeln mit seiner Mutter vom Van Stolkweg, wo sie in der Aula des freisinnig-christlichen Gymnasiums dem Krippenspiel beigewohnt hatten, durch die Wäldchen zum Scheveningseweg gehen. Er sah die Lichter der Straßenlaternen zwischen den Bäumen, und er hörte die Stimmen und die Schritte der anderen Besucher um sie herum, die ebenso wie sie zur Straßenbahnhaltestelle gingen, so klar und deutlich, als sei das alles jetzt noch da, und während er reglos auf seinem Stuhl saß mit der Angst, die Erinnerung könnte abreißen, wurde er von Heimweh übermannt.
»Aber Herr Koning!«, sagte Frau Moederman vorwurfsvoll.
Er sah auf. »Frau Moederman!« Sie stand in der Tür zu seinem Raum.
»So gehen wir doch nicht miteinander um?«
»Wie nicht?«, fragte er verlegen.
»Wir werden uns doch keine Briefe schreiben? Das ist doch nichts für Sie!«
»Was hätte ich denn tun sollen?«, fragte er unsicher.
»Sie hätten doch wohl warten können, bis ich da bin? So eine Eile hat es doch nicht?«
»Ich hätte es gern am 31. Dezember auf Balks Schreibtisch gehabt.«
»Aber darunter dürfen doch andere nicht leiden?«
»Nein«, gab er zu, »das war auch nicht meine Absicht.«
»Aber so kommt es schon an.«
»Nehmen Sie es mir nicht übel.«
»Ich nehme es Ihnen nicht übel, aber ich war schockiert. Machen Sie das bloß nie wieder! Es passt überhaupt nicht zu Ihnen.«
»Ich werde es nicht wieder tun.«
»Gut, dann werde ich sehen, was ich für Sie tun kann.«
»Vielen Dank.«
Sie verließ den Raum wieder.
Er blieb verwirrt zurück mit dem unglücklichen Gefühl, dass er niemals lernen würde, auf die richtige Weise mit seinen Mitmenschen umzugehen.
*
»Ist Balk nicht da?«, fragte er, während er die Tür zu Balks Zimmer wieder zuzog.
»Balk ist krank«, sagte Bavelaar.
Er blieb stehen. »Sehr krank?«
»Ach nein, aber es bleiben schon allerhand Sachen liegen, die Eile haben.« Sie suchte auf ihrem Schreibtisch herum und zog zwischen den aufgestapelten Papieren die Mappe mit Abbildungen für die Neujahrskarte heraus, die er Balk vor seinem Urlaub gegeben hatte. »Was soll ich beispielsweise damit jetzt machen? Er sollte daraus eine Wahl treffen, aber er hat das noch immer nicht gemacht.« Sie sah ihn an, mit den Nerven völlig am Ende, eine Zigarette zwischen den Fingern.
»Wenn er nicht so krank ist, wird er Montag bestimmt wieder da sein, denn dann kommen die Bewerber für die Stelle von Frau Moederman«, überlegte er.
»Aber Montag ist zu spät! Es muss spätestens Freitag zum Drucker.«
Er nahm ihr die Mappe ab und sah sie durch. Es waren Abbildungen einer Holzschuhgeige, eines Dudelsacks, einer Ziehharmonika, eines Brummtopfs und einer Drehleier, die Freek Matser aus verschiedenen Quellen zusammengesucht hatte, sowie ein paar Gedichttexte, die als Neujahrsgruß hinzugefügt werden konnten.
»Was soll ich damit jetzt machen?«, fragte sie nervös.
»Ruf ihn an«, regte er an. »Oder darfst du ihn nicht stören?«
»Er wollte versuchen, Freitag kurz vorbeizukommen.«
»Das ist gerade rechtzeitig.« Er gab ihr die Mappe zurück.
»Aber so kann es doch nicht zum Drucker? Es muss doch erst noch zum Fotografen? Wenn ich bloß wüsste, welche Abbildung es werden soll, aber ich weiß nichts.«
»Gib dem Fotografen dann alle fünf.«
»Und weißt du, was das kostet? Das wird Balk bestimmt nicht gut finden.«
»Ja, ich weiß es auch nicht.« Er zögerte. »Ich kann dir aber die Abbildung zeigen, von der ich glaube, dass sie es wohl werden wird.«
»Ach, wenn du das machen könntest.«
Er nahm die Mappe wieder zurück und sah sie erneut durch. »Nimm ruhig den Brummtopf«, entschied er. »Der ist für uns am geeignetsten. Damit wird Balk wohl einverstanden sein.«
»Danke«, sagte sie erleichtert und nahm die Mappe wieder entgegen. »Und wenn Balk Freitag nicht kommt, kann es dann auch zum Drucker gehen?«
»Das werden wir dann Freitag sehen.«
Zufrieden mit seiner Entschlusskraft stieg er die Treppe hinunter, um Kaffee zu trinken. Im Kaffeeraum saßen Ad, Mia, Goud und Lex van ’t Schip. Er holte eine Tasse Kaffee am Schalter und setzte sich neben Ad. »Ist etwas dabei?«, fragte er und nickte in Richtung des Poststapels, der vor Ad auf dem niedrigen Tisch lag.
»Ich habe ihn noch nicht durchgesehen.«
Maarten rührte in seinem Kaffee. Aus der Küche kam Musik aus Wigbolds Radio. »Habt ihr den Uyl in Den Haag Vandaag gehört?«, fragte er Ad und Mia.
»Ich habe ihn gehört«, sagte Goud.
»Wie fanden Sie ihn?«
»Ja, ich fand ihn diesmal ganz gut. Sie nicht?«
»Nein. Ich fand es dumm.«
»O ja?«, fragte Goud erstaunt. »Nein, das fand ich jetzt nicht.«
Lex lächelte feinsinnig.
»Was hat er gesagt?«, fragte Ad.
»Er ist froh, dass die Leute den autofreien Sonntag so sportlich nehmen, denn er versteht sehr gut, dass es schon verdammt mies ist, wenn man mit den Kindern raus in die Natur will und dann in der Stube sitzen und sich langweilen muss.« Seine Stimme zitterte vor unterdrücktem Sarkasmus.
»Ja, das hat er gesagt«, bestätigte Goud.
»Was hätte er dir zufolge denn sagen sollen?«, fragte Mia.
»Dass Maarten jetzt endlich wieder in Ruhe Fahrrad fahren kann«, sagte Lex herablassend.
»Er hätte sagen müssen«, sagte Maarten, die Bemerkung von Lex ignorierend: »›Mijnheer, worüber reden wir eigentlich? Was glauben Sie denn, was die Leute vor dreißig Jahren sonntags gemacht haben, und was all die Millionen von Menschen, die kein Auto haben, am Sonntag machen?‹«
»Ja, damit haben Sie eigentlich auch recht«, fand Goud.
»Nicht nur recht! Es ist doch unerhört, dass ein Regierungschef so zu seinem Volk spricht! So ein Volk verdient es, im eigenen Saft geschmort zu werden!« Er lachte gemein.
»Oh«, sagte Goud schockiert, doch auch ein wenig amüsiert.
»Wenn es nach dir ginge, müssten alle es schön finden, am Sonntag mit dem Fahrrad an der Amstel entlang nach Ouderkerk oder in den Wald zu fahren«, sagte Mia abfällig.
»Ich finde es auch ziemlich elitär«, pflichtete Ad ihr bei.
»Warum?«, fragte Maarten verblüfft – er hatte von ihnen keine Kritik erwartet. »Es gilt doch für alle?«
»Nur, dass die Leute mit den guten Jobs es sich erlauben können, sich während der Woche zu erholen«, sagte Ad, »während der Arbeiter auf das Wochenende angewiesen ist.« Er war ungewohnt emotional.
»Ich verbiete es ihm doch nicht, sich zu erholen?«, sagte Maarten empört.
»Solange er nur nicht im Auto sitzt, meinst du«, sagte Mia giftig.
Erst in dem Moment fiel Maarten ein, dass Mia selbst ein Auto hatte. Er schwieg.
»Und vor dreißig Jahren«, sagte Ad, »glaubst du denn wirklich, dass man sich da in Arbeiterkreisen erholt hat? Arbeiter haben nie gelernt, wie sie sich amüsieren können.«
»Und darum müssen sie jetzt das Recht haben, einem anderen den Spaß zu verderben«, spitzte Maarten es zu.
»Und wie willst du denn, dass sie zu ihrer Arbeit kommen?«, fragte Mia.
»Ich habe auch kein Auto«, bemerkte Goud, »aber es scheint mir manchmal doch schon bequem.«
»Aber Sie sind kein Arbeiter«, sagte Maarten mit verhaltenem Sarkasmus.
Goud musste herzhaft darüber lachen. »Nein, ich bin kein Arbeiter.«
Maarten lächelte vage und schwieg. Er vermutete, dass Mia sich angegriffen gefühlt und Ad sich auf ihre Seite geschlagen hatte, und kam sich ausgeschlossen vor.
*
»Ach, Herr Koning«, sagte de Vries – er stand zwischen den Schwingtüren und sprach etwas lauter, um sich im Lärm des Kaffeeraums Gehör zu verschaffen –, »ob Sie eben zu Herrn Balk kommen können?«
Maarten stellte seine Tasse hin und stand auf. Die Art und Weise, in der er herbeizitiert wurde, war unheilverkündend, und während er die Treppe zu Balks Zimmer hinaufging, fragte er sich, was er falsch gemacht haben könnte, doch ihm fiel so schnell nichts ein. Bavelaar saß nicht an ihrem Platz. Unsicher öffnete er die Tür zu Balks Zimmer. Balk und Bavelaar saßen in der Sitzecke. »Tag, Jaap. Du wolltest mich sprechen?«, sagte er. Auf dem Tisch lagen die Abbildungen für die Neujahrskarte. Er sah es und vergaß in der Anspannung, Bavelaar ebenfalls zu begrüßen.
»Ich höre, dass du eine Entscheidung über die Neujahrskarte getroffen hast, ohne mich zu informieren«, sagte Balk zornig. »Was hat das zu bedeuten?« Er sah Maarten wütend an, auf der Kante des Sessels sitzend.
Maarten erstarrte. »Ich habe keine Entscheidung getroffen.« Er bereute sofort die charakterlose Freundlichkeit, mit der er Balk begrüßt hatte, doch das war nicht mehr ungeschehen zu machen.
»Frau Bavelaar zufolge hast du entschieden, dass die Abbildung des Brummtopfs zum Drucker soll!« Er sah wütend zur Seite, zu Bavelaar. »Nicht wahr?«
»Ja, das hast du entschieden«, sagte Bavelaar mit leiser Stimme.
Maarten sah sie an. Sie wirkte bleich und verängstigt. Ihm war klar, dass sie sich hinter ihm versteckt hatte, und das nahm seiner Verteidigung die Kraft. »Ich habe die Entscheidung vorbereitet«, sagte er beherrscht.
»Wenn ich dir dazu nicht ausdrücklich den Auftrag erteile, hast du das nicht zu tun!«, schnauzte ihn Balk an.
Maarten schwieg. Es machte ihn wütend, wie er behandelt wurde, doch ohnmächtig unterdrückte er seine Wut.
»Setz dich!«, befahl Balk.
Maarten setzte sich, erniedrigt, unsicher, wie er sich verhalten sollte.
»Diesen Brummtopf nehmen wir jedenfalls nicht!«, sagte Balk mit großer Entschiedenheit und schob das Foto des Brummtopfs mit einer wütenden Bewegung zur Seite. »Das ist ein langweiliges, totes Bild! Wir nehmen den Dudelsack!«
»Der Brummtopf ist das einzige Instrument, das etwas mit unserer Arbeit zu tun hat«, sagte Maarten. Er war so aufgeregt, dass er seinen Blick starr auf den Tisch gerichtet hielt und die Worte herausschnauzte.
»Der Dudelsack auch!«
»Der Dudelsack nicht!«, sagte Maarten böse, ohne ihn anzusehen. »Der Dudelsack wird seit dem siebzehnten Jahrhundert nicht mehr benutzt, und außerdem werden ihn alle mit Schottland assoziieren!«
»Dann nehmen wir die Holzschuhgeige!«
Maarten schwieg.
»Das muss dann aber erst noch zum Fotografen«, bemerkte Bavelaar.
»Wann muss es spätestens beim Drucker sein?«, fragte Balk.
»Eigentlich heute, aber Montag würde wohl auch noch reichen.«
»Dann bringst du das heute noch zum Fotografen und sagst, dass es Eile hat!« Er reichte ihr die Abbildung und schob die anderen zusammen.
»War es das?«, fragte Maarten angespannt.
»Soweit es mich betrifft, schon.«
Maarten stand auf. An der Tür drehte er sich um. »Das war dann das letzte Mal, dass ich an der Neujahrskarte mitgearbeitet habe«, sagte er mit unterdrückter Wut und ohne Balk anzusehen. Es fehlte wenig, und die Tränen wären ihm in die Augen gestiegen. Er war rasend.
Blind vor Wut ging er die Treppe hinauf in sein Zimmer.
»Hast du vielleicht einen Augenblick Zeit?«, fragte Bart, als er an seinem Schreibtisch Platz nehmen wollte, und stand auf. »Ich wollte etwas mit dir besprechen.«
»Ja, natürlich.« Er blieb stehen, in Gedanken beim Auftreten von Balk.
»Es ist mir nämlich aufgefallen, dass einige der Damen im Literaturverweis ›Ausgabe‹ mit ›Ausg.‹ abkürzen«, sagte Bart, während er sich von seinem Schreibtisch löste. Er reichte Maarten ein paar Karteikarten als Beweismaterial.
Maarten nahm die Karten und betrachtete sie. »Und was willst du dagegen unternehmen?«, fragte er mechanisch.
»Ich möchte dazu, und auch allgemein zu der Verwendung von Abkürzungen, eine verbindliche Vereinbarung treffen.«
»Findest du das nötig?«, fragte Maarten abwesend. Er gab Bart die Karteikarten zurück.
»Ich finde es wichtig.«
»Es ist mir, ehrlich gesagt, schnurzegal.«
»Aber es steht im Widerspruch zu den Regeln der Titelaufnahme.«
»Ach.«
»Du hältst es also nicht für notwendig, dass wir etwas dagegen unternehmen?«
»Wenn du es für nötig hältst …« Er setzte sich, noch immer benommen durch den Wutanfall, den er gerade gehabt hatte.
»Ich finde, dass wir uns in diesem Punkt keine Unklarheiten erlauben dürfen.«
»Mach dann mal eine Liste«, entschied Maarten.
»Das mache ich gern, aber das wird dann schon auf Kosten anderer Tätigkeiten gehen.«
»Auf Kosten welcher?«
»Beispielsweise der Kontrolle.«
»Das geht nicht. Die Kontrolle hat Priorität, sonst entstehen Rückstände.«
»Dann, fürchte ich, werde ich nicht dazu kommen.«
»Du kannst doch wohl hin und wieder eine Notiz machen? So eine Liste braucht doch nicht gleich fertig zu sein.«
»Ich werde noch einmal darüber nachdenken, aber ich glaube nicht, dass ich in diesem Fall dazu komme.« Bart wandte sich ab.
Maarten zog mechanisch eine Mappe zu sich heran und schlug sie auf, doch er war nicht in der Lage, sich zu konzentrieren. Bei der Erinnerung an das Gespräch mit Balk brandete die Wut in Wellen durch seinen Körper. Er überlegte sich zu kündigen, doch er war viel zu aufgewühlt, um darüber nachzudenken.
Stunden später, als er nach Hause ging, war er noch so rasend, dass sein Magen sich zusammenpresste wie eine Ziehharmonika. Der Gedanke an eine Kündigung erfüllte ihn mit grimmiger Freude. Dass er der Kommission dann würde erklären müssen, dass es um einen Brummtopf beziehungsweise eine Holzschuhgeige ging, war nicht seine Sache. Er würde sagen, dass er es ablehne, sich autoritär behandeln zu lassen! In den Momenten, in denen er sich dies vornahm, hätte er vor Freude singen können. Zu Nicolien! Nach Hause! Und nie mehr in dieses Scheißbüro! Doch gleich darauf zweifelte er wieder und fühlte sich todunglücklich. Er versuchte zu relativieren, was geschehen war. Was hatte er schließlich mit dem Brummtopf zu schaffen? Wer würde begreifen, dass er eine solche Kleinigkeit nicht an sich abgleiten lassen konnte? Doch es gelang ihm nicht, sich selbst davon zu überzeugen. Ungerecht und autoritär behandelt zu werden, war, wie man es auch drehte und wendete, unerträglich und konnte auf Dauer nicht ungesühnt bleiben. Falls er vorher nicht zusammenbrechen würde.
»Ist was?«, fragte Nicolien, als er sich umgezogen hatte und sich auf die Couch setzte. Sie sah ihn prüfend an.
»Nein«, sagte er.
»Wirklich nicht?«
Er schüttelte den Kopf. »Es ist nichts!«
»Doch, da ist etwas«, sagte sie verlegen. »Ich sehe es.«
»Nein, wirklich nicht.« Er lachte, beziehungsweise tat so, als ob er lachte, denn über etwas, das ihm so sehr zu Herzen ging, konnte er nicht reden.
»Dann höre ich es schon noch«, sagte sie.
*
In der Nacht von Freitag auf Samstag konnte er vor Wut nicht schlafen. In der Nacht darauf schlief er kaum, und das Erste, woran er dachte, als er am Montagmorgen um halb fünf erwachte, war die Holzschuhgeige. Beim Frühstück warf Nicolien ihm vor, dass er so schweigsam war, obwohl sie doch gerade reden wollte. Sie stritten sich darüber, was den Vorteil hatte, dass er schließlich in eiskalter Ruhe das Haus verließ. Es war nass und windig, doch es machte ihm nichts aus. Tief in sich gekehrt, ohne irgendeinen Gedanken, nahm er den normalen Weg zum Büro, schob sein Namensschild ein, stieg die Treppe hinauf, hängte den Mantel an die Garderobe, stellte seine Tasche weg und machte den Ventilator an. Als Joop hereinkam, stand er an seinem Schreibtisch, mit den Händen auf der Schreibplatte. Er grüßte sie geistesabwesend, zögerte noch ein wenig, sah Sien eintreten, grüßte auch sie und Bart, der gleich hinter Sien den Raum betrat. »Ich bin bei Balk wegen der Bewerber«, sagte er, sobald Bart Platz genommen hatte.
»Ach ja, die Bewerber sollen heute kommen«, sagte Bart.
Bavelaar war noch nicht da. Balk und Fräulein Haan saßen da und warteten auf ihn. Er grüßte sie steif. Balk sah ihn nicht an, als er den Gruß erwiderte, und als er die Briefe hochnahm, die vor ihm lagen, bebte seine Hand, doch das verschaffte Maarten keine Genugtuung. »Hier sind die Briefe«, sagte er. Er gab sie Dé Haan. Während sie sie durchlas, sah er an ihr vorbei nach draußen und wippte mit dem Fuß.
»Und wer steht bei dir jetzt auf Platz eins?«, fragte Dé Haan. Sie gab Maarten die Briefe.
»Die Frau scheint mir die Beste zu sein«, antwortete Balk knapp.
Maarten legte die Briefe, ohne sie einzusehen, auf den Tisch zurück.
Es entstand eine gespannte Stille.
»Kommt Rentjes nicht?«, fragte Haan und sah zur Tür.
»Der braucht nicht dabei zu sein.«
Es wurde wieder still. Unten ertönte von Zeit zu Zeit die Klingel. Das Personal betrat das Büro.
»Hast du den Aufsatz von Olieman gelesen?«, fragte Haan.
»Olieman ist ein Idiot«, antwortete Balk knapp.
»Fandest du den Aufsatz so schlecht?«
»Man kann ihn nicht einmal schlecht nennen. Es ist totaler Unsinn.«
Es klopfte an der Tür.
»Ja?«, rief Balk laut.
Die Tür ging vorsichtig auf. De Vries sah durch den Spalt. »Ach, Herr Balk, hier ist eine Dame für Sie, die sagt, dass sie mit Ihnen verabredet ist.«
»Lassen Sie die Dame nur herein. Ist Frau Bavelaar nicht da?«
»Frau Bavelaar hat gesagt, dass sie zum Fotografen geht, Mijnheer.«
»Richtig! Lassen Sie die Dame nur herein.«
»Gern, Mijnheer.« De Vries machte die Tür etwas weiter auf. »Ob Sie eintreten möchten«, sagte er, während er sich umdrehte.
Die Frau, die hereinkam, war groß, schlank und in den Vierzigern. Ihr Gesichtsausdruck hatte etwas Beleidigtes, doch als sie Haan und Maarten die Hand gab, verschwand dies hinter einer gut einstudierten Herzlichkeit.
»Frau Haan ist die Leiterin der Abteilung Volkssprache, und Herr Koning ist Leiter der Abteilung Volkskultur«, sagte Balk, als sie im vierten Sessel Platz genommen hatte. »Angesichts der Tatsache, dass Sie unmittelbar mit ihnen zu tun haben werden, habe ich sie zu diesem zweiten Gespräch eingeladen.« Er sprach kurz und sachlich.
Die Frau nickte ihnen zu. »Es scheint mir eine sehr interessante Arbeit, die Sie machen.«
»Das finde ich selbst auch«, sagte Haan herzlich. Sie hatte sich mit einem Lächeln vorgebeugt, was sie ein wenig gierig erscheinen ließ. »Haben Sie irgendeine Idee, was Sie hier machen sollen?«
»Das hat Herr Balk mir erklärt.«
»Ich habe ihr von den Fragebogen und der Bedeutung des Korrespondentenapparats erzählt«, sagte Balk.
»Und glauben Sie, dass Sie das können?«, fragte Haan.
»Wenn es so ist, wie ich es verstanden habe, dass ich mit sehr vielen unterschiedlichen Menschen umgehen können muss, scheint es mir eine herrliche Arbeit zu sein.«
Es zuckte kurz in Haans Gesicht, eine Reaktion auf ein zu angespanntes, zu freundliches Lächeln. »Aber Sie werden auch viele Briefe schreiben müssen.«
»Das betrachte ich als einen Teil der Arbeit.«
»Sie glauben also nicht, dass Sie damit Schwierigkeiten haben werden?« Es zuckte erneut in ihrem Gesicht.
»Im Gegenteil.«
»Und es schreckt Sie auch nicht ab, manchmal wochenlang allein in Ihrem Zimmer sitzen zu müssen?«
»Warum sollte mich das abschrecken? Nach all dem, was ich durchgemacht habe, möchte ich nichts lieber, als mich irgendwo für immer einzunisten.«
Mit dieser Bemerkung hatte sie es sich bei Maarten definitiv verscherzt.
Haan sah Balk an. »Ich bin fertig.«
»Und du?«, fragte Balk Maarten.
»Ich habe keine Fragen«, antwortete Maarten steif.
Der zweite Bewerber war ein nachlässig gekleideter junger Mann in den Dreißigern, der ein phlegmatisches Amsterdamer Platt sprach und sich als Gerrit Bekenkamp vorstellte. »Ich habe natürlich schon eine Idee«, sagte er träge als Antwort auf die Frage Haans, ob er irgendeine Idee hätte, was er machen sollte, »aber in der Wirklichkeit stellt es sich immer anders dar, als man es sich vorgestellt hat.«
»Sie wissen also auch noch nicht, ob Sie es können?«
»Nein«, sagte der junge Mann ruhig, »dafür muss ich hier erst eine Weile gearbeitet haben.«
»Aber Sie wissen doch wohl, ob Sie mit Menschen umgehen können?«
»Ja, das weiß ich schon. Sonst hätte ich mich darauf auch nicht beworben.« Er sagte es freundlich, ohne eine Spur von Kritik.
»Und Briefe schreiben?«
»Das ist eigentlich auch eine Art Umgang mit Menschen. Wenn man nur schreibt, wie man mit ihnen redet, geht alles gut. Es hängt natürlich davon ab, was es für Leute sind. Wenn es alte Leute sind, muss man ihnen anders schreiben als jungen Leuten. Alte Leute haben etwas mehr Zeit, junge Leute oft nicht. Doch das wird sich alles in der Praxis schon zeigen. Und wenn ich es nicht können tu, haben Sie natürlich Pech, aber ich auch.«
»Ja«, sagte sie verblüfft.
»So einfach ist das.«
Sie sah, leicht durcheinandergebracht, Balk an.
»Hast du noch was?«, fragte Balk Maarten.
»Ich habe eine Frage«, sagte Maarten. Er sah den jungen Mann an. »Woher wissen Sie, dass Sie mit Menschen umgehen können? Haben Sie ein Beispiel dafür?«
»Ja, klar.« Er dachte nach. »Ich bin jetzt Buchhalter, nicht wahr?« Er sah Maarten an. »Und dann hat man auch immer eine Reihe dubioser Debitoren, wie man das nennt. Zu denen schicken sie mich dann hin. Und meist löse ich das Problem auch.« Er wartete einen Moment, um seine Gedanken zu ordnen. »Neulich war ich beispielsweise bei einem Mann«, er sprach träge, »einem Bauern, der hatte zwei Vasen auf dem Kaminsims stehen«, er skizzierte mit einer Hand die Wölbung der Vasen, »eine links, eine rechts. In der linken Vase steckten alle unbezahlten Rechnungen und in der rechten die bezahlten.« Er hatte ein stilles Vergnügen an der Erinnerung. »Ich sage zu dem Mann: ›Wenn wir die linke Vase jetzt einmal auskippen.‹ – Und das haben wir dann gemacht.« Er lächelte. »Nie wieder ein Problem mit dem Mann gehabt.«
»Und?«, fragte Balk, sobald Bekenkamp verschwunden war. Er sah Haan an.
»Ich finde es ziemlich schwierig«, sagte sie. »Sie sind so unterschiedlich!«
»Die Frau jedenfalls nicht«, sagte Maarten entschieden.
»Warum nicht?«, fragte Balk. Er sah Maarten irritiert an.
»Sie haben etwas gegen Frauen«, sagte Haan lachend. Es war kein natürliches Lachen.
»Ich habe in meiner Abteilung vier Frauen!« Zu seinem eigenen Missfallen fing er sofort an, sich zu verteidigen. »Aber eine Frau, die sich einnisten will, können wir hier nicht gebrauchen.«
»Das war ungeschickt formuliert«, fand Balk. »Ich finde, dass das kein Argument ist, um jemanden abzulehnen.«
»Ich finde, dass es sogar für sie spricht«, sagte Haan. »Nicht auszudenken, dass wir jemanden bekommen, der nach einem oder zwei Jahren wieder verschwunden ist. Wenn es eine Tätigkeit gibt, die Kontinuität erfordert, ist es der Korrespondentenapparat.«
»Jemand, der sagt, dass er sich einnisten will, sucht Beachtung«, sagte Maarten heftig. »Diese Frau sucht Beachtung, obwohl gerade sie es ist, die Beachtung schenken muss. Und jemand, der Beachtung sucht, ist innerhalb kürzester Zeit wieder verschwunden. Außerdem hat sie auf mich einen verwöhnten, beleidigten Eindruck gemacht.«
»Woran sehen Sie das denn?«, fragte Haan. »Diesen Eindruck hat sie auf mich überhaupt nicht gemacht.«
»Und der Mann?«, fragte Balk.
»Mein Problem bei dem Mann ist, dass er so ungepflegt aussieht und ein so ausgeprägtes Platt spricht«, sagte Haan. »Ich kann mir vorstellen, dass das eine Menge Korrespondenten abschreckt.«
»Die Korrespondenten reden selbst auch Platt«, stellte Balk fest. »Dafür sind es Korrespondenten.«
»Aber kein Amsterdamer Platt«, sagte Haan. »Das ist doch schon etwas anderes.«
»Was denkst du?«, fragte Balk, ihre Bemerkung ignorierend.
»Ich finde es schade, dass wir nur diese beiden zu Gesicht bekommen haben«, sagte Maarten.
»Das waren die Besten!«, beendete Balk die Diskussion.
»Er ist natürlich ein Riesenschwätzer«, überlegte Maarten, »aber er sucht jedenfalls keine Beachtung.«
»Ich fand auch, dass diese Geschichte mit den beiden Vasen für ihn spricht«, bemerkte Haan.
»Gut!«, entschied Balk. »Wir nehmen Bekenkamp!«
*
Er träumte, dass er mit Balk in der Sitzgruppe von Beerta saß, in einem Raum, der ein wenig dem Kaffeeraum ähnelte. »Du wirst dir ein derartiges Verhalten nicht zu oft erlauben dürfen«, sagte er, »denn das akzeptiere ich nicht!«
»Das wirst du mir schon überlassen müssen, wie ich mich verhalte«, sagte Balk giftig, »da hast du dich nicht einzumischen!«
»Und du wirst es mir überlassen müssen, was ich akzeptiere!« Er erhob seine Stimme. »Und das hier akzeptiere ich nicht! Ich erwarte von dir, dass du dich verhältst, wie sich ein Direktor seinen Leuten gegenüber zu verhalten hat!«
»Das bestimmst du doch nicht!«
»Das bestimme ich sehr wohl! Wenn du autoritär und ungerecht auftrittst, taugst du nicht zum Direktor, und dann kannst du verschwinden!«
»Das musst du erst einmal beweisen!«
»Das werde ich auch beweisen!«
»Beweise es!«
»Als wir das Gespräch im Ministerium hatten«, er beugte sich vor, »über die Höherstufung von Sien und Lex, war das Einzige, was dich interessiert hat, dass Lex heraufgestuft wurde, denn Lex sitzt in deiner Abteilung, und Sien konnte, soweit es dich betraf, krepieren! Was du getan hast, war ein Machtspiel! Du hast Sien deinem Bedürfnis geopfert, mich zu übertrumpfen! Obwohl du Sien und Lex natürlich aneinander hättest koppeln müssen! Ein guter Direktor macht so etwas nicht! Ein guter Direktor ist zunächst und vor allem gerecht! Das werfe ich dir vor!«
Während er dies sagte, wurde Balk bleich. »Das erzählst du doch nicht der Kommission?«, fragte er erschrocken und ergriff seine Hand, wobei ihm die Tränen über die Wangen liefen. »Versprich mir, dass du es niemandem erzählst!«
»Es ist nicht mein Stil, mit so etwas zur Kommission zu laufen«, sagte er und zog seine Hand zurück, doch er war auch gerührt, denn als er wach wurde, war sein Gesicht tränennass. Zugleich herrschte in seinem Herzen eine große innere Ruhe, die den ganzen Tag anhielt, als hätte das Gespräch wirklich stattgefunden.
*
»Ich habe dein Interview mit Spel gelesen«, sagte Buitenrust Hettema – sie saßen nach dem Ende des Seminars am Sitzungstisch in Maartens Zimmer und aßen ihr Brot –, »aber aus so einem Mann muss doch mehr herauszuholen sein, würde ich denken.«
»Meinst du?«, fragte Maarten skeptisch.
»Wenn man allein schon an den Berufsweg dieses Mannes denkt, angefangen als Bäckersohn in einem kleinen Dorf, der nach Schulschluss Brötchen verkauft, bis hinauf in die Führungsspitze einer Mehlfabrik. Davor habe ich schon Respekt.«
»Mir ging es natürlich nur um die Bäckerei.«
»Ich weiß nicht, ob das so klug von dir war.«
»Willst du die Hälfte von meinem Apfel?«, fragte Maarten. Er schnitt den Apfel mit seinem Taschenmesser in der Mitte durch und reichte ihm die Hälfte.
»Danke.« Er holte ein kleines Messer aus der Hosentasche. »Im Rotary haben wir auch solche Leute«, sagte er, während er seine Hälfte noch einmal halb durchschnitt. »Einer ist Direktor bei Akzo, der hat in seiner Jugend glühende Nägel vom Amboss zum Abkühlungsbad gebracht. Und ein anderer, übrigens auch Direktor, hat, als er jung war, die Kühe seines Vaters gemolken.«
»In deiner Generation scheint mir das eher die Regel als die Ausnahme.«
»Da bin ich anderer Meinung. Mein Großvater war Direktor, mein Vater war Direktor, ich bin Direktor, aber ich fühle mich keineswegs als Ausnahme.«
»Trotzdem bist du außergewöhnlich.« Es lag eine kaum merkliche Ironie in seiner Stimme.
Buitenrust Hettema sah kurz zur Seite. »Findest du?«, fragte er trocken.
Maarten schmunzelte.
Buitenrust Hettema rieb seine Finger aneinander und bückte sich zu seiner Tasche. »Ich habe irgendwann damit angefangen, Material für eine Autobiografie zusammenzustellen.« Er zog ein dickes Heft aus seiner Tasche. »Das habe ich zum Spaß einmal für dich mitgebracht, um dir zu zeigen, wie man es auch machen kann.« Er schlug das Heft auf und blätterte darin. Zwischen den Seiten lagen Fotos und Notizen, Ansichtskarten und Briefe. Die Seiten waren in einer regelmäßigen, gepflegten Handschrift beschrieben. Er las hier und da etwas und schmunzelte. »Es geht nur bis 1940«, sagte er, »aber wenn man es so liest, bekommt man doch ein sehr hübsches Bild dieser Jahre.« Er stieß auf eine Postkarte und las, was darauf stand. »So etwas zum Beispiel.« Er reichte Maarten die Postkarte. »Im Nachhinein ist so etwas sehr schön.«
Es war eine Postkarte von Krom: »Hochverehrter Herr Buitenrust Hettema. Hiermit möchte ich Sie wissen lassen, dass ich Ihnen für die Zusendung Ihrer Dissertation sehr verbunden bin. Obwohl es nicht meine Gewohnheit ist, Dissertationen zu besprechen, werde ich für die Ihre eine Ausnahme machen, da sie von ungewöhnlicher Qualität ist. Mit vorzüglicher Hochachtung, Ihr N. J. Krom.«
»Ja«, sagte Maarten. Er gab die Postkarte zurück.
»Wenn man weiß, wie Krom war, ist so eine Postkarte sehr ungewöhnlich.« Er steckte die Karte wieder an seinen Platz, blätterte weiter und fand einen Brief, den er erst durchlas. »Und das beispielsweise«, sagte er. »Das ist ein Brief von einer indonesischen Studentin, ein sehr nettes Mädchen, ich sehe sie noch vor mir.« An seinem Gesicht war zu erkennen, dass das, was er las, ihn nach so vielen Jahren erneut berührte. »Eigentlich ist es ein Brief an eine andere Studentin von mir, aber ich habe ihn bekommen. Sie schreibt: ›Our young professor, he looked so young and handsome.‹« Er sah Maarten mit einem verlegenen, jungenhaften Lachen an. »Dieser ›young professor‹ war ich!«
*
Als er sein Namensschild einschob, kam Wigbold aus der Küche. »Sind Sie am Wochenende etwa noch einmal im Büro gewesen?«, fragte er.
»Nein, wieso?«, fragte Maarten.
»Das Licht bei Volkssprache brannte noch.«
»Ich bin nie bei Volkssprache.«
»Weil Sie einen Schlüssel haben.«
»Ich bin am Wochenende nicht einmal in Amsterdam gewesen«, sagte Maarten empört. »Ich war in Den Haag bei meiner Schwiegermutter.«
»Nein, ich dachte nur«, sagte Wigbold. Die Art und Weise, wie er es sagte, hatte etwas Unverschämtes, ein Obergefreiter, der den Leutnant bei einer Übertretung erwischt hat.
Idiot, dachte Maarten verärgert, während er die Treppe zu seinem Zimmer hinaufstieg, was hat Wigbold damit zu schaffen, dass ich bei meiner Schwiegermutter gewesen bin – doch als er an der Tür vorbeiging, die zu Balks Zimmer führte, ertappte er sich dabei, dass er sich, ohne dass es dafür einen Anlass gab, schuldig fühlte, und als er seine Tür hinter sich geschlossen hatte, war er so angespannt, dass er auf jedes Geräusch im Treppenhaus achtete, halb vermutend, dass Balk nach oben stürmen würde. Allein die Annahme, dass Balk ihn zur Verantwortung ziehen oder ihm verbieten würde, am Sonntag das Büro zu betreten, regte ihn maßlos auf. Wenn er den Mumm hätte, würde er sofort die Kündigung einreichen. Zumindest, wenn sich Balk nicht stehenden Fußes entschuldigte! Wütend stellte er seine Tasche unter das Schreibmaschinentischchen, hängte sein Jackett auf den Bügel, stellte den Ventilator an und stieg auf Barts Schreibtisch, um zu fühlen, ob er ansaugte oder ausblies, bereits im Vorhinein gereizt, weil Bart ihn aus Angst vor Zug immer wieder auf Ansaugen stellte. Als er dort stand, mit der Hand in der Luft, ging die Tür auf. Er drehte sich um. Joop. Das beruhigte ihn. »Tag, Joop«, sagte er verlegen. Er stellte fest, dass der Ventilator tatsächlich ansog und zog seine Hand zurück.
»Gymnastik«, scherzte sie.
»Ja.« Er lachte verlegen, sprang vom Schreibtisch und drehte den Schalter um, sodass der Ventilator zu pusten begann.
Sie ging in den Karteisystemraum.
Beschämt setzte er sich an seinen Schreibtisch. In der Mitte, neben den Stapeln von Mappen, Briefen und Zetteln, lag eine rosafarbene Karte. Er faltete sie auf und las, dass Halbe Tromp in den Stand der Ehe getreten war. Während er den nüchternen Text noch einmal durchlas, um ihn zu sich durchdringen zu lassen, kamen gleichzeitig Sien und Bart herein. Sie grüßten ihn, Sien ging weiter in den Karteisystemraum. »Wusstest du, dass Halbe geheiratet hat?«, fragte er Bart.
»Ich habe es gelesen«, sagte Bart. Er stellte seine Tasche hin, sah zum Ventilator hoch und schaltete ihn zurück auf ansaugen.
»Und die anderen?«, fragte Maarten, den Ventilator ignorierend.
»Ich nehme an, dass sie auch schon Bescheid wissen.«
»Ich gebe die Karte auf jeden Fall noch einmal in Umlauf«, entschied Maarten.
Er heftete einen Umlaufzettel an die Karte, strich seine eigenen Initialen durch, zog unten einen Strich, schrieb sie wieder darunter und gab die Karte Bart, der an seinem Schreibtisch stehen geblieben war.
»Wie war es Freitag?«, erkundigte sich Bart.
»Ich bin keinen Millimeter weitergekommen.«
»Wo warst du auch gleich?«
»In der Achterhoek.«
»Wegen des Dreschflegels.«
»Und der Sense.« Er nahm eine Mappe vom Stapel auf der linken Seite des Schreibtischs und schlug sie auf. Es war die zweite Fassung einer Systematik der Landwirtschaft, mit der Manda nun schon einige Monate beschäftigt war.
»Aber solltest du darunter denn nicht besser einmal einen Schlussstrich ziehen und deine eigenen Forschungen wiederaufnehmen?«, fragte Bart besorgt. »Auf die Weise bist du immer nur für die Herren des Europäischen Atlas tätig.«
»Ob ich nun das eine oder das andere mache«, antwortete Maarten, mit seinen Gedanken bereits bei der Systematik der Landwirtschaft.
Ad betrat das Zimmer und grüßte sie. Sie grüßten zurück.
»Ich finde doch, dass es einigen Unterschied macht«, sagte Bart zu Maarten.
»Außerdem«, sagte Maarten, während er ein Blatt umdrehte, »wenn ich einmal mit irgendetwas angefangen habe, beende ich es auch, zumindest …« Er brachte den Satz nicht zu Ende.
»Das ist natürlich lobenswert an dir, aber auf diese Weise kommst du nie zu den Dingen, die du wichtig findest.«
Maarten lachte. »Was finde ich denn wichtig?«, fragte er und sah Bart an.
»Das weiß ich natürlich nicht. Das weißt du besser als ich.«
»Ich denke manchmal«, sagte Maarten, während er sich in seinem Stuhl zurücklehnte, »wenn ich später in den Himmel komme – nehmen wir mal an, dass ich in den Himmel komme –, und mich der Herr fragt, wofür ich eigentlich etwas getaugt habe, dann werde ich antworten müssen: ›Für nichts, o Herr, denn die Dinge, die ich gemacht habe, konnte ich nicht, und die Dinge, die ich konnte, habe ich nicht gemacht.‹« Er lachte.
»Was kannst du denn?«, fragte Ad. Er war hinter seinem Bücherregal beschäftigt gewesen und nun aufgestanden, um an dem Gespräch teilzunehmen.
Bart drehte sich um.
»Wandern und Rad fahren«, antwortete Maarten, »aber wenn ich wandere oder Rad fahre, wird es mir von dem Gedanken an das Büro vermiest.«
»Ich finde, dass du eine reichlich düstere Sicht auf deinen Platz in unserem Fach hast«, fand Bart.
»Aber schon eine richtige«, meinte Maarten. »Ich spiele manchmal mit dem Gedanken, für Ons Tijdschrift einen Aufsatz über alle Irrtümer zu schreiben, die ich in der Dreschflegelforschung gemacht habe, um die Unsicherheit zu demonstrieren, mit der wir arbeiten müssen. Vielleicht mache ich das noch mal.«
»Das würde ich lieber nicht tun«, sagte Bart.
»Warum nicht?«
»Kipperman und van der Meulen würden sich die Hände reiben.«
»Davor habe ich keine Angst. Wenn man zeigt, wo man einen Fehler gemacht hat, ist das keine Schwäche, sondern Stärke!«
»Aber so werden sie es nicht sehen.«
»Das wäre dann dumm.«
»Ich wäre damit wirklich vorsichtig. Man darf diesen Herren niemals die eigenen Waffen in die Hände geben. Sie werden damit immer Missbrauch treiben.«
Maarten lachte. Er sah auf das Blatt vor sich, ging es durch und drehte es um.
Ad setzte sich wieder hin.
»Was ich mich schon mal frage«, sagte Bart, »ist, ob wir nicht mehr Zeit auf die Forschung und etwas weniger Zeit auf die Kontrolle der Damen verwenden sollten.«
»Solange sie das Fach noch nicht beherrschen, werden wir sie kontrollieren müssen«, sagte Maarten, mit seinen Gedanken wieder bei der Systematik.
»Aber sie brauchen doch keine komplette Ausbildung zu bekommen? Du kannst sie doch auch einfachere Arbeiten machen lassen.«
»Jeder bekommt hier eine komplette Ausbildung!«, sagte Maarten entschieden. »Bis sich zeigt, dass seine Möglichkeiten ausgeschöpft sind, aber so weit ist es noch nicht.«
»Und wenn man sie dann ausgebildet hat, heiraten sie, und dann können wir wieder ganz von vorn anfangen.«
»Das ist möglich«, sagte Maarten uninteressiert. »Das sehen wir dann, wenn es so weit ist. ›It’s all in the time of the boss‹, sagte Slofstra immer.«
»Damit bin ich dann aber doch nicht einverstanden.«
»Wir reden noch mal darüber, aber nicht jetzt.« Er vertiefte sich erneut in die Systematik, suchte seinen Stift und schrieb etwas an den Rand.
Bart setzte sich.
Es war eine Weile still. Maarten ging die Systematik durch, machte hier und da eine Anmerkung, schlug die Mappe zu und legte sie in das Körbchen rechts auf seinem Schreibtisch neben der Schreibmaschine. Er zog eine neue Mappe zu sich heran, eine Mappe mit Zeitschriften, und schlug sie auf.
Ad stand auf und brachte ihm eine Mappe, die er gerade durchgesehen hatte. Er legte sie auf den Stapel und blieb stehen. »Wie geht es eigentlich deinem Radio?«, fragte er.
»Schlecht«, antwortete Maarten, während er hochsah. »Das UKW hat jetzt definitiv den Geist aufgegeben, und das Rauschen auf der Mittelwelle wird jeden Tag stärker.«
»De Vries ist also doch nicht so gut«, sagte Ad mit einiger Schadenfreude.
»Ich habe den Eindruck, dass es seine Kräfte überstiegen hat«, gab Maarten zu.
»Und kaufst du jetzt ein neues?«
»Das will Nicolien nicht. Nicolien will nur ein Radio, keinen Tuner, und weil man nur noch Tuner bekommt, will sie nichts.«
»Und wenn du ihr nun erklärst, dass ein Tuner eigentlich ein Radio ist, aber ohne Verstärker?«
»Das habe ich ihr erklärt, aber es nützt nichts. Nicolien hasst alles, was neu ist.«
»Das finde ich lobenswert an ihr«, bemerkte Bart hinter seinem Bücherregal.
»Ich auch«, sagte Maarten, »aber es hat schon zur Folge, dass wir demnächst ohne Radio dasitzen.«
»Glaubst du, dass das ein Verlust ist?«, fragte Ad.
»Ein Verlust nicht«, gab Maarten zu, »aber man hängt daran. Meine Eltern hatten auch ein Radio.«
»Aber deine Großeltern nicht«, sagte Bart.
Maarten lachte. Er stand auf und sah über das Bücherregal. »Hast du auch gelesen, dass Tinbergen alles mit der Straßenbahn erledigt.«
Ad ging zurück an seinen Platz.
»In Het Handelsblad«, präzisierte Bart. »Ich habe es gelesen. Ich fand es sehr nett.«
»Aber von den makroökonomischen Theorien habe ich nichts verstanden.«
»Das ist doch merkwürdig«, fand Bart, »dass man sich normalerweise zwar für die kleine Geschichte, aber nicht für die Ideen interessiert.«
Maarten hörte darin Kritik heraus. »Du meinst, dass ich mich nur dafür interessiere.«
»Nein, ich auch. Ich denke dann, wenn ich lese, dass so ein Mann mit der Straßenbahn fährt, wird es mit diesen makroökonomischen Theorien wohl seine Richtigkeit haben.« Er lächelte, von seinen eigenen Worten gerührt.
»Hast du es auch gelesen, Ad?«, fragte Maarten.
»Ich habe Het Handelsblad samstags nicht«, antwortete Ad. »Das kriegt man bei uns nicht.«
»War das am Samstag?«, fragte Maarten Bart.
»Na ja, es kann auch an einem anderen Tag gewesen sein«, sagte Ad.
Die Tür ging auf. Jaring sah erst prüfend durch den Spalt, bevor er sie weiter aufstieß und den Raum betrat. Etwas unsicher, seinen Bauch spitz nach vorn unter einem straff gespannten Oberhemd, ging er zu Maartens Schreibtisch. »Ich wollte mal eben sehen, ob du da bist«, sagte er mit einem entschuldigenden Lächeln.
»Ich bin da.«
»Du bist immer da«, präzisierte Jaring lächelnd.
Maarten lachte. Ihm war klar, dass er zitiert wurde, und auch, dass Jaring Maartens Nachfrage als Kritik empfunden hatte.
»Ich habe Freitag auch schon mal vorbeigeschaut, aber da warst du nicht da. Hast du auch eine Karte von Halbe bekommen?«
»Ja.« Er sah in die Richtung des Bücherregals. »Hast du sie noch, Bart?«
»Ja«, sagte Bart. Er stand auf. »Willst du sie sehen?«, fragte er Jaring.